Harald
Welzer (**)
kritisierte Gunnar Heinsohn im öffentlich-rechtlichen Fernsehen u.a. mit
folgendem Satz: »Sie können Ihre These eigentlich nur durchhalten,
wenn Sie immer für jeden historischen Fall noch eine Sonderbedingung mit
dazu erfinden.« (Harald Welzer, in: ZDF-Nachtstudio, 2009). Dem kann
man nur zustimmen.
Heinsohn muß sich Zahlen, Fakten und Statistiken
zurechtmogeln, um seine Theorie untermauern zu können. Neben dem
eben erwähnten Beispiel der »68er« (**)
sei hier ein weiteres angeführt: In einem am 1. Juni 2007 aufgezeichneten
Vortrag - Titel: »Jung, aggressiv und engagiert« - spielt
Heinsohn die deutschen Geburtenzahlen in der Zeit von 1900 bis 1914 so
hoch, daß sie in seine Argumentation passen; er behauptet, die Geburtenzahlen
seien im damaligen Deutschen Reich so hoch gewesen »wie heute in
Uganda« (ebd.). In Wirklichkeit lag die deutsche Geburtenrate in
dieser Zeit zwischen 4,2 im Jahr 1900 und 3,9 im Jahr 1914 (vgl. Meinhard
Miegel, Das Ende des Individualismus, 1993, S. 89 [**])
- sie sank bereits seit etwa 1870 -, und 2007 lag die ugandische Geburtenrate
bei 6,7! (Vgl. Fischer Weltalmanach, 2010, S. 557). Heinsohn will
auf die These hinaus, daß ohne die zwischen 1900 und 1914 geborenen
überzähligen jungen Männer der Nationalsozialismus nicht
möglich gewesen wäre. Diese These ist genauso falsch wie
die These über die »68er«. Die generelle These, daß
der Jungmännerüberschuß verantwortlich sei für
Gewalt wie Krieg, Bürgerkrieg, Terror(ismus) u.s.w. ist so - nämlich:
generell (!) - wissenschaftlich nicht haltbar. Die Geburtenraten waren
im Deutschen Reich z.B. in der Zeit von 1815 bis 1864 sehr hoch, und diese
49 Jahre waren für Deutschland eine der längsten Friedenszeiten
seiner Geschichte; die Geburtenraten waren im Deutschen Reich z.B. in
der Zeit von 1864 bis 1914 auch noch sehr hoch, und diese 50 Jahre waren
- abgesehen von Bismarcks Einigungskriegen von 1864, 1866 und 1870-1871
- ebenfalls eine der längsten Friedenszeiten seiner Geschichte. Deutschland
erlebte von 1815 bis 1864 (also 49 Jahre lang!) und von 1871 bis
1914 (also 43 Jahre lang!) seine bisher friedlichste Zeit - ausgerechnet
in der Zeit, in der es die meisten Geburten und die meisten möglichen
Krieger (Jungmänner) zu verzeichnen hatte!
 | |  |
Bevölkerungspyramiden-Beispiele
aus Deutschland: 1875, 1910, 1925, 1939, 1950, 2000, 2050 (Vorausberechnung). |  |
Wenn
Heinsohns Thesen zuträfen, hätten der 1. und der 2. Weltkrieg im 19.
Jahrhundert stattfinden müssen!Gemäß Heinsohns Theorie
hat es den 1. und den 2. Weltkrieg gar nicht gegeben! Für den 1. Weltkrieg
verfügten alle an ihm beteilgten Staaten zwar noch über einen Jungmännerüberschuß
- Ausnahme: Frankreich -, weil dieser aber in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg
besonders hoch war, hätte der 1. Weltkrieg gemäß Heinsohns
Theorie ja schon vor dem 1. Weltkrieg stattfinden müssen. Da
er aber zu dieser Zeit nicht stattgefunden hat und gemäß Heinsohns
Theorie ja nur zu dieser Zeit und nicht später stattfinden konnte, kann es
ihn gar nicht gegeben haben. Für den 2. Weltkrieg verfügten alle
an ihm beteilgten Staaten nicht mehr über einen Jungmännerüberschuß
- Ausnahmen: Nichtabendländische Staaten sowie Ost- und Südeuropa
-, so daß gemäß Heinsohns Theorie der 2. Weltkrieg sich
gar nicht ereignen konnte. Außerdem hätte auch der 2. Weltkrieg
gemäß Heinsohns Theorie ja schon vor dem 1. Weltkrieg stattfinden
müssen. Da er aber zu dieser Zeit nicht stattgefunden hat und gemäß
Heinsohns Theorie ja nur zu dieser Zeit und nicht später stattfinden konnte,
kann es ihn gar nicht gegeben haben. Wir haben allein bei diesem Beispiel 1. und
2. Weltkrieg schon drei Thesen, die jeweils ein Paradoxon ergeben, wenn man
Heinsohns Theorie auf sie anwendet.
Heinsohns Thesen sind größtenteils falsch und
extrem fragil. Und deshalb ist auch seine Theorie insgesamt größtenteils
falsch und extrem fragil. Seine Zahlen und Fakten passen nicht zu denen, die uns
die Wissenschaft und die Geschichte überliefern. Heinsohn wäre überzeugender,
wenn er sagte: »Leute, achtet auch auf die demographischen Entwicklungen,
weil die wichtig sind, aber achtet auf sie auch nicht zu sehr, weil sie nicht
am wichtigsten sind.« Statt also eine allgemeine Theorie wie ein Dogma
zu predigen, sollte er die Erkenntnisse über demographische Entwicklungen
richtig ermitteln, die richtig ermittelten Erkenntnisse akzeptieren und sie in
eine Theorie einbinden, die ohne Dogma auskommt. Alles in die eigene dogmatische
Theorie zu pressen, ist verführerisch, aber deswegen trotzdem nicht richtig.
Von Heinsohns Behauptungen über den Jungmännerüberschuß
sind diejenigen, die viele Fehler beinhalten, abzuziehen und die Differenz in
eine ihr übergeordnete neue Theorie einzugliedern. Die Fehler sind manchmal
so extrem - wie auch die obigen Beispiele (**|**)
gezeigt haben -, daß man sich schwer damit tut, Heinsohn überhaupt
noch etwas zu glauben. Ich werde versuchen, wenigstens einige von Heinsohns Thesen
in meine Theorie einzugliedern.
Ein Jungmännerüberschuß
muß zwar nicht notwendigerweise zu Krieg und Völkermord führen,
wie Heinsohn glaubt, aber er führt immerhin dazu, daß eine Gemeinschaft
- z.B. Familie, Sippe, Stamm, Volk, Nation, Kultur - sich stärker fühlt,
selbstbewußter und wohl auch aggressiver wird, und zwar erst recht dann,
wenn gleichzeitig die Jungmänner einer anderen Gemeinschaft weniger werden.
Die Frage, ob er darüber hinaus auch zu Krieg und Völkermord führt,
ist zwar mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit, aber eben niemals mit absoluter
Sicherheit zu bejahen. Heinsohn muß immer wieder Zahlen, Daten, Fakten so
sehr seiner Jungmännerüberschuß-Theorie auf unwissenschaftliche
Weise anpassen, daß es ihm eigentlich peinlich sein müßte. Diese
Peinlichkeit könnte er sich ersparen, wenn er bereit wäre, seine Theorie
zu relativieren. Also: Kleinere Brötchen backen, Herr Heinsohn!Auf
so ein sich stark fühlendes, selbstbewußtes und aggressives Lebewesen,
das wahrscheinlich auch noch ein Mörder und Totschläger ist, reagieren
die meisten der anderen Lebewesen mit Respekt, »Schwanzeinziehen«,
Unterwürfigkeit, manchmal sogar mit Selbstmord. Auch unter Gemeinschaften
gibt es das, und zwar erst recht dann, wenn die eine Gemeinschaft wächst
und verjüngt, weil ihr immer mehr Junge nachwachsen, während die andere
Gemeinschaft schrumpft und vergreist, weil sie immer mehr Junge verliert. Die
abendländische Kultur agiert gegenüber den anderen Kulturen, insbesondere
gegenüber der morgenländischen Kultur, gar nicht mehr, sondern reagiert
auf sie dafür um so mehr. Als sei sie jenes Lebewesen, das lieber den Schwanz
einzieht oder sogar sich lieber selbst tötet als mit aufrechtem Gang und
ebenso selbstbewußt, aggressiv und kriegerisch zu reagieren, wie sein Gegner
als Herausforderer agiert. Ob eine Gemeinschaft mit Jungmännermangel
auf eine fremde Gemeinschaft mit Jungmännerüberschuß mit
Selbsthaß oder sogar Selbstmord reagiert, hängt sehr davon ab, ob und
- wenn ja - wie sehr sie Minderwertigkeitsempfindungen hat. Und daß der
Selbsthaß in der abendländischen Kultur mittlerweile beängstigend
geworden ist, ist allgemein bekannt. Dieser Selbsthaß und diese Angst sind
aber von ihren Herrschenden gewollt.Wie ein Tier scheint die durch Jungmännermangel
geplagte abendländische Gemeinschaft im »Körper« der fremden
Gemeinschaft den Jungmännerüberschuß zu riechen. Darum
hat das Abendland Angst. Doch auch Angst muß nicht notwendigerweise zu Selbsthaß
und Selbstmord, sondern kann - und sollte gegebenenfalls auch - zu einer der herausfordernden
Aktion angemessenen Reaktion führen. Deutschland als die ehemals weltstärkste,
dann weltzweitstärkste, heute noch weltdrittstärkste Wirtschaftsmacht
und als einer der ältesten Akteure des Abendlandes betreibt aber gerade
darum heute eine Politik des Selbsthasses, von der seine Herrschenden obendrein
noch glauben, daß sie wegweisend sei. Wegweisend in den Selbstmord!Heinsohn
ist zwar unbedingt zuzustimmen, daß die Demographie wichtig ist und viel
zu sehr beim Verstehen des menschlichen Verhaltens und Handelns, vor allem in
Politik, Kriegen, Wirtschaft, Technik, Wissenschaft u.s.w., vernächlässigt
wird, jedoch ist auch die Demographie nicht allein (monokausal)
die Ursache, sondern nur einer der Gründe dafür. Heinsohn und Steiger
ist auch unbedingt zuzustimmen, daß alle bisherigen Wirtschaftstheorien
versagt haben, jedoch ist auch deren Wirtschaftstheorie nicht allein der
Schlüssel zum Verständnis des Wirtschaftens (**).Ebenfalls
zuzustimmen ist Heinsohn darin, daß nicht Hunger, Bildungsnotstand
u.ä. Vorwände die Gründe dafür sind, daß Menschen gewalttätig
werden (Metapher: »Hungernde Krieger« [?!?]), sondern daß
die Gründe dafür in dem menschlichen Sosein - angefangen bei der Neurologie
des Körpers über die Seele bis hin zum Geist des Menschen - verankert
sind und folglich die demographischen Gründe erst dazukommen, also
auch nicht die primären, aber immerhin doch auch sehr bedeutende
Gründe sind. Menschen versuchen - besonders auch über die für
sie so spezifische Sprache -, mehr als über andere Wege über den Weg
der Lüge, Täuschung, Tarnung, Scheinheiligkeit u.v.m. zu ihren Zielen
zu kommen. Beispiele solcher Ziele gibt es geung: vor allem die Macht, auch die
Liebe, das Geld, die Prestigeobjekte, der Status, der Gewinn von Freunden, Abhängigen,
Untertanen u.s.w.. Gründe, die vorgegeben werden, sind oft nicht die wirklichen
Gründe. Gründe, die vorgegeben werden, sind oft Vorwände. Und die
benutzen auch z.B. die Islamisten, wie Heinsohn nicht müde wird zu beklagen.
Zu Recht! Demographische Abrüstung heißt
die Forderung - darin muß Heinsohn nur teilweise zugestimmt werden,
nämlich insofern, daß da, wo es zu hohe Geburtenraten gibt, ab-,
und da, wo es zu geringe Geburtenraten gibt, aufgerüstet wird. Die
größten Probleme bei Bevölkerungsentwicklungen gibt es dann, wenn
unterschiedliche Gemeinschafts- bzw. Gesellschaftsformen eine große Differenz
hinsichtlich ihrer Geburtenraten und noch jungen Menschen aufweisen - und
das ist heute der Fall zwischen dem Abendland (niedrige Geburtenrate, wenige Jungmenschen)
und dem Morgenland (hohe Geburtenrate, viele Jungmenschen) und noch mehr gegenüber
Schwarzafrika (sehr hohe Geburtenrate, sehr viele Jungmenschen). Deshalb muß
die Forderung genau gesagt lauten: Demographische Abrüstung für diejenigen,
deren Geburtenrate 2,1 und mehr beträgt; demographische Aufrüstung für
diejenigen, deren Geburtenarte 2 und weniger beträgt. Das ist zwar schwierig,
aber machbar angesichts der Tatsache, daß die Politiker ganz andere (Fast-Un-)Möglichkeiten
durchsetzen. Und so lange, wie das Demographieproblem nicht einigermaßen
im Griff ist, so lange brauchen wir uns auch nicht für den Globus einzusetzen,
weil ohne Frieden kein »Umweltschutz« bzw. »Planetenschutz«
möglich ist.
Heinsohn, Knieper und Steiger gehen in ihrer Bevölkerungstheorie
- so wie übrigens auch schon Heinsohn und Steiger in ihrer Wirtschaftstheorie
(**|**)
- von Vorausetzungen aus, die teilweise wissenschaftlich nicht haltbar sind. Die
von ihnen angegebenen historischen Quellen beweisen nichts, was die These stark
untermauern könnte, daß die »Überzähligkeit an Söhnen«
immer nur »Ausmordung« oder »Frauenunterdrückung«
bedeute, bzw. daß das Wirtschaften immer nur »Eigentumswirtschaften«
sei. Diese Behauptungen sind immer nur zum Teil richtig, jedenfalls nie
ganz richtig und manchmal sogar völlig falsch. Ihre Bevölkerungs(politik)theorie
ist genauso wie ihre Eigentums(wirtschafts)theorie eine gut ausgedachte, kaum
falsifizierbare (weil ja zu wenig naturwissenschaftliche), aber auch kaum
verifizierbare (weil ja zu viel kulturwissenschaftliche) Theorie. Sie taugt
als Ergänzung zu den bisher etablierten Theorien, die ebenfalls (teilweise
sogar erheblich mehr) Mängel aufweisen.
Als ich
die von Heinsohn, Knieper und Steiger in ihrem 1979 erschienenen Buch Menschenproduktion
(**|**)
vorgelegten Zahlen für die Bevölkerung Europas mit denen aus dem 1984
erschienenen Wirtschafts-Ploetz (**)
verglich, stellte ich - nicht zu meiner Überraschung - fest, daß
ausgerechnet nur diejenigen Zahlen, mit denen Heinsohn, Knieper und Steiger ihre
ökonomisierte Fortpflanzungs- und Bevölkerungstheorie untermauern, vom
Wirtschaft-Ploetz abweichen:»Europäische
Bevölkerung in Millionen von 400 v.Chr. bis 1950« (Gunnar
Heinsohn / Rolf Knieper / Otto Steiger, Menschenproduktion, 1979, S. 40
[**]). | 400 | 1 | 100 | 700 | 1000 | 1050 | 1100 | 1150 | 1200 | 1250 | 1300 | 1350 | 1400 | 1450 | 1500 | 1550 | 1600 | 1650 | 1700 | 1750 | 1800 | 1850 | 1900 | 1950 | 23 | 37 | 67 | 27 | 42 | 46 | 48 | 50 | 61 | 69 | 73 | 51 | 45 | 60 | 69 | 78 | 90 | 103 | 115 | 125 | 187 | 274 | 423 | 594 | Zum
Vergleich die Zahlen aus dem Wirtschafts-Ploetz (1984, S. 47, 50, 53, 162
[**]): | | | | 27 | 42 | 46 | 48 | 50 | 61 | 69 | 73 | | | 53 -55 | 76 -80 | | 100 -105 | 94-100
/ 69,9-73,4 | 80,6 -86,2 | 97,2 -102,9 | 124,6 -127 | 266 | 401 | 576 | Die
für die Zeit nach 1300 von Heinsohn & Co. angegebenen Zahlen weichen
von denen des Wirtschatfts-Ploetz ab und sind die, die Heinsohn & Co. für
die Untermauerung ihrer ökonomisierten Fortpflanzungs- und Bevölkerungstheorie
brauchen. Zufall?Weil Heinsohn, Knieper und Steiger sich offenbar nicht
erkären können, warum ausgerechnet die Abendländer so erfolgreich
waren und sind, sind sie der Idee verfallen, daß dieser Erfolg nur durch
Bösartigkeit in Verbindung mit Eigentumslosigkeit erklärbar sei.
Es gibt andere, vielleicht bessere Ideen, die eine diesbezügliche Erklärung
beinhalten. Es gibt Kulturtheorien, die mit sowohl naturwissenschaftlichen als
auch kulturwissenschaflichen Thesen und Argumenten bestückt sind und m.E.
auch das Wirtschaften und die Demographie verständlich machen. Warum haben
sich Heinsohn, Knieper und Steiger ausgerechnet auf diejenige theoretische Variante
eingelassen, die der abendländischen Kulturgeschichte nur noch Böses
unterstellt? Die »Erklärungen«, die Heinsohn und Co. diesbzüglich
abgeben, zeugen doch sehr davon, daß unsere Kultur seit Beginn ihrer ersten
Zivilisationsphase immer mehr zur Selbstkritik, ja zum Selbsthaß aufzufordern
scheint. Seitdem äußern sich ihre Angehörigen immer mehr auf genau
diese Weise. Es liegt nicht an mangelndem Wissen, schon gar nicht an mangelnder
Aufklärung oder an mangelnder Einsicht in diese Thematik, daß solches
Verhalten vor Beginn der ersten Zivilisationsphase der abendländischen
Kultur nur sehr wenige (unter den wenigen Adeligen) und danach immer
mehr (unter den vielen Bürgerlichen) in seinen Bann gezogen hat. Es war
Notwendigkeit und Zufall, daß die Abendländer den ganzen Globus
erobert haben. Es war z.B. der »Fall von Konstantinopel« (1453), der
in der Folge den Weg nach Indien versperrte und die abendländischen Seefahrer
veranlaßte, nach Westen zu segeln; es war die »faustische Seele«
(**|**),
die die abendländischen Entdecker unermüdlich ins »Unendliche«
(**|**)
trieb und sie jeden Winkel der Erde entdecken ließ; es war die Möglichkeit,
bei dieser Gelegenheit auch »überzählige« und »eigentumslose«
Söhne in diese entlegenen Winkel zu schicken u.s.w. - aber es war nicht
primär die »Hexenbulle« (**|**)
von 1484, der »Hexenhammer« (**|**)
von 1487, die Tötung der »Weisen Frauen« (**),
der »Zwang zur Mutterschaft« (**)
u.ä., wie Heinsohn, Knieper und Steiger glauben. Mit bevölkerungspolitischen
und eigentumswirtschaftlichen Thesen kann man einiges, nicht selten sogar vieles,
aber niemals alles erklären.Wenn jemand ein »überzähliger
Sohn« ohne Eigentum und Erbschaft ist, ist er für Heinsohn, Knieper
und Steiger automatisch ein Mörder, jedenfalls ein potentieller, weil er
ja, gemäß deren Theorie seine »Position« verbessern will,
und das nur kann, wenn er einen »Positionierten« tötet, um in
dessen »Position« zu kommen. (Klingt das alles nicht sehr nach dem
»Alten Testament«?). Die Unterstellung, daß auch Söhne,
die nicht »überzählig« sind und sich trotzdem »überzählig
fühlen«, ebenfalls potentielle Mörder sind, ist dann der nächste
Gedanke (und für Feministinnen sind ja schon sogar alle Männer
Mörder [!?]), der sich aufdrängt. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen,
wie groß die Empörung, der hysterische Aufschrei wäre, wenn man
nur deutlich genug machte, daß heute die meisten dieser Männer aus
der »Dritten Welt« stammen - abgesehen von denjenigen, die sich in
der »Ersten Welt« und in der »Zweiten Welt« als »überzählig
fühlen«, für die aber die große Empörung, der hysterische
Aufschrei ähnlich ausfiele.Heinsohn
übertreibt, und dazu muß er auch Zahlen, Daten und Fakten so darstellen
und deuten, daß sie in seine »Theorie« passen. Das ist sehr
unwissenschaftlich. |
Man kommt in der Frage nach den Gründen, Motiven, Trieben und Ursachen (**)
für zu viele oder zu wenige Kinder am weitesten, wenn man sie phänomenologisch
oder ganzheitswissenschaftlich angeht - jedenfalls nicht einzelwissenschaftlich
und auch nicht gruppenwissenschaftlich (z.B. naturwissenschaftlich oder kulturwissenschaftlich
[sozial-/geisteswissenschaftlich]).
Naturwissenschaften | | | Kulturwissenschaften | (auch
genannt: Empirie-, Erfahrungswissenschaften) | | | (auch
genannt: Sozial-, Geisteswissenschaften) |
|
...
Ü b e r g ä n g e
... |
| |
|
Generatives Verhalten ist zwar auch ökonomisch
begründbar, aber eben nicht nur; will man es biologisch, anthropologisch,
ökonomisch, soziologisch, psychologisch u.s.w. betrachten, so muß man
dies von zwei Seiten her angehen; natürlich (genetisch/evolutionär)
und kultürlich (metagenetisch/revolutionär). Ob ich etwas biologisch-anthropologisch-ökologisch-ökonomisch-soziologisch-psychologisch
oder psychologisch-soziologisch-ökonomisch-ökologisch-anthropologisch-biologisch
betrachte, ist nicht dasselbe. Ich muß beide
Wege betrachten, um es analysieren und hinterher wieder zusammensetzen zu können.
Das Phänomen ist vor der Wegwende dasselbe, während der
Wegwende nur noch das gleiche, nach der Wegwende wieder dasselbe. Und dieser
Unterschied ist es, der mir vermittelt, wie das Phänomen zu seinen Eigenschaften
kommt, wie es charakterisiert werden kann. Die zwei Wege müssen unbedingt
beschritten werden, weil erst sie die ganzheitliche Betrachtung des Phänomens
ermöglichen.
Heinsohn & Co. »erklären« Entwicklung rein
kataklysmisch (1. Fehler), Bevölkerungsentwicklung rein ökonomisch
(2. Fehler), Ökonomie rein eigentumsrechtlich (3. Fehler).
Zwar könnte ihnen zugute gehalten werden, daß sie die von mir
angesprochene Wegwende (**) zumindest
gesehen haben könnten - wahrscheinlich jedoch nicht. Dazu
kommt aber leider noch, daß diese falschen Annahmen weitere Fehler
nach sich ziehen: Heinsohn & Co. »erklären« Kinder
rein vom »Ertrag« selbständiger Produzenten her
(4. Fehler) und »Zwangsmaßnahmen« sowie »Unterdrückung
der Frau« rein von der »überfüssigen«
Kinderanzahl her (5. Fehler) - d.h. diejenigen, die nicht erben (können),
seien überzählig, überschüssig, überflüssig,
und durch überzählige Jungmänner kämen die Kriege
und ähnliche Probleme in die Welt, weil die von ihnen angestrebten
Positionen schlicht nicht da seien -, wobei Heinsohn & Co. ihre Thesen
mit historischen Quellen nicht belegen können (6. Fehler),
ihre Angaben in vielen Fällen nicht
mit den Daten, Zahlen und Fakten der Realität übereinstimmen
(7. Fehler), ihre Methode nicht wissenschaftlich
ist (8. Fehler). Meiner Meinung nach kann man das, was Heinsohn
& Co. mit ihren Thesen behaupten, nicht, jedenfalls nicht
generell behaupten. **
In seiner Bevölkerungstheorie wie auch in seiner Wirtschaftstheorie
bestreitet Heinsohn mit seinen jeweiligen Ko-Autoren alle naturwissenschaftlichen
Erklärungen - statt sie wenigstens in seine Theorie zu integrieren. Für
ihn gibt es »keine natürliche Vermehrung des Menschen« (**),
keinen natürlichen Hang des Menschen zur Wirtschaft, zum Gütertausch
u.s.w. (**),
denn all das gibt es für ihn nur als historische Produkte, die kataklysmisch
(katastrophisch, revolutionär), durch Entwicklungsbrüche entstanden
seien (**|**|**|**).
Fortpflanzung ist für Heinsohn & Co. vom wirtschaftlichen Kalkül
abhängig (**),
das Wirtschaften komme jedoch erst per Entwicklungsbruch durch das revolutionär
erkämpfte Eigentumsrecht in die Welt (**).
Wenn man das in einen logischen Zusammenhang bringt, muß man schlußfolgern,
es existiere für Heinsohn & Co. die menschliche Fortpflanzung erst seit
höchstens 6000 Jahren. Unglaublich!Natürlich haben Staat
und Kirche ihre Gelegenheit gesehen, durch mehr Menschen mehr Reichtum, mehr Macht
zu bekommen - und dies gilt tatsächlich für die Zeit vom Beginn der
Neuzeit (Moderne i.w.S. **)
bis zum Übergang in die Bürgermoderne (Moderne i.e.S. **),
in der sich dieser Prozeß umkehrt. Das Verhalten unter genau dem umgekehrten
Vorzeichen ist jedoch genauso zu verurteilen, weil es genauso verantwortungslos
ist. Niemand weiß genau, ob und für wen ein Leben mit Kindern
schlechter oder besser ist als ein Leben ohne Kinder (ich z.B. ziehe eindeutig
das erstere dem letzteren vor). Also kann es auch niemand pauschal beurteilen.
Auch ein Ökonom kann dies nicht. Auch ein Heinsohn nicht, der sechs verschiedene
Wissenschaftsdisziplinen - Soziologie, Psychologie, Geschichte, Publizistik, Wirtschaftslehre,
Theologie - an der Freien Universität Berlin studiert hat. Daß die
Behauptung, es gebe »keine natürliche Vermehrung des Menschen«
(**),
falsch ist, läßt sich auch schon an dem Phänomen erkennen, daß
immer mehr Menschen Haustiere als Ersatz für Kinder haben. Die Friedhöfe
für diese Haustiere sind sehr liebevoll gepflegt. Heinsohn, Knieper und Steiger
ignorieren in ihrer Theorie die Liebe, und ein 1979 erschienener Aufsatz von Heinsohn
heißt auch nicht zufällig: Liebe ist in gewissem Sinne überflüssig
(**).Es
gibt überzeugendere Argumente für die These des natürlichen Triebs
zum Nachwuchs, als Heinsohn, Knieper und Steiger mit ihrer Gegenthese jemals zusammentragen
können. Sie behaupten, daß es »keine natürliche Vermehrung
des Menschen« (**)
gebe, daß »Fortpflanzung und Aufzucht stets von wirtschaftlichem Kalkül
getragen« (**)
seien, daß der Lohnarbeiter mit der »prinzipiellen Familienlosigkeit«
(**)
identisch sei, daß die »Bevölkerungsexplosion« ihren Grund
nicht im technischen, medizinsichen, hygienischen und ökonomischen Fortschritt,
sondern lediglich »in der Zulassung bisher daran gehinderter sozialer Schichten
zur Eheschließung« (**)
habe. Die Zulassung zur Eheschließung der zuvor daran gehinderten unteren
Schichten war zwar auch ein Grund, aber nicht der Hauptgrund und schon gar nicht,
wie Heinsohn, Knieper und Steiger behaupten, der einzige Grund. Gemäß
ihrer Theorie wurden seit Ende des 15. Jahrhunderts bis Ende des 18. Jahrhunderts
- also 300 Jahre lang - »Millionen von Frauen« (**),
die sich und andere angeblich vor Geburten schützen wollten, von der christlichen
Kirche »ermordet«, weil sie und der merkantilistisch orientierte Staat
- gemäß der Formel: Mehr Menschen = Mehr Reichtum (= Mehr Macht)
- mehr Nachwuchs haben wollten und nicht auf die Idee kamen, daß diese Frauen
schon deshalb nicht getötet werden sollten, weil sie doch auch potentielle
Mütter, also als Mütter eben dieses benötigten Nachwuchses noch
zu gebrauchen waren. Und als nach dem 300 Jahre andauernden angeblichen »Morden«
die abendländische Bevölkerung exponentiell anstieg, lag das gemäß
ihrer Theorie lediglich an »der Zulassung bisher daran gehinderter sozialer
Schichten zur Eheschließung« (**),
obwohl doch gerade gemäß ihrer Theorie auch diese Schichten wegen ihrer
Bedeutung für die »Menschenproduktion« gar nicht von der Eheschließung
ausgeschlossen sein konnten.»Ursache der Bevölkerungsexplosion
ist« laut Wirtschafts-Ploetz (1984, S. 148) »der Rückgang sowohl
der Krisensterblichkeit als auch der normalen Sterberate«, laut
Heinsohn, Knieper und Steiger jedoch die »Zulassung bisher daran gehinderter
sozialer Schichten zur Eheschließung« (**),
obwohl die doch gerade gemäß ihrer eigenen Theorie gar nicht von der
Eheschließung ausgeschlossen sein durften, denn die christlichen »Menschenproduzenten«
brauchten sie doch für die sittlich (ehelich) vonstatten gehende Nachwuchsproduktion.
Proton Pseudos
wird dieser Grundirrtum, von dem Heinsohn & Co. hierbei wieder einmal ausgehen,
auch genannt: Falsche Voraussetzung zu Anfang einer Beweisführung, aus
der andere Irrtümer folgen. **
Seit Ende des 18. Jahrhunderts wuchs im Abendland die Kinderzahl, ganz besonders
die der unteren Schichten, so stark und so schnell wie nie zuvor - und zwar sowohl
durch die Aufhebung der bisherigen Heiratshindernisse als auch durch den Rückgang
der Kindersterblichkeit und der allgemeinen Sterblichkeit -, wie gesagt: verursacht
durch den »Fortschritt« (!). Zugleich setzte wegen der Verstädterung,
des Wohlstands und der Sicherheit vor existentieller Bedrohung ein von den oberen
Schichten seinen Ausgang nehmender, rund 100 Jahre später auch die mittleren
Schichten und wiederum rund 100 Jahre später sogar auch die unteren Schichten
erfassender allgemeiner Geburtenrückgang ein, der bis heute anhält.
Seitdem also gibt es im Abendland eine negative Korrelation zwischen dem sozial-ökonomischen
Erfolg und der Zahl der Kinder. Und zu diesem »Fortschritt« gehört
auch, daß die Grenzen der Schichten (Klassen) immer durchlässiger wurden.
Intelligenten Menschen aus den unteren Schichten gelang nun der soziale Aufstieg,
der ihnen jahrhundertelang weitgehend verwehrt war. Doch sobald sie in denjenigen
Schichten angelangt waren, in denen bereits die negative Korrelation zwischen
dem sozial-ökonomischen Erfolg und der Zahl der Kinder wirkte, glichen sie
ihr Fortpflanzungsverhalten den dortigen Verhältnissen an. (**).
Ähnliche Prozesse hat es in den anderen Kulturkreisen - zu den jeweils entsprechenden
Zeiten - zwar auch gegeben, aber nirgendwo und niemals zuvor verliefen sie so
stark und so schnell, wie sie es im abendländischen Kulturkreis seit Ende
des 18. Jahrhunderts sind.
Gedankenexperiment: Man nehme eine Volk »X«
mit einem technischen bzw. ökonomischen Fortschritt »Y«
und und lasse es jetzt einen »Fortschrittssprung« machen. Man wird
sehen, daß sich fast genau die Ereignisse zeigen werden, die sich auch in
Europa während der »Demographischen Revolution« (»Bevölkerungsexplosion«)
gezeigt haben. Ein solcher »Sprung« bedeutet, daß die von ihnen
betroffenen Menschen sich auf ihn nicht so schnell vorbereiten, also ihre Verhaltensweisen
nicht so schnell verändern können, wie er es erfordert.
Für Heinsohn, Knieper und Steiger ist es dagegen von vornherein eine abgemachte
Sache: wenn die Geburtenraten zu hoch sind bzw. die »Kinderausstülpungen«
(»Children Bulges«) und »Jugendausstülpungen« (»Youth
Bulges«) existieren, ist Menschenproduktion, Fortpflanzungszwang, Aufzuchtszwang,
Frauenunterdrückung und Mord im Spiel. Und das ist nun mal eine böswillige
Unterstellung.
Das Christentum mit seiner seit Beginn der Neuzeit durchgesetzten
Familienmoral und der merkantilistische Staat, so Heinsohn & Co., hätten
Schuld an dem ganzen Elend, das durch deren »Menschenproduktion« hervorgerufen
worden sei. Es fällt ohnehin auf, daß die Autoren
dann, wenn eine negative Wertung vorliegt, die Wörter »Christ(en)«,
»Christentum« »christlich« u.ä. verwenden, während
sie dann, wenn eine positive Wertung vorliegt, die Wörter »Jude(n)«,
»Judentum« »jüdisch« u.ä. verwenden, ohne zu
bemerken, daß sie auf diese Weise keine historischen Tatsachen, sondern
lediglich ihren Philojudaismus kundtun. Für sie scheinen die »Guten«
stets die »Juden« und die »Bösen« stets die »Christen«
zu sein. Das klingt einerseits nach Nietzsche, andererseits nach Hitler. Heinsohn
ist bekannt für seinen Philojudaismus. Er verbrachte 2 Jahre - von 1976 bis
1978 - in Isreal, betrieb dort auch Studien über das dortige Kibbutz-Modell.
Seine »Lieblingsstaaten« sind Israel und USA. Die von Heinsohn,
Knieper und Steiger behauptete These, die Hexenverfolgungen hätten Kirche
und Staat dazu gedient, die Hebammen (die »Weisen Frauen«) zu beseitigen,
um sie so an der Weitergabe und Anwendung von Techniken zur Geburtenkontrolle
zu hindern, wird selbstverständlich von nicht wenigen Feministen unterstützt,
obwohl sie von der Geschichtswissenschaft heftig zurückgewiesen worden ist,
da ihr der Quellenbefund widerspreche und die Arbeit von Heinsohn & Co. methodische
Mängel aufweise (**). Heinsohn,
Knieper und Steiger sind also vielleicht Feministen oder zumindest Männerfeinde.
Heinsohn z.B. hat - wie übrigens auch Sloterdijk - seinen Vater nicht erleben
können (**). Das Ohne-Vater-Aufwachsen
steht doch gerade für freudianisch-psychoanalytisch orientierte Menschen
im Zusammnhang mit Männerfeindlichkeit.Die »Frauenemanzipation«
bedürfe »wie der Geburtenrückgang selbst« erst noch der
Ergründung, so Heinsohn & Co. (**).
»Da der Lohnarbeiter keine Söhne benötigt, die ein Erbe mit dem
Ziel übernehmen sollen, ihn bei Arbeitsunfähigkeit und Alter zu versorgen,
benötigt er an einer Frau auch nicht deren Fähigkeit, Erben zu gebären
und aufzuziehen.« (**).
Diese These ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Sie gilt nämlich
nur für solche Fälle, in denen der »Lohnarbeiter« sozialversichert
(vgl. Rente u.s.w.) und in dem Sinne sicher ist, daß er seine sich aus den
Sozialversicherungen ergebenden Zahlungen auch tätsächlich bekommt.
(Die heutigen Verhältnisse deuten doch bereits wegen der unverantwortlichen
Schuldenpolitik der »Staaten« des Abendlandes und Anhänger -
also: der sogenannten »Ersten Welt« - in eine sehr prekäre Zukunft
(vgl. »Prekariat« u.ä.). »Frauenemanzipation« und
Geburtenrückgang gehören zusammen - das räumen auch Heinsohn, Knieper
und Steiger ein, allerdings nur in der Hinsicht, daß »beide ... Folgen
der Annäherung des Lohnarbeiters, dessen Geschlechtsunabhängigkeit hier
deutlich wird, an sein ökonomisches Interesse« (**)
sei. Auch hier liegen Heinsohn, Knieper und Steiger nicht ganz richtig, weil diese
These dann und nur dann richtig sein könnte, wenn der »Lohnarbeiter«
und »sein ökonomisches Interesse« das Maß aller Dinge wäre.
So ist es aber nicht. Außerdem ist nicht wissenschaftlich gesichert, was
genau das »ökonomische Interesse« des »Lohnarbeiters«
ist; es kann z.B. durch ein ungesichertes Rentensystem ganz anders aussehen als
durch ein gesichertes. Heinsohn, Knieper und Steiger liegen also auch in dieser
Hinsicht nur zum Teil richtig.
Bevölkerungsgeschichte hat auch (auch!) viel mit Ökonomie zu
tun, doch die Betonung liegt auf dem Wort A U C H !
Man kann die Bevölkerungsentwicklung nicht allein ökonomisch
begründen. Wenn man es dennoch tut - wie Heinsohn & Co. -, dann ist sicher,
daß die Begründung falsch, jedenfalls teilweise falsch ist. Bevölkerungsentwicklungen
gehen zurück auf einen biologisch definierbaren Trieb (**),
dessen Ursachen in der Evolution liegen; erst in zweiter Linie ist das Ökonomische
- verbunden auch mit dem Soziologischen (auch Politologischen u.ä.) und dem
Psychologischen - von Bedeutung; und erst viel später ist das, was Heinsohn,
Knieper und Steiger vorschwebt, zu berücksichtigen, denn sie beschreiben
lediglich den Weg nach der Wende (**)
und können, wenn sie auf diesem Weg nach der Wende wieder bei der
Ökonomie angekommen sind, auch nur deshalb eigentumswirtschaftlich argumentieren,
alle Natürlichkeit vernachlässigen. Ihre Theorie ist also nicht völlig
falsch, sondern nur teilweise, und sie hat auch für mich etwas Sympathisches,
aber eben auch nur teilweise.
 K
(Kultur) = Gemeinschaftsform dominiert Wirtschaftsform; Z
(Zivilisation) = Wirtschaftsform dominiert Gemeinschaftsform. |
|
Die
einzige von vier Varianten, die Heinsohn, Knieper, Steiger zu interessieren
scheint: Z nimmt zu, die
Geburtenrate nimmt ab, der Verschleiß bzw. die Inanspruchnahme
der Bevölkerung nimmt zu. |
|
| Zur
Erläuterung meiner Graphiken: »K« bedeutet Kultur, in der
die Gemeinschafsform die Wirtschaft dominiert, »Z« bedeutet Zivilisation
(einer Kultur), in der die Wirtschaft die Gemeinschafsform dominiert (auch
deshalb heißt die Gemeinschaft hier nur noch »Gesellschaft«).
Wenn »K« steigt, dann steigen die Geburtenrate und der Bevölkerungsverschleiß
ebenfalls; wenn »K« sinkt, dann sinken die Geburtenrate und der Bevölkerungsverschleiß
ebenfalls; wenn »Z« steigt, dann sinkt die Geburtenrate und der Bevölkerungsverschleiß
steigt; wenn »Z« sinkt, dann steigt die Geburtenrate und der Bevölkerungsverschleiß
sinkt. Um das nachzuvollziehen, fahren Sie mit der Maus über die Graphik
und klicken anschließend langsam auf die Graphik, danach auch zweimal. |
| Der
»Lohnarbeiter« wolle, so Heinsohn & Co., stets familienlos sein
(**),
und es hänge lediglich von den sozialen (einschließlich politischen)
Rahmenbedingungen ab, wie sehr oder wie wenig er dies sei, d.h. in welchem Ausmaß
die »Frauenemanzipation« gestiegen und die Geburtenrate gesunken sei.
Hängen die Familienlosigkeit des »Lohnarbeiters« und die »Frauenemanzipation«
einerseits mit der Geburten- bzw. Fruchtbarkeitsrate andererseits wirklich stets
zusammen wie z.B. Preis oder Kurs einerseits und Gut, Ware oder Geld u.ä.
andererseits in einem Angebot-Nachfrage-System (auch Markt genannt)? Wenn ja,
dann ja wohl nur so, wie es in meiner Abbildung rechts zu sehen ist. Das müßte
doch aber auch heißen, daß in dem Fall, wenn die bereits fortgeschrittene
»Frauenemanzipation« (wieder) unterdrückt, also zurückgeschraubt
wird, die Familienlosigkeit des »Lohnarbeiters« ebenfalls zurückgeschraubt
wird. Das wird in vielen Fällen so sein, aber es muß nicht notwendigerweise
so sein. Anders gesagt: »Frauenemanzipation« ist nicht notwendigerweise
mit der Familienlosigkeit des »Lohnarbeiters« verbunden, schon gar
nicht von ihr abhängig. Und dies gilt auch umgekehrt. Heinsohn, Knieper und
Steiger überbewerten und bevorzugen hier Funktionen und Relationen, die nur
unter bestimmten Bedingungen eine Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung
haben. Im Sinne meiner Abbildungen gesprochen: Heinsohn, Knieper und Steiger interessieren
sich nur für eine der prinzipiell vier Varianten des Bewegungsprozesses zwischen
der Geburtenrate und dem Verschleiß bzw. der Inanspruchnahme der Bevölkerung:
Die Dominanz der Wirtschaftsform über die Gemeinschaftsform nimmt zu, die
Geburtenrate sinkt, der Bevölkerungsverschleiß steigt (siehe meine
Abbildung rechts). Daß es hier auch andere Möglichkeiten (Varianten)
gibt, interessiert sie nicht - muß es zwar auch nicht, denn sie sehen die
Welt in einem Zustand, in dem sich eigentlich nur die abendländische Kultur
befindet, und der ist momentan sowieso nicht zu ändern -, aber sie dürfen
es nicht wegen der Wissenschaftlichkeit (!), weil die Wissenschaft Objektivität
und Neutralität des Forschers zum Untersuchungsobjekt unbedingt verlangt
(!). Heinsohn, Knieper und Steiger bedienen sich also einer Methode, die den strengen
Bedingungen der Wissenschaft nicht genügt und auch nicht genügen kann.
Ich muß wohl nicht noch betonen, was das bedeutet.Für Heinsohn
& Co. ist nur der Eigentümer das relevante Wirtschaftssubjekt;
der selbständige Produzent hat den größten (**),
der freie Lohnarbeiter den kleinsten (nämlich prinzipiell gar keinen!
[**|**|**])
»Ertrag an Kindern«; das Kinderhaben ist vom ökonomischen
Kalkül abhänig (**);
und: »Kinder können sehr wohl ökonomische Güter sein, fungieren
dann aber nicht als Konsum, sondern als Investition« (**).
Das alles ist aber nur teilweise richtig. Bei der ganzen Nachwuchsfrage sind doch
nicht nur ökonomische, sondern auch soziologische, geographische, psychologische,
biographische u.ä. Verhältnisse entscheidend - z.B. trägt die Urbanisierung
erheblich zur Kinderlosigkeit bei -, ja es ist doch eine Angelegenheit der gesamten
Gemeinschaft - wie auch immer wir sie nennen: (Ehe-)Paar, Familie, Großfamilie,
Sippe, Gruppe, Stamm, »Gesellschaft«, Nation, Kultur(kreis) oder gar
»Menschheit«. **Heinsohn,
Knieper und Steiger halten sich an die vom Parteienstaat vorgeschriebenen Verhaltensregeln
- an erster Stelle steht das (Glaubens-)Bekenntnis zum Selbsthaß und der
damit verbundenen Kriminalisierung der eigenen nationalen, abendländischen,
christlichen, weißen Geschichte, an zweiter Stelle der Lobgesang auf die
»Zivilisation« nur noch genannte Kultur, die selbst ja gehaßt
werden soll, und der damit verbundenen Dominanz der Wirtschaft über die Gemeinschaft
-, und wer sich an diese befohlenen Maßregeln (Politkorrektheiten [**])
hält, der darf auch mit aller Ruhe unwissenschaftlich, verschwörungstheoretisch
argumentieren, also auch fälschen und lügen. Vielleicht reicht's ja
für einen Nobelpeis oder »Oscar«.Die Theorien von Heinsohn
& Co. gehen auf eine ihnen übergeordnete Theorie zurück, die besagt,
daß Entwicklungen zu einem nicht unerheblichen Ausmaß von Kataklysmen
stark beeinflußt werden (**|**|**|**).
Doch wir wissen überhaupt nicht, ob z.B. (a) die Eigentumswirtschaft und
(b) die »neuzeitliche« Bevölkerungspolitik (»Menschenproduktion«)
auf diese Weise entstanden sind - es fehlen dafür historische Quellen!
Die Form des Zusammenlebens jedenfalls dürfen auch moderne Theoretiker -
egal, ob sie mehr dem Liberalismus, mehr dem Links-Sozialismus oder mehr dem Rechts-Sozialismus
zugeneigt sind - nicht vorschreiben!Heinsohn, Knieper und Steiger
behaupten, daß die ihrer Bevölkerungstheorie und ihrer Wirtschaftstheorie
übergeordnete Katastrophismustheorie im Gegensatz zur Aktualismustheorie
stehe (auch so ein rheotrischer Trick, um auf sich aufmerksam zu machen), doch
auch das ist falsch, denn diese beiden Theorien, die sich zwar anfangs noch wie
»Thesis« und »Antithesis« verhielten, ergänzen sich
mittlerweile, sind »synthetisiert«, d.h. in ihrer gemeinsamen »Synthesis«
»aufgehoben« (Hegel). Wer dieses wissenschaftliche Faktum nicht akzeptieren
will, will auf etwas anderes hinaus, was wissenschaftlich nicht (mehr) haltbar
ist. Heinsohn, Knieper und Steiger mißbrauchen die Wissenschaft zu ihrem
Zweck so, wie heutige Politiker die Demokratie (bzw. das, was von ihr noch übrig
ist) und Religionsfundamentalisten die Religion (bzw. das, was von ihr noch übrig
ist). Sie behaupten, ihre falschen Thesen seien mit dem von ihnen Mißbrauchten
identisch oder immerhin vereinbar. In Wirklichkeit haben sie damit überhaupt
nichts zu tun. Gar nichts!Die »weisen Frauen« z.B. spielten
- nachweislich - damals nicht die Rolle, die Heinsohn & Co. ihnen andichten
wollen. »Weise Frauen« waren Zauberinnen und Magierinnen, die in Weissagungen
u.ä., in Vorhersagen, z.B. über Ernteausfälle u.s.w., geübt
waren und mit Schwangerschaftverhütung und Abtreibung nur sehr wenig zu tun
hatten. Sie waren das, was man auch heute noch als »Hexen« bezeichnet
(falls man das heute noch darf [**]).
Die Kirche und der Staat hatten lediglich dann ein Interesse an ihrer Verfolgung
oder Vernichtung, wenn die oben genannten Fähigkeiten zu Problemen führten,
wenn also z.B. eine Weissagung bzw. eine Vorhersage nicht zutraf. Die Geburtenkontrolle
war gar kein Problem, jedenfalls nicht in dem Ausmaß, wie es die Feministen
Heinsohn, Knieper und Steiger gern hätten. Die Geburtenraten waren damals
nicht zu niedrig und nicht zu hoch, sondern so hoch, daß
die Bevölkerung so wachsen konnte, wie es der damaligen Situation entsprach.
(Noch einmal sei hier betont, daß die Kolonisation eine Gelegenheit war,
die vorher nicht bewußt geplant gewesen war, sondern sich durch die Ereignisse,
bei denen auch das Glück eine große Rolle spielte, sich ergab und erst
danach auch bewußt weiterverfolgt wurde!). Aus heutiger Sicht gesprochen
hätten die damaligen Bevölkerungspolitiker, unter denen zugegebenermaßen
auch solche waren, die eine »Menschenproduktion« beabsichtigten, eher
ein Interesse an weniger Geburten haben müssen. Das wissen Heinsohn, Knieper
und Steiger selbstredend auch, weshalb sie auch gleich eine Ausrede parat haben:
Die damaligen Politiker und Politikberater hätten nicht gewußt, worauf
es ankommt und fälschlicherweise auf die Formel gesetzt: Mehr Menschen =
Mehr Reichtum (= Mehr Macht). Solche Politiker und Politikberater gab es, aber
sie waren nicht in dem Ausmaß entscheidend, wie es Heinsohn, Knieper und
Steiger unterstellen.Daß der freie »Lohnarbeiter« immer
nur familienlos, die Frau immer nur »emanzipiert«, also wie ein Mann
bzw. ein freier »Lohnarbeiter« sein will, ist nicht bewiesen und m.E
ein ähnliches falsches Vorurteil wie das über die von Heinsohn &
Co. kritisierten »Menschenproduzenten«. Die Geschichte und auch die
Gegenwart zeigen doch, daß es Menschen gibt, die nicht »Lohnarbeiter«,
nicht familienlos, nicht individualistisch, nicht egozentrisch,
nicht »emanzipiert«, nicht männlich, nicht
weiblich, nicht geschlechtsneutral sein wollen und ihr Verhalten auch nicht
immer ökonomisch kalkulieren. Warum beharren Heinsohn, Knieper und Steiger
trotzdem so sehr auf der These, daß Menschen lieber allein als zusammen
sein wollen? **
Gibt es Menschen, die einen Vorteil dadurch haben, daß der größte
Teil der Menschen keiner Kinder hat? Ja, die gibt es! Es ist eine Minderheit,
die den Individualismus bzw. Liberalismus frönt, weil sie sich dadurch Schutz
vor der ihr feindlich gesonnenen Mehrheit verspricht (**|**).
Dadurch kann diese Minderheit, wenn sie an der Macht oder zumindest in großem
Ausmaß an ihr beteiligt ist, für eine bestimmte Zeit Erfolg haben;
sie kann sogar in die günstige Gelegenheit kommen, einen neuen Adel zu begründen
und herrschaftlich einzurichten, wie es der heutige Globalismus bereits im Keim
ankündigt. Voraussetzung dafür ist Macht, Geld im dafür ausreichendem
Ausmaß ([Finanz-]Kapital-Akkumulation), ungefährlich gewordene oder
auch schon zu Minderheiten gewordene und in sich zerstrittene Mehrheiten (siehe
Bevölkerungsschwund) und entsprechende Gesetze, um sie dauerhaft gefügig
machen zu können. Der Rest wird sich dann fast wie von selbst regeln. **
Heinsohn,
Knieper und Steiger suggerieren, daß der Mensch ohne Nachwuchs glücklicher,
zufriedener sei als der Mensch mit Nachwuchs. (**|**).
Doch das ist nachweislich falsch. Es ist eher umgekehrt so, daß Menschen
mit Kindern glücklicher sind als Menschen ohne Kinder. Und das ist auch natürlich.
Wenn dennoch in einer bestimmten Gesellschaft die Tendenz in Richtung Kinderlosigkeit
geht - wie im Abendland seit der bürgerlichen Moderne (Moderne i.e.S.
**),
also seit »1789« -, so liegt das nicht daran, daß diese Gesellschaften
stets wissen, was sie tun - sie wissen es oftmals nämlich nicht. Wer oder
was solche Entscheidungen tatsächlich lenkt, ist den meisten Menschen dieser
Gesellschaften leider nicht bekannt - jedenfalls entscheiden die Einzelnen nicht
wirklich selbst, sondern der Trend ist plötzlich da und pflanzt sich fort,
d.h. die meisten Einzelnen machen etwas nach, ohne zu wissen, was für sie
wirklich gut, was sie wirklich glücklich und zufrieden macht.Wenn
also schon die meisten Einzelnen selbst gar nicht wissen, was für sie wirklich
gut, was sie wirklich glücklich und zufrieden macht, so können Heinsohn,
Knieper und Steiger zwar trotzdem noch so häufig das Gegenteil behaupten
und sich weiterhin einreden, ihre diesbezüglichen Behauptungen stützten
sich auf »Umfragen« - diese »Umfragen« beweisen nichts
außer, daß sie »Umfragen« sind.Wie es zur »Bevölkerungsexplosion«
und zur »Bevölkerungsimplosion« gekommen ist, beschreiben Heinsohn,
Knieper und Steiger nicht, wohl aber ihre Wünsche zu diesem Thema. Diese
Entwicklungen sind zwar tatsächlich verstärkt worden, aber sie sind
nicht einer »polizey«-staatlichen Zwangsgewalt in dem Ausmaß
unterlegen gewesen, wie Heinsohn, Knieper und Steiger es in ihrem Buch Menschenproduktion
behaupten. Es gefiele ihnen garantiert nicht, wenn man den abendländischen
Machthabern von heute unterstellte, sie verlangten mit strukturierter Zwangsgewalt
von ihren Untertanen, »familienlose Lohnarbeiter« zu sein, also keine
Kinder mehr zu haben. Diese Behauptung ließe sich nämlich genauso aufstellen
wie die umgekehrte von Heinsohn & Co.. Der Trend, weniger oder gar
keine Kinder haben zu wollen, existiert, und zwar schon seit langem, und er wird
auch verstärkt seit er existiert. Für den umgekehrten Trend gilt das
ebenfalls. Beide Trends werden aber nicht »gemacht«, d.h. sie werden
zunächst nicht bewußt geplant und anschließend in die Tat umgesetzt,
sondern mehr oder weniger durch Zufall »gesetzt« und anschließend
verstärkt (und hierbei erst wird auch geplant u.s.w.).In »68er«
Manier verurteilt Heinsohn pauschal die merkantilistisch-absolutistische Bevölkerungspolitik
von Staat und Kirche - in einigen Aspekten liegen sie da auch sogar richtig -,
indem sie diese »Menschenproduktion« nennen, doch das ist zu
pauschal gesehen, zu übertrieben dargestellt und zu einseitig
be- und verurteilt. Im Umkehrschluß müßten sie übrigens
die Politik der bürgerlichen Staaten der Moderne i.e.S. (**)
ebenfalls verurteilen und sie - meinetwegen - »Menschenvernichtung«
oder einfach nur »Abtreibung« nennen.Heinsohn, Knieper und
Steiger wissen, daß die Bevölkerungspolitik ziemlich tabuisiert ist
- und auch das nutzen sie für ihre Zwecke aus. Obendrein nutzen Heinsohn
und Steiger das mangelnde Wissen der etablierten Wirtschaftstheoretiker für
ihre Zwecke aus. |  »Schematische
Darstellung der wichtigsten Bevölkerungstheorien« (Meinhard Miegel,
Das Ende des Individualismus, 1993, S. 151 [ **]). | | |  Kultur(kreis)
und Wirtschaftsform (Hubert Brune) | Die
Theorie von Heinsohn & Co. kann erst entstehen, wenn sich ein Kulturkreis
bereits in seinem »Herbst« befindet - für die abendländische
Kultur ist das die Zeit von 1770/1815 bis 2130/2230. Denn Autoren bestimmter Theorien
richten sich sowohl nach ihrer Gemeinschafts- bzw. Wirtschaftsform als auch nach
den Entwicklungen ihrer Kultur. Nicht selten leider sogar erst Jahrhunderte nach
diesen Entwicklungen. |
|
Jede Theorie - und sei sie noch so absurd - spiegelt in gewisser Weise die Zeit
und den Raum, aus denen sie stammt, wider. Sie widerspiegelt also den »Zeitgeist«
(Hegel) - mehr oder weniger. Meinhard Miegel sagt z.B. über die wichtigsten
Bevölkerungstheorien, daß sie »sich in Abhängigkeit von
den Phasen der Bevölkerungsentwicklung wandeln« (**)
und »sich im Ablauf der Phasen der Bevölkerungsentwicklung auch die
wissenschaftliche Orientierung der sie erklärenden Theorien verändert«
(**).
Aus der Abbildung (r.o.) wird das besonders deutlich, wenn man die senkrechte
und die waagerechte Gliederung daraufhin überprüft. Wo genau hier Heinsohn,
Knieper und Steiger einzuordnen sind, ist wegen der größtenteils inakzeptablen
Unwissenschaftlichkeit in ihrer Methodik, Daten- und Quellenignoranz nicht so
einfach zu sagen. Da sie aber zeitlich und räumlich eindeutig zuzuordnen
sind, komme ich zu der Schlußfolgerung, daß sie zwar eher zu den »sozio-ökonomischen«
Theoretikern gehören, die längst von den sozial-psychologischen Theoretikern
verdrängt worden sind, aber trotzdem noch dem Zeitgeist gemäß
sind, weil der auch mehrere Jahrhunderte umfassen kann (siehe Abbildung r.u.).
Zu den Vertretern der »sozial-psychologischen« Theorien zählt
laut Miegel übrigens auch Herwig Birg, einer der seriösesten Bevölkerungswissenschaftler,
wie ich meine. Doch die »sozial-psychologischen« Theorien sind - selbstverständlich
- auch nicht der Weisheit letzter Schluß und gelten mittlerweile ebenfalls
schon als teilweise überholt. Aber das ist nicht so wichtig, weil sich die
Theorien und die wissenschaftliche Orientierung, wie Miegel m.E. richtig festgestellt
hat, sowieso in Abhängigkeit der Entwicklung selbst wandeln und verändern,
und nach meiner Theorie sind sie sowohl nach ihrer Gemeinschafts- bzw. Wirtschaftsform
als auch nach den Entwicklungen ihres Kulturkreises hin ausgerichet - nicht selten
leider sogar mit einer Verspätung von Jahrhunderten. Wichtig aber sind die
Wissenschaftlichkeit, die Methodik und die Geschichtsquellen. So gesehen sind
also Heinsohn, Knieper und Steiger überhaupt nicht wichtig.
Heinsohn
und seine jeweiligen Ko-Autoren übertreiben und vorverurteilen auch deshalb,
weil es der Zeit, in der sie selber leben - dem »Zeitgeist«, um Hegel
zu zitieren - entspricht, daß man sich nur noch dadurch Gehör verschaffen
kann, daß man die einseitige Linie, die aus politischen Gründen vorgegeben
ist, vertritt und überspannt: Liberalismus von links (Liberalismus bedeutet
eigentlich Mitte) mit Sozialismus von links gepaart - das ist die offizielle,
von oben verordnete Linie seit »1968«. (Mehr nicht! Wer von ihr abweicht,
wird mit Berufsverbot bestraft und aus der Öffentlichkeit ausgegrenzt.).
Wir können nicht einfach aufgrund eines »Ideals« die Hälfte
der Menschen - ich meine die Männer - als »Mörder«, »Totschläger«
oder sonstige »Verbrecher« pauschal vorverurteilen oder gar vernichten
und gleichzeitig glauben, daß die andere Hälfte eine bessere Zukunft
bedeute. Das ist Links-Sozialismus. Feminismus ist auch Links-Sozialismus. Und
wohin uns der Links-Sozialismus führt, hat die Geschichte deutlich genug
gezeigt: 100 bis 200 Millionen tote Menschen als Opfer! Keine andere Ideologie
hat mehr Opfer gefordert bzw. gebracht als der Links-Sozialismus.Genau
das, was bei uns seit »1968« immer mehr, immer vehementer, immer zwanghafter,
immer hysterischer, immer neurotischer und mit immer mehr Paranoia gefordert und
gefördert wird, fordert und fördert Heinsohn zwar nicht direkt, wohl
aber indirekt: Selbstkritik bis hin zum - weil Selbstkritik noch zu wenig ist
- Selbsthaß! Mit dem Selbsthaß wird natürlich immer an die jeweils
Anderen unter den ansonsten »Gleichen« appelliert. »Aufarbeitung
unserer Geschichte« nennen sie - diese Nihilisten der Spätphase - das
auch, in Wirklichkeit ist es eine Vernichtung unserer Geschichte.Hinter
der Theorie von Heinsohn & Co. steht die Rechtfertigung der vom Westen ausgehenden
und darum immer noch auch dominierten Eigentumswirtschaft, die mittlerweile so
stark global vernetzt ist, daß sie »Globalisierung« - richtig
muß es heißen: Globalismus (!) - genannt wird. Eine Eigentumswirtschaft
praktizierende Gesellschaft steht so unter Streß, daß sie keine Kinder
mehr haben will bzw. kann und deshalb auch jeder Forderung (egal von wem) nach
mehr Kindern feindlich gegenüberstehen muß. Indem man den Umkehrprozeß
in die Vergangenheit projiziert, wird man schnell zum »Medienhelden«:
Die Herrschenden aus Politik und Medien lieben die (Um-)Erziehung ihrer Untertanen
zum Selbsthaß - besonders gegenüber deren Vergangenheit - als Christen,
Weiße, Europäer, Abendländer, Deutsche, Männer, Jungmänner.
Dies geschieht auch und besonders im Dienste der Eigentumswirtschaft bzw. des
Liberalismus unter Rücksichtnahme auf den Links-Sozialismus. Liberalismus
und Links-Sozialismus - als Paarung: des Links-Sozialismus/Liberalismus - deshalb,
weil eine Opposition nun mal nie total zu verhindern und darum eine gespaltene
Opposition (Links- und Rechts-Sozialismus) harmloser ist, wenn man die eine Seite
(in unserem heutigen Beispiel: Links) zum zwar ungeliebten Partner, dafür
aber die andere Seite (in unserem heutigen Beispiel: Rechts) mit Hilfe des ungliebten
Partners ungefährlich machen kann. Dabei sollte der Liberalist eigentlich
nie vergessen, daß nicht so sehr der Rechts-Sozialist, sondern sehr viel
mehr der Links-Sozialist sein eigentlicher Feind ist, denn der Rechts-Sozialismus
stimmt immerhin in einem für den Liberalismus wichtigen Punkt mit diesem
überein: dem freien Markt, d.h. dem Eigentum (**|**);
trotzdem bleiben beide Sozialismen Feinde des Liberalismus - um so besser also
für den Liberalismus, wenn er beide dadurch bekämpft, indem er sie gegeneinander
aufhetzt. Diese an sich widersprüchlichste links-sozialistisch-liberalistische
Konstellation gibt bei uns seit den 1960er Jahren den Ton an. Und wer was werden
oder sogar einen Nobelpreis haben möchte, muß im Sinne dieser Konstellation
politisch korrekt (**)
sein und in jedem anderen Fall damit rechnen, total vernichtet zu werden.
ZusammenfassungMan sollte Heinsohn, Knieper und Steiger nicht sonderlich
ernst nehmen; ihre Theorien sind fragil, manche ihrer Thesen absurd. Als »Querdenker«
jedoch sind sie mitunter befruchtend, ihre Theorien haben etwas Denkanstößiges,
manche ihrer Thesen etwas Erbauliches. Vielleicht werden sie ja eines Tages seriöser.
Dann müssen sie jedoch nicht wenige ihrer Thesen als falsch anerkennen und
ihre Theorie entsprechend abändern. Sowohl in ihrer Bevölkerungstheorie
als auch in ihrer Wirtschaftstheorie (**|**)
gehen sie von Vorausetzungen aus, die teilweise wissenschaftlich überhaupt
nicht haltbar sind. Sie müssen wissenschaftlicher werden, was die Methodik
und die historischen Quellen angeht.
Die 9 größten Fehler der Theorien von Heinsohn & Co.:
(1.) | ihre
These, die Katastrophentheorie sei die einzig relevante Theorie für Entwicklung,
ist falsch; | (2.) | ihre
These, Fortpflanzung und Aufzucht seien vom wirtschaftlichen Kalkül abhängig,
ist falsch; | (3..) | ihre
These, Wirtschaft sei nur als Eigentumswirtschaft möglich, ist falsch; | (4.) | ihre
These, nur selbständige Produzenten hätten einen Ertrag an Kindern,
ist falsch; | (5.) |
ihre These, es hätte im Abendland einen von Kirche und Staat verordneten
Zwang zur Menschenproduktion gegeben, ist falsch; | (6.) |
ihre These, überschüssige Jungmänner seien ein Beweis für
Zwangsmaßnahmen und Unterdrückung der Frauen, ist falsch; | (7.) |
ihre historischen Quellen können ihre Thesen nicht belegen; | (8.) |
ihre Angaben stimmen in vielen Fällen nicht mit den Daten,
Zahlen und Fakten der Realität überein; | (9.) |
ihre Methode ist nicht wissenschaftlich. | Neben
diesen 9 größten gibt es - wie bereits angesprochen - noch kleinere
Fehler, und trotzdem gibt es auch Richtiges in den Theorien von Heinsohn &
Co., so daß sie in relativierter und korrigierter Form durchaus akzeptabel
sein könnten, aber ansonsten strikt abzulehnen sind.Zu
1.) Der erste der größten Fehler von Heinsohn & Co. beruht
auf einem Proton
Pseudos (altgriechisch: falsches Frühere), ein Grundirrtum
als die falsche Voraussetzung zu Anfang einer Beweisführung, aus der andere
Irrtümer folgen:»Naturwissenschaftliche
Theorien sind die einzig relevanten Entwicklungstheorien.« | »Die
Katastrophentheorie ist eine naturwissenschaftliche Theorie.« | »Die
Katastrophentheorie ist eine (der) einzig relevante(n) Entwicklungstheorie(n).« | Der
Grundirrtum von Heinsohn & Co ist deren falsche 1. Prämisse (siehe
Obersatz **):
»Naturwissenschaftliche Theorien sind die einzig relevanten Entwicklungstheorien.«
Aus diesem Irrtum folgen dann andere Irrtümer. Es ist nicht bewiesen und
wahrscheinlich auch nicht beweisbar, daß naturwissenschaftliche (und übrigens
auch nichtnaturwissenschaftliche) Theorien die einzig relevanten Entwicklungstheorien
seien. Diese Aussage von Heinsohn & Co. ist nicht als Prämisse setzbar;
sie ist falsch! Dadurch ist aber auch die Schlußfolgerung (siehe Konklusion
**)
falsch - übrigens auch dann, wenn man sie harmloser ausdrückt,
d.h. die Klammern in der Konklusion auflöst. Außerdem gab und gibt
es auch in den Naturwissenschaften stets mindestens eine Gegentheorie zu der jeweils
gerade bevorzugten. Die Geologie
z.B. bevorzugte und bevorzugt nicht eine, sondern mehrere geologische Theorien
(**),
also bevorzugte und bevorzugt sie auch nicht die Katastrophentheorie (Kataklysmentheorie,
Kataklysmus, Katastrophismus **)
als die einzige geologische Theorie. Heute z.B. gilt der Aktualismus (**)
als die stärkste und dennoch nicht einzig relevante unter den geologischen
Theorien; aber immerhin ist sie momentan relevanter als die Katastrophentheorie
und die niemals zu unterschätzende Zyklentheorie (**)
oder der Ekzeptionalismus (**)
u.a.. Auch ich schätze die Katasrophentheorie in ihrer Bedeutung höher
ein, als die gegenwärige Geologie es tut, setzte sie aber keinesfalls als
absolut an, wie Heinsohn und seine Freunde es tun, sondern lasse sie unterhalb
der Zyklentheorie rangieren.Zu
2.) Die These von Heinsohn & Co., Fortpflanzung und Aufzucht seien stets
vom wirtschaftlichen Kalkül abhängig, ist falsch, denn Fortpflanzung
und Aufzucht gibt es ja sogar bei solchen Tieren, von denen Heinsohn, Knieper
und Steiger garantiert nicht behaupten würden, sie seien fähig, wirtschaftlich
zu kalkulieren.Zu
3.) Wirtschaft sei nur als Eigentumswirtschaft möglich - diese These
von Heinsohn & Co. ist deshalb falsch, weil sie sich lediglich auf
jene menschlichen Gesellschaften bezieht, die ein bestimmtes Niveau an Entwicklung
erreicht haben und sich deshalb auch Eigentumsgesellschaften nennen können.
Das Wort Wirtschaft bezieht sich nicht nur auf Eigentumsgesellschaften.
Wirtschaft ist nicht nur eine Eigentumswirtschaft. Wenn behauptet wird, Wirtschaft
sei nur als Eigentumswirtschaft möglich, dann ist das in etwa so, als wenn
z.B. behauptet wird, ein Haus sei nur als Blockhaus möglich. Hier wird von
Heinsohn & Co. ein ganzer Teilbereich der Sprachwissenschaft - nämlich
die Semantik - einfach ignoriert. Wenn jemand sagte, ab morgen sei z.B. Physik
nur noch als Teilchenphsyik oder z.B. Obst nur noch als Apfel möglich, so
wird er den Beweis für diese These nicht bringen können, logische und
linguistische Regeln - z.B. bestimmte semantische Relationen wie Hyperonymie (Superordination)
und Hyponomie (Subordination) - verletzten und damit sich selbst außerhalb
der wissenschaftlichen Seriosität stellen.Zu
4.) Die These von Heinsohn & Co., daß nur selbständige Produzenten
einen Ertrag an Kindern hätten - deren Umkehrung ja bedeutet, daß Nichtselbständige
und Unproduktive wie z.B. Sklaven, Lohnarbeiter und Sozialhilfeempfänger
keinen Ertrag an Kindern hätten, also Kinderlose seien, zumindest aber prinzipiell
die Tendenz zur Kinderlosigkeit hätten -, ist zumindest im Falle der Sozialhilfeempfänger
falsch, denn gerade die heutigen Unterstützungen, die als Sozialhilfe
an an Unproduktive gezahlt werden, zeigen sehr deutlich, daß Sozilahilfempfänger
sehr wohl einen Ertrag an Kindern haben, denn der Staat, also die Leistungsträgerschaft
zahlt ihnen mehr Geld, wenn sie Kinder und um so mehr Kinder sie haben.Zu
5.) Es habe einen neuzeitlichen Zwang zur Menschenproduktion gegeben
(**),
behaupten Heinsohn & Co., doch diese These ist falsch - genau das
Gegenteil ist richtig, so daß man sie umkehren oder zumindest so umformulieren
muß, daß man statt von einem neuzeitlichen Zwang zur Menschenproduktion
von einem modernen Zwang zur Menschenreduktion (vgl. Zwang zur Kinderlosigkeit
[**|**|**|**])
sprechen sollte. Dieser macht sich zwar nicht sofort bemerkbar - das liegt an
dem demographischen Trägheitsgesetz -, aber er ist bei Beginn
der Moderne bereits da und zeigt sich erst in der Mitte und am Ende der Moderne
sehr deutlich.Zu
6.) Die These von Heinsohn & Co., überschüssige Jungmänner
seien ein Beweis für Zwangsmaßnahmen und Unterdrückung der Frauen,
ist falsch - genau das Gegenteil ist richtig: zu wenige Nachkommen
sind ein Beweis für Zwangsmaßnahmen und Unterdrückung von Kindern,
Männern und Frauen, also Ehen und Familien, insbesondere von Vaterherrschaft
(Patriarchat), weil Männer Väter sein können, aber nicht dürfen,
und die meisten von ihnen auch wollen, aber nicht dürfen, weil die Vaterherrschaft
bekämpft, unterdrückt wird, was impliziert, daß Familien und Ehen
und also auch Frauen bekämpft, unterdrückt werden, weil Frauen Mütter
sein können, aber nicht dürfen, und die meisten von ihnen auch wollen,
aber nicht dürfen, und darum die Vaterherrschaft gar nicht bekämpfen
wollen, aber sollen. Das mit weitem Abstand größte Opfer dieser Bekämpfung
sind jedoch die Kinder. Das ist typisch modern bzw. zivilistionistisch,
d.h. nihilistisch. Die Moderne bzw. Zivilisation bedeutet mehr und mehr Zwang
zur Kinderlosigkeit (**|**|**|**).Zu
7.) Historische Quellen können die Thesen von Heinsohn & Co. nicht
belegen. Das ist zwar noch kein Beweis, aber immerhin ein Indiz
dafür, daß die Theorie von Heinsohn & Co. auch von der Geschichtswissenschaft
her als wissenschaftlich nicht haltbar oder sogar unwissenschaftlich
zu beurteilen ist.Zu
8.) Mit den Daten, Zahlen und Fakten der Realität stimmen die Angaben
von Heinsohn & Co. in vielen Fällen nicht überein. Das ist
zwar noch kein Beweis, aber immerhin ein Indiz dafür, daß
die Thesen von Heinsohn & Co. auch dem Anspruch auf Übereinstimmung der
Angaben mit der Realität und also auf Wissenschaftlichkeit nicht genügen
und von daher als wissenschaftlich nicht haltbar oder sogar unwissenschaftlich
zu beurteilen ist.Zu
9.) Die Methode von Heinsohn & Co. ist nicht wissenschaftlich.
Das ist zwar noch kein Beweis, aber immerhin ein Indiz dafür,
daß die Thesen von Heinsohn & Co. dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit
nicht genügen und von daher wissenschaftlich nicht haltbar oder sogar
als unwissenschaftlich zu beurteilen ist.Ich habe also
Beweise und Indizien dafür, daß die wichtigsten Thesen von Heinsohn
& Co. falsch und deren Theorie als wissenschaftlich
nicht haltbar oder sogar unwissenschaftlich zu beurteilen ist.Heinsohn
& Co. gehen von nicht wenigen fehlerhaften oder sogar völlig falschen
Voraussetzungen aus (vgl. Proton
Pseudos), die zu weiteren Fehlern führen. Einige ihrer Prämissen
taugen nicht zur Unterstützung ihrer Konklusionen (vgl. Petitio
Principii), weil sie oftmals bloß andere Formulierungen der Konklusionen
sind. Für Heinsohn & Co. ist beispielsweise der Zwang zur Menschenproduktion
sowohl Prämisse als auch Konklusion bzw. sowohl Ursache als auch Wirkung:
den Zwang zur Menschenproduktion gibt es, weil es den Zwang zur Menschenproduktion
gibt. Zwar führen sie auch andere Prämissen bzw. Ursachen oder Begründungen
dafür an, doch die werden nicht bewiesen bzw. sind schlichtweg falsch (vgl.
Proton Pseudos), so daß letztlich fast ihre ganze Argumentation kaum mehr
haltbar ist.Ähnlich wie Heinsohns Theorie über Demographie
und Politik ist auch Heinsohns Theorie über Wirtschaft und Politik
(**|**)
zu beurteilen. Das gilt v.a. für die histor(iograph)ische Quellenlage, denn
Heinsohns Quellen belegen leider zu wenig, bleiben größtenteils lediglich
Hinweise und Indizien, die zwar überzeugen, aber nichts beweisen. Das ist
schade, weil Heinsohns Wirtschaftstheorie sonst durchaus das Zeug hat, die etablierten
Wirtschaftstheorien aus Klassik (einschließlich Neoklassik),
Keynesianismus (einschließlich Monetärkeynesianismus
[Berliner Schule]) nach oben hin zu ergänzen. Der evolutionäre
bzw. historische Grund für das Wirtschaften ist mit rein wissenschaftlichen
Mitteln bis heute nicht hinreichend ermittelt worden. Ob wir z.B. Kulturen (Kulturkreise)
wie Spengler ganz spezifisch mit »Seelenbildern« (u.a. »apollinisch«,
»magisch«, »faustisch«) und »Ursymbolen« (u.a.
»Einzelkörper«, »Welthöhle«, »unendlicher
Raum«) oder wie Toynbee ganz unspezifisch mit »Herausforderungen«
und »Antworten« (»challenges« und »responses«)
erklären, oder ob wir Entwicklungen der Gemein- bzw. Gesellschaften wie Heinsohn
und Steiger mit u.a. auch das Wirtschaften erst ermöglichenden »Kataklysmen«
(»natürliche Katastrophen« oder »soziale Revolutionen«)
erklären: auch für das Wirtschaften reicht eine Erklärung
offenbar nicht aus.Es bleibt also vorerst dabei: die Demographie liefert
keine monokausalen Erklärungen und das Wirtschaften ist immer noch nicht
richtig verstanden (**).Bevor
wieder viele Interpreten meinen, mich als Gegner von Heinsohn & Co. verstehen
zu können, muß ich sie enttäuschen: Wäre ich ein solcher,
hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, eine derartige Kritik bzw. Skepsis
hier abzuliefern. Ich hege für Heinsohn und Co. sogar große Sympathie.
Doch: Was falsch ist, ist falsch. Meine Kritik bzw. Skepsis ist gerade auch dann,
wenn ich auf viele und große Fehler hinweise, komplementär zu verstehen,
also im Sinne einer Ergänzung bzw. Hilfestellung. |
Hubert
Brune, Vom Nutzen und Nachteil der Ökonomie für die Bevölkerungsgeschichte,
2007. Hubert
Brune, 2007 (zuletzt aktualisiert: 2012).
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Anmerkungen - | |
Gunnar
Heinsohn, Rolf
Knieper
und Otto Steiger.
Heinsohn und Co. benutze ich als Kürzel für Heinsohn, Knieper
und Steiger bzw. für Heinsohn und Steiger - je nach Geisteseigentum und Autorenschaft.
(Hubert Brune, ebd.).Gunnar Heinsohn
ist wie Peter Sloterdijk
ohne Vater aufgewachsen. Beide sind bekanntlich auch geistesverwandt, sehen in
überschüssigen Jungmännern lediglich Mörder und Totschläger
und in den Frauen von Männern unterdrückte Wesen. Das könnte
doch auch viel mit ihrer eigenen Sozialisation, mit ihrem Ohne-Vater-Aufwachsen
zu tun haben (**). Ihre Theorien
und Ansichten sind mir teilwesie sympathisch, aber sie sind ja auch nur teilweise
richtig. (Hubert Brune, ebd.). Zu
den vielen Mängeln, der Ahistorie und der unwissenschaflichen Methodik vgl.
u.a. auch: Walter Rummel,
»Weise Frauen« als Opfer der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen?,
02.12.2003, in: Historicum.net.;
ders., »Weise Frauen« und »weise Männer« im Kampf
gegen die Hexerei, 17.01.2006, in: Historicum.net.
(Hubert Brune, ebd.).
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