Sarrazin
attackiert Wulff
Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin
(SPD) hat Bundestagspräsident Christian Wulff scharf kritisiert. Es sei falsch
zu sagen, der Islam gehöre zu Deutschland, sagte Sarrazin der Bild am Sonntag.
Die deutsche Kultur sei weitgehend ohne den Bezug auf den Islam entstanden. Die
Tatsache, daß hierzulande Millionen Mitbürger islamischen Glaubens
lebten, ändere daran nichts. Sarrazin hielt Wulff vor, bei seinem
Türkei-Besuch die Probleme der Christen und Deutschen im Land nicht deutlich
genug angesprochen zu haben. Der christliche Glaube sei in der Türkei bestenfalls
geduldet. Von den 25 Prozent Christen im Jahr 1914 seien nur noch 0,2 Prozent
übrig. Zudem sei an der deutschen Schule in Istanbul seit einigen Jahren
in den unteren Klassen der Deutschunterricht verboten. Der Bundespräsident
hat über diese nicht erfreulichen Zustände eine Harmonie-Kitsch-Soße
gegossen, kritisierte Sarrazin. Sarrazin fordert schärfere Regelungen
beim Familiennachzug Deutliche Worte fand Sarrazin auch für das Verhalten
von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Integrationsdebatte. Merkel habe sein
Buch nicht nur kritisiert ohne es gelesen zu haben, sondern auch öffentlich
erklärt, es nicht lesen zu wollen. Zudem habe sie die Bundesbank indirekt
aufgefordert, ihn aus dem Vorstand zu entlassen. Daran könne man das Interesse
der Kanzlerin am Thema Integration ablesen. In dem Interview sprach sich
Sarrazin für eine deutliche Verschärfung der Regelung beim Familiennachzug
aus. So sollten beispielsweise Personen, die über den Familiennachzug nach
Deutschland kämen, sowie deren Kinder für einen längeren Zeitraum
keine staatlichen Transferleistungen erhalten. Damit würden seiner Ansicht
nach falsche Anreize beseitigt und der Nachzug insgesamt reduziert. Auf
die Frage, ob er nicht mit dem Gedanken gespielt habe, angesichts von Umfragewerten
von bis zu 18 Prozent eine eigene Partei zu gründen, sagte Sarrazin: Eine
Partei, die sich ausschließlich dem Thema Zuwanderung und Integration widmen
würde, wäre eine Rechtspartei. Und ich möchte keine Rechtspartei
in Deutschland. Ich lasse mich nicht in die rechte Ecke drängen
Der SPD-Politiker beklagte, daß unter anderem der holländische
Islamkritiker Geert Wilders aber auch die FPÖ oder die Schweizerische Volkspartei
versuchten, ihn für sich zu vereinnahmen. Doch da mache er nicht mit. Ich
lasse mich nicht in die rechte Ecke drängen, sagte Sarrazin. Unterdessen
haben der SPD-Bundesvorstand sowie der Vorstand des Berliner SPD-Landesverbands
offenbar ihre gemeinsame Begründungsschrift für das Parteiordnungsverfahren
mit dem Ziel, Sarrazin auszuschließen, fertiggestellt. Das Dokument solle
Anfang der Woche der Schiedskommission des SPD-Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf
zugestellt werden, berichtet der Tagesspiegel.
Junge
Freiheit vom 1. November 2010 |