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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  http://www.Junge Freiheit.de/      24. Oktober 2010

 


Gerede ohne Konsequenz
(von Michael Paulwitz)

Wer wagt es, sich mit diesem Moloch anzulegen? Und wer hat den Mut, den Bürgern zu sagen, daß sie sich zwischen Wohlfahrtsstaat und Einwanderungsland entscheiden müssen? „Echte“ Einwanderungsländer sieben hart aus, wen sie hereinlassen, und bieten den Neubürgern dann jede Chance, aber keine Rundum-sorglos-Vollversorgung. Das zieht die Besten, Aufstiegswilligsten an und schreckt bloße Kostgänger ab.

Voraussetzung für einen sozialen Wohlfahrtsstaat wie den deutschen ist dagegen Abschottung und Homogenität. Öffnet er sich unterschiedslos für jeden und nimmt allen zufällig Anwesenden die Existenzrisiken ab, lockt er die Unproduktiven und vergrault die Leistungsträger. Schon deshalb ist Deutschland kein Einwanderungsland und kann es nicht sein. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß planlose Zuwanderung jahrzehntelang passiv hingenommen wurde; aller Propaganda zum Trotz macht das Ergebnis Deutschland nicht zum „Einwanderungsland“, solange es sich nicht so verhält.

Nicht wünschbare, verdeckte und unkontrollierte Zuwanderung verhindern

Die Wirtschaftslobbyisten in Verbänden und Parteien, die mit dem Märchen vom „Fachkräftemangel“ aus egoistischem Profitinteresse in schönster Kampfgenossenschaft mit den Propagandisten der Sozialindustrie Druck machen für eine weitere Senkung der Zuwanderungshürden, muslimische Länder eingeschlossen, zäumen das Pferd daher von hinten auf: Bevor man darüber nachzudenken beginnt, wie erwünschte Einwanderer gewonnen werden könnten, muß zuerst einmal das Problem gelöst werden, nicht wünschbare, verdeckte und unkontrollierte Zuwanderung zu verhindern.

Ein Haupteinfallstor dafür ist der großzügig gehandhabte Familiennachzug, mit dem seit Anfang der Siebziger die Gastarbeiterzuwanderung aus dem Ruder lief. Wer das Integrationsdesaster von der Wurzel her kurieren wollte, müßte konsequent die Praxis der Familienzusammenführung und Heiratsmigration massiv einschränken. Da wiederum stellt sich die Souveränitätsfrage.

Einwanderungspolitische Wende ist möglich

Die Abgabe weitreichender Kompetenzen an EU-Instanzen schränkt die Freiheit der Staaten, Entscheidungen im nationalen Interesse zu treffen, erheblich ein. Gleichstellungsregeln für die Gewährung von Sozialleistungen und Richtlinien zur europaweiten Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit stehen notwendigen Korrekturen im Wege. Wer es ernst meint, muß sich also nicht nur mit der einheimischen, sondern auch mit der europäischen Einwanderungslobby anlegen. Das ist unangenehm und verursacht viel Gegenwind. Horst Seehofer ist beim ersten Lüftchen in die Knie gegangen, Frankreichs Sarkozy erwies sich im Umgang mit illegalen Zigeunern als etwas standfester.

Unmöglich ist eine einwanderungspolitische Wende nicht, wie das Beispiel Dänemarks unter dem Einfluß der Dänischen Volkspartei zeigt, die den Regierenden dauerhaft im Nacken sitzt. Ob auch bei uns aus der inzwischen wohlfeilen Einsicht, daß „Multikulti gescheitert“ ist, diesmal endlich der faktische Abschied von einer gescheiterten Politik folgt, hängt daher entscheidend davon ab, daß nach der Debatte auch die politische Landschaft umgekrempelt wird.

Junge Freiheit vom 24. Oktober 2010


 

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