Burg
Die Burg ist eine Bauanlage mit der Doppelfunktion Wohnen und
Wehren und diente der adeligen Führungsschicht als Residenz-, Wohn-,
Verwaltungs- und Amtsitz sowie als Schauanlage. Im weiteren Sinne umfaßt
die Bezeichnung Burg auch alle ehemaligen bewohnbaren vor- und frühgeschichtlichen
Wehranlagen (Wallburg) innerhalb und außerhalb Europas, die vielfach
eng mit Stadtbefestigungen, Palastbauten und Tempelbauten verbunden waren. Im
engeren Sinne umfaßt die Bezeichnung Burg die aus Stein errichtete Feudalburg
in Europa bis ins 16. Jahrhundert. Auf oder an Berghöhen entstand die Höhenburg,
und zwar als Gipfelburg auf der allseitig unangreifbaren Spitze oder Kuppe
eines Berges, als Kammburg auf dem Bergkamm, als Hangburg auf einem
Felsen am Berghang und als Spornburg auf einem auslaufenden Felsgrat oder
Bergsporn. In der Ebene oder auf der Talsohle wurde die Wasserburg mit
nassen oder die Tieflandburg (auch Niederungsburg, Tiefburg)
mit trockenen Schutzgräben erbaut. Die Höhlenburg bzw. Felsenburg
besaß ganz oder teilweise in den Felsen gemeißelte Gemächer.
Exponierte Einelbauteile lassen eine Differenzierung nach Turmburg, Hausburg,
Schildmauerburg, Mantelburg und Palasburg zu. Kennzeichnend
für die Funktion der Anlage sind Zollburg, Grenzburg, Stadtburg,
Zwingburg, Abschnittsburg, Doppelburg, Trutzburg,
Paßburg und Straßenburg. Über Art und Stand der
Bauherren informieren Pfalz, Hofburg, Reichsburg, Dynastienburg,
Landesburg, Stadtburg, Bischofsburg, Lehensburg, Fürstenburg,
Grafenburg, Ritterburg, Dienstmannenburg, Ministerialienburg,
Kirchenburg, Klosterburg, Ordenburg und Kreuzfahrerburg.
Aber nur die geographische Unterteilung ist keinem möglichen Wandel unterworfen;
deshalb treffen die übrigen Systematisierungen oft nur für begrenzte
Zeiten bzw. Phasen der Geschichte einer Burg zu. | Die
Frühform dermittelalterlichen Burg war die im gesamten Mitteleuropa
bekannte Turmhügelburg oder Motte, ein bewohnbarer hölzerner
oder steinerner Turm auf einem künstlichen Erdhügel, umgeben von Wall
und Graben. Die wehr- und bautechnischen Erfahrungen führten zu einer verstärkten
Entwicklung von Ringmauern mit Zwingern und Flankentürmen, von Achießscharten,
Pechnasen, Wehrgängen mit Wurfschachtreihen und von Schießkammern oder
Kasemattengängen. In einigen Regionen setzte sich dabei überwiegend
die Kastellform mit streng regelmäßig-rechteckigen Anlagesystemen durch.
In Deutschland und Skandinavien entwickelten sich zwei eigene Baukörper für
die Wehr- und Wohnaufgabe: Bergfried und Palas. Auch breitete sich in Deutschland
der Wohnturm immer stärker aus. Ein Torturm mit Wehrerkern oder mächtige
flankierende Doppeltürme sicherten den Eingang; mit Eisen beschlagene Holztore,
Fallgitter und Zugbrücken sowie Pechnasen oder Pecherker schützten das
Tor. Die Burgbaukunst führte später in den romanischen Ländern
zu überwiegend typengleichen und monumentalen Anlagen, in Deutschland und
Skandinavien zu immer individuelleren Lösungen. Aber erst durch den Einsatz
von Schießpulvergeschützen wurde das Bild der Burgen grundlegend geändert:
die Ringmauern wurden dicker, niedriger und durch Schießkammern ausgehöhlt,
den Bergfried ersetzten Bastions- und Batterieräume, mächtige Gräben
und Wälle bildeten Abwehrringe; damit begann die (erste neuzeitliche)
Epoche des Festungsbaus.
Schloß
Im deutschen Sprachraum sind Burg, Pfalz, Schloß und
Palast (von lat. Palatium) nicht immer eindeutig unterscheidbar. Und das
soll auch so sein. Weil es richtig ist. Denn zwischen ihnen besteht historisch
und also auch sprachhistorisch ein sehr enger Zusammenhang. Darum darf die Unterscheidbarkeit
auch nicht zu groß sein. Während die Burg immer ein befestigter
Wohnsitz ist, kann ein Schloß sowohl befestigt als auch offen
sein. Die Wörter Schloß und Palast werden häufig synonym verwendet,
und in allgemeiner Hinsicht sind sie auch Synonyme. Auch die Übergänge
vom vornehmen Steinhaus des mittelalterlichen Stadt-Patriziats, das
bis in die bereits neuzeitliche Renaissance auch Wehraufgaben erfüllte,
zu Burg und Schloß sind durchaus fließend. Und Bezeichnungen wie z.B.
Maison, Manoir oder Manor House, Place,
House, Hall, Great House und Palace
vermitteln keineswegs zuverlässige Angaben über den wirklichen Charakter
des Gebäudes als Burg, Landsitz, Herrenhaus oder Schloß. Oft stehen
sie nur für ein aufwendigeres Bürger- oder Kleinadelhaus.Eine
Pfalz ist ein auf Königsgut ausgelegter Gebäudekomplex unterschiedlicher
Struktur; Grundelemnte sind die Palastbauten (einschließlich der Kapelle)
zur Aufnahme des Königs und seines Gefolges und der Wirtschaftshof. Struktur
und Topographie wurden von den verschiedenen Funktionen bestimmt: Aufenthalt des
reisenden Herrschers in der Kaiserpfalz bzw. im Königshof, Abhaltung von
Hoftagen unter Beistz des Pfalzgrafen, Grenzschutz Verwaltungsmittelpunkt von
Reichsland (besonders in staufischer Zeit). Es gab mehr als 100 Pfalzen! Die frühmittelalterliche
Pfalzen in Frankfurt, Mainz und Regensburg sind genauso bekannt wie die karolingischen
Pfalzen in Aachen, Ingelheim (Rheinpfalz), Paderborn, die ottonischen Pfalzen
in Werla (bei Goslar, an der Oker), Goslar, Pöhlde (bei Osterode), Grone
(Göttingen-Grone) und die salisch-staufischen Pfalzen in Goslar, Hagenau
(Elsaß), Gelnhausen (Hessen). Der Aachener Dom, auch Aachener Münster
genannt, war und ist Bischofskirche, deren Kern die Pfalzkapelle Karls des Großen
bildet (789 bis 800 fertiggestellt). Sie ist ein achtseitiger Zentralbau (Oktodon)
mit 16seitigem, zweigeschossigem Umgang und einem zweigeschossigen Westbau mit
dem Thron Karls des Großen. Vorbild für diesen Bautypus waren byzantinische
Zentralbauten, als Baumeister wird Odo von Metz genannt. 814 wurde Karl der Große,
1002 Otto III. in der Pfalzkapelle beigesetzt. 936 bis 1531 war sie deutsche Krönungskirche,
ab 1662 der Frankfurter Dom. Teile der Kapelle wurden den jeweiligen Baustilen
der folgenden Jahrhunderte angepaßt. Zum rein karolingischen Stil gesellten
sich vor allem gotische und barocke Stilelemente. So wurden im 15. Jh. vier Kapellen
an den Zentralbau angebaut, 1756 folgte eine fünfte. Die heutige Kuppel stammt
aus dem Jahre 1664. Ludwig der Fromme, der dritte Sohn und Kaiser-Nachfolger Karls
d. Gr., starb 840 in der Pfalz Ingelheim (bei Bingen). Der ehemalige fränkische
Königshof Ingelheim war von Karl d. Gr. als einer seiner Lieblingsaufenthalte
zur Pfalz ausgebaut worden und war bis ins 12. Jh. Schauplatz von Hoftagen, Reichstagen
und Synoden. Im 14./15. Jh. wurde sie dann Sitz des Ingelheimer Oberhofs (Obergerichts).
Die Pfalz Werla, bei Goslar über dem linken Ufer der Oker gelegen, war Versammlungsort
des sächsischen Stammes im 10. und 11. Jh. und bedeutende Königspfalz
unter den Ottonen, verlor aber mit der Verlegung der Pfalz nach Goslar durch Heinrich
II. (reg. 1002-1024) ihre Bedeutung für das Königstum. Die wirtschaftliche
Bedeutung durch den Abbau der Silbererzlager im Rammelsberg bei Goslar, an dessen
Fuß das goslarische Bergdorf entstand, veranlaßte Heinrich II., in
Goslar diese Pfalz zu errichten. Unter Heinrich III. und dem in Goslar geborenen
Heinrich IV. (reg. 1024-1125) entwickelte sich Goslar zur Stadt und war
häufig Ort von Reichsversammlungen. Als Mitglied des Sächsischen Städtebundes
(1267/1268) und Gründungsmitglied der Hanse nahm Goslar im 13. Jh. einen
starken Aufschwung und errang 1290/1340 die Stellung einer Reichsstadt. Weitere
Pfalzen, z.B. die in Hagenau und Gelnhausen, errichteten Friedrich I. Barbarossa
und andere Staufer (reg. 1137-1254).Ein
Palast geht sprachlich und nichtsprachlich zurück auf das Palatium (den Wohnsitz
des römischen Kaisers) und die Pfalz (den Wohn- bzw. Aufenthaltssitz des
deutschen Kaisers). Große Bedeutung kommt der Repräsentation zu. Darin
zumindest ist der Palast dem Schloß ähnlich. Seit
der Bürgerlichen Revolution ist aber der Palast immer mehr abgewertet
worden (vgl. z.B. Justizpalast, Kristallpalast, Kulturpalast,
Volkspalast, Palast der Republik u.ä.), sind die
beiden Wörter Palast und Schloß nicht mehr problemlos synonym zu verwenden
(außer in der Fachwelt, d.h. in der Sprache der Historizisten
!).Der Bau des Schlosses entwickelte sich im 15. Jahrhundert aus drei
Quellen:(1)
der mittelalterlichen Burg, deren Wehraufgaben durch mauerbrechende
Feuerwaffen in Frage gestellt wurde, (2) dem wehrhaften
Stadthaus (Wohn-, Geschlechtertum), (3) der römischen
Villa. | Das Schloß ist ein Wohn- und Repräsentationsgebäude
des Adels. Nach seiner Funktionen und seiner topographischen Lage unterscheidet
man Landschloß, Stadtschloß, Wasserschloß, Lustschloß,
Jagdschloß. In der Regel ist das Schloß so angelegt, daß
es:(A)
von der erhöhten oder durch Wasser geschützten Stelle einer ehemaligen
Burg aus eine natürliche Landschaft beherrscht, (B)
Ausgangspunkt bzw. Ende eines städtischen Straßensystems ist, (C)
Zentrum einer künstlichen (Park-) Landschaft ist. | Bei
Burgen überwiegt die Wehrfunktion, bei Schlössern aber überwiegen
Repräsentation und Wohnlichkeit. Der Übergang von den Burgen zu den
Schlössern war fließend und vollzog sich im 15. und 16. Jahrhundert.
Vorhandene Burgen wurden unter diesen Gesichtspunkten erneuert und erweitert (vgl.
z.B. das Schloß in Heidleberg oder das Schloß in Fontainebleau). Eine
eigenständige Schloßbaukunst entwickelte sich erst um 1500, obwohl
im 16. Jahrhundert auch beim Schloßbau teilweise noch die zentralisierenden
Formen des Burgenbaus weitergeführt wurden. Bei den italienischen Vierflügelanlagen
umgeben vier gleichartig gestaltete Trakte einen Arkaden-Innenhof; oft erinnern
Ecktürme formal und symbolisch an die einstige Wehrfunktion. Portale, Fenster,
Schornsteine, Treppenhäuser wurden mit reicher Dekoration geziert. Mit der
in Frankreich im 17. Jahrhundert ausgebildeten Dreiflügelanlge mit offenem
Hof, mit betonten Mittel- und Eckrisaliten, großer Eingangshalle und kostbar
ausgestatteten Empfangsräumen in bestimmter Abfolge (im Zentrum das königliche
Schlafgemach) wurde ein neues Vorbild geschaffen. Zum Wohn- und Repräsentationsbereich
des Corps de logis treten in hierarchischer Abstufung Nebenbauten (Verwaltungs-,
Wirtschaftsgebäude, Ställe, Küchenflügel). Das Schloß
dominiert im allgemeinen einen von großen Achsen geprägten Garten.
In Anlehnung an das Versailler Schloß entstanden die meisten großen
europäischen Barockresidenzen. Dem strengen Zeremoniell des Absolutismus
entspricht die Symmetrie der Schloßanalage, die auch in der inneren Einteilung
möglichst beibehalten wird. Dabei entwickelten sich Bau- und Ordnungsschema
von weitgehender Allgemeingültigkeit. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts
traten auch kleinere Bauten für spezielle Zwecke und intimere Unterhaltung
auf: Land-, Lust-, Jagschlösser. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts trat
neben das Residenzschloß der schloßähnliche Palast des Großbürgertums
( ).
Dem Repräsentationsbedürfnis entsprechend wurden auch öffentliche
Gebäude (Justizpalast, Verwaltungs-, Regierungsgebäude, Rathaus, Bahnhof
u.ä.) häufig schloßähnlich gestaltet. |