Das
Grundübel unserer Demokratie liegt darin, daß sie keine ist. Das Volk,
der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts zu sagen. Besonders
kraß ist es auf der Bundesebene entmündigt, obwohl gerade dort die wichtigsten
politischen Entscheidungen fallen.Hans
Herbert von Arnim, Staat ohne Diener, 1993, S. 335 |
Es
gilt als ganz normal und selbstverständlich, daß ein Abgeordneter neben
seinem Einkommen, das er vom Steuerzahler bezieht, auch noch Einkommen von an
der Gesetzgebung interessierten Unternehmen oder Verbänden bezieht, sich
also quasi in die bezahlten Dienste eines Lobbyisten begibt, das gilt als ganz
normal, obwohl es eigentlich ein Skandal ist.Hans
Herbert von Arnim, Das System - Die Machenschaften der Macht, 2001 |
Wenn
ein Politiker sich in die Dienste eines Interessenten begibt, sich von ihm bezahlen
läßt, manchmal sehr hoch, ist das für mich eine Form der Korruption.Hans
Herbert von Arnim, Das System - Die Machenschaften der Macht, 2001 |
Das
ständige Patt zwischen Bundesrat und Bundestag sorgt heute für ein extremes
Übergewicht der organisierten Interessen, die nur die Opposition für
sich gewinnen müssen, um jede Reform zu blockieren. Das ist ein wunderbarer
Nährboden für Lobbyisten.Hans
Herbert von Arnim, Das System - Die Machenschaften der Macht, 2001 |
Das
Grundübel unserer Demokratie liegt darin, daß sie keine ist. Das Volk,
der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts zu sagen.Hans
Herbert von Arnim, Das System - Die Machenschaften der Macht, 2001 |
Jeder
Deutsche hat die Freiheit, Gesetzen zu gehorchen, denen er niemals zugestimmt
hat; er darf die Erhabenheit des Grundgesetzes bewundern, dessen Geltung er nie
legitimiert hat; er ist frei, Politikern zu huldigen, die kein Bürger je
gewählt hat, und sie üppig zu versorgen mit seinen Steuergeldern,
über deren Verwendung er niemals befragt wurde. Insgesamt sind Staat und
Politik in einem Zustand, von dem nur noch Berufsoptimisten oder Heuchler behaupten
können, er sei aus dem Willen der Bürger hervorgegangen.Hans
Herbert von Arnim, Das System - Die Machenschaften der Macht, 2001 |
Wenn
ein Politiker sich in die Dienste eines Interessenten begibt, sich von ihm bezahlen
läßt, manchmal sehr hoch, ist das für mich eine Form der Korruption.Hans
Herbert von Arnim, in: Kontraste, 1. August 2002 |
Wir
haben jetzt eine Situation, die wir uns schlechter gar nicht vorstellen können,
und die ist systembedingt.Hans
Herbert von Arnim, im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, 19,05.2005 |
In
Wahrheit fehlt dem Grundgesetz selbst die erforderliche demokratische Legitimation.
Die sogenannte bundesdeutsche Volkssouveränität ist ein ideologisch
verbrämtes Traumgebilde.Hans
Herbert von Arnim, Die Deutschlandakte , 2008, S. 16 |
Ein
Land mit Volksparteien ohne Volk.Hans
Herbert von Arnim, in: Mannheimer Morgen, 03.07.2008, S. 4 |
Über
die Geltung des Grundgesetzes konnten wir Deutschen nie entscheiden. Und von einer
Wahl der Abgeordneten durch die Bürger, frei und unmittelbar, wie es das
Grundgesetz verheißt, kann erst recht nicht die Rede sein. Bei uns bestimmen
die Parteien, welche Personen ins Parlament kommen. Wen sie in sicheren Wahlkreisen
aufstellen oder auf sichere Listenplätze setzen, der ist lange vor der Wahl
bereits gewählt.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 14 |
Dennoch
nennen Verteidiger des Status quo wie Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse
unsere Kombination von Erst- und Zweitstimmen »fair und gerecht«.
Dazu ein Beispiel: Im Bundestagswahlkreis Hamm-Unna II, einem sicheren Wahlkreis
der SPD, verlieren Laurenz Meyer (CDU) und Jörg van Essen (FDP) regelmäßig
gegen Dieter Wiefelspütz. Das tut ihnen aber gar nicht weh, weil sie auf
den Listen ihrer Parteien abgesichert sind und deshalb von vornherein feststeht,
daß alle drei in den Bundestag einziehen. Wie in Hunderten anderer Wahlkreise
ist der heftige Wahlkampf in Hamm-Unna II nur ein Scheingefecht, das über
die wahre Natur unseres Wahlsystems hinwegtäuschen soll.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 14 |
Innerhalb
der Parteien ziehen wiederum die Berufspolitiker ihre Strippen. Parteifunktionen
und kommunale Ämter, an denen Parlamentsabgeordnete wohlweislich auch auf
regionaler und lokaler Ebene festhalten, erleichtern dies. Dem Bürger aber
bleibt bei der scheinbaren Volkswahl nichts übrig, als das längst Entschiedene
formal abzunicken. Die politische Klasse hat die totale Entmündigung der
Bürger im eigenen Interesse fabriziert, und Politiker wie Thierse suchen
das hinter vollmundigen Formeln zu camouflieren.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 14 |
Welche Wirkung
seine für eine Partei abgegebene Zweitstimme auf die Mehrheitsbildung hat,
kann der Bürger meist ohnehin nicht abschätzen. Regierungen kommen bei
uns durch Koalitionen zustande aber erst nach der Wahl. Dies verlangt,
seitdem die Linke auch im Westen in die Parlamente einzieht, wenn es nicht zur
Großen Koalition kommt, immer häufiger drei Parteien. Dann will jede
Partei erst mal ihre Klientel bedienen, so daß allgemeine Belange leicht
auf der Strecke bleiben.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 14 |
Zusätzlich
ergibt sich ein ... Dilemma: Entweder machen die Parteien vor der Wahl eine Koalitionsaussage.
Dann drohen nach der Wahl hessische Verhältnisse. Oder sie halten sich alles
offen. Dann wissen die Wähler nicht, was aus ihrer Stimme wird. Das Dilemma
verschärft sich noch, weil im Bundesrat oft die Opposition dominiert. Stimmt
sie einer Vorlage der Regierung zu, sind alle Parteien beteiligt, so daß
der Wähler erst recht niemanden für die Entscheidung verantwortlich
machen kann. Sagt die Opposition aber Nein, droht wieder die Blockade. Und diese
Gefahr wächst, weil Enthaltungen in der Länderkammer als Nein gewertet
werden. In Fünfparteiensystemen werden Enthaltungen, weil die Koalitionäre
einer Landesregierung sich nicht einigen können, immer wahrscheinlicher.
Wie aber soll ein Kanzler da noch Charisma entwickeln und die Bürger für
notwendige Weichenstellungen begeistern, wenn er befürchten muß, spätestens
im Bundesrat demontiert zu werden? Die Lähmung der Politik ist programmiert.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 14-15 |
Wenn
Demokratie Herrschaft durch das Volk und für das Volk ist, haben wir in Wahrheit
keine.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 15 |
Berufspolitiker
legen über die Fraktionsgrenzen hinweg nicht nur ihre finanzielle Ausstattung,
sondern ihren gesamten Status selbst fest. Sie entscheiden in eigener Sache über
die Regeln des Machterwerbs und Machterhalts, über das Wahlrecht und die
Politikfinanzierung und über die Verfassung insgesamt, ohne daß
sie dafür noch zur Verantwortung gezogen werden können. Damit hat sich
die Willensbildung verkehrt. Die politische Klasse hat die Souveränität
usurpiert, und das Volk wird durch wohlfeile Formeln darüber hinweggetröstet.
Die Täuschung gelingt zwar nicht immer und schon gar nicht auf Dauer, sie
trägt aber umso mehr zur allgemeinen Verdrossenheit bei. Hier liegen Gründe
für den Rückgang der Wahlbeteiligung sowie den massiven Mitglieder-
und Vertrauensschwund der Parteien.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 15 |
Das eigentliche
Problem ist die Reformresistenz der politischen Klasse in eigener Sache, die ihre
Allmacht nicht teilen will, erst recht nicht mit dem Volk selbst. Die Beseitigung
der starren Wahllisten zum Beispiel hatte die Enquete-Kommission Verfassungsreform
bereits 1976 empfohlen, und Prominente wie die Verfassungsgerichtspräsidenten
Roman Herzog und Hans-Jürgen Papier wiederholen den Vorschlag in periodischen
Abständen. Doch dazu kam es bisher ebenso wenig wie zur Einführung von
Vorwahlen in Wahlkreisen, die Franz Müntefering vorgeschlagen hatte.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 15 |
Nachdem
das Bundesverfassungsgericht im Juli das Bundeswahlgesetz für verfassungswidrig
erklärt hat, wäre jetzt Gelegenheit für eine durchgreifende Reform,
die die Parteien auf ihre grundgesetzliche Position, an der politischen Willensbildung
des Volkes nur mitzuwirken, zurückführt und die grundgesetzliche Verheißung
der Wahl der Abgeordneten durch das Volk erfüllt. Doch auch dieses Mal ist
Skepsis angezeigt. Eine solche Reform läßt sich wohl nur durch Volksbegehren
und Volksentscheid erreichen. Das bestätigen Volksgesetzgebungsverfahren
in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern. Mittels direkter
Demokratie ließe sich auch Volkssouveränität herstellen. Könnten
die Bürger durch Volksbegehren und -entscheid das Grundgesetz ändern,
könnte das Nichtgebrauchmachen von dieser Möglichkeit mit einigem Recht
als Einverständnis mit der bestehenden Verfassung interpretiert werden. Doch
gerade in der beabsichtigten Relativierung der Macht der politischen Klasse dürfte
der tiefere Grund liegen, warum man sich im Bund gegen die Einführung direktdemokratischer
Verfahren sträubt, obwohl sich in der Koalitionsvereinbarung ein dahingehender
Passus findet. Letztlich helfen nur öffentliche Aufklärung über
die wahren politischen Verhältnisse und größter öffentlicher
Druck.Hans
Herbert von Arnim, Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig Demokratie,
in: Cicero, August 2008, S. 15 |
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