Rom
wollte immer herrschen, und als seine Legionen fielen, sandte es Dogmen in die
Provinzen.Heinrich
Heine, Die Reisebilder, 2. Teil, 1826, S. 73 |
Es
ist doch wirklich belächelnswert, während ich im Begriff bin, mich so
recht wohlwollend über die Absichten der römischen Kirche zu verbreiten,
erfaßt mich plötzlich der angewöhnte protestantische Eifer, der
ihr immer das Schlimmste zumutet; und eben dieser Meinungszwiespalt in mir selbst
gibt mir wieder ein Bild von der Zerissenheit der Denkweise unserer Zeit. Was
wir gestern bewundert, hassen wir heute, und morgen vielleicht verspotten wir
es mit Gleichgültigkeit.Heinrich
Heine, Die Reisebilder, 2. Teil, 1826, S. 74 |
Denk
ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.Heinrich
Heine, Nachtgedanken, 1843 |
So will
ich jetzt endlich gestehen: es war der Neid. Zu meinem Lobe muß ich jedoch
nochmals erwähnen, daß ich in Goethe nie den Dichter angegriffen, sondern
nur den Menschen. Ich habe nie seine Werke getadelt. Ich habe nie Mängel
darin sehen können, wie jene Kritiker, die mit ihren feingeschliffenen Augengläsern,
auch die Flecken im Monde bemerkt haben; die scharfsinnigen Leute! was sie für
Flecken ansehen, das sind blühende Wälder, silberne Ströme, erhabene
Berge, lachende Täler.Heinrich
Heine, Die Romantische Schule, 1. Buch, 1833, S. 50 |
Es
ist entsetzlich, wenn die Körper, die wir geschaffen haben, von uns eine
Seele verlangen. Weit grausamer, entsetzlicher, unheimlicher ist es jedoch, wenn
wir eine Seele geschaffen und diese von uns ihren Leib verlangt und uns mit diesem
Verlangen verfolgt. Der Gedanke, den wir gedacht, ist eine solche Seele, und er
läßt uns keine Ruhe, bis wir ihm seinen Leib gegeben, bis wir ihn zur
sinnlichen Erscheinung gefördert. Der Gedanke will Tat, das Wort will Fleisch
werden.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 2 |
Die Welt ist die Signatur des Wortes.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 2 |
Maximilian Robespierre war nichts
als die Hand von Jean-Jacques Rousseau, die blutige Hand, die aus dem Schoße
der Zeit den Leib hervorzog, dessen Seele Rousseau geschaffen.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 3 |
Man erzeigt wirklich dem Maximilian
Robespierre zu viel Ehre, wenn man ihn mit dem Immanuel Kant vergleicht. ....
Robespierre, der große Spießbürger von der Rue Saint-Honoré.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 4 |
Wenn aber Immanuel Kant, dieser große
Zerstörer im Reiche der Gedanken, an Terrorismus den Maximilian Robespierre
weit übertraf, so hat er doch mit diesem manche Ähnlichkeiten, die zur
Vergleichung beider Männer auffordern.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 5 |
Wie die »Kritik der reinen Vernunft«
das Hauptbuch von Kant, so ist die Wissenschaftslehre das Hauptbuch
von Fichte. Dieses Buch ist gleichsam eine Fortsetzung des ersteren. Die Wissenschaftslehre
verweist den Geist ebenfalls in sich selbst. Aber wo Kant analysiert, da konstruiert
Fichte. Die Wissenschaftslehre beginnt mit einer abstrakten Formel (Ich-Ich),
sie erschafft die Welt hervor aus der Tiefe des Geistes, sie fügt die zersetzten
Teile wieder zusammen, sie macht den Weg der Abstraktion zurück, bis sie
zur Erscheinungswelt gelangt. Diese Erscheinungswelt kann alsdann der Geist für
notwendige Handlungen der Intelligenz erklären.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 16 |
Nachdem die Kantianer ihr terroristisches
Zerstörungswerk vollbracht, erscheint Fichte, wie Napoleon erschienen, nachdem
die Konvention ebenfalls mit einer reinen Vernunftkritik die ganze Vergangenheit
niedergerissen hatte. Napoleon und Fichte repräsentieren das große
unerbittliche Ich, bei welchem Gedanke und Tat eins sind, und die kolossalen Gebäude,
welche beide zu konstruieren wissen, zeugen von einem kolossalen Willen.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 17 |
Fichte ... lehrte ...: Es gibt nur
ein Wesen, das Ich, das Absolute; er lehrte Identität des Idealen und des
Realen. In der Wissenschaftslehre ... hat Fichte durch intellektuelle Konstruktion
aus dem Idealen das Reale konstruieren wollen. .... Schelling hat aber die Sache
umgekehrt: Er suchte aus dem Realen das Ideale herauszudeuten. Um mich noch klarer
auszudrücken: Von dem Grundsatze ausgehend, daß der Gedanke und die
Natur eins und dasselbe seien, gelangt Fichte durch Geistesoperation zur Erscheinungswelt,
aus dem Gedanken schafft er die Natur, aus dem Idealen das Reale; dem Herrn Schelling
hingegen, während er von demselben Grundsatz ausgeht, wird die Erscheinungswelt
zu lauter Ideen, die Natur wird ihm zum Gedanken, das Reale zum Idealen. Beide
Richtungen, die von Fichte und die von Herrn Schelling, ergänzen sich gewissermaßen.
Denn nach jenem obersten Grundsatze konnte die Philosophie in zwei Teile zerfallen,
und in dem einen Teil würde man zeigen, wie aus der Idee die Natur zur Erscheinung
kommt; in dem andern Teil würde man zeigen, wie die Natur sich in lauter
Ideen auflöst.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 28 |
Der ehemalige Schelling repräsentiert,
ebenso wie Kant und Fichte, eine der großen Phasen unserer philosophischen
Revolution, die ich in diesen Blättern mit den Phasen der politischen Revolution
Frankreichs verglichen habe. In der Tat, wenn man in Kant die terroristische Konvention
und in Fichte das napoleonische Kaiserreich sieht, so sieht man in Herrn Schelling
die restaurierende Reaktion, welche hierauf folgte. Aber es war zunächst
ein Restaurieren im besseren Sinne. Herr Schelling setzte die Natur wieder ein
in ihre legitimen Rechte, er strebte nach einer Versöhnung von Geist und
Natur, er wollte beide wiedervereinigen in der ewigen Weltseele. Er restaurierte
jene große Naturphilosophie, die wir bei den altgriechischen Philosophen
finden, die erst durch Sokrates mehr ins menschliche Gemüt selbst hineingeleitet
wird und die nachher ins Ideelle verfließt. Er restaurierte jene große
Naturphilosophie, die, aus der alten, pantheistischen Religion der Deutschen heimlich
emporkeimend, zur Zeit des Paracelsus die schönsten Blüten verkündete,
aber durch den eingeführten Cartesianismus erdrückt wurde. Ach, und
am Ende restaurierte er Dinge, wodurch er auch im schlechten Sinne mit der französischen
Restauration verglichen werden kann. Doch da hat ihn die öffentliche Vernunft
nicht länger geduldet, er wurde schmählich herabgestoßen vom Throne
des Gedankens, Hegel ... nahm ihm die Krone vom Haupt und schor ihn, und der entsetzte
Schelling lebte seitdem wie ein armseliges Mönchlein zu München, einer
Stadt, welche ihren pfäffischen Charakter schon im Namen trägt und auf
Latein Monacho monachorum heißt. Dort sah ich ihn gespenstisch umherschwanken,
mit seinen großen blassen Augen und seinem niedergedrückten, abgestumpften
Gesichte, ein jammervolles Bild heruntergekommener Herrlichkeit. Hegel aber ließ
sich krönen zu Berlin - leider auch ein bißchen salben - und beherrschte
seitdem die deutsche Philosophie. Unsere philosophische Revolution ist beendet.
Hegel hat ihren großen Kreis geschlossen. Wir sehen seitdem nur Entwicklung
und Ausbildung der naturphilosophischen Lehre. Diese ist in alle Wissenschaften
eingedrungen und hat da das Außerordentlichste und Großartigste hervorgebracht.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 33-34 |
Es werden Kantianer zum Vorschein
kommen, ... bewaffnete Fichteaner auf den Schauplatz treten .... Doch noch schrecklicher
als alles wären Naturphilosophen, die handelnd eingriffen in eine deutsche
Revolution und sich mit dem Zerstörungswerk selbst identifizieren würden.
Denn wenn die Hand des Kantianers stark und sicher zuschlägt, weil sein Herz
von keiner traditionellen Ehrfurcht bewegt wird; wenn der Fichteaner mutvoll jeder
Gefahr trotzt, weil sie für ihn in der Realität gar nicht existiert;
so wird der Naturphilosoph dadurch furchtbar sein, daß er mit den ursprünglichen
Gewalten der Natur in Verbindung tritt, daß er die dämonischen Kräfte
des altgermanischen Pantheismus beschwören kann und daß alsdann in
ihm jene Kampfeslust erwacht, die wir bei den alten Deutschen finden und die nicht
kämpft, um zu vernichten noch um zu siegen, sondern bloß um zu kämpfen.Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834,
S. 36-37 |
Pflanzt die schwarzrotgoldne Fahne
auf die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freien
Menschtums, und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben. Beruhigt
euch, ich liebe das Vaterland ebensosehr wie ihr.Heinrich
Heine, Vorwort zu: Deutschland, ein Wintermärchen, 1844 |
Das
ist der Teutoburger Wald,!! Den Tacitus beschrieben, // Das ist der klassische
Morast, // Wo Varus steckengeblieben. // Hier schlug ihn der Cheruskerfürst,
// Der Hermann, der edle Recke; // Die deutsche Nationalität, // Die siegte
in diesem Drecke. // Wenn Hermann nicht die Schlacht gewann // Mit seinen blonden
Horden, // So gäb es deutsche Freiheit nicht mehr, // Wir wären römisch
geworden! // In unserem Vaterland herrschten jetzt // Nur römische Sprache
und Sitten, // Vestalen gäb es in München sogar, // Die Schwaben hießen
Quiriten! // .... Gottlob! Der Hermann gewann die Schlacht, // Die Römer
wurden vertrieben, // Varus mit seinen Legionen erlag, // Und wir sind Deutsche
geblieben! // Wir blieben deutsch, wir sprechen Deutsch, // Wie wir es gesprochen
haben; // Der Esel heißt Esel, nicht asinus, // Die Schwaben blieben Schwaben.
// O Hermann, dir verdanken wir das! // Drum wird dir, wie sich gebühret,
// Zu Detmold ein Monument gesetzt; // Hab selber subskribieret.Das Geld ist
der Gott unserer Zeit, und Rothschild ist sein Prophet.Heinrich
Heine, Lutetia, 1855, 1. Teil, in: Aphorismen und Fragmente, Band
VI, S. 378 |
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