Der
Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim hat einmal ausgerechnet, daß es
in Deutschland ungefähr 17000 Personen sind, die dem parteienübergreifenden
Kartell der Postenverteilung angehören. Diese Berufspolitiker und Berufsfunktionäre
verdanken ihr Fortkommen nicht ihrem Einsatz für Bürgerinteressen und
auch nicht dem Vertrauen der Parteimitglieder an der Basis, sondern fast ausschließlich
dem Wohlwollen der Apparatschiks, von denen sie zur Nominierung vorgeschlagen
werden.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 182 |
Vier
von fünf Bundesbürgern trauen heute dem politsichen Führungspersonal
in Deutschland nicht mehr über den Weg.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 185 |
Unsere
Volksvertreter sind in voreilender Ungewißheit, inwieweit die Bedingung
noch ihr Handeln bestimmen sollte, in große Verlegenheit geraten. (Aber
das steht nicht in Frage. Einen anderen verpflichtenden Verfassungsrahmen haben
sie nicht.) Man akzeptiere also, was sich von selbst versteht: Die reale, die
repräsentative Demokratie steht auf dem Sockel des Nationalstaats und kann
sich nirgendwo sonst entfalten.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 195 |
Zum
nominellen Wirtschaftswachstum der Vereinigten Staaten trägt wesentlich die
Schuldenaufnahme bei, im Jahr 2005 zu mehr als 60 Prozent.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 220-221 |
Es
war einmal ein Philosoph in Königsberg, der das Streben nach »ewigem
Frieden« zum vernunftgemäßen Ideal jeder Politik erklärte
und im selben Denkschritt dem ewigen Scheitern verschwisterte. Mit »einer
ins Unendliche fortschreitenden Annäherung« an den Frieden zwischen
den Staaten (Kant) wollten sich die Pazifisten aber nicht zufriedengeben.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 222 |
Es
war einmal eine aufblühende Weltamcht, die ihre Ordnungsidee ... der ganzen
Welt zur Teilhabe anbot. Diese Weltordnung erhielt Konturen durch den letzten
großen Feind, der ihrer Verwirklichung entgegenstand, das Deutsche Reich.
Im Kampf gegen den Feind ging die »Friedensmacht« mit der Sowjetunion
ein Zweckbündnis ein. Der Sowjetunion ermöglichte das Bündnis den
Aufstieg zum eurasischen Imperium. Nachdem der Feind überwunden war, identifizierten
die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion die Möglichkeit eines universellen
Friedens .... Zwei Jahre später (1947) wurde erwartungsgemäß der
Anbruch der Friedensära noch einmal aufgeschoben bis zur Überwindung
des jeweiligen Widersachers und zur Beendigung des Kalten Krieges.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 223 |
Die
ökonomisierte Zivilgesellschaft ist von der Barbarei immer nur einen Kurzschluß
entfernt.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 234-235 |
Die
bevorstehende Wirtschaftskrise sei die bestprognostizierte der Welt, versichert
Gabor Steingart. Nichts hindere die Finanzinvestoren daran, mit dem Dollar ähnlich
zu verfahren wie mit den Aktien der New Economy - außer der Angst,
zusammen mit dem Dollar unterzugehen. Aber dieselbe Angst werde sie irgendwann,
morgen oder in zehn Jahren, aus dem Dollar fliehen lassen, erklärt Steingart.
Dann werde die USA in die schwerste Krise ihrer Geschichte stürzen.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 237 |
Was
wäre auf längere Sicht verhängnisvoller für Nordamerika: daß
der Crash tatsächlich kommt oder daß er ausbleibt?Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 238 |
Die
Alternative zum schrecklichen Zusammenbruch wäre eine langsame und nicht
endende Selbststrangulation der parasitären us-amerikanischen Wirtschaft.
Diese Strangulation würde sich auf zwei Ebenen vollziehen. Zum einen: Regierung
und Notenbank müssen zu immer rigoroseren Mitteln greifen, um den Kollaps
abzuwenden. Sie müssen, kurz gesagt, die Ausbreitung von Zuständen,
wie sie in Entwicklungsländern herrschen, im eigenen Land ertragen: weite
Landstriche der ökonomischen Verwüstung überlassen, um wenige »Inseln«
hoher Produktivität und Rentabilität zu erhalten, wachsende Teile der
Mittelklasse, der Industriearbeiter, der Selbständigen und kleinen Unternehmer
an die Armutsgrenze drängen und per Kreditverweigerung gegenüber bestimmten
Investorengruppen immer wieder eine begrenzte Kapitalvernichtung in Kauf nehmen,
um die Masse des liquiden Kapitals zu retten.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 239 |
Vernichtungskonkurrenz
und wechselseitige Isolierung und Entfremdung der größten Bevölkerungsgruppen
(über das bereits bestehende hohe Maß hinaus) wären dann konstante
Merkmale der us-amerikanischen Gesellschaft.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 239 |
Armut
und Gewalt haben in den Vereinigten Staaten eine lange Geschichte, nicht jedoch
die Hoffnungslosigkeit. Wie widerstandsfähig in globalen Krisen wäre
dieses Land mit einer rasch anschwellenden Klasse ökonomisch Überflüssiger
ohne Zukunftsperspektive?Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 239 |
Zum
anderen treibt eine Fortsetzung der abenteuerlichen Verschuldungs- und Importwirtschaft
die US-Amerikaner in die Abhängigkeit von einer Macht, der sie nicht vertrauen
dürfen. Eine Zahlungsbilanzkrise der Vereinigten Staaten könnte schon
heute von außen erzwungen, der us-amerikanische Geldkreislauf schon »heute
von außen zum Kollabieren gebracht werden«. »Von außen«
bedeutet: von Europa und Rußland und Brasilien und den arabischen Golfstaaten
und Indien. In erster Linie aber bedeutet es: von China, jener wirtschaftlichen
und militärischen Zukunftsgröße, die unter rücksichtsloser
Ausnutzung der Leidensfähigkeit ihrer Bevölkerung darauf hinarbeitet,
den Vereinigten Staaten auf dem Weltmarkt den Rang abzulaufen.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 239 |
So
wie heute Politik der Vorwand für Finanzwirtschaft ist, wird künftig
Wirtschaft der Vorwand für Machtpolitik sein.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 245 |
Irgendwann
werden die Regionalmächte ihre Währung auf die eine oder andere Weise
vom Dollar abkoppeln, ihre Devisenreserven umwidmen und der Welt bzw. ihrem Subkontinent
eine eigene finanzwirtschaftliche Offerte machen. Aber wann?Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 246 |
Bekanntlich
neigen Gesellschaften mit rasch wachsender Bevölkerung dazu, auf Territorien
mit stagnierender oder schrumpfender Bevölkerung Druck auszuüben.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 256 |
Die
oben gebrauchte Wendung »Druck ausüben« kann präzisiert
werden mit: in asiatische Nachbarländer und nach Europa auswandern, sich
dort Geltung verschaffen, soziale Erniedrigung durch aggressive Forderungen wettmachen.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 257 |
Der
Begriff der »Exzentrizität« meint ein »Abweichen vom Mittelpunkt«
bzw. einen »Abstand vom Mittelpunkt«. Exzentrisch zu sein, setzt somit
einen Mittelpunkt voraus. .... Die exzentrisch denkenden und handelnden Europäer
waren in besonderem Maße auf Europas Zentrum angewiesen. Denn je
entschiedener sie sich ihrer Exzentrizität hingaben, desto sicherer mußten
sie sein, etwas zu besitzen, das durch ihr Ausschweifen und Hinwegschweifen nicht
beseitigt (sondern sogar bestätigt) werden würde. Etwas fraglos Europäisches.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 278 |
Dieses
fraglose Zentrum, diese fraglose Ortsbezogenheit der Europäer war das
Politische.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 279 |
Selbstkritik
stärkt den aufgeklärten Westen, denn die Kritik - nach dem Gleichheitsprinzip
- ist sein Lebenselexier.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 288 |
Wenn
heute aus der Konferenz der europäischen Regierungschefs verlautet, »der
Mensch« stehe im Mittelpunkt, ist das eine Meldung vom Fehlen des Mittelpunkts.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 288 |
Demzufolge
muß der Mensch irgendwo anders sein, nur eben nicht dort, wo er als fester
Bestand herbeizitiert wird. Er taugt nämlich nicht dazu, Europa zu ersetzen.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 288 |
Erklärlich
ist das nur unter der Voraussetzung, daß Europa zu keiner gemeinsamen Anstrengung
gedrängt wird und ihm seine eigene Zukunft gleichgültig ist, bis hin
zur Kinderlosigkeit.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 291 |
Europa?
Die Verwendung dieses Namens täuscht ein politisch handlungsfähiges
Gebilde vor. Dieses Europa existiert nicht.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 293 |
Sofern
die Europäische Union mehr ist als eine Bastelei an Notlösungen für
nationale Eifersüchteleien, verdankt sie es den grenzübergreifenden
Strategien der großen Konzerne.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 294 |
Zuvorkommend
sorgt die Wirtschaft für Politikersatz.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 294 |
Wenn
eine Projektgruppe ermittelt hat, was der europäischen Wirtschaft bzw. den
auf den europäischen Märkten operierenden Konzernen frommt, könnte
man doch - so sieht es die Bertelsmann-Stftung - das Richtige direkt. auf kurzem
Weg, in die EU herunterladen, eine »europäische« Privatarmee,
eine private Union, eine private Politik. Geschichte, Völker, politischer
Wille stören nur.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 295 |
Europas
Gedächtnis ist stillgelegt, aufgelöst, aber darum nicht tot.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 295 |
Was
wird geschehen, wenn die Vereinigten Staaten militärisch und wirtschaftlich
weiter in die Defensive geraten und die Nationalstaaten der EU anläßlich
eines Zwischenfalls bemerken, daß sie sich selbst überlassen sind? ....
Die nie politisch überwundenen innereuropäischen Rivalitäten würden
sich dann in einer Atmosophäre begründeten Mißtrauens neu und
heftig entzünden. »Also doch.«Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 303 |
Das
unersättliche und apolitische Europa verliert sich in der Welt als Ort.
Von diesem Nicht-Ort zurückzukehren, liegt nicht in seiner Macht.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 304 |
Was
Europa ist, erfahren die Europäer nicht mehr dadurch, daß sie in sich
gehen. Denn in einem unterscheidenden Sinne ist Europa nicht. Die Chance
auf einem gemeinsamen Platz ... würden die europäischen Länder
erst dann erhalten, wenn ihnen ungefragt und gegen ihren Willen etwas zustieße.Frank
Böckelmann, Die Welt als Ort, 2007, S. 305 |
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