Anmerkungen:
Vitalismus (von lat. vita,
Leben) bezeichnet eine Auffassung des organischen Lebens, in deren
Mittelpunkt die Annahme einer besonderen Lebenskraft (lat. vis vitalis)
steht, von deren Wirken die Lebenserscheinungen abhängig sein sollen. Zuerst
tauchte er in Frankreich auf, am schärfsten formuliert von Louis Dumas (1765-1813).
Der Vitalismus verwirft die ausschließlich mechanische und chemische Erklärung
der Lebensvorgänge, wurde aber durch Physik und Chemie immer mehr auf Gebiete
zurückgedrängt, die der physikalisch-chemischen Analyse noch nicht zugänglich
waren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben u.a. Jakob von Uexküll (1864-1944)
und Hans Driesch (1867-1941), letzterer insbesondere durch sein Werk Philosophie
des Organischen (1909 ),
einen kritischen Neu-Vitalismus begründet. Gestützt auf entwicklungsmechanische
Versuche spricht er von einer prospektiven Potenz der Embryonalanlagen
(äquipotentiell, laut Driesch die Eigenschaft organischer, insbesondere
embryonaler Teile, das ganze System, dessen Teile sie sind, aus sich zu erzeugen )
und nimmt einen nicht-physikalischen unräumlichen, teleologisch wirkenden
Faktor an, den er mit dem aristotelischen Ausdruck Entelechie benennt.
Dieser neue Vitalismus verneint eine kausal-mechanische Erklärbarkeit der
Lebenserscheinungen und behauptet ihre Planmäßigkeit, Zielstrebigkeit
und Eigengesetzlichkeit. Der Neu-Vitalismus wurde zuerst 1856 von Rudolf Virchow
(1821-1902) vom Vitalismus älteren Stils unterschieden; er vertritt unter
Beachtung des Prinzips der Kausalität und des naturwissenschaftlichen Gesetzesbegriffs
das Vorhandensein übermechanisch-übermaterieller vitaler Eigengesetzlichkeiten
im Leben der Organismen.
Äquipotentiell
bedeutet laut Driesch die Eigenschaft organischer, insbesondere embryonaler Teile,
das ganze System (dessen Teile sie sind) aus sich zu erzeugen. Werden z.B. die
Furchungszellen der Gastrula (Becherkeim [während der Keimesentwicklung!])
eines Seeigels künstlich voneinander getrennt, so wachsen sie zu neuen (kleineren)
ganzen Organismen aus. In der Philosophie des Organischen (1909 )
nennt Driesch solche Systeme harmonisch-äquipotentielle und will beweisen,
daß sie nicht mechanistisch zu erklären sind (vgl. Vitalismus ).

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