Europa
steht im Begriff, alle Voraussetzungen zu erfüllen, um eine leichte Beute
der Barbaren zu werden.Peter
Scholl-Latour, Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002, S. 48 |
Während
die Staaten der EU sich mit dem Bevölkerungsschwund ihrer Ureinwohner abfinden,
dauert in ihrer unmittelbaren Umgebung die Geburtenexplosion an. Die große
Migration ist im vollen Gange.Peter
Scholl-Latour, Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002, S. 48 |
Das
Abendland ist immer noch immens reich, aber es ist schwach. Ihm fehlt die moralische
Substanz zur dezidierten Selbstbehauptung.Peter
Scholl-Latour, Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002, S. 48 |
Kurzum,
alle Prämissen eines fatalen »Untergangs« sind gegeben. So unrecht
hatte Oswald Spengler wohl nicht.Peter
Scholl-Latour, Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002, S. 48 |
Wir
haben eine Hinwendung zu einer Form der Wirtschaftsbeherrschung, der Beherrschung
der Politik durch die Wirtschaft, die meiner Ansicht nach erschreckend ist. ....
Die Wirtschaftsmanager - ich meine natürlich nicht alle - sind Leute, die
ihre Riesensummen kassieren, ihr Unternehmen durch Riesenfusionen kaputtmachen,
ihre Riesensummen kassieren und dann ihre Angestellten in die Arbeitslosigkeit
entlassen. Das ist wirklich ein Skandal! .... Der Shareholder ist wichtiger als
der Bürger.Peter
Scholl-Latour, in der TV-Sendung: Phoenix, März 2004 |
Leopold
von Ranke hatte geschrieben, daß »der Historiker - oder sagen wir,
der Chronist - alt werden muß, da man große Veränderungen nur
verstehen kann, wenn man persönlich welche erlebt hat.« Heute würde
ich die Notwendigkeit hinzufügen, eine intime Kenntnis fremder Kulturen erworben
zu haben.Peter
Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S.
34 |
Deutschland muß atomar aufrüsten
! Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Die
überstürzte Ausweitung der Europäischen Union auf 27 Mitglieder
mit extrem divergierenden Interessen hat den Kontinent und somit auch Deutschland
jeder resoluten Handlungsfähigkeit beraubt.Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Seit
George W. Bush und seine neokonservative Umgebung trotz gelegentlicher Beschwichtigung
an die europäische Adresse am Unilateralismus der US-Politik festhalten und
die wirklich relevanten Staaten sich frei nach Nietzsche als Ȋlteste
aller Ungeheuer« zu erkennen geben, wirken die Beteuerungen von Nibelungentreue,
wie sie aus dem Berliner Reichstag über den Atlantik klingen, naiv und unzeitgemäß.Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Hier
offenbart sich ein grundlegendes Dilemma der aktuellen deutschen Außenpolitik.
Wie soll eine diplomatische Leitlinie für 27 Mitgliedstaaten der EU getroffen
werden, wenn die osteuropäischen Beitrittsländer weit mehr auf Washington
als auf Brüssel ausgerichtet sind. .... Kein Wunder, daß das Interesse
Osteuropas an der Europäischen Union sich im wesentlichen auf die Überwindung
bestehender finanzieller Engpässe und die Verheißung ökonomischer
Prosperität beschränkt. Machtpolitik, wie es die Stunde erheischen würde,
unter gemeinsamer Einflußnahme auf die globalen Entwicklungen läßt
sich mit einem so bunt karierten Haufen nicht bewirken.Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Vielleicht
werden sich die führenden deutschen Medien endlich der systematischen Zweckentfremdung
der Atlantischen Allianz und der eigenen Unterwürfigkeit bewußt, wenn
die Forderung des Pentagon nach Ausweitung der Allianz auf den Pazifischen Raum,
auf den Nato-Beitritt Australiens, Neuseelands, sogar Japans und Südkoreas
sich bewahrheiten sollte. Eine solche Orientierung in Richtung auf den Stillen
Ozean könnte von Peking nicht anders denn als ein bedrohliches Einkreisungsmanöver
gewertet werden. Die deutschen Abgeordneten, die als Polit-Touristen China bereisen
und die Repräsentanten dieser uralten Kultur immer wieder mit erhobenem Finger
zur Übernahme westlicher Demokratiebegriffe ermahnen, täten besser daran,
die (us-)amerikanischen Verbündeten von einer
umzingelnden Stützpunktstrategie gegen das Reich der Mitte abzubringen, die
den Europäern nur Nachteile bescheren kann.Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Wie
wird die deutsche Bevölkerung reagieren, wenn ihr Staat in den Sog jenes
»Clash of Civilizations« gerät, dem Europa die eigene
Identität verleugnend und die eigene Wehrkraft vernachlässigend
gar nicht entrinnen kann. Was geschieht, wenn in Berlin oder Hamburg die Bomben
von Terroristen explodieren oder falls die Europäische Union aus ihrem südlichen
oder östlichen Umfeld massiver Erpressung und Einschüchterung ausgesetzt
wäre?Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Bis
dahin sollte die Bundeswehr sich von den überalterten NATO-Schablonen gelöst
haben und über die Mittel verfügen, notfalls auch im nationalen Alleingang
... diesen Gefahren mit vernichtenden Gegenmaßnahmen, notfalls auch mit
gezielten »preemptive Strikes« zu begegnen. .... Diejenigen europäischen
Partner, die sich wie Tony Blair als »Pudel Amerikas« behandeln lassen
und die kontinentale Einigung lediglich als eine Art Freihandelszone zu akzeptieren
bereit sind, würden dann ihrem eigenen Hang zum Rückfall in Zwist und
Mißgunst überlassen bleiben.Peter
Scholl-Latour, in: Cicero, April 2007 |
Nichts
ist wohl trauriger als das Sterben einer großen politischen Hoffnung. Nichts
ist ernüchternder als die Feststellung, daß ein freiheitlicher Aufbruch
der Massen sich nachträglich als das Produkt ferngesteuerter, betrügerischer
Einmischung erweist.Peter
Scholl-Latour, in: Matrix 3000, April 2007 |
Im
Alter von 83 Jahren und nachdem ich mit Ausnahme einiger winziger Eilande im Pazifik
und in der Karibik sämtliche Länder der Welt aufgesucht habe - nur Osttimor
bleibt noch abzuhandeln -, glaube ich mich als Chronist auf die Aussage von Leopold
von Ranke berufen zu können: »Der Historiker muß alt werden«,
so urteilte er, »da man große Veränderungen nur verstehen kann,
wenn man persönlich welche erlebt hat.« Daran hat es in meinem Leben
wahrlich nicht gemangelt.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 7 |
In
gewisser Hinsicht bleibt selbst im 21. Jahrhundert die Infanterie immer noch die
Königin des Schlachtfeldes.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 194 |
Wer
Deutschland am Hindukusch verteidigen will, täte gut daran, die geographischen
Dimensionen zu berücksichtigen, seine Aufmerksamkeit den Nachbarländern
unseres Kontinents zuzuwenden und den Grundsatz Friedrichs des Großen zu
beherzigen, der seine Offiziere instruierte, daß derjenige, der alle Positionen
verteidigen will, in Wirklichkeit nichts verteidigt.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 199 |
Der
gesunde Menschenverstand und die politische Klugheit gebieten, sich stets in die
Mentalität anderer Kulturkreise zu versetzen.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 199 |
Der
territoriale Mißbrauch der NATO-Struktur »out of area« hat die
Bündnisorganisation in einem Maße ausgelaugt und ausgefranst, daß
das US-Oberkammondo Autorität und Kompetenz eingebüßt hat.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 294 |
In
Berlin scheinen das Überleben der Eisbären am Nordpol, die Aufstellung
landschaftsverschandelnder Windspargel im Zeichen einer Pseudo-Ökologie und
jener Unterwerfungsreflex, der gerade bei den domestizierten Pseudorevoluzzern
der 1968er Bewegung seltsame Blüten treibt, den Vorrang zu genießen
vor der strategischen Selbsterhaltung der Nation und des Kontinents.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 295 |
In
wenigen Jahren wird die deutsche Verteidigungspolitik vor folgende Alternative
gestellt: Entweder beteiligt sich die Bundeswehr organisch an einem europäischen,
das heißt deutsch-französischen Nuklear-Deterrent, oder sie wird im
nationalen Alleingang auf diese unentbehrliche Form der Abschreckung zurückgreifen
müssen, um das deutsche Volk vor unermeßlichen Schaden zu bewahren.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 298 |
Dem
Zufall, den vertraulichen Warnungen der CIA, der Wachsamkeit der deutschen Sicherheitsbehörden,
aber auch der mangelnden Professionalität der Attentäter war es zu verdanken,
daß die Bundesrepublik Anfang September 2007 vor monströsen Sprengstoffanschlägen
einer gewissen »Islamischen Jihad-Union« verschont blieb.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 300 |
Was
soll man ... von einem Bundestag halten, der eine Aufstockung der deutschen Afghanistan-Präsenz
beschloß und die Unterstellung von ISAF unter NATO-Kommando ohne ernsthafte
Debatte verabschiedete, sich jedoch in moralischen Vorwürfen gegen die eigenen
Soldaten erging.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 304 |
Folgende
Prinzipien werden aus der neuen Situation abgeleitet: Nicht mehr das offene Land,
sondern die Städte bieten den Freischärlern den besten Schutz. ....
Mehr denn je bewahrheitet sich die These von Clausewitz, wonach Zufall und Ungewißheit
jede militärische Aktion stärker bestimmen als eine noch so ausgeklügelte
Planung. .... In der derzeitigen Phase des asymmetrischen Krieges kommt der ...
technischen Überlegenheit nur noch begrenzte Bedeutung zu. Von einem erdrückenden
Aufwand feindlicher Mittel bedroht, wird die Aufstandsbewegung ihr Heil in der
Zerstreuung ihrer Kampfgruppen suchen und darauf verzichten, feste Stellungen
zu verteidigen.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 306 |
Dem
Terrorismus, der unweigerlich und unvermeidbar auf uns zukommt, begegnet man am
besten mit kalter Entschlossenheit und - soweit es geht - mit Gelassenheit. Beunruhigend
ist hingegen der Mangel an Kompetenz, der medienbezogene Konformismus, die bündnisfixierte
»political correctness«, die die parlamentarische Debatte in Berlin
so realitätsfern erscheinen läßt.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 307 |
In
Deutschland optiert die Mehrheit der Bevölkerung für eine baldige Räumung
Afghanistans, aber neuerdings ist es bei Parlamentariern und Publizisten Mode
gworden, die Meinung des Bürgers geringzuachten, gemäß der vulgären
Redensart von einst: »vox populi, vox Rindvieh«.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 309 |
Mit
grimmiger Heiterkeit kann ich feststellen, daß ausgerechnet jene früheren
Wortführer eines utopischen Ultra-Pazifismus sich heute als Bellizisten in
die Brust werfen.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 309 |
Unter
den Journalisten plädieren vor allem diejenigen für einen unbegrenzten
und verstärkzen Einsatz deutscher Truppen, die niemals ihren Fuß auf
afghanischen Boden setzten oder sich allenfalls unter massiven Schutz zu einer
Stippvisite aufrafften. Ein deutscher General erklärte vor laufender Kamera,
wenn Deutschland nicht in Afghanistan verbleibe, dann komme Afghanistan zu uns.
Er täte gut daran, einen Blick auf die Landkarte zu werfen. Was sich zur
Stunde im Irak, im Nahen Osten, demnächst auf den Balkan und übermorgen
in Nordafrika abspielt, ist für Europa unenedlich wichtiger als die Behauptung
von isolierten Stützpunkten im hintersten Winkel Zentralasiens.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 309 |
Die
deutsche Öffentlichkeit unterliegt einer permanenten Desinformation. Wer
will denn schon zur Kenntnis nehmen, daß das abscheuliche Attentat vom 11.09.2001
in den USA nicht das Werk afghanischer Freischärler, sondern saudi-arabischer
Studenten war. Al Qaida ist keine afghanische, sondern eine saudische Organsiation.
Finanziert wird sie - so berichten US-Medien - zu einem wesentlichen Teil durch
den Trust »Dar-el-Maal-el-Islami« des hoch angesehenen Prinzen Mohammed
el Faisal und seinesgleichen. Vergessen wir nicht, daß Osama bin Laden seine
»grüne Fremdenlegion« in enger Zusammenarbeit mit der CIA rekrutierte,
um sie gegen den sowjetischen Überfall auf Afghanistans einzuzsetzen. Sogar
an der Aufstellung der Taliban-Horden des Mullah Omar waren us-amerikanische und
pakistanische Geheimdienstler maßgeblich beteiligt. Viel zu spät entdeckten
sie, daß sie sich mit unheimlichen Gesellen eingelassen hatten.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 309-310 |
Die
am Hundukusch befindlichen Truppen sind dem Oberbefehl der NATO, das heißt
de facto dem us-amerikanischen Kommando untergeordnet. In diesem Feldzug,
der sich auf abenteuerliche Weise »out of area« abspielt, könnte
die ohnehin obsolete Bündnisstruktur vollends zu Bruch gehen.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 310 |
Es
gibt keine NATO-Kontrolle über Afghanistan, weder im umkämpften Süden
und Osten noch im relativ ruhigen Norden, wor die Bundeswehr ihre Schutzburgen
aufgebaut hat.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 311-312 |
Die
Berliner Regierung hat lange genug »Feigheit vor dem Freunde« praktiziert.
Sie muß endlich von der us-amerikanischen Führung ernsthaft und zwingend
eine Erklärung verlangen, welches ihre langfristige Planung ist und wie sie
sich eine Weiterführung dieser »mission impossible« am Hindukusch
vorstellt. Wer möchte schon darauf warten, daß die US-Verbände
plötzlich und ohne Vorwarnung den Rückzug natreten wie 1994 nach den
Rückschlägen in Mogadischu während er UNO-Aktion in Somalia. Damals
mußte das Bundeswehr-Kontingent, das in der Nähe der äthiopischen
Grenze kampierte, sich beeilen, um rechtzeitig den Einschiffungshafen zu erreichen.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 316 |
Warum
ich dem deutschen Einsdatz am Hindukusch einen solchen Raum im Rahmen einer Betrachtung
über die Fragmentierung Europas gewidmet habe? An dieser Stelle könnte
die ... Bundesrepublik, die ihre außenpolitischen Richtlinien in der Ökologie
und im Humanitätsdusel zu suchen vorgibt, von der Nemesis geschichtlicher
Unerbittlichkeit eingeholt werden. Für ... Berlin droht Afghanistan eines
Tages den gleichen negativen Stellenwert zu gewinnen wie der Irak-Feldzug für
... Washington. Kein geringerer als Brent Scowcroft, der frühere Sicherheitsberater
des Präsidenten Bush senior, fragt sich bereits, ob die NATO an diesem Einsatz
in Zentralasien zerbrechen wird.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 317 |
In
den Talk-Shows über Afghanistan offenbart sich eine skandalöse Diskrepanz
zwischen den nüchternen, meist pessimistischen Aussagen all derer, die sich
an Ort und Stelle aufhielten und in engem Kontakt mit der dortigen Bevölkerung
lebten - darunter befinden sich auch die Repräsentanten des Internationalen
Komitees vom Roten Kreuz -, und einer Riege von besserwisserischen, beschwichtigenden
Politikern jeder Couleur, die sich krampfhaft an getürkte Statistiken und
folgenschwere Fehleinschätzungen klammert. Die traurige Realität am
Hindukusch wird in Berlin konsequent negiert.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 346-347 |
Es
ist reale Gefahr im Verzug, wenn der außenpolitische Sprecher einer großen
Koalitionspartei behauptet, der asymmetrische Krieg und das Auftreten von »illegal
combatans« seien eine originäre, völlig neue Entwicklung unserer
Tage. Diese Kampfweise ist in Wirklichkeit so alt wie David und Goliath. Was der
Staat USA als verbrecherischen Terrorismus brandmarkt, war von jeher die Grundregel
eines jeden Partisanenkampfes, einer jeden Guerilla und der meisten Befreiungskriege.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 347 |
Die
Methodik, die technische Kapazität des Widerstandes haben sich jedoch - parallel
zu den atemberaubenden Rüstungsfortschritten der regulären Streikräfte
in den USA - gründlich gewandelt. Die Kämpfer des Untergrundes verfügen
jetzt ebenfalls über gesteigerte Vernichtungskraft und ausgeklügelten
Erfindergeist.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 347 |
Man
verschone uns mit der Vokabel »feiger Mord«, wenn ein verzweifelter
Kamikaze sich selbst in die Luft sprengt, während der ihm nachstellende Bomberpilot
aus 10000 Meter Höhe seine tödliche Ladung ausklinkt und absolute persönliche
Sicherheit genießt.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 347 |
Die
resignative Formel »mundus vult decipi« - »die Welt will betrogen
werden« - muß allzuoft als Regierungsrezept herhalten. Wann werden
die deutschen Politiker auf die erwiesenennaßen falsche Argumentation verzichten,
die exakte Planung, die präzise Ausführung des Anschlags vom 11.09.2001
seien in den Höhlen des Hindukusch errfolgt. Mag sein, daß Osama Bin
Laden, der bis 1991 als Rekrutierungs-Agent der CIA in diesem Raum tätig
war, nach seiner plötzlichen, religiös motivierten Kehrtwendung gegen
die USA den Auftrag zur Zerstörung des World Trade Center erteilte. Das hätte
er aber auch von jedem beliebigen Punkt der Erde aus tun können. In den viel
genannten El-Qaida-Lagern Afghanistans fand nicht viel mehr statt als infanteristische
Grundausbildung und eine rudimentäre Anleitung zum Bau von Sprengsätzen.
Das Spezialtraining der überwiegend saudischen Todeskandidaten als Piloten
vollzog sich ausschließlich in den USA, und nur dort konnten die Flugpläne
eingesehen und koordiniert werden, die den Todesengeln den Zeitplan vorgaben.
Im übrigen läßt sich die übliche Behauptung nicht aufrechterhalten,
beim Anschlag vom 11. September 2001 habe es sich um eine bislang vorstellbare,
infernalistische Premiere gehandelt. Schon 1993 hatten die Komplizen des Scheich
Omar Abdurrahman, eines blinden ägyptischen Predigers, der - im Besitz der
»Green Card« - ebenfalls die Werbetrommel für islamische Freiwillige
... gerührt hatte, mit unzulänglichen Mitteln versucht, das Fundament
des gleichen New Yorker Wolkenkratzer-Komplexes zu sprengen. Dafür büßt
Scheich Omar heute in den USA eine lebenslange Haftstrafe ab.Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 348 |
Wenn
unsere maßgeblichen Parlamentarier außerstande sind, die jüngsten
Ereignisse zu deuten und statt dessen gezielten Fälschungen erliegen, wie
verhält es sich dann erst bei ihrer Bewertung weiträumiger geschichlicher
Vorgänge. Auf welches Augurernspiel der Zukunftserkundung lassen sie sich
dann ein?Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 348 |
Am
Ende zahlloser Vorträge, die ich in allen Gegenden der Bundesrepublik hielt,
pflegte ich meine festlich gestimmten Gäste gern mit einem Satz ... aufzuschrecken:
Im Abgrund der Geschichte ist Platz für alle.«Peter
Scholl-Latour, Zwischen den Fronten, 2007, S. 349 |
Wo
wir hier ... von den Höhen ... auf die Landschaft von Burgund hinausblicken,
da kommt ein anderer Satz von André Malraux ins Gedächtnis, ... wo
er in einem Gespräch mit de Gaulle ... sagte: »Was war denn Europa
zur Zeit Alexanders des Großen? Das waren die Wälder dort, jenseits
des Fensters.«Peter
Scholl-Latour, in der TV-Sendung: Zwischen den Fronten, 2008 |
Wenn
sie schon auf Englisch formulieren, sind sie nicht gerade die Repräsentanten
des Volkes.Peter
Scholl-Latour, in der TV-Sendung: Zwischen den Fronten, 2009 |
Die
Feigheit vor dem Freund ist ja allgemein weit verbreitet.Peter
Scholl-Latour, in der TV-Sendung: Morgenmagazin, 2009 |
Die
politische Ausrichtung der USA wird nicht mehr durch eine Bevölkerungsminderheit
definiert, die sich rühmte, »White, Anglo-Saxon and Protestant«
zu sein.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 9 |
Seit
Ende des Zweiten Weltkrieges sieht sich diese transatlantische Allianz globalen
Machtverschiebungen ausgesetzt, denen sie schon aus demographischen Gründen
nicht gewachsen ist. Dem »weißen Mann« ist ja nicht nur das
Monopol industrieller und militärischer Überlegenheit abhanden gekommen.
Ihm fehlen heute vor allem das Sendungsbewußtsein, die Lust am Abenteuer
sowei die die Bereitschaft zur Selbstaufopferung, auf die sich sein immperialer
Anspruch gründete.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 9 |
Ich
bin so alt, daß ich die Stunde einer akuten Bedrohung wohl nicht mehr erleben
werde. Doch schon die kommende Generation wird sich mit der schmerzlichen Anpassung
an eine inferiore Rolle im globalen Kräftespiel, an geschwundenes Prestige
abfinden müssen und mit dem tragischen Fatum leben, daß den weißen
Herren von gestern das sachte Abgleiten in Resignation und Bedeutungslosigkeit
bevorsteht. Der Ausdruck »White Man« ist heute ja schon verpönt
und mit dem Odium des Rassendünkels behaftet.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 10 |
Holland
- Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation - hatte dem
Katholizismus den Rücken gekehrt. .... Wie »global« schon vor
einem halben Jahrtausend die konfessionellen Gegensätze ausgetragen wurden
und aufeinanderprallten, entnehmen wir einer Stophe des Siebten Gesangs der Lusiaden.
Da heißt es: »Ihr seht der Deutschen hochmütige Herde, // Die
sich auf weitflächigem Feld ernährt, // Den neuen Hirten wählt
der neuen Lehre (gemeint sind Calvin und Luther) // Und gegen Petri Erben aufbegehrt.//
Ihr seht beladen sie mit Kriegsbeschwerden, // Da sie der blinde Wahn noch nicht
belehrt, // Nicht um den stolzen Türken zu verjagen, // Nein, um das hohe
Joch (des Papstes) nicht mehr zu tragen» (Louís de Camões,
Gesang der Lusiaden, 7. Gesang, 4. Strophe).Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 31-32 |
Im
Jahr 1991 schwelgten die USA in der Gewißheit, ihr Ziel einer weltweiten
Hegemonie erreicht zu haben. Die Sowjetunion war auseinandergebrochen. Präsident
Bush senior hatte Saddam Hussein in die Knie gezwungen. Im Kapitol zu Washington
keimte eine Vorstellung, die unter George Bush II. zur Obsession werden
sollte. Demnach müßten im Zeichen einer ideologischen Gleichschaltung
sämtliche Länder des Erdballs die us-amerikanischen Vorstellungen von
Demokratie und Kapitalismus übernehmen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 57 |
Ein
paar plumpe Geschütze oder »Feuerschlangen«, wie man damals sagte,
hatten genügt, um den weißen Mann zu seiner Weltherrschaft über
alle Kategorien farbiger uund exotischer Völker zu verhelfen. Heute dürfte
die Anhäufung der perfektioniertesten Technik, der Einsatz von Wunderwaffen,
kaum mehr ausreichen, um eine so widernatürliche und anmaßende Dominanz
zu verewigen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 62 |
So
waren wir nach Grönland gereist und hatten festgestellt, daß die Klimaerwärmung,
die ähnlich günstige Agrar- und Weidebedingunegn am rande der gewaltigen
Eiskappe wiederherstellte wie zu Zeiten des Wikingers Eriks des Roten, auch den
urzeitlich wirkenden Moschusochsen zugute kam.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 64 |
44
Jahre - von 1874 bis 1918 - hat die schwarz-weiß-rote Fahne des Zweiten
Deutschen Reiches über der östlichen Hälfte von Neuguinea und einer
Anzahl von Inseln im pazifischen Ozean geweht. Wer weiß das überhaupt
noch in der heutigen Bundesrepublik? .... Der frühere deutsche Verwaltungssitz
von »Kaiser-Wilhelm-Land«, wie man die ferne koloniale Erwerbung genannt
hatte, war immer noch ein ... Fischerhafen ....Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 118 |
Lae
(Neuguinea), im Frühjahr 1966 .... Gleich am ersten Abend hielt ich auf Wunsch
der kleinen deutschen Gemeinde von Neuguinea einen Vortrag über den Prozeß
der europäischen Einigung, die - von den Antipoden aus - ziemlich unvorstellbar
erschien. Vor dieser Zuhörerschaft von Kaufleuten und ein paar Missionaren
hatte ich damals noch im Brustton der Überzeugung über das Versöhnungswerk
referieren können, das von Adenauer und de Gaulle kurz zuvor ... zelebriert
worden war. Heute würde ich mit erheblichen Vorbehalten von einer kontinuierlichen
Union des Kontinents sprechen, die durch über ihre überstürzte
Ausweitung weit nach osten ihre Substanz und ihre Kohäsion eingebüßt
hat. Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 119 |
Da
hing eine Reichskriegsflagge, ein schönes Emblem ....Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 119 |
Der
Missionar verwies mich auch auf ein Schild der Deutschen Reichspost und vor allem
auf das Portal »Hospiz für Eingeborene«. Für die damalige
Zeit war eine oslche medizinische Versorgung der schwarzen Papua- bevölkerung
keine Selbstverständlichkeit, sondern wirkte durchaus fortschrittlich, auch
wenn die weißen Kranken in einem strikt getrennten Gebäude behandelt
wurden. Insgesamt scheint die wilhelminische Kolonialverwaltung, die sich auf
die humanitäre Vermittluung katholischer und evangelischer Missionare stützte,
recht tolerant, ja wohlwollend gewesen zu sein in diesen pazifischen Besitzungen,
die die inzwischen umgetauften Inseln neu-Pommern und Neu-Mecklenburg, den Bismarck-Archipel
und die winzigen Eilande Mikronesiens und der Marianen umfaßten. Ausgedehnte
Plantagen von Kokospalmen deuteten auf die rege Entwicklungsarbeit der damaligen
weißen Herren hin.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 119 |
Von
den krampfhaft aufgeblähten Einheiten der »Special Forces«, die
seit 2001 und 2003 in Afghanistan und im Irak die Hauptlast des Kampfes tragen,
unterscheiden sich die »Green Barrets« von Vietnam durch höheren
IQ, durch besseres Training und eine vorzügliche Kenntnis des Terrains.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 170 |
Das
Pentagon hat lange gebraucht, um zu erkennen, das im Zeitalter des »asymmetrischen
Krieges« die fulminante Perfektionierung von Hi-Tech und Wunderwaffen, die
Entfaltung einer ungeheuerlichen vernichtungskapazität, gekoppelt mit der
Omnipotenz eines an Allwissenheit grenzenden Beobachtungs- und Spionagesystems,
nicht in der Lage sind, das unzureichende Aufgebot an eigenen Bodentruppen zu
kompensieren.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 178 |
Das
desolate Abgleiten der »jungen« afrikanischen Nationen in Chaos und
Stammesfehden führte ... vor Augen, wie destruktiv sich die Übertragung
des westlichen Parteiensystems auf den angestammten Tribalismus des Schwarzen
Kontinents auswirkte. Die europäischen Politiker und Publizisten wiederum
hatten sich durch die diversen militärischen Fehlschläge der USA und
die dort zunehmende Verrohung der Sitten in ihrer USA-Gäubigkeit kaum beirren
lassen. Sie würden an diesem Vorbild ... erst irre werden, wenn in Wallstreet
der Götzentempel des Goldenen Kalbes erschüttert, wenn die existentielle
Krise des angelsächsisch orientierten Turbokapitalismus und seiner Derivate
auf das gefügig angepaßte System der europäischen Banken überschwappen
würde.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 182 |
Der
Zustrom lateinamerikanischer Zuwanderer, vor allem aus dem vom Bandenkrieg der
Drogenmafia aufgewühlten Mexiko, hat eine profunde Umschichtring bewirkt.
Die spanisch-indianischen Mestizen, die Hispanics, Latinos oder »Spics«,
wie sie von der verbitterten weißen Unterschicht genannt werden, machen
mit schätzungsweise fünfzig Millionen Menschen bereits ein Sechstel
der Gesamtbevölkerung der USA aus, und ihre Immigration - legal oder illegal
- nimmt ständig zu.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 197 |
Nicht
die Gringos des Nordens würden am Ende die Nutznießer dieser ethnisch-kulturellen
Annäherung sein, sondern jene buntgescheckte Staatenwelt, die den USA wirtschaftlich
zwar weit unterlegen bleibt, mit Hilfe ihres demographischen Übergewichts
und einer neu entwickelten Dynamik jedoch die Balance zu ihren eigenen Gunsten
verschieben könnte.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 197 |
Heute
verfügt die israelitische Minderheit in den USA in allen Bereichen des ökonomischen,
aber auch des intellektuellen Lebens und der wissenschaftlichen Forschung über
Spitzenpositionen und übt einen politischen Einfluß aus, der den Kritikern
der »Jewish lobby« absolut disproportioniert und unerträglich
erscheint. Auf dem Umweg über die biblischen Heilserwartungen, die die Gründung
des Staates Israel bei den protestantischen Evangelikalen weckte, haben sich paradoxerweise
gerade jene sektiererischen Gegner des Judentums als zuverlässigste Verbündete
des Zionismus erwiesen und stehen der jeweiligen Regierung von Herusalem fast
bedingungslos zur Seite.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 199 |
Den
Kassandrarufen, die aus Europa über den Atlantik tönen und die den Vereinigten
Staaten einen unaufualtsamen Abstieg voraussagen, wird oft entgegengehalten, daß
der Prozentsatz der Europäer an der Gesamtbevölkerung des Globus binnen
relativ kurzer Frist von zwanzig Prozent auf vier Prozent geschrumpft sein werde
und daß die Überflutung des Abendlandes durch afrikanische und orientalische
Migranten die Form einer Völkerwanderung anzunehmen drohe. Dem könnte
eine nüchterne und deprimierende Analyse der Verhältnisse in der Neuen
Welt entgegengehalten werden.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 199 |
Samuel
Huntington, der durch seine düsteren Prognosen vom Kampf der Kulturen
berühmt wurde, hat in seiner letzten Studie Who are We? einen
beschwörenden Appell an seine weißen und protestantischen Landsleute
gerichtet, die er der rassischen und kulturellen Erosion ausgesetzt sieht. Er
ruft sie dazu auf, dem Substanzverlust mit verzweifelter Energie entgegenzutreten.
Es war wohl ein schicksalhafter Zufall, daß Huntington fast genau an dem
Tag verstarb, an dem der Afroamerikaner Barack Hussein Obama erkoren wurde, das
Schicksal von »God's Own Country« in seine Hände zu nehmen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 199 |
Hier
wird tragisch daran erinnert, daß die Eroberung der Welt durch den weißen
Mann, die vor genau einem halben Jahrtausend die Ozeane überwand und zu ihrem
Triumphzug ausholte, parallel zur Ausbreitung des Christentums stattfand, daß
Kolonisierung und Missionierung beinahe zwangsläufig Hand in Hand gingen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 207 |
Wie
unterschiedlich dieses »heilige Experiment« verlief, das einer tiefen
und frommen Überzeugung entsprang, gleichzeitig jedoch mit extrem grausamen,
inquisitorischen Methoden durchgeführt wurde, läßt sich an der
Gegensätzlichkeit der katholischen und der protestantischen Expansion darlegen.
Die Mönche des heiligen Franziskus und des heiligen Dominikus, im Verbund
und oft rivalisierend mit der elitären Kerntruppe des Papstes, mit den Jesuiten
des Ignatius von Loyola, haben die halbe Welt der religiösen Autorität
Roms unterstellt; von Lateinamerika bis zu den Philippinen, von Südindien
bis zum Kongobecken Zentralafrikas. Die Patres der Societas Jesu, die aufgrund
ihres unermüdlichen Studiums am Hof von Peking den Rang hoher Mandarine bekleideten,
hatten sich zeitweilig in der Hoffnung gewiegt, durch die Taufe des Drachensohns
und seines Hofes das gewaltige Reich der Mitte für die »alleinseligmachende
Kirche« zu gewinnen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 207 |
Die
protestantischen Konfessionen haben sich in ihrer Vielfalt schwerer getan mit
der kulturellen und ethnischen Verschmelzung, die in den meisten katholischen
Diözesen praktiziert wurde und oft zu erstaunlichen Assimilationsergebnissen
führte. Wenn die Protestanten sich in dieser exotischen Umgebung durchsetzten,
mußten sie - zumal zwischen Kapstadt und Pretoria - das Handicap der protestantischen
Lehre überwinden. So übertrugen die dort lebenden Buren ihre Vorstellung
von der Prädestination auf ihre rassischen Vorurteile und die Differenz zwischen
Weiß und Schwarz. Die prüde Nüchternheit der Reformierten, ihr
Verzicht auf heiligen Kult und liturgisches Decorum, an dem lediglich die Anglikaner
festhielten, förderte das Entstehen von bizarren, oft extravaganten Formen
des Synkretismus mit den im Untergrund schlummernden Naturreligionen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 207-208 |
Auf
ganz andere Weise wiederum wurde der ganze Norden Asiens -vom Ural bis zum Pazifik
- von den bärtigen Popen der prawoslawischen Kirche Rußlands, der byzantinischen
Glaubensform des Christentums, einverleibt.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 208 |
In
jenen Kulturkreisen, die sich gegenüber allen Konversionsbemühungen
der christlichen Mächte resistent oder immun erwiesen - in der weltumspannenden
Umma des Islam, im starren Kastengefüge des Hinduismus, in der kontemplativen
Absonderung des Buddhismus - erzielte zumindest das aufrührerische Gedankengut
der Aufklärung verspätete Erfolge, nachdem die Klerisei in den Ruf des
Obskurantismus und der Fortschrittsfeindlichkeit geraten war.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 208 |
Noch
heute zehrt die vielgerühmte »Demokratie« Indiens von einer importierten
Form des »Enlightenments« und dem Gedankengut der »Fabian Society«.
Dieser Trend wurde in der Person des ersten indischen Regierungschefs Jawaharlal
Nehru - wohlweislich ein Brahmane der vornehmsten Kaste - überzeugend verkörpert.
Daß die Aufklärung zwar eine leidenschaftliche Verwerfung christlicher
Dogmatik vollzog, in Wirklichkeit jedoch auf dem Urgrund der Lehre des Nazareners
gedieh, sollten erst spätere Generationen wahrnehmen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 208 |
Schon
in früheren Veröffentlichungen habe ich die Aussage des Schriftstellers
André Malraux zitiert, der selbst Agnostiker und alles andere als ein klerikaler
Frömmler war: »Das XXI. Jahrhundert wird religiös sein, oder es
wird nicht sein.« Aus dieser Prognose ließe sich für Europa ein
düsteres Schicksal ableiten. In dem Maße nämlich, wie andere Kontinente
zu ihren Mythen und Riten zurückfinden, verzichtet das Abendland auf die
eigenen Glaubensgewißheiten, löst sich von der ererbten Religiosität.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 208-209 |
Auf
das Modewort »Leitkultur« sollte man in diesem Zusammenhang lieber
verzichten. Jedenfalls steht der westliche Hedonismus der eifernden, der kämpferischen
Wiedergeburt oder Erneuerung anderer Bekenntnisse, vor allem des unmittelbar benachbarten
Islam, rat- und hilflos gegenüber. »Die Menschenrechte sind kein Religionsersatz«,
heißt es in einer Broschüre des französischen Heeres. Wer wäre
schon bereit, für die Oktroyierung des politischen Pluralismus, für
die erzwungene Weitergabe unserer parlamentarischen Bräuche das eigene Leben
zu opfern, zumal die betroffenen fremden Völkerschaften nicht das geringste
Verlangen nach einer solchen Übernahme bekunden?Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 209 |
Die
verheißungsvolle Epoche, als Kemal Pascha, der unter dem Namen Atatürk
die moderne Türkei mit Brachialgewalt auf den Trümmern des Osmanischen
Reiches errichtete, das Edikt erließ: »Es gibt nur eine Zivilisation,
und das ist die europäische«, liegt weniger als ein Jahrhundert zurück.
Heute hat die radikale Ausrichtung auf das Vorbild des Abendlandes keinen Sinn
mehr. Das läßt sich an der jüngsten Entwicklung der postkemalistischen
Türkei ablesen, die Schritt für Schritt zur islamischen Tradition und
Gesittung, ja zu heimlichen Kalifatsträumen zurückfindet.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 209 |
Unbehagen
rief die Regensburger Vorlesung Benedikts XVI. hervor, als der Heilige Vater Manuel
ll., einen obskuren Kaiser des ermatteten Byzantinischen Reiches, zitierte und
dessen Behauptung übernahm, die Lehre Mohammeds habe nichts Neues und ansonsten
nur Negatives bewirkt.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 227 |
Benedikt
XVI. habe seinem Auftrag ... geschadet, als er sich in einer Moschee von Istanbul
zur nachgiebigen Versöhnungsgeste bereit fand, zum gemeinsamen Gebet mit
dem Ulama in Richtung Mekka. Statt dessen hätte er mit strenger Mahnung die
Gemeinschaft der Völker auf die Verfolgung und Ächtung aufmerksam machen
müssen, denen die uralte apostolische Christenheit des Orients ausgesetzt
ist. Oft genug würden diese Gemeinden von Zwangsregimen und Potentaten bedrängt,
die sich lediglich unter dem Schutz amerikanischer rund europäischer Waffen
auf ihren usurpierten Throme halten könnten. Der von Ayatollah Khomeini gegründete
Gottesstaat im Iran lege eine glößere Toleranz geegnüber der christlichen
und sogar der jüdischen »Familie des Buches« an den Tag als mancher
angebliche Freund des Westens. Selbst der fürchterliche irakische Diktator
Saddam Hussein habe seine christlichen Untertanen weit wohlwollender behandelt
als der NATO-verbündete und Europa-Kandidat Türkei.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 227-228 |
Die
wenigen Weißen fallen unangenehm auf. Sogar zum Dinner erscheinen sie in
abscheulichem Freizeitlook. Obwohl sie zweifellos aus vermögenden Verhältnissen
stammen, treten sie wie Landstreicher aug mit halblangen Schlabberhosen und Sandalen,
was wohl »coole« Lässigkeit vortäuschen soll. Fast alle
haben sich am Swimmingpool einen Sonnenbrand geholt, und ihre gerötete Haut
unterscheidet sich unvorteilhaft von den matten Bronzetönen der Eingeborenen.
Ihre lauten Gespräche und dröhnenden Heiterkeitsausbrüche übertönen
gerdaezu peinlich die zurückhaltende Gesittung der Asiaten.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 234 |
Wenn
man die Überlebenchancen des Christentums in Asien und der Dritten Welt an
der Zahl der dort tätigen Missionare europäischer und nordamerikanischer
Herkunft messen würde, ergäbe sich der tragische Eindruck, daß
in Bälde für die Kirche nur noch der Weg in die Katakomben oder in die
Bedeutungslosigkeit offenstehe, räumt der Jesuit ein. Das Abendland leide
an einem fatalen Mangel an Berufungen zum geistlichen Stand, an einer Auszehrung
der kirchlichen Substanz ....Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 236 |
Das
könne auf Dauer nicht ohne Folgen bleiben. Gewisse Formen des Synkretismus
- zumal mit den afrikanischen Naturreligionen - würden bereits in Kauf genommen,
und das eindeutige Übergewicht des »Weißen Klerus«, das
bislang als gottgegeben abgesehen wurde, müsse unweigerlich den demographischen
und ethnischen Verlagerungen auch innerhalb der römischen Hierarchie angepaßt
und reduziert werden.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 237 |
(Philippinen,
1972). - Wir waren in weit größerer Gefahr als während meiner
einwöchigen Gefangenschaft beim Vietkong ... Aber es gab da auch junge Fanatiker,
die teilweise an den Universitäten der Insel Luzon mit dem marxistischen
gedankengut der »New People's Army« in Berührung gekommen waren.
Für sie galten wir als Spione der us-amerikanischen CIA.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 254-255 |
(Philippinen,
1972). - Einen wahren Schock empfand ich, als ein langhaariger Unterführer
mit Kalaschnikov sich plötzlich aufrichtete und ich auf seinem grünen
T-Shirt ein großes Hakenkreuz mit der deutschen Inschrift »Sieg Heil«
entdeckte. Diese unberechenbaren Freischärler durften auf keinen Fall erfahren,
daß unser Kameramann Jossi Kaufmann von Geburt Israeli war ....Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 255 |
Die
Geschichte, so heißt es, wiederholt sich nicht. Das ist nur partiell wahr.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 261 |
Die
halbwegs einsichtigen Offiziere sind sich voll bewußt, daß der Krieg
am Hindukusch nicht zu gewinnen ist.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 262 |
In
der Lehre einer utopischen Harmonie, die das Politbüro von Peking der parlamentarischen
»Streitkultur« des Westens entgegensetzt, finden sich Konfuzius, Mao
Zedong (Mao Tse-tung) und jener erste legendäre
Kaiser Qin Xi Huangdi (Schi Hoang-ti) wieder. Dessen
Reichsgründung zweihundert Jahre vor Christus erlaubt es heute der offiziellen
Propaganda, die verblaßte Doktrin des Marxismus-Leninismus durch einen ehrgeizigen,
alle Normen sprengenden Nationalismus zu ersetzen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 274-275 |
Nach
relativ kurzer Unterbrechung findet China wieder zu jenem erhabenen Rang zurück,
der ihm seit seit vier Jahrtausenden zusteht.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 274-275 |
Dem
Abendland kann es nicht gleichgültig sein, je es stellt sich die nackte Überlebensfrage,
wenn - um nur diese Beispiele zu erwähnen - die Zahl der Algerier zwischen
1960 und 2000 von 8 auf 30 Millionen, die der Iraker zwischen 1050 und 1990 von
5 auf 25 Millionen hochgeschnellt ist, währen der eigene Bevölkerungsstand
nur durch den unablässigen Zustrom außereuropäischer Migranten
auf dem bisherigen dem bisherigen Niveau gehalten wird. Für die außereuropäischen
großen Siedlungsgebiete der weißen Menschheit - Nordamerika und Sibirien
zumal - gelten ähnlich düstere Perspektiven.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 319-320 |
Bei
manchen allzu selbstherrlichen Philanthropen kommt mir das Zitat in den Sinn:
»Der Freund des Menschengeschlechts ist niemandes Freund.«Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 323 |
Einem
hochrangigen Funktionär des Olympischen Komitees ist der geniale Gedanke
gekommen, in Zukunft sollten die weltumspannenden sportlichen Wettkämpfe
nur in Staaten ausgetragen werden, die den Ansprüchen von Menschenrechten
und westlicher Demokratie entsprechen. Damit würde jedoch die Zahl der qualifizierten
Veranstalter auf eine extrem bescheidene Anzahl der sogenannten Völkerfamilie
reduziert. Das Atlantische Bündnis sollte sich nicht länger um die Erkenntnis
herumstehlen, daß nicht nur gewisse Prozeduren des Parlamentarismus ihre
Fragwürdigkeit offenbaren, sondern daß der pauschale Begriff »Demokratie«,
der im klassischen Griechenland alles andere als einen Idealzustand menschlichen
Zusammenlebens definierte, einer globalen Erosion ausgesetzt ist. Um nur ein griffiges
Beispiel zu erwähnen: In Schwarzafrika ist die tribalistische Bindung und
Verpflichtung das oberste und exklusive Gesetz politischen Kräftemessens.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 325 |
Noch
versteifen sich die Auguren des Westens auf die Behauptung, daß sich der
asiatische Gigant nur unter Verzicht auf seine sozialistische Ideologie zu einer
rüden Form des Frühkapitalismus durchgerungen habe .... Inzwischen haben
die völlig unerwartete Finanzkrise des Jahres 2008 und die drohende Rezession
in der Realwirtschaft die extreme Fragilität der angelsächsisch-calvinistisch
ausgerichteten Finanzkonzepte bloßgelegt. In der breiten Öffentlichkeit
des Westens kommt der Verdacht auf, daß die jüngsten Auswüchse
des spekulativen Vabanquespiels den Anforderungen einer anfangs überschwenglich
gepriesenen Globalisierung nicht gewachsen sind.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 326 |
Wer
hätte vor zehn Jahren vorauszusagen gewagt, daß New York und London
das Heil ihrer Börsen in der Verstaatlichung einiger Großbanken suchen
würden, daß die unbegrenzte Wachstums-Euphorie der Friedman-Schule
und ihrer Chicago Boys mit einem Schlag recht altmodisch aussehen würde,
während eine Rückwendung zu John Maynard Keynes und seiner These des
»deficit spending« neuen Zuspruch gewänne?Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 326 |
Wo
sind die Zeiten geblieben, in denen der Mann einen Schips umbinden mußte,
um ins Kino gelassen zu werden? Die Menschen fallen durch abenteuerliche Aufmachung
auf, doch Eleganz ist kaum zu spüren.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 445 |
Es
kann einem ... ein Schauer überkommen bei der Perspektive auf eine globale
Entwicklung, an deren Ende das biologische Ende des »weißen Mannes«
stünde.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 446-447 |
Es
wird so viel über Klimawandel und ökologische Verseuchung gesprochen.
Aber aufgrund der Kommunikationsmöglichkeiten, von denen unsere ... Vorfahren
nicht zu träumen wagten, aufgrund einer subkutanen kulturellen Anpassung
und Osmose, deren Ausmaß wir noch nicht ermessen, aufgrund einer technischen
und elektronischen Beschleunigung der menschlichen Geistesentwicklung ... wäre
auch eine Beschleunigung der Evolution, ja das jähe Auftreten von Mutationen
nicht auszuschließen, die das Bild des »Homo Sapiens« erheblich
verändern könnten. Der typologische Unterschied zwischen den Generationen
ist bereits klar erkennbar. Dazu kommt das Phänomen einer durch einseitige
Ernährung bewirkten Verfettung, die selbst auf China überzugreifen beginnt.
Der androgyne Wuchs vieler Frauen ist weit vom Schönheitsideal der Vergangenheit
entfernt.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 447 |
Während
sich die Öffentlichkeit dazu beglückwünscht, daß das Durchschnittsalter
des Menschen demnächst auf über hundert Jahre ansteigen könnte,
stellen sich nur die wenigsten die Frage, ob eine solche Langlebigkeit mit der
im Rhythmus von Jahrtausenden entstandenen Normalität, den natürlichen
Gesetzen, denen wir unterliegen, überhaupt zu vereinbaren ist. Die ständige
Vermehrung von Demenz- Erkrankungen im hohen Alter könnte eine schreckliche
Mahnung beinhalten.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 447 |
Auffällig
ist auch die geringe seelische Belastbarkeit, die sich zumal bei jungen Soldaten
zeigt. Obwohl sie nie wirklich im Feuer gestanden haben, bedürfen sie einer
psychologischen Betreuung, von der in früheren Kriegen nur in Extremfallen
die Rede war. Das seien nur vage Hypothesen, wird man entgegenhalten, aber die
Natur könnte uns noch mit ganz anderen Überraschungen zusetzen.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 447 |
Befinden
wir uns an der Schwelle einer neuen Evolution unserer Gattung? Werden die Allmacht
des Computer-Systems, des Internets, die Omnipräsenz der elektronischen Überwachung
und die Perspektive eines eventuellen Cyber- Wars gewisse Hirnfunktionen ausschalten,
umgestalten oder weiterentwickeln?Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 448 |
Wir
haben die Schreckensvision Orwells, die er in seinem Buch 1984 aufzeichnete,
längst überholt, und die düsteren Vorstellungen H. G. Wells' von
einer »Brave New World« liegen bereits hinter uns. Man bedenke, daß
das nationalsozialistische Deutschland noch vor siebzig Jahren von der Reinheit
der nordischen, der germanischen Rasse fabulierte, von der Vorherrschaft der blonden
Herrenmenschen, um festzustellen, wie plötzlich diese Utopie einer Gemischtrassigkeit
gewichen ist, die uns täglich auf den Straßen Europas und Amerikas
begegnet.Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 448 |
In
diesem Zusammenhang die existentielle »Angst des weißen Mannes«
zu erwähnen, entspringt keiner Verzagtheit, keiner Phobie, sondern verweist
auf eine Veränderung unserer Spezies ....Peter
Scholl-Latour, Die Angst des weißen Mannes, 2009, S. 448 |
»Fuck
the EU!«Peter
Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 2014, S. 15 |
Der
dümmste Ausdruck, der dcen ... Kommentatoren in den vergangenen Monaten eingefallen
ist, um jene Stimmen zu diffamieren, die ein Minimum an Objektivität bei
der Beurteilung der russischen Diplomatie (Diplomatie? HB)
anforderten, lautet »Putin-Versteher«.Peter
Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 2014, S. 18 |
Das
führte zu einer Demarche des damaligen Außenministers Schröder
bei meinem Sender, dem WDR, der in meiner Berichterstattung einen Verstoß
gegen die atlantische Solidarität zu entdecken glaubte. Dieser Zensur- Vorstoß
war seinerzeit am Standvermögen des Intendanten Klaus von Bismarck gescheitert.
Dieser hochdekorierte ehemalige Frontoffizier befragte mich zwei Stunden lang
zu den Prognosen, die sich auf meine persönlichen Erfahrungen im französischen
Indochina-Krieg stützten, und gab mir kurz und preußisch die Weisung:
»Machen Sie weiter!«Peter
Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 2014, S. 18-19 |
Wer
geglaubt hatte, im Weißen Haus ... habe man von der einsamen Hegemonialvorstellung
der USA Abschied genommen und das Aufkommen einer multipolaren Welt akzeptiert,
wurde eines anderen belehrt. Statt die Existenz divergierender Kulturkreise anzuerkennen,
die mit den vorbildlichen Vorstellungen des Westens nicht zu vereinbaren waren,
griff man blindlings auf die obsoleten Thesen Fukuyamas zurück, der einst
»das Ende der Geschichte« proklamiert hatte. US-Amerika präsentierte
sich wieder als die »unentbehrliche Nation« und unterteilte die internationalen
Akteure in »good and bad guys«. Daß diese Bewertung sehr oft
nach heuchlerischen Maßstäben vollzogen wurde -man denke nur an die
Bevorzugung der reaktionären und repressiven Petro-Monarchien der arabischen
Halbinsel oder der Putsch-Diktatur des Generals Abdel Fattah el-Sisi in Ägypten
-, wurde schlicht ignoriert.Peter
Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 2014, S. 27 |
»Viel
Feind, viel Ehr«, hieß es einmal im wilhelminischen Deutschland. Der
us-amerikanische Rundumschlag unserer Tage erinnert an diese Verblendung. Man
zwingt geradezu den russischen Widerpart, der mit bösen Ahnungen auf das
erdrückende Übergewicht Chinas in Fernost blickt, eine enge Allianz
mit Peking anzustreben, um sich den Gefahren einer Zweifronten-Situation zu entziehen.
Wer dächte da nicht an das Nichtangriffsabkommen, das Stalin im April 1941
mit dem General Tojo in Tokio vereinbarte, was der Sowjetunion erlaubte, ihre
sibirischen Divisionen zur Rettung Moskaus an die westliche Front zu werfen. Den
Japanern wurde damit der Rücken freigemacht für ihren Angriff auf Pearl
Rarbor und die Eroberung Südostasiens.Peter
Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 2014, S. 35 |
Wieder
sollte jenseits der unerträglichen Bruderzwiste im slawischen Osteuropa oder
im Nahen und Mittleren Osten der Blick auf die weltweiten Dimensionen des aktuellen
Geschehens gerichtet werden. Es ist ja nicht so, als wären die pazifischen
Räume von den europäischen Querelen nicht betroffen. So berührt
es seltsam, daß ein renommierter japanischer Politologe, Norihiro Kato,
der sich der Remilitarisierung Nippons durch die Regierung Shinzo Abe entgegenstellt,
die Parallele herstellt zwischen dem »schlafwandlerischen« Kriegsbeginn
in Europa im Jahr 1914 und den Gewitterwolken, die sich heute zusammenbrauen.
Man könne durchaus einen Vergleich anstellen zwischen der damaligen und der
heutigen Situation. Vor hundert Jahren sei die Weldage gekennzeichnet gewesen
durch eine allgemein anerkannte Weltmacht, nämlich Großbritannien,
die sich bedroht sah durch das stürmische Aufkommen eines ehrgeizigen Rivalen,
nämlich Deutschland, während sich Frankreich bereits einem schleichenden
Niedergang zuneigte. Heute sei die Welt gekennzeichnet durch die trügerische
Allmacht USA, durch den stürmischen Machtwillen Chinas und das Verblassen
der japanischen Ansprüche. Bei diesem Beharren auf nationalistischen Prärogativen
bestehe die wachsende Gefahr eines »Sarajevo Type lncident«, der plötzlich
nicht mehr zu kontrollieren wäre.Peter
Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 2014, S. 39 |
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