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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  http://www.Junge Freiheit.de/         10. November 2006

 


Dialog ist, wenn Morddrohungen ergehen. Klartext statt Beschwichtigung: Deutliche Warnungen vor einer schleichenden Islamisierung des Denkens im Westen
(von Klaus Hornung)

Er fürchte sich weniger vor der islamischen Stärke als vor der geistigen Schwäche des Westens, hat Peter Scholl-Latour kürzlich seinen Standpunkt im aktuellen »Kampf der Kulturen« zusammengefaßt. Zu dieser westlichen Schwäche gehört die Neigung vieler Meinungsführer in Sachen Islam, den Dialog zu einem Wert an sich zu erklären und aus ihm die Hoffnung auf einen »aufgeklärten« und »modernen Islam« abzuleiten. Es sind aber gerade die islamischen Islamkritiker selbst, die immer wieder davor warnen, uns von islamischen Friedensbeteuerungen einlullen zu lassen, anstatt den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die somalische Muslima Ayaan Hirsi Ali, die Mitstreiterin des ermordeten niederländischen Islamkritikers Theo van Gogn, die selbst unter islamistischen Morddrohungen steht, weist uns darauf hin, daß der Islam nicht die individuellen Rechte als Wert an sich anerkennt und es in ihm die Unterscheidung zwischen dem religiösen und dem politischen Bereich nicht gibt. »Alles ist im Koran und im Hadith festgeschrieben, und jede Form des Wissens, die nicht diesen beiden Büchern entspricht, ist haram - unrein«, erklärte sie Anfang Oktober in einem FAZ-Interview. Auch die Wortführer, die vom friedlichen Euro-Islam oder den islamischen Frauenrechten sprechen, weichen der Gewaltfrage konsequent aus, wollen die Diskussion nach moslemischer Regie führen und alles weglassen, was die Wunschvorstellungen des Westens stören könnte.

Ein Schulbeispiel dafür, wie der »Dialog« von islamischer Seite geführt wird, hat sich kürzlich in Frankreich abgespielt. Ein Gymnasiallehrer für Philosophie veröffentlichte in Le Figaro einen Beitrag »Wie soll die freie Welt auf islamistische Einschüchterungen reagieren?« Der Autor kritisierte darin die islamischen Reaktionen auf die Regensburger Vorlesung des Papstes im September als den Versuch, »im Westen das zu ersticken, was es in keinem muslimischen Land gibt: die Denk- und Meinungsäußerungsfreiheit. Der Islam versucht, Europa seine Regeln aufzuzwingen« und alles freie Denken mit dem Vorwurf der Islamophobie zu belegen. Der tapfere Mann sprach von der im Westen bereits im Gange befindlichen »Islamisierung des Denkens« als Ergebnis allzu großer Nachgiebigkeit in Medien und Politik. Der Professor, der als Student linksextremistischen Gruppen angehört hatte, rief zum Schutz der Meinungsfreiheit gegen die linke »ideologische Überwachung« im Westen auf, die ihn an die Zeit der Auseinandersetzung mit dem Kommunismus erinnerte.

Und wie zum schlagenden Beweis dafür, wie recht der Mann hatte, reagierte man in so toleranten islamischen Ländern wie Ägypten und Tunesien mit der sofortigen Beschlagnahme der betreffenden Figaro-Ausgabe, und im Fernsehsender Al-Dschasira empörte sich der Scheich Youssef al Qaradawai über den Artikel, wobei es eine besondere Nuance ausmachte, daß dieser Scheich Vorsitzender des in London (!) sitzenden Fatwa-Rates ist, immerhin eines Gremiums, das Strafen für Verstöße gegen den Islam bis hin zur Todesstrafe aussprechen kann, wie sie einst Ajatollah Khomeini in Teheran gegen Salman Rushdie verhängte. Am Tag nach der Al-Dschasira-Sendung erreichten den Philosophieprofessor über 200 Morddrohungen per E-Mail. In englischsprachigen islamistischen Internet-Foren erschienen Fotos des Autors mit genauen Wegbeschreibungen zu seinem Wohnhaus und zu seinem Arbeitsplatz und mit Angaben über seine Frau und seine drei Kinder. Der Mann und seine Familie mußten unter Polizeischutz gestellt werden und abwechselnd bei Freunden übernachten.

Heute schützen keine Konsuln unser Gemeinwesen

Gleichzeitig setzten sich aber auch die Bulldozer der Political Correctnes in Bewegung. Ein linker Mediensturm ging durch Frankreich. Die Liga für Menschenrechte entrüstete sich über die »ekelerregenden Ideen« des Figaro-Artikels und die Bewegung gegen Rassismus und für Völkerverständigung offenbarte sich einmal mehr als antifaschistischer und proislamischer Sturmbock. Und das Bild der Politik und der Politiker glich dem, wie es heute überall in Europa ist. Der liberale französische Bildungsminister François Fillon mahnte den Lehrer unter Polizeischutz heftig, sich doch »vorsichtig und gemäßigt« zu zeigen, und der hohe Magistrat merkte nicht einmal, wie sehr bei ihm und in seinem Land die Dinge bereits auf dem Kopf stehen.

Es gibt manchmal Blitze, die eine unübersichtliche Landschaft mit einem Schlag zu erhellen vermögen. Die Sache des französischen Lehrers wird zum Paradigma darüber, wie und wohin sich der vielbeschworene westlich-islamische Dialog zu bewegen begonnen hat. Sie belehrt uns auch über das längst geschlossene Bündnis der mehr oder weniger radikalen europäischen Linken mit den islamistischen Kräften, die gemeinsam den Knüppel der Political Correctness schwingen zur Aushöhlung des europäischen Selbstbehauptungswillens und die Gegenkräfte mit den Parolen der »Fremdenfeindschaft« und des »Rassismus« stigmatisieren. Es wäre schon viel gewonnen, wenn mehr und mehr Zeitgenossen erkennen würden, welches Ziel diese Doppelstrategie der Beschwichtigung und Stigmatisierung verfolgt.

In der römischen Republik, solange sie bestand, lautete einst der Ruf in der Gefahr: »Videant consules ut res publica ne detrimentum capeat« - Die Konsuln mögen dafür sorgen, daß das Gemeinwesen keinen Schaden nimmt. Das setzt natürlich voraus, daß es solche »Konsuln« im heutigen noch wirtschaftlich starken, doch politisch, religiös kulturell und geistig so desorientierten und geschwächten Europa überhaupt noch gibt.

Junge Freiheit vom 10. November 2006


 

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