Gerede ohne Konsequenz (von
Michael Paulwitz)
Wer wagt es, sich mit diesem Moloch anzulegen?
Und wer hat den Mut, den Bürgern zu sagen, daß sie sich zwischen Wohlfahrtsstaat
und Einwanderungsland entscheiden müssen? Echte Einwanderungsländer
sieben hart aus, wen sie hereinlassen, und bieten den Neubürgern dann jede
Chance, aber keine Rundum-sorglos-Vollversorgung. Das zieht die Besten, Aufstiegswilligsten
an und schreckt bloße Kostgänger ab. Voraussetzung für einen
sozialen Wohlfahrtsstaat wie den deutschen ist dagegen Abschottung und Homogenität.
Öffnet er sich unterschiedslos für jeden und nimmt allen zufällig
Anwesenden die Existenzrisiken ab, lockt er die Unproduktiven und vergrault die
Leistungsträger. Schon deshalb ist Deutschland kein Einwanderungsland und
kann es nicht sein. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß planlose
Zuwanderung jahrzehntelang passiv hingenommen wurde; aller Propaganda zum Trotz
macht das Ergebnis Deutschland nicht zum Einwanderungsland, solange
es sich nicht so verhält. Nicht wünschbare, verdeckte und unkontrollierte
Zuwanderung verhindern Die Wirtschaftslobbyisten in Verbänden und
Parteien, die mit dem Märchen vom Fachkräftemangel aus egoistischem
Profitinteresse in schönster Kampfgenossenschaft mit den Propagandisten der
Sozialindustrie Druck machen für eine weitere Senkung der Zuwanderungshürden,
muslimische Länder eingeschlossen, zäumen das Pferd daher von hinten
auf: Bevor man darüber nachzudenken beginnt, wie erwünschte Einwanderer
gewonnen werden könnten, muß zuerst einmal das Problem gelöst
werden, nicht wünschbare, verdeckte und unkontrollierte Zuwanderung zu verhindern.
Ein Haupteinfallstor dafür ist der großzügig gehandhabte
Familiennachzug, mit dem seit Anfang der Siebziger die Gastarbeiterzuwanderung
aus dem Ruder lief. Wer das Integrationsdesaster von der Wurzel her kurieren wollte,
müßte konsequent die Praxis der Familienzusammenführung und Heiratsmigration
massiv einschränken. Da wiederum stellt sich die Souveränitätsfrage.
Einwanderungspolitische Wende ist möglich Die Abgabe weitreichender
Kompetenzen an EU-Instanzen schränkt die Freiheit der Staaten, Entscheidungen
im nationalen Interesse zu treffen, erheblich ein. Gleichstellungsregeln für
die Gewährung von Sozialleistungen und Richtlinien zur europaweiten Freizügigkeit
und Niederlassungsfreiheit stehen notwendigen Korrekturen im Wege. Wer es ernst
meint, muß sich also nicht nur mit der einheimischen, sondern auch mit der
europäischen Einwanderungslobby anlegen. Das ist unangenehm und verursacht
viel Gegenwind. Horst Seehofer ist beim ersten Lüftchen in die Knie gegangen,
Frankreichs Sarkozy erwies sich im Umgang mit illegalen Zigeunern als etwas standfester.
Unmöglich ist eine einwanderungspolitische Wende nicht, wie das Beispiel
Dänemarks unter dem Einfluß der Dänischen Volkspartei zeigt, die
den Regierenden dauerhaft im Nacken sitzt. Ob auch bei uns aus der inzwischen
wohlfeilen Einsicht, daß Multikulti gescheitert ist, diesmal
endlich der faktische Abschied von einer gescheiterten Politik folgt, hängt
daher entscheidend davon ab, daß nach der Debatte auch die politische Landschaft
umgekrempelt wird. Junge Freiheit vom 24. Oktober 2010 |