WWW.HUBERT-BRUNE.DE |
-
Kulturenvergleich - |
0 Uhr | 2 Uhr | 4 Uhr | 6 Uhr | 8 Uhr | 10 Uhr | 12 Uhr | 14 Uhr | 16 Uhr | 18 Uhr | 20 Uhr | 22 Uhr |
2 Uhr | 4 Uhr | 6 Uhr | 8 Uhr | 10 Uhr | 12 Uhr | 14 Uhr | 16 Uhr | 18 Uhr | 20 Uhr | 22 Uhr | 24 Uhr |
Herbst
/ Abend | ||||
18
Uhr | 24
Uhr | |||
Spätkultur
& Zivilisation |
18-20 Uhr |
Ehe oder Napoleonismus |
Die geistige Keimlegung einer später werdenden Kultur erfolgt bereits im Herbst zweier älterer Kulturkreise, also zweier Zivilisationen. Sie sind die Erwachsenen, die Vollendeten, aber auch die werdendenEltern, die Älteren, die ihr Dasein und Sosein offenbar auf einen Nenner gebracht haben und sich deshalb vom oberen Zähler nicht mehr geprägt fühlen, weil sie sich selbst dazu rechnen, trotz der Gefahr, daß auch Zähler gelegentlich ins Unendliche wachsen. Etwas zu prägen liegt ihnen am Herzen, sich prägen zu lassen dagegen nicht. Sie sind Kulturen am Abend, wie die Spätkulturen des Herbstes: eine Weinlesekultur und Abenddämmerung zugleich. Sie sind romantisch - gar keine Frage. Eigenes zustande bringen wollen sie und vergessen dabei leicht, daß sie einmal Kinder waren, geprägt wurden. Sie sind demokratisch - gar keine Frage. Das müssen werdende Eltern sein. Als Ehepartner und Selbständige ersinnen sie Planungen für den Lebensabend, bauen Häuser, gehen einer Arbeit und einem Berufsziel nach. Sie sind Industrialisierte - gar keine Frage. Als Klassiker unter den Menschen haben sie die Reife, die nötig ist, um für alles Folgende die eigene Verantwortung und Leistung immer wieder repräsentiert zu bekommen. Sie sind die Vertreter der diplomatischen Kritik, weil sie nörgelnde Kritik nicht mögen. Ihre Liebe zur Partnerschaft ist fast grenzenlos und deshalb gefährlich. Dieser Idealismus führt oft zu Ungleichgewichten, weil die Gleichheit ständig angestrebt wird. Allen wollen sie es recht machen, weshalb für sie juristische Fragen nur demokratisch zu lösen sind. Abgesehen davon, daß ihnen das Geld immer wichtiger zu werden hat, weil die Hypothekenzinsen für ihr Eigenheim gestiegen sind, befinden sie sich in einer Phase der Konsolidierung und Routine. Wären da nur nicht immer die schlechten Nachrichten, die ihnen, wie eine andere Presse, die Gefühle der Einengung vermitteln. Aber sie lieben die Medien - gar keine Frage.In der Kulturgeschichte stellt eine Partnerschaft im frühen Erwachsenenalter einer Kultur die kaum bewußte Anziehung zu einer anderen Kultur, aber auch die sehr bewußte Gefährdung einer solchen Vermählung dar: den masochistischen oder den sadistischen Kulturtransfer. Eine Kultur kommt wegen der anderen nicht in Form, weil diese jene aushöhlt. Dieser Prozeß beginnt mit einer scheinbar allen alles versprechenden Hochzeit, in tiefer Wirklichkeit jedoch mit einer Pseudomorphose, die zunächst die eine, dann die andere Partnerkultur erfassen kann. So wie Ägypter und Sumerer für die Antike, so waren Antike und die magische Kultur die Eltern des Abendlandes. Das Abendland nennt sie Antike und Christentum, liebevoller: römisch-katholisch. Ob und wessen Eltern das Abendland und seine Partnerin - vielleicht eine Kultur, die mit sich selbst schwanger geht, also als Kultur noch gar nicht geboren, noch gar nicht zur Welt gekommen ist wie Rußland, das man dann eher Nordasien nennen müßte - einmal sein werden, ist noch nicht zu erkennen, aber deren Kind könnte später wohl vom Wesen eines global-kosmischen und tiefebenen Charakters sein. Eine Ehe ist gewöhnlich zunächst einmal eine reine Partnerangelegenheit. Kulturpartner sprechen nun auf sehr eigenartige Weise über ihre Kinderwünsche; meistens sind sie reine Ideen, z.B. die Alexanders des Großen (356-323), Griechen und Perser verschmelzen zu wollen, oder die Idee Napoleons (1769-1821), die Welteinwohner mit den Revolutionsideen der Franzosen zu vermählen. (). Kulturtransfer meint tiefensoziologisch immer Eroberung und Verzicht zugleich.Über den Verlust der Freiheit oder der jugendlichen Unbekümmertheit klagen Verheiratete erst, nachdem die Heirat vollzogen worden ist. Deshalb beginnt die Ehe in der Phase des Übergangs von der Kultur zur Zivilisation. Dies ist nicht wertend gemeint, sondern der Versuch zur Beschreibung einer Ehesituation, die ja bekanntlich auch von real existierenden Erwachsenen meistens nicht wehleidig oder anklagend geäußert wird. Aber, und das ist entscheidend, sie wird zu spät bemerkt. Erst wird die Ehe fast bedingungslos angestrebt, um danach durch Krisen überstanden werden zu müssen. Genau auf diese Weise verläuft auch das dritte Quartal, das herbstliche Kulturquartal.Eine Ehe ist nur zwischen zwei verschiedenen Kulturen möglich, ansonsten heißt sie Verwandtschaft. Die Zeit der Jugendliebe ist vobei, vorbei die Zeit der ersten Welteroberer, als die abendländischen Kolonialmächte Portugal, Spanien, Holland und England den überseeischen Kolonien den ersten Kuß gaben. Auch Schwedens Liebesspiel mit Rußland, der Nordische Krieg (1700-1721), gab dem Partner einen ersten Geschmack für Gelüste nach Ostseegroßmacht (1721). Die Ehen aber sind etwas aggressiver und gelten in der Regel ewig (ahd. ewa = ewig geltendes Gesetz, Ehe). Sie äußern sich durch besonders aggressive Eroberungskriege. Der Ring des Krieges beginnt. Diesen Ehering ergriffen 334 bis 323 Makedonien und das noch nicht zur Welt gekommene Vorderasien (magisch) und 1812 bis 1814 Frankreich und das noch nicht zur Welt gekommene Rußland (nordasiatisch), ohne zu wissen, auf wen oder was sie sich da eingelassen hatten und wer sich dazu später als Krisenmanager herausstellen sollte. (20-22). War der mit der Trauung beauftragte Standesbeamte vielleicht auch der Eheberater? Trauzeugen waren ja genug vorhanden. Die eine Ehe hieß fortan Hellenismus, die andere Europäismus. Der Beginn dieser Ehen ist tatsächlichder Status nascendi einer Pseudomorphose: eine Formgebung durch Dominanz und eine Formübernahme durch Anpassung. Durch Kristallisation bleibt die vorher schon vorhandene Form erhalten, während die inhaltliche Substanz verändert wird. Die Frage ist nur, wer in wessen Haut steckt. Es entstehen gefälschte Formen, z.B. Haßgeliebte und Liebgehaßte. Wenn wir die Chemie auf die Soziologie übertragen, bedeutet dieser Vorgang, daß sich in einer Partnerschaft immer ein gewisses Dominanzverhältnis herauskristallisiert und daß sich dieses Verhältnis auch umkehren kann. Das ist im Falle der Antike und dem Morgenland auch so gewesen, als sich das Verhältnis zwischen der dominaten antiken Kultur und der unterlegenen magischen Kultur (bis dahin noch nicht zu Atem, noch nicht zur Welt gekommen) sich umdrehte. (Vgl. 0-2).Eine Ehe zeichnet sich zudem bekanntlich dadurch aus, daß Nachkommen erwartet werden. Für eine Kultur bedeutet das, daß die zu ihr gehörenden erwachsenen Menschen anfangen, immer weniger Kinder zu bekommen - zuerst Geburtenrückgang, dann Geburtendefizit, zuletzt Tod des Volkes -, während die Kultur selbst Nachkommen erwartet, nämlich aus Angst davor, selbst unterzugehen und in Zukunft einer neuen Kultur Platz machen zu müssen. Da nicht vorhersehbar ist, ob und, wenn ja, wann das wirklich eintreten wird, kommt es immer häufiger zum Aufschub.Schon Ende des 18. Jahrhunderts zeigten sich die ersten Anzeichen des abendländischen Geburtenrückgangs in Frankreich. Die große Revolution von 1789, die hier den Übergang zur Zivilisation vermittelte, bedeutet gewissermaßen auch den Wendepunkt von der Fruchtbarkeit zur Unfruchtbarkeit des französischen Volkes.
Beispiele für Eheversprechen: Bürgerliche RevolutionenEroberungen führen zur Ehe, die immer wieder bestätigt werden will und muß. Vielleicht sind ja auch darum Zivilisation und Expansion nicht voneinander zu trennen. In unserem Kulturkreis haben wir eine Phase, wenn nicht sogar ein ganzes Kulturquartal mit dem Begriff Imperialismus belegt. Der Beginn solcher Imperien, wie es sie so zuvor in den Kulturen nicht gegeben hatte, ist mit eindeutigen Daten zu belegen: 358 v. Chr. begann unter Phillip II. (359-336) die Einigung Makedoniens, 1792 die Uneinigkeit in Frankreich, d.h. die Schreckensherrschaft der Revolutionäre; beide, antike Einigung und abendländische Uneinigkeit, führten jeweils zu einer Persönlichkeit, die die Herrschaft nicht ohne Gewaltanwendung an sich riß. Alexander der Große (356-323) kam nach der Ermordung Phillips II., 336 v. Chr., Napoleon (1769-1821) durch unterschätzte Popularität mit dem Staatsstreich vom 18. Brumaire des Jahre VIII (09.11.1799) an die Macht. (). Beide Imperien waren von kurzer Dauer, aber beide haben Kulturwerte über den eigenen geographischen Kulturkreis hinaus verbreitet und in ihm alte Systeme beseitigt, z.B. die polisartige Einzelstädterei in Griechenland oder die kirchendynastische Fürstlichkeit in Europa. Aber beide haben es nicht vermocht, den (Nord-) Westen ihres Kulturkreises zu bezwingen. Sie konnten ihn nicht überzeugen. Dabei gab es schon vor dieser Phase des 2. Tyrannis (Napoleonismus), nämlich in der Phase der 1. Tyrannis (Absolutismus), kluge Köpfe, die man jetzt hätte brauchen können: Napoleon z.B. hätte von Leibniz lernen können. (Vgl. 14-16).Daß z.B. die abendländische Bürgerliche Revolution ausgerechnet in Frankreich und nicht etwa in einem anderen abendländischen Land stattfinden konnte, ist ausschließlich durch die Tatsache zu begründen, daß in Frankreich der Adel zu sadistisch, zu gierig und insbesondere zu dumm war. Der Sadismus und die Gier des französischen Adels führte zum Verhungern seiner Untertanen, die Dummheit des französischen Adels führte zur Wissensüberlegenheit seiner Gegner. In allen anderen abendländischen Ländern war der Adel nicht so sadistisch und nicht so gierig und - vor allem - nicht so dumm wie der Adel in Frankreich. In allen anderen abendländischen Ländern ging es den Untertanen relativ gut, weil der Adel bescheidener und - vor allem - über das Wissen seiner Gegner viel besser informiert war. Und gerade das Wissen über das Wissen der Gegner gehört ganz wesentlich zu einer »aufgekärten« Herrschaftsform. Daß eine bestimmte Nation für eine Bürgerliche Revolution mehr geeignet sei als eine andere, wie immer behauptet wird, sagt nichts über Zivilcourage o.ä. aus, sondern nur darüber, ob die Dummheit der Herrschenden die Hauptbedingung für eine erfolgreiche Bürgerliche Revolution ist.Kurz vor den Umwälzungen, die von Makedonien (358 v. Chr.) und Frankreich (1789) ausgingen, etablierten sich weiter westlich, aber ebenfalls über die Bürgerliche Revolution zwei neue, zukünftige Mächte: die Vereinigten Stadtstaaten von Latinien (Rom) und die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort waren es die Ständekämpfe, die zu den licinisch-sextischen Gesetzen (367/366) und damit zur Etablierung des römischen Amtsadels, der Nobilität (Patrizier und Plebejer) führten, hier war es der Unabhängigkeitskrieg (1775-1783), der zur Unabhängigkeitserklärung (1776) und letztlich zur Unabhängigkeit der USA von England führte. Dort stand man noch unter den Eindrücken der Etrusker-Hegemonie und der Gallier-Gefahr, hier unter denen der England-Hegemonie und der mal französisch und mal englisch unterstützten Indianer-Gefahr. Tatsächlich waren diese Prozesse inzestuöse Vermählungen unter homoerotischem Vorzeichen. Die Partner des Einflusses waren zu verwandt. Sie konnten inzuchtartig nicht funktionieren, denn die Scheidung von England und die Scheidung vom griechisch-etruskisch beeinflußten Teil Italiens bedeuten in Wirklichkeit eine Fortsetzung der Gepflogenheiten der früheren Vormächte unter neuen Bedingungen der zukünftigen. Daß dort die alt-etrsuksischen und hier die alt-englischen Herrschaften besiegt wurden, das aber war schon revolutionär.Nach Alexanders Tod (323 v. Chr.) begannen die Kämpfe um seine Nachfolge, die Diadochenkriege. Nach dem 3. Diadochenkrieg (315-301) sollten vier und nach dem letzten Diadochenkampf (281 v. Chr.) nur noch drei große monarchische Reiche übrig bleiben: Makedonien unter den Antigonen, Vorderasien unter den Seleukiden und Ägypten unter den Ptolemaiern. In der westlichen Antike, die zuvor nur als Kolonie bedeutend gewesen war, entstand in Rom nach dem Ständekampf durch die Licinisch-sextischen Gesetze von 367/366 ein Amtsadel aus Plebejern und Patriziern. Rom steigerte seine Erfolge nach und nach im 1. Samnitenkrieg (343-341), im Latinerkrieg (340-338), im 2. Samnitenkrieg (326-304), im 3. Samnitenkrieg (298-290) und in den Kämpfen mit den Kelten (285-282), deren Gebiet Rom eroberte und sich damit die Herrschaft in Mittelitalien sicherte. Und auch im alten Griechenland kam Neues auf: es gab dort seit 367 v. Chr. z.B einen Ätolischen Bund, aber seit 357-355 keinen Seebund mehr: Chios, Kos, Rhodos, Byzanz waren vom 2. Attischen Seebund abgefallen, wogegen Athen im sogenannten Bundesgenossenkrieg (357-355) vergeblich angekämpft hatte. Die von Makedonien ausgehende Revolution drängte in Griechenland die Idee der Polis immer mehr zurück, ließ u.a. auch den Achaischen Bund (280 v. Chr.) entstehen und nahm dadurch vielen Polis die Selbständigkeit. Hatte die 1. Tyrannis mit Hilfe des Nichtadels die Polis noch vollendet (vgl. 14-16), so begann jetzt der Nichtadel mit Hilfe der 2. Tyrannis, sie zu zerstören. Bürgerliche Revolutionen sind eben der Beginn der Zivilisation und demontieren mit immer expansiverem Drang nicht nur alte Ideen, sondern oftmals auch alte Formen. Herbst ist Pflückzeit. Herbst ist Ernte durch Schnitt (Schneiden). In der Antike wurde die Polis, im Abendland der dynastische Staat zum Negativ-Symbol; aber auch das ist ein Teil der gesamten Kultursymbolik. (Vgl. Ursymbol).Auch nach Napoleons Niederlage (1814/1815) traten Nachfolgekämpfe, also Analogien zur Antike offen zutage. Die Restaurationspolitik, hinter der vor allem die englische Gleichgewichtspolitik stand, um selber freie Hand in Übersee zu haben, garantierte in Europa eine Pentarchie der Großmächte England, Preußen, Österreich, Frankreich und Rußland. (). Genau wie in der Antike, so legten sich auch im Abendland die Diadochenkämpfe, hier Revolutionen genannt, erst nach etwa 40 Jahren, bis Napoleon III. (1808-1873) durch Putschversuche (1836 und 1840) und Präsidentschaftswahlen (1848) das Parlament auflöste (1851), diktatorische Befugnisse übertragen bekam und 1852 erblicher Kaiser wurde, aber am Ende (1870/1871) scheiterte, weil Preußen ihn nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg gefangen nahm, Frankreich wieder Republik und Deutschland in Frankreich (Spiegelsaal von Versailles) wieder zum Deutschen Reich wurde (Zweites Deutsches Reich). Im fernen westlichen Abendland, das zuvor nur als Kolonie bedeutend gewesen war, wurden die USA ebenfalls nach einem Ständekampf, nach dem Unabhängigkeitskrieg durch die Unabhängigkeitserklärung von 1783 und durch die Eroberungen im Westen Herrscher in der Mitte Nordamerikas. Gleichzeitig erreichte dort die erste große Einwanderungswelle ihren Abschluß. Deutsche (38%) und Iren (33%) übertrafen dabei die zur Minderheit herabgerutschten Angelsachsen (16%), die dennoch herrschend blieben. Ein Omen! (Deutsch wäre fast National- und Amtssprache der USA gworden, doch mit den Iren zusammen konnten die Englisch-Sprechenden die Abstimmung gewinnen, wenn auch nur knapp!).Der Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein (1757-1831) wurde von Preußen zum leitenden Minister berufen und führte ab 1807 umfangreiche liberale Reformen durch, die nach seiner Entlassung 1808 von Karl August Fürst von Hardenberg (1750-1822) in einem etwas anderen Geist fortgesetzt wurden. Und dieses gesamte Reformwerk, die Stein-Hardenberg-Reformen also, wirkte mehr oder weniger auf das gesamte Deutschland und bedeutet mehr als in den meisten Geschichtsbüchern steht. Stein war ein Gegenspieler Napoleons, hat ihm getrotzt, aber auch dem preußischen König Friedrich-Wilhelm III., der ihn mehrmals entlassen wollte und einmal auch ließ. Der Freiherr vom Stein ... war einer von denen, die zwischen dem Gestern und dem Morgen standen, er hatte gleichzeitig die große Vergangenheit und die große Zukunft in Blick. Er hat die französischen mit den englischen Reformideen vereint, die Bauern befreit, die städtische Selbstverwaltung vorangetrieben, Napoleon wie auch seinem König die Stirn geboten. Er war Praktiker und Visionär - was für eine Gestalt! (Hagen Schulze auf die Frage, welche geschichtliche Figur für ihn exemplarisch verkörpere, was deutsch sei, in: Matthias Matussek, Wir Deutschen. Warum uns die anderen gern haben können, 2006, S. 163). Derartige moderne Reformen für Bauern, Städte und Verwaltung sind eine Voraussetzung für einen (oft fortschrittlich genannten) modernen Staat mit rasch wachsendem Wohlstand. Und am unblutigsten erreicht man sie über Verträge und Reformen, wie die Beispiele England und Deutschland zeigen. In Frankreich, wo die Leibeigenschaft auf den königlichen Domänen 1779 beseitigt worden war, wurden die persönlichen Lasten im Zuge der Bürgerlichen Revolution von 1789 ohne Ablösung aufgehoben. In Frankreich wurde eben nicht unblutig reformiert, sonder blutig revolutioniert.Das ganze Deutschland
soll es sein! |
Nur um dieses Chaos zu verhindern, entstand
das System des Gleichgewichts der großen Mächte, beginnend mit
der Heiligen Allianz zwischen Österreich, Preußen und Rußland.
Verträge wurden geschlossen, Bündnisse gesucht, Kongresse abgehalten,
um nach Möglichkeit jede Erschütterung des politischen »Europa«
zu verhindern ...
Am verhängnisvollsten ist das Ideal der Regierung des Volkes »durch sich selbst«. Aber ein Volk kann sich nicht selbst regieren, so wenig eine Armee sich selber führen kann. Es muß regiert werden und es will das auch, solange es gesunde Instinkte besitzt. Aber es ist etwas ganz anderes gemeint: der Begriff der Volksvertretung spielt in jeder solchen Bewegung sofort die erste Rolle. Da kommen die Leute, die sich selbst zu »Vertretern« des Volkes ernennen und als solche empfehlen. Sie wollen gar nicht »dem Volke dienen«; sich des Volkes bedienen wollen sie, zu eigenen, mehr oder weniger schmutzigen Zwecken, unter denen die Befriedigung der Eitelkeit der harmloseste ist. Sie bekämpfen die Mächte der Tradition, um sich an ihre Stelle zu setzen. Sie bekämpfen die Staatsordnung, weil sie ihre Art von Tätigkeit hindert. Sie bekämpfen jede Art von Autorität, weil sie niemandem verantwortlich sein wollen und selbst jeder Verantwortung aus dem Wege gehen. Keine Verfassung enthält eine Instanz, vor welcher die Parteien sich zu rechtfertigen hätten. Sie bekämpfen vor allem die langsam herangewachsene und gereifte Kulturform des Staates, weil sie sie nicht in sich haben wie die gute Gesellschaft, die society des 18. Jahrhunderts, und sie deshalb als Zwang empfinden, was sie für Kulturmenschen nicht ist. So entsteht die »Demokratie« des Jahrhunderts, keine Form, sondern die Formlosigkeit in jedem Sinne als Prinzip, der Parlamentarismus als verfassungsmäßige Anarchie, die Republik als Verneinung jeder Art von Autorität.So gerieten die europäischen Staaten außer Form, je »fortschrittlicher« sie regiert wurden. Das war das Chaos, das Metternich bewog, die Demokratie ohne Unterschied der Richtung zu bekämpfen - die romantische der Befreiungskriege wie die rationalistische der Bastillestürmer, die sich dann 1848 vereinigten - und allen Reformen gegenüber gleich konservativ zu sein. In allen Ländern bildeten sich seitdem Parteien, das heißt neben einzelnen Idealisten Gruppen von Geschäftspolitikern zweifelhafter Herkunft und mehr als zweifelhafter Moral: Journalisten, Advokaten, Börsianer, Literaten, Parteifunktionäre. Sie regierten, indem sie ihre Interessen vertraten. Monarchen und Minister waren stets irgendwem verantwortlich gewesen, zum mindesten der öffentlichen Meinung. Nur diese Gruppen waren niemand Rechenschaft schuldig. Die Presse, entstanden als Organ der öffentlichen Meinung, diente längst dem, der sie bezahlte; die Wahlen, einst Ausdruck dieser Meinung, führten die Partei zum Siege, hinter der die stärksten Geldgeber standen. Wenn es trotzdem noch eine Art von staatlicher Ordnung, von gewissenhaftem Regieren, von Autorität gab, so waren es die Reste der Form des 18. Jahrhunderts, die sich in Gestalt der wenn auch noch so konstitutionellen Monarchie, des Offizierkorps, der diplomatischen Tradition, in England in den uralten Bräuchen des Parlaments, vor allem des Oberhauses, und seiner zwei Parteien erhalten hatten. Ihnen verdankt man alles, was an staatlichen Leistungen trotz der Parlamente zustande kam. Hätte Bismarck sich nicht auf seinen König stützen können, so wäre er sofort der Demokratie erlegen. Der politische Dilettantismus, dessen Tummelplatz die Parlamente waren, betrachtete diese Mächte der Tradition denn auch mit Mißtrauen und Haß. Er bekämpfte sie grundsätzlich und hemmungslos ohne Rücksicht auf die äußeren Folgen. So wird die Innenpolitik überall ein Gebiet, das weit über seine eigentliche Bedeutung hinaus die Tätigkeit aller erfahrenen Staatsmänner notgedrungen an sich zog, ihre Zeit und Kraft vergeudete, und über dem man den ursprünglichen Sinn der Staatsleitung, die Führung der Außenpolitik, vergaß und vergessen wollte. Das ist der anarchische Zwischenzustand, der heute als Demokratie bezeichnet wird und der von der Zerstörung der monarchischen Staatshoheit durch den politischen, plebejischen Rationalismus zum Cäsarismus der Zukunft hinüberführt, der heute mit diktatorischen Tendenzen sich leise zu melden beginnt und bestimmt ist, das Trümmerfeld geschichtlicher Traditionen unumschränkt zu beherrschen. (Oswald Spengler, Jahre der Entscheidung - Deutschland und die weltgeschichtliche Entwicklung, 1933, S. 19, 23-24, 26-28).Über den notwendigen Verfall, den Untergang, die Vollendung der abendländischen Kultur wurde schon geschrieben, als dieser Prozeß noch in seinen Anfängen steckte. So schrieb z.B. Karl Friedrich Vollgraff (1792-1863), den man zu den Vorläufern Spenglers zählen kann, ein immerhin zweitausend Seiten umfassendes Werk - Die Systeme der praktischen Politik im Abendland -, das 1828 erschien, nie abgeschlossen wurde und die Zeitgenossen dennoch stark beeindruckte, wozu vor allem eine vier Jahre später erschienene Kampfschrift gegen die liberalen Ideen beitrug: Die Täuschungen des Repräsentativsystems (1832). Diese Schrift fand so viel Aufmerksamkeit, daß sie von den aufgebrachten Marburger Burschenschaften auf dem Marktplatz der Stadt verbrannt wurde. Viele spätere Autoren übernahmen Vollgraffs Gedanken, waren zumindst von ihnen wesentlich beeinflußt. (). Zu diesen Gedanken gehörte vor allem ein Organismus-Begriff im Sinne der Spätromantik, der es ermöglichte, den natürlichen Prozessen analoge Vorgänge in der Geschichte zu beobachten. Auf entsprechende Vorstellungen waren zwar auch schon frühere Autoren gekommen, doch keiner hatte versucht, diese Idee so konsequent anzuwenden wie Vollgraff. Nach dessen Ansicht war sogar die Menschheit insgesamt in einem seit 6000 Jahren andauernden Prozeß der Kultivierung begriffen und stand am Ende ihrer Entwicklungsmöglichkeiten; auch die erst neu hinzugetretenen Völker hätten längst den Höhepunkt überschritten und gingen in Verfall über. (). Vollgraff hat sich vor allem dieser Dekadenz mit großer Akribie und unbestechlichem Blick zugewandt und auf diese Weise viel vorweggenommen, was heute noch am Werk Spenglers fasziniert. (). Vollgraffs Erster Versuch einer wissenschaftlichen Begründung sowohl der allgemeinen Ethnologie durch die Anthropologie wie auch der Staats- und Rechtsphilosophie durch die Ethnologie oder Nationalität der Völker in drei Teilen - ein dreibändiges Werk, daß erst ab 1851 erschien - wirkte schon auf die Zeitgenossen wie eine Spätgeburt des Vormärz. Der Vormärz bezeichntet, wie bereits angedeutet, die Zeit zwischen Wiener Kongreß (1814/15) und Märzrevolution (1848), also die nationalen und liberalen Kräfte, die schließlich die Märzrevolution herbeiführten, und ist gekennzeichnet durch äußeren Frieden und gewaltsam erzwungene innere Ruhe, durch Zersplitterung des Deutschen Reiches in 38 (39 ) Einzelstaaten - im Deutschen Bund zwar de jure einheitlich, aber de facto nur locker verbunden -, durch eine reaktionäre Knebelung aller nationalen und liberalen Bewegungen im System Metternich mit Hilfe von Bundesbeschlüssen und durch ein primär von der Industrialisierung ausgelöstes Massenelend (Pauperismus).Auf Karl Vollgraff berief sich auch Ernst von Lasaulx (1805-1861), Professor der Altertumswissenschaft in Würzburg und München, z.B. in seinem kulturmorphologisch höchst interessanten Buch: Neuer Versuch einer alten auf die Wahrheit der Tatsachen gegründeten Philosophie der Geschichte. Während Vollgraff sich zumeist darauf spezialisierte, die Symptome des Verfalls (von Kulturen, Völkern, Staaten u.ä.) zu sammeln, um herauszufindenen, wie weit die einzelnen Völker schon in die Todeszone, die das unabwendbare Ende aller Geschichte ist, hineingeraten sind, so stellte Lasaulx zwar die gleiche Verfallsdiagnose, versuchte diese aber künstlich mit der christlichen Heilslehre in Einklang zu bringen. Doch das war nicht nur inkonsequent, sondern auch fatal insofern, als er sich mit seiner eigenwilligen These zwischen alle Stühle setzte, besonders zwischen zwei, denn einerseits wurde er für die Kirche zum Häretiker wegen des Versuchs, die griechische Antike und das christliche Zeitalter in Analogie zu setzen und Sokrates mit Jesus Christus zu vergleichen (Lasaulx' Schriften standen zeitweilig sogar auf dem Index), und andererseits für die Wissenschaft wegen seines ausgeprägten Katholizismus zum Reaktionär. Tragisch daran ist nur, daß Lasaulx' Neuer Versuch nicht richtig zu Ende gedacht wurde. Interessant ist er trotzdem. Die Kulturen sterben laut Lasaulx nach Vollendung ihrer Entwicklung, nachdem sie hervorgebracht haben, wozu sie bestimmt waren. (Vgl. ebd., S. 24). Ihre innere productive Zeugungskraft (ebd., S. 147) nehme ab, Erschlaffung, Verweichlichung, Luxus trete ein, und danach ein Zurücksinken in Barbarei (ebd., S. 28), bis der ganze Organismus, nur auf die Befriedigung der materiellen Bedürfniss reducirt, seelenlos auseinanderfällt (ebd., S. 147). Man findet bei Lasaulx überwiegend biologisches (bzw. biographisches) Denken, das naturwissenschaftlich fundiert ist und auf eine Morphologie kultureller Weltgeschichte sowie eine lebensphilosophische Logik der Geschichte hinaus will. Wenn ich es daher unternehme, mit mässigen Gaben ausgerüstet, nicht nur die Geschichte der alten Völker deren Leben vollendet ist, sondern auch jene der heutigen Völker Europas deren Schicksale noch schwebend sind, philosophisch zu beurtheilen, so kann dies nur unter mehrfachen Voraussetzungen geschehen ..., dass der Gang der grossen Schicksale der Menschheit, wie die Folge der Naturerscheinungen durch feste ewige Gesetze bestimmt ist ... und dass, nach den Gesetzen der Analogie im Leben der Völker des Alterthums, aus dem Bisherigen auf das Zukünftige ein wahrscheinlicher Schluss gezogen werden könne (ebd., S. 5-10). Per Analogie zur Prognose.Das Lehrbuch der Weltgeschichte in organischer Darstellung vom Sprach- und Geschichtswissenschaftler Heinrich Rückert (1823-1875), dem Sohn des berühmten Dichters Friedrich Rückert (1788-1866), ist für die Kulturmorphologie ebenfalls sehr bedeutsam, stellt es doch den Versuch dar, eine Weltgeschichte eben auch von Anfang an zu schreiben. In Rückerts Lehrbuch wird die Kulturmenschheit in drei (statt vier) Entwicklungsstufen eingeteilt, wobei zehn Culturwelten bzw. Culturkreise (= Kulturkreise) unterschieden werden (babylonisch, ägyptisch, chinesisch, indisch griechisch, römisch, phönizisch, semitisch, kaukasisch, islamisch), von denen eine einzige Kultur, nämlich die westeuropäische, sich wirklich lebendig erhalten hat. (Vgl. ebd., Bd. II, S. 911). Kultur bzw. ihre erste Stufe beginne, so Rückert, sobald der Mensch sich außerhalb oder im Gegensatz zu der Natur gestellt (ebd., S. 20) wähne und erstmals zum geschichtllichen Selbstbewußtsein (ebd., S. 78) gekommen sei. In der zweiten Stufe erkenne der Mensch die Vorteile, die der Zusammenschluß in Verbände mit sich bringe, weshalb sie bei Rückert die sociale (ebd., S. 80) heißt. In der dritten Stufe schließlich entwickle sich aus dem Bedürfnis, die Welt und ihre Phänomene verstehen zu wollen, das übersinnliche oder geistige Moment (ebd., S. 84), das bald zum religiösen werde. Es folge die zwangsläufige Auflösung der Kultur durch Säkularisation und Wissenschaft; sie wird aber nicht als eine eigene Stufe (oder doch als eine heimliche 4. Stufe?) gesehen, sondern nur als allmählicher Verfall. Nachdem die westeuropäische Kultur als die einzige sich wirklich lebendig erhaltene Kultur alle anderen Kulturen, ohnehin bereits abgesunken, durch Eroberung und Ausbeutung endgültig zerstört habe, komme ihr die Rolle (oder gar die Pflicht?) zu, durch Rückbesinnung auf ihr christliches Ideal der Menschheit das Heil zu bringen - doch Skepsis sei angebracht, so Rückert, ob ihr das gelinge. Die Gegenwart und die Zukunft der europäischen Cultur, die selbst nichts weiter vermögen als das negative Werk, die Zerstörung gegen sich selbst als Vorbereitung für eine bessere Zukunft weiter fortzuführen, sind nicht dazu geschaffen, um die Regeneration jener noch mehr zerstörten eigenthümlichen Culturgebilde zu vollziehen (ebd., S. 919). Als leidenschaftlicher Patriot und später Romantiker glaubte Rückert zwar an eine germanische Mission (vor allem der Deutschen), verurteilte aber, wie sehr viele deutsche Denker zu dieser Zeit, die Kolonialpolitik der Europäer, insbesondere der Engländer. Und als Idealist, der Rückert sicherlich auch war, schien er zu hoffen, das sich in Zukunft für die Menschheit eine wahre Humanität durchsetzen werde, ganz in der Tradition des Neuhumanismus.Der Deutsche Bund (1815-1866), ein Zusammenschluß der souveränen deutschen Fürsten und freien Städte zu einem Staatenbund, wurde 1815 auf dem Wiener Kongreß (1814-15) gegründet und bestand anfangs aus 38, seit 1817 aus 39 und zuletzt aus 33 Mitgliedern, die nach innen souverän, jedoch (logischerweise) an die Mehrheitsbeschlüsse des Deutschen Bundes gebunden waren. Organ des Bundes war die in Frankfurt (Main) unter österreichischem Vorsitz tagende Bundesversammlung aller Gesandten, deren Arbeitsfähigkeit in der Praxis von der österreichisch-preußischen Zusammenarbeit abhängig war. Unter dem Einfluß Metternichs und mit preußischer Zustimmung wurde der Deutsche Bund seit 1819 (z.B. durch die Karlsbader Beschlüsse) und verstärkt nach 1830, ein Instrument zur Unterdrückung der Einheits- und Verfassungsbewegung. Als Institution von der Revolution 1848 überrollt, wurde der Deutsche Bund 1850 wiederhergestellt. Nach Ausbruch der Revolution mußte z.B. Metternich als verhaßter Exponent der Reaktion am 13.03.1848 zurücktreten und ins Ausland fliehen, bevor er im September 1851 nach Wien zurückkehrte. Doch der sich seit 1850 verschärfende österreichisch-preußische Gegensatz (Deutscher Dualismus) führte zum Ende des Deutschen Bundes. Nach dem Deutschen Krieg (1866) wurde er aufgelöst. Mit dem Sieg über Österreich im Deutschen Krieg erreichte Otto von Bismarck (1815-1898) die Gründung des Norddeutschen Bundes (1866), eines Bundestaates von 22 Mittel- und Kleinstaaten sowie freien Städten, der eine Zwischenstufe im Prozeß der Entstehung des 2. Deutschen Reiches bildete. Wirtschaftlich und militärisch stand der Norddeutsche Bund unter preußischer Vorherrschaft. Über Zollparlament und Zollbundesrat (Deutscher Zollverein) waren auch die süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bund verbunden. Er war als Provisorium gedacht, da französischer Widerstand 1866 den Weg zu einer formellen nationalstaatlichen Lösung der deutschen Frage versperrte. Die liberalen und föderalistischen Elemente des Norddeutschen Bundes waren ein Entgegenkommen an die süddeutschen Staaten, seine dahinter sichtbare Tendenz zur Absicherung der preußischen Vorherrschaft Ausdruck der Reichsgründung von oben. Zu Beginn des Deutsch-Französischen Krieges (1870-71) schlossen sich die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen Bund an, der im Dezember 1870 den Namen Deutsches Reich annahm. Der Sieg über Frankreich vollendete die kleindeutsche Reichsbildung (weil ohne Österreich) als das 2. Deutsche Reich - mit der Kaiserproklamation am 18.01.1871 in Versailles.Der Romantiker auf dem Thron war Preußens König Friedrich Wilhelm IV., geboren am 15.10.1795, regierend von 1840 bis 1861, gestorben am 02.01.1861. Er war von der deutschen Romantik so stark geprägt wie kein anderer Monarch, war einem christlich-germanischen Staatsideal verhaftet, wollte die Erneuerung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Seine Vorstellungen vom Gottesgnadentum und vom mittelalterlichen Ständestaat verhinderten einen preußischen Übergang zum Konstitutionalismus. Durch den Ausbruch der Märzrevolution 1848 wurde er zwar zum Nachgeben gezwungen, lehnte aber 1849 die von der Nationalversammlung in Frankfurt (Paulskirche) angebotene Erbkaiserwürde ab. Er strebte die nationale Einigung durch eine Union auf der Basis des Dreikönigsbündnisses und mit Hilfe des Erfurter Unionsparlaments an, scheiterte aber am Widerstand aus dem Ausland. Wegen einer durch eine körperliche Krankheit hervorgerufene schweren geistigen Behinderung übertrug Friedrich Wilhelm IV. 1858 die Stellvertretung an seinen Bruder Wilhelm I., geboren am 22.03.1797, regierend von 1861 bis 1888 (als Kaiser von 1871 bis 1888), gestorben am 09.03.1888. In Friedrich Wilhelm IV. einen Träumer zu sehen, wäre völlig abwegig; er wußte, was er wollte und was nicht, was möglich war und was nicht; er entschied und handelte klug; wäre er wirklich nur ein Träumer gewesen, hätte sein Bruder die Regentschaft 1858 nicht überommen.Friedrich Wilhelm IV., ein am Beginn seiner Regierungszeit mit besonderen Erwartungen begrüßter, hochbegabter christlich-deutscher Romantiker, erschein vielen als der Monarch, der möglichst bald auch eine deutsche Kaiserkrone tragen sollte. Hatte er doch 1843 prunkhaft-feierlich des 1000jährigen Bestehens des Deutschen Reiches gedenken lassen und unter anderem auch Ernst Moritz Arndt und Friedrich Ludwig Jahn, den in Mißkredit geratenen liberalen Dichter der Lieder für Deutsche und den als Demagogen vorübergehend inhaftierten nationalen »Turnvater« rehabilitieren lassen. (). So sprach für viele nicht nur, daß er Hohenzoller und Nachfolger des Großen Kurfürsten und Friedrich des Großen war. Doch als ihm im November 1848 von Heinrich von Gagern, dem Präsidenten der seit dem 18. Mai in der Frankfurter Paulskirche tagenden Nationalversammlung, die Kaiserkrone und das erbliche Kaisertum angetragen wurde, lehnte er ab. Einen »aus Dreck und Letten (Lehm) gebackenen Reif«, wie er die ihm ohne Zustimmung der Fürsten angebotene Krone verächtlich nannte, meinte er von sich weisen zu müssen. Die von sechshundert vornehmlich bürgerlichen Abgeordneten ausgearbeitete demokratische Verfassung, an deren Schöpfung der in dieser Zeit ganz besonders undurchschaubare und zwiespältig handelnde König keinen Anteil gehabt hatte, trat trotz nationalbetonter Euphorie, Revolution und revolutionärem Druck von unten nicht in Kraft, der deutsche Nationalstaat blieb weiterhin ein Traum. Der designierte Kaiser, Friedrich Wilhelm IV., der trotz aller »huldvollen« Freundlichkeit stets darauf bedacht war, als einer der »Fürsten in Deutschland« respektiert zu werden, wollte von einem »Handelsvertreter«, wie Heinrich von Gagern ihm - nach einer späteren Äußerung - 1848 erschienen war, ebensowenig eine Krone annehmen wie von der Nationalversammlung, die keine Krone zu verschenken hätte. Preußens König, der die nach seiner Auffassung vom Ausland her in Berlin vorbereitete »infamste Revolte, die jemals eine Stadt entehrt hat«, mehr fürchtete als die Macht Österreichs, die er keineswegs als Hindernis bei der Begründung eines Deutschen Reiches ohne Habsburg ansah, war nicht bereit, dem Wunsch jenes Parlaments zu entsprechen, das mit Ernst Moritz Arndts Parole »Das ganze Deutschland soll es sein!« () zur Schaffung einer Verfassung und eines deutschen Nationalstaates angetreten war. Die von rechten und linken Verfechtern des Nationalismus (der 1848 noch ebenso ein linkes Phänomen war wie nach dem Wiener Kongreß und zur Zeit Kurt Schumachers) gleichermaßen getragene Nationalversammlung wollte - trotz mancher rhetorischer »Bekundungen« - kein Imperium, sondern einen realistisch programmierten deutschen Nationalstaat. Zwar wollte die Versammlung nicht einmal alte Reichs- und Bundesgebiete preisgeben, die nicht deutsch waren, und es fehlte in ihr auch an Träumen von einem von der Nord- und Ostseeküste bis zur Adria und zum Schwarzen Meer reichenden deutschen Nationalstaat nicht (wie ihn rund sechs Jahrzehnte später etwa der Alldeutsche Heinrich Claß forderte); aber das eigentliche Ziel war dies nicht. Nicht einmal auf die Deutschen im Elsaß, in Lothringen und im Baltikum wurde ernsthaft Anspruch erhoben. (Werner Maser, Deutschland, 1984, S. 22-24).Bismarck meinte während der Paulskirche (1848 bis 1849), wenn es den Linken gelingt, ein großdeutsches System, also Preußen und Österreich zusammen, zu organisieren, dann gibt es einen großen europäischen Krieg. Also war er dagegen. Und das war ja schon 1815 so, nach dem deutschen Sieg über Napoleon, den die Briten zwar für sich in Anspruch nehmen, aber letztlich die Deutschen erfochten hatten. Auch damals wurde alles getan, um ein geeintes starkes Deutsches Reich eben nicht zuzulassen. (Klaus von Dohnanyi, in: Matthias Matussek, Wir Deutschen, 2006, S. 124). Vielleicht hätte Bismarck mit Gewalt viel mehr erreichen können, doch er war eben ein rechter, kluger Politiker: ein Taktierer, ein Pragmatiker, ein Realpolitiker.Papst Pius IX., der vom 6. Juni 1846 bis zum 7. Februar 1878 herrschte - diese Regierungszeit (46,67 Jahre) ist bis heute der längste Pontifikat der Geschichte -, sah das rapid sich entfaltende Risorgimento in Italien nur durch eine offenbar von dem Erzreaktionär Antonelli ausgeliehene Brille, wodurch er gezwungen zu sein schien, alle seiner konzilianten Natur entsprechenden liberalen Neigungen in ihr Gegenteil zu verkehren. Anachronistisch und hartnäckig kehrte er zu den verfehlten Mitteln Leos XII. und Gregors XVI. zurück, anstatt auf seiner anfänglichen Linie fortzuschreiten, als er seine große Amnestie für politische Vergehen erließ, so daß Österreich aus Furcht vor den Auswirkungen dieses Liberalismus Ferrara besetzte, - eines Liberalismus, dessentwegen die Häupter des Risorgimento, Giuseppe Mazzani und Vincenzo Gioberti, ihm begeistert geschrieben hatten, Grillparzer ihn ein Gedicht gewidmet hatte. Der Papst zerstörte bald alle Hoffnungen, er werde sich an die Spitze der Strömungen stellen, die Italien von den Österreichern befreien würden. .... Es kam sogar zu Attentatsversuchen gegen den Papst und Antonelli, die letzterer mit Todesurteilen und Galeerenstrafen beantwortete. Der zum Ministerpräsidenten von Sardinien-Piemont berufene Staatsmann des Risorgimento, Graf Camillo Benso di Cavour, erklärte die Guerra Santa der Einigung Italiens. Die Papstherrschaft stagnierte mehr und mehr, keine einzige der dringend notwendig gewordenen Reformen im Kirchenstaat, nach der Türkei dem rückständigsten, korruptesten Staatsgebilde der Welt, wurde durchgeführt. Nachdem Napoleon III. Kaiser geworden war (02.12.1852), verbündete er sich mit Cavour. Der Krieg gegen Österreich im Sinne der italienischen Einigung war beschlossen (21.07.1858, Geheimbündnis), die Österreicher unterlagen bei Magenta (04.06.1859) und Solferino (24.06.1859). Die Fürstentümer Toskana, Modena und Parma endeten, Nationalversammlungen dieser Bereiche beschlossen - zusammen mit dem kirchenstaatlichen Bologna - die Vereinigung mit Sardinien-Piemont (11.09.1859). Bald darauf ließ Viktor Emanuel II. den nördlichen Kirchenstaat besetzen (11.12.1860), worauf der Papst ihn exkommunizierte. Und als nach der Kapitulation Franz' II. Beider Sizilien und dem Ende der Bourbonen-Herrschaft - gleichfalls einer der rückständigsten der Welt - der König den Titel König von Italien annahm (26.02.1861), protestierte der Papst erneut. Der Papst, der inzwischen die Welt mit einem neuen Dogma, dem der Unbefleckten Empfängnis, überrascht hatte (08.12.1854), unternahm über Jahre hin monatelange Reisen durch seinen sich auflösenden Staat und ließ sich bejubeln. Antonelli verbot die Überreichung von Petitionen und Reformvorschlägen, und aus Angst vor Diskussionen wurden sogar Gemeindesitzungen streng untersagt. So rollte die Zeit über den Papst hinweg. Ohne sein Wissen wurde die September-Konvention abgeschlossen (15.09.1864), in der Napoleon III. sich verpflichtete, seine Truppen aus Rom zurückzuziehen. Während der Papst seinen verhängnisvollen Syllabus erließ (08.12.1864), folgten die kriegerischen und politischen Ereignisse in rascher Folge. Österreich siegte noch einmal über Viktor Emanuel II. bei Custozza/Verona (24.06.1866), päpstliche und französische Truppen schlugen Giuseppe Garibaldi bei Mentana nicht weit von Rom (03.11.1867). Der Papst hielt das zwanzigste allgemeine Konzil im Vatikan ab (seit 08.12.1869) und verkündete das Unfehlbarkeitsdogma (18.07.1870), Frankreich erklärte Deutschland den Krieg (19.07.1870), der Papst kapitulierte vor den Truppen Viktor Emanuels II. (20.09.1870), die weltliche Herrschaft der Päpste war zu Ende, der Kirchenstaat hatte aufgehört zu existieren (vgl. Vatikanstadt), Wilhelm I. wurde in Versailles zum Kaiser proklamiert (18.01.1871), der Papst lehnte das sogenannte Garantiegesetz der neuen italienischen Regierung ab (13.05.1871), Bismarck leitete mit dem Kanzelparagraphen den Kulturkampf ein (10.12.1871), und der Papst verweigerte wie dem Vater, so dem Sohn und neuen König Umberto I. den Titel König von Italien (09.01.1878). So ging der dramatischste Pontifikat der Neuzeit zu Ende. (Hans Kühner, Das Imperium der Päpste, 1977, S. 363-365). Mit dem Papsthistoriker Kühner bleibt festzuhalten, daß die Verkündigung des Dogmas von der Unfehlbarkeit der Päpste - einen Tag vor Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges - für den gefühlsseligen Papst Pius IX. offenbar der Höhepunkt seines Pontifikates war.Dem abendländischen Klassizismus in Baustil, Kunst, Malerei und Musik entspricht in der Antike die Attika-Klassik bzw. der Früh-Hellenismus. Zu nennen sind die Bildhauer Praxiteles (4. Jh. v. Chr.), Skopas (4. Jh. v. Chr.) und Lysippos (ca. 380-310; Schöpfer des hellenistischen Menschentyps) sowie die Musiktheoretiker, z.B. Platon (427-347), Aristoteles (383-322), Aristoxenos (um 354/350) und Euklid (ca. 370-300). |
Die römische Kunst war von Beginn an von der etruskischen und griechischen Kunst beeinflußt. Die Griechen nahmen insbesondere durch die unteritalienischen und sizilianischen Kolonien Einfluß auf die Römer. (Vgl. 10-12, 12-14 und 14-16). Infolge der späteren Siege über die östlichen Mittelmeerländer sollten auch hellenistische Formelemente in die römische Kunst eindringen. Die Säulenordnung wurde der griechischen immer ähnlicher. (Vgl. 20-22 und 22-24). Die römische Ordnung, eine Mischung oder Zusammenstellung aus ionischen und korinthischen Elementen, entwickelte auch das Kompositkapitell, das sich später als Erbe im Abendland großer Beliebtheit erfreuen sollte. Beispielsweise übernahm die spätere karolingisch-ottonische Kunst die römischen Kapitelle in stark vereinfachter Form, während Romanik und Gotik eigenwilligere abendländische Formen fanden und erst die Renaissance, der Barock und das Rokoko die antiken Formen wieder reintegrierten, bevor sie in der jetzigen Phase in aller Klarheit veredelt werden konnten: im Klassizismus und in der Romantik. |
Klassisch heißt vollkommener, idealer Ausgleich von Inhalt und Form, den der deutsche Archäologe und Kunstgelehrte Johann Joachim Winckelmann (1717-1768), Begründer der klassischen Archäologie und der neueren Kunstwissenschaft, in erster Linie der antiken Kunst zuschrieb. Daraus entstand der Begriff der Wiener Klassik (Haydn, Mozart, Beethoven) und der Weimarer Klassik (Goethe, Schiller). Goethe und Beethoven waren diejenigen, die die Klassik zu einer unübertreffbaren Reife führten. Nicht zufällig war die Klassik die Zeit des erwachsenen Goethe und endete mit seinem Tod (1832); nicht zufällig kann man an Beethovens Lebensdaten die Zeit der Klassik ablesen: 1770-1827. Er war der Vollender der deutschen musikalischen Klassik und Kronzeuge der europäischen Musikromantiker. Fast gleichzeitig mit der Klassik begann die (Früh-) Romantik in Instrumentalmusik, Oper und Lied, z.B. durch Franz Schubert (1797-1828). Bloße Nachahmung des klassischen Stils ohne dessen Geist nennt man dagegen klassizistisch, doch ist dieser Ausdruck nicht immer als Tadel zu verstehen. Das ist jedoch der Fall, wenn er für einen leeren Formalismus steht. Der nicht zu tadelnde Klassizismus umfaßt in etwa die Zeit von 1770 bis 1830 und trat damals in allen künstlerischen Erscheinungsformen auf. Er war auch eine Gegenbewegung zu Barock und Rokoko: ein Umschlagen ins Gegenteil von solcher Schroffheit, wie sie in der abendländischen Kunst noch nicht vorgekommen war. Die Neuentdeckung der Größe der antiken Kunst war nicht so sehr Ausgangspunkt als vielmehr Folge der schon seit der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts da und dort spürbaren klassizistischen Neigungen, zu edler und klarer Form zurückzukehren. (Vgl. 16-18). Man fand dieses Ideal verwirklicht in der antiken Kunst, wandte sich dieser mit neuer Liebe zu und suchte im eigenen künstlerischen Schaffen auf gleichen und ähnlichen Wegen das Ziel zu erreichen, das in der antiken Kunst erreicht worden war. Die gelehrten Vertreter der klassizistischen Bewegung waren in Deutschland vor allem der bereits erwähnte J. J. Winckelmann und G. E. Lessing (1729-1781) sowie die zu Beginn dieser Zeit noch jungen J. W. Goethe (1749-1832) und F. Schiller (1759-1805). Die Baukunst zeigt deutlich, daß nicht bloße Nachahmung einer als vergangen empfundenen Kunst gewollt wurde - wie z.B. in den späteren Neo-Stilen des Hoch-Historismus als Eklektizismus (vgl. 20-22) -, sondern eine Erneuerung im Sinne der Antike, die in dieser Zeit ein lebendiges Gegenwartserlebnis darstellte. In Deutschland waren die ersten Vertreter Erdmannsdorf (Schloß Wörlitz, 1769-1773), Langhans (Brandenburger Tor in Berlin, 1788-1791), F. Gilly (Entwürfe zu Nationaldenkmal für Friedrich d. Gr., 1796, und Nationaltheater, 1800), Weinbrenner (Bauplan für Karlruhe, 1807-1825), Klenze (Glyptothek, Pinakothek, Propyläen u. a. in München; Walhalla in Donaustauf bei Regensburg, 1830-1847) und vor allem K. Fr. Schinkel (in Berlin und anderen Orten Deutschlands, seit 1803). |
26) Dionysos-Kult zu: Rationalismus;
seit Pythagoräer 27) Theogonie geht auf in Platonismus/Aristotelismus ** 28) Gegenreformation (6) Zeus-Götterwelt seit - 7. / - 6. Jh. |
26) Neuscholastik (5) zu: Rationalismus;
seit Leibniz
- Wolff 27) Neumystik (4) geht auf in Idealismus/Romantik ** 28) Neuscholastik (6) Gegenreformation seit 16. Jh. |
Immanuel Kant (1724-1804)
4 Entwicklungsstufen |
Platon (427-347)
4 Entwicklungsstufen |
Natur- |
Meta- |
Kritisch- |
Nach- | Sokrates- 407 |
Studien |
Akademie Kritik der |
Spätzeit Weiter- |
Aristoteles (383-322) Trichotomie |
Georg Wilhelm Friedrich Hegel |
Begriff
(e) |
Urteil (e) |
Schluß | These |
Antithese |
Synthese |
Metaphysik |
Mathematik |
Physik |
Natur-Seele |
Bewußtsein |
Identität | |
Politik
|
Ökonomik |
Ethik | Familie | Gesellschaft | Staat | |
Technik |
Ästhetik |
Rhetorik | Subjekt |
Objekt |
Gott |
Pflanzenhafter |
Tierhafter |
Intellektueller | Anschauen |
Vorstellen |
Wissen |
Monarchie |
Aristokratie |
Demokratie | These |
Antithese |
Johann Gottlieb Fichte
(1762-1814) ging von Kants ethischem Rigorismus und Aktivismus aus. Fichtes Philosophie
ist die wissentliche Selbstbeobachtung der schöpferisch-ethischen Aktivität
der Persönlichkeit, des Ich. Seine Philosophie heißt darum Wissenschaftslehre
(1794). Fichte stellte in diesem Sinne 3 Tathandlungen des Ich fest:
1.) Das Ich setzt sich selbst; 2.) Das Ich setzt sich einem Nicht-Ich entgegen;
3.) Das Ich setzt sich im Ich einem Nicht-Ich entgegen. Das Ich war für Fichte
der Inbegriff des gegen die Trägheit ringenden Willens der Menschen. Demnach
gäbe es ursprünglich nur eine absolute Tätigkeit: das Ich. So betrachtet
stellen wir uns Dinge außer uns dadurch vor, daß das Ich eine Realität
in sich aufhebt (außer sich setzt) und diese aufgehobene Realität in
ein Nicht-Ich setzt, das ja auch eine Tathandlung des Ich ist. |
|
Nach Platons
Gründung der Akademie (385 v. Chr.) entstanden Aristoteles' Peripatetiker-Schule
(335 v. Chr.), Pyrrhons Skeptiker-Schule (312 v. Chr.), Zenons Stoiker-Schule
(um 300 v. Chr.), Epikurs Schule (um 300 v. Chr.) und die bereits
erwähnten 13-bändigen Elemente des Mathematikers
Euklid (um 312/300),
dessen Parallelenaxiom genau einen Weltmonat
lang Gültigkeit haben sollte, bis Gauß
(um 1800) die erste nicht-euklidische Geometrie entwickelte. ().
Ebenfalls einen Weltmonat nach den antiken sehen wir neue abendländische
Denkschulen, wobei man hier immer wieder auf den apollinisch-austischen
Gegensatz zurückkommen muß, um zu verstehen, weshalb
Form und Inhalt dieser Schulen Oppositionen darstellen, in
der Genetik
einer Kultur aber immer wieder analoge Kriterien der Evolution
am Werk sind. Im Vergleich zu Platon, der seinen Idealismus auch politisch
zu verwirklichen suchte (im Reich des Tyrannen Dionysios I.
in Sizilien), blieb Kant praktisch ziemlich apolitisch und entwickelte
statt dessen seinen kategorischen Imperativ. Auch Aristoteles
kann in praktischer Hinsicht als apolitisch gelten, auch und gerade
wegen der Tatsache, daß er Alexander den Großen erzogen
hatte, denn seine Beweggründe waren nicht das, was man ihm nach
Alexanders Tod zu unterstellen versucht hat: Gottlosigkeit.
Für Hegel und (sein eigentliches
Analogon) Platon bedeutete erkennen sich erinnern und begreifen
rekonstruieren; diese beiden großen Idealisten hatten
auch ähnliche Staatsideen. Hegel sah im Staat den erscheinenden
Gott, weil die Einheit rechtlichen Verhaltens und moderner Gesinnung
das Entscheidende und im Staat höchste Form Erreichende sei -
das Ideal schlechthin, weil es allgemeiner Natur sei. Diese
allgemeine Form sollte Inhalt werden. Ob sie
es dann wurde, war eine andere Frage. Man hatte die Idee, und
das war entscheidend. In einer antiken körperlichen Polis
war die Idee anderer Natur. Man ertrug hier keinen Inhalt,
weil er nur Chaos zu bedeuten schien, und ging gleich zur Form
über. Die Antike war stets populär, was wir populistisch
nennen würden, weil wir die Antike nicht wirklich verstehen
können und wollen. Das Abendland war stets unpopulär,
was die Antike unfertig oder nicht vorhanden genannt
hätte, weil sie uns nicht wirklich hätte verstehen können
und wollen. Das liegt an der antiken arch.
|
Hegels Freiheit besteht aber darin, daß der Mensch seine Wesensidentität mit dem Absoluten erkennt und sich mit den letztlich auch vom Absoluten geschaffenen Gebilden des objektiven Geistes und ihrem Wollen - Staat und Recht - identifiziert. Kein deutscher Denker, selbst Kant nicht, hat so nachhaltig auch auf fremde Nationen gewirkt wie Hegel. So wie Alexander von Humboldt (1769-1859) als wissenschaftlicher Entdecker Amerikas gilt, so gilt Hegel als der universalierende Weltgeist der Weltgeschichte. Sein bekanntestes und genialstes erstes größeres Werk, die Phänomenologie des Geistes, ging um die ganze Welt. Der Hegelianismus (Gegenteil: Aristotelismus?), der sich in eine Rechte (theistische), eine Mitte (Gans, Michelet u.a.) und eine radikale Linke aufspaltete, also Althegelianer (Gegenteil: 1. Aristoteliker?) und Junghegelianer (Gegenteil: 2. Aristoteliker?) und damit die folgenreichsten Hegel-Nachfolger - auch Marx und Engels waren Hegelianer - hervorbrachte, verbreitete sich weltweit und mündete in den Neu-Hegelianismus (Gegenteil: Aristarchos' Neu-Aristotelismus ?). Könnte es deshalb in Zukunft nicht auch einen Hegelianischen Soziologismus (Gegenteil: Aristotelische Stoa?) geben? Auch der Kantianismus (Gegenteil: Platonismus), der Altkantianer (Gegenteil: Alte Akademie?), Neu-Kantianer (Gegenteil: Mittlere Akademie?) und Neu-Neu-Kantianer (Gegenteil: Neuere Akademie?) hervorbrachte, könnte in Zukunft weitere Kantianismen entwickeln und auch Mittlerer Kant(?)ismus (Gegenteil: Mittlerer Platonismus?) und Neuerer Kant(?)ismus heißen, wobei letzterer dann tatsächlich ein Neukantianismus (Gegenteil: Neuplatonismus?) wäre. Überhaupt entwickelte sich ja der gesamte Idealismus über bestimmte Neoismen zum Neu-Idealismus (vgl. 20-22) und über weitere neue Ismen (Neo-Neoismen) zum Neu-Neu-Idealismus. (Vgl. 22-24). Die über die eigene Kultur hinausreichende Wirkung, die Platon und Aristoteles erreichten, könnte auf abendländische Weise auch für Kant und Hegel gelten. Eine Wirkung bis ins Unendliche ? (). | Kantianismus Hegelianismus Neu-Kantianer Neu-Hegelianer |
Musik
und andere Kunst
sind hier aus Platzgründen nicht berücksichtigt |
(Vgl. 16-18) -390/370) Späte Sophisten (Gorgias, Hippias) |
(Vgl. 16-18) -390/350) Späte Pythagoräer (Archytas von Tarent) |
bis 1760/78) Rousseauismus (Alter Rousseau und Anhänger). (Vgl. 16-18) -390/350) Sokratiker (Xenophon) |
1760/80) Rousseau-pietist. bew. Sturm & Drang. (Vgl. 16-18) -390/350) Kyniker (Antisthenes, Diogenes) |
(Herder,
jungerGoethe, junger Schiller). (Vgl.
16-18)
-390/350) Kyrenäiker
(Hedon.: Aristippos) Sensualismus (Condillac) und Früh-Positivismus (Hume, d' Alembert) |
-387) GallierKatastrophe:
Kelten unter Brennus, zerstören Rom
|
1761) Musik:
Joseph Haydn wird Kapellmeister in Eisenstadt 1762) Philosophie: Contrat social (Gesellschaftsvertrag; Rousseau) Musik: Der 6jährige Wolfgang Amadeus Mozart spielt auf einer Konzertreise vor der Kaiserin Maria Theresia Archäologie, neuere Kunstwissenschaft und Wegbereitung des Klassizismus (Winckelmann)) 1763) Ende des 3. Schlesischen Krieges und des Britisch-Französischen Kolonialkrieges Friede zu Hubertusburg (Preußen gewinnt gegenüber Österreich und Sachsen) Friede zu Paris (England gewinnt gegenüber Frankreich und Spanien) 1764) Musik: Der 8jährige Wolfgang Amadeus Mozart schreibt seine 1. Symphonie Ende der Aufklärung bis Kritizismus (wolffscher bis kritischer Kant) |
1764/65) Spinnmaschine
(Hargreaves) / Wattsche Dampfmaschine (Watt) Beginn der Industriellen Revolution in England 1765) Bergakademie Freiberg - älteste Technische Universität der Welt 1765) Deutsche Siedler gründen in Rußland die Wolga-Kolonie 1766) Lothringen kommt durch Erbfall an Frankreich 1766) Entdeckung: Wasserstoff (Cavendish) 1767) Spanien weist alle Jesuiten wegen Hochverrats aus 1766) Entdeckung: Wasserstoff (Cavendish) |
1768) Frankreich kauft von Genua die Insel
Korsika: Napoleon wird dadurch als Franzose geboren (*15.08.1769) Physiokratische Volkswirtschaftslehre (Turgot und Quesnay) 1770) Philosophie: Immanuel Kant wird als Professor an die Universität Königsberg berufen James Cook nimmt für England Australien in Besitz Entdeckung: Sauerstoff (Carl Wilhelm Scheele) |
-379) Platon lehrt
in seinem Phaidon die Unsterblichkeit der
Seele und die Kugelgestalt der Erde |
1772) Entdeckung: Stickstoff (Rutherford)
1. Teilung Polens zwischen Preußen, Österreich und Rußland (2. Teilung Polens zwischen Preußen und Rußland, 1793, 3. Teilung Polens zwischen Preußen, Österreich und Rußland, 1795) Dichterbund (Hainbund) in Göttingen 1. ausgebaute Alpenstraße: die Brennerstraße 1772-1775) Auf seiner 2. Reise beweist J. Cook die Nichtexistenz der Terra australis und überquert 1773) Teaparty of Boston: Kolonisten in Nordamerika verlangen Vertretung im englischen Parlament 1773/1774) zweimal den südlichen Polarkreis: Entdeckung der Antarktis -377) 2. Attischer
Seebund (Kampfinstrument Athens gegen Sparta)
1775) Nordamerikanischer Unabhängigkeitskrieg
(bis 1783)Beginn der Weimarer Zeit für Goethe (frühe Weimarer Klassik) 1776)Unabhängikeitserklärung der 13 nordamerikanischen Kolonien Englands: Sie proklamieren die unveräußerlichen Menschenrechte Liberale Nationalökonomie (Adam Smith) 1778/80) Taucherglocke (zum Bau unter Wasser) / Verbrennungstheorie (Smeaton / Lavoisier) |
1780/92) Neuhumanismus (Lessing, Herder, Goethe, Schiller, W. Humboldt) |
1781/83) Entdeckung: Uranus (Herschel) / Eigenbewegung des Sonnensystems (Herschel) |
1781-1793) Kants kritische Entwicklung (kritische Philosophie) |
Kritizismus (Transzendental-Idealismus, -Erkenntnistheorie: Kant) |
1782) Letzte Hexe Europas wird in Glarus (Schweiz) geköpft |
1783/85) Heißluftballon / Mechanischer Webstuhl (Mongolfier / Cartwright) |
1788) Nach Goethes Italien-Reise: Beginn der Weimarer Klassik |
1789) Beginn der französischen Revolution |
1790) Berührungselektrizität (Galvani) |
1790) Morphologie (Ganzheitliche Gestaltlehre, Struktur-Idealismus: Goethe) |
1792) Änesidemus, Skeptizismus-Verteidigung gegen Vernunftkritik-Anmaßung (G. E. Schulze) |
1793-1804) Kants nachkritische Phase (Bindeglied zwischen Kants Kritizismus und Deutschem Idealismus) |
1794) Ethik-Idealismus (Fichte) |
1795) Menschenbildungs-Idealismus (Schiller) |
1795/99) Individuell-ästhetischer Idealismus (Schlegel) |
1799) Ästhetisch-religiöser Idealismus (Kant) |
1799/1801) Absoluter Idealismus (Identitätsphilosophie:
Schelling) 1799) Alexander von Humboldt beginnt mit seinen weltweiten Expeditionen und Entdeckungen (bis 1859), bereichert u.a. die botanische Systematik um 5000 neue Arten zu den bisher 8000 bekannten Arten, begründet u.a. die Pflanzengeographie (Geobotanik); er ist also der wahre, der wissenschaftliche Entdecker Amerikas um 1800) 83% der Erde (60% ihrer Landfläche) sind bekannt (vgl. 10-12, 14-16, 22-24) |
um 1800) Hochklassisches
Neuhochdeutsch (Höhepunkt der deutschen Sprache): Deutsch als Wissenschaftssprache der Welt, die Weltsprache der Wissenden. (Vgl. AHD, Früh-MHD, Klassik-MHD, Spät-MHD, Früh-NHD, Klassik-NHD, Spät-NHD) |
1800) Logischer Idealismus (Panlogismus: Hegel) -335) Peripatetiker (Aristoteles) |
1800) Nicht-euklidische Geometrie (Gauß) |
um -315) Euklidische Geometrie (Euklid) |
1800) Papiermaschine (Robert) |
1800) 1. Dampflokomotive (Trewithick) |
1802) Erste erfolgreiche Keilschrift-Entzifferung: Georg Friedrich Grotefend |
1800/04/07) Drehbank / Netzstrickmaschine / Dampfschiff (Maudsley / Jayquard / Fulton) |
1804) Weltbevölkerung (**|**|**): 1 000 000 000 |
1806) Franz II. legt die Kaiserkrone nieder (06.08.): Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation |
1807) Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein führt als Minister liberale Formen durch |
1807/11) Neue Nomenklatur und Symbole in der Chemie (Berzelius) |
1808) Vergleichende Sprachwissenschaft (Wegbereiter: Schlegel, Begr.: Bopp, Gebr. Grimm) |
um 1810) Vitalismus (u.a. Louis Dumas) |
1812) Germanische Altertumswissenschaft, Germanische Sprachwissenschaft, Deutsche Philologie (Grimm) |
ab 1812) Begründung
der Vergleichenden Sprachwissenschaft: Franz Bopp (Beweis für die Verwandtschaft indogermanischer Sprachen); Hauptwerk: Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Litthauischen, Gothischen und Deutschen (6 Bände, 1816 bzw. 1833-55). |
1812) Schnelldruckpresse (König, Bauer) |
1813) 16. Oktober: Völkerschlacht bei Leipzig (Niederlage Napoleons) |
1814) 31. März: Einzug der Verbündeten in Paris und Absetzung Napoleons |
1814) Spektroskop (Fraunhofer) |
1814) Fraunhofer-Linien, Absorptions- und Emissionslinien im Sonnenspektrum (Fraunhofer) |
1814/15) Wiener Kongreß (Beginn der Restauration), Deutscher Bund |
1815) Der dem schon so gut wie besiegten
englischen Feldmarschall Wellington zur Hilfe kommende Generalfeldmarschall Blücher besiegt Napoleon am 18. Juni bei Waterloo |
1815) Polarisation des Lichts / Wellentheorie des Lichts (Malus / Fresnell) |
1818) Atom-Gewichte (Berzelius) |
1819) Lebensphilosophie (Willensmetaphysik: Schopenhauer) um -315) Skeptiker (Pyrrhon) |
Gesellschaft
für Ältere Deutsche Geschichtskunde (Karl v. u. z. Stein) Deutsche Grammatik (Ablautgesetze: Deutsch, Germanisch, Indogermanisch): J. Grimm |
1822) Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen: Jean-François Champollion |
1824) Realismus-Philosophie (Psychologie: Herbart) |
1827) Ohmsches Gesetz (Ohm) |
1827) Eizelle (Karl Ernst von Baer) |
1827) Schiffsschraube (Ressel) |
1828) Organische Chemie (Organische Substanzen auch ohne Lebenskraft: Wöhler, Liebig) |
1828) Positivismus (Atheismus: Feuerbach; Comte, St. Mill). Vgl. auch (16-18) |
1829) Expedition ins asiatische Rußland (A. von Humboldt). Eines der wichtigsten Resultate: |
Globales Netz magnetischer Beobachtungsstationen (Zusammenarbeit: A. von Humboldt und Gauß) |
1830) Darstellung des gesamten Wissens über die Erde (A. von Humboldt) |
1830) Erste (brauchbare) Nähmaschine (Madersperger) |
1831/33) Elektrisches Induktionsgesetz, Elektrolyse (Faraday) |
1833) Elektromagnetischer Telegraf (Gauß und Weber) |
1833) Periodische Eifurchung (Bischoff) |
1834) Elektromotor (Jacobi) |
1836) Amerikanischer Transzendentalismus als Neu-Idealismus (Emerson) |
1837) Telegraph (Morse) |
1838) Photographie (mit lichtempfindlichen Silbersalzen; Daguerre) |
1838) Hallische Jahrbücher von Ruge und Echtermeyer (Hegelianer) |
1839) Energetik (Energetismus), Gesetz von
der Erhaltung der Energie: 1. Hauptsatz der Wärmelehre (Thermodynamik) / (J. Robert Mayer / Helmholtz) |
1839-1841) A. von Humboldt und Gauß fördern Erforschung der Antarktis (d'Ueville, Wilkes, Ross) |
1840) Mineraldünger (Liebig) |
1841/42) Samenfäden / Periodische Eireifung (Kölliker / Bischoff) |
1842) Doppler-Effekt, Veränderung von Frequenz und Länge einer Lichtwelle oder Schallwelle (Doppler) |
1843) Absoluter Existenz-Subjektivismus (Kierkegaard) |
1845) Radikal-Individualismus bzw. Anarchismus (Stirner) |
1845) Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung (1. Ausgabe) von A. von Humboldt |
1845/46) Anarchismus (Proudhon) |
1846) Entdeckung des Neptun (Galle) |
1846/48) Äther-Narkose / Blinddarm-Operation (Morton / Haucook) |
1847) Algebraische Logik (Boole) |
1847) Guttapercha-Isolierung für Kabel (Werner Siemens) |
1847/54) Geschichte der deutschen Sprache / Germanisch-deutsches Wörterbuch (Gebr. Grimm) |
1848) Kommunismus/Marxismus (Marx, Engels) |
1850) 2. Hauptsatz der Wärmelehre (Thermodynamik), Entropie (Rudolf Clausius) |
1851/54) Soziologie (Comte) um -300) Stoiker (Zenon der Stoiker) |
1852) Zellteilung (Remak) |
1853/55) Rassen-Ideologie (Gobineau) |
1854) 1. elektrische Glühlampe - mit Batterie-Stromzufuhr (Heinrich Goebel) |
1854) Vierdimensionales Kontinuum von Raum und Zeit (Riemann) |
1855) Bunsenbrenner (Robert Wilhelm Bunsen) |
1855) Sinnespsychologie (Helmholtz) |
1855) Materialismus (Materialismus-Bibel Kraft und Stoff: Büchner). Vgl. auch (16-18) |
1855/64) Vereinigung Mechanik-Theorie mit Idealismus (Lotze) |
1856) Erdöl-Bohrungen in der Lüneburger Heide: Beginn der systematische Erschließung von Erdöl |
1856) Regenerativ-Flammofen (Friedrich Siemens) |
1857) 4. Januar (Schwarzer Sonntag): Beginn der 1. Weltwirtschaftskrise |
1857) Erstes Tiefseekabel (Werner Siemens) |
1859) Spektral-Analyse (Kirchhoff / Bunsen) / Kirchhoff'sches Gesetz, - Strahlungsgesetz (Kirchhoff) |
1859) 1. Juli: Erste erfolgreich niedergebrachte Erdölbohrung weltweit in Wietze bei Hannover |
1859) Darwinismus (Entstehung der Arten: Darwin) |
1859) Historischer Materialismus (Marx) |
1860) Vereinigung Mechanik-Theorie mit Idealismus (Lotze) |
1860) Psychophysik (Fechner) um -300) Epikuräer (Epikur) |
1860) Kindbettfieber (Semmelweis) |
1861) 1. Telefon bzw. Fernsprecher (Reis) -287) Gründung der Bibliothek in Alexandria |
1861-64) Vollendete Theorie des Elektromagnetismus (Maxwell und Boltzmann) |
1861-96) Evolutionismus (Spencer) -287) Neu-Peripatos (Jüngere Aristoteliker: Straton) |
1862) Viertakt-Motor, auch Ottomotor genannt (N. Otto) / Tuberkelbazillus (Robert Koch) |
1863) Ferdinand Lassalle gründet in Leipzig den ADAV (1869: SDAP, 1875: SAP, 1890: SPD) |
1864) 1. Internationale (internationale Arbeiterassozisation) aus 13 europäischen Ländern und USA |
1864 bis 1873) Moderne Zukunftsromane. Beginn
der Science-fiction (Reise zum Mittelpunkt der Erde, Von der Erde zum Mond, Reise zum Mond, In 80 Tagen um die Welt: Jules Verne) |
1865) Vererbungslehre (Mendelsche Gesetze: Mendel) / Milieutheorie (Taine) |
1865/66) Keimplasmatheorie (Erbsubstanz in Form von Determinanten im Keimplasma; Weismann) |
1866/67) Torpedo (Whitehead) / Dynamit, Eisenbeton (Nobel, Monier) |
1866) Dynamo-Maschine (Werner Siemens) |
1868) Schliemannsche Archäologie-Methode: Troja wird entdeckt (Heinrich Schliemann) |
1869) Periodensystem der Elemente (J. L. Meyer, D. Mendelejew) / Lichtdruck (Albert) |
1869) DNS (DNA): Desoxyribonukleinsäure (Miescher, Hoppe-Seyler) |
1869) A. Bebel und W. Liebknecht günden in Eisenach die SDAP (1863-69: ADAV, 1875: SAP, 1890: SPD) |
1869-1870) (08.12.1869-20.10.1870)
Konzil (20) von Rom (Vatikan I)
: Definition des Primats und der Unfehlbarkeit des Papstes |
- (!) Vor 306 Jahren endete das letzte Ökumenische Konzil (!) - (Vgl. 12-14) |
seit -270 ) Neu-Akademie:
2. oder Mittlere Akademie (akademische Skepsis); Arkesilaos
|
1870) Neu-Kantianismus (Mach, Riehl, Helmholtz; Marburger Schule: Cohen, Nartorp; Rickert, u.a.) |
1870/71) Deutsch-Französischer Krieg (Frankreich kapituliert im Januar 1871): 2. Deutsches Reich |
1871) Versailler (Vor-) Friede (26.02.) und Frankfurter Friede (10.05.) |
1873) Ammoniak-Kältemaschine (Carl von Linde) |
1875) Befruchtung durch Verschmelzung von Ei- und Samenzelle (Hertwig) |
1875) Die SDAP, die aus dem ADAV (1863-69) hervorging, heißt jetzt SAP (1890: SPD) |
1876) 1. Nachweis eines lebenden Mikroorganismus als Erreger einer Infektionskrankheit (Robert Koch) |
1876/77) 2. Version des Telefons / Sprech-Maschine (Bell, Gray / Edison) |
1877) 1. Kontaktlinse (Adolf Fick) |
1878) Elektrischer Schmelzofen, Elektrometallurgie (Werner Siemens) |
1878) Berliner Kongreß (Bismarck schlichtet den Balkan-Konflikt) |
1879) 1. brauchbare elektrische Glühlampe (Edison) |
1879) 1. Elektrolokomotive (Werner Siemens) |
1879) Logistik (Gottlob Frege) |
1879) Panpsychismus (Fechner) |
1879/80) Kulturkritik der Zeit und Charakterologie deutschen Wesens (Bötticher) |
1880) Elektrischer Aufzug (Werner Siemens) |
1883-86) Neue Variante der Lebensphilosophie (Nietzsche) |
1883) Mengentheorie (Georg Cantor) / Gruppentheorie (Dedekind, Klein) |
1884) Dem Deutschen Volke: Berliner Reichstagsgebäude (Paul Wallot) |
1884) Nahtlose Rohre per Mannesmann-Verfahren: Schrägwalzung, Pilgerschrittwalzung (Mannesmann) |
1884/85) Benzin-Motor / Motor-Kraftwagen (Daimler,Maybach / Daimler, Benz) |
1885) Goethe-Gesellschaft (Weimar): Jahrbücher und internationale Tagungen |
1886) Elektromagnetische Wellen (Beweis des Elektromagnetismus: Hertz) |
1889) 2. Internationale: 1. Mai '90 als Kampftag der Arbeit; Ausschluß der anarchistischen Arbeiterbewegung |
1889) Französische Lebensphilosophie (Bergson) |
1890) Antikörper gegen Infektionserreger, Begr. der Serumheilkunde / Immunitätslehre (E. A. Behring) |
1890) Die SAP, die aus dem ADAV (1863-69) und der SDAP (1869-75) hervorging, heißt jetzt SPD |
1890) Neu-Hegelianismus (Dilthey, Fischer, Croce, Wigersma, Glockner, Hearing, Bosanquet, Litt u.a.) |
1890) Anfänge der Gestaltpsychologie (von Ehrenfels) / Reduktionsteilung (Samenzellen: Hertwig) |
1891) 1. erfolgreicher Gleitflug (Otto Lilienthal) |
1892) Gründung der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands (Dachverband) |
1893) Photozelle (J. Elster, H. Geitel) |
1893) 1. intensive Erforschung der Arktis (Nansen) |
1894) Geisteswissenschaft und Verstehensmethodik (Dilthey) |
1895) Kinematograph (Lumière) |
1895) Herstellung von flüssiger Luft, Linde-Verfahren (Carl von Linde) |
1895) Röntgen-Strahlen (Wilhelm Conrad Röntgen) |
1896) Elektronen-Theorie / Uran-Strahlen (Lorentz / Becquerel) |
1897) Diesel-Motor (Diesel) |
1897) Vorläufer der Kant-Gesellschaft: Kant-Studien (- Kreis) |
1898) Überfall der USA auf Kuba: Beginn des USA-Spanien-Krieges |
1899) Monismus (Biologische Philosophie: Haeckel) |
1900) Lenkbares Starr-Luftschiff (Zeppelin) |
1900) Plancksches Strahlungsgesez Quantentheorie (Planck) |
-272)
Heliozentrisches Weltbild (Aristarch)
|
1900) Psychonalytische Traumdeutung (Freud) |
1900) Neu-Phänomenologismus (Phänomenologie: Husserl) - zur Überwindung des Psychologismus |
um 1900) Braunsche Röhre (Karl Ferdinand Braun) / Atommodell, Dynamidentheorie (P. Lenard) |
1901) Herstellung von flüssigem Sauerstoff und Stickstoff (Carl von Linde) |
1901) Bild-Telegraphie (A. Korn) |
1901) 14. August: 1. Motor-Flug (Gustav Weißkopf) |
1901-1903) 1. deutsche Expedition mit dem Polarschiff Gauß in die Antarktis (Erich Drygalski) |
1902) Bosch-Zünder (Hochspannung-Magnetzündung) für Kraftfahrzeuge (R. Bosch) |
1902) Konventionalismus (Poincaré, Dingler) |
1903) Radioaktivität (Zerfallsgesetz: Rutherford) -260) Archimedisches Prinzip: Hydrostatik (Archimedes) |
1903) Seismometrie, Seismograph (Wiechert) |
1903) Neu-Realismus (Moore u.a.) |
1903) Motor-Flug (Karl Jatho am 18. August; Gebr. Wright am 17. Dezember) |
1904) Chromosomen (Theodor Boveri) |
1904) In Deutschland wird das weltweit erste Radargerät gebaut (Christian Hülsmeyer) |
1904) Kant-Gesellschaft (Vaihinger) anläßlich Kants 100. Todestages (Zeitschrift: Kant-Studien) |
1905) Spezielle Relativitätstheorie (Einstein) -260) Spezifisches Gewicht der Körper (Archimedes) |
1905-1910/13) Haber-Bosch-Verfahren zur Herstellung von Ammoniak (Theorie: F. Haber, Praxis: C. Bosch) |
1907) Pragmatismus (James / Dewey) |
1908) Ehrlich-Seitenkettentheorie (Ehrlich) |
1909) Neu-Vitalismus (Driesch) |
-3. Jh.) Nerven, Gehirn, Nervensystem, Blutkreislauf (Herophilos, Erasistratos) |
1900/20) Völkerpsychologie (Wundt) / Charakterkunde (Klages) |
1910) Blutgruppen (Moß) / Salvarsan zur Syphilisbehandlung, moderne Chemotherapie (Ehrlich) |
1911) Schopenhauer-Gesellschaft (international): Begr. Deussen, Gwinner, Kohler; Jahrbücher |
1911) Atom-Modell (Rutherford, Bohr) |
1911) Mathematische Logik (Frege, Russel, Whitehead) -260/240) Antike Integralrechnung (Archimedes) |
1911) Fiktionalismus (Vaihinger) / Vitamin B1-Wirkstoff gegen Beri-Beri (Funk) |
1912) Theorie der Plattentektonik bzw. Kontinentalverschiebung (A. Wegener) |
1912) Humangenetik (Lenz) |
1912/23) Denkpsychologie (Würzburger Schule, Külpe) |
1913) Goetheanum (Gesellschaft für Anthroposohie): Freie Hochschule für Geisteswissenschaft (Steiner) |
1913) Röhrensender (A. Meißner) / Echolot (A. Behm) / Stark-Effekt (J. Stark) |
1913) Ausdruckswissenschaft (Klages) |
1913) Geisteswissenschaftliche Psychologie (Spranger) |
1914) Graphologie (Klages) / Begründung der Verhaltensforschung (Watson) |
|
Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) - 10 Entwicklungsstufen - |
1)
Frankfurter Zeit |
2) Leipziger Zeit |
3) Frankfurter Zeit |
4) Straßburger Zeit Jura-Studium
|
5) Frankfurter Zeit Advokat |
6) Wetzlarer Zeit Praktikant
am Reichskammergericht |
7) Weimarer Zeit Erzieher
und Minister |
8) Italien-Reise Umorientierung
der früheren Elementen zum Klassischen |
9) Weimar-Klassik Leiter des Hoftheaters Weimar. Beziehungen zur Universität Jena Freundschaft mit Schiller: Hochklassik und Morphologie bzw. Metamorphose |
10) Romantik Nach
dem Tod Herders, Schillers und Wielands |
Friedrich Schlegel (1772-1829) - Schicksal der Romantik - |
1788-1798 |
1798-1808 |
1808-1818 |
1818-1828 |
Seit Ende des 18. Jahrhunderts, spätestens aber seit Beginn des 19. Jahrhunderts
ist Dekadenz bei den Kulturhistorikern ein geschichtlicher
Perspektivbegriff, der zur Bezeichnung eines Gesamtprozesses des sozialen
oder kulturellen Niedergangs einer Kultur dient. ... Im Unterschied
zur optimistischen Fortschrittsgeschichtsschreibung wird die Dekadenzhistorie
z.T. als die pessimistische Schule der Historiographie bezeichnet.
Wo es für die einen immerzu vorwärts und gleichzeitig aufwärts
geht, geht es für die anderen abwärts, allerdings nicht
unbedingt rückwärts, im Gegenteil: der Niedergang
wird als Abfall von einem Zustand höherer Kultur interpretiert, der meist
in die Vergangenheit verlegt wird. Die meisten Dekadenzhistoriker treffen sich
mit den Fortschrittshistorikern in der Vorstellung eines gesetzmäßigen
und irreversiblen Ablaufs der Geschichte, den sie freilich unterschiedlich bewerten.
Es ist trotzdem zweifelhaft, ob man den Begriff der Dekadenz generell als Gegenbegriff
zu Fortschritt bezeichnen kann. Im Unterschied zum Fortschrittsparadigma
wird nämlich im Dekadenzbegriff die Altersmetaphorik nicht denaturalisiert.
Auch die Dekadenztheoretiker der Nachaufklärung knüpfen bewußt
an die lebensweltlichen Erfahrungen des Alterns und der Vergänglichkeit
alles Irdischen an. Die Folge ist, daß sie das Ende der Welt
oder einer Kultur, im Unterschied zu den klassischen Fortschrittshistorikern,
nicht in eine unendliche, offene Zukunft verschieben. Das Ende bleibt endllich.
Wie im Kosmos oder in der Natur dieselben Ereignisse nach einem festen
Gesetz stets in derselben Reihenfolge ablaufen, so auch in der Geschichte.
... Da die komparatistischen Dekadenzhistoriker die bessere
Zeit (Goldenes Zeitalter, Zeit der Götter,
Klassik u.s.w.) immer in der Vergangenheit suchen, gerät aus
ihrer Sicht eher der Fortschritt in den Verdacht der Dekadenz als
der Rückschritt. Bei den Zyklentheoretikern unter ihnen fällt
die fortschrittliche Entwicklung allerdings insofern mit einem Rückschritt
zusammen, als sie die einmal erreichte Bestform hinter sich läßt;
dieser Rückschritt kann jedoch auch als Fortschritt
verstanden werden, weil er im Zyklus der Wiederkehr die Voraussetzung für
einen neuen Anfang ist. (Robert Hepp, Der Aufstieg in die Dekadenz,
in: Armin Mohler, Wirklichkeit als Tabu, 1986, S. 229-230). So schreiten
also die Menschheit aus der Barbarei der Wilden durch die an sich
verschiedenen, aber miteinander vergleichbaren, weil analogen Phasen der Kultur
und Zivilisation vorwärts in die Barbarei der Reflexion, die
zugleich der Höhepunkt des Fortschritts und der Tiefpunkt seiner
Dekadenz ist. Hier wird die ewige Wiederkehr der Barbarei zur Garantie.
Die Vorstellung eines linearen Prozesses, der endlos in dieselbe Richtung läuft, ist selbst denjenigen Dekadenztheoretikern fremd, die die Geschichte als Entwicklung begreifen.. Irgendwann kommt immer ein Punkt, wo die Entwicklung abbricht oder eine Wende vollzieht. Wo die Dekadenz als progressive Paralyse verstanden wird, steht am Ende der Tod ... Niemand dat je im Ernst die Ansicht von einer unendlichen Steigerung der Dekadenz vertreten. Im Unterschied zu den Fortschrittsphilosophen der Aufklärung setzen ihre Gegner immer stillschweigend voraus, daß der Verfall seine Grenzen hat. Einmal ist Schluß. Was man bei den Dekadenztheoretikern der Vergangenheit vergeblich sucht, ist die Einsicht in die Partikularität und Relativität des Niedergangs. Es ist immer gleich die ganze Kultur, die ihrem Ende entgegentreibt. (Robert Hepp, Der Aufstieg in die Dekadenz, in: Armin Mohler, Wirklichkeit als Tabu, 1986, S. 230). In einigen Bereichen geht es während des Untergangs tatsächlich eher aufwärts, jedenfalls sehr blühend zu, weshalb dennoch (oder: gerade deswegen) die ganze Kultur untergehen kann. Deshalb gibt es für Kultur ja auch zwei Begriffe: Kultur und Zivilisation. Beide haben Aufs und Abs. Beide sind Teil einer Gemeinsamkeit (Gemeinschaft), die - oberbegrifflich - Kultur genannt wird. |
HERBST |
Notwendigkeit und Ereignis arbeiten zusammen und werden dadurch zur Geschichte, nämlich so, als wollten sie den Wert einer Münze bestimmen. Es gehört zum Wesen aller Kulturen, daß in jedem Stadium zunächst die gleiche Möglichkeit vorhanden ist. Die Idee, z.B. der Übergang von der Kultur zur Zivilisation, ist notwendig, aber ob sie in Deutschland, in Frankreich oder sonstwo entsteht und zur Tatsache wird, ist eine Frage der Ereignisse, denn die (Französische) Revolution hätte auch durch ein Ereignis anderer Gestalt und an anderer Stelle des Abendlandes vertreten werden können. Auch hätte Napoleon mit seiner Absicht, an die Stelle eines englischen ein französisches Kolonialreich zu setzen, erfolgreich sein können. Daß er es nicht wurde, hing einerseits mit den Ereignissen im Britisch-Französischen Kolonialkrieg (1754/55-1763) zusammen, andererseits wurde im Pariser Frieden (1763) zugunsten Englands eine Notwendigkeit deutlich, die sich nur mit dem intuitiven Wissen oder dem Unterbewußten, jedenfalls mit der Tiefe einer inneren Logik erklären läßt: dem Willen zur Macht, gepaart mit dem Glauben an das Schicksal. (Nietzsche). Jede Phase will und soll vollendet werden. Unter welchen Umständen hätte England oder ein anderes Land, wenn es in der englischen Lage gewesen wäre, auf sein Kolonialreich verzichten sollen? So etwas hat es in der Geschichte noch nie gegeben, und wenn es doch einmal passieren sollte, dann wären dennoch dieselben energetischen Kräfte am Werk. Wenn Menschen über geschichtliche Phänome urteilen, finden sie nur Daten.Geschichte
ist die Verwirklichung einer Seele. |
0 Uhr | 2 Uhr | 4 Uhr | 6 Uhr | 8 Uhr | 10 Uhr | 12 Uhr | 14 Uhr | 16 Uhr | 18 Uhr | 20 Uhr | 22 Uhr |
2 Uhr | 4 Uhr | 6 Uhr | 8 Uhr | 10 Uhr | 12 Uhr | 14 Uhr | 16 Uhr | 18 Uhr | 20 Uhr | 22 Uhr | 24 Uhr |
WWW.HUBERT-BRUNE.DE |
Anmerkungen: |
Die metaphysische Ideenlehre gewann erneut Bedeutung durch den Deutschen Idealismus. Beispiele zur Idee (Definition): Eine Idee ist nichts anderes als ein Begriff von einer Vollkommenheit, die sich in der Erfahrung noch nicht findet, z.B. die Idee eines vollkommenen, nach Regeln der Gerechtigkeit regierten Staates. Erst muß unsere Idee nur richtig sein, dann ist sie bei allen Hindernissen, die ihrer Ausführung im Wege stehen, gar nicht unmöglich, so Kant. Er bezeichnete als die 3 Ideen der Metaphysik (transzendentale Ideen): Gott, Freiheit, Unsterblichkeit. Goethe fand das Ideelle im Geist des Wirklichen. Und Fichte meinte: Die Idee, wo sie zum Leben durchdringt, gibt eine unermeßliche Kraft und Stärke, und nur aus der Idee quillt Kraft. Für Hegel war die Idee das objektiv Wahre und zugleich das wahrhafte Sein. Sie ist das im dialektischen Prozeß sich entfaltende Denken, die Wirklichkeit ist die entwickelte Idee. Hegel definitierte die Idee als Einheit von Begriff und Realität, Subjektivem und Objektivem. Die absolute Idee ist das, was durch seine Selbstverwirklichung das Sein hervorbringt. Und Schelling löste in seiner Identitätsphilosophie die Gegensätze von Subjekt und Objekt, von Realem und Idealem, Natur und Geist im Absoluten auf, als Identität von Idealem und Realem. Nach Schelling ist dieses Absolute unmittelbar erfaßbar durch die intellektuelle Anschauung und in der Kunst. Auch die idealistische Geschichtsauffassung (vgl. z.B. Ranke) sucht die treibenden Kräfte des hsitorischen Geschehens in den Ideen. (Vgl. Tabelle [Idealismus]).Urphänomen ist nach Goethe das empirische Phänomen, das jeder Mensch in der Natur erkennen kann und das durch Versuche zum wissenschaftlichen Phänomen erhoben wird, indem man es unter anderen Umständen und Bedingungen und in einer mehr oder weniger glücklichen Folge darstellt, so daß zuletzt das reine Phänomen als Resultat aller Erfahrungen und Versuche dasteht. Es ist ideal als das letzte Erkennbare, real als erkannt, symbolisch identisch mit allen Fällen, weil es alle Fälle begreift. (Vgl. Urpflanze).Urpflanze ist ein Begriff aus der Naturbetrachtung Goethes für das Urbild (Idee, begriffliche Urgestalt), nach dem alle anderen Pflanzenarten durch Abwandlungen entstanden sein sollen. Goethe suchte die Urpflanze in der Natur als eine noch unbekannte Art, oder auch etwa in der Grundgestalt eines Blattes oder eines Stammes zu finden, während Schiller in einem Gespräch mit ihm darüber auf den platonischen Ideencharakter der Urpflanze hinwies. (Vgl. Urphänomen).Den Urfaust vollendete Goethe 1772 bis 1775, das Fragment zum Faust veröffentlichte er 1790, und die Arbeit am I. Teil des Faust schloß er 1806 ab (in diesem Jahr heiratete er Christiane Vulpius). Den Sturm und Drang-Entwurf des Urfaust erweiterte Goethe wesentlich. Als Idealfigur des genialisch strebenden Menschen mußte den Stürmern und Drängern die Figur erscheinen, die zudem durch ihre Überlieferung der Suche nach volkstümlich-urwüchsigen Quellen der Kultur in der eigenen Vergangenheit sich entgegenkam (vgl. Früh-Romantik): Faust, der Held aus dem 1587 erschienenen Volksbuch. Die Stürmer und Dränger spürten in der Faust-Geschichte das Dämonisch-Titanische auf. Goethe erwarb den Stoff durch Spätformen der Faust-Tradition: durch Jahrmarktsdrucke auf der Basis der letzten Volksbuch-Bearbeitung durch den Anonymus Christlich Meynender und durch Puppenspiele, die die Tradition der Wandertruppen nach den einschneidenden Theaterreformen weiterführten. Erhalten ist Goethes Urfaust als Abschrift des Fräuleins von Göchhausen. Die geistige Brücke zu Goethes Jugendwerk schlägt die Zuneigung (Faust I: S. 9ff.), das Vorspiel (Faust I: S. 11ff.) bezeichnet den gesellschaftlichen Rahmen, in dem Goethe sein Drama wirken lassen wollte, erst der Prolog (Faust I: S. 17ff.) bietet die Exposition dse Werks: die Wette zwischen Mephisto und Gott um Faust. Der Osterspaziergang (Faust I: S. 43ff.) markiert die Gespaltenheit Fausts, dem die naiv feiernde Bürgerwelt fremd geworden ist, die (romantische) Walpurgisnacht (Faust I: S. 170ff.), in der Faust verjüngt wird, bietet die nicht zuletzt für den II. Teil bedeutsame Helena-Vision, die sich für Faust aber zunächst in der Begegnung mit Gretchen konkretisiert. In die Gretchen-Tragödie hat Goethe die romantische Walpurgisnacht eingefügt, der im II. Teil die (zahlreiche Gestalten der griechischen Mythologie einbeziehende) klassische Walpurgisnacht gegenübergestellt wird. Der II. Teil, dessen Bearbeitung Goethe ab 1825 intensivierte (Abschluß des Helena-Aktes 1826), zeigt im 1. Akt einen von tiefer Erschütterung zu tätigem Leben aufsteigenden Faust, der gleichwohl dem Drang nach absoluter Erkenntnis und Vereinigung von Ideal und Wirklichkeit, Kunst und Leben verpflichtet geblieben ist (Beschwörung der Urbilder, aber auch Einsicht in die Unmöglichkeit, die Vollkommenheit der antiken Ideale in der Gegenwart neu zu beleben). (Vgl auch: Idealismus; ). Im 2. Akt gelingt Fausts früherem Famulus die Erschaffung des Homunculus, der Faust den Weg zur klassischen Walpurgisnacht zeigt. Die Erscheinung griechischer Mythengestalten gipfelt in der Rückkehr Helenas nach Griechenland (3. Akt). In der Begegnung Fausts mit ihr vereinigen sich romantischer Norden und klassicher Süden dieser Vereinigung entspringt Euphorion als Genius der Poesie, dem aber nur ein kurzes Leben beschieden ist. Helena folgt ihrem Kind in den Tod. Faust kehrt, von Tatendrang erfüllt, in die reale Welt zurück, verhilft, von dämonischen Gestalten unterstützt, dem rechtmäßigen Kaiser über einen Gegenkaiser zum Sieg (die zeitgenössische politische Geschichte tritt hier in allegorischer Gestalt deutlich zutage). Das ihm zum Lohn geschenkte Land will er kolonisieren, wird aber erneut schuldig (Tötung von Philemon und Baucis), sein eigener Tod jedoch gerät ihm nicht zu ewiger Verdammnis: Wer immer strebend sich bemüht / Den können wir erlösen, so spricht in der Schlußszene der Chor der Engel, der Faust aus Mephistos Händen befreit.Historische Pseudomorphosen nenne ich Fälle, in welchen eine fremde Kultur so mächtig über dem Lande liegt, daß eine junge, die hier zu Hause ist, nicht zu Atem kommt und nicht nur zu keiner Bildung reiner, eigener Ausdrucksformen, sondern nicht einmal zur vollen Entfaltung ihres Selbstbewußtseins gelangt. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 784). Auch eine junge Kultur kann so mächtig sein, daß sie eine alte dort, wo sie zu Hause ist, überlagert. Das Beispiel zwischen der (alten) apollinischen Kultur, auch kurz Antike genannt, und der (jungen) magischen Kultur, auch Persien/Arabien genannt, macht es deutlich: Solange die Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose darin, daß alle östlichen Kirchen zu Kulten westlichen Stils wurden. Dies ist eine wesentliche Seite des Synkretismus. ... Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen der magischen Seele seit dem zweiten Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues Griechentum als magische Nation. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 800-801).Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel Parallelenaxiom deutlich werden kann: Euklid hat in seinen Elementen (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1918, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. (Vgl. Spengler, 1922, S. 847f.).Jede Kultur hat ihren ganz bestimmten Grad von Esoterik und Popularität, der ihren gesamten Leistungen innewohnt, soweit sie symbolische Bedeutung haben. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 419). Die Antike war populär, weil nicht esoterisch. Das Abendland ist esoterisch, weil nicht populär.Vorderasien oder Morgenland: diese Begriffe sind nicht ganz zutreffend, weil zum magischen Kulturkreis (Spengler nennt ihn arabisch) auch der ehemalige (griechische) Osten der Antike gehört, wenn auch nur pseudomorph. Mit Vorderasien bzw. Morgenland meine ich die Kultur der späteren Religionskulturformen, z.B. des altiranisch-parsistischen (mazdaistischen) Persertums, des manichäischen Babyloniens, des Judentums, des Arabertums, des Urchristentums, des griechisch-orthodoxen Christentums, des Islam u.a. magischer Elemente.Nordasien wäre demnach eine durch die orthodox-islamische Opposition gekennzeichnete Mentalität, die, wenn man sie sich einen Moment lang geeint vorstellt, einen gemeinsamen Feind(Ehepartner) hätte. Sie bedeutet, obwohl als Kultur noch gar nicht zur Welt gekommen, eine Mischung aus morgenländischer (magischer) und abendländischer (faustischer) Weltseele, somit eine auf ihre Geburt wartende Kultur, die sich, falls sie nicht doch eine Fehlgeburt sein sollte, im Dualismus zwischen Orthodoxie und Islam ausdrücken würde. Jede Kultur trägt in sich Oppositionen, wie auch jeder menschliche Körper aus typisch männlichen und typisch weiblichen Kreisläufen (Nerven- und Blutkreislauf) und hormonellen Androgynen (Androgene und Östrogene) besteht. Durch sie wird der Mensch ein Mensch, die Kultur eine Junktur. Konflikte aus früheren und heutigen Zeiten auf dem Balkan und in Randgebieten zu Asien sind Indizien für die Existenz einer vom Vor-/Urkulturellen (Schwangeren, hier: Intrauterin-Pseudomorphen) ins Frühkulturelle strebenden halbmagischen (morgenländischen) und halbfaustischen (abendländischen) jungen Kulturform, die sich von den rein morgen- und abendländischen Kulturteilen unterscheidet. Trotzdem müßte sie erst einmal wirklich zur Welt kommen (dürfen?).Das Abendland (Alt-Europa / West-Europa) hat seit seinem Ursprung, seit seinem von Kontrollgenen (Germanen) gesteuerten Keim, einen Kern, ein Herz (Deutschland), aber auch Grenzen! Die Grenze der abendländischen Kultur lag immer dort, wo die deutsche Kolonisation zum Stillstand gekommen war. (Oswald Spengler, Jahre der Entscheidung, 1933, S. 17). Das Abendland bzw. Europa muß auch heute (als EU !) zu seinen Grenzen stehen, denn es kommt nicht einseitig darauf an, unsere Nachbarn zu verstehen; noch mehr kommt es nämlich darauf an, daß wir wieder lernen, uns selbst zu definieren, z.B. auch um zu verhindern, daß wir uns gar nicht mehr begreifen - wie sie uns (!). Nur ein Dummkopf kann sich heute schämen, ein »alter Europäer« zu sein. (Peter Scholl-Latour, Rumsfeld gegen das »Alte Europa«, in: Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 14 ).Das Wort Europa war im Abendland anfangs selten zu hören, danach lediglich ein gelehrter Ausdruck der geographischen Wissenschaft, die sich seit der Entdeckung Amerikas (1492) am Entwerfen von Landkarten entwickelt hatte, bevor es später allmählich immer mehr und unvermerkt auch in das praktische politische Denken und die geschichtliche Tendenz eindrang. (Vgl. Oswald Spengler, Jahre der Entscheidung, 1933, S. 17; vgl. auch meine Definition für Europäismus).Je häufiger Europa zu hören war (ist), desto moderner wurde (wird) die Moderne. Der Begriff Europäismus, für mich ein Synonym für die abendländische Moderne, betrifft alles, was die abendländische Kultur aus einem Selbstverständnis heraus in Verbindung mit Europa brachte, bringt und bringen wird. Eines der frühen Beispiele hierfür ist Karl der Große (747-814; 754 Königssalbung, 768 König, 800 Kaiser), der Vater Europas genannt wurde. Der Begriff Europa war im Abendland von Beginn an präsent, wurde aber erst später häufiger (vor allem auch im geographischen Sinne) verwendet, z.B. seit der Neuzeit und besonders seit der Industrielle Revolution (bzw.seit der Bürgerlich-Napoleonischen-Revolution ).Europa, Europäismus oder Eurozentrismus sind komplexe Begriffe für den Versuch, aus der Welt eine europäische zu machen. Daß nicht Frankreich oder Deutschland, sondern England bzw. die USA die treibenden Kräfte dieses Prozesses sein würden, nämlich durch die Ausschaltung der Konkurrenten, war zum Zeitpunkt dieser Phase noch nicht entschieden, ändert aber nichts an der Tatsache, daß Frankreich und (später) Deutschland in Wirklichkeit mit ihrem wütenden Anstürmen für den Anglismus kämpften. Letzten Endes haben sich nämlich die Angelsachsen durchgesetzt, mit den wichtigen Kulturelementen Volk (Puritanismus) und Sprache (Anglizismus). (Vgl.. 20-22).Die Beziehungen zwischen Platon und Aristoteles einerseits und Kant und Hegel andererseits muß man sowohl analog als auch homolog betrachten! (Vgl. den Unterschied zwischen Homologie und Analogie!).Phase ist, in Anlehnung an die ursprüngliche Bedeutung des Wortes (Aufgang eines Gestirns) und der physikalischen Bedeutung (Zustand eines schwingenden Systems) für mich der Inbegriff einer wohltemperierten Abrundung durch geistig-politische Tätigkeiten in einer bestimmten Zeitspanne, oft ausgedrückt durch technische und künstlerische Richtungen, aber auch durch ökonomisch-politische und geistig-metaphysische Richtungen. Sie ist in etwa identisch mit dem Begriff Epoche (Innehalten, Haltepunkt in der Zeitrechnung, bedeutsamer Zeitpunkt). Eine Phase kann nur 60-80 Jahre andauern, wie im Falle des Rokoko, oder 200-300 Jahre, die etwa jeweils Karolingik, Romanik und Gotik ausmachten. Eine Phase umfaßt im Mittel etwa 180 Jahre. Ein Kulturquartal umfaßt 3 Phasen und damit durchschnittlich 500-600 Jahre, manchmal auch nur 300-350 Jahre, wie im Falle der abendländischen Jugend (Renaissance, Barock und Rokoko). Ein Kulturquartal ist eine Jahreszeit in dem Sinne, daß an ihr erkennbar wird, was sie ist, wenn sie gewissermaßen innehält. Winter, Frühling, Sommer und Herbst sind wie unterirdisches Wachstum, zarte Blüten, Hochblüte und Verfall, wie die pflanzliche Welt immer wieder bezeugt, aber nicht nur sie: die 4 Jahreszeiten sind wie uterines, kindliches, jugendliches und erwachsenes Leben, z.B. auch vergleichbar mit dem der Säugetiere. Das erwachsene Leben kann mehrere Quartale umfassen; in dem Falle teilen die Älteren (Elter[e]n) ihr Leben mit den Kindern, Enkelkindern oder gar Urenkelkindern. In Kulturen war und ist dies auch möglich: China, Indien und die magische Kultur existieren als Zivilisationen (Erwachsene) schon länger als das Abendland.Quartal meint eine Jahreszeit (= 3 Phasen) oder ein Viertel der Uhrzeit (z.B. 0-6, 6-12, 12-18, 18-24 Uhr).Im frühen Erwachsenenalter ist man von der Chance, über den zweiten Bildungsweg die Karriere auszubauen, noch überzeugter als im mittleren oder späten Erwachsenenalter. Das heißt aber nicht, daß diese Chancen tatsächlich immer zu besseren oder effektiveren Ergebnissen führen, sondern als eine Art Orientierungssinn Wahrnehmungen der sich jetzt häufenden Möglichkeiten erlauben: man weiß jetzt, daß der jugendliche Gedanke nicht in jedem Fall der richtige war und drängt zu neuen Ideen (Idealismus). Es ist die klassizistische Zeit, die Zeit der letzten Experimente, wie der frühe Herbst die Zeit der letzten Früchte und Ernte ist. Auf gewöhnliche Tageszeit übertragen ist jetzt die Zeit des Abendmahls (18-20 Uhr) und der Beginn von Trinkgelagen. Wegen zu starker Belastung der Leber und Nieren sollte von späteren Mahlzeiten abgesehen werden (Ausnahmen bestätigen natürlich diese Regel). Dagegen ist gute Lektüre oder andere Unterhaltung sowie Sex und andere Spielarten von jetzt an von größtem Interesse. Die Tiere draußen wissen das auch. Der Herbst und der Abend gleichen sich in diesen Dingen. Beide sind Ausdrücke für ein vorerst letztes Beisammensein, meistens verbunden mit Genuß und Mahlzeit, der letzten Ernte vor dem Winter, der Nacht.Dualismus ist die historische Bezeichnung für eine Doppelherrschaft, ein koordiniertes Nebeneinander von 2 Machtfaktoren oder Institutionen in einem politischen System. Hier ist (mit dem Deutschen Dualismus) die Rivalität im Deutschen Reich zwischen Österreich und Preußen gemeint, die v.a. in der 2. Hälfte des 18 Jahrhunderts und zwischen 1850 und 1866 vorherrschend war. Allerdings gab es zwischen den beiden deutschen Großmächten von 1814/15 bis 1848/50 auch die oben angesprochene Interessensidentität, nämlich als österreichisch-preußische Zusammenwirkung im Deutschen Bund (1815-1866). Erstmals offenbarte sich der Deutsche Dualismus jedoch schon, und zwar als Ständestaat-Dualismus zwischen Kaiser und Reich (Reichsfürsten), im Interregnum (1254-1273) und durch die Goldene Bulle von 1356; fortgeführt wurde er während der Reformation und der Gegenreformation unter der Oberfläche des konfessionellen Dualismus zwischen Katholiken und Protestanten, bis er seinen Höhepunkt (für Deutschland: Tiefpunkt) im 30jährigen Krieg (1618-1648) erreichte und im Westfälischen Frieden (1648), seinem Ergebnis, verstärkte Bestätigung fand. Insbesondere das Ausland erkannte seit dem 30jährigen Krieg Deutschlands Kleinstaaterei als riesige Chance und war seitdem natürlich stets bestrebt, eine andere Entwicklung vehement zu bekämpfen. Der Deutsche Dualismus steht also auch im Zusammenhang mit dem Ausland. Aber begrifflich steht er stets für zwei deutsche Rivalen. Man kann sich leicht vorstellen, welches Glück vor allem Frankreich und England durch den Deutschen Dualismus beschert wurde und welches Unglück sie nur empfinden konnten, als der eine Schwächung erfahren sollte. Dennoch sollte besonders Frankreich in diesem Unglück zunächst noch Glück haben (vgl. Pentarchie und Wiener Kongreß, 1814-1815).Klemens Wenzel von Metternich (1773-1859), in Koblenz geboren, war Graf und Fürst (seit 1813) von Metternich-Winneburg sowie Herzog von Portella (seit 1818). Er studierte Rechts- und Staatswissenschaft sowie Geschichte in Straßburg und Mainz, später Naturwissenschaft und Medizin in Wien. Als Gesandter der westfälischen Grafenbank nahm er 1797-99 am Kongreß von Rastatt teil. 1801-03 war er Gesandter in Dresden, 1803-06 in Berlin, 1806-09 Botschafter in Paris. Nach der österreichischen Niederlage gegen Frankreich (1809) zum österreichischen Außenminister ernannt, verschaffte er seinem Land durch Anlehnung an Napoleon I., dessen Heirat mit der österreichischen Kaisertochter Marie Louise er unterstützte, eine Ruhepause. Nachdem Metternich mit Napoleon für dessen Überfall auf Rußland 1812 österreichische Hilfe vereinbart hatte, vollzog er, mit Rußland laufend in Kontakt geblieben, den Anschluß Österreichs an die Koalition gegen Frankreich; seitdem unterstützte er also (insgeheim) die Befreiungskriege, die bis dahin hauptsächlich von Preußen und Spanien betrieben worden war. Im Sinne der europäischen Gleichgewichtspolitik (also im Interesse der Engländer!) wirkte Metternich im 1. Pariser Frieden (1814) auf die Schonung Frankreichs hin. Auf dem unter Metternichs Vorsitz tagenden Wiener Kongreß (1814-15) betrieb er erfolgreich die Wiederherstellung der politischen und sozialen Ordnung in Europa nach den Grundsätzen der Legitimität. (Vgl. Politik der Restauration). Die Heilige Allianz (Österreich-Preußen-Rußland) formte er zu einem Bund der Fürsten gegen die nationalen und liberalen Regungen der Völker. Als führender europäischer Staatsmann trat Metternich auf den Kongressen der Jahre 1820-22 auf, die er zum Instrument seiner legitimistischen Interventionspolitik machte. Im Deutschen Bund setzte er in Zusammenarbeit mit Preußen die rücksichtslose Unterdrückung der freiheitlichen und nationalen Bewegung (z.B. durch die Karlsbader Beschlüsse, 1819) sowie die Festschreibung des monarchischen Prinzips (1820) durch. In Österreich, wo er 1821 zum Haus-, Hof- und Staatskanzler ernannt worden war, wurde sein Einfluß ab 1826 geschwächt und später sogar weitgehend auf die Außenpolitik beschränkt. Nach Ausbruch der Revolution mußte Metternich als verhaßter Exponent der Reaktion am 13. März 1848 zurücktreten und ins Ausland fliehen; im September 1851 kehrte er jedoch nach Wien zurück. Metternichs politisches Denken war geprägt von kompromißloser Ablehnung der französischen Revolution. Als Verfechter des monarchischen Prinzips war er zu keinem Zugeständnis bereit. Das System Metternich war ausgerichtet auf die Erhaltung der politischen und sozialen Ordnung, die auf dem Wiener Kongreß im vorrevolutionären Sinne restauriert worden war. Die Stabilität dieser auf monarchischer Legitimität gegründeten Friedensordnung sah Metternich am besten im Gleichgewicht der 5 Großmächte gesichert, wobei er der Zusammenarbeit der 3 konservativen Großmächte (Österreich, Preußen, Rußland) einen besonderen Wert beimaß. Die Mittel seiner Politik waren u.a. Kongreßdiplomatie und militärische Interventionen, Polizeimaßnahmen und Zensur!Kein Zufall, daß die Kongreßdiplomatie ein von R. S. Castlereagh - also für England (!) - im Jahre 1815 (Wiener Kongreß) organisiertes Verfahren war, denn sie diente der Außenpolitik (Zusammenkünfte der Monarchen und ihrer Minister) zur sozialkonservativen europäischen Friedenssicherung - nach den Befreiungskriegen (!) -, und deshalb diente sie vor allem der englischen Außenpolitik.Genau wie der heutige Bund.Die Restauration, die von 1814/15 (Wiener Kongreß) bis etwa 1848/52 andauerte, wollte zu vorrevolutionären Verhältnissen zurückkehren, aber ohne die sozialen, rechtlichen und territorialen Veränderungen, die die französische Revolution und die Napoleonische Neuordnung Europas hinterlassen hatten, in vollem Umfang rückgängig zu machen. Hinter der Restaurationspolitik stand die Gleichgewichtspolitik - als Ablenkungspolitik eine Politik der Engländer !Mein geheimster Gedanke ist, daß das alte Europa am Anfang seines Endes ist. Ich werde, entschlossen mit ihm unterzugehen, meine Pflicht zu tun wissen. Das neue Europa ist anderseits noch im Werden; zwischen Ende und Anfang wird es ein Chaos geben (Metternich).Platon (eigtl. Aristokles, 427-347); vgl. Platons Philosophie der Weltverabschiedung und Einübung ins Sterben (), besonders seine Lehre von der Umkehr durch Ausstieg aus der Höhle (Höhlengleichnis). Platon war zuerst Dichter, wandte sich von der Dichtung jedoch ab, weil sie seit 387 v. Chr. (Gesetz) ziemlich grausame Theaterstücke aufführen durfte (Götter-Blasphemie u.s.w.). Er gründete wahrscheinlich deshalb 385 v. Chr. eine Schule, die (dem altattischen Heros) Akademos gewidmet war. Die Ältere Akademie war stark pythagoräisch beeinflußt: das Problem von Idee und Zahl spielte erkenntnistheoretisch eine große Rolle. Später folgten die Mittlere Akademie (seit 270 v. Chr.) und die Neuere Akademie (seit 160 v. Chr.); vgl. die Akademien im Altplatonismus, den Mittleren Platonismus, die Auswirkungen auf die Gnosis, den Neuplatonismus, die Patristik. Alle Philosophie nach Platon scheint aus Fußnoten zu der seinigen zu bestehen. Er schrieb Dialoge, tatsächliche und fiktive Gespräche mit Sokrates (470-399), seinem Lehrer. Platon lehrte die Scheinhaftigkeit und Abkünftigkeit der Sinnenwelt von archetypischen Urbildern oder Ideen. Mit der Ideenlehre setzte er sich von Sokrates ab, obwohl er sie in den (mittleren und späteren) Dialogen seinem Dialoghelden Sokrates in den Mund legte. Für Platon waren die unveränderlichen Ideen die Urbilder der veränderlichen Dinge, ihr Programm, ihr Ziel und Zweck. Platon nahm bei seiner Ideenlehre die Mathematik (Geometrie) zum Vorbild aller anderen Wirklichkeit, wie schon vor ihm Pythagoras (580-500) und seine Schüler. (Vgl. Tabelle).Das Höhlengleichnis ist laut Platons Staat (7.Buch) ein Vergleich des menschlichen Daseins mit dem Aufenthalt in einer unterirdischen Behausung. Gefesselt, mit dem Rücken gegen den Höhleneingang, erblickt der Mensch nur die Schatten der Dinge, die er für die alleinige Wirklichkeit hält. Löste man seine Fesseln und führte ihn aus der Höhle in die lichte Welt mit ihren wirklichen Dingen, so würden ihm zuerst die Augen wehtun, und er würde seine Schattenwelt für wahr, die wahre Welt für unwirklich halten. Erst allmählich, Schritt für Schritt, würde er sich an die Wahrheit gewöhnen. Kehrte er aber in die Höhle zurück, um die anderen Menschen aus ihrer Haft zu befreien und von ihrem Wahn zu erlösen, so würden sie ihm nicht glauben, ihm heftig zürnen und ihn vielleicht sogar töten. Vgl. Platon (427-347).Aristoteles (383-322); vgl. Ältere und Jüngere Aristoteliker (Peripatetiker) und Aristotelische Stoa. Dieser antike Universalgelehrte bestimmte mit seinen Klassifikationen und Begriffsprägungen die gesamte nachfolgende Philosophie, dominierte insbesondere die Scholastik. Die sich auf Aristoteles stützende Art des Philosophierens, der Aristotelismus, wurde später auch von den Arabern (z.B. Averroes, 1126-1198) und Juden (z.B. Maimonides, 1135-1204) gepflegt und beherrschte insbesondere seit dem 13. Jh. das philosophische Denken des Abendlandes, vermittelt vor allem durch Albert dem Deutschen (den Großen, 1193-1280) und Thomas von Aquino (1225-1274), allerdings mit wesentlichen, durch das Christentum bedingten Änderungen. Dieser auch Thomismus genannte Aristotelismus wurde (als Neuthomismus) die Grundlage der katholischen Neuscholastik (bis heute!). In der Zeit der Renaissance wurde der Aristotelismus in unscholastisch-humanistischer Art von nach Italien gelangten byzantinischen Gelehrten neu belebt: in Deutschland fußten also sowohl die protestantische Neuscholastik (z.B. durch Melanchthon, 1497-1560) als auch die katholische Neuscholastik (z.B. durch Suarez, 1548-1617) auf dem Aristotelismus. Aristoteles, der für seinen Sohn Nikomachos die Nikomachische Ethik geschrieben hatte, blieb für die Entwicklung der abendländischen philosophischen Ethik richtungsweisend bis Kant (!). (). (Vgl. Tabelle).Attische Philosophie meint die Philosophie der in Athen (Zentrumspolis in Attika) lebenden und lehrenden Philosophen Sokrates (470-399), Platon (427-347) und Aristoteles (383-322) sowie ihre Schulen und Zeitgenossen im Unterschied z.B. zu der ionischen, vorsokratischen und hellenistisch-römischen Philosophie.Euklid faßte um 312 v. Chr. in seinen Elementen das damalige mathematische Wissen zusammen und sein Parallelenaxiom galt bis zu Gauß (1777-1855) als das Vollendete, dem man nichts mehr hinzufügen konnte. Einen platonischen Monat lang (= 2150 Jahre ) galt dieser mathematische Satz, der unbeweisbar war und ist, als konkurrenzlos. Um 1800 entwickelte Gauß die erste nicht-euklidische Geometrie. Damit war der körperliche Sinn des Ausgedehnten, den Euklid durch seinen Grundsatz heilig gesprochen hatte, endlich durch die als antieuklidische Gruppe aufzufassenden Geometrien aufgehoben. Antik war durch einen Punkt zu einer Geraden nur eine Parallele möglich, abendländisch sind durch einen Punkt zu einer Geraden keine, zwei oder unzählige Parallelen möglich. Dem euklidischen Axiom wurde ein Gauß'sches, der antiken Anschauung des Körperhaften ein abendländisches der Räumlichkeit genau gegenübergestellt. Die Antike forderte Körper und verneinte Raum; das Abendland fordert Raum und verneint Körper. Wenn die Kultur Zivilisation wird, ist sie erwachsen und fängt an, sich selbst gegenüber Rechenschaft abzulegen. Euklid einerseits und Gauß andererseits sind für diesen Prozeß ein personifizierter Beweis. Dieser betrifft nicht nur die Mathematik - aber sie zuerst -, sondern auch die gesamte Kultur. Die antike Metaphysik konzentriete sich auf die Dinge, die in der abendländischen Metaphysik ins Gegenteil verkehrt wurden, wenn diese jene überhaupt je verstanden hat.Diadochen (Nachfolger) von Alexander d. Gr. waren dessen Feldherren, z.B. (in alphabetischer Reihenfolge) Antigonos, Antipater, Demetrios Poliorketes, Eumenes, Kassander, Lysimachos, Perdikkas, Ptolemaios, Seleukos. Die Absicht, nach Aufteilung der gewonnenen Territorien als Statthalter des Reiches eine mehr oder weniger selbständige Herrschaft zu errichten, führte ab 323 v. Chr. zu den Diadochenkriegen und zur Schaffung voneinander unabhängigen Monarchien (seit 306), der Didaochenreiche. Die Diadochen waren Nachfolger - im Unterschied zu den folgemden Epigonen (Nachkommen).Polyphonie ist die Vielstimmigkeit, eine musikalische Setzweise, in der die Stimmen ein melodisches Eigenleben führen (linear), das den Zusammenklang (vertikal) übergeordnet ist. Der Gegensatz dazu ist die Homophonie (der einheitliche Klang): der Kompositionsstil, der einer Hauptstimme alle anderen Stimmen unterordnet. Die Hauptzeit der Homophonie beginnt im 17. Jahrhundert, mit Monodie und Generalbaß. Es ist irreführend, die Musik des 19. Jahrhunderts homophon zu nennen, weil ihr Schwerpunkt im Harmonischen liegt; vielmehr zeigen die Werke der großen Meister von Franz Joseph Haydn und Ludwig v. Beethoven bis zu Richard Strauss das Streben nach einem Ausgleich zwischen Homophonie und Polyphonie, wie er vorbildlich von Johann Sebastian Bach erreicht worden war. Seit dem 14. Jahrhundert haben alle großen Komponisten neben der kontrapunktischen Selbständigkeit der Stimmen dem Zusammenklang Beachtung geschenkt, und der vollkommene Ausgleich von linearen und vertikalen Rücksichten (Bach) muß als Ideal bezeichnet werden. Bei heutigen linearen Versuchen wird oft vergessen, daß das Ohr des Hörers seit dem 17. Jahrhundert ebensosehr (wenn nicht mehr!) auf das harmonische wie auf das polyphone Hören eingestellt ist. (Vgl. 22-24). Schlicht volkstümliches Singen, das sich in Terzen und Sextenfolgen abspielt, ist nicht kontrapunktisch, sondern harmonisch ergänzend. Für den Kontrapunkt sind strenge Regeln aufgesetzt (reiner Satz), die die Stimmführung betreffen und Gattungen aufstellen.Der Kontrapunkt (lat. punctus contra punctum = Note gegen Note) stellt ein Verfahren dar, mehrere selbständige und doch aufeinander bezogene Stimmlinien zu übergeordneter künstlerischer Einheit zu binden. Er ist die Kunst, ein mehrstimmiges Tonstück aus melodisch selbständigen Stimmen aufzubauen. Dabei wird praktisch von einem c. f. ausgegangen, indem man die anderen Stimmen nach und nach hinzufügt, obwohl auch gleichzeiges Entwerfen möglich, künstlerisch wertvoller, aber auch wesentlich schwieriger ist. Man spricht bei kontrapunktischen (polyphonen) Werken auch von linearem (horizontal zu hörendem) Stil im Gegensatz zum harmonischen (vertikal zu hörendem), jedoch muß eine rigorose Linearität zur Atonalität bzw. zu einer Art Heterophonie führen. Im übrigen ist es keine Kunst, mehrere Stimmen so zu kontrapunktieren, daß es schlecht klingt. Seit dem 14. Jahrhundert haben alle großen Komponisten neben der kontrapunktischen Selbständigkeit der Stimmen dem Zusammenklang Beachtung geschenkt, und der vollkommene Ausgleich von linearen und vertikalen Rücksichten (Bach) muß als Ideal bezeichnet werden. Die Kontrapunktlehre entwickelte sich aus der ursprünglich improvisierten Erfindung einer überwiegend in Gegenbewegung verlaufenden Stimme, die seit dem beginnenden 14. Jahrhundert in Anweisungen zum Discantus in feste Regeln gefaßt wurde. Seine beherrschende Stellung gewann der Kontrapunkt in der (süd-) niederländischen Musik des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu seiner Vollendung (im 16. Jh.) bei Palestrina und Orlando di Lasso , die für mehre Jahrhunderte in Kontrapunkt- und Kompositionslehren maßgebend wurden. Seit dem Frühbarock galt er jedoch als konservative Praxis gegenüber der moderneren, an der Sprache orientierten Ausdruckskunst der Monodie. Als strenge Schreibart blieb er bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts verbindlich. Bei heutigen linearen Versuchen wird oft vergessen, daß das Ohr des Hörers seit dem 17. Jahrhundert ebensosehr (wenn nicht mehr!) auf das harmonische wie auf das polyphone Hören eingestellt ist. (Vgl. 22-24). Schlicht volkstümliches Singen, das sich in Terzen und Sextenfolgen abspielt, ist nicht kontrapunktisch, sondern harmonisch ergänzend. Für den Kontrapunkt sind strenge Regeln aufgesetzt (reiner Satz), die die Stimmführung betreffen und Gattungen aufstellen. Die Anzahl der Stimmen im kontrapunktischen Satz ist theoretisch nicht begrenzt, praktisch sind jedoch nur wenige Ohren fähig, einen mehr als 4stimmigen Satz wirklich linear aufzunehmen. Unter doppeltem Kontrapunkt versteht man einen Satz, in dem sich die Stimmen vertauschen lassen, ohne daß dadurch schlechte Stimmführung (Parallelen) entsteht. Er ist eines der wichtigsten Mittel der thematischen Arbeit und ist in neuerer Zeit besonders genial von Johannes Brahms und Anton Bruckner angewandt worden (innerhalb eines an sich harmonisch-vertikalen Satzes). Die Hauptformen des kontrapunktischen Stils sind Fuge und Kanon, die Haupttechnik die der Nachahmung.Fuge (lat. fuga = Flucht). Die Fuge ist die wichtigste Form der kontrapunktisch-polyphonen Setzweise. (Vgl. Kontrapunkt und Polyphonie) Erste echte Fuge mit Zwischenspielen und formgerechter Antwort sind bei A. Gabrieli (1580) vorhanden, höchste Ausbildung bei Johann Sebastian Bach im Wohltemperierten Klavier und in der Kunst der Fuge. Das Interesse an der Fuge ist nie erlahmt und ist jüngst neu belebt worden. Das Wesen der Fuge liegt in ihrer Einthemigkeit, die eine strenge ästhetische Einheit verleiht. Das Charakteristische des Fugenthemas ist seine Fortspringungstendenz, d. h. es trägt in sich den Keim zur Weiterbildung seiner melodischen Linie. Das Fugenthema ist dynamisch - im Gegensatz zum statischen Thema der Sonate. Die Eigenart der Fuge liegt darin, daß sich in ihr das Dynamische (Thema) mit dem Statischen (Gesamtaufbau) verbindet. Das Thema (auch Dux oder Führer genannt) wird in der 2. Stimme im Quintabstand beantwortet (d. h. wiederholt). Die Antwort heißt auch Comes oder Gefährte. Mit ihr zusammen erklingt die kontrapunktische Fortspinnung des Themas.Kanon (griech. =Vorschrift) ist eine kontrapunktische Form auf der Grundlage strenger Nachahmung. Jede Folgestimme nimmt das Thema notengetreu auf, in wechselnden Abständen (Kanon im Einklang, in der Sekunde u.s.w.). Historisch geht diese Form bis ins 13. Jahrhundert (Sommerkanon) zurück, erlebt ihre erste Blüte in der Caccia(Jagd) der Ars nova und ihren Höhepunkt in der Zeit der Niederländer (z.B. bei Okeghem). Hier wurde der Gipfel kunstvoller, aber auch überkünstelter Kanonkompositionen erreicht. Es gab nicht nur Kanons in Vergrößerung und Verkleinerung, Umkehrung und Rücklauf (Krebskanon), sondern auch sogenannte Rätselkanons, bei denen zuweilen nur eine Stimme notiert wurde und eine kryptische Überschrift den Scharfsinn anspornte, die Art der Ausführung zu finden. So muß z.B. ein Kanon mit der Überschrift in more hebraeorum von hinten nach vorn gelesen und gesungen werden. Das hat natürlich kaum noch etwas mit mit wirklicher Kunst zu tun, wie überhaupt der Kanon besonders bei denen beliebt ist, die in der Musik weniger ein seelisches Erlebnis als eine mathematische Tonkonstruktion rationaler Art sehen.Katharsis (griech. Reinigung) ist die Läuterung, besonders die mystische Reinigung der Seele von den Schlacken der Sinnlichkeit bzw. Leiblichkeit; nach Aristoteles (383-322) ist es Zweck der Tragödie, eine Katharsis der Seele, eine Läuterung der Leidenschaften bzw. eine Läuterung von den Leidenschaften (und zwar durch Erregung von Mitleid unf Furcht) herbeizuführen. Methoden der Katharsis werden in der modernen Psychotherapie angewandt, wodurch Abreaktionen und Befreiung von verdrängten traumatischen Erlebnissen bewirkt werden.Begriff wird in der Logik verstanden als einfachster Denkakt im Gegensatz zu Urteil und Schluß. Urteil meint einen Akt der Bejahung oder Verneinung, in dem 2 Begriffe (Subjekt und Prädikat) in Beziehung zueinander gesetzt werden. Im Urteil bezieht das Denken einen Begriff auf einen Gegenstand und setzt diesen zugleich mitsamt seinen Prädikaten, und zwar durch die Kopula ist, die stets auf absolute Geltung des behaupteten Sachverhalts abzielt. Der Schluß (conclusio) ist das formale logische Verfahren, aus mehreren Urteilen (als Voraussetzungen oder Prämissen) ein einziges Urteil, die Schlußfolgerung, begrifflich abzuleiten. (Vgl. Syllogismus bei Aristoteles).Spinozismus ist die Lehre und die philosophische Weiterbildung der Lehre Spinozas (1632-1677). In Deutschland entwickelten besonders im 18. Jahrhundert Lessing (1729-1781), Herder (1744-1803), Goethe (1749-1832), Jacobi (1743-1819), Schleiermacher (1768-1834) u.a. einen Spinozismus, dessen Gott-Natur-Symbol viel weniger rationalistisch gestaltet war, als Spinozas Deus-sive natura. Ähnliche Witerbildungen in emotional-voluntaristischer Richtung erfuhr der Spinozismus bei Fichte (1762-1814), Schelling (1775-1854), Schopenhauer (1788-1860), Fechner (1801-1887), Wundt (1879-1963) u.a.. Der Spinozismus war eine der wirkungsvollsten Strömungen in der zeit der Deutschen Bewegung. Lichtenberg (1742-1799) sagte damals: Wenn die Welt noch eine unzählbare Zahl vonJjahren steht, so wird die Universal-Religion geläuterter Spinozismus sein, womit er vornehmlich Spinozas Pantheismus meinte. Der Pantheismus war z.B. für Schleiermacher die heimliche Religion der Deutschen.Johann Joachim Winckelmann (09.12.1717 - 08.06.1768).Pflicht ist die (verbindliche Pflege, für etwas zu sorgen) als inneres Erlebnis auftretende Nötigung, den von den ethischen Werten ausgehenden Forderungen zu entsprechen und das eigene Dasein diesen Forderungen gemäß zu gestalten. Kant (1724-1804) kam in seiner Kritik der praktischen Vernunft (1788) zu einer autonomen Pflicht-Ethik, die als eine bedeutende philosophische Leistung gelten kann. (Vgl. Ethik). Kants Gedankengang ist in etwa folgender: Der Vernunft ist es zwar unmöglich, Gegenstände rein apriori, d.h. ohne Erfahrung theoretisch zu erkennen, wohl aber den Willen des Menschen und sein praktisches Verhalten zu bestimmen. Seinem empirischen Charakter nach, d.h. als Person, steht der Mensch unter dem Naturgesetz, folgt er den Einflüssen der Außenwelt, ist er unfrei. Seinem intelligiblen Charakter gemäß, d.h. als Persönlichkeit, ist er frei und nur nach seiner (praktischen) Vernunft ausgerichtet. Das Sittengesetz, dem er dabei folgt, ist ein kategorischer Imperativ. D.h. konkret: Nicht auf äußere Güter gerichtetes Streben nach Glück, nicht Liebe oder Neigung machen ein Tun moralisch, sondern allein die Achtung vor dem Sittengesetz und die Befolgung der Pflicht. Getragen ist diese Ethik der Pflicht von der nicht theoretischen, sondern praktischen Überzeugung von der Freiheit des sittlichen Tuns, von der Unsterblichkeit des sittlich Handelnden, da dieser in diesem Leben den Lohn seiner Sittlichkeit zu ernten nicht befugt ist, von Gott als dem Bürgen der Sittlichkeit und ihres Lohnes. Diese 3 Überzeugungen sind nach Kant die praktischen Postulate von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit. Nach Fichte (1762-1814), dem die ganze Welt das Material der Pflichterfüllung ist, gibt es nur einen Endzweck: die Pflicht.Ethik meint hier die Sittenlehre als praktische Philosophie, die nach einer Antwort sucht auf die Frage: was sollen wir tun? Beide Kulturen - Antike und Abendland - suchen die Antwort zunächst im Selbst bzw. in der Selbsterkenntnis. Aber dieser Subjektivismus hatte in der Antike wegen des Seelenbildes (und Ursymbols) eine andere, entgegengesetzte, Richtung als im Abendland. Die Antike suchte auch ethisch die Antwort am Außen des Körpers (in der begrenzten Äußerung), weil es für sie kein Geheimnis im Innen geben durfte; das Abendland suchte im Innen des faustischen Willens und kategorischen Imperativs (im Raum der unendlichen Verinnerlichung), weil es hier nur Geheimnisse gab. In beiden Fällen stelle man sich in den Dienst einer sozialanthropologischen Ethik. Ein Angebot, das man auch Hilfe zur Selbsthilfe (Selbsterkenntnis) nennen könnte. Wie kann ich dienen? ist eine typische Frage der letzten (dienerischen) Phase. (16-18).Der kategorische Imperativ oder Imperativ der Sittlichkeit wurde von Kant folgendermaßen formuliert: Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. 1785 schrieb Kant in seiner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten: 1.) Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte. 2.) Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest. (). Ob ein Mensch als Persönlichkeit das prinzipiell wollen kann oder nicht auch (oder vielleicht eher) etwas Eigenes in seinem Verhalten liegt, sollten später die Kritikpunkte an Kants Imperativ sein, z.B. von Nicolai Hartmann (1882-1950; vgl. 20-22): Sofern das besagt, daß wirklich die jedesmalige »Maxime« der Handlung ihre Richtschnur daran hat, ob sie zugleich allgemeines Gesetz sein könnte oder nicht, so liegt darin offenkundig etwas, was der Mensch als Persönlichkeit nicht prinzipiell wollen kann. Er muß vielmehr zugleich wollen, daß über alle Allgemeingültigkeit hinaus noch etwas Eigenes in seinem Verhalten sei, was an seiner Stelle kein Anderer tun sollte oder dürfte. Verzichtet er hierauf, so ist er eine bloße Nummer in der Menge, durch jeden Anderen ersetzbar, seine persönliche Existenz ist vergeblich, sinnlos.Ding an sich ist das Ding, wie es unabhängig von einem erkennenden Subjekt für sich selbst besteht, das wahre Sein, dessen Erscheinungen die empirischen Dinge sind, auf welches eben die Erscheinungen hinweisen. Wir erkennen ein Ding als Gegenstand unserer Wahrnehmung nur so, wie es uns - eingekleidet in den Ausbauungsformen von raum und Zeit, in den Kategorien und Verstandesgesetzen - so erscheint. Wie es an sich beschaffen ist, werden wir niemals erfahren. (Frei nach: Kant, Kritik der reinen Vernunft, 1781).Immanuel Kant (1724-1804), Werke ():1) 1747-1758: Dominanz der Naturwissenschaften (): - Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen
Kräfte (1747) - Untersuchung der Frage, ob die Erde in ihrer Umdrehung um die Achse einige Veränderungen seit den ersten Zeiten ihres Ursprungs erlitten habe (1754) - Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels (1755) - Geschichte und Naturbeschreibung
der merkwürdigsten Vorfälle des Erdbebens (1756) - Von den Ursachen der Erderschütterungen (1756) - Entwurf und Ankündigung eines Collegii über die physische Geographie nebst ... Betrachtung über die Frage, ob die Westwinde in unseren Gegenden darum feucht sind, weil sie über ein großes Meer streichen (1757) - Neuer Lehrbegriff der Bewegung und Ruhe (1758) 2)
1758-1781: Von der Wollfschen zur kritischen Metaphysik (): -
Versuch einiger Betrachtungen über den Optimismus (1759) - Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren (1762) - Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes (1763) - Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen (1763) - Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764) - Versuch über die Krankheiten des Kopfes (1764) - Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral (1764) - Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik (1766) - Von dem ersten Grunde des Unterschieds der Gegenden im Raume (1768) - Über Form und Grundlagen der Wahrnehmungs- und der Vernunftwelt (1770) - De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis (1770) - Rezension der Schrift von Moscati über den Unterschied der Struktur der Tiere und Menschen (1771) - Von den verschiedenen Rassen der Menschen (1775)
- Kritik der reinen Vernunft (1781) - Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik (1783) - Über Schulz' Versuch einer Anleitung zur Sittenlehre (1783) - Ideen zur einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht (1784) - Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) - Rezension von Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (1785) - Über die Bestimmung des Begriffes einer Menschenrasse (1785) - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) - Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786) - Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte (1786) - Über Hufelands Grundsatz des Naturrechts (1786) - Was heißt: sich im Denken orientieren? (1786) - Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien in der Philosophie (1788) - Kritik der praktischen Vernunft (1788) - Kritik der Urteilskraft (1790) - Über Schwärmerei und die Mittel dagegen (1790) - Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche der Theodizee (1791) - Über die von der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für das Jahr 1791 ausgesetzte Preisaufgabe: Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibniz' und Wolffs Zeiten gemacht hat? (1791) - Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793) - Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis (1793) 4)
1793-1804: Kants nachkritische Phase (Bindeglied zwischen vollendetem Kritizismus
[]
und Deutschem
Idealismus) - Über Philosophie überhaupt (1794)- Etwas über den Einfluß des Mondes auf die Witterung (1794) - Das Ende aller Dinge (1794) - Zum ewigen Frieden (1795) - Zu Sömmering über das Organ der Seele (1796) - Ausgleichung eines auf Mißverstand beruhenden mathematischen Streits (1796) - Metaphysik der Sitten (1797): I) Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre II) Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre - Über ein vermeintliches Recht, aus Menschenliebe zu lügen (1797) - Der Streit der Fakultäten (1798) - Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798) - Erklärung in Beziehung auf Fichtes Wissenschaftslehre (1799) u.a. Dialektik bezeichnete im Abendland bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die übliche (Schul-)Logik, und hier heißt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts: bis zum Deutschen Idealismus. Laut Kant ist Dialektik ein Pseudophilosophieren beziehungsweise eine Dialektik des Scheins, weil sie allein durch die Vernunft, ohne die notwendige Stützung auf die Erfahrung, zu Erkenntnissen (metaphysischer Art) kommen will. Kants transzendentale Dialektik ist also eine Kritik des dialektischen Scheins, eine Kritik des Verstandes und der Vernunft in Ansehung ihres hyperphysischen Gebrauchs, sofern sie sich übernatürlicher Erkenntnisse rühmen. Wissenschaftlich ist die Dialektik von Fichte und Hegel. Kants Dialektik ist transzendental, Fichtes Dialektik ist subjektiv (später auch objektiv), Hegels Dialektik ist objektiv, Schellings Dialektik ist zunächst objektiv und dann magisch bzw. romantisch (wie bei den Brüdern Schlegel, vgl. Romantik). Laut Hegels Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften ist die Dialektik die wissenschaftliche Anwendung der in der Natur des Denkens liegenden Gesetzmäßigkeit und zugleich diese Gesetzmäßigkeit selbst, als die Bewegung, die als eigentlich geistige Wirklichkeit allem zugrunde liegt, und zugleich die des menschlichen Denkens, das als Spekulation an dieser Bewegung allumfassenden. absoluten Anteil hat.Deutscher Idealismus () meint - fußend auf Leibniz und vorbereitet u.a. durch Lessing und Herder - die Entwicklung der deutschen Philosophie von Kant (um 1780) bis Hegel (um 1830), aber auch die philosophische Grundhaltung der deutschen Romantik (Jenaer Frühromantik-Kreis um die Brüder Schlegel und Heidelberger Romantik um Brentano, Görres, Grimm u.a.). Bei Schiller strahlte z.B. der Menschenbildungs-Idealismus ganz besonders - wie ein Stern. Schelling z.B. stand auf dem Boden des Deutschen Idealismus, war mit Fichte und Hegel zusammen dessen Hauptvertreter und bildete den Übergang des Idealismus zur Romantik. Er wurde wegen seiner steten Wandlung auch der Proteus der Philosophie genannt. Im Anschluß an Kant und Fichte entwarf Schelling eine spekulative Naturphilosophie der Hierarchie der Naturkräfte (Potenzen), die schließlich in eine Identitätsphilosophie mündete: Die Gegensätze von Subjekt und Objekt, von Realem und Idealem, Natur und Geist lösen sich für ihn im Absoluten auf als Identität von Idealem und Realem. Nach Schelling ist dieses Absolute unmittelbar erfaßbar durch die intellektuelle Anschauung und in der Kunst. (Vgl. Tabelle [Idealismus]).-
Hegelsche Rechte (Rechts- / Althegelianer): Carl Friedrich Göschel, G. A.
Gabler, K. Daub, E. T. Echtermeyer u.a.. |
0 Uhr | 2 Uhr | 4 Uhr | 6 Uhr | 8 Uhr | 10 Uhr | 12 Uhr | 14 Uhr | 16 Uhr | 18 Uhr | 20 Uhr | 22 Uhr |
2 Uhr | 4 Uhr | 6 Uhr | 8 Uhr | 10 Uhr | 12 Uhr | 14 Uhr | 16 Uhr | 18 Uhr | 20 Uhr | 22 Uhr | 24 Uhr |
WWW.HUBERT-BRUNE.DE |