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Bush odre Papst
George Walker Bush
(* 06.07.1946
)
Republikaner und WASP
(WEISS, ANGEL-SÄCHSISCH, PROTESTANTISCH)

- 20.01.2001) Ernennung zum 43. Präsidenten der USA Präsidenten der USA

George W. Bush ist ein Anhänger der „fundamentalistischen“ Bibel-Auslegung. Er gehört zu den „Wiedergeborenen“. Seine sündigen Jugendjahre, seine frühen alkoholischen Exzesse macht er durch betonte religiöse Militanz wett. Wie us-amerikanische Psychotherapeuten „feststellten“, ist der Präsident von der von Gott gewollten Mission der USA durchdrungen, empfindet sich als „Führer“ eines auserwählten Volkes und könnte ohne Umschweife als „Gotteskrieger im Namen der Freiheit“ definiert werden. Also sammelt sich nicht nur im islamischen Orient die dort so genannte „Hizbullah“, auch in den USA beansprucht nämlich eine fundamentalistisch-christliche „Partei Gottes“ die Lenkung des Weltgeschehens. Dabei und vor allem im Herzen der Macht spielt die geheimnisvolle Gemeinde der „Neokonservativen“ eine große Rolle, denn deren Einfluß auf die Gestaltung us-amerikanischer Diplomatie und Strategie ist enorm. Als Ausgangspunkt ihrer Ideologie wählte diese konspirative Gruppe offenbar die Thesen des Politologen Francis Fukuyama (*1952; vgl. The End of History and the Last Man, 1992Fukuyama). Fukuyma erblickte nämlich in der globalen Verwirklichung des us-amerikanischen Demokratiekonzepts und einer ungehemmten Marktwirtschaft den idealen Zustand der „Menschheit“ (vgl. Globalismus22-24) und verkündete in der Zeit von etwa 1989 bis 2001 schon mal so das „Ende der Geschichte“ (??BeispielSingularitätModerneDie Geschichte ist nicht zu Ende!Neu-/Nachgeschichte) .

„Im Schatten des griechisch-römischen Kulturerbes, dem sich Europa zusehends entfremdet, klingt die These des (us-)amerikanischen Professors Francis Fukuyama vom »Ende der Geschichte« wie ein törichter Frevel.“ Das schrieb Peter Scholl-Latour 2004! (Scholl-Latour). „Nicht Demokratie und Marktwirtschaft haben sich inzwischen weltweit und segensreich ausgeweitet, sondern der Terrorismus wurde »globalisiert« (Globalismus-Terror), und seine blinde Bekämpfung trägt nachdrücklich dazu bei.“ (Westlicher Terror). Fukuyamas „Ende der Geschichte“ und Huntingtons „Kampf der Kulturen“ (Huntington) sind nicht zufällig diametral entgegengesetzte Thesen. Fukuyamas These war „von Anfang an absurd. Die weltweite Ausbreitung der parlamentarischen Demokratie us-amerikanischen Modells und einer ungehemmten Marktwirtschaft würden der Menschheit einen endgültigen Zustand des Wohlergehens und der Harmonie bescheren. (USA-Modell). Damit würde der Schlußstrich gezogen unter die veralteten Antagonismen. So etwa läßt sich Fukuyamas Vorstellung vom »End of History« resümieren“, meint Peter Scholl-Latour, der außerdem noch bemerkt, daß Peter Sloterdijk „den Satz prägte: »Durch Nation Building bekommt man bestenfalls demokratisch kaschierte Diktaturen mit Marktwirtschaft«. Ich hätte hinzugefügt: im Dienste der Marktwirtschaft.“ (Scholl-Latour). Jedenfalls wurde Fukuyamas „Vision durch den Gang der Ereignisse längst widerlegt. An deren Stelle hat sich eine andere Philosophie bei den »Neo-Cons« durchgesetzt, die sich auf den aus Deutschland emigrierten jüdischen Lehrmeister Leo Strauss bezieht. Darüber ist inzwischen viel geschrieben worden. Es besteht nämlich ein flagranter Widerspruch zwischen den elitären Ansprüchen, die der Professor aufzeichnet, und der einfaltigen, trivialen Bibelgläubigkeit des gewöhnlichen Evangelikaners. Bei einem gesellschaftlichen Treffen ... bin ich auf Walter Miller gestoßen, den Mitarbeiter einer jener großen us-amerikanischen Institute, die sich mit Meinungsforschung und Meinungsbeeinflussung beschäftigen. Miller gab sich ganz offen als Anhänger der neokonservativen Schule zu erkennen und ließ sogar den Bezug auf Leo Strauss gelten. Er ... vertrat einen theologisch anmutenden Eifer beim Vortrag seiner Überzeugungen, wie er bei Konvertiten oft anzutreffen ist.
»Was bedeutet denn eigentlich die neokonservative Doktrin?«
fragte ich ihn rundheraus. Das war offenbar gar nicht so einfach zu erklären. Als Vorläufer wurden mir sowohl Theodore Roosevelt als auch Woodrow Wilson genannt, obwohl mir die beiden Präsidenten der USA bislang als extrem unterschiedliche Typen erschienen waren. Theodore Roosevelt, der 1898 für den Krieg gegen Spanien plädiert hatte, der ohne Umschweife Kuba und die Philippinen der amerikanischen Einflußzone einverleibte, hatte sich als »Rough Rider« einen Namen gemacht. Er ist als imperial veranlagter Realpolitiker in die Geschichte eingegangen. Die heutige US-Administration, die viel zu oft und viel zu dröhnend mit ihren Erklärungen herauskommt, täte gut daran, sich den ersten Teil der außenpolitischen Maxime Theodore Roosevelts zu Herzen zu nehmen: »Speak softly and carry a big stick - sprich leise, und habe stets einen dicken Knüppel zur Hand !« Woodrow Wilson hingegen, der die Vereinigten Staaten 1917 in die Koalition gegen Deutschland einbrachte, war - daran gemessen - ein versponnener Moralist. Aber auch er träumte, vielleicht in umfassenderem Maße noch als Teddy Roosevelt, von einer universalen Mission der USA. Seine Abkehr vom überlieferten Isolationismus Amerikas begründete er mit einem weltverbesserischen, utopischen Anspruch, der sich auf die Grundprinzipien von »God's Own Country« berief. Wilson hatte sein Programm in vierzehn Punkten niedergelegt, was den damaligen französischen Regierungschef Georges Clemenceau zu der spöttischen Äußerung veranlaßte, Gott selbst habe sich doch mit nur zehn Geboten zufriedengegeben. Auf Betreiben dieses kontaktarmen Idealisten wurde der Völkerbund gegründet, dem die USA - was bezeichnend ist für das Scheitern der damaligen Politik - niemals beitrat.“ (Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 52-53Scholl-Latour).

Der Clan der US-Neokonservativen stützt sich, so vermutet Scholl-Latour, auf ein Gedankengut, das „bei den »alten Europäern« (Altes und neues Europa) ein gewisses Unbehagen verursacht. Während die Religion im protestantischen Selbstverständnis der us-amerikanischen Frömmigkeit die unentbehrliche Grundlage für den Zusammenhalt des Staates ist, ja gelegentlich als »unerläßliches Opium« für das Volk bezeichnet wird, bewegt sich die erlauchte Führungselite auf einem ganz anderen Niveau. Ihr Anspruch läuft nicht darauf hinaus, der Masse der Bürger eine wirklichkeitsbezogene Wahrheit zu vermitteln, sondern sie kann auf »fromme Lügen« zurückgreifen. Die Manipulation der öffentlichen Meinung wird damit zur Regierungsdoktrin erhoben. Diesem Schema entspricht wohl die systematische Desinformationspolitik, deren sich die Bush-Administration gegenüber der eigenen Bevölkerung und den engsten Verbündeten bedient. Auf Plato (Platon) und auf Nietzsche () beziehen sich angeblich Theorie und Praxis der »Neo-Cons«, und damit kommen düstere Erinnerungen hoch. Den Streit zwischen diesen neuen »maltres-penseurs« und den als unpatriotisch abgestempelten »Liberalen« alten Schlages verglich ich beim Gespräch mit dem endlosen Disput, den im »Zauberberg« (Thomas Mann) der jüdische Jesuit Naphta mit dem italienischen »Progressisten« Settembrini führt. Aber Walter Miller (Walter Miller) hat Thomas Mann nicht gelesen. Er gab mir hingegen den Rat, zum besseren Verständnis der neuen Mentalität Amerikas einen Essay zu beachten, den der bekannte Journalist Robert D. Kaplan in »The Atlantic Monthly« veröffentlicht hat und der in Deutschland von der »Welt« übernommen wurde. Das Gespräch mit Miller war trotz unserer unterschiedlichen Meinungen höflich und zivilisiert verlaufen, ähnlich übrigens wie meine anderen gelegentlichen Kontakte mit engagierten amerikanischen Anhängern der »Bush-Doktrin«.“ (Scholl-LatourBush-Doktrin). Unter anderem heißt es bei R. D. Kaplan: „»Da Kriege immer unkonventioneller und asymmetrischer werden und das Überraschungsmoment immer mehr an Bedeutung gewinnt, wird immer weniger Zeit für demokratische Beratungen sein, weder mit dem Kongreß noch mit den Vereinten Nationen. Statt dessen werden die zivil-militärischen Eliten in Washington und anderswo blitzschnelle Entscheidungen fällen müssen. Unter solchen Umständen wird die Zustimmung der internationalen Gemeinschaft allmählich an Bedeutung verlieren, selbst wenn alle feierlich das Gegenteil behaupten.« Das Vorgehen der USA auf den Philippinen nach ihrem Sieg über Spanien im Jahr 1898 wird von Kaplan als »eine der erfolgreichsten Niederschlagungen eines Aufstandes durch eine westliche Macht in moderner Zeit« gewertet. Weiß der Autor, daß die US Marines damals unter General Pershing, »Blackjack« genannt, hundertfünfzigtausend überwiegend muslimische Filipinos massakrierten mit dem Ergebnis, daß die Rebellion dieser »Moros« bis auf den heutigen Tag andauert?  Ich zähle weitere Grundsätze der neokonservativen Ideologie auf: »Weil die Folgen eines Angriffs von Massenvernichtungswaffen so katastrophal sind«, schreibt Kaplan, »werden die Vereinigten Staaten immer wieder einmal trotz eingeschränkter Erkenntnislage zu Präventivschlägen gezwungen sein. Dadurch sind unsere Aktionen den Angriffen der Journalisten ausgesetzt, ganz zu schweigen von Millionen Demonstranten, die ihre Proteste in wachsendem Maße weltweit koordinieren können. .... Die beste Informationsstrategie besteht ohnehin darin, Konfrontationen zu vermeiden, die die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und das Interesse der Öffentlichkeit möglichst weit zu streuen. Wir können die Welt nur in aller Stille beherrschen, sozusagen bei ausgeschalteter Kamera. Militärische Auseinandersetzungen in Kolumbien, auf den Philippinen, Nepal und anderen Orten könnten sehr wohl insgeheim stattfinden.« Wir nähern uns dem Höhepunkt. »Der Imperialismus in der Antike war eine Spielart des Isolationismus: Der Anspruch auf absolute Sicherheit im eigenen Land führte zu dem Versuch, die Welt um sich herum zu dominieren. Dieses Modell eines heidnisch-römischen Imperialismus steht im scharfen Gegensatz zum altruistischen victorianischen Beispiel, das sich etwa im Ausspruch von Premierminister William Gladstone zeigt, nach dem die »Unantastbarkeit des Lebens in den Bergdörfern Afghanistans« geachtet werden müsse. Wir Amerikaner sind von Natur aus große Idealisten. Und doch sind wir zugleich im Interesse der nationalen Sicherheit gezwungen, unsere Außenpolitik heidnischer zu gestalten.«“ (Scholl-Latour). Mehr dazu:

Man darf übrigens auch nicht vergessen, daß unter den modernen Ländern die USA das einzige Land sind, das bis heute nicht den Weg in den Vorsorge- und Versicherungsstaat eingeschlagen hat, und zwar „mit dem Effekt, daß in ihnen die Religion, allgemeiner gesprochen, die »fundamentalistische Disposition«, eine für die Moderne atypische Bedeutsamkeit behielt ....“ (Sloterdijk). Weil die USA die modernen Religionsauflösungen nicht mitgemacht haben und auch ihren Bürgern nie die Schußwaffen abgenommen haben, folgert Peter Sloterdijk, so bleiben für sie Immunität und Sicherheit in erster Linie Konstruktionen, die im Imaginären der Einzelnen vollzogen werden müssen.

Seit die zunehmenden Massen us-amerikanischer Gläubiger sich „eine sektiererisch intolerante Auslegung der Heiligen Schrift zu eigen machen, der »Bible Belt« sich erweitert, die Gottesdienste sich immer häufiger in ekstatische Happenings verwandeln, steht George W. Bush - über die traditionelle Gefolgschaft der »Grand Old Party« hinaus - eine neue, begeisterte Gefolgschaft zur Verfügung. Die christlichen »Gotteskrieger« haben die Tragödie von »Nine Eleven« (11.09.) als Vorboten der Apokalypse gedeutet (Apokalyptik). .... Präsident Bush kann sich mit Fug und Recht der traditionellen »WASP« zurechnen, »White, Anglo-Saxon, Protestant« (WASPVgl. die Abstammung des Volkes der USAVgl. die Abstammung des Volkes der USA). Aber jede Rassendiskriminierung, das muß zu seiner Ehre betont werden, ist ihm fremd. Unter seinen allerengsten Mitarbeitern befindet sich eine Anzahl Afroamerikaner. Den eben eingebürgerten Neu-Amerikanern - vorzugsweise den »Latinos« - begegnet er mit Wohlwollen und Sympathie. Die Streitkräfte der USA haben überaus positiv zur Integration der unterschiedlichsten Immigranten beigetragen, denen die höchsten Kommandostellen offenstehen.“ (Scholl-Latour). Doch nun zum Kern der Bush-Doktrin:

Den Kern der Bush-Doktrin bilden die Postulate der Neokonservativen. (Vgl. auch: Paul Krugman, New York Times). „Es läuft wohl nicht alles nach Plan, seit die imperialen Projekte im Treibsand der syrischen Wüste steckenblieben. »Dieses sind harte Zeiten für die Architekten der Bush-Doktrin des Unilateralismus und des vorbeugenden Krieges«, schreibt Krugman. Dick Cheney, Donald Rumsfeld und deren Gefolge, die ein neues (us-)amerikanisches Jahrhundert predigen, betrachten den Irak als ein Pilotprojekt, das ihre Sicht der Dinge bestätigen und den Weg frei machen würde für zusätzliche Regime-Wechsel. .... Paul Wolfowitz nahm die Vergabe von Wiederaufbaukontrakten im Irak zum Anlaß, allein den »Willigen« der Koalition einen bescheidenen Teil des Kuchens zuzuteilen. »Im Klartext übersetzt«, so meint Paul Krugman, »können wir andere Nationen bestechen, ihre Soldaten auszuschicken.« Der Präsident hat sich diesen Standpunkt zu eigen gemacht mit der lakonischen Äußerung: »Es ist alles sehr einfach. Unsere Leute riskieren ihr Leben. Freundliche Koalitionspartner riskieren ihr Leben. Die Vergabe von Aufträgen wird dem Rechnung tragen.« »Blood for oil - Blut für Öl«, so lautete der Vorwurf bei den Protestmärschen der Kriegsverweigerer. Ihnen wurde aus Washington erwidert, daß die Kontrolle der weltweiten Energie- und Petroleumversorgung ein durchaus triftiger Grund sei, zu den Waffen zu greifen. Dagegen wäre auch wenig einzuwenden, wenn im Hintergrund nicht die großen Konzerne ihre Profite kassierten. Aber Calvinismus und Kapitalismus wachsen nun einmal auf einem Holz.“ (Scholl-Latour). Und das gilt eben ganz besonders für den Puritanismus in England und Nordamerika, wo man sich durch Gottes unerforschlichen Willen ganz besonders vorherbestimmt sieht: entweder zur Seligkeit (ohne Verdienst!) oder zur Verdammnis (ohne Schuld!). Jeder ist erwählt - also her mit dem Öl! Her damit!


- (Globale Expansion) -
„Mein Land begrüßt die wachsende Einigung Europas und ....“ (es liegt am ÖlÖl)
„daß Amerika und die Europäische Union Sicherheit und Gerechtigkeit anstreben.
Wir sind nicht deshalb hunderte von Kilometern ins Herz des Irak vorgedrungen,
haben nicht deshalb bittere Verluste erlitten und 25 Millionen Menschen befreit,
um vor einer Bande von Gangstern und Attentätern zurückzuweichen. Wir werden
dem irakischen Volk helfen, ... ein friedliches und demokratisches Land aufzubauen.
Indem wir es tun, verteidigen wir unser Volk vor der Gefahr“ (G.W. Bush, 19.11.03).


Den Neo-Konservativen in den USA geht es um das Prinzip des Zusammenseins in einer gemeinsamen Mystifikation bzw. in einem künstlich erzeugten Verblendungszusammenhang, der die Lügner wie die Belogenen vorgeblich zu ihrem eigenen Heil umgreift. (Vgl. Platon, Politeia, III. Buch, 414b-415cd Platon). Denn „die Aktualität des Arguments erweist sich an dem starken Einfluß des politischen Platonikers Leo Strauss auf die US-amerikanischen Neokonservativen, die sich mit ihrem Meister zur Notwendigkeit eines demokratischen Illusionsmanagements durch illusionslose Eliten bekennen.“ (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 287 Sloterdijk). Nicht Vertrag, nicht Gewächs - Annäherung an die Raum-Vielheiten, die bedauerlicherweise Gesellschaften genannt werden - heißt das Übergangskapitel in Sloterdijks 3. Sphären-Band Schäume (Plurale Sphärologie, vgl. a.a.O., S. 261-308Sloterdijk), in dem nicht geleugnet wird, daß Vertragstheorien und Organizismen immer noch aktuell sind, und zwar oft „miteinander, gegeneinander, ineinander verschränkt“. Doch das Interessante daran ist für den Skeptizisten Sloterdijk (Skepsis) natürlich die Skepsis (Skepsis): „Interessant sei jetzt“, so Sloterdijk, „daß beide quasi von Anfang an von einem Unbehagen begleitet wurden, mehr noch, von einer Art Ungläubigkeit gegenüber dem unwahrscheinlichen Zug, der sowohl der kontraktualistischen als auch der holistischen Auskunft anhaftete. Diese Skepsis hat wiederum bei Platon (Platon) erste Spuren hinterlassen: ....“ (Sloterdijk). Mehr dazu: Sloterdijk


„Heute läuft der Westen (das Abendland) Gefahr, daß der »Krieg gegen das Böse«, den
Präsident George W. Bush zur Vernichtung des weltweiten Terrorismus in Gang brachte und
dem keine zeitlichen oder geographischen Grenzen gesetzt sind, zur »Mutter aller Lügen« wird.“
(Peter Scholl-Latour, Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002, S. 9Scholl-Latour).


„Nicht nur der Irakkrieg wurde mit verlogenen Argumenten und Fälschungen vom Zaun gebrochen. Die irreführenden Äußerungen Colin Powells, des bislang hochgeachteten US Secretary of State, im Weltsicherheitsrat, als er die angeblichen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins auflistete, sind noch in aller Gedächtnis, ebenso die absurde Behauptung Tony Blairs, der Irak sei in der Lage, binnen 45 Minuten ein nukleares Inferno zu entfesseln. In Südostasien wurde vierzig Jahre zuvor nicht weniger schamlos getrickst. Es war im Juli 1964. Laut Meldung der US Navy waren us-amerikanische Zerstörer auf offener See von nordvietnamesischen Schnellbooten angegriffen worden, hieß es damals. Darauf stützte sich Präsident Johnson, um die Bombardierung Nordvietnams anzuordnen. Die massive Landung von Bodentruppen folgte ein knappes Jahr später. In Wirklichkeit hatte sich 1964 alles ganz anders zugetragen, wie die 1971 veröffentlichten »Pentagon Papers« eindeutig enthüllen sollten. Der US Destroyer »Maddox«, mit modernstem Abhör- und Spionage-Equipment versehen, kreuzte schon seit Wochen in den nordvietnamesischen Hoheitsgewässern. Als Reaktion auf die militärische Unterstützung, die der Vietcong seit 1960 aus Hanoi erhielt, war Saigon dazu übergegangen, mit Hilfe us-amerikanischer Kriegsschiffe Sabotagekommandos von Rangern und Infiltranten an der Küste abzusetzen. Zwei US-Zerstörer, »Maddox« und »Turner Joy«, befanden sich zur Zeit des Tonking-Golf-Zwischenfalls in unmittelbarer Küstennähe, und eine nennenswerte Gegenwehr der kümmerlichen Kriegsmarine Nordvietnams kam überhaupt nicht in Frage. Das hinderte den US Congress jedoch in keiner Weise, am 10. August 1964 eine Resolution zu verabschieden, die Lyndon B. Johnson den Blankoscheck zur Entfesselung des Krieges ausstellte. Wer nach Parallelen sucht zwischen den beiden US-Engagements in Vietnam 1965 und in Irak 2003, sollte diesen Doppelfall gezielter Desinformation der eigenen öffentlichen Meinung, der eigenen Parlamentarier und des verbündeten Auslandes stets vor Augen haben.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 278Scholl-Latour).

„Für die Partisanenbekämpfung, die »counterinsurgency«, den Krieg gegen den Terror, der neuerdings in so vielen Köpfen spukt und sich zum Alptraum des globalen Imperialanspruchs der USA auswächst, fehlt jedes überzeugende Konzept. Mit den ethischen Vorstellungen der westlichen Welt ist jene grauenhafte Analyse absolut unvereinbar, die ich vor einigen Jahren in einer anonymen arabischen Veröffentlichung entdeckte. »Es gibt nur ein Mittel«, so heißt es da, »den Aufstand eines Volkes zu brechen, das sich um keinen Preis ergeben will. Man muß es ausrotten. Es gibt nur ein Mittel, ein Territorium zu unterwerfen, auf dem sich ein unbeugsamer Widerstand eingenistet hat. Man muß es in eine Wüste verwandeln. Wo diese extremen Methoden - aus welchem Grunde auch immer - nicht angewendet werden können, ist der Krieg verloren.«“  (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 284Scholl-Latour). Was wird Ein-Fünftel der Weltbevölkerung, was wird das Abendland - der Westen - tun?

 

NACH OBEN

Als der ursprünglich vorgegebene geographische Defensiv-Rahmen der NATO (NATO) gesprengt wurde (so als sei die Defensive selbst der Kriegsgegner) und die Expansion in die Steppen und Gebirge Zentralasiens begann, reagierte Deutschland auf diese neue Situation mit einem „Gemisch aus Willfährigkeit gegenüber der traditionellen atlantischen Führungsmacht, mangelndem Verantwortungsgefühl gegenüber den eigenen Soldaten und - trotz vorzüglicher nachrichtendienstlicher Unterrichtung - verbohrter Verkennung der realen Verhältnisse am Hindukusch“, so Scholl-Latour, der sich fragt, wie weit dieser Ritt nach Osten noch gehen soll: „Schon gehört Rußland der »partnership for peace« an. Wird die Bundeswehr eines fernen Tages, wenn die fortschreitende Solidarisierung zwischen Washington und Moskau eine konkrete Bündnisform annimmt, am Ussuri und Amur in Fernost Stellung beziehen und sich in eine gemeinsame Front gegen die chinesische Volksbefreiungsarmee einreihen?  .... Die wirkliche Allianz der Zukunft wird jedoch nicht zwischen Europa und Moskau, sondern zwischen Moskau und Washington geschmiedet werden. Der revolutionäre Islamismus einerseits, die aufsteigende Weltmacht China andererseits, das sind die ... historischen Herausforderungen, denen sich der globale Hegemonialanspruch US-Amerikas und die Überlebensstrategie Rußlands ausgesetzt sehen. .... Der globale Vormachtsanspruch, den George W. Bush vertritt, steuert us-amerikanischen Analysten zufolge unweigerlich auf eine weltweite Konfrontation mit dem revolutionären Islamismus und auf eine Kraftprobe mit der Volksrepublik China zu. In beiden Fällen decken sich die Interessen Rußlands und der USA.“ (Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 18, 19, 24). „Für eine diffuse Gespensterjagd gegen den »internationalen Terrorismus« (Internationaler Terrorismus) wurde das Atlantische Bündnis jedoch nicht erfunden. Die NATO entartet seitdem zum Instrument angelsächsischer Bevormundung und Irreführung. Das war schon - mit Verlaub gesagt - im Kosovo-Krieg gegen Serbien der Fall .... Schon aus geographischen Gründen kann die amerikanische Planung weder auf Deutschland noch Frankreich verzichten. Im extremen Ernstfall, dem die Anrainer des Mittelmeers und des Balkans bedrohlicher ausgesetzt wären als die durch zwei Ozeane geschützten USA, könnte nur von Berlin und Paris jene längst fällige Aufstellung einer europäischen Kernallianz ausgehen, die den Amerikanern als gleichberechtigtre Partner und Entscheidungsträger weit nützlicher wäre als in der Rolle eines unterwürfigen und zwangsläufig verbitterten Vasallen. Selbst das stolze Spanien, das an seinen nordafrikanischen »Presidios« Cëuta und Melilla festhält und in dieser Frage auf eine unvermeidliche Auseinandersetzung mit dem Scherifischen Königreich Marokko zutreibt - der Zwischenfall auf der Petersilieninsel vermittelt einen Vorgeschmack -, wird spätestens zu diesem Zeitpunkt entdecken, daß der Beistand der »vieja Europa« (des »alten Europa«Vgl. Alt-Europa) wichtiger sein kann als das Protektorat der auf fernen Kriegsschauplätzen (Karte) gebundenen »Estados Unidos del Norte«.“ (Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 32, 48Scholl-Latour). Zu der Zeit waren die USA bereits in über 120 Ländern militärisch präsent.

Die neue NATO-Befehlsstruktur ist falsch. Innerhalb ein und derselben Wertegemeinschaft müssen andere Regeln gelten, denn seit Beginn der Globalismus-Phase (vgl. Cäsarismus: 22-24 Uhr 22-24) droht uns ein Krieg zwischen den Kulturen (vgl. Kampf der Kulturen Kampf der Kulturen). Dem Westen (Abendland) kann und darf es demzufolge hauptsächlich nur darum gehen: 1.) keine Angriffskriege zu führen (gegen dieses Gebot haben die USA schon beim Angriff auf Vietnam verstoßen); 2.) den Imperialismus, weil er nicht zu vermeiden ist (Imperialismus), möglichst zu relativieren; 3.) den weiten Vorsprung in Technik (Technik) und Wissenschaft (Wissenschaft) auszubauen (diese Regel muß die heimliche 1. Regel sein); 4.) die Artefakte aller abendländischen Kunst zu schützen, damit dem Volk auch symbolisch deutlich gemacht werden kann, daß die Kultur und nicht nur die private Bereicherung verteidigt wird, denn das Abendland ist die historistischste Kultur von allen, für Abendländer hat alles Historisierende einen besonderen und deshalb vergleichsweise hohen Stellenwert. Eine kulturelle Spaltung aber, wie sie zur Zeit von einigen Imperialisten anvisiert wird, ist die denkbar schlechteste Lösung. „Altes Europa“ (Vgl. Alt-Europa) heißt also nicht nur, daß die USA mit ihrem Spaltungsversuch Europa beherrschen wollen, sondern auch, daß nur eine europäische Kernallianz, ein EU-Kern (EU-Kern) mit Verteidigungsgemeinschaft (NATO-Reform), verhindern kann, daß die USA damit auch Erfolg haben.

In den USA wird das weltweite Hegemonialmonopol besonders von den dortigen Neokonservativen als ein unveräußerliches Postulat angesehen. Noch schafft die Ostasien überlegene Wirtschaft der USA eindeutige Fakten (Wirtschaftsfakten). Die USA-Demographie ist positiv, dagegen die EU-Demographie negativ (Vgl. Tabelle). Die Europäer, so hofft besonders die derzeitige Bush-Administration, lassen sich auf Grund ihrer internen Querelen, die es zu schüren gilt, auf niedrigerem Niveau halten. Aber China könnte mit seinen ca. 1,5 Milliarden Menschen (Vgl. Tabelle) für die USA zum einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten werden. „Die wirtschaftlich-industriellen Fortschritte im Reich der Mitte sind phänomenal, und die dortige Weltraumtechnik ... wäre auch in der Lage, das sakrosankte Territorium der USA mit nuklearbestückten Interkontinentalraketen zu erreichen. .... Würde eine Hegemonialmacht, die in Vietnam versagte, die Torheit begehen, sich zu Lande mit dem gigantischen Drachen am Westrand des Pazifik in einen Kampf auf Leben und Tod einzulassen?  .... Die Zeit arbeitet für dieses neu entstandene, unbesiegbare Imperium, dessen Wirtschaftsmetropole Shanghai weder mit Singapur noch mit Tokio rivalisieren will, sondern mit New York.“ (Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 46-47Scholl-Latour).


„Ich fügte hinzu, daß die Europäer ohnehin wenig Einwirkungsmöglichkeiten auf die Entwicklung im
sogenannten Krieg gegen den Terrororismus besäßen, daß die Amerikaner weltweit das Sagen hätten.
Aber da widerspricht der Afghane heftig. »Ohne die Europäer ist Bush zum Scheitern verurteilt,
hier in Afghanistan wie auch im Irak.« Aber es fehle den Europäern an Selbstbewußtsein.“
(Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand - Bush gegen die Ayatollahs, 2004, S. 82Scholl-Latour).


Und weil der Terrorismus immer schon von zwei Seiten ausgeht,
ist Bushs Formulierung „Krieg gegen den Terrorismus“ unsinnig!


„Der größte Schurkenstaat der Welt sind die USA.“
(Martin van Creveld, in: ZDF-Nachtstudio, 2006).

 

Peter Scholl-Latour war bei einer internationalen Debatte in Berlin im Oktober 2004 ein englischer Kollege aufgefallen, der „das Auseinanderdriften von USA und Europa in letzter Analyse mit dem unterschiedlichen Verhältnis zum christlichen Glauben erklärte. Etwa achtzig Prozent aller US-Bürger suchen jeden Sonntag einen Gottesdienst auf. (80 %). In Frankreich sei die Zahl der regelmäßigen Kirchgänger auf sieben Prozent, in England sogar auf fünf Prozent geschrumpft. Wenn deutsche Beobachter dem »chief executive« der USA vorwerfen, er präsentiere sich als »selbstsicherer Fürst und gleichzeitig als Papst«, so tragen sie dem Umstand Rechnung, daß George W. Bush über eine Allmacht verfügt wie kaum einer seiner Vorgänger. .... Dank der Vorherrschaft der Republikaner im Senat, im Repräsentantenhaus und sogar im Obersten Gerichtshof scheint das vielgerühmte System von »checks and balances« außer Kraft gesetzt, das den Staatschef einer innenpolitischen Kontrolle unterwarf. Man könnte argumentieren, daß sogar im abendländischen Mittelalter weder Papst noch Kaiser eine vergleichbare Verfügungsgewalt besaßen, waren sie doch zu einer bipolaren Auseinandersetzung verurteilt, die der französische Dichter Victor Hugo als Kräftemessen der »beiden Hälften Gottes - les deux moitiés de Dieu« beschreibt. Der patriotische Prediger George Walker Bush stehe lediglich in einer geistigen Kontinuität, die sich auf die us-amerikanische Gründungsidee zurückführen lasse, beteuern seine Apologeten. Fast alle Staatsoberhäupter der USA haben ausdrücklich auf Gottes Schutz und Gottes Hilfe gebaut. Festzuhalten bleibt immerhin, daß George Washington sich 1789 auf »jenes Allmächtige Wesen« berief, »welches über das Universum herrscht«. Diese Ausdrucksweise, ähnlich wie die Formulierungen Jeffersons, entspricht eher der Gedankenwelt europäischer Aufklärer und deren Freimaurerlogen als der holzschnittartigen Bibelfestigkeit jener puritanisch-calvinistischen Pilgerväter, die - wie Max Weber ausführlich dozierte - die göttliche Erwähltheit, die »Prädestination« am materiellen Erfolg der Gläubigen maßen und damit die Grundvorstellungen einer auf Profitdenken ausgerichteten Gesellschaft vorgaben. Im neokonservativen »New Deal«, das der heutige Präsident einläutet, findet diese Geistesrichtung eine zeitgenössische Bekräftigung.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 14-15Scholl-Latour). Und die Prädestination ist, wie schon gesagt, die Vorherbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschlichen Willen: entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit (ohne Verdienst!) oder als Prädamnation zur Verdammnis (ohne Schuld!). Also her mit dem Profit! Her damit!

Verfolgung des Glücks oder Flucht ins Glück

„Der deutsche Filmregisseur Wim Wenders, der sich in den USA zu Hause fühlt, hatte mir ... von seinem jüngsten Film über den derzeitigen Verarmungsprozeß weiter Landesteile erzählt, der unter dem ironischen Titel »Land of plenty - Land des Überflusses« erscheinen würde. Er dokumentiert darin schonungslos das erbärmliche Schicksal der »Underdogs«, und wiederum ist es typisch us-amerikanisch, daß über den schäbigsten Hütten und Wohnwagen stets die Fahne mit den »Stars and Stripes« weht. Aus diesem tristen Milieu stammt wohl auch jene Militärpolizistin Lynndie England, die im Kerker von Abu Ghraib einen nackten gefangenen Iraker wie einen Hund an der Leine führte und die von den Bibel-bezogenen Medien als »Jezabel aus den Appalachen« vorgestellt wurde. Ist der »American dream« (USA), die Zuversicht, daß jedem die Chance zu Reichtum und Glück offensteht, doch nicht erloschen?  Was hat die Gründungsväter überhaupt dazu bewogen, den Begriff »pursuit of happiness« als Elementarforderung in ihrer Verfassung zu verankern?  Ist damit wirklich jene Vorstellung von Glück gemeint, die in Europa geläufig ist und zumindest bei den Katholiken der Alten Welt stets ein bißchen anrüchig klingt?  Oder handelt es sich lediglich um den Erwerb von Reichtum, um materielles Wohlergehen, das mit dem strengen calvinistischen Selbstverständnis durchaus zu vereinbaren wäre?  Da drängt sich der Nietzsche-Satz auf: »Wir haben das Glück erfunden, sagen die letzten Menschen und blinzeln.« Doch die Verachtung des Zarathustra bezöge sich weit treffender auf die in Deutschland beheimatete und hochgefeierte »Spaßgesellschaft«. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat seinerseits für die »pursuit of happiness« eine prägnante Formel gefunden: »Man darf nicht vergessen, daß die USA eine rein eskapistische Nation (Eskapistische USA) darstellen. Die Bevölkerung des Landes besteht überwiegend aus Menschen, die unerfreulichen Verhältnissen entronnen sind, um anderswo neu anzufangen. Das Land selbst beruht auf der Flucht ins Glück.« Ich will hier nicht die Gründe aufzählen, warum John F. Kerry trotz des ständigen Hinweises auf seinen wackeren Kampfeinsatz in Vietnam beinahe zwangsläufig unterliegen mußte gegen einen Mann, der - obwohl er der plutokratischen Oberschicht entstammt - bodenständig wirkte und an die einfachsten Instinkte des Durchschnitts(us-)amerikaners zu appellieren verstand. Sein verhängnisvoller Feldzug in Irak hat ihm bei seinen Landsleuten nicht wirklich schaden können. Im Sommer 2004 waren 70 Prozent von ihnen noch davon überzeugt, daß Saddam Hussein der eigentliche Anstifter für den Anschlag auf New York (und Washington) war. Wie ein liberaler Kollege mir achselzuckend versicherte: »Der normale US Citizen ist der staatlich gesteuerten Desinformation ebenso hilflos ausgeliefert wie unsere Indianer früher dem ›Feuerwasser‹ genannten Alkohol. Man hat das Volk mit Falschmeldungen besoffen gemacht.«“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 36-38Scholl-Latour).

USA im Delirium oder Nation im Glauben

Zur Nation im Glauben meint Klaus Cleber: „Achtzig Prozent der US-Amerikaner bekennen, daß sie an Gott glauben, und sechzig Prozent - mehr als viermal so viele wie in Deutschland - erklären, Religion spiele eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Die Zahlen haben sich in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich verändert. Sie wurden für Wahlkämpfer interessant, als sie sich politisch verwerten ließen, weil sich die öffentliche Debatte immer mehr auf eine schwer faßbare Wertediskussion konzentrierte. In den USA, Heimat für mehr als fünfhundert größere Kirchen, Religionsgemeinschaften und Sekten, wird die politische Richtung nicht so sehr von der Konfession, sondern eher von der Tiefe des Engagements bestimmt. Die angesehene unabhängige Stiftung Pew Research Center (www.pewforum.org) ermittelte, daß sich Traditionalisten in den verschiedensten Glaubensrichtungen, von Wiedergeborenen Evangelikalen bis zu Katholiken, im politischen Leben wesentlich mehr von religiösen Motiven leiten lassen als ihre modernistischen Glaubensbrüder derselben Religion. Dabei sind die Werte unter Traditionalisten bei Evangelikalen (einundachtzig Prozent) am höchsten, bei Katholiken (fünfzig Prozent) am niedrigsten, dort aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie bei modernistischen Evangelikalen (einundzwanzig Prozent). Diese Zahlen zeigen so deutlich wie die Meßgeräte texanischer Ölprospektoren, wo Schätze zu holen sind: ... eine Goldmine, eine Art soziales Edelmetall, das auf die Säuren und Laugen täglicher Nachrichten und Sachdebatten nicht reagiert. Seine Lagerstätten sind am stärksten dort, wo religiöse Werte tief verwurzelt sind. Im Untergeschoß des Weißen Hauses hatte ein gewisser Karl Rove, ein hyperaktiver Mann mit der cherubinischen Ausstrahlung eines eifrigen Vorbeters, das richtige Gespür und die richtigen Werkzeuge, um diesen Schatz zu heben. Entdeckt haben den Schatz allerdings andere, lange vor Rove. Menschen, deren politische Potenz wir Europäer übersehen haben. - Gut sechzehn Jahre vor Bushs Wiederwahl war ich mit meinem Hörfunkkollegen Hermann Vinke im Norden Floridas unterwegs. Der Vorwahlkampf 1988 tobte, es galt, das Erbe Ronald Reagans zu verteilen. George Bush, treuer und geachteter Vizepräsident des konservativen Revolutionärs, bekam nichts geschenkt. Der rechte Flügel der Partei, deren Vorsitzender er auch noch war, machte ihm die Nominierung streitig. Pat Robertson, ein mit allen Wassern gewaschener Fernsehprediger, war damals der Bannerträger der religiösen Rechten unter den Kandidaten. Einem Europäer reicht eine halbe Stunde Robertson-Gottesdienst im Fernsehen, um den Mann aus South Carolina als Spinner abzutun. Da mischen sich ekstatische Jesus-Begeisterung mit dreister Bettelei und wilden, ultrakonservativen politischen Appellen. Aber Robertson hat eine in die Millionen gehende Gefolgschaft, die sich ihre Gehirnwäsche täglich per Fernbedienung ins Haus holte. Und er verfügte aus seinem regen Devotionalienhandel und den ständigen Spendenaktionen über eine gewaltige Datenbank mit Namen, Adressen und Telefonnummern christlich motivierter Konservativer - Bohrsonden in die Goldmine. - David Zachem, der regionale Wahlkampfmanager von Pat Robertson in Tampa, lud Hermann Vinke und mich damals in sein »Labor« ein, zu einem Kurzlehrgang in us-amerikanischer Wahlkampfstrategie. Er hatte nicht die Ausstrahlung eines Missionars, man hätte mit ihm auch die Rolle eines Chefingenieurs in »Raumschiff Enterprise« besetzen können - kühl kalkulierend, präzise formulierend, ein Chefmaschinist der Politik. Eine riesige Karte des Staates Florida bedeckte eine Wand seines Büros. Sie war mit roten und blauen Folien überzogen. »Wenn ihr Amerikaner wärt, würde ich euch das nicht zeigen«, scherzte er, »aber ihr werdet nicht so auf die Einzelheiten achten.« Seine Leute hatten die politischen Neigungen und Interessen der Bürger bis hinunter auf die Ebene von Straßenzügen kartographiert. »Florida besteht im Grunde aus zwei Staaten«, dozierte der Manager. »Hier, in der Mitte, über die Interstate 4, kommen im Herbst und im Frühjahr immer die Reisenden aus dem Mittleren Westen, um Urlaub zu machen, das Training ihres heimischen Baseballteams anzuschauen oder ihre Kinder ins Feriencamp zu bringen. Viele sind hängen geblieben oder im Alter auf Dauer hergezogen. Das sind anständige, christliche, konservative Menschen aus der Gegend der Großen Seen.« Zachem ging zur anderen Seite des Raums. »Dort, im Osten, kommt die Interstate 95 aus Neuengland an. Die bringt ganz andere Leute. Junge Familien aus Boston und New York, Linksliberale, reformierte Juden - bei denen verschwenden wir unsere Zeit. Wir werden Florida von der Mitte aus aufrollen, und wir werden dafür sorgen, daß unsere Botschaft genau an die richtigen Stellen gelangt. Wie ein Laserstrahl. Wir wissen mehr über die Menschen hier als der ganze Apparat der so genannten etablierten Kandidaten. George Bush hat keine Ahnung, was im Land los ist, was den Menschen am Herzen liegt. Wir wissen das bis ins Detail. Darum hat er gegen uns keine Chance. Er wird von uns überrollt, bevor er weiß, was auf ihn zukommt.« Damit öffnete Zachem die Nebentür seines Büros. Dahinter saßen in einer großen Halle fast hundert ältere Menschen, meist Frauen, in Turnschuhen und Freizeitkleidung. Sie steckten Werbematerial in Umschläge und wählten Telefonnummern, die in langen Listen auf den Tischen vor ihnen lagen. »Hallo, ich bin Dorothy von der Pat-Robertson-Mannschaft, und ich wollte mit Ihnen über die Vorwahlen sprechen. Wenn Sie vorhaben, sich zu beteiligen ...« - »Point sheets« mit einschlägigen Argumenten gaben die Richtung der Gespräche vor. Über dem Raum lag das Summen einer gut geölten Maschinerie. Viele hatten ihren Arbeitsplatz mit einem Heiligenbildchen geschmückt, an der Stirnwand des Raumes hing ein gewaltiges Poster mit dem Konterfei des frommen Kandidaten. »Alles Freiwillige«, meinte Zachem, als er die Tür wieder schloß, »kosten uns keinen Cent. Gut so, wir brauchen das Geld nämlich für die Fernsehspots. - «Only in America«, sagten wir, als wir zum Parkplatz des Einkaufszentrums gegenüber zurückgingen. Nur in diesem Land ist es möglich, aus einer überdrehten christlichen Show eine solche Bewegung zu formen, und nur hier kann einer glauben, daß er damit den Vizepräsidenten des erfolgreichen und beliebten Ronald Reagan, dem der gesamte Apparat des Weißen Hauses zur Verfügung steht, aus der Bahn werfen kann. Wir hatten ja keine Ahnung! Sechs Monate später siegt Pat Robertson in den tonangebenden Vorwahlen des Farmstaats Iowa über George Bush sen. Doch das Establishment erkennt die Gefahr und reagiert. Am Ende hatte der Prediger keine Chance. Noch keine. Was wir in Florida gesehen haben, waren die Anfänge einer Bewegung, die sechzehn Jahre später us-amerikanische Politik gestalten sollte, wie wir es nie für möglich gehalten hätten. Sie folgte damals nur dem falschen Mann. Pat Robertson motivierte die Aktivisten und verschreckte die Mitte. Er war ein Wegbereiter, kein Führer. Das religiös-konservative US-Amerika brauchte einen anderen Kandidaten. Der Mann, der diese Rolle einmal spielen sollte, arbeitete damals in bescheidener Stellung im Weißen Haus im Stab seines Vaters. Als die Wahlstrategen der Bush-Kampagne erklären, daß der Vizepräsident ohne die Unterstützung der Evangelikalen keine Chance hat, übernimmt der Sohn die Rolle des Mittlers. Er ist selbst einer von ihnen. George W. Bush wird eigentlich kaum wahr-, geschweige denn ernst genommen. Seine eigenen politischen Versuche sind ebenso gescheitert wie seine geschäftlichen Unternehmungen - bis auf einen Deal mit einem texanischen Baseballteam, mit dem ihm Freunde einen Millionengewinn zugeschanzt hatten. Kaum jemand traute dem Junior damals eine eigene politische Karriere zu, aber er war ein ausgezeichneter Kontaktmann in eine Welt, zu der der Vater keinen Zugang hatte. Er kannte die Denkweise der Evangelikalen, ihre mit Anspielungen auf Bibeltexte gespickte Sprache, er bediente sich mit natürlicher Gelassenheit der Gesten und Symbole, die dort verstanden wurden. Damals hat das niemand so genau beobachtet. Die etablierten Medien von den Fernsehnetworks bis zu den großen Zeitungen hatten weder einen Zugang zu noch Interesse an US-Amerikas Fundamentalisten. Unterhalb des Radarschirms öffentlicher Beobachtung sorgte George W. Bush dafür, daß sein Vater aus diesem Lager das Maß an Zuspruch bekam, das er gegen seinen letzten Rivalen Michael Dukakis brauchte - den Gouverneur von Massachusetts, der anfangs mit großem Vorsprung führte und dann sang- und klanglos unterging, wie das gelegentlich so passiert. Vier Jahre später konnte Bush jr. allerdings nichts mehr für seinen Vater tun. Der brave Familienvater und Verwalter im Weißen Haus hatte kaum etwas geliefert, was die Religiös-Konservativen für ihn hätte begeistern können. Nach vier Jahren erwarteten sie vom Präsidenten mehr als einen Sohn, mit dem sie ersatzweise reden konnten. Sie blieben zu Hause und ließen sich überrollen von den Propheten des Wechsels um Bill Clinton - kein Konservativer, aber ein Charmeur aus dem Süden, der bei Bedarf mit einer Bravour auf der Klaviatur religiöser Signale spielte, die selbst George W. Bush in den Schatten stellt. Bill Clinton war der erste äußere Wegbereiter der Bush-Revolution. .... Hier ist ... wichtig, daß die Spätachtundsechziger und ihr Laisser-faire im Weißen Haus den religiösen Fundamentalisten acht Jahre lang ein Feindbild lieferten, das sie im Wahljahr 2000 für George W. Bush mobilisierte - entscheidend, aber noch nicht in voller Stärke. Viele wählten Bush jr. beim ersten Mal nur, weil er nicht Al Gore war, der »zweite Mann« des verhaßten Bill Clinton. Vier Millionen »wiedergeborene« Christen blieben am Wahltag zu Hause. Einundfünfzig Prozent der Bush-Wähler zweifelten an ihrer eigenen Entscheidung. Bushs Wahlkampfmanager Karl Rove erkannte, daß er diese Reserven 2004 mobilisieren mußte, wollte er dem Sohn liefern, was der Vater verpaßt hatte: eine zweite Amtszeit. Es sollte ihm gelingen, denn er hatte dafür die richtige Stimmung im Land, vor allem den richtigen Kandidaten, den richtigen Gegner und am Ende die richtige Taktik. Nichts davon hat Europa so wahrgenommen, wie es wirklich war. Fast alles hat mit Religion zu tun und wird us-amerikanische Politik bis zum 20. Januar 2009 bestimmen - wenn Bushs Nachfolger eingeschworen wird. Die Allmacht USA hat unter diesem Präsidenten einen Kreuzzug begonnen, der die Welt notfalls mit Waffengewalt sicher machen soll für Demokratie, Freiheit, Kapitalismus und Menschenrechte nach us-amerikanischer Lesart - eines der größten oder größenwahnsinnigsten Projekte der Geschichte. Im Wahlkampf fand darüber fast keine Debatte statt. Für Europäer war das unbegreiflich.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 23-29Kleber).

„Die gnadenlose Generalabrechnung mit George W. Bush, die sich die große Mehrheit der Europäer vom Wahlkampf 2004 erhofft hatte, fand nicht statt. Es gibt einen einfachen Grund dafür: Für John Kerry wäre es politischer Selbstmord gewesen. »Sie rammen uns in Grund und Boden, wenn wir das versuchen«, sagte der wichtigste außenpolitische Berater des Herausforderers im vertraulichen Gespräch. Stan Greenberg, Meinungsforscher der Kerry-Kampagne, zog nach der Niederlage resigniert Bilanz: »Viele Wähler stimmten Kerry zu, wenn man sie auf die Sachfragen ansprach, auf Krankenversicherung, auf die Wirtschaft oder den Irak - und trotzdem wollten sie ihn nicht wählen. Unser Land ist ... so stark polarisiert, daß wir mit unserer Botschaft nicht mehr durchkamen.« (Washington Post, 04.11.2004). USA-Wahlen - Präsidentschaftswahlen zumal - werden sehr viel weniger von Sachfragen bestimmt, als wir uns das in Deutschland vorstellen. Dabei spielt auch eine Rolle, daß der Mann im Weißen Haus weniger als Regierungschef denn als oberster Repräsentant der Nation wahrgenommen wird. Er muß den Ton und die Richtung angeben, um die Details kümmern sich seine leitenden Angestellten im Kabinett. Die historische Erfahrung zeigt ohnehin, daß sich für eine Weltmacht mit ihren globalen Verstrickungen die Prioritäten so schnell ändern können, daß es auf Einzelheiten einer Sachdebatte nicht mehr ankommt. .... Von Kandidaten, die den Wählern ein »Wir-Gefühl« vermitteln, sagen US-Amerikas Meinungsforscher respektvoll: »They poll better than their issues« - sie bekommen bessere Umfrageergebnisse als ihre Sachpositionen. George W. Bush ist ein klassisches Beispiel dafür.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 29-30Kleber).

„John Kerry konnte vielleicht die Fernsehdebatten gewinnen, aber seine Argumente haben diese Wähler nie erreicht. George W. Bush stieß direkt zu ihnen durch. Für sie wie für ihn gehen Grundüberzeugungen vor Fakten, und der Präsident sendete ihnen unausgesetzt Signale, die sagten: »Ich bin einer von euch«. .... Wenn der Präsident (Bush) sich als Privatmann zeigt, schlägt er, mit der Motorsäge in der Hand, einen Pfad durchs Unterholz seiner Ranch, auf die er ehrlich stolz ist - ich erinnere mich gut daran, wie er uns in seinem Flugzeug fröhlich davon erzählte. John Kerry ließ sich auf dem Snowboard und beim Kitesurfen filmen, den trendigsten Sportarten für Sommer und Winter und durchaus respektabel für einen Mann in den Fünfzigern, aber er hätte ebenso gut »Ich bin keiner von euch« an den Himmel schreiben können.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 31, 38Kleber).

BushBush

Man mag von Bush halten, was man will, zweierlei ist jedenfalls sicher: 1.) als Repräsentant eines sehr jungen Landes und dessen Volk repräsentiert er auch dessen Unerfahrenheit, dessen Naivität, die oft mit Optimismus verwechselt wird und aus Sicherheitsgründen lieber Dummheit genannt werden sollte; 2.) im Vergleich zum alten Europa, das auch sogar noch auf seine Dekadenz stolz zu sein scheint, ist im jungen Amerika, vor allem im sehr jungen Nordamerika und hier speziell in den USA der Wille spürbar, westliche (= abendländische) Werte zu verteidigen, weniger trotz als mehr wegen der Unerfahrenheit und Naivität der US-Amerikaner. Dazu gehört auch und gerade ihr kindlicher Glaube an die Auserwähltheit. Ähnlich wie die Römer die Griechen verdrängten, ja Griechenland zu ihrer Provinz machten (146 v. Chr.), so haben auch die US-Amerikaner die Europäer verdrängt, ja Europa zu ihrer Provinz gemacht, und wenn Europa nicht aufpaßt, dann wird es in Zukunft von seinem Ableger so abhängig sein wie ein alter verwitweter kranker Mann von seinem jüngsten Verwandten. Wenn aber dann der jüngste Verwandte die Unterstützung verweigern wird, wird der kranke alte Mann von einem fremden Altenpfleger abhängig werden oder isoliert sterben, während der jüngste Verwandte in seiner von ihm selbst gewählten Isolation und seiner für ihn selbstverständlichen Naivität an sein unmögliches Überleben glauben wird. Eine solche Zukunft also wäre der sichere Tod auch für die USA. Kulturell gilt: Verwandte sind aufeinander angewiesen. Das alte Europa und das junge Amerika (besonders: USA) können langfristig nur gemeinsam überleben.

Nun ist es leider besonders die Wirtschaftspolitik, die die Gemeinsamkeiten von Europäern und Amerikanern immer mehr zum Sprengen bringt. Zwar nicht so sehr aus volkswirtschaftlichen Gründen, sehr wohl aber aus kulturgeschichtlichen Gründen ist es eine Dummheit der USA, der EU immer mehr „trojanische Pferde“ (EU) und „Esel“ (Esel) vor die Tore zu setzen. Eine noch größere Dummheit begeht allerdings, wer die Warnungen seines „Laokoon“ falsch versteht und wie seinerzeit die Trojaner das Unheil bringende „Geschenk“ annimmt - anders gesagt: wie die EU jede EU-Erweiterung als „Geschenk“ annimmt. Doch von größter Dummheit ist, wer seine eigene Eselei (PolenEsel) nicht bemerkt. Das wäre ungefähr so, als hätten damals die im „Geschenk“ versteckten Griechen nicht gewußt, warum sie darin versteckt sind. Wenn sich nichts Grundlegendes ändert, werden die USA der EU wohl auch in Zukunft noch einige „trojanische Pferde“ vor die Tore setzen. Die USA und manche ihrer „Realpolitiker“ mögen sagen, daß sie, „zu einem aggressiven geopolitischen Interessenkalkül verurteilt“ (Sloterdijk) seien, um vor der Konkurrenz auf dem Globalmarkt so viele Schlüsselpositionen wie möglich zu besetzen. Zu einem solchen globalpolitischen Schachbrettzug gehört eben auch „die Mattsetzung Europas durch die von Washington gewünschte Integration der Türkei in die EU“, so Sloterdijk (Sloterdijk), und schon 2004 geschah die EU-Integration Osteuropas auf besonderen Wunsch der USA. EU


Wenn Bush wirklich ein starkes Europa will, wie er immer wieder beteuert,
aber auch die EU-Mitgliedschaft der Türkei will, wie er immer wieder fordert,
dann will er ein militärisch starkes Europa sowie eine wirtschaftlich schwache EU
und ist nicht auf der Höhe der Zeit, weil er mit einer solchen Politik nicht nur Europa,
sondern langfristig auch Nordamerika, ja die gesamte westliche Kultur zu ruinieren droht,
ohne es zu ahnen. Oder ist sein langfristiges Ziel ein die gesamte Kultur umfassender Staat?

So wäre wohl besser, wenn wenigstens Nordamerika und das abendländische Europa zusammen sowohl eine wirtschaftliche als auch eine staatliche oder zumindest militärische Union bilden würden. Aber danach sieht es derzeit nicht aus. (Wenn man an die Analogien zur Antike denkt, dann würde es dennoch passieren, aber eben mit Gewalt!). Wie sonst sollen die derzeitigen Anfeindungen relativiert werden können?  Nun, zunächst muß man dafür die Differenzen überhaupt kennen. Wenn die wirtschaftspolitischen Anfeindungen zwischen USA und EU in Zukunft sogar beigelegt oder zumindest relativiert würden, könnten beide sich intensiver auf das Wichtigere konzentrieren. Auf eine kürzeste Formel gebracht, kann man nur (heraus-) fordernd sagen: Die Amerkaner und besonders die US-Amerkaner müssen wegen ihrer noch sehr jungen Geschichte, ihrer Unerfahrenheit, von den Europäern und besonders von den Alt-Europäern wegen deren schon sehr alten Geschichte, deren Erfahrenheit, lernen; doch die Europäer und besonders die Alt-Europäer müssen endlich begreifen, daß nicht jede Katastrophe eine „bedingungslose Kapitulation“ bedeutet und die Werte, die die USA verteidigen, auch europäische Werte und deswegen zumeist alt-europäische Werte sind. Es sind Werte der abendländischen Kultur!

Am meisten lehrt uns die Kultur, die uns verwandt und diametral entgegengesetzt ist: die apollinische Antike. Wie alles andere war auch ihre Imperialpolitik für fast alle Beteiligten sichtbar (populär), ganz im Gegensatz zur Imperialpolitik des faustischen Abendlandes, denn sie ist für fast alle Beteilgten unsichtbar (unpopulär), und diese Esoterik wächst in demselben Maße wie das Alter dieser Kultur. Wer beispielsweise glaubt, daß ein Cäsar nicht in parlamentarischen Systemen, sonderm nur in diktatorischen Systemen möglich sein könne, irrt gewaltig. Es liegt an der jeweiligen Kultur, deren Form bzw. Ursymbol und Seelenbild (Ursymbol und Seelenbild), was sich wie an der Oberfläche zeigt und in der Tiefe doch dasselbe ist wie in jeder Kultur.

Wenn die us-amerikanische Historikerin Condoleeza Rice die Parallele zum Römischen (Welt-) Reich nicht akzeptieren will, weil für sie die Vereinigten Staaten keine imperialen Ambitionen hätten, dann nenne ich sie 1.) eine schlechte Historikerin und 2.) eine gute Außenministerin, denn: 1.) auch das Römische (Welt-) Reich behauptete stets, keine imperialen Ambitionen zu haben (sondern die Anarchie bekämpfen zu müssen), und 2.) auch für das Römische (Welt-) Reich war entscheidend, wer „auf der richtigen Seite der Geschichte“ stand. Für Rom waren es diejenigen, die nicht zu den Barbaren gehörten, und für die USA sind es diejenigen, die nicht zu den Schurkenstaaten bzw. Terroristen gehören. Rice meint z.B. Länder, die an gemeinsame Werte glauben - sie nennt „Demokratie, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit“ (vgl. Claus Kleber, a.a.O., S. 11Kleber) - und die das Streben nach einem Wohlstand fördern, der die Menschenwürde sichert; und wer in diesem Satz „Demokratie und Freiheit“ durch „Republik und Freiheit“ sowie „Würde“ durch „Ehre“ ersetzt, erhält exakt die Argumente eines sich auf die republikanische Tradition Roms beziehenden „Konservativen“ im Rom des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. ! Römertum22-24

Bush

Es sei kein Kampf der Religionen, hat George W. Bush immer wieder erklärt - kein Wunder: es gibt mehr als 500 Religionsgemeinschaften in den USA, und kein US-Präsident (Präsidenten der USA) kann es sich erlauben, einige von ihnen zu benachteiligen - frei nach Goethe (Goethe): Die Geister, die man einst rief, wird man heute nicht mehr los -, denn nicht nur sie, sondern auch die Nicht-Betroffenen wären sofort alarmiert. „Der Glaube, daß sich der Staat aus dem Seelenleben seiner Bürger herauszuhalten habe, gehört zum Grundverständnis, ist Existenzbedingung der Vereinigten Staaten. Anders wäre diese Vielfalt nicht zusammnzuhalten.“ (Claus Kleber, a.a.O., S. 52Kleber). Angeblich sind aus einem Selbstverständnis heraus die Bürger der USA bereit für ihre Werte zu kämpfen, für ihre Selbstverständlichkeiten also, und dazu gehören die „unveräußerlichen Rechte“ der Unabhängigkeitserklärung: Freiheit, physische, aber auch die Freiheit der Meinungsäußerung und eben die Freiheit auf jede Religion. Über all dem spannt sich der Glaube an die ewige Überlegenheit von Demokratie und Marktwirtschaft. Seit dem Fall der Mauer (1989) gilt dies für viele US-Bürger nicht mehr nur als Glaube, sondern als Tatsache (!?). Angeblich sind deshalb die Bürger der USA überzeugt, daß die Welt nach diesen Grundsätzen friedlich werden muß, „weil zwischen offenen, demokratischen Gesellschaften Konflikte immer friedlich gelöst werden (US-Amerikaner sind demnach also doch KantianerKant!). Die Menschen lassen angesichts der Schrecken des modernen Krieges (über die ja dann auch frei berichtet wird) nichts anderes zu.“ (Claus Kleber, a.a.O., S. 53-54Kleber). Der Chefkorrespondent der New York Times, Tom Friedman, meint sogar: „Zwei Staaten, in denen es McDonald's gibt, führen keine Kriege gegeneinander.“  (Klingt das nicht selbst schon wie eine Kriegserklärung?). Die Mission der „Neokonservativen“ folgt der simplen Logik: Wenn eine solche Ordnung Frieden garantiert, kann eine Weltmacht nur in Frieden leben, wenn es ihr gelingt, die ganze Welt so zu organisieren. Also: Was gut ist für die USA, muß auch gut sein für die Welt, so die Glaubensdevise vieler US-Bürger. Wie schon gesagt: Auch in den USA beansprucht eine fundamentalistisch-christliche „Partei Gottes“ die Lenkung des Weltgeschehens. Die „Neokonservativen“, die als Ausgangspunkt ihrer Ideologie offenbar auch die Thesen des Politologen Francis Fukuyama (vgl. The End of History and the Last Man, 1992Fukuyama) gewählt haben, nehmen besonders enorm Einfluß auf die Gestaltung us-amerikanischer Diplomatie und Strategie.

„Washingtons Denkfabriken sind keine Elfenbeintürme. Die wirklich wichtigen »Think Tanks« nehmen aktiv Einfluß auf die Politik. Das Institute for Advanced Strategic and Political Studies zum Beispiel, ein Ableger der mächtigsten Lobbygruppe in den Vereinigten Staaten: des American-Israel Political Action Committee (AIPAC). Im Sommer 1996 erarbeitete das noch junge Institut eine Studie mit dem apodiktischen Titel »Clear Break«, »Klarer Bruch«. Es war eine Auftragsarbeit der israelischen Regierung für den neuen Premierminister Benjamin Netanyahu. Mindestens drei der Autoren, das wissen wir heute, hatten noch eine große Zukunft vor sich: Richard Perle wurde später Chef von Donald Rumsfelds externem, aber einflußreichem Verteidigungspolitischen Rat. Douglas Feith, ein Anwalt, der unter anderem die Interessen israelischer Rüstungsfirmen in Washington vertrat, wurde unter Bush jr. als Staatssekretär in der politischen Abteilung des Pentagon dritthöchster Zivilbeamter des Verteidigungsministeriums, und David Wurmser ist in der Nahostabteilung des Außenministeriums gelandet. Diese Männer empfahlen damals schon einen radikalen Kurswechsel der israelischen und damit auch der us-amerikanischen Politik. Der Staat der Juden solle das Konzept »Land gegen Frieden« aufgeben .... Statt dessen solle sich Israel darauf konzentrieren, Saddam Hussein auszuschalten. Damit würde das Kräftegleichgewicht im Nahen Osten zugunsten von Israel verschoben, weil einer seiner militärisch und wirtschaftlich potentesten Gegner wegfiele. Syrien, ebenfalls unter Kontrolle einer Ba'ath-Diktatur, werde dann allein stehen und gezwungen sein, seine aggressive Haltung gegenüber Israel aufzugeben. So könnte im Sinne einer neuen, positiven Dominotheorie das Konzept von Demokratie, offener Gesellschaft und Marktwirtschaft einen Siegeszug durch den Nahen Osten antreten und Frieden sichern.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 91-92Kleber).

George W. Bush erklärte schon am 30.01.2001, also nur 10 Tage nach der Amtseinführung (Vgl. oben), in der ersten Konferenz seines Sicherheitsteams „seinen verblüfften Mitarbeitern: »Wir werden die Unausgewogenheit der letzten Regierung (Clinton-Regierung) im Nahostkonflikt korrigieren. Wir gehen zurück an die Seite Israels. Und da bleiben wir. Clinton hat den Spagat versucht, und deshalb ging alles schief.« .... Außenminister Powell ... erinnerte an die Gewaltbereitschaft der Palästinenser und Israelis in den besetzten Gebieten. .... »Das könnte schlimme Folgen haben«, sagte Powell ..., »besonders für die Palästinenser.« Doch der Präsident hatte sich offenbar schon entschlossen, dieses Argument nicht gelten zu lassen. »Vielleicht kommt die Sache auf diese Weise am ehesten in Ordnung ...« Powell war sprachlos.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 96-97Kleber). Bush und seine Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice sahen den Palästinakonflikt schon in einem größeren Zusammenhang, nämlich in dem, der den Theorien der „Neokonservativen“ zugrunde lag. Laut Kleber ließ dies die Tagesordnung vermuten: „Bush rief nämlich gleich den ersten formellen Punkt auf: »Worum soll's heute gehen, Condie?« - »Hauptpunkt soll sein: Wie destabilisiert der Irak den Nahen Osten?«, antwortete die Sicherheitsberatierin .... Zur Einstimmung präsentierte CIA-Direktor George Tenet die Luftaufnahme einer Fabrik im Irak, die seiner Ansicht nach in der Lage war, chemische oder bilologische Waffen zu produzieren. .... Diesmal war es der erfahrene Industriekapitän O'Neill, der die einzige kritische Frage stellte: »Ich habe überall auf der Welt viele solche Anlagen gesehen. Woher kommt unser Verdacht, daß die hier solche Waffen produzieren?« .... Mit seiner Eröffnungserklärung über Israel und mit der Überschrift des aktuellen Tagesordnungspunkts hatte der neue Präsident eine Richtlinie seiner Politik gesetzt: Die USA würden sich aus dem unerfreulichen Klein-Klein des Palästinakonflikts zurückziehen und den Blick auf die großen Zusammenhänge richten. Damit stand - ohne größere Diskussion - der Irak als die wesentliche Quelle allen Übels in der Region fest.“ (Claus Kleber, ebd., S. 97-98Kleber). 10 Tage nach Bushs Amtseinführung! Vgl. oben

„»Zehn Tage im Amt, und schon ging es um den Irak«, faßt Suskind O'Neills Erinnerungen an das Treffen in sarkastischer Kürze zusammen. Von nun an ging es um das »Wie« einer militärischen Operation. Das alles entscheidende »Warum« war nie ernsthaft diskutiert worden .... Es hätte für die NeoCons kaum besser laufen können .... Es ist eine Menge geschrieben und geschlußfolgert worden aus dem Verlauf dieses ersten Treffens des Sicherheitskabinetts (30.01.2001). Vielen in den USA und vor allem in Deutschland erscheint es als Beweis dafür, daß George Bush - angestiftet oder als Anstifter - schon zu Beginn seiner Amtszeit (Vgl. oben) den Krieg mit dem Irak wollte.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 98-99Kleber). Und der 11. September 2001 war für viele Eifrige (!?) eine günstige Gelegenheit, den Israel-Palästina-Konflikt (zugunsten Israels!) zu lösen, und zwar auch und vor allem über einen neuen Irak-Krieg. „Die Trümmer des World Trade Center rauchten noch, da plädierte Paul Wolfowitz bei der ersten Sitzung des Sicherheitskabinetts nach den Anschlägen für einen Krieg gegen den Irak statt gegen Afghanistan. In dem bettelarmen Land am Hindukusch bestehe die Gefahr, daß die Truppen der USA in einen endlosen Guerillakrieg verwickelt würden, der der Supermacht auf Jahre hinaus jede Bewegungsfreiheit rauben werde (deshalb wurde diese Drecksarbeit auch immer mehr zur Sache der Spezial-Supermacht  Deutschland !). Irak sei ein lohnenderes Ziel, argumetierte Wolfowitz: ein bröckelndes Regime, existierende Widerstandsbewegungen, die den vordringenden US-Truppen zur Seite stehen würden, und leicht erreichbare, hoch profitable Ölquellen, mit denen der Wiederaufbau des Landes zu finanzieren wäre (!?). Außerdem und vor allen Dingen werde mit dem Sturz des Diktators in Bagdad eine Welle der Demokratie über die gesamte Region schwappen (!?). Colin Powell hielt dagegen. Es gebe keine Verbindung zwischen den Anschlägen des 11. September (2001) und Saddam Hussein. Das us-amerikanische Volk verlange eine Antwort auf die Anschläge, einen Angriff auf Osama Bin Laden, Al-Qaida und Afghanistan. Die verwundete Nation werde keinen Krieg akzeptieren, der das ignoriere. Die Frage war entscheidungsreif. Der Präsident forderte seine wichtigsten Leute auf, ein Votum abzugeben. Es ging vier zu null aus - mit einer bemerkenswerten Enthaltung von Rumsfeld. So fiel um den 15. September 2001 herum der Beschluß für den Afghanistan-Krieg.“ (Claus Kleber, ebd., S. 101-102Kleber). Aber das Thema Irak - der Irak-Krieg - war damit nicht vom Tisch. Am liebsten hätten viele schon jetzt Krieg gegen den Irak statt gegen Afghanistan geführt.

Bush

Als Bush 2000 nach seinem wichtigsten Philosophen gefragt wurde, antwortete er: „Jesus Christus, denn er hat mein Leben verändert“, und als er am 11. September 2001 in der Grundschule von Sarasota von den Anschlägen auf New York und Washington erfuhr, begann für ihn offenbar die Zeit moralischer Absolutheit. Schon in den ersten Stellungnahmen bezog er sich auf die Bibel, sprach von den „Kräften des Bösen“. (Böses). Drei Tage später sprach er in der National Cathedral in Washington: „Die Feinde der Freiheit greifen Amerika an, weil wir die Heimat und die Festung der Freiheit sind .... Dieser Konflikt wurde zu einer Zeit begonnen, die andere vorgegeben haben. Er wird in einer Weise und zu einer Zeit enden, die wir bestimmen. Gottes Zeichen sind nicht immer die, die wir erwarten. In solchen Tragödien lernen wir, daß seine Wege nicht die unseren sind .... Unsere Einigkeit entstammt der Trauer und der unerschütterlichen Entschlossenheit, unsere Feinde zu besiegen. Diese Einigkeit gegen den Terror reicht nun um die ganze Welt.“ (George W. Bush, 14.09.2001). Sind die Vereinigten Staaten wirklich „die Festung der Freiheit“?  Wer sind die „Feinde der Freiheit“ ?  Ist das alles nur Propaganda?  Sicher ist, daß „Freiheit“ zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Räumen völlig unterschiedlich verstanden und begriffen wird! Die „Freiheit“ ist also immer auch abhängig von der Historie und der Geographie und deshalb in der jeweiligen Gegenwart eine Frage der jeweiligen Geopolitik:


„Bush nennt uns »Feinde der Freiheit«.
Warum greifen wir dann nicht Schweden
an, zum Beispiel?“  (Osama Bin Laden in
seiner Videobotschaft zur US-Wahl 2004).


Osama Bin Laden nennt uns „Ungläubige“. Warum greift er dann die USA an, die doch immerhin innerhalb der westlichen (abendländischen) Kultur eine der gläubigsten Nationen ist?  Oder umgekehrt gefragt: Bush nennt die islamischen Fundamentalisten „Feinde der Freiheit“ und Irak, Iran, Lybien, Nordkorea und einige andere Staaten „Schurkenstaaten“. Warum greift er dann nicht Saudi-Arabien an, zum Beispiel?  Bush will die Demokratie in Afghanistan und Irak einführen, aber offenbar versteht er unter Demokratie abhängige Patronate unter der Leitung eines Prokonsuls bzw. eines Mullahs oder Aytollahs, also doch nur Diktatur! Warum läßt Bush zu, daß durch den afghanischen Rauschgifthandel mehr Menschen sterben als unter der mörderischen Taliban-Regierung und daß im Irak über den Weg einer nur scheinbaren Demokratie wieder eine Diktatur entsteht?  Bush redet vom „Kampf gegen den Terror“, vom „Krieg gegen das Böse“ (Mehr), als wollte er gegen den Kampf kämpfen, gegen den Krieg Krieg führen. Warum spricht er nicht vom islamischen Fundamentalismus, zum Beispiel, oder vom Kampf der Kulturen (Kampf der Kulturen), zum Beispiel?

Nicht der Terror ist die wahre Herausforderung, sondern der Fundamentalismus. Der Terror ist lediglich eine Kampfmethode, genauer: „eine besonders schmutzige Art, Krieg zu führen“ (Claus Kleber, a.a.O., S. 57Kleber). Der derzeit wahre Gegner der us-amerikanischen Idee bzw. des west-christlichen Fundamentalismus, also der Abendland-Kultur, ist das Konzept des islamischen Fundamentalismus, also der Morgenland-Kultur (Magische Kultur). Peter Scholl-Latour hatte schon den richtigen Riecher, als er für sein 2002 erschienenes Buch einen Titel mit einem (rhetorischen) Fragezeichen wählte: Kampf dem Terror - Kampf dem Islam? (Scholl-Latour). Hinter der Floskel „Kampf dem Terror“ steht der wahre Titel: „Kampf dem Islam“ als Kampf gegen den fundamentalistischen Islam, und der bedeutet Krieg. Auch meint Huntingtons „Kampf der Kulturen“ (Huntington): Krieg der Kulturen. Hinter der vorsichtigen Ausdrucksweise der Autoren verbirgt sich eine Ernsthaftigkeit, die sich aus der Logik ergibt, denn der Terror ist tatsächlich eine Kampfmethode im Sinne einer besonders schmutzigen Art, Krieg zu führen, und deshalb immer auch schon: Krieg. Seit Beginn unserer Phase des Globalismus (Globalismus) sichert nur noch weltweiter Anspruch eine Domäne. Jeder Fundamentalismus - egal ob westlich-christlich, magisch-islamisch, hinduistisch-buddhistisch, taoistisch-konfuzianisch oder primitiv (Zur Übersicht) - bezieht sich, wie das Wort verrät, auf ein Fundament: Kultur. Die Zugehörigkeit zu einer Kultur äußert sich aber in vielen Bereichen, und weil z.B. die magische Kultur (Magische Kultur) eine der religiösesten Kulturen überhaupt ist, wundert es nicht, daß gerade ihre Angehörigen sich fundamental auf ihren Glauben beziehen - mit Gewalt! Es geht um Macht!

Zum „Einsatz von Gewalt. Das ist so ein Punkt, bei dem Bush mehr als seine Vorgänger die traditionelle (us-) amerikanische Sicht vertritt. Manch eine europäische Regierung - die deutsche ist so eine - denkt da ganz besonders europäisch. Sie glauben eben, daß man die Welt durch die Vereinten Nationen regieren kann. Wir nicht. Die Welt besteht aus Nationalstaaten mit widerstreitenden Interessen, und da wird militärische Macht weiter eine große Rolle spielen. .... Ich wünschte, wir hätten die Macht, Nordkorea seine Atomwaffen aus der Hand zu schlagen. Ich wünschte, wir könnten das verkommene Mullahregime in Teheran beseitigen, das sein Volk unterdrückt. Mir machen die Grenzen der (us-) amerikanischen Macht viel größere Sorgen als ihre Exzesse. Wir haben auf dem Balkan zu lange gezögert, wir haben uns aus Ruanda herausgehalten, wir haben Osama Bin Laden zu lange laufen lassen, und wir hätten uns viel früher um Saddam Hussein kümmern sollen. In den letzten dreizehn Jahren sind mehr Menschen wegen unserer Zurückhaltung gestorben als wegen unserer Aktionen. Wir hätten der Welt viel Leid ersparen können.“ (William Kristol, Weekly Standard, zit. in: Claus Kleber, a.a.O., S. 55-56Kleber). All das ist zwar sachlich richtig, aber ansonsten falsch, weil bei all diesen Unternehmungen ständig große Fehler gemacht worden sind. Die Fehler, die US-Amerikaner immer wieder machen, und zwar seit Beginn ihrer Geschichte, also seit Ende des 18. Jahrhunderts, sind in der Tiefe immer dieselben: Infantiler Auserwähltheitsglaube und arrogante Naivität von Cowboys und Revolverhelden, die in der Unerfahrenheit, in der noch sehr jungen Geschichte der USA begründet sind. Dabei könnte man diese Probleme lösen, wenn sowohl Nordamerikaner als auch Westeuropäer mehr von ihren jeweiligen Schwächen und Stärken wüßten und die Einsicht in die Notwendigkeit hätten, voneinander zu lernen. US-Amerikaner müssen auch begreifen, daß das alte Europa auch das alte Abendland ist, und zwar nicht zuletzt wegen der Unterscheidung vom Morgenland (Magische Kultur), und daß z.B. der Islam von seinem Beginn an für das Abendland eine Existenzbedrohung bedeutete, obwohl das später immer mehr auch umgekehrt so war. Oder positiv gesagt: Das Abendland verdankt auch der magischen Kultur (Magische Kultur) und ja gerade dem Sieg über die Araber (732), daß es überhaupt zur Welt kommen konnte, geboren werden konnte. (Geburt). Westeuropäer müssen wieder lernen, woher sie kommen und warum Katholizismus und Protestantismus (Luthertum, Calvinismus, Puritanismus, Pietismus u.s.w.) zur abendländischen Geschichte gehören und deshalb für die abendländische Gegenwart und Zukunft wichtig sind. In den USA scheint der abendländische Glaube lebendiger zu sein als in Europa (Glaubensdifferenz), obwohl man bei der Bewertung aufpassen sollte, denn in den USA hat dieser Glaube oft den Charakter einer Sekte, und in Europa bedeutet Sekte eher Aberglaube und Verbrechen. In Europa ist man Sekten gegenüber feindlich eingestellt, und man macht sich gar keine Gedanken darum, daß man dadurch automatisch auch den USA gegenüber feindlich eingestellt ist. Die USA müßten einen Teil ihres Selbstverständnisses aufgeben, wenn sie verstehen wollten, warum in Europa dieselbe rigorose Religionsfreiheit wie in den USA völlig andere Konsequenzen haben muß und haben wird. Aber dafür sollten sie, müssen sie Verständnis haben (ein Blick in den Atlas allein zeigt schon, warum), denn Europa ist nur ein kleiner Zipfel des eurasischen Kontinents und wird außerdem bald mit dem afrikanischen Kontinent kollidieren (dies ist nicht nur geologisch gemeint!Eurozentrik versus Afroasiatik). Amerika ist von fast allen anderen Kontinenten sehr weit entfernt und auch sonst „gut“ isoliert; in Europa aber ist genau das Gegenteil der Fall, und die derzeitige demographische Entwicklung in Europa zeigt die Tendenz, daß Europa seine Zukunft aufs Spiel setzt und, wenn überhaupt, dann nur noch von den USA zu retten sein wird. (Macht). Deshalb noch einmal die dringende Forderung nach einer NATO-Reform (NATO-Reform), weil die NATO in ihrem ursprünglichen Defensiv-Rahmen seit Ende des 20. Jahrhunderts nicht mehr existiert (KarteNATO) und die neue NATO-Befehlsstruktur falsch ist (NATO) ! Doch manche Fehler sind so alt wie die NATO selbst:

Die NATO war am 4. April 1949 „gegründet worden, um in Europa die USA drin, die Russen draußen und (das Wichtigste!) die Deutschen unten zu halten“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 131Kleber), denn Deutschland war und ist der Konkurrent der USA. Mit der Gründung der NATO sollte - wie übrigens auch mit der Gründung der Montan-Union (EGKSMontan-Union), dem Vorläufer der heutigen EU - verhindert werden, daß Deutschland wieder Weltmacht wird. Deutschland war der Hauptgrund, die Sowjetunion nur ein Nebengrund. Es war ein großer Fehler der USA, die Sowjetunion zu verharmlosen - ein Fehler, den man auch „Roosevelt“ nennen könnte, denn schon Franklin D. Roosevelt (Reagan) hatte mehr kommunistische Berater als die Historiker der USA heute zugeben wollen. Dieser Fehler bescherte dem Westen den 40jährigen Kalten Krieg. Als die USA den Fehler erstmals bemerkten - in und nach dem Korea-Krieg (1950-1953), war es zu spät für eine Revision, denn die Sowjets hatten mittlerweile eine Atombombe geschenkt bekommen: von einem Deutschen! Fuchs

Die NATO-Signatarmächte (NATO-Signatarmächte) verpflichteten sich zum gegenseitigen militärischen Beistand - zur Verteidigung ! Jedes Land entscheidet autonom, mit welchen Mitteln es seiner Beistandspflicht nachkommt (Artikel 5). Jeder bewaffnete Fremdangriff gegen einen Mitgliedsstaat, gegen dessen in Europa stationierte Truppen, sowie gegen die einer der parteien unterstehenden Inseln, Streitkräfte, Schiffe und Flugzeuge im Mittelmeer oder Nordatlantik nördlich des nördlichen Wendekreises gilt als Bündnisfall (Artikel 6). Der Vertrag bedarf keiner periodischen Erneuerung. Die Kündigungsfrist beträgt 1 Jahr. Oberstes Organ ist der Ständige Rat (Nordatlantikrat, NATO-Rat; Artikel 9), in dem alle Mitgliedsländer vertreten sind. Dem Rat sind verschiedene Ausschüsse nachgeordnet. Oberste militärische Instanz ist der Militärausschuß, dem die Stabschefs (Generalinspekteure) der beteiligten Länder angehören; ihm untersteht der Internationale Militärstab (IMS). Das Bündnisgebiet ist mit je 1 allierten Oberbefehlshaber eingeteilt in 3 Kommandobereiche: Europa, Atlantik und Ärmelkanal.

Seit die NATO gegen ihren eigenen Vertrag verstößt und ihre Führungsstruktur dem Unilateralismus der USA entspricht, ist die NATO kein Verteidigungbündnis mehr, aber eine Reichs- bzw. Imperialgewalt und darum eher ein Bündnis von Schurkenstaaten als ein Bündnis, das sich gegen Schurkenstaaten verteidigt, weil es in Wahrheit nur angreift - auch sich selbst, denn laut NATO-Vertrag ist die NATO ein Verteidigungsbündnis, und nur in diesem sind die USA die „Dispositarmacht“. Ein Blick auf die Weltkarte genügt, um festzustellen, wo die NATO ihre Territorien verteidigt und wer dort wem dient.

Im Mai 2002 sagte George W. Bush zu Claus Kleber: „»Hören Sie, ich glaube an Bündnisse. Ich weiß, daß Amerika den Krieg gegen den Terror nicht allein gewinnen kann. Ich freue mich darauf, diesen Punkt mit dem deutschen Kanzler zu besprechen.« Tatsächlich war da der Zug längst abgefahren - in Richtung Krieg. Tags darauf brach der Präsident nach Berlin und Moskau auf. Auf dieser Reise sollte das tief greifende Zerwürfnis zwischen ihm und Gerhard Schröder seinen Anfang nehmen, zunächst noch unerkannt. Außenminister Colin Powell wurde in dieser Phase zum Bewahrer der internationalen Traditionen der US-Außenpolitik und zum Hoffnungsträger der Verbündeten. Er hatte schon als NATO-Offizier, unter anderem in Deutschland, den Wert internationaler Allianzen schätzen gelernt, vor allem aber als Generalstabschef des ersten Golfkriegs (1990-1991). Damals kämpften Soldaten aus 28 Nationen an der Seite der USA, andere beteiligten sich mit gewaltigen Zahlungen. Außenminister James Baker reiste von Hauptstadt zu Hauptstadt und offerierte den Deal aus (us-) amerikanischer Sicht: Das Völkerrecht werde von Saddam Hussein mit Füßen getreten, die Stabilität des Nahen Ostens und die Ölversorgung aller Industrienationen seien hochgradig gefährdet. Es müsse gehandelt werden. Die USA würden die Hauptlast der Kämpfe und damit die Verluste an Menschenleben übernehmen, aber wenigstens das Geld müsse von den Partnern kommen. Die Welt akzeptierte die Rechnung. Von den Gesamtkosten des Krieges, rund einundsechzig Milliarden Dollar, trugen die USA am Ende nur noch 7,3 Milliarden, Deutschland immerhin 6,6 Milliarden (!!!). Da diese Zahlen von US-Buchhaltern ermittelt wurden, kann man davon ausgehen, daß eine ehrliche Bilanz für Washington noch günstiger aussieht (!!!). Der wichtigste Nutzen der Golfkriegsallianz war nicht in Geld auszudrücken: Obwohl überall in Europa und Japan Hunderttausende unter dem Banner »Kein Blut für Öl« gegen den Krieg demonstrierten, hatte die Position der USA in der Welt und in den Weltorganisationen keinen Schaden genommen.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 133-134Kleber). Das sollte sich jedoch ändern mit dem 2. Irak-Krieg (2. Irak-Krieg), ja sogar schon während der Planung (2. Irak-Krieg):

Besonders schlimm war die Fehleinschätzung des Irak durch die Bush-Administration und ihr Glaube, daß Saddam Hussein hinter den Anschlägen auf New York und Washington stecke, und diesen Glauben trug die Propaganda ins ganze Land - mit Erfolg! (Propaganda-Erfolg). „Hier saßen Menschen in verantwortlichen Positionen, die genau die Ergebnisse haben wollten, die sie bekamen.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 129Kleber). Und für die Leute, die sich noch mehr Macht und Einfluß versprachen, begann eine große Zeit, z.B. im so wichtigen Bereich der Militärpolitik für Richard Perle (Perle) im Verteidigungspolitischen Rat, für Douglas Feith (Feith) im Interesse Israels (Rüstungsfirmen u.a) und damit auch im Bereich der Außenpolitik, nämlich in der Nahostabteilung des Außenministeriums, in der auch David Wurmser (Wurmser) avancierte. Ihnen und vielen anderen Machthungrigen schien es dabei völlig egal zu sein, daß die Stellung der USA in der Welt durch immer größere Fehler - besonders eben durch die Fehler bezüglich des Irak - immer schlechter wurde, laut Senator Jay D. (= John Davidson) Rockefeller sogar „schlechter als je zuvor“. Fatale Verbindung dummer Arroganz und Angst!

Es diente der Durchsetzung einer Politik - mit anderen (ursprünglicheren) Mitteln: Krieg -, daß George W. Bush drei völlig verschiedene Staatssysteme in einen terroristischen Topf namens „Achse des Bösen“ (Böses) warf, denn das geistlich-islami(sti)sche System im Iran, das weltlich-matarialistische System im Irak und das stalinistisch-maoistische System in Nodkorea haben nichts gemeinsam bis auf das Feindbild, und das wurde für sie ausgerechnet durch Bushs Propaganda mit religiös-theologischen Glaubensbegriffen und noch mehr durch den dann tatsächlich von ihm begonnen „Krieg gegen das Böse“ (Mehr) als richtig bestätigt. Und in den angeblich so demokratischen USA wurde auch etwas bestätigt: Das Volk der USA sollte durch Propaganda und Pressezensur zum Mitmachen oder aber zumindest über Unwissenheit zum Schweigen gebracht werden. Das hat geklappt, denn die Mehrheit macht mit und die Minderheit schweigt ! Mehr

 

George W. Bush war von Anfang an von Ziel und Plan seiner Politik überzeugt.
Er kam über seinen religiös-theologischen Glauben zu denselben Ergebnissen
wie die Neokonservativen (NeoCons) über ihr infektiös-ideologisches Denken.
George W. Bush ist kein Ideologe, die Neokonservativen sind keine Theologen.

 

Die Vereinigten Staaten (von Amerika oder der Welt? USA)  haben den Globus fast ganz für sich, sind mit ihren Special Forces in über 120 Ländern im Einsatz und für „jeden Quadratkilometer Erdoberfläche ist einer von vier regionalen Commandern zuständig. Jeder verfügt allein für den Betrieb eines Hauptquartiers über zweistellige Millionenbeträge, dazu kommt die militärische Macht. Der Herr des Pacific Command in Hawaii zum Beispiel, von dessen Existenz in Europa kaum jemand weiß, befehligt dreihunderttausend Soldaten, wacht über dreiundvierzig Staaten in elf Zeitzonen, vier der größten Armeen der Welt und sechzig Prozent der Weltbevölkerung. .... Seine drei Kollegen - zwei von ihnen sind noch einflußreicher als er - teilen sich den Rest der Welt. Ihre Gesprächspartner sind die Regierungschefs. Die Commander werden aus guten Gründen mit den Prokonsuln des Römischen Weltreichs verglichen. Demgegenüber wirken alle Bemühungen um eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik geradezu provinziell. Omnipräsenz garantiert kein Verständnis für die Welt. Große Mächte machen große Fehler, wie sich im Irak gezeigt hat. Trotzdem beweist die Geschichte der letzten Jahre - vom Balkan über Osttimor und Ruanda bis Afghanistan und Darfur -, daß die Welt schwerlich auf eine globale Ordnungsmacht verzichten kann. Die Vereinten Nationen stehen dafür nicht uneingeschränkt zur Verfügung, weil ihre Spielregeln auf Konsens und nicht auf Entscheidung ausgerichtet sind. So werden die Vereinigten Staaten immer wieder zur Ordnungsmacht durch Säumnis der anderen.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 264-265Kleber). Die Bevölkerung der USA akzeptiert diese Rolle offenbar mit erstaunlicher Bereitwilligkeit, auch dann, wenn eigene Interessen nicht berührt sind, so Claus Kleber, der die USA gut zu kennen scheint. Ob man dies positiv sehe, wie eine knappe Mehrheit der US-Bürger, oder voller Befürchtungen, wie die Mehrheit der Weltbevölkerung (die nicht gefragt wurde) oder die Mehrheit der Deutschen (Kleber nennt sogar eine für mich unglaubliche Zahl: 80 Prozent; vgl. ebd., S. 265Kleber): „Der Mann im Weißen Haus wird über unser Schicksal mitbestimmen.“ (Claus Kleber, ebd., S. 265Kleber). George W. Bush und die USA haben es „mit einer Weltöffentlichkeit zu tun, die - mit ganz wenigen Ausnahmen wie Israel (Israel) - eine nie da gewesene Feindseligkeit gegenüber der us-amerikanischen Regierungspolitik hegt.“ (Claus Kleber, ebd., S. 266Kleber). George W. Bush und andere US-Amerikaner bleiben trotzdem überzeugt von einer Kraft ihres Glaubens, „die Wunder bewirken kann“ (George W. Bush, 3. Rede zur Lage der Nation, 2003).

Also mehr zum Thema „Wunder“:

„Washington könnte sehr bald entdecken, daß die Demokratie ein zweischneidiges Schwert ist. Präsident Bush wird sich nicht ewig der Erkenntnis verschließen können, daß sich in Bagdad ein System etabliert, das ... auf eine islamische Republik schiitischer Prägung zusteuert. Anstelle der säkulären Terrorherrschaft Saddam Husseins, die sich ideologisch zum arabischen Nationalismus und zur Trennung von Staat und Religion bekannte, hätte er dann dazu beigetragen, eine Regierungsform in den Sattel zu heben, für die die koranische Gesetzgebung, die Scharia, die oberste Richtschnur wäre.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 293-294Scholl-Latour).

Welchen schiitischen Politiker er für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen wolle, fragte Scholl-Latour im Februar 2005 den Scheich Abdul-Aziz el-Hakim, der eine Präferenz für Ibrahim-el-Ja'fari zu erkennen gab. „Ibrahim-el-Ja'fari hat sich als Führer der schiitischen Partei Da'wa verdient gemacht und wird als »Kleriker im Anzug« bezeichnet. Er soll folgende programmatische Aussage gemacht haben: »Der Islam wird die offizielle Staatsreligion sein und eine der wichtigsten Quellen der Gesetzgebung neben anderen.«“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 294Scholl-Latour).

In allen besetzten Gebieten haben alle Bewacher der US-Prokonsuln und alle Soldaten der US-Armee keinen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung, dürfen keinen Alkohol trinken und sind auch sonst völlig isoliert: „Wie sehr haben sich doch die militärischen Bräuche seit meinem eigenen Wehrdienst verändert !“  so Scholl-Latour. „Wenn die Generale des Pentagon glauben, der Ausbau eines weltweiten Stützpunktssystems (KarteKarte) sei das adäquate Konzept für die Sicherung globaler Dominanz bei minimalen Eigenverlusten, sollten sie zur Kenntnis nehmen, daß eine solche Einbunkerung in uneinnehmbaren Festungen einer »Einmottung« ihrer Einheiten gleichkäme und ihre Kampftauglichkeit auf jeden Fall beeinträchtigt.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 299, 300Scholl-Latour). Außerdem wird durch eine Selbsterhaltungsnot und Angst signalisierende Isolierung bei der unterworfenen Bevölkerung die Respektlosigkeit gegenüber der Weltmacht USA zunehmen. Globale Dominanz ist nichts für Angsthasen.

„Wenn man den Sirenen aus Washington Glauben schenkt, dann wäre ein »demokratischer Frühling« über ganz Arabien erblüht. Mehr noch, der gewaltige geographische Islam-Gürtel, »Broader Middle East« genannt, der sich von Marokko bis Pakistan erstreckt, hätte die Vorzüge von Freiheit und politischem Pluralismus entdeckt, sei auf dem besten Wege - nach dem angeblich triumphalen Durchbruch der Demokratie bei den irakischen Wahlen -, diesem leuchtenden Beispiel nachzueifern. »Hat vielleicht George W Bush doch recht gehabt, als er den von ihm umgestalteten Irak als ›Leuchtturm der Demokratie‹ anpries?«, kann man lesen. Selbst renommierte Kommentatoren in den USA und Europa fallen offenbar auf diesen Unsinn herein.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 308Scholl-Latour).

„Man höre und staune! Den Deklarationen der frisch berufenen Außenministerin Condoleezza Rice zufolge hat der Irak am 30. Januar den tugendhaften Pfad der freiheitlichen Emanzipation betreten. Präsident Bush zählt genüßlich die Länder des Orients auf, in denen die Menschenrechte sich unwiderstehlich durchzusetzen beginnen. In Saudi-Arabien wurden Kommunalwahlen veranstaltet, an deren Manipulationen gemessen die bislang übliche Beduinenpraxis der »Schura« ein weit größeres Maß ehrlicher Mitbestimmung gewährte. Der Präsident von Ägypten, Husni-el-Mubarak, hat sich seit einem Vierteljahrhundert als allmächtiger »Rais« im Land der Pharaonen behauptet, sich alle paar Jahre mit Zustimmung von 97 bis 98 Prozent wiederwählen lassen. Saddam Hussein, der Resultate von glatten hundert Prozent einheimste, war da ehrlicher. Jede Form von Opposition hat Mubarak mit Hilfe seiner Nationaldemokratischen Partei und vor allem seiner brutalen Geheimdienste erstickt. Jetzt hat er auf Druck Washingtons widerwillig konzediert, daß beim nächsten Volksentscheid über die Berufung des Staatschefs ein Gegenkandidat zugelassen würde. Daß dieser Oppositionelle, der wegen eines imaginären Delikts gerade im Gefängnis saß und entlassen werden mußte, nicht die geringste Chance hat, sich gegen die Militärdiktatur durchzusetzen, zumal dieser Repräsentant des liberalen Bürgertums den islamischen Grundvorstellungen der Massen in keiner Weise entspricht, stört offenbar niemanden am Potomac. Im Emirat Kuweit, wo die us-amerikanische »Befreiung« im Jahr 1991 wieder die Dynastie der Sabah in ihre Pfründe einsetzte und die einheimischen Erdölprofiteure ihre elenden asiatischen Hausangestellten und Hilfsarbeiter wie Sklaven, ja schlimmer als Tiere behandeln - ein Skandal, der zum Himmel schreit -, hat angeblich eine Gruppe von Damen der Gesellschaft für das Wahlrecht der Frauen demonstriert. Beim Überprüfen der Liste dieser »Emanzen« entdeckt man überwiegend die Namen der einflußreichen Ausbeuteroligarchie dieses Emirats, das den amerikanischen Streitkräften als rückwärtige Basis bedingungslos zur Verfügung steht. Über die Gleichberechtigung der Einwohner der Golf-Emirate, wo es noch relativ duldsam zugeht, wird in der us-amerikanischen Darstellung immer wieder unterschlagen, daß als Bürger oder Untertanen dieser von Reichtum strotzenden, aber extrem artifiziellen Gebilde höchstens ein Viertel der Einwohner in Frage kommt, während der Rest sich aus unterbezahlten Heloten aus den Armutszonen Südostasiens zusammensetzt. Auf der Insel Bahrein, deren Herrscher neuerdings den prätentiösen Titel eines »Malik«, eines Königs, usurpierte und dessen »Liberalität« ebenfalls aus Washington mit Lob bedacht wird, verschweigt man geflissentlich, daß drei Viertel der alteingesessenen Einwohner der schiitischen Glaubensrichtung angehören und als potentielle Staatsfeinde gelten. Als zwingenden Beweis für die Erfolge der Bush-Diplomatie im Hinblick auf »liberty and freedom« muß doch tatsächlich die Islamische Republik Afghanistan als Trophäe herhalten, obwohl deren Präsident Hamed Karsai sich weiterhin als »Bürgermeister von Kabulistan« verspotten lassen muß. Die brutalsten Warlords haben dort weiterhin das Sagen, und die relative Beruhigung, die sich zur Zeit eingestellt hat, ist den übelsten Methoden der Bestechung und Einschüchterung zu verdanken sowie dem Umstand, daß die islamische Revolution ihr kämpferisches Schwergewicht nach Mesopotamien verlagert hat. Das »befreite« Afghanistan ist schlimmer als ein »failed state«, ein mißglückter Staat. Es ist als weitaus größter Heroinlieferant zum Ausgangspunkt hemmungsloser Drogenkriminalität, zum Eldorado der Narkotrafikanten geworden. Die Folgen dürften sich am Ende verhängnisvoller auswirken als die Herrschaft der grausamen und fanatischen »Koranschüler«, der Taliban von einst. Der Gipfel der Unverfrorenheit ist erreicht, wenn das Militärregime des General Parvez Muscharraf von Islamabad als fortschrittlicher Partner des Westens dargestellt wird, wo doch dessen Mandat als Staatschef und als Oberkommandierender der Streitkräfte soeben unter Mißachtung jeder Legalität verlängert wurde. Die Islamische Republik Pakistan wäre vermutlich auch unter der korrupten Führung der verbannten Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto schweren Krisen ausgesetzt. Aber die Strategen des Pentagon sollten den Atombombenbesitz dieses zu zügellosem Fanatismus neigenden Vielvölkerstaates, der nur durch die eiserne Faust der Armee zusammengehalten wird, mit weit größerer Sorge beobachten und zu kontrollieren suchen als die durch feindliche Nachbarstaaten zur nuklearen Aufrüstung geradezu verurteilte Mullahkratie des Iran. So geht es mit ungebrochener Gewalt- und Willkürherrschaft weiter von Marokko, wo der Malik Mohamed VI. seinen wirklichen Einfluß in seiner Eigenschaft als »Amir-el-mu'minin«, als Befehlshaber der Gläubigen, geltend macht, bis Jordanien, wo ein haschemitischer Saud-König siebzig Prozent seiner Untertanen, die palästinensischer Herkunft sind, in Schach halten muß. Absolut schockierend mutet die Generalabsolution an, die dem libyschen Paranoiker Muammar-el-Qadhafi nicht nur von den USA, sondern auch von den Staaten der Europäischen Union erteilt wurde. Dieser berüchtigte Organisator internationaler Terroranschläge genießt plötzlich wieder das Wohlwollen seiner Petroleumklienten, ohne daß er seiner geknebelten Bevölkerung auch nur die geringste Erleichterung zukommen ließ. Statt dessen wird sein Sohn Seif-ul-Islam als dynastischer Nachfolger aufgebaut. Da gibt es auch ein paar wohlwollende Despoten, wie den Sultan Qabbus von Oman, aber das Wort »Hurriya« bleibt bei ihm aus dem offiziellen Sprachgebrauch verbannt. Gewiß, so wird man einwenden, zeichnet sich in den Palästinensergebieten eine politische Wende ab, eine Minderung der bislang alles zersetzenden Mißwirtschaft der »tunesischen« Clique. Aber die ersten Kommunalwahlen haben ergeben, daß die Führung der islamistischen Hamas, die - im Gegensatz zur Fatah-Bewegung Yassir Arafats mitsamt den Herren Mahllud Abbas und Ahmed Qurei - soziale Verantwortung übernimmt und die Nöte der armen Leute zu lindern sucht, an Einfluß gewinnt. Diese Entwicklung dürfte weder den Israeli noch den US-Amerikanern ins Konzept passen. Es hat bislang in der arabischen Welt, in der gesamten »Ummat-el-arabiya«, nur eine einzige ehrliche und freie Parlamentswahl gegeben, und zwar in Algerien im Dezember 1991. Die dort herrschende Offizierscamarilla hatte offenbar nicht damit gerechnet, daß die »Islamische Heilsfront« - »jibhat-el-islamiya lil inqadh« -, die sich bislang durch ihre karitative Fürsorge hervortat und sich keinerlei Gewaltakte schuldig machte, plötzlich im Begriff stand, die absolute Mehrheit der Abgeordneten und somit den Anspruch auf Regierungsbildung zu gewinnen. Die Reaktion ließ nicht auf sich warten und fiel extrem grausam aus. Die Militärjunta von Algier hat den Volkswillen ignoriert, die bislang relativ gemäßiste Führungsmannschaft der FIS ermordet oder eingekerkert. Über ein Jahrzehnt lang hat sie versucht, die sich zunehmend fanatisierenden »Mujahidin« - die »Afghanen«, wie der Volksmund sie nannte - mit Stumpf und Stiel auszurotten. Laut vorsichtiger Schätzung haben bei dem grauenhaften Wechsel von Aufstand und Repression 150000 Algerier den Tod gefunden, und der Widerstand der Salafisten ist immer noch nicht ganz gebrochen. Im Westen hat man sich über den brutalen Staatsstreich der Generale nicht entrüstet. Im Gegenteil, die demokratischen Regierungen Europas und Amerikas haben sich dazu beglückwünscht, daß der Kelch einer islamischen Machtergreifung am Südrand des Mittelmeers noch einmal an ihnen vorbeigegangen war. Ähnliches wie in Algerien - wenn auch nicht unbedingt mit der gleichen Vehemenz - dürfte sich im gesamten »Dar-ul-Islam« wiederholen, falls Präsident Bush es ernst meinen sollte mit der Respektierung des Mehrheitswillens der Bevölkerung. In all diesen Staaten behauptet sich außerhalb der privilegierten Wohnviertel einer schmalen Metropolenelite - in den Slums der Armen, in den Provinzstädten, auf dem flachen Land - das Verharren in der frommen islamischen Lebensgestaltung, ja es findet eine heimliche Rückwendung zu den koranischen Vorschriften der Scharia statt. Bevor sie mit der Ausschaltung der Baath-Partei von Damaskus auch noch das letzte säkulare Regime des »Broader Middle East« beseitigen, sollten sich die Orientexperten der Bush-Administration bewußt sein, daß die Einführung der Demokratie in dieser Weltgegend ein gefährliches Pokerspiel bleibt. Mit ihrer Phraseologie von »freedom and liberty« sind diese Zauberlehrlinge auf dem besten Weg, die Fundamente ihrer eigenen Fremdherrschaft, die unweigerlich auf einheimische Tyrannen angewiesen ist, eigenhändig zu erschüttern. Wenn nun gar die neokonservativen Propagandisten verkünden, die unwiderstehliche Ausbreitung freiheitlicher Ideale, die Fortschritte der Menschenrechte vollzögen sich in globaler Dimension, da kann man nur mit den empörten Spaniern, die sich von ihrem Regierungschef Jose Maria Aznar schändlich betrogen fühlten, ausrufen: »No somos idiotas - Wir sind doch keine Idioten.« So attraktiv für Völker anderer Kulturkreise sind die neoliberalen Entgleisungen, auf die sich der Westen neuerdings eingelassen hat, nun wirklich nicht. Der us-amerikanische Romancier Philip Roth, seit Jahren Anwärter auf den Nobelpreis für Literatur, hat seine Kritik an dem Bestreben seiner Heimat, die eigenen Verhältnisse der übrigen Welt zu oktroyieren, auf bissige Weise formuliert: »Dieses Land wird nicht von seiner Bürgerschaft regiert, in der jeder von uns eine Stimme hat, sondern von der Börse, die entsprechend ihren Anteilen den Aktionären gehört.« Mit dem Wort »Demokratie« ist bereits auf skandalöse Weise Schindluder getrieben worden, als Josef Stalin in Osteuropa sein abscheuliches Satellitensystem mit dem Pleonasmus »Volksdemokratie« schmückte. So sollte man wenigstens hoffen, daß nicht auch noch der Begriff »Freiheit« zum Orwellschen Synonym von Wahlbetrug, Bestechlichkeit und Unterdrückung wird. Der deutsche Publizist Paul Sethe, der dem konservativen Lager angehörte, hatte einmal geschrieben, daß die vielgerühmte Pressefreiheit des Westens mit der »Freiheit« von zweihundert reichen Leuten gleichzusetzen sei, ihre Meinungen zu veröffentlichen. Die Zahl dieser Privilegierten dürfte sich inzwischen noch verringert haben.“  (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 308-313Scholl-Latour).

 

Man muß sich das einmal vorstellen: 80 % der Weltbevölkerung sollen in ein System gezwungen werden, das 20 % der Weltbevölkerung beherbergt und das von nur 0,0000000001 % der Weltbevölkerung gepriesen wird, um von ihm weiterhin profitieren zu können. Eigentlich ist das der größte, der weltweite Skandal! 80 % der Weltbevölkerung sollen gegen ihren Willen die Demokratie annehmen, die aber selbst bei den restlichen 20 % der Weltbevölkerung nur noch eine tertiäre Rolle spielt, ein Abstiegskandidat ist, unterhalb der Plutokratie rangiert und in der die Plutokrtaie dominierenden Zeusiokratie (primäre Rolle!MehrMehrMehr) zwar aufgehoben ist - ganz synthetisch (Hegel) -, aber mehr auch nicht. Ein Kreuz auf einem Wahlzettel machen und danach ohnmächtig zusehen, welche Diktatur gewählt wurde, wie also eine noch so kleine Demokratieform wieder zerstört wird - das gilt eben besonders für die nicht-westlichen 80 % der Weltbevölkerung. Wer dieses Rezept empfiehlt, anwendet und auch sogar global verordnet, will keine Demokratie einführen, muß das aber ständig suggerieren und behaupten, um über diese Lüge und den damit verbundenen Spott die Macht über die Welt zu sichern. Weltmacht für 0,0000000001 % der Weltbevölkerung - das ist Cäsarismus! (Cäsarismus). In der Phase des Cäsarismus dominiert die joviale Zeusiokratie, in deren Dienst Plutokratie und Demokratie stehen, so sehr, daß sie den Menschen die großzügigste Freiheit aller Freiheiten einräumt, doch viele verlieren sich in dieser Unendlichkeitsfreiheit, weil auch die wenigen Reichen die Freiheit genießen, ihre Meinung im unendlichen Raum auszudehnen. So bedeutet z.B. die Pressefreiheit eben, daß etwa 100 reiche Menschen ihre Meinung medienmächtig verbreiten.

Diese Art von „Freiheit“ und diese Art von „Demokratie“ wollen aber die meisten Menschen nicht, schon gar nicht die Menschen, die nicht zum Westen (= Abendland) gehören, und das sind 80 % der Weltbevölkerung. Doch die USA nehmen wie Neu-Kreuzritter einer neu-apostolischen Bringermacht „das Invasionsrecht in Anspruch, das aus dem Bewußtsein folgt, das Geschenk Gottes an die Menschheit - es heißt im gegeben Fall democracy - widerstrebenden Empfängern wenn nötig mit Gewalt in die Hand drücken zu sollen.“ (Sloterdijk). Im Arabischen bedeutet mittlerweile die Vokabel damakrata soviel wie „westlicher Überfall auf ein Land zu dem Zweck, eine Marktwirtschaft aus ihm zu machen.“ (Sloterdijk). Die von den USA Zwangsbeschenkten nehmen trotz Widerwillen und weil sie offenbar schneller lernen können als die, durch die sie lernen, nur zum Schein das Geschenk an. So wird das, was die US-Amerikaner als das göttliche Geschenk von „Demokratie und Freiheit“ verstehen, tatsächlich zum Geschenk, denn die Beschenkten nutzen die „freie Wahl“, um eine ihnen gemäße Herrschaftsform zu erzielen - von westlichen Meinungsmachern „Diktatur und Unfreiheit“ genannt -, und um sie auch mit Gewalt durchzusetzen, wird der Terrorismus als Gegengeschenk den USA aufgezwungen. Und so wird das, was die US-Amerikaner die „Kräfte des Bösen“ (Böses) nennen, tatsächlich zum Gegengeschenk, denn als Gegenbeschenkte nutzen sie jeden „Terrorakt“, um ihre politischen und wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen. Es ist nicht leicht, diesen Geschenke-Kreislauf zu verlassen, denn einerseits wollen die USA ihre Ziele erreichen, andererseits sind sie gezwungen, z.B. ihre Prokonsuln immer mehr den Verhältnissen in den besetzten Ländern anzugleichen und entweder sie oder ihnen vertraute Marionetten zur Wahl und damit zur Diktatur zuzulassen. Man könnte meinen, dies sei sogar geplant gewesen, aber man unterschätze nicht die Dummheit:


- Dialektik des US-Imperialismus -

Die  US-Amerikaner  begehen immer wieder dieselben Fehler,
und zwar seit es sie gibt - also seit Ende des 18. Jahrhunderts.
Sie zeichnet auch aus, daß sie diese Fehler korrigieren wollen,
aber das Ergebnis bestätigt immer wieder dieselben Fehler.Fehler


Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, seit der „Bürgerlichen Revolution“, seit der „Weltrevolution“ (Welrevolution) oder, so sagte Peter Sloterdijk (Sloterdijk) 1999: „Seit zweihundert Jahren sortieren die Bürger ihre Ängste. Der Anarcho-Maritime wird an Land im günstigsten Fall zu einem Raskolnikov (der tut, was er will, es aber bereut), im weniger günstigen zu einem de Sade (der tut, was er will, und die Reue negiert), im schlimmsten Fall zu einem Neoliberalen (der tut, was er will, und sich dafür ... selber zum Mann der Zukunft ausruft).“ Seit dieser Zeit gibt es auch die „USA“, die „Vereinigten Staaten von Amerika“, das „Amerika“ (Name) !


- „US-Amerikanologie“ -

THE EARTH BELONGS ALWAYS TO THE LIVING GENERATION. THEY MAY MANAGE IT THEN
AND WHAT PROCEEDS FROM IT AS THEY PLEASE DURING THEIR USUFRUCT. THEY ARE MASTERS
TOO OF THEIR OWN PERSONS AND CONSEQUENTLY MAY GOVERN THEM AS THEY PLEASE.


„Die Erde gehört immer der lebenden Generation. Sie dürfen sie und ihre Erträge während ihrer Nutznießung daher handhaben, wie es ihnen beliebt. Sie sind Herren auch ihrer selbst und folglich dürfen sie sich regieren, wie es ihnen beliebt.“ Diese These stammt - wie die USA selbst - vom Ende des 18. Jahrhunderts. Im Lesesaal der Library of Congress wurde sie angebracht (festgenagelt) als Inschrift von Thomas Jefferson, der von 1801 bis 1809 als 3. US-Präsident regierte (Präsidenten der USA). Diese These faßt einen Impuls zusammen und verrät nämlich, was Imperialismus, was Expansiondrang, was der Name USA (name=) mit der Auserwähltheit bedeutet: europäische Herkunft, europäische Motivation, amerikanische Umsetzung mit der Selbstverständlichkeit, den Planeten Erde als Fundsache und Ressource zu behandeln (wie sie wollen, wie es ihnen beliebt - „as they please“). In dieser These „sind alttestamentarische und kolonisatorische Anspielungen nicht zu überhören: die Generation, die der Fülle der Genußrechte zugesprochen wird, ist hier natürlich keine andere als die der sich vom englischen Königtum lossagenden Neu-England-Amerikaner, die an der Küste des Nordatlantiks das Land ihrer Hoffnungen und Verheißungen gefunden zu haben glaubten. (Vgl. auch: WASPWASP). Durch das im Naturrechtsjargon schillernde Wort von der Überantwortung der Erde an die aktuelle Generation von Nutznießern klingt der glückliche Weltformschock ....“ (Sloterdijk). Hier sind die Menschenrechte „die juristische Seele des Sich-das-Seine-nehmenden Lebens. »Ist es nicht ein allgemein bekanntes Wort, daß Besitz das halbe Recht ist, das heißt ohne Rücksicht darauf, wie jemand in den Besitz kam?  Aber oft ist auch Besitz das ganze Recht.« (Melville). Die Nehmer-Unternehmer an den kolonialen Fronten stellen nichtsdestoweniger ihr Handeln, um kantianisch zu reden, unter eine Maxime, die üblicherweise eher zur Definition von Kriminalität als der von Mitwirkung bei der Globalisierung taugt: Indem sie durch pures Nehmen zu Besitzern und Eigentümern von Gütern werden wollen, entziehen sie sich den Zumutungen des gerechten Tauschs. Ihr Rechtsbewußtsein erleidet hierdurch, wie die Historie lehrt, kaum je Schaden, da sie sich auf das Recht des ausgezeichneten Augenblicks berufen: in diesem liegt die Gerechtigkeit in der Besitzergreifung selbst. Tausch und gegenseitige Anerkennung kommen später. Die Expansionsakteure, im amerikanischen Westen wie auf dem Rest des Globus, salvieren sich bei ihrem zugreifenden Tun durch eine Theorie der moralischen Lücke: Es scheint, wollen sie sagen, Zeiten zu geben, in denen das Handeln schneller sein muß als das Recht, und in eine solche Zeit ist unser Leben gefallen. Mit diesem Argument beantragen sie für sich den Freispruch wegen außerordentlicher Umstände. Was in regulären Zeiten Plünderer wären, sind in der historischen Lücke Pioniere; was in verrechtlichten oder posthistorischen Jahren Verbrecher wären, sind in der Turbulenz der geschehenden Geschichte Helden. (Und wer könnte verkennen, daß die gegenwärtige Kulturindustrie in ihrem Kriminalfilmkult weiter von der Lücke träumt, in der Verbrecher das Menschenrecht auf tauschloses Nehmen weiterhin reklamieren darf). - In jüngerer Zeit vermehren sich Indizien, die auf eine rückwirkende Verrechtlichung der Historie deuten - was zur Folge hat, daß den Agenten der Weltnahme von Christoph Kolumbus bis Savorgnan de Brazza und von Francisco Pizarro bis Cecil Rhodes nachträglich der Prozeß gemacht wird - ein endloser und prozedural ungewisser Prozeß, in dem sich Schuldsprüche und Anträge auf neue Verfahren abwechseln. (Sloterdijk / Spengler). An der Geschichte der schwarzen Sklaverei, der Indianerausrottung und des Ausbeutungskolonialismus ist die rückwirkende Kriminalisierung der Neuzeit zu Ende vollzogen, ohne daß die Verteidigung noch, wie in früheren Prozessen, auf Freispruch wegen mildernde zivilisatorischer Umstände zu plädieren wagen könnte. Gegen die Last der Dokumente und der frühen Verfahren kommen in diesen Fällen auch die resolutesten Legisten der schuldlosen Weltnahme nicht mehr auf. Wer könnte noch die amerikanischen Soldaten in Schutz nehmen, die in völkermörderischer Absicht ihren indianischen Feinden pockenverseuchte Wolldecken ins Lager schickten ?  Wer die Menschenhändler verteidigen, denen bei transatlantischen Humanviehtransporten zuweilen ein Drittel ihrer Ware verdarb?  Wer übernähme die Verteidigung Leopolds II. von Belgien, der seine Privatkolonie Kongo in das »schlimmste Zwangsarbeitslager der Neuzeit« (Peter Scholl-LatourScholl-Latour) verwandelt hatte - mit zehn Millionen Massakrierten?  Auf diesen Feldern haben sich die Geschichtsschreiber zu Staatsanwälten gegen die eigenen Kulturen wandeln müssen. An ihnen läßt sich ablesen, wie das Verhältnis von Justiz und Geschichte sich nachträglich verschieben kann. - Vielleicht ist die Globalisierung, wie die Geschichte überhaupt, das Verbrechen, das nur einmal begangen werden kann.“ (Peter Sloterdijk, Sphären II - Globen, 1999, S. 944-947 Sloterdijk).

 

Bush- IN GOD WE TRUST -
„Er hat mich gesandt, daß ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung“
WASP

Um zu erklären, welchen „Job“ die US-Amerikaner im Irak verrichten, mußte George W. Bush zwar - wie üblich - aus der Bibel zitieren, doch noch viel ausdrücklicher berief er sich auf die Geschichte, in der dieses Drama allein Sinn ergibt:

„Der Ruf der Geschichte ist an das richtige Volk ergangen ....“ Zitat

„Wir treffen uns hier in einem entscheidenden Moment in der Geschichte
unseres Landes und der zivilisierten Welt; ein Teil dieser Geschichte wurde
von anderen geschrieben; der Rest wird von uns geschrieben werden ....“ Zitat

Eines ist sicher: George W. Bush macht deutlich, daß US-Amerika vor der Weltöffenlichkeit „die Insignien der zu machenden Geschichte“ für sich in Anspruch nimmt. „Namentlich fünf Hoheitszeichen sind für die zu machende Geschichte zu reklamieren: der Primat der Kraft, die Vornehmheit der Motive, das Privileg der Einseitigkeit, die Selbstamnestie für begangene und zu begende Gewalt und die Kontrolle über die Worte (und Bilder), die den Taten folgen.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 375Sloterdijk). Für diese einseitige Proklamation riskiert US-Amerika die Entfremdung von den Verbündeten in Europa sowie die ohnehin schon tief sitzenden Haß der übrigen Welt. Doch die besonders fatale Provokation leistet sich US-Amerika durch die demonstrative Mißachtung der Freunde diesseits des Atlantiks. Daß viele Europäer ihr Nein zum Irak-Krieg durchaus vernünftig begründeten, kam den Regierenden in den USA nicht in den Sinn. Im Gegenteil. Beispielsweise wurde den Franzosen vorgeworfen, sie seien „nichts anderes als eine Horde von Schnüfflern an Frauen, die ihre Toilette vernachlässigten“ (Peter Sloterdijk, ebd.), französiche Produkte wurden boykottiert oder umbenannt in „Frosch“-Artikel und überhaupt sollten diejenigen, die sich dem Befehl der USA widersetzten, außerhalb des begehrten Geschäfts bleiben - ausgeschlossen vom Geschäft: „Out of business“!

Es wäre falsch, in der Kritik an der Politik der USA auch eine USA-Feindlichkeit sehen zu wollen, und einen „Antiamerikanismus“ gibt es ohnehin nicht, denn er bedeutet eine Feindlichkeit gegenüber Nord-, Mittel- und Südamerika - nicht zufällig steht hier der sogenannte „Antisemitismus“ Pate, denn er bedeutet eine Feindlichkeit gegenüber Semiten, obwohl die Propagandisten und Agitatoren nur die Feindlichkeit gegenüber Juden meinen, also den Antijudaismus, die Judenfeindlichkeit, den Judenhaß. Genauso falsch wäre es, von einem Antiindogermanismus zu sprechen, wenn man nämlich nur eine Feindlichkeit gegenüber einem ganz bestimmten indogermanischen Volk meint. Man kann im Grunde auch nicht von einem Antieuropäismus sprechen, wenn man nur die Feindlichkeit gegenüber Europa meint, denn dafür sind nämlich z.B. auch die Amerikaner, vor allem die Nordamerikaner und eben besonders die US-Amerikaner viel zu europäisch, genau gesagt: viel zu europäistisch. Antieuropäismus ist somit, jedenfalls kulturgeschichtlich, eine Feindlichkeit gegenüber Europäern und Amerikanern, allgemeiner gesagt: gegenüber dem Abendland. Eine Feindlichkeit zwischen Europäern und Amerikanern ist für beide Seiten schädlich. Eine Ausnahme von dieser Regel ist der Antiunilateralismus. Während die us-amerikanische Armee im Irak, margianl unterstützt von Engländern, Italienern, Polen (Esel) und anderen „Anwärtern auf Trinkgelder, die den Kellnern an der Tafel der neu servierten »Geschichte« zufallen (Mehr) in wenigen Tagen die demoralisierten Truppen Saddam Husseins beiseite räumte, stellte sich der übergroße Rest der Nichtfreunde kriegerischer Taten ... mit neuem Selbstbewußtsein auf, als habe er durch das gebotene Schauspiel erst ganz begriffen, welches die eigenen Werte sind“ (Sloterdijk): Es sind im Grunde die der früheren USA. „Die Kritiker des Irak-krieges widersprechen der USA-Führung nicht mit der Stimme des »Antiamerikanismus« (richtig gesprochen: USA-Feindlichkeit) - ein Ausdruck, den manche Agitatoren gern als eine Zweitbezeichnung für »Antisemitismus« (richtig gesprochen: Antijudaismus, Judenfeindlichkeit, Judenhaß) auffassen wollen, um das Ungehörige des Widerspruchs nur recht hervorzukehren. .... Was in den vielstimmigen Vorbehalten gegen den außenpolitischen Habitus der USA zur Sprache kommt, ist nicht mehr und nicht weniger als ein abgeklärter Antiunilateralismus. .... Es liegt im übrigen auf der Hand, wieso Israel, US-Amerikas koexzeptioneller Verbündeter und Mitverächter der internationalen Meinung, von dem verdeutlichten antiunilateralen Geist einen Teil zu spüren bekommt. Es steht den Interessenten frei, dies als »neuen Antisemitismus« mißzuverstehen ....“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 381-382Sloterdijk). Mißverständnisse über Mißverständnisse, und hinter ihnen steckt fast immer dieselbe Absicht!

Eskapismus Real existierender Eskapismus Eskapismus

Was die US-Amerikaner den American Dream nennen (zuweilen auch als American Creed bezeichnet), spiegelt sich angeblich in jedem einzelnen US-Bürger wider - also ganz individuell, weshalb die Anzahl der Definitionen für diesen Traum (für dieses Glaubensbekenntnis) exakt gleich groß sei mit der Anzahl der Einwohner des Landes. „Reduziert man aber alle auf us-amerikanischen Boden geträumten Träume über die Bedeutung des Daseins-in-diesem-Land auf ihre Radikale, so erhält man wahrscheinlich nicht mehr als drei weiter kondensierbare Motive. (1) Das erste besteht in dem Postulat, die USA seien ihrem Wesen nach das Land, in dem ... jeder noch etwas Neues tun kann, der etwas Neues tun will. Unter dem verfassungsmäßigen Rechten der US-Bürger ragt die Erwartung hervor, jederzeit einen Raum vorzufinden, der Vorstöße und Initiativen günstig aufnimmt. Man könnte dies das Recht auf Westen nennen, im mehr als nur geographischen Sinn, da »Westen« ein Symbol für Straffreiheit beim einseitigen Vordringen in unerschlossene Gebiete bedeutet, sie mochten früher Wyoming oder Kalifornien heißen (Karte) und sich heute ... Marsbesiedlung (Marsbesiedlung) oder künstliches Leben (Beispiel) nennen. (2) Das zweite Merkmal ist mit dem Terminus Auserwählung zu verknüpfen - ein Ausdruck, der über ein vielfarbiges Bedeutungsspektrum gleitet ... bis hin zu der ... Idee, daß es der tiefe Sinn des Landes sei, die protestantische Überbietung der jüdischen Ausnahme zu beherbergen. Auserwählung ist die angloamerikanische Deklination der im kontinentalen Europa erfundenen Subjektivität .... Auserwählung ist das us-amerikanische Paßwort zur Enthemmung des Handelns und Auftretens auf der Weltbühne. .... (3) Das dritte Merkmal schließlich betrifft den psychodynamischen Gesellschaftsvertrag der USA, durch den der immerwährende Vorrang der Manien vor den Depressionen festgeschrieben wird. Dieser Sachverhalt manifestiert sich unter anderem in dem ... irritierenden Code des Optimismus, der die eigentliche Landessprache darstellt. (Optimismus). Aus ihm ergibt sich die elanvolle Gewohnheit der durchschnittlichen US-Amerikaner, Probleme als Herausfordeung zu formulieren. (Beispiel) .... Die nationalen Mobilmachungen gegen Krankheit und verborgene Feinde sind direkte Ausflüsse eines impliziten manischen Verfassungszusatzes, nach welchem es keinem Bürger der Vereinigten Staaten zugemutet werden darf, einen inneren oder äußeren Grund für Depressionen bestehen zu lassen. (Mehr) .... Dies führt zu einem Habitus der erzwungenen kollektiven emotionalen Bilanzfälschung, weil niemand bei der Saldierung von Hoch und Tief ins Minus geraten will (!!!). .... Faßt man die drei Primärpunkte zusammen, so ergibt sich das Urteil: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ihrem psychopolitischen Design zufolge das Land des real existierenden Eskapismus (Eskapismus).“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 365-368Sloterdijk). Um die drei Merkmale noch einmal umgangssprachlich zusammenzufassen: Scheinbar unbesiegbares Western-Heldentum (siehe: 1) mit dem Privileg der Auserwähltheit (siehe: 2) und der Manie (siehe: 3), die konsequent die kollektive Bilanzfälschung erzwingt. Bilanzbetrug

In den USA existieren ein Pessimismus und eine Depression gerade um so mehr, weil sie geleugnet werden! Der Zwang zum Optimismus und zur Megalomanie kann nur an der Oberfläche einen anderen, falschen Eindruck vermitteln. Ihrer sehr gefährlichen autohypnotischen Programmierung, ihrem Größenwahn und Verfolgungswahn entsprechend, darf es in den USA nur Gewinner, Optimisten und Sieger geben, aber keine Verlierer, keine Pessimisten, keine Depressiven. Auf dem us-amerikanischen Floß der Medusa, so Sloterdijk, wird „die Existenz der Depressionsgruppe weithin schlicht geleugnet. Es gibt dem puritanischen Code gemäß keine Verlierer in diesem Land .... Der psychopolitische Bilanzbetrug, der das System im ganzen trägt, will in erster Linie die riesenhafte Zahl der Verlierer unsichtbar machen, die in der Spielhalle des pursuit of happyness zurückbleiben mußten. Nichtsdestoweniger liegen die Daten so offen zutage, daß es auch für die Bewunderer des us-amerikanischen Modells nicht leicht ist, sie zu ignorieren. Es gibt in den USA mehr aussichtslos Arme, als der Irak Einwohner besitzt, es gibt mehr chronische Psychopharmaka-Konsumenten als in jedem anderen Land der Erde, es gibt mehr Menschen mit schwerstem Übergewicht als in allen übrigen Ländern der Welt (wovon eine vorbildlose nationale Fett-Debatte, ja sogar eine tiefsinnige Fett-Hermeneutik Zeugnis ablegen; vgl. u.a. Jedediah Purdy, Jeder ein König. Amerikaner sind dick. Auch ihre Politik hat ein Problem -da gibt es Zusammenhänge, in: Die Zeit, 44 / 2004, S. 44), es gibt mehr politisch nicht vertretene Gruppen und Nichtwähler als in jedem anderen demokratischen Staat, es gibt proportional zehnmal mehr Strafgefangene in den USA als in Europa und sechs- bis achtmal mehr als in den meisten übrigen Ländern der Welt. Dennoch bleiben all diese Problemkollektive dem (US-) American way of life verpflichtet, indem sie sich mit Hilfe eines elaborierten Systems der Depressionsvertuschung und der inneren Bilanzfälschung über Wasser halten. Sie vermeiden es, in den Abgrund zu sehen, der vor den Füßen jedes glücklosen Glückssuchers in diesem Land aufklafft. Aus ihm steigt eine bekannte Melodie herauf, deren Text man erst bei näherem Hinhören versteht. Einmal verstanden, macht er den Hörer erschauern: If I can't make it there, I'll make it nowhere.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 387-388Sloterdijk).

Kultur ist vielleicht nicht alles, aber ohne Kultur ist alles sicher nichts. Warum für mich die Kultur (wie eine „Hülle“ oder „Treibhaus“) wichtiger ist als die Wirtschaft (wie eine „Hausverwaltung“ oder „Hausordnung“) und warum nicht nur die USA, sondern der gesamte Westen (das Abendland) dies stets zuerst berücksichtigen sollten, können auch folgende Sätze verdeutlichen, wenn auch mehr auf eine spezifisch Sloterdijk'sche Weise: „Es ist immerhin eine erwiesene Tatsache, daß das aktuelle Weltsystem - das ... keineswegs ein Sphäre ohne Außen ist - sich aus einem patchwork von mehr oder weniger freien Marktwirtschaften auf der Basis von Nationalstaaten zusammensetzt und die Außengrenzen dieses Geflechts so gut wie überall durch die Präsenz von us-amerikanischen Truppen markiert werden. Nimmt man diese Verhältnisse zur Kenntnis, so zeigt sich die liberale These vom Primat der Ökonomie unter einem veränderten Licht: Tatsächlich muß innerhalb des kapitalistischen Weltinnenraums vom Vorrang der wirtschaftlichen Tatsachen ausgegangen werden - aber diese Tatsachen haben von sich her immer einen weltpolitischen, genauer geopolitischen Charakter, weil das Große Treibhaus ohne Ressourcensicherung und Außenhautmanagement nicht erfolgreich betrieben werden kann. Im militaristischen Stil der US-Außenpolitik (und zumal in der zunehmenden Militarisierung der Energiepolitik) muß daher die ordnungspolitische Komponente der westlichen Konsumstrukturen im ganzen gesehen werden. Unter diesem Gesichtspunkt kommt der vom Bushismus provozierten Spaltung der atlantischen Gemeinschaft eine hohe zivilisationspolitische Bedeutung zu, weil sich nun erweisen muß, ob die Europäer imstande sind, sich von Status des stillen Teilhabers us-amerikanischer Gewaltpolitik zu emanzipieren, ohne selbst den Weg zur Remilitarisierung der Beziehungen zu den Energie- und Rohstofflieferanten zu beschreiten.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 389-390Sloterdijk).

Herr Bush jedenfalls will das „Bestehende“ verteidigen - etwas anders gesagt: Herr Bush und die Mehrheit der US-Amerikaner fühlen sich „der Mission verpflichtet, das »Bestehende« nicht anzutasten. Ihr Mittel ist die unaufhörliche Beschwörung des Traums von einer schlechteren Welt, neben der die vorhandene wie die verwirklichte Utopie erscheint, würdig, mit allen Mitteln verteidigt zu werden.“ (Peter Sloterdijk, Zorn und Zeit, 2006, S. 292Sloterdijk). Wie gesagt: Pessimismus und Depression haben in den USA die größte Bedeutung !

 Zeigefinger 

Präsidenten der USA Schlußbetrachtung: 43. US-Präsidentschaft Präsidenten der USA

Die übertriebene Einstellung gewisser Teile der Bevölkerung zu George W. Bush war sowohl am Anfang als auch am Ende seiner Präsidentschaft fast genau gleich; zwar war sie am Anfang (2001) überwiegend positiv und am Ende (2009) überwiegend negativ; trotzdem war sie fast genau gleich im Ausmaß an Übertreibung.

Wer einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel (!) - so könnte man die Überzeugung der Bush-Regierung zusammenfassen. Sie hat unglaublich viele Fehler gemacht und obendrein - natürlich - aus diesen Fehlern nichts gelernt. Am schlimmsten wird für die Zukunft der US-Amerikaner sein, mit dem beschädigten Ansehen, das die Bush-Regierung noch verstärkt hat, zu leben. Beschädigt war ihr Ansehen aber auch schon ganz am Anfang.

 

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Anmerkungen:


Vgl. Immanuel Kant (1724-1804Kant), „Zum ewigen Frieden“ (1795). Durch Handel und Wohlstand zum ewigen Frieden, meinte Kant. Zwar behauptete er auch, daß die einzige Lösung für das amoralische Grauen der Hobbesschen Welt in der Schaffung einer Weltregierung bestehe, aber ebenso befürchtete er, „der »Zustand universellen Friedens«, der durch die Weltregierung ermöglicht würde, stelle eine noch größere Bedrohung für die menschliche Freiheit dar als die Hobbessche Weltordnung, weil eine solche Regierung mit ihrem Machtmonopol zum schrecklichsten Despotismus führen müsse. Wie die Staaten den ewigen Frieden verwirklichen können, ohne die menschliche Freiheit zu zerstören, war ein Problem, das Kant nicht lösen konnte.“  (Robert Kagan, Macht und Ohnmacht - Amerika und Europa in der neuen Weltordnung, 2003, S. 68f.). Kein Mensch kann dieses Problem lösen!

Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel „Parallelenaxiom“ deutlich werden kann: Euklid (Euklid) hat in seinen „Elementen“ (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß (Gauß) ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390 Spengler). Vgl. dazu auch das Germanentum (Germanen).

„But often possesion is the whole of the law.“ (Herman Melville, Moby Dick oder: Der weiße Wal, 1851, S. 484Melville). „Dieses Tier hat seinen Namen von Rundung oder Rollen, denn im Dänischen bedeutet hvalt gebogen oder gewölbt (Webster's Dictionary). Wal - kommt noch unmittelbarer von dem niederländischen und deutschen wallen; angelsächsisch walwian: rollen, sich wälzen (Richardson's Dictionary).“ Herman Melville (1819-1891) - sprachwissenschaftlich exakt - über den weißen Wal. Über diese etymologische Beschreibung hinaus hat Herman Melville in der Gestalt des Kapitän Ahab den Seefahrern ohne Wiederkehr ein überragendes Denkmal gesetzt, meint Peter Sloterdijk: „Ahab verkörpert die luziferische, die verlorene Seite der europäisch-amerikanischen Seefahrt - ja überhaupt die Nachtseite des Projekts der kolonialen Moderne und der Naturausplünderung, das nur durch Sphärensprengungen und Peripherieverwüstungen vorankommt. .... Durch seine »wallende« Gestalt wirkt der Wal auf seine Bewunderer und Hasser als der Inbegriff einer Macht, die sich in unheimlichen Meerestiefen ausschließlich in sich selber dreht. Moby Dicks Majestät und Kraft vertreten den ewigen Widerstand eines unauslotbaren Lebens gegen die Motive der Jäger. Sein Weiß repräsentiert zugleich den nicht-sphärischen, glatten Raum, in dem sich Reisende um jede Intimitätserwartung, jede Empfindung von Ankunft und neuer Heimat betrogen fühlen werden. Es ist nicht umsonst die Frabe, die von den Kartographen für die terra incognita reserviert war. Melville nannte Weiß »die Allfarbe einer Gottlosigkeit, vor der wir zurückschrecken« (Melville), weil sie uns, wie die weiße Tiefe der Milchstraße an die »herzlose Leere und Unermeßlichkeit des Universums« erinnert ....“ (Peter Sloterdijk, Sphären II - Globen, 1999, S. 938-939Sloterdijk).

„A colorless all-collor of atheism from which we shrink“ (Herman Melville, Moby Dick oder: Der weiße Wal, 1851, S. 252Melville).

Dieses „USA-Modell“ ist falsch - das beweisen alle bisherigen Versuche. Dort, wo ein dem „USA-Modell“ ziemlich ähnelndes System herrschte, nämlich in westlichen (= abendländischen) Staaten, brauchte es nicht eingeführt zu werden, und dort, wo es nicht herrschte, konnte es nicht eingeführt werden, weil es jedes Mal - die historischen Beispiele beweisen es - unmittelbar nach dem Versuch einer Einführung korrumpiert und in die vertraute Tradition umgelenkt wurde. Die „parlamentarische Demokratie us-amerikanischen Modells“ und die „freie Marktwirtschaft us-amerikanischen Modells“, die hemmungslose Marktwirtschaft nur sein kann, werden zunächst willig angenommen, danach aber genauso hemmungslos in die Tradition der jeweiligen Kultur gepreßt. Wem hat z.B. Südkorea seinen wirtschaftlichen Erfolg zu verdanken?  Wie konnte es nach dem Korea-Krieg (1950-1953) allmählich aufsteigen, um später sogar Platz 12 der Wirtschaftsmächte, Platz 6 der Erdölverbraucher oder Platz 5 der Stahtproduzenten zu erreichen?  Es war jedenfalls nicht das „USA-Modell“. Dazu bedurfte Südkorea (wie viele der anderen nichtwestlichen Staaten auch)  nicht der „freien Marktwirtschaft“, nicht des „weltoffenen Wettbewerbs“, schon gar nicht der Parteienvielfalt, nicht der „westlichen Demokratie“, nicht der Respektierung der „Menschenrechte“, sondern lediglich einer konfuzianisch fundierten Strenge eines soldatischen Patriarchen (Mehr). Es war also die Tradition der ostasiatischen Kultur (vgl. ChinaChina), die Südkorea zu diesem Erfolg befähigte. Und, um bei diesem Beispiel zu bleiben, nur so wird auch Nordkorea Erfolg haben können.Mehr

Der Deutsche Klaus Fuchs (1911-1988) aus Rüsselsheim war Kernphysiker und an der Entwicklung der Atombombe beteiligt.

Am 04.04.1949: Belgien, Dänemark, England, Frankreich, Holland, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Portugal und USA; seit 1952 auch Griechenland und Türkei; seit 1955 auch West-Deutschland; seit 1982 auch Spanien. Der NATO-Vertrag ist ein Beistandsvertrag der Verteidigung! Nur der Verteidigung! NATO-Vertrag

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002. Scholl-Latour

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 53-56. Scholl-Latour

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 54. Scholl-Latour

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 57-58. Scholl-Latour

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 61-62. Scholl-Latour

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 329. Scholl-Latour

Peter Scholl-Latour (1924-2014Scholl-Latour), Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 47 und 50. In diesem Buch heißt es im Vorwort bzw. zur „Einstimmung“ u.a.: „Denjenigen, die an der dynamischen Erneuerungsfähigkeit des »homo americanus« zweifeln und bei ihm irreversible Degenerationserscheinungen festzustellen glauben, möchte ich eine Aussage Helmut Schmidts entgegenhalten, der bei einem Fernsehgespräch die anhaltende Vitalität der US-Bevölkerung auf die Robustheit, den Abenteuermut, den brutalen Durchsetzungswillen der sukzessiven Einwandererwellen zurückführte, die die Gestade der Neuen Welt überfluteten. Im selben Interview befand der Altbundeskanzler, daß die United States of America von Anfang an »imperialistisch« veranlagt gewesen seien. Das habe sich im neunzehnten Jahrhundert bei der Auslöschung der indianischen Stämme zwischen Atlantik und Pazifik sowie bei der Halbierung des mexikanischen Staatsgebietes gezeigt, ehe diese Expansion um 1900 mit dem Sieg über Spanien (18981898) den pazifischen Raum bis an die Küsten Chinas einbezog.“ (Ebd., S. 10). Im 20. Jahrhundert war die Welt noch mit den USA verbündet, aber wird sie das auch noch in Zukunft sein?  (Es sieht nicht danach aus). Peter Scholl-Latour meint dazu jedenfalls, daß Nachdenklichkeit und Skepsis geboten seien und daß die „Propheten des Unheils“ darüber streiten, ob innere Zwistigkeiten oder äußere Verzettelungen, z.B. „die Verwicklung in eine endlose Serie unlösbarer Regionalkonflikte den USA zum Verhängnis würde.“ Es sei an die Zeit erinnert, als Kolumbus 1492 die Neue Welt (AmerikaAmerika) betrat und der Aufstieg der Habsburger gerade begründet worden war: „AEIOU - Austria est imperare orbi universo“ (Alles Erdreich ist Österreich untertan), so Friedrich III. (Deutscher König und Kaiser; er regierte 1440-1493Friedrich III.) - alles Erdreich (alle Welt, die ganze Welt) gehörte den österreichischen Habsburgern also schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als der Aufstieg des deutschen Hauses Österreich begann, doch die Habsburger Dominanz dauerte nicht ewig, weshalb Peter Scholl-Latour noch eine Formel erwähnt: „Sic transit gloria mundi“ (Ebd., S. 11): So vergeht die Herrlichkeit der Welt. Scholl-Latour

„Vereinigte Staaten von Amerika“ - dieser Name ist ein Indiz für den Willen zum Imperialismus; er ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, weshalb der Name „Vereingte Staaten der Falschbenannten“ in mehrfacher Hinsicht richtig ist. „Freilich heißt auch der Kontinent, den Kolumbus entdeckte, der mittel- und südamerikanische, nicht nach ihm selbst, wie es sich nach den Regeln des Globalisierungsspiels gebührte, sondern nach einem seiner Rivalen im Wettlauf um die Erschließung der Neuen Welt. Infolge einer problematischen Tauf-Hypothese des deutschen Kartographen Martin Waldseemüller aus dem Jahr 1507 blieb der feminisierte (weil Kontinente -Gefäße des Lebens - weiblich sein müssen) Vorname des Kaufmann-Entdeckers Amerigo Vespucci an dem Kontinent hängen, dessen Ostküste der Florentiner nach unsicheren Quellen im Jahr 1500 bis zur Amazonasmündung erforscht haben soll. In diesem Benennungserfolg spiegelt sich die Durchsetzungskraft einer von Waldseemüller publizierten, annähernd herzförmigen planisphärischen Weltkarte, die zugleich die älteste im Holzschnitt-Verfahren gedruckte Karte darstellt. Zu ihrer Durchsetzung - sie soll eine Auflage von eintausend Stück gehabt haben, von der sich nur ein einziges bekanntes Exemplar erhalten hat - trug eine Begleitschrift bei, die noch im Jahr ihres Erscheinens dreimal nachgedruckt werden mußte. Aus derselben Zeit stammt der Waldseemüller-Globus, der für die Südhälfte der Neuen Welt denselben Benennungsvorschlag - America - aufweist. Es bleibt zu erwägen, ob nicht die Herzförmigkeit der Karte zu dem Triumph von Waldseemüllers kosmographischem Bravourstück Entscheidendes beigesteuert hat, denn was konnte für die weltvorstellende Einbildungskraft ergreifender sein als der Gedanke, den gesamten Flächeninhalt der irdischen Kugel auf einem großem Herzen abzubilden?  Daß sich Waldseemüller später von seiner Vespucci-Hypothese abwandte, konnte den Siegeszug des von ihm (und Matthias Ringmann) lancierten Namens nicht mehr aufhalten. Auf dieser Grundlage sollten sich die Länder der Neuen Welt zu den Vereinigten Staaten der Falschbenannten entwickeln.“ (Peter Sloterdijk, Sphären II - Globen, 1999, S. 923-925Sloterdijk). Der Name „Amerika“ - 1.) ein Produkt der Laune und 2.) bezogen auf Mittel- und Südamerika - hat also mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus wenig und mit Nordamerka noch weniger zu tun. Und ausgerechnet ein Land in Nordamerika nennt sich „Vereinigte Staaten von Amerika“ (Wille zum Imperialismus) und immer häufiger sogar nur noch „Amerika“ (Kriegserklärung): Der Wille zum Krieg!

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Sphären II - Globen (Makrsophärologie), 1999, S. 899. (Trilogie). Oder auch in: ders., Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 149. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Sphären II - Globen (Makrsophärologie), 1999, S. 937-938. (Trilogie). Oder auch in: ders., Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 181-182. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Sphären II - Globen (Makrsophärologie), 1999, S. 941. (Trilogie). Oder auch in: ders., Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 186-187. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Sphären III - Schäume (Plurale Sphärologie), 2004. Trilogie

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 366. Sloterdijk

Künstliches Leben - die Vorarbeit leisten z.B. Genforschung (Genforschung) und Nanotechnologie (NanotechnologieNanoforschung). Die Vorstellung der US-Amerikaner, es sei „die natürlichste Sache der Welt, unter allen Gesichtspunkten an der Spitze zu liegen“ (Peter SloterdijkSloterdijk) hat immerhin dazu geführt, daß die USA nach dem 2. Weltkrieg Deutschland, das vorher auf allen Gebieten und mit weitem Abstand unangefochtener Weltmeister (Weltmeister) war, zu überholen. Die USA haben es also geschafft, Deutschlands Platz 1 in der Welt zu erobern: Deutsche Wissenschaftler wurden nach dem 2. Weltkrieg ins Land geholt - das berühmteste unter vielen Beispielen ist wohl Deutschlands Freiherr Wernher von Braun (1912-1977Wernher von Braun) -, wodurch der traditionelle kulturelle Transfer von Ost nach West, von Europa nach Amerika, erstmals umgedreht werden konnte, also ein kultureller Retransfer von West nach Ost, von Amerika nach Europa, erstmals möglich wurde (Mehr): Die Verlagerung des Schwerpunktes von Deutschland (und damit von Europa) auf die USA hat die US-Amerikaner mehr als je zuvor beflügelt: „The American Dream“ (mehr noch: „The American Creed“, weil ein Glaubensbekenntnis) hat ihr Westernheldentum (US-Westernheldentum), ihren Auserwähltheitsglauben (US-Auserwähltheitsglauben), ihre Manie (US-Manie) noch einmal bekräftigt, ihren,„real existierenden Eskapismus“ (Eskapistische USA) noch einmal bestätigt (Eskapismus) - „Heimstätte von Entkommenen aller Art, ... Asylstätte zahlloser Verzweifelter und Schiffbrüchiger, ... Einwanderungsland, ... weit genug, um allen Begeisterungen in sicherer Entfernung ... das Siedlungs- und Verkündigungsrecht zu geben“ (Sloterdijk), doch gerade die „oft glossierte, für Europäer rätselhafte Religiosität der US-Amerikaner impliziert sehr häufig den massiv vorchristlichen, von Calvin (1509-1564Calvin) mit hoher krimineller Energie reformulierten Gedanken, daß Gott mit den Siegern sei, gleichgültig, was die neutestamentlichen Blockflöten von der Vorliebe des Allmächtigen für die Schwachen singen und sagen. Daß in den USA bereits eine postchristliche synkretische Religion dominiert, versucht Harold Bloom zu zeigen in seinem Buch: The American Religion. The Emergence of the Post-Christian Nation, New York, 1992. Siehe auch: Craig Venter / Peter Sloterdijk, »Wir erleben eine Fusion zwischen Börse und Bio-Illusion« (Venter / Sloterdijk), in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21.02.2001, S. 51f. .... Nach dem 11. September 2001 wurde im Krieg gegen das Unsichtbare eine stark beachtete, konfuse zweite Front eröffnet, weil es ebenso un(us-)amerikanisch ist, durch unaufspürbare Terroristen angreifbar zu sein. Die nationalen Mobilmachungen gegen Krankheit und verborgene Feinde sind direkte Ausflüsse eines impliziten manischen Verfassungszusatzes, nach welchem es keinem Bürger der Vereinigten Staaten zugemutet werden darf, einen inneren Grund für Depresionen bestehen zu lassen. US-citizens profitieren von einem Extramenschenrecht, das die Unterordnung der herabziehenden Affekte unter das Hochgefühl fordert und die Beseitigung der Ursachen für Herunterziehendes mit allen Miteln billigt. Wer in den USA lebt, kann unter Beifall der ... Umgebung stets von dem Recht auf konsequentes Wegdenken und Wegräumen der Hochgefühlsstörungen Gebrauch machen. Dies führt zu einem Habitus der erzwungenen kollektiven emotionalen Bilanzfälschung, weil niemand bei der Saldierung von Hoch und Tief ins Minus geraten will.“ (Peter SloterdijkSloterdijk). Ein deutsches Sprichwort könnte hier helfen: Hochmut kommt vor dem Fall. Die Frage ist jedoch, ob und wie man jemandem helfen kann, dessen Verfassung das Fallen verbietet. Deutscher Optimismus, philosophisch wohl am stärksten von G. Wilhelm Leibniz (1646-1716Leibniz) vertreten, ist temperierter Optimismus, idealer Optimismus, ja überhaupt Idealismus; er kann für die manischen Optimisten der USA nicht ausreichend sein, weil sie nicht den Optimismus, sondern den Hyperoptimismus anstreben - und der ist krankhaft -, so, wie sie auch nicht die Perfektion, sondern die Hyperperfektion anstreben. Seit ihrer Geburt am Ende des 18. Jahrhunderts verfolgen die US-Amerikaner „eine nicht-leibnizianische Version von Optimismus .... Nach diesem Modell darf die gegebene Welt als die beste gelten, sofern sie von Ellis Island aus gesehen perfekt genug ist, um unbegrenzte zusätzliche Perfektionierungen aufnehmen zu können.“ (Peter SloterdijkSloterdijk). Trotz aller Bereitschaft der US-Amerikaner zur Korrektur ihrer Fehler und zur Verbesserung allgemein: US-Optimismus ist Naivität. Doch noch fataler ist, daß hinter diesem manischen Hyperoptimismus die Depression steckt, die ihren Durchbruch noch nie verpaßt hat, wie die Geschichte der Psychiatrie zu erzählen weiß. (Mehr). USA

Auch die Geschichte der Psychiatrie beweist, daß man der Geschichte nicht entfliehen (vgl. Eskapismus der USAEskapistische USA) und eben auch nur sehr wenig aus ihr lernen kann. Das gilt für Selbste und für Gemeinschaften gleichermaßen. In den USA scheint man Begriffe wie z.B. „Karthasis“ oder „Revolution“ ganz anders zu verstehen als in Europa. Sloterdijk schrieb 2005, daß die us-amerikanische „»Revolution«“ sich gleichzeitig mit der Unabhängigkeitserklärung (4. Juli 1776) ereignete, die „nicht so sehr das englische Mutterland, sonderm das gesamte System alteuropäischer Maße, Gewichte und Vorurteile über die Last der Welt hinter sich ließ. Der Begriff »Revolution«, wenn er politisch und futuristisch gemeint ist, klingt folglich für gebürtige US-Amerikaner nach sinnloser Aufregung - als wollte man ihnen zumuten, den vor zweihundert Jahren gewonnenen Krieg gegen die britische Krone noch einmal zu führen. Die einzige Befreiungsbewegung, die für US-Amerikaner weiterhin sinnvoll erscheint, ist jene, mit der man sich von den persönlichen Relikten des historischen Lebens loszumachen versucht, dem Herkommen aus der eigenen Familie: Jeder Einzelne kann im Privaten die Sezession von der Geschichte wiederholen, indem er das innere Kind von der Vorherrschaft der Elternwelt befreit. Die unermeßliche Weite der us-amerikanischen Therapielandschaften zeugt für die resolute Abkehr ihrer Bewohner von allem, was einmal bedrückende äußere Wirklichkeit war. Nicht zu vergessen ist dabei, daß die Befreiung des inneren us-amerikanischen Kindes auf den vor aller Zeit erschaffenen Sieger zielt - den Sieger, der heute mit den Zügen des Opfers auf die Bühne tritt. .... Wie schon die Einwanderer nur um den Preis des Abschieds von der mitgebrachten Identität zu echten US-Amerikanern werden konnten, liquidieren ihre Nachkommen nun auch den psychischen Schutt, der aus den Innenwelten von gestern in die Neue Welt mitgebracht wurde. Die us-amerikanische Therapie besteht darin, historische Gebrochenheit in posthistorische self reliance umzuwandeln.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 370-371Sloterdijk). Und das ist m.E. unmöglich! Denn in Wirklichkeit gibt es (noch) nicht das Posthistorische! (?BeispielSingularitätModerneDie Geschichte ist nicht zu Ende!Neu-/Nachgeschichte) ! Mehr

Was Sloterdijk meint, ist das SPÄTHISTORISTISCHE (Mehr) ! Nehmen wir ein Beispiel: Das in geschichtsphilosophischer Hinsicht entscheidende Motiv des Irakkriegs bestand laut Sloterdijk „in der expliziten Wiederbegründung des Unilateralismus als Stil der Praxis, von welchem jetzt erst im Licht der Handlungstheorie erkennbar“ (Sloterdijk) werde, wie sehr er das prägende Merkmal von Europas welthistorischer Periode gewesen sei, und: „In einer spinozistischen Sicht wäre die einzige Rechtfertigung der Weltnahme durch die Europäer in der Tatsache zu finden gewesen, daß die Kräfte hierzu vorhanden waren; da jedem Können ein spezifisches Sollen innewohnt, hätten die imperialen Europäer zu ihrer Zeit nichts anderes getan, als die Bahnen der Kraft abzuschreiten, die ihrem Vermögen angelegt waren“ (Sloterdijk). In analoger Weise, so Sloterdijk, ließe die us-amerikanisch-englische Irak-Intervention sich lesen. „Man tat, was man tat - um Tony Blair das Wort zu geben -, »weil wir es tun konnten«“. (Sloterdijk). Sloterdijk meint zwar mit „»Geschichte«“ nur „die Erfolgsphase des unilateralen Aktionsstils“ (Sloterdijk), doch der ist ja auch nur von den Europäern auf die USA übergegangen, also nicht zu Ende gewesen (außer in den Köpfen der Ideologen, die die Friedensdividende zu Ende abkassieren wollten!). Ein anderes Beispiel: „Es ist eine Spezialität der postfaschistischen Deutschen, bewußt kein auserwähltes Volk mehr zu sein. Auf diese Weise präsentieren sie sich erneut als negatives Unikum.“ (Peter Sloterdijk, Eurotaoismus, 1989, S. 296). Das ist zwar richtig, ändert aber nichts an der Tatsache, daß sich US-Amerikaner (und auch noch einige Engländer), als wären sie „die Juden“, um so mehr als auserwähltes Volk ansehen. Sloterdijk meint auch, daß seit der 1989 begonnenen Ära George Bush d.Ä. (Reagan) eine manische „Restauration“ inszeniert wird, und es „geht dabei wie selbstverständlich wieder um »Geschichte« von oben, besser: von ganz oben“ (Sloterdijk). Auch das ist zwar richtig, aber warum sollen ausgerechnet die USA auf die geschichtliche Rolle verzichten, die jedes andere Land noch viel „selbstverständlicher“ zu übernehmen bereit wäre?  Ist es nicht sogar besser, wenn die USA - gerade auch in dem Sinne, wie Sloterdijk sie versteht - diese Rolle spielt, bevor sie selbst zum Opfer wird, und zwar nicht „viktimologisch“ (aus strategischen Gründen das Opfer nur vortäuschendViktimologie) verstanden, sondern tatsächlich?  Die Alternativen sind noch „restaurativer“ und schrecklich bitter: Europa?  China?  Und sollen wir etwa vergessen, wie gefährlich der Kalte Krieg tatsächlich war, auch wenn wir ihn mit sehr viel Glück überstanden haben oder etwa sogar: weil wir ihn mit sehr viel Glück überstanden haben?  Nicht wenige Menschen scheinen den Kalten Krieg auch im Rückblick falsch einzuschätzen: die Bedeutung dieser Hochrüstungsära für den späthistoristischen (Sloterdijk sagt: „posthistorischen“) „Lernzyklus zeigt sich im Rückblick darin, daß in ihr die gegenseitige Hemmung von Akteuren höchsten Ranges zur Primärevidenz ... geworden war“, so Sloterdijk, doch scheint er vergessen zu haben, daß es mehrmals fast zu einem Atomkrieg gekommen wäre, besonders zur Zeit der Kubakrise (1962). Die Militärs hatten zwar gelernt, aber die Politiker nicht! „Mit einer Blindheit, die an antike Helden denken läßt, übersehen die us-amerikanischen Strategen und Konsultanten dank ihrer erworbenen Unfähigkeit, elementare Tatsachen zu erkennen, daß reziproke Hemmung den modus operandi des postmodernen Weltzusammanhangs als solchen ausmacht.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 377-378Sloterdijk). Sloterdijk meint die typisch abendländische SPÄTMODERNE (Spät-Moderne): das SPÄTHISTORISTISCHE! Mehr

Viktimologisch argumentierten ja auch die Römer; auch sie benutzen ihre Opferrolle, um ihre Täterrolle zu legitimieren: sie gingen „seit 146 (v. Chr.) nur deshalb an die Verwandlung der östlichen Ländermasse in Provinzen, weil es ein anderes Mittel gegen die Anarchie nicht mehr gab. Und auch das hatte zur Folge, daß die innere Form Roms, die letzte, die noch aufrecht geblieben war, sich unter dieser Belastung in den gracchischen Unruhen (136-121) auflöste.“ (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1917-1922, S. 1089Spengler). Wurde aus Sicht der Massen „der Römer“ immer mehr zu einer sie abstoßenden Größe - patronisch herrschender Amtsadel (Nobilität, bestehend aus Patriziern und minderberechtigten Plebejern) und Nur-Geschäftssinnige (nichtadelige Geldgeber) -, so gilt in Analogie zum Abendland: herrschender Amtsadel als eingewanderte High Society (Nobility, bestehend aus Angelsachsen und minderberechtigten Kontinentaleuropäern) und eingewanderte Nur-Geschäftssinnige (vor allem Juden). Und tatsächlich: „der Amerikaner“ wird genau hierauf reduziert, und zwar immer mehr! Kein Wunder, daß die bereits um den „Privatbesitz der Welt“ kämpfenden ersten abendländischen „Cäsaren“ (Globalisten) den Haß der Massen, der hier oft „Terrorismus“ (in der Antike: „Anarchie“) genannt wird, eindämmen wollen und auf einen „globalen Weltfrieden“ setzen. (WeltfriedePrivatMehr). Jedoch ist eine der „Pax Romana“ (Pax Romana) ähnlichen „Pax Americana“ (Pax Americana) derzeit noch Zukunftsmusik, aber schon ansatzweise erkennbar! (22-24). - Mehr zum Thema: ViktimolgieViktimologie

Eskapistische USA (Eskapistische USA): „Der Stachel im Fleisch der großen eskapistischen Nation ist allerdings die Tatsache, daß die USA ... nicht mehr über das verfügen, was heutige Patrioten energy independence nennen. .... Aufgrund ihrer starken Abhängigkeit von Erdölimporten aus den Regionen des Arabischen Golfs bleibt also die amerikanische Ausnahme in demütigender Weise auf äußere Umstände angewiesen - die Carter-Doktrin, wonach die USA sich die Kontrolle über die Golf-Ressourcen stets mit allen Mitteln vorbehalten werden, bringt diese Verstrickung auf den Begriff. Es nimmt demnach nicht Wunder, daß durch dieses realistische Band die Häßlichkeit der historischen Welt ins Innere der us-amerikanischen Verklärungssphäre einsickert. Der aktuelle Slogan der extremen us-amerikanischen Rechten »Let's blow up the Middle East« drückt aus, wie man sich im narzißtischen Herzland die Beseitigung der störenden Abhängigkeit ausmalt. Vgl. auch Robert Baer, Sleeping with the Devil: How Washington Sold Our Soul for Saudi Crude, Three Rivers, 2004. Im übrigen liegt auf der Hand, daß es die Aufgabe des 11. September 2001 war, die Entente cordiale ... zu sprengen. .... Die aktuelle us-amerikanische Invasion ins Weltgeschehen trägt die Züge einer umfassenden Restauration .... Die Turbulenzen um den von der Bush-Administration intensiv gewollten, von langer Hand vorbereiteten und mit mustergültiger Einseitigkeit durchgeführten Krieg gegen den Irak hatten einen weltweit spürbaren mentalen Nebeneffekt, der die unmittelbaren Folgen der Kämpfe bei weitem in den Schatten stellte: Mit einem Mal wurden die USA als Fremdkörper im moralischen Ökosystem ... wahrnehmbar ....“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 372-374Sloterdijk).

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 366-368. (Sloterdijk). Vgl. Eskapismus der USAUSAEskapismusEskapismusUSA

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 368-369. (Sloterdijk). Vgl. Eskapismus der USA USAEskapismusEskapismusUSA

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 369. (Sloterdijk). Vgl. Eskapismus der USAUSAEskapismusEskapismusUSA

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 374. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 376. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 377. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 381. Sloterdijk

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 383. (Sloterdijk). Sloterdijk fragt sich z.B. auch, wieso die USA in den Vereinten Nationen nur noch „eine Maschine zur Erzeugung von synchrongedolmetschter Paralyse und Brutstätte einer mediokren diplomatischen Bohème“ sehen, und „selbst wenn diese Urteile richtig wären (sie sind richtig! Anm. HB), müßte man fragen: Wieso fehlt es den politisch diensthabenden US-Amerikanern in so eklatanter Weise am Willen, Mitglied in einem Club zu werden, der Leute wie sie ohne weiteres aufnähme?“  Sloterdijk nennt vier Antworten: „(1.) Die moralische Antwort auf diese Fragen lautet, die USA hätten sich aus Sinn für Verantwortung mit ihrer Rolle als ordnungspolitischer Schlüsselmacht in der Welt identifiziert: Dieses große Land müsse folglich seinen gutartigen Unilateralismus pflegen, um den bösartigen der unbelehrbaren Länder ausschalten zu können. (Viktimologie). (2.) Eine realpolitische Antwort würde dagegenhalten, daß die USA zu einem aggressiven geopolitischen Interessenkalkül verurteilt sind, um vor dem Erstarken neuer global players wie China und Europa so viele Schlüsselpositionen auf dem geopolitischen Schachbrett wie möglich zu besetzen - wozu im übrigen auch die Mattsetzung Europas durch die von Washington gewünschte Integration der Türkei in die EU gehört. (Vgl. Trojanisches Pferd vor der EU-TürEUMehr). (3.) Die noopolitische Antwort - wie sie jüngst von den Cyberwar-Experten Arquilla und Ronfeldt (Arquilla & Ronfeldt) vorgeschlagen wird - konstatiert, die USA mobilisierten angesichts der unaufhaltsamen information revolution ihre ideellen und kommunikativen Ressourcen, um ihre Führerschaft in der Noosphäre des 21. Jahrhunderts mit letzter Konsequenz auszuüben. (4.) Die mythodynamische Antwort schließlich ist aus den allgemeinen Motiven des (US-)Amerikanischen Traums (USA) ablesbar: Wer sich als dessen aktiver Träger definiert, ist unwillens, sich auf Situationen einzulassen, in denen nicht jeder, der etwas tun will, genug Spielraum behält, um zu tun, was ihm vorschwebt (siehe: Western-HeldentumUS-Westernheldentum); er ist und bleibt unwillens, auf das Siegel der Erwählung zu verzichten, das in die Körper und Seelen der hierfür Empfänglichen unauslöschlich eingezeichnet ist (siehe: AuserwähltheitsglaubeUS-Auserwähltheitsglauben); er ist und bleibt unwillens, den sachlichen Gründen, deprimiert zu sein, den Vortritt zu lassen vor dem Sonderrecht auf das Hochgefühl (siehe: ManieUS-Manie)“ (ebd., S. 383-384) und dadurch auf den „Habitus der erzwungenen kollektiven Bilanzfälschung (Bilanzbetrug), weil niemand bei der Saldierung von Hoch und Tief ins Minus geraten will“ (ebd., S. 368). Die mit geraden Zahlen gekennzeichneten zwei Antworten (2 und 4) sind m.E. die gewichtigeren, weil sie das schwere Schicksal (-› 2) und den Kern der USA-Existenz (-› 4) betreffen, während die mit ungeraden Zahlen gekennzeichneten zwei Antworten (1 und 3) den anderen beiden nur aufsitzen bzw. Folgerungen sind: verurteilt zur Verantwortung (-› 1) aufgrund (nämlich: auf dem Grund) des Schicksals (-› 2) und verdammt zur noologischen Höchstmobilisierung (-› 3) aufgrund (nämlich: auf dem Grund) der USA-Existenz (-› 4). Die USA können nicht anders, denn das Schicksal zwingt sie, und seit ihrer Geburt (also seit 1776-17891776-1789) heißt ihr Schicksal Imperialismus, der aus der Notwendigkeit heraus sogar „ein Volk im Nacken packt und in die Herrenrolle stößt, wenn es sie zu spielen sich weigert.“ (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1917-1922, S. 1089Spengler). Also ist die realpolitische Antwort (-› 2) die Antwort, die trotz der Versuche zur Totschweigerei die US-Amerikaner fast halb-automatisch dominiert und die besonders die Europäer stets bedenken sollten, und zwar auch fast halb-automatisch. Die USA können nicht anders, denn die Existenz zwingt sie, und seit ihrem allerersten Anfang heißt ihre Existenz American Dream (USA), der selbstverständlich zwei Seiten hat, denn er ist immer Traum und Alptraum zugleich, demzufolge auch ein Trauma. Also ist die mythodynamische Antwort (-› 4) die Antwort, die am bedeutendsten und deshalb am wichtigsten ist, weil sie Existentielles enthält, nämlich die drei Motive, die als Primärmotive oder Urmotive schon vorgeburtlich, also von Anfang an bestimmend waren: die drei Motive des us-amerikanischen Traums (USA) Western-Heldentum, Auserwähltheitsglaube, Manie! Zusammengefaßt ergeben die drei Primärmerkmale laut Sloterdijk „das Urteil: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ihrem psychopolitischen Design zufolge das Land des real existierenden Eskapismus (Eskapismus).“ (Ebd., S. 368Sloterdijk). Immer auf der Flucht (!?!).  Wenn einem solchen Volk das Wehe-dem-Besiegten droht, droht ihm zugleich das Wehe-dem-Flüchtigen!

John Arquilla und David Ronfeldt, The Emergence of Neopolitics. Towards an American Information Strategy, 1999.

Peter Sloterdijk (*1947Sloterdijk), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 385-386. Sloterdijk

Claus Kleber (*1955Kleber), Amerikas Kreuzzüge (Was die Weltmacht treibt), 2005. Im Titel des Buches steckt eine Gleichung, die Angst auslöst: Amerika = USA = Imperialismus = Krieg (name=) ! Kanada, Mexiko, Brasilien, Argentinien, Chile und die vielen anderen amerikanischen Staaten gehören nicht (zu) den USA! name=

Mit den „Kräften des Bösen“, der „Achse des Bösen“ und dem „Krieg gegen das Böse“ (Mehr) prägte G. W. Bush einen Begriff des Bösen, der für seine Weltsicht bezeichnend ist. Die „Achse des Bösen“ klingt ähnlich wie das „Reich des Bösen“, von dem Ronald Reagan (Reagan) oft sprach und „mit dem eine militärische und moralische Aufrüstung begann. Das Wort führte aber noch tiefer, weit hinein in alttestamentarisches Verständnis von Gut und Böse. Gleichzeitig war es eine handfeste Drohung.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 105).

Zitiert nach : Hans-Eckehard Bahr, Erbarmen mit Amerika. Deutsche Alternativen, 2003, S. 12.

Zitiert nach : Francis Fukuyama, Nation Building, in: The Atlantic Monthly, Januar/Februar 2004.

Der 2. Irak-Krieg (2003) begann in der Nacht zum 20. März 2003. Am Abend des 17. März gab George W. Bush Saddam Hussein 48 Stunden, den Irak zu verlassen. „So sprach das Imperium. In der Nacht zum 20. März fielen die ersten Bomben. Stunden später überschritten reguläre Truppen die Grenze.“ (Claus Kleber, Amerkas Kreuzzüge, 2005, S. 148). Am 14. April war der Irak vollständig (Ausnahme: Wüstenregionen) besetzt, am 1. Mai 2003 erklärte George W. Bush die Kampfhandlungen für beendet. Seitdem ist auch der Irak ein wichtiger Teil des „Internationalen Terrorismus“. Es geht weiter mit dem Krieg! Internationaler Terrorismus

Sogar noch im Sommer 2004 waren 70 Prozent der US-Amerikaner davon überzeugt, daß Saddam Hussein der Anstifter für die Anschläge auf New York und Washington war. Unter Propaganda versteht man allgemein die Beeinflussung der (öffentlichen) Meiung durch Sprache (z.B. Wort, Schrift, Bild, Musik, Sinnbild u.s.w.) und Aktion. Das lateinische Wort „propagare“ bedeutet „weiter ausbreiten“. Nach der am 22.06.1622 gegründeten „Congregatio de Propaganda Fide“, der „(Päpstlichen) Gesellschaft zur Verbreitung des Glaubens“ ist Propaganda die Bezeichnung für die Verbreitung der christlichen Glaubensüberzeugung. Es geht also nach wir vor um die sprachliche (mündliche und schriftliche) sowie aktionale Beeinflussung. 2005 berichtete z.B. Peter Scholl-Latour, daß ein liberaler Kollege aus den USA „achselzuckend versicherte: »Der normale US Citizen ist der staatlich gesteuerten Desinformation ebenso hilflos ausgeliefert wie unsere Indianer früher dem ›Feuerwasser‹ genannten Alkohol. Man hat das Volk mit Falschmeldungen besoffen gemacht.«“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 38). Mehr

 

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