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- Technik -
Technik bezeichnet von seinem Wortursprung her die handwerkliche Kunstfertigkeit; heute versteht man sie darüber hinaus als die Gesamtheit aller Objekte, Maßnahmen und Verfahren, die vom Menschen durch Ausnutzung von Prozessen und Gesetzen der Natur sowie geeigneter Stoffe hergestellt bzw. entwickelt werden und sich bei der Arbeit sowie in der Produktion anwenden lassen. In einem noch weiteren Sinne bezeichnet Technik die Wissenschaft von der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Einteilung der Technik in bestimmte Sachbereiche erfolgt nach praktischen und organisatorischen Gesichtspunkten. Man kann sagen, daß alles Existierende und vor allem alles Lebende, um da sein zu können, wo das Dasein ganz gewöhnlich im Zuhause ist, von der Technik abhängig ist - so wie z.B. auch die Erde von der Sonne abhängig ist (). Die Technik bietet ein Ge-Häuse zur Beherbergung und produziert durch diese Beherbergung unmerklich alles, was zu ihrem Einflußbereich gehört. Wer auf eine Frage nach dem Urheber, dem Kern als der Ursache einer nicht näher definierbaren Entwicklung keine Antwort zu finden weiß, dem sei versichert, daß eine Antwort fast immer richtig ist: Technik. Die Kultur, samt Rechtspolitik und Hausmacht, in der die Wirtschaft die Kultur umkreist, ist abhängig vom Stand der Technik - so wie die Erde, samt Gravitationsfeld und Magnetfeld, in dem der Mond die Erde umkreist, vom Stand der Sonne abhängig ist. Nur die Sonne, die uns existieren und leben läßt, gibt uns Licht, Wärme und Heimat, und nur die Technik, die uns erkennen und wohlfühlen läßt, gibt uns Lichtung, Entbergung und Beherbergung - genau wie die Sonne.Für eine der Technik zu nahekommende Kultur wären die sehr gefährlichen Auswirkungen ähnlich wie für einen der Sonne zu nahekommenden Planeten. Und die abendländische Kultur ist die einzige Kultur, die im Verlauf ihrer Geschichte (das heißt kulturtechnisch gesprochen: im Umlauf um ihre Technik) auf angenehm helle, warme und gefährliche Weise der Technik schon sehr nahe gekommen ist und in Zukunft sogar noch näher kommen wird. (). Die Vor- und Nachteile sind also einleuchtend.Die Fortschritte der abendländischen Technik liegen vor allem im Unendlich-Faustischen des Abendlandes selbst begründet. Konkret gewordene Beispiele hierfür sind u.a. die Erfindung der mechanischen Uhren () sowie die zunehmende Ersetzung der körperlichen Arbeitskraft durch Naturkräfte und durch tierische Arbeitskraft. Dazu kommt der wohl einzigartige Drang der Abendländer, die Natur derart beherrschen zu wollen, wie es zuvor noch niemand gewagt hatte. Schon seit dem 1. Jahrhundert bekannt, verbreiteten sich Wasserräder () und Windmühlen ( besonders vom 12. Jahrhundert an, und die Weiterentwicklung des Pflugs trug wesentlich zur Produktionssteigerung in der Landwirtschaft bei. In etwa gleicher Weise wirkte die Einführung des Spinnrads und des Trittwebstuhls in der Textilverarbeitung. Die Kriegstechnik wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts durch das Schießpulver revolutioniert. Die Entwicklung des Hochofens bewirkte einen Aufschwung der eisenverarbeitenden Industrie. Die Baukunst erzielte neue Höhepunkte mit der Errichtung grandioser Dome und Kathedralen, die man als das unendliche Streben zur Vollendung des Kultursymbolerwerbs bezeichnen kann (vgl. Kulturspracherwerb ). Der Gutenberg-Buchdruck () hatte nicht zufällig weitreichende Konsequenzen für die gesamte Kultur, so daß seitdem auch der Kulturschrifterwerb (), das wissenschaftlich-technische Denken auf hochkulturelle Weise beginnen konnte. Erst die allgemeine Alphabetisierung machte die unteren Schichten frei von Vorurteilen seitens des bevormundenen Adels kirchlicher und weltlicher Art. Zu Beginn des Barock () wurde die Mechanik zu einer Naturwissenschaft entwickelt und damit, in Verbindung mit dem Experiment, die Grundlage für die technischen Wissenschaften gelegt. Zu dieser Zeit erreichten die Hochdenker () ihren Höhepunkt. Die Vorreiter der Industrialisierung () waren die Textiltechnik, das Berg- und Hüttenwesen und die Eisen verarbeitende Industrie. Zahlreiche neue Maschinen () wurden entwickelt, die die Arbeiten der Menschen (v.a. Sklaven) und Tiere übernahmen, und die Werkzeugmaschinen produzierten immer wieder neue und immer mehr Arbeits- und Kraftmaschinen, so daß sie und das Aufkommen von Verbrennungsmotoren und elektrischen Motoren die Technik des 19. Jahrhunderts bestimmten. Die Eisenbahn () ließ z.B. die Entfernungen auf dem Land schrumpfen; das Dampfschiff () überwand die Ozeane in kürzerer Zeit als das Segelschiff. Telegraphie () und Fernsprechverkehr () ermöglichten die Kommunikation über große Entfernungen. Das 20. Jahrhundert sah nicht nur eine Vervollkommnung der Technik, sondern durch die Einführung der Fließbandarbeit und die wachsende Automatisierung (etwa seit der Jahrhundertmitte) eine so tiefgehende Umwälzung, daß häufig sogar vor einer zweiten industriellen Revolution gesprochen wird. Die während des 2. Weltkrieges entstandenen programmgesteuerten Rechenautomaten und die Miniatisierung der elektronischen Bauelemente hatte hieran entscheidenden Anteil. Auf dem Gebiet des Verkehrswesens ermöglichte der Kraftwagen () eine stetige Zunahme des Individualverkehrs. Das Flugzeug () eroberte sich den Luftraum für den Personen-, Post- und Güterverkehr, aber auch als Waffenträger im Krieg. Der technische Bereich für Raketen () und Weltraumfahrt () dehnten den der Technik unterworfenen Raum weiter aus. Satelliten wurden für die Nachrichtenübermittluung, für die Wettervorhersage u.a. Aufgaben unentbehrlich (bald auch für die Verkehrsüberwachung und den militärischen Abschirmdienst!). Film () und Fernsehen () traten als Medien der Massenkommunikation auf und sind dabei, wie auch die Photographie, in Verbindung mit elektronischen Hilfsmitteln eine vollkommene Umstellung zu bewirken. Überhaupt wurde die Technik im Bereich Computer (), Roboter (), Mobiltelefon (Handy u.s.w.) und Mikroprozessoren (), die immer kleiner wurden, immer bedeutsamer für die (Volks-) Wirtschaft - ebenso die chemische Industrie. Neben die Rohstoffe (Kohle, Erdöl, Erdgas u.s.w.) trat die Atomenergie (Kernenergie), deren Anwendung wegen der Probleme von Abfallagerung und möglichen Unfällen in den Reaktoren allerdings auch eine Gefahr radioaktiver Verseuchung in sich birgt.Nanoforscher bedienen sich heute der Fähigkeit zur Selbstorganisation, indem sie sich von der Natur inspirieren lassen: in jeder lebenden Zelle setzen sich effektiv und pausenlos einzelne Moleküle nach einem festgelegten Bauplan zu Proteinen und komplexen Erbgutsträngen zusammen. Die inspirierten Nanoforscher konstruieren mit Hilfe von Strängen aus Erbmaterial DNS und Eiweißstoffen winzige Transistoren. Die halb leitenden Herzstücke dieser Schaltkreise bilden nur ein Nanometer dünne Röhrchen aus Kohlenstoff. Die Forscher knüpfen z.B. ein bestimmtes Protein (RecA) der Escherichia-coli-Bakterie an die Kohlenstoff-Hülle des halb leitenden Hohlkörpers und bringen die Röhrchen in direkten Kontakt mit einem Gerüst aus DNS-Ketten. Sie docken über das Bakterien-Protein biochemisch an den Erbgutstrang an und können so in einer gewünschten Ausrichtung und Position fixiert werden. Weil Schaltkeise auch einen elektrischen Kontakt benötigen, werden die DNS-Moleküle, die das Nano-Röhrchen an beiden Seiten fest halten, z.B. mit einem hauchdünnen, leitenden Goldfilm überzogen. So kann ein Spannungsimpuls bis zum Röhrchen geleitet werden. Diese Kombination aus beschichteten Biomolekül und hohler Kohlenstoff-Röhre kann also wie ein Transistor geschaltet werden. Weil diese Srategie auch auf komplexe Netzwerke von Schaltkreisen anwendbar ist, werden Biomoleküle wohl bald ganze Computerchips zusammenbauen. (Vgl. Nanobots ).Der Computerbau zeigt vielleicht schon jetzt an, wie weit wir mit bestimmten Beispielen aus der Technik kommen könnten: Mathematiker haben ausgerechnet, wann die Computerbauer spätestens an ihre Grenzen stoßen werden. Sollten sie mit derselben Geschwindigkeit fortfahren wie bisher, dann wird dieses Limit etwa im Jahre 2230 erreicht sein, dann nämlich, wenn die Computer 5,4 x 1050 Operationen pro Sekunde ausführen und dabei 1031 Bit an Informationen speichern können. Dann tritt ein physikalischer Zustand ein, der unser heutiges Vorstellungsvermögen sprengt: alle Materie des Rechners wird dann in Energie umgewandelt - d.h. er verschwindet! Bis zum Beginn des 23. Jahrhunderts wird sich die abendländische Kultur auf die anderen Umstände vorbereitet haben - auch weil dann der letzte, vollendende Zivilisationshöhepunkt erreicht sein wird. Die erste Kultur mit einer (wirklichen) Wissenschaft - das Abendland, genauer: der von der nordischen Landschaft mit dem Pathos der dritten Dimension, dem Streben ins Unendliche, der faustischen Dynamik und dem geschärften Geist ausgestattete Menschenschlag - brauchte nicht viel Masse, sondern viel Energie, um zur größten und letzten Erkenntnis von der Unveränderbarkeit und Endgültigkeit der Tragödie des Menschen zu kommen, denn die Natur ist stärker. Der Mensch bleibt abhängig von ihr, die trotz allem auch ihn selbst, ihr Geschöpf, umfaßt. Alle großen Kulturen sind ebenso viele Niederlagen. Ganze Rassen bleiben, innerlich zerstört, gebrochen, der Unfruchtbarkeit und geistigen Zerrüttung verfallen, als Opfer auf dem Platze. Der Kampf gegen die Natur ist hoffnungslos, und trotzdem wird er bis zum Ende geführt werden. ... Die faustische, westeuropäische Kultur ist vielleicht nicht die letzte, sicherlich aber die gewaltigste, leidenschaftlichste, durch ihren inneren Gegensatz zwischen umfassender Durchgeistigung und tiefster seelischer Zerissenheit die tragischste von allen. Es ist möglich, daß noch ein matter Nachzügler kommt, etwa irgendwo zwischen Weichsel und Amur und im nächsten Jahrtausend, hier aber ist der Kampf zwischen der Natur und dem Menschen, der sich durch sein historisches Dasein gegen sie aufgelehnt hat, praktisch zu Ende geführt worden. ... Die faustische Naturwissenschaft und diese allein ist Dynamik, gegenüber der Statik der Griechen und der Alchymie der Araber. Nicht auf Stoffe, sondern auf Kräfte kommt es an. Die Masse selbst ist eine Funktion der Energie. (Oswald Spengler, Der Mensch und die Technik - Beitrag zu einer Philosophie des Lebens, 1931, S. 35-36, 63, 67 ). Wenn aber der Industrialismus, der die von der Natur akkumulierte Materie in Energie umwandelt (für den sogenannten Verbrauch), das Schicksal der Entropie erleiden wird? Die Technik insgesamt und der von ihr entwickelte Universalarbeiterplan, der volkommene Technizität erstrebt, dieser Arbeitsplan, der mit einer Universalmaschinerie verbunden ist, untersteht den Gesetzen der Wärmelehre und den von ihr beschriebenen Verlusten nicht weniger als jede beliebige Maschine. (Friedrich Georg Jünger, Die Perfektion der Technik, 1946, S. 354). Der 1. Hauptsatz der Wärmelehre sagt noch nichts über die Entropie aus, denn er besagt nur, daß Wärme eine besondere Form der Energie ist, daß sie in festen Verhältnissen in andere Energieformen umgewandelt werden kann und auch umgekehrt. In einem geschlossenen System bleibt die Summe aller Energiearten konstant. Der 2. Hauptsatz der Wärmelehre ist der sogenannte Entropiesatz, denn er betrifft die Entropie: die Zustandsgröße thermodynamischer Systeme und das Maß für die Irreversibilität der in ihnen ablaufenden Prozesse, das Maß für den nicht in mechanische Arbeit umwandelbaren Energiegehalt, das Maß für Unordnung, das Maß für Chaos! Die Gesamt-Entropie kann nie abnehmen, und sie kann bei reversiblen Vorgängen (im Idealfall) konstant bleiben, weil der Entropiesatz ja besagt, daß die Entropie eines abgeschlossenen thermodynamischen Systems sich nur durch Austausch mit der Umgebung ändern oder aber sich nur von selbst vermehren kann (also: Entropie kann nicht vernichtet werden). Damit ist gleichzeitig der Richtungscharakter ausgedrückt: Wärme kann nicht von selbst von einem kälteren auf einen wärmeren Körper übergehen. Mechanische Arbeit kann zwar vollständig in Wärme umgewandelt werden, aber nicht umgekehrt. Aus der im Entropiesatz formulierten Gesetzmäßigkeit folgt, daß in einem abgeschlossenen System die Wahrscheinlichkeit für einen Zustand um so größer ist, je größer seine Unordnung ist. Das Maß für diese Unordnung ist die Entropie. Ein Chaos-Maß! Durch mathematische Formelberechnung, die für jedes System eine entsprechende Zustandsgröße der gebundenen Energie feststellt, läßt sich die Entropie genau bestimmen. Besonders deutlich läßt sich die Entropie an thermodynamischen Vorgängen ablesen, wenn man zwischen umkehrbaren und nichtumkehrbaren Abläufen unterscheidet: bei umkehrbaren Abläufen bleibt die Entropie unverändert, bei nichtumkehrbaren Abläufen nimmt die Entropie zu, und diese Zunahme geht auf Kosten der mechanischen Energie - sie geht verloren, sie verliert, sie ist der Verlierer und die Wärme-Energie der Gewinner -, der Verlust mechanischer Energie ist es also, der einhergeht mit der Zunahme der Entropie. Bei allen nichtumkehrbaren Vorgängen in der Natur nimmt die Energie der thermodynamischen Geschehnisse - also: die Wärme (!) - ständig zu und die Energie der mechanischen Geschehnisse ständig ab, was schließlich zu einem Stillstand, zum Wärmetod (!) führen müßte. Dagegen spricht jedoch die kosmologische Unmöglichkeit einer abgeschlossenen empirischen Erkenntnis von der Totalität des Weltalls, womit die Auffassung von der Entropie eine begründete Anwendung finden könnte. Bestimmte Menschen glauben, aus der Entropie auf die Endlichkeit der Welt und dadurch auf die Existenz Gottes schließen zu können. Deshalb folgte auf Jüngers Technikkritik bald eine Anti-Technikkritik, z.B. von Max Bense: Wir haben eine Welt hervorgebracht, und eine außerordentlich weit zurückreichende Tradition bezeugt die Herkunft dieser Welt aus den ältesten Bemühungen unserer Intelligenz. Aber heute sind wir nicht in der Lage, diese Welt theoretisch, geistig, intellektuell, rational zu beherrschen. Ihre Theorie fehlt, und damit fehlt die Klarheit des technischen Ethos, das heißt, die Möglichkeit, seinsgerechte ethische Urteile innerhalb dieser Welt zu fällen. .... Wir perfektionieren vielleicht noch diese Welt, aber wir sind außerstande, den Menschen dieser Welt zu perfektionieren. Das ist die bedrückende Situation unserer technischen Existenz. (Max Bense, Technische Existenz, 1949, S. 202). Kann man überhaupt die Frage, ob der Mensch sich an die Technik anpassen soll (wie es z.B. der obige Text von Max Bense fordert) oder die Technik an ein ursprünglicheres Menschenmaß zurückgebunden werden muß (wie es z.B. der obige Text von Friedrich Georg Jünger nahelegt), beantworten, ohne die Technologie oder Techno-Logie, ohne das Wesen des Technik () und das Wesen des Menschen () zu kennen? Der Mensch richtet sich doch so oder so nach der Technik - es ist also egal, ob er sich bewußt und ausdrücklich an sie anpassen will oder sich bewußt und ausdrücklich ursprünglicher machen will. Nichts geht ohne die Technik! Peter Sloterdijk (*1947) unterscheidet zwischen Allotechnik und Homöotechnik. (). Nach seiner Definition ist Allotechnik die Technik der Vergangenheit und Gegenwart und die Homöotechnik die Technik der Gegenwart und Zukunft. Alle Technik ist bisher kontranatural gewesen, weil sie Prinzipien eingesetzt hat, die in der Natur so nicht vorkommen, ... Technik war ... Allotechnik, das heißt auf gegennatürliche Funktionen und abstrakten Geometrien aufgebaute Mechanik. .... Jetzt ist zum ersten Mal die Schwelle erreicht, wo die Technik anfängt, eine natürliche Technik zu werden - Homöotechnik statt Allotechnik. (Peter Sloterdijk / Hans-Jürgen Heinrichs, Die Sonne und der Tod, 2001, S. 134-135). Wir haben es demnach heute mit einem Paradigmenwechsel zu tun, einem Paradigmenwechsel in den Basisideen der Technik. .... Es scheint, daß wir zum ersten Mal an der Schwelle zu einer Form von Technologie stehen, die weit genug entwickelt sein wird, um radikal auf Naturnachahmung umstellen zu können. Das läßt sich an der Gentechnologie zeigen. (Ebd., S. 329). Heideggers Lichtung () ist ... nicht ohne ihre technogene Herkunft zu denken. .... Wenn »es« den Menschen »gibt«, dann nur, weil eine Technik ihn aus der Vormenschheit hervorgebracht hat. Sie ist das eigentlich Menschen-Gebende. ... Technik, hat Heidegger doziert, ist eine Weise der Entbergung. Sie holt Ergebnisse ans Licht, die von ihnen selbst her so nicht und nicht zu dieser Zeit an den Tag gekommen wären. .... Auf der Stufe des Satzes »Es gibt Information« verliert das überlieferte Bild von Technik als Heteronomie und Versklavung von Materien und Personen zunehmend seine Plausibilität. Wir werden Zeugen dessen, daß mit den intelligenten Technologien eine nicht-herrische Form von Operativität im Entstehen ist, für die wir den Namen Homöotechnik vorschlagen. (Peter Sloterdijk, Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger, 2001, S. 224, 225, 227, 228). Das Menschenrecht auf Naturenthüllung und Kulturrekonstruktion wird so selbstverständlich und über-selbstverständlich vorausgesetzt, daß keine Menschenrechtserklärung es explizit zu machen bisher für nötig hielt. Nirgendwo ist das klarer formuliert worden als in Heideggers Diktum: »Technik ist eine Weise des Entbergens« .... (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 228).
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Die Technik ist es auch, die ihren Drehimpuls anteilsmäßig z.B. auf jede Art von Kultur überträgt (): Jede Historienkultur dreht sich um sich selbst und um die Menschen-Kultur, die Menschen-Kultur dreht sich um sich selbst und nur um die reine Natur. Den Drehimpuls für die Eigendrehung und die Umdrehung um ein Zentrum überträgt die Technik der Natur teilweise auf die Menschen-Kultur. Den Drehimpuls für die Eigendrehung und die Umdrehung um die Natur überträgt die Technik der Menschen-Kultur teilweise auf jede Historienkultur. Den Drehimpuls für die Eigendrehung und die Umdrehung um die Menschen-Kultur überträgt jede Historienkulturtechnik jedoch nicht (oder noch nicht) weiter als bis auf die Wirtschaft. Doch die Eigendrehung und die Umdrehung der Wirtschaft um eine Historienkultur ist mit deren Eigendrehung und deren Umdrehung um die Menschen-Kultur synchronisiert. Die Wirtschaft ähnelt also dem Mond (). Jede Historienkultur ähnelt einem Planeten. Der Mond ist aber kein Planet, sondern als dessen Trabant nur Teil in dessen System, und die Wirtschaft ist keine Historienkultur, sondern als deren Trabant nur Teil in deren System. Jede Historienkultur verfügt zwar über eine eigene Technik, doch die kann den Drehimpuls (noch) nicht richtig übertragen. Wird das Abendland als die letzte auch die erste Historienkultur sein, die dieses Problem löst? Die abendländische Kulturtechnik könnte dazu fähig sein! Danach könnte aber auch die abendländische Kultur selbst verschwunden sein.
Um zu verstehen, warum wir Menschen einerseits die Technik direkt und andererseits eine nur für Menschen typische Technik (Anthropotechnik) und somit die Technik nur indirekt umkreisen (spiralförmig), muß man die Entwicklung der Menschen begreifen als Bewegungen auf mindestens zwei Bahnen (M + H ). Es gibt einerseits die Menschen-Kultur mit ihrer Evolution (+ Geschichte!) als Bahn (M) und andererseits die zu ihr gehörenden Historienkulturen als Vertreter der schriftlichen Historiographie-Kultur, die aus der Menschen-Kultur durch deren Historisierung herausbewegt und dadurch auf eine eigene Bahn (H) gelenkt worden ist. Und diese eigene Bahn oder selbständige Geschichte ist eine nur scheinbar selbständig gefundene oder erfundene Geschichte. Wenn z.B. die abendländische Kultur mit Hilfe ihrer Technik (Kulturtechnik des Abendlandes) aus der nur für Menschen so typischen Technik (Kulturtechnik der Menschen-Kultur) namens Anthropotechnik wieder eine nur für die Natur so typische Technik (Kulturtechnik der Natur) machen will, dann erstrebt sie die direkte Herrschaft durch die Technik, die sie von ihrer eigenen Bahn als ihrer scheinbar selbständigen Geschichte ablenkt, wodurch letztendlich sogar die H-Bahn verschwinden und nur noch die M-Bahn oder sogar keine von beiden übrig bleiben könnte. (). Die Technik hat eben auch zwei Seiten: Homöotechnik und Allotechnik.
Wenn man die Technik von ihren zwei Seiten Allotechnik und Homöotechnik her denkt, leuchtet einem doch ziemlich schnell ein, warum alle bisherige menschliche Technik kontranatural bzw. allotechnisch war und nicht (oder: noch nicht) natural bzw. homöotechnisch. Prinzipien nämlich, wie Menschen sie bisher erfanden und auch einsetzten, kommen so in der Natur nicht vor. Die menschliche Technik als die Kulturtechnik der Menschen-Kultur war und ist primär eine Allotechnik; erst die abendländische Technik als die Kulturtechnik einer besonders außergewöhnlichen Historienkultur ist allmählich eine Homöotechnik bzw. Naturaltechnik im Sinne der Kulturtechnik der Natur (selbst!) geworden und wird es in Zukunft noch mehr werden - falls kein Unglück passiert. Auch dieses abendländische Unternehmen wird einen Preis dafür zu bezahlen haben. Ob dies das Ende der Abendland-Kultur, das Ende der Historienkulturen oder vielleicht sogar das Ende der Menschen-Kultur sein wird?
Nur abendländische Menschen konnten mit ihrem faustischen Wissens- und Forschungswillen auf die Idee kommen zu behaupten, daß der Unendliche Raum das biete, mit dem ein Faust alles erklären können müsse: Der Unendlichkeitsraum begann unendlich klein und wird unendlich groß und unendlich alt werden. Das anthropische Prinzip () bestätigt diesen Glauben und verleiht ihm noch mehr Subjektivität: Es muß mindestens einen Beobachter (Menschen) geben, um mit den Mitteln der Wissenschaft zu beweisen, daß es einen Beobachter (Menschen) überhaupt geben kann. Gott ist während der abendländischen Geschichte mehr und mehr dem Subjekt namens Faust gewichen. Für Menschen der magischen Kultur mit ihrem strengen Monotheismus ist so etwas Gotteslästerung. Für sie zählt nur der eine Gott, und für sie ist es eine Sünde, Gott wissenschaftlich erforschen oder erklären zu wollen. Für Morgenländer ist nämlich das, was die Abendländer den Unendlichen Raum nennen, Gottes Gesetz und nicht ein Naturgesetz, hinter dem ja doch nur wieder das Gesetz eines Menschen steht oder eine wie auch immer von ihm naturwissenschaftlich konstruierte Selbstorganisation. Aber alle Menschen scheinen einverstanden zu sein mit der These, daß es so etwas wie ein Baumeister (ob Natur, Gott, Selbst oder einfach nur ein Prinzip u.s.w.) gewesen sein muß, der als Haupt-Techniker nicht nur alle Schrauben, sondern die Technik überhaupt und alle anderen Techniken so eingestellt hat, daß es das Universum, das Leben und uns Menschen überhaupt geben kann.
Vgl. Wissenschaft
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© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014).