WWW.HUBERT-BRUNE.DE
Peter Mersch (*1949)
- Land ohne Kinder. Wege aus der demographischen Krise (2005) -
- Die Familienmanagerin. Kindererziehung und Bevölkerungspolitik in Wissensgesellschaften (2006) -
- Migräne. Heilung ist möglich (2006) -
- Irrweg Bürgergeld. Eine Kritik aus Sicht der gesellschaftlichen Reproduktion (2007) -
- Hurra, wir werden Unterschicht! Zur Theorie der gesellschaftlichen Reproduktion (2007) -
- Die Emanzipation - ein Irrtum! Warum die Angleichung der Geschlechter unsere Gesellschaft  restlos ruinieren wird (2007) -
- Evolution, Zivilisation und Verschwendung (2008) -
- Familie als Beruf (2008) -
- Die Familie und die Gleichberechtigung der Geschlechter (2009) -
- Kulturelle Vererbung (Mithrsg.; 2010) -
- Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunikation (in: Kulturelle Vererbung; 2010) -
- Eva Herman, der BGH und die deutsche Sprache (2011) -
- Ich beginne zu glauben, daß es wieder Krieg geben wird (2011) -
- Systemische Evolutionstheorie. Eine systemtheoretische Verallgemeinerung der Darwinschen Evolutionstheorie (2012) -
- Wozu gibt es Sexualität? Das Königsproblem der Evolutionsbiologie (2012) -
- Bevölkerungsplanung (2012) -
- Irrweg Gleichheitsfeminismus (2012) -
- Familienarbeit in gleichberechtigten Gesellschaften (2012) -
- Wie Übergewicht entsteht ..., und wie man es wieder los wird (2012) -
- Gesund abnehmen ohne Jojo-Effekt (2012) -
- Klüger werden und Demenz vermeiden (2012) -
Mersch-Zitate. Da ich Peter Mersch für einen der informativsten Wissenschaftler halte, möchte ich ihm einige
separate Seiten widmen und aus folgenden seiner Werke zitieren:   

- Land ohne Kinder (2005) -
- Die Familienmanagerin (2006) -
- Irrweg Bürgergeld (2007) -
- Hurra, wir werden Unterschicht! (2007) -
- Die Emanzipation - ein Irrtum! (2007) -
- Evolution, Zivilisation und Verschwendung (2008) -
- Familie als Beruf (2008) -
- Die Familie und die Gleichberechtigung der Geschlechter (2008) -
- Kulturelle Vererbung (Mithrsg.; 2010) -
- Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunikation (2010) -
- Ich beginne zu glauben, daß es wieder Krieg geben wird (2011) -
- Systemische Evolutionstheorie (2012) -
- Wozu gibt es Sexualität? (2012) -
- Irrweg Gleichheitsfeminismus (2012) -
- Zitat vom 25.12.2012, 07:22:59 -

Die Familienmanagerin. Kindererziehung und Bevölkerungspolitik in Wissensgesellschaften. (2006) **

„Die entwickelten Länder sind geprägt von einer Armut an und unter Kindern, beschönigend auch demographischer Wandel genannt.
Peter Mersch zeigt auf, daß es in Wissensgesellschaften eine Kernaufgabe des Staates ist, für eine quantitative und qualitative Nachwuchssicherung und damit für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung zu sorgen, andernfalls wird die Zukunftssicherung vernachlässigt und es kommt zu einer Verletzung des Prinzips der Generationengerechtihkeit.
Effizient erfüllen ließe sich die Aufgabe durch eine Professionalisierung von Familienarbeit, die über eine Besteuerung von Kinderlosen zu fiannzieren wäre.
Das Fazit des Autors ist: Das demographische Problem der entwickelten Länder ist lösbar, allerdings ganz anders, als es bislang versucht wurde.
»Das Plädoyer für eine Professionalisierung von Familientätigkeiten hat vieles für sich. Manche werden einwenden, das Familienmanager-Konzept leiste eine Deinstitutionalisierung von Familie weiter Vorschub. Auf jeden Fall spricht der konsequente Vorschlag aber eine bisher kaum bedachte Dimension in der Diskussion in der Diskussion um eine prekäre Nachwuchssicherung an.« (Prof. Dr. Franz-Xaver Kaufmann).“
(Ebd., Klappentext).

 –  Vorwort (S. vii-x)
 –  Einführung (S. 1-19)
 –  Familienformen (S. 21-46)
 –  Wissensgesellschaft (S. 47-66)
 –  Kosten/Nutzen von Kindern (S. 67-104)
 –  Kindererziehung (S. 105-120)
 –  Bevölkerungspolitik (S. 121-154)
 –  Familienmanager-Konzept (S. 155-186)
 –  Schlußbemerkung (S. 187-192)
 –  Anhang (S. 193-194)

Vorwort

„Kinderlose erwarten, daß andere für sie Kinder aufziehen. Für diese Haltung gibt es aber Entsprechungen mit vorhandenen gesetzlichen Regelungen. So wird ein Erwerbstätiger, der ein uneheliches Kind zeugt, mit dem Aufziehen des Kindes jedoch nichts zu tun hat, zu jahrzehntelanger Unterhaltszahlung verpflichtet.“ (Ebd., S. viii).

„Verschiedene Autoren haben deshalb längst gefordert, Kinderlose höher zu besteuern. (Zum Beispiel: Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 71 [**]; Phillip Longman, The Empty Cradl - How Falling Birthrates Threaten World Prosperity, 2004, S. 173ff.).“ (Ebd., S. viii).

„Der Staat muß die gesellschaftliche Reproduktion aufwerten.“ (Ebd., S. x).

Einführung

 –  Auf dem Weg zur Wissensgesellschaft (S. 1)
 –  Die erste demographische Frage (Quantität) (S. 1-2)
 –  Die zweite demographische Frage (Qualität) (S. 3-6)
 –  Bisherige demographische Strategien (S. 7-10)
 –  Die Familienmanager-Alternative (S. 10-14)
 –  Eine vernachlässigte Hauptaufgabe des Staates (S. 14-16)
 –  Die Bedeutung für Reproduktion in Wissensgesellschaften (S. 16-19)

Auf dem Weg zur Wissensgesellschaft

„Die fortgeschrittenen Industrienationen befinden sich auf dem Weg hin zu Wissensgesellschaften Nicht mehr die Ressourcen Arbeit, Kapital und Rohstoffe spielen die entscheidende Rolle, sondern die geistigen Fähigkeiten und das theoretische Wissen ihrer Menschen. Gleichzeitig entwickeln diese Staaten ein demographisches Problem: Die Lebenserwartung steigt, während die Fertilitätsrate sinkt, und dies alles um so mehr, je höher das Bildungsniveau, der Lebensstandard und der Grad der Geschlechtergleichberechtigung sind. »Je erfolgreicher die Wirtschaft und je gebildeter die Frauen, desto unfruchtbarer ist die Nation. Frauen verdienen mehr und gebären weniger.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 67 [**]). Dieser Trend läßt sich sogar innerhalb der Grenzen eines Staates beobachten: Manche Länder haben nur deshalb noch halbwegs bestandserhaltende Geburtenraten, weil sie über starke Anteile sozial schwacher und gering ausgebildeter Bevölkerungsschichten oder ethnische Minderheiten mit höheren Fertilitätsraten verfügen. Die meisten Autoren - insbesondere Demographen und Ökonomen - betrachten die Entwicklung mit Sorge. (Zum Beispiel: Franz-Xaver Kaufmann, a.a.O., Meinhard Miegel, a.a.O., Herwig Birg, a.a.O.).“ (Ebd., S. 1).

Die erste demographische Frage (Quantität)

„Die erste entscheidende Frage (Quantitäts-Frage) lautet ... (**):
Durch welche Maßnahmen kann in ... Wissensgesellschaften mit hohem Bildungsniveau, hohem Lebensstandard und Gleichstellung der Geschlechter ein bestamdserhaltendes Reproduktionsverhalten erzielt werden?“  (Ebd., S. 3).

Die zweite demographische Frage (Qualität)

„Entscheidend sind letztendlich die Fähigkeiten der Bevölkerung. Wie die Folgen des 2. Weltkrieges gezeigt haben, kann sich ein Land mit gut ausgebildeter und motivierter Bevölkerung auch dann wieder relativ schnell erholen, wenn seine Infrastruktur weitestgehend zerstört ist.“ (Ebd., S. 4).

„Fachleute sind sich darin einig, daß die wichtigsten zukünftigen Ressourcen für Unternehmen und Gesellschaften Wissen und kognitive Fähigkeiten sind. Diese Entwicklung entspricht auffälliger Weise der biologischen Evolution, in deren Rahmen sich letztendlich ein Lebewesen (der Mensch) durchgesetzt hat, welches anderen Spezies vor allem in seinen geistigen Fähigkeiten überlegen war.“ (Ebd., S. 4).

„Die unmittelbare Konsequenz daraus ist: Der wissende Mensch mit seinen geistigen Kompetenzen rückt zunehmend ins Zentrum des wirtschaftlichen Geschehens.“ (Ebd., S. 4).

„Zur Quantifizierung der Wissensressourcen wurden in den Wirtschaftswissenschaften die Begriffe Humankapital und Humanvermögen eingeführt.“ (Ebd., S. 4).

„Ökonomisch denkenden und rechnenden Unternehmen ist es also geläufig, zum Teil erhebliche Summen in Forschung und Entwicklung - das heißt in die unternehmerische Reproduktion - zu stecken, die sich - wenn überhaupt - vielleicht in 25 Jahren auszahlen werden. Trotzdem gehen sie diesen Weg, weil sie andernfalls in 25 Jahren nicht mehr konkurrenzfähig sein würden.“ (Ebd., S. 5).

„Unzureichende gesellschaftliche Investitionen in den eigenen Nachwuchs sind deshalb keine Folge des Primats der Ökonomie, sondern von fehlendem langfristigem ökonomischem Denken. Sie sind nicht das Werk von Ökonomen, sondern von Bürokraten (und also: Politikern! Anm. HB).“ (Ebd., S. 5).

„Während führende Konzerne ihre besten Köpfe in die Forschung und Entwicklung stecken, überläßt man in unserem Staat die Entwicklung des wichtigsten »Produktes« - des Menschen - zunehmend Schichten mit geringer Bildung und niedrigem Einkommen. Während in Unternehmen zum Teil erhebliche Summen in die Erneuerung fließen, hat man in unserem Staat offenkundig gemäß dem demographisch-ökonomischen Paradoxon (vgl. Herwig Birg, Strategische Optionen der Familien- und Migrationspolitik in Deutschland und Europa [**], in: Christian Leipert [Hrsg.], Demographie und Wohlstand, 2003, S. 30 [**]) die Auffassung, daß nur unter ärmlichsten Bedingungen, wie sie zum Beispiel in der Dritten Welt oder vor Ort bei Sozialhilfeempfängern vorzufinden sind, eine ausreichende Zahl an Kindern in die Welt gesetzt werden können. Besonders motivierte und kompetente Menschen - Deutschlands Dichter und Denker - werden dagegen in erster Linie in der Erwerbsarbeit, das heißt in der Produktion, benötigt.“ (Ebd., S. 5).

„Einerseits ist Intelligenz zu einem erheblichen Anteil (ca. 70-80%! Anm. HB; vgl. Volkmar Weiss, Die IQ-Falle - Intelligenz, Sozialstruktur und Politik, 2000; Birgitta Vom Lehm, Kindeswohl, ade! Gesundheitsverhütung im Wohlastandsland, 2004, S. 60)erblich, andererseits wird sie sehr stark durch die frühkindliche Erziehung und Bildung geprägt (vgl. Birgitta Vom Lehm, ebd.). Dolche Wahrheiten auszusprechen gilt in unserer Gesellschaft aber gemeinhin als »politisch unkorrekt«.“ (Ebd., S. 6).

„In modernen hochentwickletne Gesellschaften lassen sich neben dem quantitativen Rückgang (Schrumpfen) folglich uch qualitative Nachwuchsmängel beobachten, die selbst durch enorme Investitionen in schulische oder andere Bildungseinrichtungen - die aber zur Zeit ebenfalls unterbleiben (vgl. C. Ludwig / A. Mannes, Mit der Spaßgesellschaft in den Bildungsnotstand, 2. Auflage, 2004) - zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr behoben werden können. Dies ist besonders fatal, da ja Wissen und kognitive Fähigkeiten in solchen Gesellschaften die wichtigsten Ressourcen sind.“ (Ebd., S. 6).

„Die zweite entscheidende Frage (Qualitäts-Frage) lautet deshalb (**):
Durch welche Maßnahmen kann erreicht werden, daß sich alle Gesellschaftsschichten inklusive den Wissensträgern an der gesellschaftlichen Reproduktion beteiligen und die aufgezogenen Kinder die ihnen zustehende Zuwendung und Bildung erhalten?“  (Ebd., S. 6).

Bisherige demographische Strategien

„Um die Auswirkungen der demographischen Entwicklung zu mildern, werden in der »öffentlichen Diskussion« in erster Linie die folgenden Maßnahmen empfohlen:
Fehlender eigener Nachwuchs wird durch Zuwanderer kompensiert (ein fataler Fehler! Anm. HB).**
Wir werden älter und können länger arbeiten (ein fataler Fehler! Anm. HB).**
Ganztägig geöffnete Bildungs- und Betreuungseinrichtungen (Krippen, Kindergarten, Schulen) verbessern die Vereinbarkeit von Familien und Beruf.
Familien erhalten einen Lastenausgleich (bzw. gar Lasten- und Lesitungsausgleich; vgl. Irene Gerlach, Familienpolitik, 2004, S. 209ff.; Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 94ff.).
Volle steuerliche Abzugsfähigkeit von familienunterstützenden Leistungen für Familien (vgl. Gabor Steingart, Deutschland - Abstieg eines Superstars, 2004, S. 279f.; Robert Bosch Stiftung, Unternehemn Familie, 2006, S. 23).
Die beiden ersten Maßnahmen ([**][**]) bezeichnet Norbert Bolz richtigerweise als Placebos. (Vgl. Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 23 [**]), zumal sie beide zuLasten der Qualität gehen und damit zur Minderung des Humanvermögens führen.“ (Ebd., S. 7).

„Die Qualifikation der nach Deutschland Zugewanderten liegt im Durchschnitt deutlich unter der der einheimischen Bevölkerung. (Vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Schrumpfende Gesellschaft, 2005, S. 83ff. [**]). Dieser Trend dürfte sich in Zukunft eher noch verstärken, da alle hochentwickelten Staaten gleichfalls unter Nachwuchssorgen leiden. Die Industrie sucht vor allem nach gut ausgebildeten Fachkräften mit sprachlichen Kenntnissen, die unter Zuwanderern seltener zu finden sind. Folglich ist die Arbeitslosenquote unter den Zuwanderern deutlich höher als in der einheimischen Bevölkerung.“ (Ebd., S. 8).

„Empfohlen wird in erster Linie, einen Abbau der lebenslangen Kinderlosigkeit zu erreichen.“ (Ebd., S. 8).

„Es ist viel leichter (und folglich auch kostengünstiger), eine Familie mit Kindern zu einem weiteren Kind zu bewegen als Kinderlose zu einem ersten Kind. Und mit jedem weiteren Kind sinken die biographischen und natürlich auch die Gesamt-Opportunitätskosten weiter ab und machen eine Entscheidung für ein weiteres Kind leichter und wahrscheinlicher.“ (Ebd., S. 9).

„Die folgerichtige Konsequenz aus der Birg’schen biographischen Fertilitätstheorie (**) kann deshalb nur die gezielte Förderung von Großfamilien sein. Statt dessen konzentriert sich die öffentliche Diskussion unter dem Motto »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« in erster Linie auf die Interessen von berufstätigen Kinderlosen und versucht zweifelhaft, aus diesen Eltern zu machen, woran sie aber häufig gar nicht interessiert sind.“ (Ebd., S. 9).

Die Familienmanager-Alternative

„Maxime (**): In Deutschland ist es Ihre (Ihre! Anm. HB) Aufgabe, als Paar zwei Kinder aufzuziehen, als Einzelperson ein Kind. Damit leisten Sie Ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Reproduktion. Sie müssen das aber nicht selbst tun, sondern Sie können die Aufgabe zum Teil oder in Gänze Fachleuten überlassen. Dafür müssen Sie dann aber regelmäßig einen bestimmten Beitrag abführen, damit diese das auch in der entsprechenden Qualität für Sie machen können.“ (Ebd., S. 11).


Zu dieser Maxime (**) vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 115.

„Auf Basis der obigen Maxime (**) müssen kinderlose Singles einen monatlichen Betrag für ein Kind abführen, kinderlose Paare für zwei Kinder und Paare mit einem Kind für ein Kind.“ (Ebd., S. 11).

„Die Höhe des Betrags und die Dauer der Zahlung könnte sich zum Teil an der Düsseldorfer Tabelle orientieren. Ein kinderloser Single entspricht in diesem Sinne einem Elternteil, welches keine Erziehungsleistungen für sein Kind erbringt und folglich dafür unterhaltspflichtig ist (in etwa also einem Unterhalt zahlenden »Zahlvater«). Ein Unterschied besteht in erster Linie darin, daß ein kinderloser Single nicht wirklicher Vater oder Mutter ist, sondern es anderen überlassen hat, diese Aufgabe für ihn wahrzunehmen. Dafür zahlt er dann Unterhalt. Allerdings ist die Düsseldorfer Tabelle für steuerliche Beitragsabführungen zu kompliziert. Ferner basiert sie aufgrund ihrer Bedarfsorientierung auf einem degressiven Beitragsmodell, dieses sollte für diesen Zweck in Anlehnung an den Steuersatz durch ein progressives Modell ersetzt werden (je höher das zur Verfügung stehende Einkommen, desto höher ist der Anteil am Einkommen, der bei Kinderlosigkeit abzuführen wäre). Dies würde gleichzeitig den Anreiz für eigene Kinder besonders bei Gutverdienenden erhöhen.“ (Ebd., S.11).

„Allein diese Regelung würde bereits zu mehr Gerechtigkeit zwischen Kinderlosen und Eltern mit Kindern führen, weil sie deutlich macht, daß das Aufziehen eines Kindes pro Person eine gesellschaftlich gewünschte Handlung ist und nicht etwas, was - wie beim »Zahlvater« - durch finanzielle Bestrafung möglichst verhindert werden sollte.“ (Ebd., S. 12).

„Das Familienmanager-Konzept bietet zahlreiche unmittelbare Vorteile, von denen hier nur einige aufgeführt werden sollen:
Der Ansatz erlaubt eine präzise und bestandserhaltende Bevölkerungsplanung.
Kinderlose werden an der gesellschaftlichen Reproduktion beteiligt. Dies stellt einen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit dar. Die Transferausbeutung von Familien durch Kinderlose (vgl. Herwig Birg, Die ausgefallene Generation, 2005, S. 84 [**]) wird verringert: »Nicht die Reichen, sondern die Kinderlosen müssen stärker besteuert werden. Es ist einfataler Webfehler unseres sozialen Systems, daß Kinderlose die gleichen Versorgungsansprüche erwerben wie Eltern, obwohl sie nichts zur Erziehung der zukünfligen Beitragszahler beitragen.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 71 [**]).
Kinderlose werden von dem Vorwurf entlastet, auf parasitäre Weise von den Leistungen anderer zu profitieren und allein für die demographischen Probleme des Landes verantwortlich zu sein: »Man sollte Kinderlose nicht stigmatisieren, sondern besteuern.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 71 [**]).
Es werden gezielt sozialisatorisch erfolgreiche Großfamilien gefördert. Gleichzeitig wird das Problem vieler Alternativen, durch fehlende Leistungsanforderungen und -anreize in erster Linie eine Steigerung der Geburtenraten in sozial schwachen Schichten zu bewirken, vermieden. Denn: »Und wie stets bei wohlfahrtsstaatlichen Leistungen muß man damit rechnen, daß der Versuch, den Opfern zu helfen, das Verhalten reproduziert, das solche Opfer produziert.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 35-36 [**]).
Kinder wachsen wieder vermehrt in kinderreichen und damit kinderfreundlichen Umgebungen auf, ohne sie der Gefahr einer Verarmung auszusetzen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird verbessert, in dem die Familienarbeit professionalisiert (zum Beruf gemacht) wird.
Durch Professionalität wird die Qualität der frühkindlichen Erziehung auf ein neues Niveau angehoben.
Trennungsfolgen können sozialverträglicher gestaltet werden, da aus der Familienarbeit ein eigenständiges Einkommen generiert wird.
Es kann ein humanitärerer Ausgleich zwischen hohen Fertilitätsraten in der Dritten Welt und den niedrigen Fertilitätsraten in den entwickelten Staaten stattfinden, indem Kinder in Not (Waisenkinder) in einem sehr frühen Alter ins Land geholt werden und nicht erst dann, wenn die gesamte Aufziehleistung bereits extern erbracht wurde.
Das Konzept kann weitestgehend unabhängig von sonstigen (gegebenenfalls bereits implementierten) familien- und bevölkerungspolitischen Maßnahmen eines Landes umgesetzt werden.“ (Ebd., S. 13-14).

Eine vernachlässigte Hauptaufgabe des Staates

„Abstrakt könnte man ein Land mit einem Forstbetrieb vergleichen, der etwa Obstbäume anpflanzt. Diverse lokale, aber auch globaloperierende Lebensmittelkonzerne haben temporäre Rechte daran erworben, die Früchte von ausgewählten Bäumen exklusiv ernten zu können. Einige Unternehmen sind vorwiegend an Äpfeln interessiert, andere an unterschiedlichen Früchten, zum Teil auch an speziellen Sorten, die nur von ganz wenigen Forstbetrieben in ausreichender Menge angeboten werden.“ (Ebd., S. 14).

„Im übertragenen Sinne: Die Forstbetriebe sind die Gesellschaften (die Staaten), die Bäume die Menschen, die Früchte deren Kompetenzen und die Lebensmittelkonzerne die Unternehmen. Die Lebensmittelkonzerne (Unternehmen) entwickeln sich folglich zu den Kunden der Forstbetriebe (Staaten), beziehungsweise die Forstbetriebe (Staaten) umgekehrt zu deren Lieferanten.“ (Ebd., S. 14).

„Das eigentliche Geschäft wird mit dem Verkauf von Obstsäften gemacht. Dies ist aber das Geschäft der Lebensmittelkonzerne (Unternehmen), welche es sich letztendlich aussuchen können, wo auf der Welt sie ihre Früchte einkaufen. Wenn ein Forstbetrieb (Staat) sehr ertragreiche und leicht zugängliche Bäume mit besonders wohlschmeckenden und saftigen Sorten zu akzeptablen Konditionen und unter leistungsfrthigen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzubieten hat, dann wird sein Angebot möglicherweise viele Interessenten ansprechen. Die Aufgabe des Forstbetriebes wäre es also, stets eine ausreichende Menge an möglichst ertragreichen Bäumen bereitzustellen und dafür zu sorgen, daß deren Früchte unter fairen Marktbedingungen erworben und möglichst leicht geerntet werden können (zum Beispiel durch Infrastrukturentwicklungen). Es ist nicht seine Aufgabe, in den Markt oder das Geschäft der Lebensmittelkonzerne direkt hineinzuregieren.“ (Ebd., S. 14-15).

„Der Fokus der Lebensmittelkonzerne (Unternehmen) liegt folglich auf der Produktion, der des Forstbetriebes (Staat) auf der Reproduktion.“ (Ebd., S. 15).

„Da aber der Forstbetrieb letztendlich auch nur an den Früchten Geld verdient, könnte er auf die Idee kommen, die Nachhaltigkeit der Geschäftstätigkeit zu reduzieren, den Ertrag pro Baum zu steigern und die Investitionen in neue Pflanzen zu vernachlässigen. Auch wäre eine Möglichkeit, in erster Linie Bäume mit weniger schmackhaften Früchten für die Reproduktion zurückzuhalten, da für diese keine Abnehmer gefunden werden können. Und schließlich könnte er bei Bedarf Bäume pflanzen, die in anderen Forstbetrieben beziehungsweise Baumschulen herangewachsen sind (Zuwanderung). Eine Zeitlang wird das vielleicht noch gut gehen und die Einnahmen sogar steigern, da gleichzeitig weniger Geld für die Aufforstung ausgegeben werden muß. Aber irgendwann werden die vorhandenen Bäume immer älter und ertragsärmer, so daß sie für die Lebensmittelkonzerne uninteressant werden, zumal ein immer größerer Anteil der nachkommenden Bäume nur noch Früchte von minderer Qualität trägt. Die global operierenden Lebensmittelkonzerne werden sich bald nach anderen Forstbetrieben umschauen. Verzweifelt wird der Forstbetrieb versuchen, den Verkauf und damit die Konjunktur wieder anzukurbeln und den Ertrag pro Baum zu steigern, nicht erkennend, daß die Probleme längst wesentlich aus der nicht ausreichenden Nachhaltigkeit der eigenen Geschäftstätigkeit her resultieren.“ (Ebd., S. 15).

„Wie das Forstbetriebsbeispiel deutlich macht, haben wir es hier mit einem scheinbaren Konflikt zwischen Produktion und Reproduktion zu tun. Norbert Bolz erläutert dies wie folgt: »Die Faustregel lautet: je produktiver, desto weniger reproduktiv. Das gilt natürlich nicht nur individuell, sondern auch gesellschaftlich. ndustriegesellschaften sind sehr produktiv, aber nur schwach reproduktiv. So erleben wir im Westen seit Jahrzehnten eine reproduktive Depression. Und der Grund dafür sit denkbar einfach: Produktion ist profitabel, Reproduktion ist kostspielig. Die Welt der Reproduktion hat es mit Menschen und Verpflichtungen zu tun; die Welt der Produktion hat es mit Dingen und Dienstleistungen zu tun.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 67 [**]).“ (Ebd., S. 15).

„In Wirklichkeit bestehen hier lediglich unterschiedliche Ebenen der Betrachtung: Während die Lebensmittelkonzerne (Unternehmen) Obstsäfte produzieren, produziert der Forstbetrieb (Staat) Bäume und Früchte. Mit anderen Worten: Was auf den ersten Blick wie eine zeitaufwändige und ertragslose Reproduktion aussieht, ist für den Forstbetrieb die eigentliche Produktion, sein Kerngeschäft. Die gesellschaftliche Reproduktion kann deshalb auch als Produktion von Nachwuchs umgedeutet werden.“ (Ebd., S. 16).

„Oder noch allgemeiner ausgedrückt: Eine zentrale Aufgabe eines Staates ist die Reproduktion des Humanvermögens, das heißt, den Nachwuchs oder die Rekrutierungspotentiale für die verschiedenen Gesellschaftsbereiche auf Basis einer langfristigen Planung bezüglich des zukünftigen Bedarfs an Menschen und deren Qualifikationen sicherzustellen. (Vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 39ff.).“ (Ebd., S. 16).

„Dies hört sich vielleicht auf den ersten Blick ökonomisch kalt und menschenverachtend an. (**). Tatsächlich wäre aber eine solche Haltung humaner als die jetzige Vorgehensweise, die die zukünftige Generation vernachlässigt und aus Kindern zunehmend Sozialfälle macht.“ (Ebd., S. 16).


„Der Begriff »Humankapital« wurde bei völliger Verkennung der in ihm steckenden hohen Wertschätzung gegenüber Menschen und deren Fähigkeiten in 2004 zum »›Unwort‹ des Jahres« (Anführungszeichen von mir; HB **) gewählt. Die Begründung ist: »Degradiert Menschen nur noch zu ökonomisch interessanten Größen«. (Siehe: http://www.unwortdesjahres.org). Ein sinnvoller zukünftiger Kandidat könnte dagegen das Wort »demographischer Wandel« sein, da dieser zu einer Ver harmlosung der demographischen Katastrophe beiträgt.“ (Ebd.).

„Die wichtigsten Produkte des »Unternehmens Deutschland« sind der Deutsche und die deutsche Kultur. Damit sollen ganz explizit nicht Menschen einer bestimmten genetischen Ausstattung oder gar Hautfarbe verstanden werden, sondern weiche Faktoren wie Bildung, Nachdenklichkeit, Kompetenz, Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit, Ordnungsliebe, Motivation, freiheitlich-demokratische Gesinnung u.v.a.m..“ (Ebd., S. 16).

„»Made in Germany« war und ist ein Synonym für Qualität. Damit war und ist in erster Linie Kompetenz gemeint: »Die haben noch einmal etwas länger nachgedacht und genauer hingeschaut als andere, bevor sie ein Produkt auf den Markt gebracht und ausgeliefert haben. So etwas kann man fast unbesehen kaufen.«“ (Ebd., S. 16).

Die Bedeutung der Reproduktion in Wissensgesellschaften

„»Jede Emanzipation hat bekanntlich ihren Preis. Den Preis für die Emanzipation der Frauen zahlen die Kinder.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 47 [**]).“ (Ebd., S. 17).

„Wissen und kognitive Fähigkeiten entwickeln sich zu den wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen. Der Mensch mit seinen geistigen Fähigkeiten rückt dadurch immer stärker in das Zentrum des wirtschaftlichen Geschehens. Dies führt automatisch zu einer Aufwertung der Bedeutung der gesellschaftlichen Reproduktion: Die Reproduktion wird zum eigentlichen Kerngeschäft der Gesellschaft und des Staates. Hinzu kommt ein quantitatives Problem, welches zwangsläufig zu einer verstärkten Spezialisierung in Bezug auf die reproduktiven Tätigkeiten führen wird: »Man darf sich nichts vormachen: Kinder zu bekommen wird in Deutschland unweigerlich zu einem Akt von Spezialisierung in der Gesellschaft. ›Um die Produktion von Kindern sicherzustellen‹, so Franz-Xaver Kaufmann, ›muß ein schrumpfender Anteil Frauen immer mehr und mehr Geburten bewerkstelligen.‹ Diese Perspektive mag für manchen Heutigen übertrieben wirken, angesichts der Tatsache, daß es in jeder neuen Generation immer weniger Mädchen und von denen immer weniger Mütter gibt, kann man damit rechnen, daß schon die Mädchen des Geburtsjahrgangs 2000 die Triftigkeit dieser These erleben werden. (Frank Schirrmacher, Minimum - Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gesellschaft, 2006, S. 123f.).“ (Ebd., S. 18).

„Aus den zum Teil gegenläufigen Trends
Unattraktivität der Reproduktion aufgrund fehlender Vergütung
Bedeutungszuwachs der Reproduktion als Folge der starken Gewichtung von Wissen und kognitiven Fähigkeiten in Wissensgesellschaften
zunehmender Zwang zur Spezialisierung bei der Nachwuchsproduktion aufgrund des Rückgangs der Zahl gebärfähiger Frauen
ergibt sich unmittelbar die Notwendigkeit zur zunehmenden Professionalisierung der gesellschaftlichen Reproduktion, und zwar ganz explizit bezüglich der Erziehung eigener Kinder, denn nur dann werden über den zusätzlichen Nutzen ausreichende Anreize für weitere Kinder gesetzt, und nur dann dürfte die Motivation hoch genug sein, den Kindern eine optimale Erziehung zukommen zu lassen. Ein Tagesmutterkonzept dagegen ist unter den heutigen Bedingungen dafür nicht ausreichend. Das gleiche gilt für Alternativen wie Ganztagskrippen und -kindergärten.“ (Ebd., S. 18).

„Die entwickelten Gesellschaften haben es nicht mit einem demographischen Wandel, sondern mit einem Wandel in den Reproduktionsanforderungen zu tun. Nationen, die auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht angemessen reagieren, werden für die zukünftigen Anforderungen in Wissensgesellschaften und der Globalisierung nicht ausreichend gerüstet sein.“ (Ebd., S. 18).

„Letztendlich handelt es sich bei der im vorliegenden Buch vorgeschlagenen Professionalisierung von Familienarbeit (»Familienamanger-Konzept«) um eine ähnlich weitreichende Organisationsänderung innerhalb der gesellschaftlichen Reproduktion wie die Einführung der allgemeinen Schulpflicht ... (zuerst in Deutschland eingeführt, nämlich 1619 in Weimar; Anm. HB). Aber wie damals, so machen auch diesmal die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechende Maßnahmen erforderlich“ (Ebd., S. 19).

Familienformen

 –  Kernfamilie (S. 21)
 –  Ganzes Haus (S. 21-22)
 –  Ernährermodell (S. 22-24)
 –  Moderne Familienformen (S. 24-27)
 –  Individualisierungsthese (S. 27-33)
 –  Familien-Atom (S. 33-34)
 –  Funktionen der Familie (S. 35-36)
 –  Ehe und Scheidung (S. 37-40)
 –  Single-Kultur (S. 40-43)
 –  Zukünftige Familienformen (S. 43-46)

Kernfamilie

„Im westlichen Kulturkreis wird heute unter Familie in der Regel die sogenannte Kernfamilie aus Vater, Mutter und deren Kinder verstanden.“ (Ebd., S. 22).

Ganzes Haus

„Einige Experten vermuten, in Wissensgesellschaften und aufgrund von Fortschritten in der Telekommunikation könnten wieder vermehrt Heimarbeitsplätze entstehen, so daß das »Ganze Haus« gleichfalls eine Renaissance erleben würde.“ (Ebd., S. 22).

Ernährermodell

„Die Industriegesellschaft mit ihrem hohen Kapitaleinsatz und ihrer starken Verlagerung der Produktion aus dem häuslichen Bereich heraus machte es erforderlich, daß ein Elternteil - üblicherweise der Mann - das Haus verließ, um einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Diese wurde mit Geld und/oder Waren vergütet, womit der Familienvater dann Frau und Kinder ernährte.“  (Ebd., S. 22).

„Als Familienform setzte sich deshalb sukzessive das patriarchalische* Ernährermodell durch, bei dem der Vater als Ernährer der Familie fungierte, während sich die Mutter als Hausfrau um Haus und Kinder kümmerte.“ (Ebd., S. 22).

Moderne Familienformen

„Nach einer Scheidung ergeben sich nicht selten erhebliche finanzielle Probleme für beide Kontrahenten, so daß einige oder alle der vorherigen Familienmitglieder zu Sozialhilfeempfängern werden. Das klassische Ernährermodell hat in diesem Sinne also längst ausgedient. An die Stelle des Ehemanns als Ernährer der familie tritt mehr und mehr der Staat.“ (Ebd., S. 24).

„Norbert Bolz erläutert dies wie folgt: »Wenn eine Familie in ärmeren Milieus zusammenbricht, tritt der Wohlfahrtsstaat unmittelbar an die Stelle des Vaters. d.h. er verschiebt die finanziellen Lasten vom fehlenden Vater auf den Steuerzahler. Die Mutter-Kind-beziehung braucht besonderen Schutz; die Sexualbeziehung der Eltern und die sie begleitenden Leidenschaften sind dafür nicht stabil genug. Früher hat der Ernst der Ehe die nötige Stabilität gewährleistet. Seit der Sinn für den Sinn der Ehe schwindet, schützt nur noch der Wohlfahrtsstaat. In Schweden ist der anonyme Steuerzahler schon ganz selbstverständlich an die Stelle des Ehemanns getreten.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 35 [**]).“ (Ebd., S. 24).

Individualisierungsthese

„Die Individualisierungsthese von Ulrich Beck besagt, daß sich der Einzelne in modernen Gesellschaften immer stärker aus übergeordneten Vorgaben bezüglich Geschlecht, Alter bzw. sozialer und regionaler Herkunft löst, so daß es zu einer drastischen Zunahme der individuellen Entscheidungsspielräume und einer Reduzierung des Grads der Außensteuerung kommt: Das Individuum wird zentraler Bezugspunkt für sich und die Gesellschaft.“ (Ebd., S. 27).

„Es entsteht ein Konflikt zwischen Individual- und Kollektivinteressen. Einige Autoren befürchten deshalb einen verstärkten Trend zum Egoismus auf Kosten der der gesellschaftlichen Solidarität. Es wird befürchtet, solche Kulturen stellten die Interessen des Einzelnen einseitig über die der Geminschaft. (Vgl. Meinhard Miegel / Stefanie Wahl., Das Ende des Individualismus - Die Kultur des Westens zerstört sich selbst, 1993, S. 13 [**]).“ (Ebd., S. 31).

„Am Beispiel der gesellschaftlichen Reproduktion kann auch unmittelbar die sich gegenseitig verstärkende Wirkung von wohlfahrtsstaatlichen Leistungen und Individualisierung deutlich gemacht werden: Bleiben die Fertilitätsraten auf dem aktuell niedrigen Niveau, dann können viele sozialstaatliche Leistungen nicht länger gewährleistet werden. Die Individuen wären dann gezwungen, Kollektivaufgaben wieder verstärkt selbst zu übernehmen und insbesondere für eine bestandserhaltende gesellschaftliche Reproduktion oder eine eigene Altersversicherung zu sorgen, andernfalls würde der Staat über kurz oder lang dabei zugrunde gehen. Dies wäre dann - wie von Meinhard Miegel und Stefanie Wahl prognostiziert - das Ende des Individualismus. (Vgl. Meinhard Miegel / Stefanie Wahl., Das Ende des Individualismus - Die Kultur des Westens zerstört sich selbst, 1993 [**]). Würde der Sozialstaat dagegen das im vorliegenden Buch vorgeschlagene Familienmanager-Konzept umsetzen, dann könnte sich auf Dauer jedes Individuum frei entscheiden, ob es selbst für Nachwuchs sorgen will oder nicht. Mit anderen Worten: Der Prozeß der Individualisierung könnte weiter
fortschreiten.“ (Ebd., S. 33).

Familien-Atom

„Betrachtet man die verschiedenen Familienformen und ihre Zusammensetzungen, dann fällt auf, daß es eine kleinste Einheit gibt, aus der sich die anderen Formen entweder molekular zusammensetzen oder in die sie nach Auflösung zerfallen:
Erziehungsberechtigte(r) mit Kind(ern).
Diese Form soll im folgenden Familien-Atom genannt werden.“ (Ebd., S. 33).

Funktionen der Familie

„In modernen Gesellschaften werden politische, religiöse, wirtschaftliche und erzieherische Funktionen der Familie zum teil auf andere gesellschaftliche Institutionen (zum Beispiel Staat, politische Gemeinden, Versicherungsanstalten, Schulwesen, Sport) übertragen und treten im Familienalltag dann zurück. In Notzeiten kan sich dies jedoch rasch ändern. (Vgl. Frank Frank Schirrmacher, Minimum - Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft, 2006).“ (Ebd., S. 36).

Ehe und Scheidung

Und schließlich wirken Selbstverwirklichungswünsche und die zunehmende beiderseitige Berufstätigkeit der Stabilität von Ehe entgegen: „»Frauen arbeiten. Deshalb werden Kinder teurer, denn sie kosten nun wertvolle Arbeitsszeit. Mit wachsenden Beschäftigungsmöglichkeiten wird es für Frauen immer teurer, nicht zu arbeiten. Anders gesagt, es wird immer schmerzlicher, Karrierechancen zugunsten der Familie zu opfern. Folglich werden weniger Kinder geboren - und damit schrumpft das gemeinsame Kapital der Eheleute. Daraus folgt nun, daß Scheidungen billiger werden, und deshalb haben wir immer mehr Scheidungen. Damit schließt sich aber der Kreis, denn Frauen müssen nun arbeiten, weil sie sich nicht mehr auf die Ressourcen der Männer verlassen können. Da kann es nicht überraschen, daß Scheidungen ihr naegatives Vorzeichen verloren haben. Die Scheidungsrate ist nämlich ein Maß für die ökonomische Unabhängigkeit der Frauen. Und wo Frauen mehr verdienen als ihre Männer, wächst die Scheidungsrate. Frauen, die mehr als ihr Ehemann verdienen, reichen doppelt so häufig die Scheidung ein wie Frauen, deren Männer mehr als sie verdienen. Je leichter es ist, sich scheiden zu lassen, um so geringer ist für den Partner der Anreiz, die Liebe zu nähren und zu pflegen. Wenn es einfach ist, sich scheiden zu lassen, ist man streitsüchtiger und investiert weniger Energie in die Anstrengung miteinander auszukommen. Man gibt sich nicht mit einem ›gut genug‹ zufrieden, sondern will die Partnerschaft optimieren - mit dem nächsten!«  (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 37 [**]).“ (Ebd., S. 37).

„Norbert Bolz folgert daraus: »Frauen arbeiten. Deshalb werden Kinder teurer, denn sie kosten nun wertvolle Arbeitsszeit. Mit wachsenden Belegen. Wenn es einfach ist, sich scheiden zu lassen, ist man streitsüchtiger und investiert weniger Energie in die Anstrengung miteinander auszukommen. Man gibt sich nicht mit einem ›gut genug‹ zufrieden, sondern will die Partnerschaft optimieren - mit dem nächsten !«  (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 38 [**]).“ (Ebd., S. 37-38).

„In Deutschland gültige Scheidungsgesetze. - .... Durch die Aufhebung des Schuldprinzips kann sich ein Ehepartner vom anderen ohne jegliche weitere Begründung trennen. Dazu genügt ein einfacher Auszug aus der Wohnung. Sollte der sich trennende Partner die Ehefrau sein, die bislang als »Nur-Hausfrau« gearbeitet hat, dann ist sie mit dem Auszug frei von allen weiteren ehelichen Verpflichtungen. Nicht aber ihr Ehemann: dieser darf bei entsprechendem Einkommen unter Umständen lebenslänglich weiter für seine Familie aufkommen, obwohl ihn möglicherweise keinerlei Schuld trifft. Eventuell hat seine Ehefrau die Ehe beendet, weil sie sich in einen anderen Mann verliebt hat. Das Problem besteht - vereinfacht ausgedrückt - darin, daß die eine Seite einen auf ewig geschlossenen Vertrag kündigen kann, die andere Seite dann aber nicht aus dessen Verpflichtungen entlassen wird. Dies ist im deutschen Vertragsrecht einmalig. Dieser Umstand hat maßgeblich dazu beigetragen, daß das patriarchalische Ernährermodell für Männer uninteressant geworden ist. Feministinnen behaupten gerne, Männer wollten ihre Frauen zu Hause in Abhängigkeit behalten und bevorzugten deshalb und speziell in Deutschland die klassische Rollenaufteilung. Dies ist unrichtig. Immer weniger Männer sind heute bereit, die unkalkulierbaren finanziellen und emotionalen Risiken einer Scheidung auf sich zu nehmen, zumal die Mehrzahl der Trennungen nicht von ihnen ausgeht. Studien belegen folglich, daß denkbare Unterhaltsrisiken zu den gewichtigsten Gründen zählen, warum Männer keine Kinder wollen. Dazu beigetragen hat auch die Erfahrung von Männern, daß sie im Rahmen einer Scheidung als Vater häufig gerichtlich benachteiligt werden und ihnen bei entsprechenden Absichten der Mutter trotz regelmäßiger Unterhaltzahlung keine Durchsetzung ihrer Interessen und er Interessen des Kindes gelingt. Allerdings sind Männer in der Kinderfrage generell zurückhaltender als Frauen, ein Kinderwunsch ist bei ihnen in aller Regel deutlich weniger ausgeprägt als beim anderen Geschlecht. Dies konnte ebenfalls in Umfragen bestätigt werden.“ (Ebd., S. 39-40).

Single-Kultur

„Bei Singles handelt es sich um kinderlose »Elementarteilchen«, mit anderen Worten, um Endformen der sich im Rahmen der Individualisierung pluralisierenden Lebensformen.“ (Ebd., S. 41).

„Die mit der Bindungslosigkeit einhergehende persönliche Unabhängigkeit und Freiheit macht Singles für alle Berufe besonders interessant, bei denen Mobilität und zeitliche Flexibilität entscheidende Kriterien sind. Aus diesem Grund sind Singles sehr häufig in der Medienindustrie, in der Politik oder im Management Consulting anzutreffen, das heißt bei den Wortführern der Gesellschaft. Unter anderem bei Beratern, die mit dem Verfassen von Studien zur Familiensituation und Kinderlosigkeit modernen gesellschaften beauftragt werden. (Auch das noch! Anm. HB).“ (Ebd., S. 41).

„Norbert Bolz sieht in der Zukunft in erster Linie einen Verteilungskampf innerhalb des Bereichs der Reproduktion: »Hier wird auch deutlich, daß die größten Verteilungskonflikte der Zukunft nicht mehr die Sphäre der Produktion, sondern die Sphäre der Reproduktion betreffen. Uns erwartet nämlich nicht nur ein erbitterter Kulturkampf zwischen Eltern und und Kinderlosen, sondern auch ein harter ökonomischer Verteilungslampf zwischen den Generationen.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 21 [**]). Dabei wird die Kluft zwischen Eltern und Kinderlosen immer größer: »Die tiefste kulturelle Kluft dieser Zukunft könnte zwischen klassischen Familien und kinderlosen Lebensstilen aufbrechen. Man spürt schon heute, daß diese Gruppen sich außer Frechheiten und Beleidigungen nichts zu sagen haben.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 59 [**]). Die von Norbert Bolz erwähnten »Kommunikationsstörungen« bestehen insbesondere Zwischen Singles und Familien, die in völlig unterschiedlichen Welten leben und meist nur sehr geringen Kontakt zueinander pflegen. Versuche, eine größere Zahl an Singles zu Eltern zu mutieren, dürften deshalb nicht gerade von Erfolg gekrönt sein.“ (Ebd., S. 42-43).

„Allein aus Gründen der Erhaltung des sozialen Friedens scheint es folglich unerläßlich zu sein, Kinderlose und speziell gutverdienende Singles durch angemessene steuerliche Beiträge stärker und erkennbar an den reproduktiven Aufgaben der Gesellschaft zu beteiligen, ohne gleichzeitig ihre persönlichen Freiheiten in der Reproduktionsfrage und in Familienangelegenheiten zu beschneiden.“ (Ebd., S. 43).

Zukünftige Familienformen

„Eine Familienmanagerin kann Bindungen eingehen und KInder in die Welt setzen, ohne dadurch in eine ökonomische Abhängigkeit zu geraten. Die ökonomische Unabhängigkeit der Familienmanagerin stellt dabei einen entscheidenden Systemwechsel dar.“ (Ebd., S. 44).

„Die ökonomische Unabhängigkeit der Familienmanagerin könnte auf lange Sicht aber auch zu einer veränderten Partnerwahl führen. Es ist denkbar, daß es in erster Linie diese nicht auszuschließende Entwicklung ist, die für Unbehagen gegenüber dem Familienmanager-Konzept sorgen könnte und die bislang eine angemessen Vergütung von qualifizierter weiblicher Erziehungsarbeit bezüglich eigenen Kindern verhindert hat. .... Die ökonomische Unabhängigkeit der Familienmanagerin könnte aber auch die Bildung ganz neuer Familienstrukturen bewirken. ...
Zunächst erziehen Familienmanagerinnen ihre eigenen Kinder und betreuen gegebenfalls zusätzlich weitere Kinder anderer Eltern.
Dann schließen sich mehrere Familienmagerinnen zu größeren Einheiten mit eigenen Kindergärten, Musik- und Malschulen zusammen.
Sodann kommen von ihnen kontrollierte Restaurants dazu.
Dann ein Internet-Café für beruflich gestreßte Eltern, die ihre Kinder betreuen lassen, aber manchmal dort den Aufenthalt genießen, zumal sie dabei ins Gespräch mit anderen Eltern kommen.
Später werden ein Schwimmbad und diverse andere Sporteinrichtungen dazugebaut.
Schließlich eröffnen diverse Geschäfte und eine Pension für Feriengäste.
Längst befinden sich diverse medizinische Dienste (inklusive Kinderarzt) auf dem Gelände
Die gesamte Aufbauarbeit wird mit besonders günstigen Krediten von Banken gesponsort, die damit ihr Familienbewußtsein zum Ausdruck bringen wollen.
Wenn sich die gesellschaftliche Reproduktion professionalisiert und ökonomisiert sind vielfältige Entwicklungen denkbar, die denen der Produktion in vielen Aspekten nicht nachstehen werden.“ (Ebd., S. 44-46).

Wissensgesellschaft

 –  Wissen als Ressource (S. 47-49)
 –  Staat und Humanvermögen (S. 49-51)
 –  Die Rolle der Frauen (S. 52-54)
 –  Kinderfreundliche Arbeitswelten (S. 54-55)
 –  Investitionen in den Nachwuchs (S. 55-58)
 –  Erwerbsarbeit (S. 59-64)
 –  Zukünftiger Humankapitalbedarf (S. 64-66)

Wissen als Ressource

„Der Begriff Wissensgesellschaft bezeichnet eine Gesellschaftsform in hochentwickelten Ländern, in der kognitive Fähigkeiten und individuelles und kollektives Wissen zur Grundlage des sozialen und ökonomischen Zusammenlebens werden. Eine ganz ähnliche Intention besitzt der Begriff »Informationsgesellschaft«, allerdings stehen dabei spezifische technische Aspekte wie die Informationstechnologie stärker im Vordergrund, so daß dem Begriff »Wissensgesellschaft« heute in der Regel der Vorzug gegeben wird. Eng damit verknüpft ist auch der Begriff »Dienstleistungsgesellschaft«, der ausdrückt, daß nicht mehr die Produktion von Waren, sondern das Abwickeln nichtmaterieller Dienstleistungen zum wichtigsten Teil der wirtschaftlichen Wertschöpfungskette geworden ist. Gemeinsam ist allen diesen Begriffen und Ansätzen die zunehmende Relevanz eher nichtmaterieller Prozesse und Produkte für das Wirtschafts- und Sozialleben (»Dematerialisierung«). Wissensgesellschaften sind also letztendlich intelligente Gesellschaften, in ihnen werden Wissen und kognitive Fähigkeiten zu den entscheidenden Ressourcen.“ (Ebd., S. 47).

„Damit findet auf gesellschaftlicher Ebene die gleiche Entwicklung statt, die in der Evolution schließlich den Menschen hervorgebracht hat: Intelligenz, Wissen, Lernfähigkeit, Kommunikation und Kooperation schlagen Kraft und Schnelligkeit. Die in Wissensgesellschaften besonders relevanten Produktionsfaktoren können wie folgt eingeteilt werden:
Humankapital
- Das in ausgebildeten und lernfähigen Individuen repräsentierte Leistungspotential einer Bevölkerung
Sozialkapital
- Bewährte und intakte soziale Strukturen, Traditionen, elementare Normen und Sanktionen.
Wissenskapital
- Das nicht an Personen gebundene, ökonomisch relevante Wissen.
Es läßt sich argumentieren, daß neben den obige Ressourcen auch das »Reproduktionskapital« für die Stärke und zukünftige Entwicklung einer Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sein könnte.
Reproduktionskapital
- Das in ausgebildeten und lernfähigen Individuen repräsentierte Reproduktions- und Erziehungspotential einer
   Bevölkerung
... Der Unterscheidung von Human- und Reproduktionskapital liegt der Gedanke zugrunde, daß die Erneuerung der Ressource Humankapital selbst Ressourcen bindet und nicht kontextfrei zu haben ist. Die Quantitäten und Qualitäten dieser Ressourcen bestimmen fanz wesentlich die zukünftigen Quantitäten und Qualitäten des Humankapitals.“ (Ebd., S. 47-48).

„Humankapital bezieht sich vowiegend auf die in der Produktion nutzbaren menschlichen Kompetenzen, Reproduktionskapital entsprechend auf diejenigen der Reproduktion.“ (Ebd., S. 49).

Staat und Humanvermögen

„Die wichtigste Aufgabe eines Staates in Wissensgesellschaften ist die Sicherung, Reproduktion und Mehrung des Humanvermögens. (Vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 39ff.). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie in der gesamten Europäischen Union - kaum weitere natürliche Ressourcen (Rohstoffe, Erdöl u.s.w.) zur Verfügung stehen, die bei einer Minderung des Humanvermögens für einen temporären Ausgleich sorgen könnten. Deutschland wird auch als Land der Dichter und Denker bezeichnet, was bereits darauf hinweist, daß Intelligenz und Kompetenzen seiner Menschen Schlüselfaktoren für seinen Erfolg waren und sind (und hoffentlich auch bleiben! Anm. HB).“ (Ebd., S. 49-50).

„Einzelpersonen und Unternehmen gehen einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach, ein Staat sorgt dagegen dafür, daß diese dies innerhalb seiner Grenzen möglichst erfolgreich und störungsfrei tun können. dabei spielen diverse Faktoren eine entscheidende Rolle: raquo;Die Vorstellung einer »Standortkonkurrenz« zwischen ganzen Volkswirtschaften bezieht sich nicht etwa nur auf Löhne und Abgaben, sondern auf den Zusammenhang zwischen politischen (z.B. Rechtssicherheit, sozialer Friede), ökonomischen und soziokulturellen Standortfaktoren; zu letzteren zählen insbesondere die Arbeitskräfte mit ihren Motivationen und Fähigkeiten, also das sogenannte Humanvermögen, aber auch die infrastrukturellen Voraussetzungen der Produktivität wie Forschung, Kommunikation oder Lebensqualität.« (Vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Schrumpfende Gesellschaft, 2005, S. 170 [**]). Optimalerweise hält sich ein Staat also aus dem eigentlichen Marktgeschehen weitestgehend heraus und sorgt statt dessen für attraktive Infrastrukturen und leistungsfähige Regelwerke, auf denen sich die Märkte entwickeln können. Dies gilt ganz besonders für Wissensgesellschaften mit ihrer zentralen Bedeutung des Humanvermögens.“ (Ebd., S. 50).

„Zusammengefaßt: Die eigentliche Kernaufgabe des Staates, nämlich für die Reproduktion und Mehrung des Humankapitals zu sorgen, wird auf Kosten direkter Eingriffe in das Wirtschaftssystem zunehmend vernachlässigt. Kurz: Man macht den eigentlichen Job nicht.“ (Ebd., S. 51).

Die Rolle der Frauen

„Ohne Waffengleichheit, das heißt ohne echte kommerzielle Angebote, wie sie im Familienmanager-Konzept gemacht werden, wird sich das demographische problem in der Zukunft kaum lösen lassen, im Gegenteil, es wird sich zwangsläufig verschärfen.“ (Ebd., S. 52).

„Hochqualifizierte und kindorientierte Frauen sind die Basis des zukünftigen Humanvermögens und damit der Zukunft der Gesellschaft insgesamt. Es ist nicht angemessen, solche bedeutenden Fähigkeiten und Schätze den kurzfristigen und angeblich wichtigeren Anforderungen der Produktion zu opfern. (Ein Prinzip, was auch in der Seefahrt Gültigkeit hat: Die Zukunft ist nichts ohne Frauen und Kinder. Siehe: Olaf Kanter, Frauen und Kinder zuerst!,  in: MARE.DE). Allerdings - und ich kann mich hier nicht oft genug wiederholen - muß sich dazu die gesellschaftliche Haltung gegenüber der Reproduktion zunächst einmal völlig ändern. Hochqualifizierte Frauen werden in Wissensgesellschaften nur dann einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Reproduktion leisten wollen, wenn
die Arbeit anspruchsvoll ist,
gesellschaftlich Anerkennung findet und
angemessen bezahlt wird.
Alle diese Punkte setzen eine Professionalisierung der Tätigkeit voraus. Ein völlig analoges Problem bestand vor vielen Jahren in einem anderen Bereich der ingesellschaftlichen Reproduktion: der kindlichen Bildung. Weil viele Eltern diese als zu teuer, nicht notwendig oder nur für Jungen erforderlich empfanden, unterblieb ganz häufig eine ausreichende Unterrichtung der Kinder. Nicht wenige Kinder blieben dabei sogar Analphabeten. Dies führte insgesamt zu einer erheblichen Minderung des Humanvermögens, so daß sich der Staat zu einem Eingreifen genötigt sah und die allgemeine Schulpflicht einführte. (Ganz besonders früh in Deutschland, was dort zu einer Beschleunigung der Industrialisierung führte. Siehe: Jacques Neirynck, Der göttliche Ingenieur - Die Evolution der Technik, 1994, S. 275). Dabei wurde ganz nebenbei die kindliche Unterrichtung durch den Beruf des Lehrers professionalisiert. Weil der Staat nun die Aufgabe der kindlichen Bildung zu seiner eigenen machte, mußte er gleichzeitig für hohe Standards sorgen. Dies konnte nur durch Professionalisierung der Unterrichtenden gelingen. Auch beim Lehrerberuf konkurriert der Staat mit alternativen Angeboten aus der Wirtschaft. Er wird nur dann eine ausreichende Zahl an qualifizierten Lehrern rekrutieren können, wenn seine Angebote überzeugen können.“ (Ebd., S. 53).

„Der Staat kann sich nicht seiner Verantwortung entziehen. Er darf ein Sicherheitsproblem weder als »Sicherheitswandel« noch ein demographisches Problem als »demographischen Wandel« umdefinieren (verharmlosen! Anm. HB), sondern muß aus übergeordnetem Interesse für eine Durchsetzung von Mindeststandards sorgen.“ (Ebd., S. 54).

Kinderfreundliche Arbeitswelten

„Dies ist sicherlich wünschenswert und kann in vielen Unternehmen dazu beitragen, qualifiziertes Personal mit Familie zu gewinnen und zu halten.“ (Ebd., S. 55).

Investitionen in den Nachwuchs

„Eine Wissensgesellschaft muß in ihren Nachwuchs inverstieren. Die quantitative und qualitative Nachwuchssicherung, die Erhaltung bzw. gegebenenfalls Mehrung des Humanvermögens und die Wahrung der Generationengerechtigkeit gehören z uden Kernazfgaben der Gesellschaft. (Vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Zukunft der Familie - Stabilität, Stabilitätsrisiken und Wandel der familiären Lebensformen sowie ihre gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, 1990, S. 4).“ (Ebd., S. 55).

„All dies ist in ganz Europa längst nicht mehr gewährleistet: Es werden nicht nur zu wenige Kinder geboren, sondern zunehmend auch noch die »falschen«: »Lange zeit schien die Trennlinie innerhalb der Gesellschaft vor allem zwischen Familien und Kinderlosen zu verlaufen, doch die Schichtenkomponente gewinnt an Bedeutung. Wenn wir den gegenwärtigen Trend der Kinderlosigkeit im akademischen Milieu fortschreiben, droht Nachwuchs tatsächlich zu einer Angelegenheit der Unterklasse zu werden - und zwar vor allem, weil die eine Seite aussteigt. Zynisch formuliert könnte das heißen: Kinder bekommen in Zukunft nur noch die Gefühlvollen und die Blöden.« (Susanne Gaschke, Die Emanzipationsfalle - erfolgreich, einsam, kinderlos, 2005, S. 95).“ (Ebd., S. 56).

„Es fragt sich folglich unmittelbar, was es für eine Sinn haben soll, Kinder in ärmlichsten und vor allem bildungsfernen Verhältnissen aufwachsen zu lassen, um ihnen dann eine optimale Bildung zukommen zu lassen. Wenn eine optimale Förderung später noch einen Sinn ergibt und finanzierbar ist, dann sollte auch eine Verbesserung der gesamten familiären Situation eine ernstzunehmende Option sein, zumal ja das Aufziehen weiterer Geschwister nicht auszuschließen ist.“ (Ebd., S. 57).

„Investitionen in den Nachwuchs sind - zusammengefaßt - um so lohnender, je besser die familiären Voraussetzungen sind. Es sollte deshalb ein gesellschaftliches Ziel sein, möglichst viele Kinder in sozialisatorisch erfolgreichen Familien aufwachsen zu lassen.“ (Ebd., S. 58).

Erwerbsarbeit

„»Im Ernst wird auch heute niemand bestreiten, daß Hausfrauen und Mütter Arbeiten verrichten. Aber der Arbeit der hausfrau fehlt die vertragsmäßige Freiwilligkeit; sie ist keine Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt - und deshlab wird sie nicht anerkannt. Anerkennung und Würde sind in der modernen Gesellschaft nämlich rigoros über Geld vermittelt. Hausfrauen, Kinder und Alte gelten nichts, weil ihre Zeit nicht in Geld verrechnet wird. (Man spricht deshalb auch von Rassismus gegenüber Hausfrauen, Müttern, Kindern und Alten sprechen! Anm. HB). Unbezahlte Arbeit zählt nicht als »richtige« Arbeit. Und deshalb verwandelt sich unter Bedingungen von Geldwirtschaft die Hausfrau in eine Frau, die »nur Hausfrau« ist. Die Tagesmutter, die die Kinder anderer Mütter versorgt, arbeitet. Die Mutter, die ihre eigenen Kinder versorgt, geht ihrem Privatvergnügen nach. Das führt zu einer interessanten Paradoxie: Statt Mutter zu sein, arbeiten Frauen erwerbsmäßig, um sich »mütterliche« Dienstleistungen kaufen zu können - und ihre Arbeit besteht oft selbst in »mütterlichen« Dienstleistungen.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 29-30 [**]).“ (Ebd., S. 59-60).

„»Die Arbeit im Haus und für das Kind ist zwar nicht an den Einkommenskreislauf der Wirtschaft angeschlossen, aber eine entscheidende gesellschaftliche Grundlage für alle monetarisierten und formalisierten Wirtschaftsbeziehungen. Eine politische Reaktion auf diese Einsicht war die Forderung nach einem förmlichen Arbeitseinkommen für die Haus- und Kinderbetreuungsarbeit. Dies wurde ideologisch bekämpft, weil es vor allem für Frauen den Haushalt attraktiv zu machen drohte ...: Das neue Leitbild der modernen berufstätigen Frau sollte nicht durch gegenläufige Anreize gefährdet werden.« (Udo Di Fabio, Die Kultur der Freiheit - Der Westen gerät in Gefahr, weil eine falsche Idee der Freiheit die Alltagsvernunft zerstört, 2005, S. 105ff.).“ (Ebd., S. 62).

Zukünftiger Humankapitalbedarf

„Gelegentlich wird der Einwand vorgebracht, es lohne sich nicht mehr, Kinder in die Welt zu setzen, denn es wären ja schon jetzt sehr viele Menschen arbeitslos und für zusätzliche Kinder gäbe es in Zukunft keinen Bedarf mehr. Außerdem sei die Erde bereits überbevölkert. Dieser Einwand ist jedoch alles andere als stichhaltig (er ist falsch, dumm, scheinheilig und für manche dieser »Einwänder« nur ein Vorwand, um damit ganz was anderes zu erreichen; Anm. HB). Gerade in Wissensgesellschaften wird es stets einen enormen Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften geben. Entscheidend ist deshalb die Qualifizierung eines möglichst großen Teils der Bevölkerung.“ (Ebd., S. 65).

„Eine Kernkompetenz von Fußballvereinen ist die Suche nach passenden neuen Spielern ...: »Beckenbauer muß - sagen wir es ruhig: wie eine ›Heuschrecke‹ - die ganze Welt bereisen, ›abgrasen‹, um Bayern-München zu Bayern-München zu machen.« (Ulrich Beck, Was zur Wahl steht, 2005, S. 109). .... Fußballvereine wie Bayern-München haben lokale Wurzeln, folglich wechselt der Spieler zum Verein. Im Rahmen der Globalisierung wandern aber zunehmend die Arbeitsplätze zu den Arbeitnehmern und nicht umgekehrt (vgl. ebd, S. 51). Die Arbeitsergebnisse werden dann anschließend per Internet oder in großen Containerschiffen zu den Arbeitnehmern transportiert.“ (Ebd., S. 66).

Kosten/Nutzen von Kindern

 –  Der Nutzen von Kindern (S. 67-72)
 –  Opportunitätskosten (S. 72-73)
 –  Opportunitätskosten und Pflichten (S. 74-76)
 –  Opportunitätskosten und finanzielle Anreize (S. 77-78)
 –  Die Opportunitätskosten eigener Kinder (S. 78-84)
 –  Sonstige Kosten von Kindern (S. 84)
 –  Vereinbarkeit von Familie und Beruf (S. 84-99)
 –  Arbeitsmarktzentrierte Familienpolitik (S. 99-101)
 –  Für und wider Kinder (S. 101)
 –  Fertilitätstheorien (S. 102-104)

Der Nutzen von Kindern

„Gemäß der ökonomischen Theorie lassen sich drei verschiedene Nutzenarten für Kinder unterscheiden (vgl. Thomas Klein, Sozialstrukturanalyse, 2005, S. 81):
Konsumnutzen
Einkommensnutzen
Sicherheitsnutzen
Diese Drastellung folgt der ökonomischen Theorie der Fertilität von Harvey Leibenstein und Gary S. Becker. Rosemarie Nave-Herz unterscheidet dagegegen die Nutzenarten (Rosemarie Nave-Herz, Familie heute - Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung, 2. Auflage, 2002, S. 32):
materieller Nutzen
psychologischer Nutzen
sozial-normativer Nutzen
Dieser Value-of-Children-Ansatz entspringt im Ggensatz zur ökonomischen Theorie eher sozialpsychologischen Forschungsarbeiten. (Vgl. Paul B. Hill / Johannes Kopp, Familiensoziologie, 2002, S. 206ff.). Unter sozial-normativem Nutzen ist dabei das Erhoffen eines Statusgewinnes durch das Kinderhaben oder bei Männern der Wunsch nach Vererbung des Familiennamens gemeint. Rosemarie Nave-Herz führt weiter aus: »Je niedriger der technische Industrialisierungsgrad eines Landes ist, um so eher werden materielle und sozial-normative Werte mit Kindern verknüpft. .... Umgekehrt gilt ebenso: Je höher der technische Industrialisierungsgrad eines Landes ist, um so stärker werden mit Kindern allein immaterielle Werte verbunden wie die Befriedigung emotionaler Bedürfnisse, zum Beispiel die von Kleinkindern ausgehende expressive Stimulation, die Freude, sie aufwachsen zu sehen, das Zärtlichsein mit ihnen wird geschätzt, und dazu reichen weniger Kinder aus.« (Rosemarie Nave-Herz, Familie heute - Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung, 2. Auflage, 2002, S. 32).“ (Ebd., S. 67-68).

„Eine Familienmanagerin ist eine professionelle Erzeiherin, die für das Aufziehen eigener Kinder bezahlt wird, und zwar entsprechend der Zahl ihrer Kinder. Für eine Familienmanagerin besteht ein Beschäftigungsverhältnis. Daneben kann sie für fremde Kinder Tagesmutterdienste anbieten. Im wesentlichen entspricht sie als etwa einer Tagesmutter nach dänischem Modell (vgl. J. Otto, Aufgepaßt! - Warum auch Erzieherinnen eine akademische Ausbildung brauchen, in: Die Zeit, 47, Nr 28, 06.07.2006, S. 71), nur das sie in erster Linie für die Betreuung eigener Kinder (die auch adoptiert sein können) bezahlt wird. Aus dieser Funktion ergibt sich für jedes weitere eigene und fremde Kind unmittelbar:
Erhöhung des Konsumnutzens.
Erhöhung des Einkommensnutzens (mehr Kinder = mehr Einkommen)
Erhöhung des Sicherheitsnutzens (mehr Kinder = höhere Rentenansprüche)
Geburtenhemmende Faktoren wie höhere Opportunitätskosten und sonstige Kosten oder biographische Einschränkungen sind dagegen praktisch bedeutungslos.“ (Ebd., S. 71).

Opportunitätskosten

„»Je wichtiger die Arbeit, desto weniger kann sie Teilzeitarbeit sein. Deshalb kann man gerade bei den Erfolgreichen keinerlei Neigung zu langem Urlaub, Arbeitszeitverkürzung oder Familienauszeit erkennen. Peter M. Senge hat in diesem Zusammenhang auf einen sich selbst verstärkenden Rückkopplungskreislauf hingewiesen: Je mehr Zeit man in die Arbeit investiert, um so größer ist der Erfolg; je größer der Erfolg, um so mehr Möglichkeiten eröffnen sich, die wiederum den Wunsch wecken, mehr zeit für die Arbeit zu haben.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 64-65 [**]). Wir halten also fest: Je größer der berufliche Erfolg, desto gewichtiger werden die Opportunitätskosten durch ausgefallene Arbeitszeiten sein und desto schwerer wird eine zeitintensive Familienarbeit wiegen.“ (Ebd., S. 73).

Opportunitätskosten und Pflichten

„»Rechte ergeben sich nur in Wechselwirkung mit der Anerkennung von Pflichten.« (Franz Josef Radermacher, Balance oder Zerstörung - Ökosoziale Marktwirtschaft, 2002, S. 49). .... Ein Kinderloser ... erwirbt ... durch Einzahlungen in die Rentenversicherung »Rechte«, nämlich einen späteren Rentenanspruch. Dieser muß gemäß dem deutschen Rentenumlagesystem von der nachfolgenden Generation, zu der er selbst nichts beiträgt, gemäß »Generationenvertrag« erwirtschaftet werden: »Einerseits beeinflußt die Entfaltung des Wohlfahrtsstaat die sozialen Bedingungen der Bevölkerungsentwicklung in vielfältiger Weise; andererseits entsteht durch die Schaffung der wohlfahrtsstaatlichen Institutionen eine spezifische Form der Abhängigkeit einer Gesellschaft von ihrer demographischen Entwicklung.« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 146). .... Es spricht deshalb sehr vieles dafür, die Nachwuchsarbeit insgesamt als eine kollektive Pflicht zu verstehen, von der man sich jedoch individuell - zum Beispiel durch Ausgleichszahlungen - befreien kann. Im Prinzip würde es sich dabei um eine Übertragung von Pflichten an Dritte gegen Bezahlung handeln, etwas, was in unserer Gesellschaft gang und gäbe ist.“ (Ebd., S. 74-75).

„»Der us-amerikanische Volkswirt Mancur Olson hat sich in seinem 1965 erschienenen Buch ›Die Logik des kollektiven Handelns‹ mit den Schwierigkeiten von großen Gruppen auseinandergesetzt, ihre Interessen zu formulieren und durchzusetzen: Immer würden ihre Bemühungen von Trittbrettfahrern ausgenutzt, die selbst nicht bereit seien, sich zu engagieren, aber durchaus darauf setzten, von den Früchten anderer Leute Anstrengung - zum Beispiel bei Tarifverhandlungen - zu profitieren.« (Susanne Gaschke, Die Emanzipationsfalle - erfolgreich, einsam, kinderlos, 2005, S. 154).“ (Ebd., S. 76).

Opportunitätskosten und finanzielle Anreize

„Im Prinzip drängen hohe Opportunitästkosten eine Vorgehensweise auf, die in der Geschäftswelt als »Outsourcing« bekannt ist: Je höher die Opportuntätskosten sind, desto eher wird man daran interessiert sein, die Aufgabe an andere Personen auszulagern und für den Service zu zahlen. An die Stelle von Individualverpflichtungewn tritt dann der Markt.“ (Ebd., S. 78).

Die Opportunitätskosten eigener Kinder

„»Die Frage der Fortpflanzung stellt einen interessanten Sonderfall zu Olsons Problemaufriß dar: Objektiv sind die absichtsvoll Kinderlosen natürlich Trittbrettfahrer einer Gesellschaft, deren mehrheit immer noch versucht, den Bestand zu sichern und Kinder in die Welt setzt, die später auch für den Wohlstand und die Renten der Kinderlosen aufkommen müssen. Werdenkt, er zahle doch Beiträge in die Rentenversicherung ein und habe damit für sein eigenes Alter vorgesorgt, irrt. Der Generationenvertrag hat zwei Paragraphen: der erste verpflichtet erwerbstätige Menschen dazu, über ihre Beiträge für diejenigen zu sorgen, die heute alt sind; der zweite verpflichtet sie, die Kinder großzuziehen, die das gleiche eines Tages für sie tun werden.« (Susanne Gaschke, Die Emanzipationsfalle - erfolgreich, einsam, kinderlos, 2005, S. 154).“ (Ebd., S. 78).

„»Das Verbot der Kinderarbeit und die Einführung bzw. Verlängerung der allgemeinen Schulpflicht einerseits, die Entlastung der Kinder vom Unterhalt ihrer Eltern andererseits haben zu einem offenkundigen Umkippen der ökonomischen Kosten-Nutzen-Balance des Nachwuchses geführt. Die staatlichen Kinderbeihilfen erreichen in keinem lande eine Größenordnung, die als Ausgleich der ökonomischen nachteile genügen würde« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 150). .... Immer wird es Personen geben, bei denen die Opportunitätskosten die angebotenen finanziellen Mittel deutlich übersteigen, so daß diese sich weiterhin gegen die Ausführung der gewünschten Aufgabe entscheiden werden. Zwar ist es möglich, auf diese Weise eine gesellschaftlich angestrebte Gesamtfertilität (zum Beispiel 2,1 pro Frau) zu erreichen, allerdings nur dadurch, daß beruflich wenig erfolgreiche Menschen überdurchschnittlich viele Kinder in die Welt setzen und aufziehen werden (denn bei ihnen sind die Opportunitätskosten niedriger als die ihnen dann zustehenden staatlichen Anreize), während beruflich erfolgreiche Menschen dies unterdurchschnittlich tun werden (denn bei ihnen sind die Opportunitätskosten weiterhin zu hoch). Dies führt im Mittel dazu, daß erfolgreiche (und in Wissensgesellschaften überdurchschnittlich gebildete und intelligente) Menschen deutlich weniger häufig Nachwuchs bekommen werden als beruflich weniger erfolgreiche (und damit in der Regel weniger gebildete) Menschen. Anders ausgedrückt: Es werden sich diejenigen die meisten Kinder leisten, die sich eigentlich Kinder am wenigsten leisten könnten. Gemäß den bisherigen Ausführungen ist dies auch nicht weiter verwunderlich. Denn beruflich erfolgreiche Menschen besitzen ein hohes Humankapital, welches das Interesse der Wirtschaft (Produktion) weckt. Dabei verlieren sie an Reproduktionskapital. Für beruflich wenig erfolgreiche Menschen kann es statt dessen die beste Strategie sein, vorrangig ihr Reproduktionskapital zu nutzen, da an ihrem Humankapital ein geringeres Interesse besteht. Möglicherweise erklärt sich damit auch das demographisch-ökonomische Paradoxon (vgl. Herwig Birg, Strategische Optionen der Familien- und Migrationspolitik in Deutschland und Europa [**], in: Christian Leipert [Hrsg.], Demographie und Wohlstand, 2003, S. 30 [**]). So wie Humankapital Reprodukionskapital bindet, setzt umgekehrt eine unzureichende Verwendung von Humankapital Reproduktionskapital frei. Tatsache ist aber:
An einer solchen Entwicklung können weder die Gesellschaft als Ganzes noch ihre Mitglieder interessiert sein. Denn letztendlich wird dadurch das Gesamtsystem geschwächt.
Eine solche Entwicklung findet seit vielen Jahren in Deutschland statt.
Will man genau umgekehrte Effekte erzielen, nämlich eher die Erfolgreichen dazu bringen, eigene Kinder aufzuziehen, dann muß man umgekehrt (be)steuern, zum Beispiel durch:
Besteuerung von Kinderlosen bzw. kinderarmen Ehepaaren gemäß deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.
Erst dann sehen in erster Linie einkommensstarke Bevölkerungsgruppen einen Anreiz in (zusätzlichen) Kindern, während Personen ohne oder mit geringen Einkommen diesen nicht haben. Es wird also ein Kinderwunsch vor allem bei denen gefördert, die sich Kinder ökonomisch besonders gut leisten könnten. Gleichzeitig hat die Maßnahme eine ganze Reihe weiterer Vorteile, unter anderem:
Der Staat erzielt zusätzliche Einnahmen, die verschiedene pronatalistische Maßnahmen ermöglichen. Beispielsweise könnten damit sowohl Kinder aus sozial schwachen Schichten besser gefördert, als auch Familien mit nachgewiesener Ausbildung (Familienmanagerinnen) finanziert werden. Der Staat ist also nicht von vornherein auf einen bestimmten Typ der Familienförderung festgelegt.
Es findet ein besserer Ausgleich zwischen Familien mit Kindern und Kinderlosen statt. Denn Kinderlose werden nun zur Kasse gebeten, um ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Reproduktion zu leisten. Dies stellt auch die Bedeutung der Reproduktion stärker in den Vordergrund.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Opportunitätskosten für zusätzliche Kinder durch zeitliche Einsparungen bei der Erziehungsarbeit zu senken. Dazu gehören generell Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie:
Ganztagsbetreuungen
Betriebskindergärten
Technische Geräte wie Kühlschrank, Spülmaschine, Waschmaschine u.s.w.
Lebensmittel-Fertigprodukte
Restaurants und Pizza-Service
Auslagerung von Hausarbeit an andere (Familie als Unternehmer)
Generell sind einige dieser Maßnahmen begrüßenswert, andere dürften eher nachteilig sein, wie zum Beispiel die Zunahme von Krankheiten wie Adipositas oder Diabetes bei Kindern zeigt. Allerdings ist nicht erwiesen, daß die Maßnahmen geeignet sind, die Fertilitätsraten einer Gesellschaft anzuheben.“ (Ebd., S. 80-83).

„Zusammengefaßt kann festgestellt werden, daß bislang alle in Deutschland angewendeten pronatalistischen Maßnahmen nicht geeignet sind, die Fertilitätsraten signifikant anzuheben, mit Ausnahme in sozial schwachen Schichten. Gleichfalls ist keine der Maßnahmen - mit Ausnahme in sozial schwachen Schichten - in der Lage, die Bildung von größeren Familienstärken zu fördern. Stattdessen begünstigen sie eine Beschränkung von Familien auf ein bis zwei Kinder. Dies mag auch seinen Grund darin haben, daß die Erwerbsorientierung der meisten der bislang angewendeten pronatalistischen Maßnahmen auf einem tief in der Industriegesellschaft verwurzelten Denken beruht. Norbert Bolz weist über die in diesem Abschnitt bereits aufgeführten Opportunitätskosten auf die hohen Opportunitätskosten einer Eheschließung hin: »Ehen waren ja nicht primär produktive, sondern reproduktive Einheiten. .... Heiraten ›bis daß der Tod euch scheidet‹, ist die Entscheidung mit den höchsten Opportunitätskosten. Es kann deshalb nicht überraschen, daß immer mehr Leute immer später heiraten; und wenn sie dann heiraten, immer häufiger auf Kinder verzichten.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 18 [**]). Schließt man die möglichen bis wahrscheinlichen Folgekosten einer Ehescheidung mit ins Kalkül, dann kann man dieses Argument nur unterstreichen. »Monotonie, hohe Kosten und Streit in der Ehe haben eine hohe Sichtbarkeit. Das schreckt viele davon ab, sich auf dieses moderne Abenteuer einzulassen. Und in der Tat hat die Ehe von allen Lebensformen das größte Konfliktpotential - aber eben auch das größte Glückspotential. All jene Untersuchungen zeigen, daß Einkommen einen sehr geringen, die Ehe dagegen den größten Einfluß auf die Lebenszufriedenheit hat. Trotzdem hängt die Politik der Frauenemanzipation fast völlig an Erwerbstätigkeit, und die Folgen des Zerfalls der Familie werden bagatellisiert.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 19 [**]). Hier wäre anzumerken, daß insbesondere die gesamtgesellschaftlichen Folgen bagatellisiert werden. Man könnte geradezu den Eindruck gewinnen, daß vielen feministisch orientierten Politikerinnen diesbezüglich jegliches Problembewußtsein fehlt: Es wird vermutlich auch dann noch das Hohelied der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und anderer Dogmen gesungen, wenn der Staat längst versunken ist.“ (Ebd., S. 83-84).

Sonstige Kosten von Kindern

„Bei einer Entscheidung für oder gegen Kinder sind neben den Opportunitätskosten noch weitere erhebliche direkte Kosten (Aufwände) zu berücksichtigen, die mit dem Familieneinkommen abzudecken sind.
Größere und kindgerechte Wohnung. Unter Umständen ist dafür ein Umzug in eine Vorstadt erforderlich, der mit zusätzlichen Verkehrsmitteln (zum Beispiel einem Zweitwagen für die Ehefrau) erkauft werden muß. Auch verlängert und verteuert sich dadurch der Weg zur Arbeit.
Größeres, der Familiengröße entsprechendes Auto.
Zusätzliche Kleidung, nahrung, Energie, Schulbedarf u.s.w.
Literatur, Konsumartikel und technische Geräte für die Kinder
Urlaubsreisen mitten in der Hochsaison und für mehr Personen
Zusätzliche Verkehrskosten (Bahn, Bus)
Besteht für die Kinder nur ein Konsumnutzen (weder Einkommens- noch Sicherheitsnutzen), dann können allein schon die zusätzlichen direkten Kosten pro Kind dazu führen, die Familiengröße trotz ausgesprochener Familienorientierung auf ein bis zwei Kinder zu beschränken.“ (Ebd., S. 84).

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

„Bei der These von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf handelt es sich quasi um ein Mantra des Feminismus ....“ (Ebd., S. 84).

„»Die Familienpolitiker ... propagieren den Mutterersatz von staatlicher Seite, um die monotone Formel von der angeblich ›neuen Familienwirklichkeit‹, der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie (in dieser Reihenfolge!) auch allgemein verfügbar zu machen..« (Birgitta Vom Lehm, Kindeswohl, ade! Gesundheitsverhütung im Wohlastandsland, 2004, S. 66). Und Norbert Bolz ergänzt: »So tanzen Wirtschaftspolitik und Frauenemanzipation gemeinsam um das goldene Kalb ›Ganztagsbetreuung‹ - und man darf nicht fragen, wie sich das auf die Kinder auswirkt. Frauen, die statt dessen ihre Kinder lieber selbst erziehen möchten, ›verweigern‹ sich dem Arbeitsmarkt und sabotieren die Volkswirtschaft, die auf die Leistungskraft der Frauen ›nicht verzichten kann‹. Deshalb ist es tabu, nach der Verträglichkeit von Kinder- und Karrierewunsch zu fragen. Wie dem Puritanismus ist dem Feminismus die Arbeit heilig. Und nichts trifft die Signatur der Gegenwart genauer als Paul Lafargues Formel von der ›Religion der Arbeit‹. In ihrem Kultzentrum steht heute die unverheiratete, berufstätige Frau. Sie verkörpert die Identität von Emanzipation und Erwerbsarbeit.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 63-64 [**]). Hinter der Verreinbarkeitsthese verbirgt sich ber auch eine verklausulierte Neuformulierung des Adenauer’schen Postulats und zwar in der Form:
Kinder wollen die Menschen immer.
Auch in dieser leicht veränderten Formulierung ist das Postulat alles andere als naheliegend oder gar bewiesen.“ (Ebd., S. 85-86).

„Es gibt tiefgreifendere Gründe für die aktuelle Kinderlosigkeit der Gesellschaft als die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ (Ebd., S. 87).

Fertilitätstheorien

Ökonomische Fertilitätsheorie .... Sozialpsychologische Fertilitätstheorie .... Biographische Fertilitätstheorie .... Individualisierungsthese .... Verantwortete Elternschaft .... Im Prinzip sind alle genannten Theorien entweder austauschbar oder doch sehr stark miteinander kompatibel. In der Summe ergänzen sie sich und runden das Bild des in modernen Gesellschaften üblichen Fertilitätsverhaltens ab.“ (Ebd., S. 102-103).

„Ergänzend könnte noch die in diesem Buch vorgestellte Theorie der Interaktion von Produktions- und Reproduktionskapital genannt werden, die aber in vielen Aspekten allenfalls mit den obigen Theorien verträglich ist. Die Kernaussage ist: Im Prinzip wird jeder Mensch versuchen, sein Leben sinnhaft zu gestalten. Ist dies in der Produktion nicht möglich, wird - sofern damit nicht weitere gravierende (ökonomische) Nachteile verbunden sind - ein Ausweichen in die Reproduktion erfolgen. Dies dürfte auch von Relevanz für die seit einiger Zeit geführte Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen (nicht zu verwechseln mit der ebenfalls diskutierten Grundeinkommensversicherung) sein ([**|**|**|**|**|**] vgl. Götz Werner, a.a.O.). Eine Hoffnung dabei ist, die Bürger würden von jeglicher ökonomischer Existenzangst befreit und könnten dann ihre kreativen Potentiale in optimaler Weise einsetzen. Auch könnten zahlreiche bürokratische Kosten und staatliche Aufwände entfallen.“ (Ebd., S. 103).

„Da sich das bedingungslose Grundeinkommen jedoch auch auf Kinder bezieht, ist nicht zu erkennen, warum die Menschen ihre kreativen Potentiale nicht bevorzugt im Bereich der Reproduktion einsetzen sollten. Aktuell haben wir in entwickelten Gesellschaften die Situation einer Vergütung produktiver Tätigkeiten bei gleichzeitiger ökonomischer Vernachlässigung der Reproduktion. Dies führt in Verbindung mit den oben aufgeführten Theorien zu den bekannten niedrigen Fertilitätsraten“ (Ebd., S. 104).

„Ein bedingungsloses ausreichendes Grundeinkommen könnte nun den Sinn produktiver Tätigkeiten entwerten. Es läge dann die genau umgekehrte Situation vor: Die Reproduktion hat Sinn, die Produktion nicht, speziell für solche Menschen, die in der Produktion keinen Erfolg haben und dann nach einem ausgleichenden Lebenssinn suchen.“ (Ebd., S. 104).

„Die soziologische Handlungstheorie geht von zwei menschlichen Grundbedürfnissen aus: physisches Wohlergehen und soziale Anerkennung (vgl. Paul B. Hill / Johannes Kopp,, Familiensoziologie, 2005). Wird die soziale Anerkennung in der Interaktion mit Anderen (in der Produktion) nicht erreicht, kann sie ersatzweise in der Reproduktion über die eigenen Kinder fast zwangsläufig erworben werden. Die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Fertilität dürften auf der Hand liegen.“ (Ebd., S. 104).

„Das im Kapitel Familienmanager-Konzept ab Seite 155 vorgestellte Modell einer Teilprofessionalisierung der gesellschaftlichen Reproduktion schlägt dagegen einen Mittelweg ein: Produktion und Reproduktion werden in ihrer Bedeutung ökonomisch gleichgestellt. Der Markt sorgt für den natürlichen Ausgleich zwischen beiden Bereichen. “ (Ebd., S. 104).

„Da für die Familienmanagerinnen die wichtigsten fertilitätseinschränkenden Gründe wie fehlender Einkommens- und Sicherheitsnutzen von Kindern sowie hohe biographische Opportunitätskosten allesamt außer Kraft gesetzt sind, kann für diese Teilgruppe eine hohe Fertilitätsrate erwartet werden. Im Zusammenspiel mit der Fertilität der restlichen Bevölkerung und der staatlichen Ressourcenallokation ist dann sogar eine planbare gesellschaftliche Reproduktion vorstellbar. Auf diese Zusammenhänge wird im Kapitel Bevölkerungspolitik ab Seite 121 näher eingegangen.“ (Ebd., S. 104).

Kindererziehung

 –  Humankapital-Bildung (S. 105-106)
 –  Familiärer Hintergrund (S. 106-107)
 –  Erziehungsdefizite (S. 107-108)
 –  Sprachliche Defizite (S. 108-109)
 –  Allgemeine Gesundheitsdefizite (S. 109-110)
 –  Ernährungsdefizite (S. 110-112)
 –  Bewegungsdefizite (S. 112-113)
 –  Verhaltensdefizite (S. 113-115)
 –  Wahrnehmungsdefizite (S. 115)
 –  Elternbindung (S. 115-116)
 –  Ganztagsbetreuungen (S. 116-117)
 –  Die Familienmanager-Chance (S. 117-118)
 –  Familienmanagerinnen und Globalisierung (S. 119-120)

Humankapital-Bildung

„In Wissensgesellschaften spielt die Qualität des Humankapitals eine entscheidende Rolle. Gemäß allgemeinem ökonomischem Verständnis wird Humankapital durch die Ausbildung spezifischer Qualifikationen und Kompetenzen im Bildungssystem und Beruf erzeugt. In Erweiterung der schulischen und beruflichen Ausbildung trägt aber die familiäre Erziehung, auch schon im Vorschulalter, in erheblichem Maße zur Entwicklung von Humankapital bei (vgl. Helga Kasemir, Der Beitrag der Familie zur Bidung von Human- und Sozialkapital, in: G. Clar / J. Doré / H. Mohr [Hrsg.], Humankapital und Wissen - Grundlagen einer nachhaltigen Enztwicklung, 1997, S. 221), wobei heute mehr und mehr darauf hingewiesen wird, daß die eigentliche Basis bereits in frühester Kindheit gelegt wird und diese wiederum zum Teil auf erblichen Faktoren beruht. Im allgemeinen dürfte es fast aussichtslos sein, durch berufliche Ausbildungen das nachholen zu wollen, was in der Kindheit bereits versäumt wurde. Es kann deshalb nur konstatiert werden, daß das substantielle Schwächen aufweisende nachwachsende Humankapital sich zwangsläufig negativ auf die zukünftige Arbeitswelt auswirken wird.“ (Ebd., S. 106).

„»Doch wer die Jugend vernachlässigt, braucht sich über die Arbeitswelt der Zukunft keine Gedanken zu machen.« (Gertrud Höhler, Vorwort, in: C. Ludwig / A. Mannes, Mit der Spaßgesellschaft in den Bildungsnotstand - 17 streitbare Beiträge für einen Aufbruch aus der Bildungsmisere, 2. Auflage, 2004, S. 11).“ (Ebd., S. 106).

„Gleichzeitig wird die Würde der nachkommenden Generation mißachtet: »Unzählige Schüler beenden ihre Lernzeit ohne stimulierende Erkenntnis eigener Talente. Ihre Intelligenz wird unterfordert. So schädigen wir die Arbeitswelt, und - was schwerer wiegt - wir vernachlässigen die Grundrechte junger Menschen auf Entfaltung, Lebenslust, und Selbstvertrauen - kurz gesagt: wir vernachlässigen ihre Würde.« (Gertrud Höhler, Vorwort, in: C. Ludwig / A. Mannes, Mit der Spaßgesellschaft in den Bildungsnotstand - 17 streitbare Beiträge für einen Aufbruch aus der Bildungsmisere, 2. Auflage, 2004, S. 11).“ (Ebd., S. 106).

Ganztagsbetreuungen

„Einige Experten hbefürchten eine weitere Verschlechterung der kindlichen Erziehungssitutaion, wenn als Teil einer arbeitsmarktzentrierten Familienpolitik elterliche Erziehungsleistungen verstärkt in staatliche Hände gelegt werden. So führt Norbert Bolz etwa an: »Als hätte die DDR einen späten ideologischen Sieg errungen, predigen die meisten Politiker heute ganz selbstverständlich die Verstaatlichung der Kinder. Denn die Kinderkrippen, Kindertagesstätten und Ganztagsschulen sind nicht als Hilfestellungen für notleidende Eltern, sondern als neue familienpolitische Norm konzipiert. Die Schule wird zum Kinderbetreuungszentrum, in dem die Kinder nicht primär lernen sollen, sondern ›intergriert‹ werden. .... ›Statt die öffentliche Erziehung als Erweiterung der häuslichen aufzufassen, wird sie zur wesentlichen, und das Endziel ist sichtbar, die Kinder den Eltern fortzunehmen, um sie zu Kindern allein des Ganzen zu machen.‹ (Karl Jaspers, die geistige Situation der Zeit, 1930, S. 53).« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 39 [**]). »Kinderkrippen, Horte Ganztagsschulen und Tagesmütter bieten uweifellos verläßliche Betreuung. Aber man kann von solchen Einrichtugen natürlich nicht Liebe, Behutsamkeit und Zärtlichkeit erwarten.« (Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 40 [**]). Einige empirische Daten könnten solche Aussagen stützen.“ (Ebd., S. 116).

Die Familienmanager-Chance

„Trotz der Bedeutung der frühkindlichen Erziehung für die Zukunft unserer Gesellschaft ist »Mutter« einer der ganz wenigen »Jobs«, für den keine Ausbildung erforderlich ist, ja für den manchmal zusätzliche Qualifikationen sogar als schädlich angenommen werden. Neben der fehlenden finanziellen Anerkennung trägt dies entscheidend zur gesellschaftlichen Abwertung der Aufgabe bei. Der Beruf der Familienmanagerin könnte zu einer erheblichen Verbesserung der beschriebenen Situation beitragen:
Eine Familienmanagerin verfügt generell über ein hohes Ausbildungsniveau.
Auch während der Ausübung ihres Berufs bleibt sie - unter anderem im Rahmen regelmäßiger Weiterbildungsmaßnahmen - in Kontakt mit neuesten Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung.
Ihre Arbeit erlaubt eine stärkere Rückkoppelung zu Forschungseinrichtungen. Mit der Professionalisierung der frühkindlichen Erziehungsarbeit darf ein weiterer Anschub bei der frühkindlichen Forschung erwartet werden. Auch andere wissenschaftliche Disziplinen wie die Familienforschung oder etwa zur Hauswirtschaft dürften von der Entwicklung enorm profitieren.
Der Erfahrungsaustausch unter den Familienmanagerinnen (vom Umgang mit banalen Konsumwünschen bis hin zur Haltung gegenüber den Medien) und die gegenseitige Unterstützung kann die Qualität ihrer Erziehungsleistungen weiter anheben.
Die Kinder von Familienmanagerinnen verfügen in aller Regel über Spielgefährten, wodurch sie regelmäßige kindliche Anregungen erhalten. Die zu erwartende enge Kommunikation zwischen den Familienmanagerinnen dürfte die Situation weiter verbessern.
Die Familienmanagerinnen könnten nicht nur eine gesunde Ernährung ihrer eigenen Kinder sorgen, sondern aufgrund ihrer Marktmacht auch zu einer erheblichen Verbesserung der generellen Lebensmittelversorgung.
Familienmanagerinnen verfügen über ein ausreichendes Erziehungspotential, ihre KInder vor einer nagtiven und zu ausschließlichen Beeinflussung bzw. Berieselung durch Medien wie Fernsehen, Internet und Computerspiele zu schützen.
Familienmanagerinnen könnten die frühkindliche Vermittlung von Englisch fördern.
(Kooperationen unter) Familienmanagerinnen könnten ältere Experten (Musik, Kunst, Sprache, Mathematik, Bewegung u.s.w.), deren Humankapital auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt ist, dazu anregen, statt dessen den Kindern Kenntnisse zu vermitteln.
Familienmanagerinnen könnten berufstätige Eltern bei ihrer Erziehungsarbeit beraten, unterrichten und unterstützen.
... Familienmanagerinnen wären neue Mütter.“ (Ebd., S. 118).

Familienmanagerinnen und Globalisierung

„Es war nicht in erster Linie der technische Fortschritt, der die Gesellschaft weiterentwickelte, sondern die Art und Weise, wie diese kulturell auf die neuen Herausforderungen reagierten. Auch unterstreicht die Darstellung die besondere Bedeutung von Investitionen in das Humankapital, die Deutschland historisch gesehen einen Vorteil verschafften, der bis heute vorgehalten hat. »Sozialpolitik hat - insbesondere über die Maßnahmen im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie im Arbeitsschutz - z ueiner historisch einmaligen Entfaltung der Humanvermögen beigetragen« (Jacques Neirynck, Der göttliche Ingenieur - Die Evolution der Technik, 1994, S. 275). Jacques Neirynck folgert denn auch: »Paradoxerweise ist das beste Mittel um auf der Woge der technischen Evolution obenauf zu bleiben, die kulturelle Evolution zu überwachen. Man kann also technischen Fortschritt nicht verordnen.« (Jacques Neirynck, Der göttliche Ingenieur - Die Evolution der Technik, 1994, S. 276). Technischer Fortschritt wird sich nicht wirklich entfalten, bzw. eine Gesellschaft wird keinen signifikanten Nutzen daraus ziehen können, wenn die kulturellen Voraussetzungen nicht stimmen.“ (Ebd., S. 119-120).

„Die entwickleten Länder befinden sich zur Zeit in einer Übergangsphase hin zur Wissensgesellschaften. Wie wir gesehen haben, generieren dabei Wissen und kognitive Fähigkeiten ihrer Menschen zu den entscheidenden Ressourcen. Fortschritte in der Telekommunikation, die damit einhergehende Globalisierung und die zunehmende Rohstoffverknappung werden ein globales Anbieten von Kompetenzen ohne Standortwechsel ermöglichen bzw. sogar erforderlich machen.“ (Ebd., S. 120).

„Erneut werden die Nationen auf der Woge der technischen Evolution oben auf schwimmen, die die notwendigen Inverstitionen in das Humankapital (zum Beispiel mittels Familienmanagerinnen) besonders rasch und nachdrücklich tätigen werden.“ (Ebd., S. 120).

Bevölkerungspolitik

 –  Biographische Fertilitätstheorie (S.121-123)
 –  Alterung der Gesellschaft (S. 124-127)
 –  Individual- versus Kollektivverhalten (S. 128-134)
 –  Selbstregulierndes Steuersystem (S. 135-137)
 –  Spezialisierung (S. 137-139)
 –  Nachhaltigkeit (S. 139-1144)
 –  Staatliche Steuerungsaufgaben (S. 145-151)
 –  Die Rolle der Medien (S. 151)
 –  Gesellschaftliches Klima (S. 151-152)
 –  Bevölkerungsbegrenzung (S. 152-154)

Biographische Fertilitätstheorie

„Bei der biographischen Fertilitätstheorie von Birg et. al. (**) handelt es sich um die demographische Entsprechung der Individualisierungsthese von Beck (**).“ (Ebd., S. 121).

„Kernausassagen der Theorie sind (vgl. Herwig, Birg / Ernst-Jürgen Flöthmann / Iris Reiter, Biographische Theorie der demographischen Reproduktion, 1991):
Die Größe des biographischen Universums nimmt durch den Wegfall sozialer, normativer und ökonomischer Beschränkungen permanent zu
Je größer das biographische Universum ist bzw. je vielfältiger die Optionen für eine Biographie sind, desto größer ist die Zahl der Alternativen, die mit einer biographischen Festlegung aus dem Möglichkeitsspielraum ausscheiden.
Bei einer Expansion des biographischen Möglichkeitsspielraums steigt das Risiko einer biographischen Festlegung.
In Gesellschaften mit Konkurrenzprinzip im Individualverhalten ist das Risiko biographischer Festlegungen in der Familienbiographie größer als das Risiko von Festlegungen in der Ausbildungs- und Erwerbsbiographie.
Das Risiko familialer Festlegungen läßt sich aufschieben oder vermeiden.
Schlußfolgerung: Die Wahrscheinlichkeit der demographisch relevanten biographischen Festlegungen nimmt ab.
Dies bedeutet: Durch die zunehmende Individualisierung (vgl. Ulrich Beck, Risikogesellschaft, 1986) steigt die Anzahl der Lebenslaufalternativen für eine konkrete person. Bei einer Familiengründung erfolgt aber eine sehr große biographische Festlegung für einen längeren zeitraum, und folglich scheiden sehr viele Lebenslaufalternativen aus dem sogenannten biographischen Universum aus. Dies macht es wahrscheinlicher, daß eine solche Festlegung zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erfolgt, zumal familiale Entscheidungen größere Risiken bergen können als Ausbildungs- und Karriereentscheidungen. Die Konsequenz ist, daß Entscheidung für eine Familiengründung immer später oder gegebenfalls gar nicht mehr getroffen wird.“ (Ebd., S. 121).

„Die biographische Fertilitätstheorie gilt allgemein als eine der schlüssigsten Thesen für die Erklärung der niedrigen Fertilitätsraten in entwickelten Gesellschaften. Denn immerhin konnten einzelne Folgerungen der Theorie empirisch bestätigt werden. (Vgl. Herwig Birg, Strategische Optionen der Familien- und Migrationspolitik in Deutschland und Europa [**], in: Christian Leipert [Hrsg.], Demographie und Wohlstand, 2003, S. 27-56 [**]).“  (Ebd., S. 122).

„Aus der Theorie werden in der Regel die falschen Empfehlungen abgeleitet.“ (Ebd., S. 123).

Alterung der Gesellschaft

„Eine Gesellschaft entspricht von außen betrachtet einem Lebewesen, mit den Menschen als Zellen.“ (Ebd., S. 124).

„Altern die Menschen, dann altert die Gesellschaft.“ (Ebd., S. 124).

„Spätestens ab ca. dem Jahr 2020 sollte auch mit einer erhöhten Auswanderungsrate der jüngeren Generation gerechnet werden. Eine andere denkbare Entwicklung wäre: Das »Land« wird unregierbar und die »Demokratie« wird von einem totalitären Regime abgelöst. (Hervorhebungen von mir; HB).“ (Ebd., S. 127).

Individual- versus Kollektivverhalten

„Wie bereits ausgeführt wurde, sind die wichtigsten Ressourcen in Wissensgesellschaften Wissen und kognitive Fähigkeiten ihrer Menschen. Das wichtigste Vermögen eines Staates ist das Humanvermögen, bestehend aus den Menschen mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen.“ (Ebd., S. 130).

„Explizite Formulierungen zum gewünschten Kollektivverhalten mit Bezug auf die Nachwuchssfrage setzen deshalb zunächst einmal Planziele für das Humanvermögen voraus. Mit anderen Worten: es ist letztendlich die Aufgabe des Staates, eine Planung über den zukünftigen Bedarf an Menschen und ihrer Kompetenzen zu machen.“ (Ebd., S. 130-131).

„Etwas Ähnliches wird bereits vom Statistischen Bundesamt und anderen Einrichtungen gemacht, und zwar in Form von bevölkerungsprognosen. darin geht es aber im wesentlichen nur um Quantitäten. Qualitative Aspekte kommen nur am rande und in Form von Altersstruktiren oder Migrantenanteieln zur Geltung. Auch werden darin nur Vorausberechnungen unter bestimmten Prämissen gemacht, zum Beispiel durchschnittlichen Fertilitätsraten der Bevölkerung bzw. jährlichen Wanderunsgsalden.“ (Ebd., S. 131).

„Ein Staat benötigt aber in vieler Hinsicht Planungssicherheit. Mit Bezug auf das wichtigste Vermögen, dem Humanvermögen, ist ... eine Langzeitplanung für die nächsten 30 Jahre erforderlich. Denn schließlich hätten Werteverschiebungen in diesem Bereich unmittelbare Auswirkungen auf alle anderen wesentlichen Parameter wie Bruttoszialprodukt, Steuereinanhmen oder Wirtschaftswachstum.“ (Ebd., S. 131).

„Aus staatlicher Sicht macht es deshalb Sinn, klare Zielvorgaben für die Bevölkerungsentwicklung aufzustellen und zu versuchen, diese einzuhalten. Im Rahmen dieser Zielvorgaben sollte es dann möglich sein, das erartete Kollektivverhalten im Bezug auf die Nachwuchsfrage zu definieren.“ (Ebd., S. 131).

„Eine typische Formulierung könnte z.B. lauten: Es wird ein jährlicher Neuzuwachs von 1,1 Millionen Kindern angestrebt. Dabei sollten die Kinder eine möglichst optimale frühkindliche Erziehung genießen.“ (Ebd., S. 131).

„Entscheidend ist zunächst ein Konsens über die Zielvorgaben, an denen sich das staatliche Handeln auszurichten hat. Dies sagt natürlich noch nichts darüber aus, wie und ob das Ziel in der Praxis erreicht werden kann. Viele Experten sind der Ansicht, dies sei gar nicht möglich, da die Fertilität einer Gesellschaft nicht wirkllich beeinflußt werden könne.“ (Ebd., S. 132).

„Zur Zeit werden in erster Linie verschiedene Ansätze verfolgt, einem nicht präzise definierten Ziel »höhere Fertilität« möglichst nahe zu kommen. Zu nennen sind insbesondere:
Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie zum Beispiel Ganztagskindergärten und -krippen, Ganztagsschulen, Firmenkindergärten, flexible Arbeitszeiten, Heimarbeitsplätze u.s.w..
Monetäre Anreize wie Steuervergünstigungen, Elterngeld, Kindergeld, steuerliche Abzugsfähigkeit familienunterstützender Leistungen.
Beide Maßnahmentypen versuchen vor allem, die Opportunitätskosten von Kindern zu verringern. Wie in den Abschnitten Opportunitätskosten und Pflichten und Opportunitätskosten und finanzielle Anreize ab Seite 77 dargelegt wurde, sind solche Vorgehensweisen aber suboptimal, da sich damit zwar das Kollektivverhalten in eine gewünschte Richtung lenken, dabei aber keine Planungssicherheit erreichen läßt. Anders ausgedrückt: Die Maßnahmen können dazu beitragen, die Fertilität zu steigern, es kann jedoch überhaupt nicht vorhergesagt werden, wie stark dies geschehen wird.“ (Ebd., S. 133).

„Planungssicherheit in Bezug auf freiwillige Tätigkeiten läßt sich dagegen besonders effizient über Professionalisierung und Spezialisierung, das heißt über marktwirtschaftliche Regelungen erreichen. In der Industrie spricht man in diesem Fall auch von Outsourcing. Oder mit den Worten von Franz Josef Radermacher: »Gesellschaftliche Zielvorstellungen und ökonomische Prozesse werden heute in der Regel weltweit über Märkte organisiert.« (Franz Josef Radermacher, Balance oder Zerstörung - Okosoziale Marktwirtschaft als Schlüssel zu einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung, 2002, S. 16). Das im vorliegenden Buch vorgestellte Familienmanager-Konzept folgt dieser Vorgehensweise:
Kinderlose werden verpflichtet, monatliche Beiträge aufgrund fehlender Aufziehleistungen abzuführen.
Es wird ein neuer Beruf mit dem Namen Familienmanagerin gebildet. Für diesen Beruf ist eine qualifizierte Ausbildung erforderlich. Wer die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, kann sich auf eine Familienmanagerstelle bewerben.
Der Staat ermittelt an Hand von Ist-Daten, seinen Zielvorgaben und dem verfügbaren Haushaltsbudget die Anzahl der auszuschreibenden Familienmanager-Stellen.
Eingestellte Familienmanager erhalten ein kleines Grundgehalt (zum Beispiel 500 Euro) und einen Leistungsbetrag pro aufgezogenes Kind (zum Beispiel 500 € pro Kind). Daneben stehen ihnen Kindergeld und ein 13. Monatsgehalt zu. Die Zahlen basieren auf der Erziehungsgehalt-2000-Studie und sind in diesem Zusammenhang nur beispielhaft zu verstehen. In der Praxis sind vermutlich höhere Beträge anzusetzen.
Eine häufig empfohlene Alternative dazu ist der Ansatz »Kinder oder Sparen«, bei dem Kinderlose dazu verpflichtet werden, zusätzliches Kapital als Alterssicherung anzusparen (Riester-Sparen). Im Prinzip entspricht diese Methode zum Teil dem Familienmanager-Konzept, da in beiden Fällen Kinderlose auf einen Teil ihres Einkommens verzichten müssen und gezwungen sind, Abgaben abzuführen. Einige Autoren behaupten deshalb, die Maßnahme könne zu mehr Kindern führen, da zahlreiche Menschen möglicherweise versuchen werden, die Abgaben zu vermeiden Dies muß aber für das Riester-Sparen bezweifelt werden, denn die monatlichen Abgaben sind ja anders als beim Familienmanager-Ansatz nicht verloren, sondern stehen später in Form einer zusätzlichen Rente oder eines Barvermögens zur Verfügung. Es kann deshalb durchaus argumentiert werden, das Riester-Sparen stehe als zusätzliche kapitalbildende Altersversorgung einem Kinderwunsch eher im Wege. Demgegenüber führen die abgeführten Abgaben beim FamilienmanagerKonzept unmittelbar zu mehr Kindern, da sie ja genau in dem Bereich investiert werden.“ (Ebd., S. 133).

„Gegen das Riester-Sparen für Kinderlose lassen sich aber noch weitere Einwände aufführen, zum Beispiel:
Der deutschen Wirtschaft werden erhebliche Mengen an Kapital entzogen, mit der irgendwo auf der Welt Projekte oder Unternehmen finanziert werden. Ökonomisch macht das aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland nur wenig Sinn.
Ein Ansparer könnte bereits vor Rentenantritt sterben. Damit hätte er einen erheblichen Teil seines Kapitals in eine Altersversorgung gesteckt, von der weder er noch die Gesellschaft etwas hatten.“ (Ebd., S. 133).
 

Selbstregulierendes Steuersystem

„Im letzten Abschnitt (**) wurde vorgeschlagen, Kinderlosigkeit (bzw. relative Kinderarmut) zu besteuern und die eingenommenen Steuern gezielt für das Aufziehen von Kindern durch professioinelle Kräfte (Familienmanager) zu verwenden. Hierduch entsteht ganz nebenbei ein sich selbst regulierendes und dem Prinzip der kommunizierenden Röhren entsprechendes Steuersystem.“ (Ebd., S. 135).

Kinderlosensteuer und FertilitätGeringe Einnahmen an
Kinderlosen-Steuer
bei hoher Fertilität
Kinderlosensteuer und FertilitätHohe Einnahmen an
Kinderlosen-Steuer
bei geringer Fertilität

„Ist die Anzahl der Kinderlosen bzw. Kinnerarmen gering und die Gesamtfertilität somit hoch, dann werden nur wenige Kinderlosen-Steuern eingenommen. Es können dann nur wenige Familienamanger beschäftigt werden, für die es in einer solchen Sitaution aber auch keinen Bedarf gibt.“ (Ebd., S. 135).

„Ist die Anzahl der Kinderlosen bzw. Kinderarmen groß und die Gesamtfertilität somit gering, dann werden sehr viele Kinderlosen-Steuern eingenommen. Es können folglich entsprechend viele Familienmanager beschäftigt werden, für die in einer solchen Situation ja auch ein erheblicher Bedarf besteht.“ (Ebd., S. 135).

„In Anlehnung an die Aussage der Ökonomen, Realkapital müsse in dem Maße gebildet werden, wie es an Humankapital fehlt (vgl. Hans-Werner Sinn, Ist Deutschland noch zu retten?, 2003, S. 409), könnte man mit Bezug auf das vorgestellte Modell auch sagen:
Realkapital muß in dem Maße akkumuliert werden, wie es an Humankapital fehlt, um damit neues Humankapital bilden zu können.
Natürlich wird auch dieses System eine gewisse Trägheit besitzen und nicht auf jede größere Fertilitätsschwankung unmittelbar reagieren. Allerdings sind erfahrungsgemäß solche Fluktuationen auch nicht zu erwarten.“ (Ebd., S. 136).

„In jedem Fall würden die Abgaben dem Namen »Steuer« wieder einen Sinn geben, nämlich gesellschaftliche Prozesse zu steuern.“ (Ebd., S. 136).

Spezialisierung

„Verschiedene Experten haben darauf hingewiesen, daß Kinder zu bekommen als Folge des Geburtenrückgangs unweigerlich zu einem Akt der Spezialisierung wird: Ein schrumpfender Anteil Frauen muß immer mehr und mehr Geburten bewerkstelligen. (Vgl. Frank Schirrmacher, Minimum - Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft, 2006, S. 123 f.). Denn andernfalls würde die Bevölkerung selbst bei bestandserhaltenden Fertilitätsraten schrumpfen: »Es ist wichtig zu erkennen, daß die Bevölkerungsschrumpfung in Deutschland auch bei einer konstanten und sogar bei einer auf das Bestandserhaltungsniveau von 2,1 Lebendgeborenen pro Frau zunehmenden Geburtenrate unvermeidlich ist, denn sie beruht in erster Linie auf der zurückgehenden Zahl potentieller Eltern, die der Geburtenrückgang in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten jetzt zwangsläufig nach sich zieht, nicht etwa auf einer angenommenen weiteren Abnahme der Geburtenzahl pro Frau. Durch diesen als ›Eigendynamik der Bevölkerungsschrumpfung‹ bezeichneten Prozeß wird sich das Geburtendefizit in derZukunft vervielfachen.« (Herwig Birg, Auswirkungen und Kosten der Zuwanderung nach Deutschland, 2001, http://www.herwig-birg.de/downloads/dokumente/Gutachten-Muenchen.pdf, S. 7).“ (Ebd., S. 137).

„Nehmen wir einmal an, eine demographische Analyse sei zu dem Ergebnis gekommen, die meisten Nachhaltigkeitsanforderungen ließen sich mit 1,1 Millionen jährlichen Geburten erfüllen. Insbesondere würden damit sowohl der prognostizierte Humankapitalbedarf der Wirtschaft abgedeckt, als auch der zukünftigen Generation nicht zu hohe Pro-Kopf-Belastungen etwa bei der Altenpflege oder der Unterstützung von Rentnern und anderen Leistungsempfängern bzw. Hilfsbedürftigen aufgebürdet. Bei einer Jahrgangsstärke von 1,2 Millionen Menschen hätte dies für die daran beteiligten 600000 Frauen eine Ziel-Fertilitätsrate von 1,83 zur Folge (wobei einfachheitshalber eine vernachlässigbare Sterblichkeit in jungen Jahren angenommen wird). Bei Jahrgangsstärken von 1 Million bzw. 700000 (n Deutschland wurden in 2005 nur noch 686000 Kinder geboren) ergeben sich demgegenüber Fertilitätsraten von 2,2 bzw. 3,14 (siehe Abbildung). Dies sind in beiden Fällen Werte, die auch bei sehr optimistischer Betrachtung unter den aktuellen Rahmenbedingungen als unrealistisch angenommen werden müssen. Hinzu kommt, daß auf schrumpfende Jahrgänge mehr Arbeit und höhere Belastungen zukommen werden, so daß eher weiter sinkende Fertilitätsraten angenommen werden müssen.
JahrgangsstärkeGebärfähige Frauen Ziel-Fertilitätsrate
1 200 000600 000 1,83
1 000 000500 000 2,20
    700 000 350 000 3,14
Abbildung 8) Ziel-Fertilitätsraten bei unterschiedlichen Jahrgangsstärken (**) (**)
Bliebe die Fertilitätsrate dagegen bei ungefähr 1,4, so würden (wie die folgende Abbildung zeigt) 600000 Frauen nur noch 840000 Kinder zur Welt bringen, 350000 Frauen sogar nur noch 490000. Davon wäre natürlich nur die Hälfte weiblich, was die Zahl der gebärfähigen Frauen mit der Zeit weiter reduzieren würde.
JahrgangsstärkeGebärfähige Frauen Geburten
1 200 000600 000 840 000
1 000 000500 000 700 000
    700 000 350 000 490 000
Abbildung 9) Geburten bei Fertilitätsrate 1,4 (**) (**)
Doch betrachten wir das Problem einmal von der umgekehrten Seite her und nehmen dazu an, der Staat habe sich zu einer aktiven Bevölkerungspolitik entschieden, die unter anderem darin bestehe, 20 Prozent der Frauen eines Jahrgangs als Familienmanagerinnen zu beschäftigen. Nehmen wir darüber hinaus an, die normale Fertilitätsrate der gebärfähigen Frauen liege konstant bei 1,4. 1,1 Millionen jährliche Geburten hätten dann die folgenden Konsequenzen:
JahrgangsstärkeGebärfähige Frauen FamilienmanagerFertilitätsrate (nur Familienmanager)
1 200 000600 000 120 0003,57
1 000 000500 000 100 0005,40
    700 000 350 000   70 00010,11  
Abbildung 10) Familienmanager-Fertilitätsraten und Jahrgangsstärken (**) (**)
Eine Fertilitätsrate von 10,11 wird sich sicherlich auch für diesen Personenkreis nicht mehr ausschließlich durch eigene Geburten bewerkstelligen lassen, sondern einer Unterstützung durch begleitende Adoptionen bedürfen. Alternativ könnte der Anteil der Familienmanagerinnen an der Gesamtbevölkerung gesteigert werden. Beispielsweise würde sich bei einem 30-prozentigen Anteil der Familienmanagerinnen an den Frauen eines Jahrgangs deren erforderliche durchschnittliche Fertilitätsrate von 10,11 auf 7,21 reduzieren, geht man statt von 1,1 Millionen jährlichen Geburten nur von 900000 aus, dann sogar auf einen Wert von 5,30.“ (Ebd., S. 137-139).

„In unserem Beispiel wurde sich einfachheitshalber auf Frauen beschränkt. Zu gleichen Resultaten würde man bei einem jeweils 10-prozentigen Anteil von Familienmanagern unter Männern und Frauen eines Jahrgangs kommen. Bei den von den Männern aufgezogenen Kindern kann es sich dann natürlich nur um adoptierte bzw. um eigene, aber von Nicht-Familienmanagerinnen geborene Kinder handeln (das heißt, er ist Familienmanager, seine Ehefrau bringt die Kinder zur Welt, geht aber einem anderen Beruf nach).“ (Ebd., S. 139).

Nachhaltigkeit

„Der Begriff der Nachhaltigkeit (**) stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Er bezeichnet die Bewirtschaftungsweise eines Waldes, bei der dem Wald immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann, so dass der Wald nie zur Gänze abgeholzt wird, sondern sich immer wieder regenerieren kann.“ (Ebd., S. 139).


Vgl. z.B.: Wikipedia, Nachhaltigkeit, http://de.wikipedia.org/wiki/Nachhaltigkeit (**); Fred Luks, Nachhaltigkeit, 2002, S. 6.

„Nachhaltige Entwicklung bedeutet die Erhaltung des Kapitalstocks an Ressourcen für die nächste Generation in einem Maße, daß deren Wohlfahrtsniveau mindestens dem der gegenwärtigen Generation entsprechen kann. Dies impliziert, daß an den erneuerbaren Ressourcen (Luft, Böden, Wasser, Biomasse, Humanressourcen inklusive Reproduktionskapital) kein Raubbau betrieben wird bzw. für diese Ressourcen stets ausreichende Reproduktionskapazitäten vorgehalten werden. Im Abschnitt Eine vernachlässigte Hauptaufgabe des Staates ab Seite 14 wurde bereits die Sicherstellung der Nachhaltigkeit als eine der wichtigsten Aufgaben des Staates herausgestellt. Dabei wurde dieser ganz bewußt mit einem Forstbetrieb verglichen und deutlich gemacht, daß eine nachhaltige Wirtschaftsweise stets nur vom Ertrag, nie aber von der Substanz nehmen wird. Deutschland zehrt seit Jahrzehnten bereits ganz erheblich an seiner Humansubstanz. Allerdings gibt es zur Zeit auch nicht ansatzweise einen politischen Konsens über die eigentlichen Aufgaben des Staates. Christian Wulff meint zum Beispiel: »Der Staat kann und darf nicht an sich ziehen, was der Einzelne selbst regeln kann. Davon lasse ich mich leiten.« (Christian Wulff, Deutschland kommt voran, 2006, S. 51). Das einzelne Individuum kann sicherlich fast alles selbst regeln. Dennoch ist fraglich, ob es in der Summe aller Individuen dies auch noch im Sinne der Gesellschaft tun wird. Nachhaltigkeit steht in einem engen Zusammenhang zum Begriff der Generationengerechtigkeit (siehe dazu auch den Abschnitt Generationengerechtigkeit ab Seite 155). Daraus leiten sich unter anderem erhebliche Konsequenzen für die Bevölkerungspolitik, den Umweltschutz oder die Finanzpolitik ab.“ (Ebd., S. 140).

„Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist zum Beispiel unter den folgenden Bedingungen verletzt:
Dauerhaft deutlich zu niedrige (»nicht bestandserhaltende«) Fertilität.
In diesem Fall spart sich die vorangegangene Generation einen erheblichen Teil der Nachwuchsarbeit. Dies mag für sie ökonomisch günstig sein. Für die nachrückende Generation ist das Ergebnis aber geradezu katastrophal, weil sie damit eine erhebliche Altenlast aufgebürdet bekommt. Der Begriff »nicht bestandserhaltend« drückt in Hinblick auf die forstwirtschaftliche Herkunft des Begriffs »Nachhaltigkeit« bereits alles aus: Eine nicht bestandserhaltende Fertilität verletzt das Nachhaltigkeitsprinzip. Das Problem in unserem Kontext ist die zu starke bevölkerungspolitische Ausrichtung auf die Produktion. Stattdessen müßte man zur Finanzierung der Reproduktion denjenigen, die sich aus der Reproduktion völlig heraushalten, weil nur in der Produktion Einkommen erwirtschaftet werden, etwas Geld abnehmen, und es in die Reproduktion transferieren. Letztendlich kennt das Problem jedes Unternehmen: Man kann nicht alles in die Produktion stecken, sondern benötigt Ressourcen für Forschung und Entwicklung, aber auch für grundsätzliche Dinge wie die Abschreibung von Anlagen (die Reproduktion). Wenn sich ein Unternehmen nicht an diese Regeln hält, veraltet es und kann irgendwann nicht mehr konkurrieren. Genau so stellt sich auch das deutsche demographische Problem dar.
Hohe Staatsverschuldung.
Wenn die vorangegangene Generation mehr ausgibt, als sie einnimmt, lebt sie auf Pump und mutet der zukünftigen Generation nicht nur die Rückzahlung des Kredits, sondern auch noch hohe regelmäßige Zinslasten zu. Sowohl durch eine hohe Staatsverschuldung als auch eine nicht bestandserhaltende Fertilität erhöht sich die Pro-Kopf-Belastung der nachfolgenden Generation. In Kombination wirken beide Tatbestände geradezu fatal. Es gibt Vermutungen eines sich gegenseitigen Verstärkens hoher Staatsverschuldungen und niedriger Fertilitätsraten. Denn niedrige Fertilitäten führen zu einem Verlust an Humanvermögen, der zu einem Ausgleich durch Realkapital und damit zusätzlichen Kapitalaufnahmen drängt. Mittlerweile gibt es eine parteiübergreifende Initiative verschiedener Bundestagsabgeordneter, die die Festschreibung einer nachhaltigen Haushaltspolitik im Grundgesetz verankert wissen möchte. Es ist allerdings fraglich, ob ein solcher Anspruch als isolierte Maßnahme und ohne Berücksichtigung der anderen Nachhaltigkeitsfelder gelingen kann, zu denen es eigene Rechtsinitiativen gibt.
Verschwendung von Energie und/oder Ressourcen.
Dies beinhaltet unter anderem eine Priorisierung erneuerbarer Energiequellen etwa gegenüber Kohle, Öl oder Atom.
Vernachlässigung des Umweltschutzes.
Damit inbegriffen sind auch global wirkende Umweltbelastungen, die sich zunächst primär in Hoheitsgebieten anderer Staaten auswirken.
Die fehlende Nachhaltigkeit bei der Nachwuchsarbeit (zu niedrige Fertilitätsraten) wird sich schon bald empfindlich auf alle sozialen Sicherungssysteme auswirken und damit das Prinzip der Generationengerechtigkeit substanziell verletzen (vgl. Stefanie Wahl, Folgen der Bevölkerungsentwicklung für Wirtschaft und Gesellschaft, in: Claus-Peter Hutter / Andreas Troge (Hrsg.), Bevölkerungsrückgang - Konsequenzen für Flächennutzung und Umwelt, 2004, Seite 25 f.):
Ende der 1990er-Jahre beanspruchten Über-59-Jährige knapp die Hälfte der Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung. Pro Kopf wendete die gesetzliche Krankenversicherung für einen Über-59-Jährigen durchschnittlich dreimal mehr auf als für einen Unter-59-Jährigen. Bei Beibehaltung des gegenwärtigen Systems dürften sich die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen bis 2040 vor allem aufgrund der Alterung real rund verdoppeln. Über-59-Jährige würden dann etwa zwei Drittel der Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen.
Ältere beanspruchen die gesetzliche Pflegeversicherung überdurchschnittlich. 1999 waren reichlich 2 Millionen Personen pflegebedürftig. Bei konstanten altersspezifischen Pflegefallquoten dürfte diese Zahl bis zum Jahr 2040 auf rund 4 Millionen anwachsen.
1960 hatten rund 3 Beitragszahler zur gesetzlichen Rentenversicherung einen Rentner zu versorgen. Im Jahr 2002 betrug das Verhältnis 1,8 : 1. Werden nur die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in die Betrachtung einbezogen, dann stünden nur noch 1,4 Aktive einem Rentner gegenüber. Im Jahr 2040 wird das Verhältnis sogar bei 0,8 : 1 liegen. Allerdings gibt es Vorschläge, wie das Unterstützungsverhältnis durch die Mobilisierung heute beruflich inaktiver Menschen in den kritischen Jahren ab 2020 signifikant verbessert werden kann.
Ohne tiefgreifende Reformen aller sozialen Sicherungssysteme dürften die Sozialbeiträge bis 2040 von heute reichlich 42% auf weit über 50% des Bruttolohns steigen. Damit würde sich die Erwerbsarbeit weiter verteuern (bei gleichzeitig nachlassender Vitalität der Erwerbstätigen), der Rationalisierungsdruck steigen und das Arbeitsvolumen beschleunigt zurückgehen.
Die letzte Aussage zu den tiefgreifenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme muß allerdings etwas relativiert werden. Ein populärer Vorschlag einer Veränderung des Sozialstaates besteht zum Beispiel darin, die Altersversicherung durch eine Einheitsrente mit optionaler Privatrente zu ersetzen: »Diese Garantierente würde eine Einheitsrente sein, wie sie Biedenkopf schon vor Jahrzehnten vorgeschlagen hat ... Biedenkopf und sein Mitstreiter Meinhard Miegel dachten eher an 800 Euro pro Monat, was sich wohltuend auf die Steuersätze auswirkt. Denn heide, Garantie- und Privatrente, verhalten sich zueinander wie kommunizierende Röhren - eine hohe Grundrente erfordert hohe Steuersätze und läßt damit wenig Raum für die Privatrente. Eine niedrige Grundrente ist mit deutlich geringeren Steuersätzen zu finanzieren und räumt der Privatrente eine stärkere Rolle ein.« (Gabor Steingart, Deutschland - Abstieg eines Superstars, 2004, S. 284). Vorschläge dieser Art werden häufig mit einer Inbrunst der Überzeugung vorgetragen, als reiche es nur, vorhandenes Kapital umzuverteilen, und damit wären alle zukünftigen sozialstaatlichen Probleme gelöst. Sicherlich ist es unerläßlich, die Ausgaben der Renten- und Pensionsleistungen unverzüglich zu reduzieren, denn: »Unser Sozialstaat kann seinen Bürgern eine kollektive Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Aller, Krankheit und Pflegebedürftigkeit auf lebensstandardssicherndem Niveau nichl mehr garantieren.« (Oswald Metzger, Einspruch! Wider den organisierten Staatsbankrott, 2004, S. 132). Die Betonung liegt dabei auf »lebensstandardssichernd«. Wie im Abschnitt Generationengerechtigkeit ab Seite 155 dargestellt wird, dürfte eine Lebensstandardssicherung bei weiterer Verschlechterung der demographischen Kenngrößen nur über die Aufnahme weiterer staatlicher Anleihen (das heißt einer Zunahme der Staatsverschuldung) erzielbar sein. Aber solange die Altersentwicklung in Deutschland so weitergeht wie bislang, gibt es keinen sozialverträglichen Ausstieg aus der demographischen Krise. Denn egal wie man es dreht und wendet, im Jahr 2040 wird der größte Teil der Bevölkerung alt sein, irgendeinen Rentenanspruch besitzen oder von der Sozialhilfe leben müssen, auf ärztliche Hilfe und gegebenenfalls sogar auf Pflege angewiesen sein. Auch wenn man einigen Menschen die Rentenansprüche rigoros kürzt, werden die Kosten für die dann erwerbstätigen Menschen auch im untersten für die Alteren gerade noch zuträglichen Bereich sehr und vermutlich zu hoch sein. Die Alternative wäre bestenfalls, den Alteren jede Hilfe zu verweigern, aber noch hat niemand gewagt, eine solche Option öffentlich auszusprechen (wenngleich ich mir sicher bin, daß dies noch geschehen wird). Einige optimistische Schrumpfungsszenarien empfehlen den baldigen Rückbau von Städten und sonstiger nicht mehr benötigter Infrastruktur (Straßen, Brücken, Bahnstrecken u.s.w.). Es dürfte auf der Hand liegen, daß andere diesen Gedanken auf den Abbau »humaner Altlasten« ausweiten könnten. In archaischen Gesellschaften war so etwas sogar üblich. Jacques Neirynck beschreibt einen aktuellen Fall: »Anläßlich des letzten Vorstoßes von Robert Scott in Richtung Südpol im Jahre 1912 erkrankte Kapitän Oates während des Rückzugs. In der Absicht, das Leben der Kameraden zu retten, verließ er freiwillig in einer Blizzardnacht sein Zelt und ließ sich nach Sitte der Eskimos erfrieren; damit hat er zu einer Grundregel der paläolithischen Ethik zurückgefunden, seine englische Erziehung verleugnend, in deren Augen der Selbstmord Feigheit bedeutet.« (Jacques Neirynck, Der göttliche Ingenieur - Die Evolution der Technik, 1994, S. 98 f.).“ (Ebd., S. 140-144).

„Der demographische Teil der Nachhaltigkeitsproblematik ist für den Sozialstaat ein neues Thema. Denn in der Industriegesellschaft war die gesellschaftliche Reproduktion durch Rollenzuweisungen gesichert: Der Mann ging arbeiten, und die Frau blieb zu Hause und zog die Kinder auf {siehe dazu den Abschnitt Ernährermodell ab Seite 22). Zusätzlich wurden die grundsätzlichen Reproduktionseinheiten noch durch staatliche Regelungen institutionell und gesetzlich geschützt: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung (Grundgesetz, Artikel 6). Dies erlaubte es dem Staat, sich weitestgehend aus den Themen Reproduktion und bevölkerungspolitische Nachhaltigkeit herauszuhalten und sie zu privatisieren, da angenommen werden konnte, diese würden von selbst und ohne weitere staatliche Eingriffe funktionieren. Diese Welt ist vergangen.“ (Ebd., S. 144).

Staatliche Steuerungsaufgaben

»Was wir als Sozial- oder Wohlfahrtsstaat bezeichnen, bezieht sich ... nicht auf den Staat allein, sondern ... auf die, Vermittlung zwischen marktgesellschaftlicher Privatsphäre und rechtsstaatlicher Öffentlichkeit .... Die Einrichtung des Arbeits-, Bildungs- und Sozialrechts konstituieren eine charakteristische Zwischensphäre zwischen Wirtschaftsunternehmungen, privaten Haushalten und Staat (bei uns: Parteienstaat; Anm. HB), oder analytischer gesprochen, zwischen den Sphären der Produktion, der Reproduktion und dem politischen Gemeinwesen (bei uns: Parteienwesen; Anm. HB). .... Drei Gesichtspunkte seien hervorgehoben:
In der Produktionssphäre bleibt das Privateigentum und die unternehmerische Dispositionsfreiheit grundsätzlich gewahrt; beide werden allerdings einschränkenden Bedingungen unterworfen, um die Machtdifferenz zwischen den Unternehmen und ihren Arbeitskräften - ›Kapital‹ und ›Arbeit‹ - unwirksam zu machen, und um unerwünschte externe Effekte, d.h. außerhalb der Kostenrechnungen der Betriebe anfallende ,soziale Kosten' zu reduzieren. Nationale Wohlfahrtsstaaten unterscheiden sich hinsichtlich des dominierenden Typus dieser Einschränkungen (staatliche Verbote, Schadenersatzpflichten, Verfahrensregelungen, Aufsichts- oder Verhandlungssysteme).
In der Verteilungssphäre wird nach marktwirtschaftlichen Prinzipien die ausschließlich am Entgelt für Produktionsfaktoren orientierte primäre Einkommensverteilung durch eine staatlich organisierte sekundäre Einkommensverteilung korrigiert, welche auch den nicht erwerbstätigen und unvermögenden Bevölkerungsgruppen (Alte, Behinderte, Kinder, Arbeitslose u.s.w.) ein Einkommen sichert. Nationale Wohlfahrtsstaaten unterscheiden sich hinsichtlich der Finanzierungsweise dieser Transfereinkommen (durch Steuern und/oder Beiträge) sowie hinsichtlich der Ausgestaltung der hierauf bezogenen Ansprüche und der Organisation des sozialen Sicherungssystems.
In der Reproduktionssphäre werden die Leistungen der privaten Haushalte durch öffentlich subventionierte oder voll finanzierte Dienstleistungen des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesens ergänzt und unterstützt. Nationale Wohlfahrtsstaaten unterscheiden sich hinsichtlich des Verhältnisses von staatlicher, kommunaler, freigemeinnütziger und privatwirtschaftlicher Trägerschaft der leistungserbringenden Einrichtungen sowie nach Art und Umfang ihrer politischen und rechtlichen Steuerung.
Vom liberalen rechtsstaatlich-marktwirtschaftlichen Gesellschaftstypus, wie er annäherungsweise in großen Teilen der Vereinigten Staaten und in einigen Schwellenländern anzutreffen ist, unterscheidet sich der wohlfahrtsstaatliche Typus durch den höheren Grad legitimer Staatsintervention: Die gesellschaftlichen Verhältnisse werden hier nicht grundsätzlich staatsfrei gedacht, sondern dem Staat wird die Kompetenz zu wohlfahrtssteigernden Interventionen in die gesellschaftlichen Verhältnisse zugesprochen.« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 248f.).“ (Ebd., S. 145-146).

„Es fragt sich nun, welche Mittel der sozialen Steuerung bzw. Intervention den Staat zur Verfügung stehen. Franz-Xaver Kaufmann erläutert: »Gehen wir von den für die gegenwärtigen Verhältnisse charakteristischen Annahmen hoher Arbeitsteilung, starker Individualisierung der Präferenzen und hoher Ungewißheit von Handlungsfolgen aus, so lassen sich folgende drei Problemdimensionen sozialer Steuerung unterscheiden:
Bedarfsnormierung: Unter der Prämisse eines individualistischen Menschenbildes müssen wir davon ausgehen, daß individuelle Bedürfnisse zunächst unbekannt sind. Ein kollektiv wirksamer Steuerungsmechanismus muß also die Eigenschaft besitzen, den Akteuren Zielgrößen zu setzen, die in möglichst hohem Umfange mit individuellen Präferenzen Dritter vermittelbar sind.
Koordination von Akteuren: Unter der Prämisse von Arbeitsteilung stellt sich das Problem, wie Pläne, Entscheidungen und Handlungen unterschiedlicher Akteure so aufeinander abgestimmt werden können, daß eine effektive Produktion, d.h. ein an der Deckung definierter Bedarfe orientierter Ressourceneinsatz resultiert.
Rückkoppelung: Unter der Prämisse einer hohen Ungewissheit von Handlungsfolgen kann nicht damit gerechnet werden, daß die beiden zuvor genannten Probleme auf Anhieb und dauerhaft gelöst werden können. Deshalb kann von effektiver sozialer Steuerung nur gesprochen werden, wenn die Adressaten bestimmter Handlungen oder Leistungen die Möglichkeit haben, dieselben im Lichte ihrer eigenen Bedürfnisse und Prioritäten zu bewerten, und wenn diese Bewertungen für die Akteure Folgen zeitigen, so daß sie aus Erfolg oder Mißerfolg lernen können.« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 192).
Wie in den letzten Abschnitten (**|**) gezeigt wurde, gehört eine nachhaltige Bevölkerungspolitik unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen zu den wichtigsten Aufgaben des Staates. In Wissensgesellschaften wird die Reproduktion zum Kerngeschäft des Staates. Eine Laissez-Faire-Haltung wird nicht ausreichen, da diese automatisch niedrige Fertilitätsraten bewirken wird. Auch die Ausführungen im Abschnitt Individualisierungsthese ab Seite 27 bekräftigen diese Annahme. (**).“ (Ebd., S. 146-147).

„Zu niedrige Fertilitätsraten stellen eine erhebliche Verletzung des Nachhaltigkeitsprinzips und der Generationengerechtigkeit dar, speziell dann, wenn bei dem wenigen Nachwuchs auch noch erhebliche Defizite festzustellen sind. Es ist die Pflicht des Staates, solche grundsätzlichen Maxime einzuhalten (ähnlich etwa der Sicherstellung der öffentlichen Ordnung). Es ist folglich die Pflicht des Staates, eine Bevölkerungsplanung durchzuführen und in deren Rahmen dann nicht-ruinöse Fertilitätsraten anzustreben. Ausnahmen könnten nur bestehen, wenn dem Staat die Hände gebunden sind, zum Beispiel weil ihm für die Sicherstellung der Aufgabe die Mittel fehlen, höhere Gewalt vorliegt bzw. es übergeordnete Gründe gibt, die seinem Eingreifen im Wege stehen. In öffentlichen Diskussionen wird meist angenommen, daß die Nachwuchsfrage nicht nur auf individueller, sondern auch auf kollektiver Ebene überwiegend Privatsache und folglich kaum steuerbar ist, daß dem Staat also tatsächlich die Hände gebunden sind. Eine solche Vermutung läßt sich aber widerlegen. Die obigen Äußerungen von Franz-Xaver Kaufmann können direkt auf die Nachwuchsfrage übertragen werden: Der Wohlfahrtsstaat mit seinen weit entwickelten sozialen Sicherungssystemen ist auf eine nachhaltige gesellschaftliche Reproduktion angewiesen. Vom Bedarf abweichende Ergebnisse machen sein steuerndes Eingreifen bzw. seine Intervention zwingend erforderlich.“ (Ebd., S. 147).

„Franz-Xaver Kaufmann unterscheidet drei verschiedene Typen sozialer Steuerung (nd die beiden weiteren Steuerungstypen Korporatismus und Professionalität (vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 213 ff.):
Markt-Preis-Mechanismus.
Hierarchische Steuerung.
Solidarische Steuerung.
Eine hierarchische Steuerung (zum Beispiel per Anordnung) im Bezug auf die Nachwuchsfrage schließt sich von vornherein aus. Die zur Zeit präferierte und realisierte Steuerung könnte am ehesten als solidarisch eingestuft werden, da letztendlich unausgesprochen erwartet wird, daß alle Individuen »solidarisch« für ausreichenden Nachwuchs sorgen werden. Um dies zu begünstigen setzt der Staat Anreize bzw. sorgt für familiale Entlastungen. Anreize, Entlastungen und Sanktionen (zum Beispiel in Form von Steuern) sollen hier als Unterstützung der solidarischen Steuerung verstanden werden, da der staatlichen Intervention ja insgesamt jegliche Verbindlichkeit fehlt.“ (Ebd., S. 148).

„Franz-Xaver Kaufmann merkt zur Effizienz der solidarischen Steuerung an: »Es ist ja gerade das Ungenügen solidarischer Steuerungen für die Lösung komplexerer Probleme, das im Zuge der Modernisierung zur Herausbildung von marktmäßig oder j hierarchisch gesteuerten Sozialzusammenhängen gefiihrt hat.« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 196). Zum gleichen Ergebnis kommen auch die Ausführungen in den Abschnitten Opportunitätskosten und Pflichten ab Seite 74 und Opportunitätskosten und finanzielle Anreize ab Seite 77: solidarische Steuerungsmechanismen dürften kaum geeignet sein, nachhaltige gesellschaftliche Reproduktionsraten in Wissensgesellschaften zu gewährleisten, zumal die bisherige Basis des Solidarvertrags bei der Nachwuchsarbeit durch die weibliche Emanzipationsbewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgekündigt wurde.“ (Ebd., S. 148).

„Es bleibt folglich der Markt-Preis-Mechanismus. Franz-Xaver Kaufmann merkt dazu an: »Der Markt-Preis-Mechanismus ist ... in soziologischer Perspektive ein vergleichsweise effektives Instrument sozialer Steuerung. Allerdings setzt das theoriekonforme Funktionieren dieses Steuerungsmechanismus die Warenförmigkeit aller Ressourcen sowie gleiche Marktmacht aller Beteiligten voraus.« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 193). Dieser letzte Punkt ist entscheidend. Denn damit setzt eine sozialstaatliche Steuerung in der Bevölkerungsfrage mittels des Markt-Preis-Mechanismus nicht nur eine Festlegung der Quantität des Bedarfs, sondern auch eine genaue Beschreibung der Anforderungen (Qualität) voraus. Beide Punkte werden durch das im vorliegenden Buch vorgestellte Familienmanager-Konzept erfüllt:
Eine jährlich durchzuführende Bedarfsplanung des Staates ermittelt die Zahl der zu besetzenden Familienmanager-Stellen, genauso wie es etwa im Schuldienst geschieht.
Die Anforderungen an die Interessenten werden über nachzuweisende Ausbildungszertifikate vermittelt. Dies ermöglicht die Tauschbarkeif der geforderten Leistung.
Häufig werden in Wohlfahrtsstaaten Gelder ohne definierte Gegenleistung ausgeschüttet. Ziel ist meist die Milderung sozialer Härten oder die Behebung sozialer Ungerechtigkeiten. Doch nicht selten produzieren solche Maßnahmen erst die Sozialfälle, die sie eigentlich zu verhindern gedenken. (Vgl. Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 36 [**]). Das FamilienmanagerKonzept geht hier einen anderen Weg. Ein Einkommen ist nur bei Nachweis entsprechender Qualifikationen erzielbar (die Leistung wird »tauschbar«). Die Alternative, ausnahmslos alle Familien für das Aufziehen von Kindern mit hohen KindergeIdbeträgen oder gar Erziehungsgehältern auszustatten, wird dagegen suboptimale Ergebnisse liefern oder gar parasitäre Verhaltensweisen fördern. Und auch vom Umfang der staatlichen Intervention dürften sich die Alternativen kaum unterscheiden. Heute wachsen Kinder zunehmend unter Sozialhilfebedingungen auf. Dies hat bereits den Ausdruck »Infantilisierung der Armut« geprägt. Der Staat ist also bereits längst zum Ernährer eines nennenswerten und weiter ansteigenden Anteils der Kinder geworden. Wenn er die Kosten der gesellschaftlichen Reproduktion ohnehin schon in weiten Teilen dem Steuerzahler aufbürdet, dann könnte er es sinnvollerweise auch gleich richtig machen.“ (Ebd., S. 148-149).

„Das Familienmanager-Konzept stellt also ein praktikables ökonomisches (»Markt-Preis«-) Verfahren dar, welches es dem Staat erlaubt, seine übergeordneten Ziele im Rahmen der gesellschaftlichen Reproduktion durchzusetzen, ohne dabei Zwang auf die Individuen auszuüben. Da damit ein effizienter Mechanismus vorliegt, eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung sicherzustellen, ist der Wohlfahrtsstaat mit seinen weit entwickelten sozialen Sicherungssystemen in der Pflicht, dies auch zu tun. Daneben sollte sich der Staat bemühen, die besondere Bedeutung der Reproduktion auch zu vermitteln. Während in den Nachkriegsjahren die Politiker sich darin gegenseitig übertrafen, bei Wahlveranstaltungen Säuglinge in die Luft zu halten, wissen heutige Politiker häufig nicht einmal mehr, was Kleinkinder sind. Maßnahmen zur Beeinflussung oder gar Steuerung des Bevölkerungswachstums werden nicht selten aus ethischen Gründen kritisiert (**). So heißt es dann etwa, die Idee, die »Menschenproduktion« wie jede andere Produktion vernunftmäßig zu planen, sei technokratisch. Menschen dürften nie zum Material demographischer Planung werden. Dies übersieht aber, daß der Staat üblicherweise nicht in die Rechte von Einzelpersonen eingreift, sondern durch attraktive Angebote bzw. umgekehrt durch finanzielle Sanktionen zu überzeugen versucht. Zum Beispiel werden bei 1 Million Neugeborener pro Jahr mehr Lehrer benötigt als bei 700000. Trotzdem weist der Staat niemanden direkt an, Lehrer zu werden. Dies ist beim Familienmanager-Konzept nicht anders. Im Prinzip besteht in der ethischen Bewertung zwischen den Berufen eines Lehrers, einer staatlich bezahlten Tagesmutter oder einer Familienmanagerin kein Unterschied: In allen drei Fällen wird für eine täglich zu erbringende Leistung, die über entsprechende Qualifikationen nachzuweisen ist, ein Gehalt gezahlt. Wenn das demographische Problem der entwickelten Länder nicht hinreichend gelöst werden kann, stehen dagegen zahlreiche »ethische« Errungenschaften dieser Gesellschaften insgesamt auf dem Spiel.“ (Ebd., S. 149-150).


Häufig wird dabei auf die pronatalistischen Maßnahmen im Dritten Reich verwiesen. Leider verhindern solche Argumente oftmals eine freie Diskussion über die anstehenden Bevölkerungsprobleme. Auch werden sinnvolle Argumente nur deshalb bereits als rechtsnational abgetan, weil sie von rechtsnationalen Gruppen aufgegriffen werden. Am Ende unternimmt eine Gesellschaft nur deshalb nichts gegen ihren drohenden Verfall, weil sie befürchtet, helfende Maßnahmen könnten mit dem Dritten Reich in Verbindung gebracht werden. Dies wäre dann ein später »Sieg« genau jener Kräfte.“ (Ebd.).

„Abzugrenzen sind bevölkerungspolitische Maßnahmen von der klassischen Familienpolitik, die in erster Linie das Ziel verfolgt, das Wohlergehen von Familien positiv zu beeinflussen. Anders als die Bevölkerungspolitik weist diese Definition dem Staat nicht das Recht zu, Familiengründungen zu fördern, sondern nur bestehende Familien zu unterstützen und den Ausgleich zwischen Familien und Kinderlosen zu verbessern. Familienpolitik ist demnach Teil der Sozialpolitik, Bevölkerungspolitik dagegen nicht.“ (Ebd., S. 150-151).

Die Rolle der Medien

„Den Medien kommt ebenfalls eine entscheidende Bedeutung in der demographischen Krise zu: »Den Massenmedien fällt deshalb ebenfalls eine advokatorische Funktion zu, die Probleme und Zukunftschancen der nachwachsenden Generation in der Gegenwart bereits aufzuwerfen und nicht Opportunitätsstrategien - zum Beispiel Anpassungen an den bevorstehenden Alterungsprozeß - nur wiederzugeben. Wie wir sahen, ist die öffentliche Meinung im gesamten Untersuchungsspektrum sensibilisiert und insofern dürfte an kontinuierlicher Berichterstattung Interesse bestehen. Wir leben in einer Inkubationszeit: »Die Bevölkerung wird nicht mehr ersetzt, sie altert, aber sie merkt es nicht. Die kurzfristigen Sorgen verdecken die mittelfristige Wirklichkeit.« (Tilman Mayer, Die demographische Krise - Eine integrative Theorie der Bevölkerungsentwicklung, 1999, S. 434). Leider kommen zahlreiche Medien dieser Aufgabe nicht nach. Zum Teil werden die bevorstehenden Probleme völlig verharmlost und der Eindruck erweckt, als stehe Deutschland nicht vor einer Überalterung bzw. Entjüngung, sondern gar vor einer Verjüngung. Hier wäre ein allgemeiner Konsens über die Bedrohlichkeit der Lage (nicht notwendigerweise über die zu ergreifenden Maßnahmen) hilfreich. Wenn ein Mensch erkennbar altert, dann werden Äußerungen wie »Sie werden von Tag zu Tag jünger« zwangsläufig nur mehr als Spott empfunden.“ (Ebd., S. 151).

Gesellschaftliches Klima

„Unter gesellschaftlichem Klima sollen hier die gesellschaftlihen Signale zur Kinderfrage verstanden werden. Dazu gehören zum Beispiel Außerungen der Politik, Darstellungen in den Medien, insbesondere aber auch konkrete Leistungen an Familien.“ (Ebd., S. 151-152).

„Untersuchungen haben eine fast doppelt so hohe Präsenz von Singles in den abendlichen Fernsehprogrammen im Vergleich zur Realität ermittelt. Dieses Beispiel zeigt, wie sich das gesellschaftliche Klima in der Kinderfrage berei verschoben hat, Tilman Mayer weist aber darauf hin, daß sich das Klima nicht unabhängig von politischen Leistungen entwickeln kann, Appelle an das Gewissen, aufwendigeKampagnen oder auch Regierungsprogramme für ein kinderfreundlicheres Lan können sehr leicht in die entgegengesetzte Richtung wirken, wenn allgemein von einer substanziellen Benachteiligung von Familien ausgegangen werden muß. Den Worten und Absichten müssen also auch immer Taten und konkrete Maßnahme folgen. »Appelle an das Gewissen oder solche an die wie auch immer definierte gemeinsame Vernatwortung sind für einen Kurswechsel beim reproduktiven Verhalten genauso wenig hilfreich wie beim Umweltbewußtsein. Solange individuelles Handeln gegen das Allgemeinwohl vorteilhaft ist (oder als vorteilhaft empfunden wird), könnten solche Appele eine unerwünschte Auswahl zur Folge haben.« (Klaus M. Leisinger, Die sechste Milliarde, 1999, S. 278).“ (Ebd., S. 152).

Bevölkerungsbegrenzung

„Aus ökologischen Gründen dürfte in Zukunft auch die aktive globale Bevölkerungsbegrenzung an Bedeutung gewinnen. Beispielsweise könnten auf internationalen Konferenzen (Weltbevölkerungskonferenzen) regionale Bevölkerungskontingente abgestimmt werden, die eine langfristige Entlastung der Natur und sonstiger Ressourcen zum Ziel haben, ohne dabei für die einzelnen Volkswirtschaften ruinös zu wirken. Dazu wären zwei gegenläufige Eingriffe erforderlich:
Maßnahmen zur Begrenzung eines ungeplanten Bevölkerungswachstums.
Hier dürften Empfängnisverhütungsmittel, die Gleichberechtigung und Bildung der Frauen sowie leistungsfähige Rentenversicherungssysteme an erster Stelle stehen. Daneben könnten auch Anreize geschaffen werden, Staaten zu einer bewußten Reduzierung des Bevölkerungswachstums zu bewegen. Beispielsweise könnte der bereits diskutierte internationale Handel mit Verschmutzungsrechten an abgestimmte Bevölkerungszielgrößen anstatt wirkliche Bevölkerungszahlen gekoppelt werden.
Maßnahmen zur Begrenzung einer zu starken bzw. ruinösen Bevölkerungsschrumpfung.
Dies ließe sich vermutlich am ehesten durch das im vorliegenden Buch vertretene Familienmanager-Konzept erreichen.
Die Beherrschung der Bevölkerungsentwicklung dürfte in Zukunft zu den entscheidenden - und aus ökologischen Gründen unbedingt notwendigen - Kompetenzen der Menschheit zählen. Wird erst einmal verstanden, mit welchen Mechanismen die gesellschaftliche Reproduktion ohne individuelle Zwangsmaßnahmen unter ein bestandserhaltendes Niveau gebracht werden kann (und vieles spricht dafür, daß ein solches Verständnis in weiten Teilen bereits vorliegt), dann dürfte der umgekehrte Schritt hin zur Durchsetzung eines demographischen Gleichgewichts mittels etablierter Marktmechanismen (Familienmanagerin) relativ leicht gelingen. Insoweit könnte sich die Tatsache, daß moderne Wissensgesellschaften bei fehlenden staatlichen Eingriffen offenkundig ganz von alleine zu sehr niedrigen Fertilitätsraten neigen, einmal als Segen erweisen. Denn für die Stimulierung von kollektiv gewünschten Verhaltensweisen haben moderne Gesellschaften leistungsfähige Marktmechanismen.“ (Ebd., S. 152-154).

„Eine Rückkehr der entwickelten Staaten hin zu bestandserhaltenden und nicht ruinösen Fertilitätsraten sollte aber auch im Interesse der weniger entwickelten Staaten liegen. Denn abgesehen davon, daß damit der fortgesetzte »Braindrain« von den Schwellenländern in die reicheren Länder wenigstens gemildert werden könnte, würde andernfalls den entwickelten Ländern sehr rasch das Interesse und auch die Kraft abhanden kommen, sich für einen stärkeren globalen Ausgleich ... stark zu machen. Gerade die europäischen Länder machen immer wieder wichtige Beiträge, wenn es um Themen des internationalen Ausgleichs geht. Eine solch hochentwickelte Kultur sollte deshalb nicht unnötig geschwächt werden.“ (Ebd., S. 154).

„Auch dürften Entwicklungsländer nur schwerlich von Maßnahmen zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums wie etwa die Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung der Frauen und deren Bildung zu überzeugen sein, wenn diese in den entwickelten Ländern überwiegend zu einer ruinösen Bevölkerungsschrumpfung und gesellschaftlichen Überalterung führen. Für sie könnte hierdurch der Eindruck entstehen, sie hätten lediglich die Wahl zwischen Pest und Cholera.“ (Ebd., S. 154).

Familienmanager-Konzept

 –  Generationengerechtigkeit
 –  Familiengerechtigkeit
 –  Kinderlosensteuer
 –  Die Notwendigkeit der Familienmanagerin
 –  Einkommensnutzen für Familienmanager
 –  Sicherheitsnutzen für Familienmanager
 –  Adoption
 –  Schwangerschaftsabbruch
 –  Betreuung von fremden Kindern

Generationengerechtigkeit

„Generationengerechtigkeit ist erreicht, wenn die heutige Generation der nächsten Generation die Möglichkeit gibt, sich ihre Bedürfnisse mindestens im gleichen Ausmaß wie die heutige Generation zu erfüllen. (**).“ (Ebd., S. 155).

„Das anhaltende globale Bevölkerungswachstum, die Globalität der menschlichen Aktivitäten als auch die Geschwindigkeit der Veränderungen haben Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit zu Themen von globaler Bedeutung gemacht.“ (Ebd., S. 155).

„In Deutschland wird seit Jahrzehnten (seit Ende der 1960er Jahre! Anm. HB) das Prinzip der Generationengerechtigkeit verletzt. Dabei sind insbesondere die folgenden Teilaspekte hervorzuheben:

Der Staat gibt mehr aus, als er einnimmt. Die Differenz wird über eine steigende staatliche Verschuldung ausgeglichen, deren Darlehenszinsen und Tilgungsbeträge selbst einen nennenswerten Teil des Haushalts ausmachen. Das staatliche Defizit hat auf diese Weise mittlerweile den fast unvorstellbaren Betrag von 1,5 Billionen Euro erreicht. Diese Schulden werden der nächsten - zahlenmäßig geringeren - Generation als Erblast vorgetragen. Die Verschuldung der Haushalte geht einher mit der Kinderlosigkeit der Gesellschaft, im Prinzip laufen beide Phänomene zeitlich parallel ab, so daß der Verdacht nahe liegt, sie bewirkten sich gegenseitig. Insgesamt handelt es sich in beiden Fällen um den allgemeinen Trend, sich Geld bei der nächsten Generation zu borgen und heute auszugeben. Ökonomen sind beispielsweise der Auffassung, eine effiziente Altersversorgung benötige entweder Human- oder Realkapital: »Realkapital muß in dem Maße gebildet werden, wie es an Humankapital fehlt.« (Hans-Werner Sinn, Ist Deutschland noch zu retten?, 2003, S. 409). Plastisch ausgedrückt heißt dies: Um den gewohnten Lebensstil auch im Alter halten zu können, muß man entweder genügend Kinder und Enkel haben, die einen dann versorgen, oder man hat genug Geld, um sich im Alter alles, was man benötigt, kaufen zu können. Im letzteren Fall müßte folglich bei fehlendem Humankapital dann schließlich Realkapital eingesetzt werden. Wenn dieses etwa nur in Form von Immobilien vorliegt, dann müßten gegebenenfalls einige Wohnungen beliehen oder verkauft werden. Deswegen liegt der Schluß nicht fern, der Staat gleiche bereits jetzt fehlendes Humankapital durch Realkapital aus, eine Vorgehensweise, die ihn immer weiter in die Schuldenfalle treiben kann. Weitere zukünftige Verluste beim Humanvermögen müßten dann entweder durch vorhandenes Realkapital, zusätzliche Kapitalanleihen oder durch signifikante Wohlstandseinschnitte ausgeglichen werden. In Anlehnung an die obige Äußerung von Hans-Werner Sinn hätte dies für den Wohlstandsstaat und seine sozialen Sicherungssysteme die Konsequenz: Realkapital muß in dem Maße gebildet werden, wie es an Humankapital fehlt. Umgekehrt muß der Wohlstand in dem Maße eingeschränkt werden, wie es an Human- und Realkapital fehlt, andernfalls droht die Staatsverschuldung.“ (Ebd., S. 155-156).

„Erhebliche Teile der staatlichen Ausgaben dienen nicht der Zukunftssicherung, sondern der Subventionierung veralteter Industrien oder der Erfüllung sozialstaatlicher Verpflichtungen. Beispielsweise zahlten 34 Millionen Beitragszahler in 2005 insgesamt 167,6 Milliarden Euro an die Deutsche Rentenversicherung, während der Staat einen Zuschuß von 54,8 Milliarden Euro beisteuerte. (Die aktuellen staatlichen Zuschüsse mögen zwarwesentlich durch gesetzliche Sonderverpflichtungen begründet sein, dies ändert aber nichts an der grundsätzlichen Aussage.). Weitere 5,9 Milliarden kamen aus den Reserven der Rentenversicherung (Nachhaltigkeitsrücklage). Insgesamt hatte die Deutsche Rentenversicherung in 2005 ein Budget von 228,3 Milliarden Euro. Allein diese Zahlen lassen die aktuelle Gültigkeit des Humankapital-Realkapital-Gleichnisses von Sinn vermuten. Ein weiterer Verlust an Humankapital würde - bei unverändertem Niveau der sozialstaatlichen Leistungen - zwangsläufig stärkere staatliche Haushaltsdefizite zur Folge haben, wobei sich der Staat zum Ausgleich ironischerweise vorwiegend bei denjenigen Geld leihen müßte, die aufgrund ihrer Kinderlosigkeit über genügend Realkapital verfügen, selbst aber nur wenig zur Anreicherung des gesellschaftlichen Humanvermögens beitragen. Die Alternative lautet deshalb nicht unbedingt Abbau des Staatsdefizits oder zusätzliche Bildungsausgaben, sondern vermutlich eher zusätzliche staatliche Defizite oder Besteuerung von Kinderlosen.“ (Ebd., S. 156-157).

„Die aktuelle Generation reproduziert sich nur noch zu Zwei-Dritteln. Auf diese Weise spart die jetzige Generation erhebliche Aufwände bei der Nachwuchsarbeit, während die kommende Generation einer zahlenmäßig größeren Elterngeneration den Lebensabend finanzieren muß. Man könnte die Situation, vereinfacht ausgedrückt, mit einer Familie vergleichen, die lediglich ein Kind in die Welt setzt und diesem dann im Erwachsenenalter erklärt. »Wir haben es uns einfach gemacht und nur dich großgezogen. Als Dank dafür darfst du doppelt so viel arbeiten und uns beide pflegen.« Franz-Xaver Kaufmann meint denn auch: »Was früher für den Familienverband galt, daß nämlich Kinderlosigkeit nicht nur ein persönliches, sondern auch ein ökonomisches Unglück darstellt, gilt unter den vorhandenen sozialstaatlichen Bedingungen in der Bundesrepublik zwar nicht mehr in jedem Einzelfall, wohl aber weiterhin mit Bezug auf das Kollektiv der Generationen.« Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 177). Bei einer Nachwuchsarbeit deutlich unter bestandserhaltendem Niveau handelt es sich um eine erhebliche Verletzung des Nachhaltigkeitsprinzips, wodurch der kommenden Generation zu hohe Lasten aufgebürdet werden. Eine Generationengerechtigkeit ist dann aus ökonomischen Gründen nicht gegeben. Ähnliche Gedanken wurden bereits von Franz-Xaver Kaufmann oder Herwig Birg geäußert.“ (Ebd., S. 157-158).

„Daneben ist der Verdacht geäußert worden, kinderlose Gesellschaften operierten besonders unökologisch, nicht nur, weil Einzelpersonen pro Kopf generell mehr Ressourcen verbrauchen und einen verschwenderischeren Freizeitstil pflegen als Familien, sondern weil sie auch weniger Interesse an der Zukunft haben. (Vgl. Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 71 [**]).“ (Ebd., S. 158).

„Generationengerechtigkeit muß immer im Kontext ökologischer und Ökonomischer Gegebenheiten betrachtet werden. Setzt etwa eine Population von 1000 Menschen nur 10 Kinder in die Welt, dann werden der nachfolgenden Generation offensichtlich zu hohe ökonomische Belastungen aufgebürdet, denen sie sich nur durch Kündigung des Generationenvertrags entziehen kann. Die Frage ist deshalb: Bei welchen Fertilitätsraten werden kritische Grenzen Überschritten? Vermehrt sich eine Population von 1000 Menschen mit einer Fertilitätsrate von 3,0, dann wächst sie binnen 10 Generationen auf fast 60000 Menschen an. Die meisten Ökologen sind der Ansicht, daß hierdurch Prinzipien der ökologischen Nachhaltigkeit verletzt werden könnten. Vermehrt sich die gleiche Population dagegen nur mit einer Fertilitätsrate von 1,33, schrumpft sie binnen 10 Generationen auf nur noch 18 Menschen. Die meisten Ökonomen sehen darin eine Verletzung der ökonomischen Nachhaltigkeit. Oder anders ausgedrückt: Ein solches gesellschaftliches Reproduktionsverhalten wäre ruinös. Bestehen bereits offenkundige Probleme im Rahmen der ökologischen Nachhaltigkeit, dann kann eine langfristige Bevölkerungsschrumpfung angezeigt sein, allerdings stets auch unter Berücksichtigung von Kriterien der ökonomischen Nachhaltigkeit. Ferner können sich ökologische Probleme durch eine zu starke Reduzierung von Humanressourcen auch verstärken, weil es dann an Kapazitäten zur Verbesserung der Situation oder generell für ein Einhalten eines ökologisch sinnvollen Verhaltens mangelt.“ (Ebd., S. 158-159).

>

„Familien werden gegenüber Kinderlosen wirtschaftlich erheblich benachteiligt. Fachleute sprechen von einer Transferausbeutung der Familien durch Kinderlose. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Schlechterstellung von Familien mehrfach gerügt und Nachbesserungen gefordert.“ (Ebd., S. 159).

„Familien stehen indirekt für die nächste Generation, da sie die Kinder aufziehen. Aus diesem Grund handelt es sich bei einer Transferausbeutung von Familien um eine Verletzung des Nachhaltigkeitsprinzips und um eine Vernachlässigung der Generationengerechtigkeit (siehe dazu den Abschnitt Nachhaltigkeit ab Seite 139).“ (Ebd., S. 159).

„Aufgrund der wirtschaftlichen Benachteiligung von Familien wächst ein signifikanter Teil der Kinder in Armut oder gar unter Sozialhilfebedingungen auf und erhält nicht die Ressourcen, die ihm zustehen sollten. Ferner ist das familiale und häufig auch schulische Bildungsangebot unzureichend. Daneben sind weitere Mängel wie nährstoffarme Ernährung, Bewegungsarmut, fehlende Aufmerksamkeit und Erziehungsdefizite festzustellen (siehe dazu die Ausführungen im Kapitel Kindererziehung ab Seite 105). Die wirtschaftliche Benachteiligung von Familien drückt sich aber auch in geringeren Rentenansprüchen der Eltern aus, die aufgrund der Elternarbeit auf erhebliche Teile des Einkommens verzichtet haben und folglich auch nur geringere Rentenbeiträge abführen konnten. In wirtschaftswissenschaftlichen Darstellungen wird die Stärke der gesellschaftlichen Ungleichheit zwischen Arm und Reich über Equity-Faktoren ausgedrückt. Gesellschaften, die sich - wie zum Beispiel die meisten Länder der Europäischen Union - auch intern gemäß dem demographisch-ökonomischen Paradoxon vermehren (das heißt deutlich höhere Fertilitätsraten in Schichten mit niedriger Bildung und niedrigem Einkommen, niedrige Fertilitätsraten in der Mittel- und Oberschicht), laufen Gefahr, in verstärktem Maße Ungleichheit zu produzieren, da sie - auch und gerade unter wohlfahrtsstaatlichen Bedingungen - Armut reproduzieren (vgl. Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 36 [**]), und sich dadurch langfristig die wohlfahrtsstaatliche Basis selbst entziehen. Für die entwickelten Staaten sind deshalb bei Fortbestand des aktuellen Reproduktionsverhaltens generell sinkende Equity-Faktoren zu erwarten. Auch dies dürfte ein Ausdruck einer nicht mehr gewährleisteten Generationengerechtigkeit sein.“ (Ebd., S. 159-160).

„Allerdings müssen bei einer vollständigen Bewertung der Generationengerechtigkeit den obigen nachteiligen Punkten die Errungenschaften früherer Generationen (zum Beispiel als technischer oder sozialer Fortschritt) entgegengehalten werden. Dennoch deuten wirtschaftliche Trends seit einiger Zeit an, daß es der nächsten Generation einmal wirtschaftlich schlechter gehen wird, als der heutigen.“ (Ebd., S. 160).

Familiengerechtigkeit

„Zur Verringerung der Transferausbeutung von Familien wurden in der Vergangenheit verschiedene Vorschläge gemacht bzw. Maßnahmen umgesetzt. Zu nennen sind unter anderem:
Höhere Rentenansprüche für Eltern mit Kindern.
Steuerentlastungen für Eltern mit Kindern, zum Beispiel in Form eines Familiensplittings, aber auch andere steuerliche Entlastungen bzw. Aufwandsanrechnungen.
Stärkere Besteuerung der Kinderlosen.
Zwangssparen (Riesterrente) für Kinderlose, gekoppelt mit höherer Rente für Eltern.
Erziehungsgehalt als Anerkennung für die von Eltern geleistete Erziehungsarbeit.
Direkte Zuwendungen, etwa in Form eines Kindergelds (sofern Steuerfreibeträge nicht ausgeschöpft werden).
Ausgleichszahlungen für berufliche Fehlzeiten wie zum Beispiel das Elterngeld.
Auf einige der Punkte wurde bereits in den vorherigen Kapiteln (**|**) bzw. sehr eingehend in »Land ohne Kinder« eingegangen. Dabei wurde gezeigt, daß die Punkte nicht geeignet sind, die Ungerechtigkeitslücke zwischen Familien und Kinderlosen zu schließen. Die wichtigsten Ergebnisse waren:
Ein Erziehungsgehalt als Anerkennung für die von Eltern geleistete Erziehungsarbeit ist ohne ein konkretes Arbeitsverhältnis und einer definierten Leistungserwartung nicht vorstellbar. Außerdem würde ein solches Gehalt einen Baby-Boom in sozial schwachen Familien auslösen, während einkommensstarke Schichten weiterhin keinen Anreiz für einen eigenen Nachwuchs sehen würden. Für diese stellt ein Erziehungsgehalt keine ausreichende Verringerung der wirtschaftlichen Benachteiligung von Familien dar. Die Maßnahme wäre deshalb eher dazu angetan, weitere Sozialfälle unter Kindern zu produzieren. (Vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 143ff.).
Dies wird auch von einigen Experten so eingeschätzt: »Das Familiengeld (Erziehungsgehalt) wird nicht weniger, sondern mehr Menschen in der Sozialhilfe zurück lassen, weil es besonders für unqualifizierte und sehr junge Frauen eine geradezu magische Anziehungskraft haben wird. Früher oder später werden sie, mit den vermutlich mehreren Kindern, ohne Ausbildung um so weiter im Abseits stehen. Selbst wenn das Ergebnis ein steiler Anstieg der Geburtenrate sein sollte, wird das Humanvermögen mehr beschädigt als vermehrt.« (Jürgen Borchert, Irrweg Familiengeld - »Wiesbadener Entwurf« einer familienpolitischen Strukturreform des Sozialstaats; http://www.Heidelberger-familienbuero.de/erziehungsgehalt/Borchert-Kritik-Familiengeld.htm).
Das aktuelle Kindergeld deckt für die meisten Familien nicht die Kosten der Kindererziehung ab. Es ist deshalb in erster Linie für einkommensschwache Schichten interessant. Damit stellt es in der Regel keine ausreichende Verringerung der wirtschaftlichen Benachteiligung von Familien dar. Wie das Erziehungsgehalt fördert das Kindergeld eher Geburten in einkommensschwachen Schichten. Dies wird von den Familienverbänden häufig ganz anders gesehen: »Um den Forderungen aus Karlsruhe Genüge zu tun, hat die Bundesregierung die Steuerfreibeträge für Kinder kräftig erhöht. fm Vergleich dazu blieb das Kindergeld allerdings weit zurück. Die Folge: Ausgerechnet die Familien am oberen Ende der Einkommens-Skala bekamen von den Segnungen der letzten Jahre am meisten mit - die also, die es am wenigsten nötig haben. Daraus ergibt sich als logische erste Notwendigkeit: eine Erhöhung des Kindergelds, und zwar eine kräftige.« (Josef Pütz / Carsten Riegert, Der Aufstand der Familien - Eltern und Kinder kämpfen um ihre Zukunft, 2002, S. 100f.). Im Kapitel Kosten/Nutzen von Kindern ab Seite 67 wurde dagegen aufgezeigt, daß einem Staat eher an Kindern aus Umgebungen, in denen man sich Kinder auch »leisten« kann, gelegen sein dürfte und sollte. Deshalb sind steuerliche Entlastungen für Eltern bzw. höhere Besteuerungen für Kinderlose aus gesamtgesellschaftlicher Sicht vorzuziehen. Alle sogenannten Gießkannenverfahren besitzen das bedenkliche Potential, verstärkt die Fälle zu produzieren, die sie zu verhindern vorgeben.
Das Elterngeld ist maximal für Familien mit mittleren Einkommen interessant. Ferner ist die Anspruchszeit zu kurz, als daß es einen Ausgleich für die Benachteiligung von Familien darstellen könnte. Familien mit mehreren Kindern, bei denen ein Elternteil wegen der Kinder zu Hause bleiben muß, werden durch das Elterngeld weiter benachteiligt. (Vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 97ff.).
Ein Zwangssparen (Riesterrente) für Kinderlose würde zwar deren wirtschaftskraft reduzieren, aber das Geld müßte aufgrund der demographischen Krise und des dadurch zu erwartenden Werteverfalls in Europa vermutlich im fernen Ausland angelegt werden. Dabei wird Geld der deutschen Konjunktur entzogen, was dann preiswert im Ausland für Investitionen zur Verfügung steht. Außerdem erhöht das Riestersparen nicht notwendigerweise die Fertilität, denkbar ist auch ein Rückgang der Geburtenraten. (Vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 149ff.).
Bleiben die Punkte:
Höhere Rentenansprüche für Eltern
Steuerentlastungen für Eltern
Stärkere Besteuerung der Kinderlosen
Dabei sind die beiden letzten Punkte praktisch gleichzusetzen. Denn sie unterscheiden sich letztendlich darin, aus welchem Blickwinkel man das Problem betrachtet. Beispielsweise könnte man die Steuern generell anheben und dann Familien mit Kindern größere Freibeträge zugestehen, was in der Praxis dann einer höheren Besteuerung von Kinderlosen gleich käme. Möglicherweise wird die Maßnahme auf diese Weise verständlicher und verfassungskonformer. (Vgl. Paul Kirchhof, Der Weg zu einem neuen Steuerrecht - klar, verständlich, gerecht, 2. Auflage, 2005, S. 25ff.). Wenn also im folgenden von einer Besteuerung der Kinderlosen gesprochen wird, dann ist eine Steuerentlastung für Eltern mit Kindern nach vorheriger genereller Steuererhöhung oder eine Steuererhöhung für Kinderlose oder eine Kombination aus beiden Maßnahmen gemeint.“ (Ebd., S. 161-163).

„In jedem Fall stellt eine höhere Besteuerung von Kinderlosen unter anderem sicher, daß diese sich an der gesellschaftlichen Reproduktion (finanziell) mitbeteiligen und somit kein Geld ausgeben, welches nicht ihnen, sondern der nächsten Generation gehört.“ (Ebd., S. 163).

„Die oben aufgeführten verbliebenen Punkte gehören zu den wenigen Maßnahmen, die die Benachteiligung von Familien in Schichten mit mittlerem bis hohem Einkommen gegenüber Kinderlosen reduzieren können, denn man muß Geld verdienen und Steuern abführen, um in den Genuß der Vorteile kommen zu können.“ (Ebd., S. 163).

„Das Thema »höhere Rentenansprüche für Eltern« wird im vorliegenden Buch nur am Rande gestreift, da der zentrale Familienmanager-Vorschlag auch zu eigenständigen Rentenansprüchen führt. Darüber hinaus zeigen alle Untersuchungen, daß die meisten Menschen in erster Linie an aktuell verfügbaren Finanzmitteln interessiert sind. Es darf deshalb nicht erwartet werden, daß zusätzliche Rentenansprüche, die zunächst jahrzehntelang mit einer durch die Familiengründung verursachten Reduzierung des Lebensstandards erkauft werden müssen, zu zusätzlichen Kindern führen werden. Dennoch bedarf auch dieses Thema grundsätzlich einer Klärung.“ (Ebd., S. 164).

Kinderlosensteuer

„Steuervorschlag von Longman. - Ein sehr radikaler Steuervorschlag kommt von Phillip Longman, der anregt, Familien mit einem Kind unter 18 ein Drittel der Steuern zu erlassen, Familien mit zwei Kindern (wobei mindestens eins unter 18 ist) zwei Drittel, während Familien mit drei oder mehr Kindern keine Steuern zahlen, bis das jüngste Kind das Alter von 18 Jahren erreicht hat. Daneben schlägt er noch zusätzliche Rentenansprüche vor. (Vgl. Phillip Longman, The Empty Cradl - How Falling Birthrates Threaten World Prosperity and What to Do abaout it, 2004, S. 173). In der Tat handelt es sich hierbei um einen sehr diskussionswürdigen Vorschlag, der dazu geeignet ist, die Fertilitätsraten in Schichten mit mittleren oder höheren Einkommen signifikant anzuheben. Inwieweit er finanzierbar ist, ist eine andere Sache. Auch könnten sich dann Personen mit sehr hohem Einkommen Familien zulegen, wie sie sich heute an Abschreibungsobjekten beteiligen. Damit würde nicht nur eine sinnvolle Bevölkerungsplanung erschwert, auch würde der kommerzielle Aspekt des Kinderkriegens - bei gleichzeitig fehlender Qualitätskomponente - zu sehr in den Vordergrund treten.“ (Ebd., S. 164).

„Neben dem Longman-Vorschlag sind andere Alternativen einer Besteuerung von Kinderlosen vorstellbar. Dazu wird zunächst aber die aktuelle Diskussion zur Besteuerung von Ehen und Familien aufgegriffen und dargestellt“ (Ebd., S. 165).

„Ehegattensplitting. - Beim in Deutschland zur Zeit üblichen Ehegattensplitting wird das Einkommen beider Eheleute addiert und anschließend halbiert. Sodann werden beide Teile gemäß dem dann gültigen Steuersatz besteuert. Die Summe beider Beträge ergibt die Steuerschuld. Ein Ehegattensplitting macht nur bei einer progressiven Besteuerung Sinn. Dies zeigt das folgende Beispiel mit einem gemeinsamen Jahreseinkommen beider Eheleute in Höhe von 95000 Euro.
FamilieneinkommenEinkommen pro PersonSteuer pro Person
95000 € 47500 € 11115 €
Abbildung 11) Ehegattensplitting (**) (**) (**)
In diesem Fall hätten die Eheleute zusammen 22230 Euro an Steuern zu zahlen, was ein Familieneinkommen von 72770 Euro ergibt. Arbeitet die Ehefrau nicht, so daß sich das Jahreseinkommen in Höhe von 95000 Euro ausschließlich aus den Einkünften des Ehemanns zusammensetzt, dann hätte der Ehemann bei alternativer individueller Besteuerung 31577 Euro an Steuern abzuführen, was einem Familieneinkommen von 63423 Euro entspricht. Durch das Ehegattensplitting erhält die Familie in der genannten Konstellation folglich einen Steuervorteil in Höhe von 9347 Euro. Verschiedene Interessengruppen halten das in Deutschland geltende Ehegattensplitting für anachronistisch. Sie empfehlen zum Beispiel statt dessen, Ehepaare ohne Kinder einer Individualbesteuerung zu unterziehen, wobei allerdings der zweiten - gegebenenfalls nicht erwerbstätigen Person - ein zusätzlicher Grundfreibetrag zugestanden wird. Dies wäre dann ein weiterer Schritt in Richtung Individualisierung und Deinstitutionalisierung von Ehe und Familie. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind solche Maßnahmen in der Regel mit einer Reduzierung der Fertilitätsraten verbunden.“ (Ebd., S. 165-166).

„Familiensplitting. - In Frankreich wird im Steuerrecht das alternative Familiensplitting angewendet. Dazu wird das zu versteuernde gemeinsame Einkommen der Familie gemäß einer Gewichtung der Personen («Divisor«) auf die einzelnen Familienmitglieder verteilt und dann einzeln versteuert. Die sich aus den Einzelbeträgen ergebende Summe bestimmt dann die Steuerschuld der Familie. In Frankreich wird die folgende Gewichtung angesetzt:
für jedes Elternteil der Divisor 1,0
für das erste und zweite Kind der Divisor 0,5
für jedes weitere Kind der Divisor 1,0.
Allerdings wird die mögliche Ersparnis limitiert. Das erste Kind spart zum Beispiel maximal 2159 Euro. Ein Familiensplitting macht ähnlich wie das Ehegattensplitting nur bei einer progressiven Besteuerung Sinn. Dies zeigt das folgende Beispiel einer Familie mit 2 Kindern mit einem zu versteuernden gemeinsamen Einkommen in Höhe von 95000 Euro pro Jahr und einer angenommenen Gleichgewichtung aller Familienmitglieder (der Divisor ist grundsätzlich 1,0).
FamilieneinkommenEinkommen pro PersonSteuer pro Person
95000 € 23750 € 3900 €
Abbildung 12) Familiensplitting bei einer Familie mit 2 Kindern (**) (**) (**)
In diesem Fall hätte die Familie zusammen 15600 Euro an Steuern zu zahlen, was ein Familieneinkommen von 79400 Euro ergibt. Allerdings können im geltenden deutschen Steuerrecht Freibeträge für Kinder geltend gemacht werden, so daß sich im Fall eines Ehemanns mit einem Jahreseinkommen von 95000 Euro, einer nicht arbeitenden Ehefrau und 2 Kindern ein Familieneinkommen von 75314 Euro ergibt. Dazu käme -s ofern die Steuerfreibeträge nicht ausgeschöpft werden - noch das Kindergeld.“ (Ebd., S. 166-167).

„Familienrealsplitting. - Eine andere diskutierte und konzeptionell sehr interessante Alternative zur Familienbesteuerung ist das Familienrealsplitting. Dabei wird geltendes Unterhaltsrecht angewendet und beispielsweise so getan, als sei ein alleinverdienender Ehemann gegenüber seiner Ehefrau und seinen Kindern unterhaltspflichtig. Diese virtuellen Aufwände könnte er dann steuerlich geltend machen. Anbei eine Beispielrechnung mit einer Familie mit zwei Kindern, bei der der alleinverdienende Ehemann ein Jahreseinkommen von 95000 Euro hat.
Beispielrechnung: Familienrealsplitting Euro
Einkünfte Ehemann95000,00
Abzüglich Unterhalt für Ehefrau (gemäß Düsseldorfer Tabelle)27181,28
Abzüglich Unterhalt für 2 Kinder (gemäß Düsseldorfer Tabelle)12000,00
Zu versteuerndes Einkommen Ehemann55818,72
Steuerschuld Ehemann15353,00
Zu versteuerndes Einkommen Ehefrau (als virtueller Unterhalt)27181,28
Steuerschuld Ehefrau  4926,00
Zu versteuerndes Einkommen pro Kind  6000,00
Steuerschuld pro Kind        0,00
Gesamtsteuerschuld der Familie 20279,00
Familieneinkommen74721,00
Abbildung 13) Familienrealsplitting bei einer Familie mit 2 Kindern (**) (**) (**)
Die Kalkulation des deutschen Unterhaltsrechts basieren ganz wesentlich auf der sogenannten Düssldorfer tabelle, die hier auszugsweise wiedergegeben werden soll:
Netto-Einkommen in €Kind bis 6 JahreKind von 6 bis 12 JahreKind von 12 bis 18 JahreKind ab 18 Jahre
bis 1300204247291335
1300 bis 15000219265312359
1500 bis 1700233282332382
1700 bis 1900247299353406
1900 bis 2100262317373429
2100 bis 2300276334393453
2300 bis 2500290351414476
2500 bis 2800306371437503
2800 bis 3200 327396466536
3200 bis 3600347420495570
3600 bis 4000368445524603
4000 bis 4400 388470553637
4400 bis 4800 408494582670
über 4800 Nach den Umständen des Falles
Abbildung 14) Düsseldorfer Tabelle (**) (**) (**)
Allerdings ist die Düsseldorfer Tabelle sehr komplex, so daß sie vor einer Anwendung im deutschen Steuerrecht zunächst durch ein einfacheres Verfahren ersetzt werden sollte.“ (Ebd., S. 167-169).

„Besteuerung von Kinderlosen. - .... Da ... in größeren Familien ein Elternteil in der Regel vollständig und in anderen Familien immerhin teilweise auf eine Berufstätigkeit verzichten muß, haben Familien sehr häufig bereits verringerte Einkommen gegenüber kinderlosen Paaren. Folglich können sie auch nur eingeschränkt von steuerlichen Einsparungen profitieren. Dieses Manko sollte ein wenig durch die Zahlung eines zusätzlichen Kindergeldes ausgeglichen werden. Immerhin stehen Familien damit nicht nur Steuerersparnisse, sondern auch echte zusätzliche Leistungsausgleichszahlungen zur Verfügung. Aufgrund der Unabhängigkeit der Höhe des Kindergeldes von der steuerlichen Leistungsfähigkeit, ist dieses jedoch in erster Linie für Familien mit niedrigen bis maximal mittleren Einkommen von Interesse.“ (Ebd., S. 169-170).

„Damit Kinderlose stärker an der gesellschaftlichen Reproduktion beteiligt werden, könnte man einerseits die Steuern generell erhöhen, um dann anschließend Familien mit Kindern erhöhte Freibeträge und andere Steuerentlastungen zu gewähren, so daß diese letztendlich nicht mehr Steuern abzuführen hätten wie vor der Erhöhung. Möglicherweise ist es aber sinnvoller, statt dessen eine zusätzliche Kinderlosen- oder Demographiesteuer zu erheben, von der man sich durch das Aufziehen eigener Kinder befreien kann. Dieses Vorgehen entspräche auch mehr dem Longman-Vorschlag, nur daß - anders als bei Longman -eigene Kinder nicht zur völligen Steuerbefreiung führen, sondern nur gegenüber einer eingeschränkten Kinderlosensteuer.“ (Ebd., S. 170).

„Auch andere Autoren haben längst eine höhere Besteuerung von Kinderlosen in der einen oder anderen Form gefordert. (Vgl. zum Beispiel: Norbert Bolz, Die Helden der Familie, 2006, S. 71 [**]; Susanne Mayer, Strafsteuer für Kinderlose?  Angela Merkel hal hat Recht: Familien müssen entlastet werden, in: Die Zeit, 44, Nr. 15, 03. April 2003). Gleichfalls kommt der von einigen Experten gemachte Vorschlag eines zusätzlichen Zwangsansparens von Kinderlosen (Kapitaldeckungsverfahren für Kinderlose) letztendlich einer höheren Besteuerung gleich. (Vgl. zum Beispiel: Franz-Xaver Kaufmann, Schrumpfende Gesellschaft, 2005, S. 196. [**]; Hans-Werner Sinn, Ist Deutschland noch zu retten?,  2003, S. 409ff.; Meinhard Miegel, Die deformierte Gesellschaft, 2002, S. 148ff.; Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 149). Auch die Begründungen dafür zielen in die gleiche Richtung: Wer nicht ausreichend Humankapital bildet, muß zum Ausgleich vermehrt in Produktivkapital investieren. (Vgl. zum Beispiel: Meinhard Miegel, Die deformierte Gesellschaft, 2002, S. 148). Die im vorliegenden Buch in Kombination mit dem Familienmanager-Konzept vorgeschlagene Kinderlosensteuer ist eine Investition in Humankapital (durch die Familienmanager wird Humankapital gebildet, durch das Riestersparen daggen Realkapital), die im Gegensatz zu Sparprogrammen vorteilhafterweise auch noch unmittelbar konsumtiv wirksam werden kann. Sie muß aber in jedem Fall von den gleichen Einkommen erbracht werden, die in den alternativen Vorschlägen für den zusätzlichen Aufbau von Produktivkapital vorgesehen sind.“ (Ebd., S. 170-171).

„Und ähnlich zu bewerten ist auch der bereits 1955 bzw. 1957 von den Vätern des umlageorientierten Rentensystems gemachte Vorschlag einer Kinderversicherung, bei der jeder Erwerbstätige ab dem 35. Lebensjahr einen prozentualen Anteil seines Lohneinkommens an Familien mit Kindern in der Erziehungsphase zahlen sollte. Diese Abgaben wurden nicht als Strafsteuer, »sondern als Äquivalent für die normalerweise zu erwartende Erziehungsleistung, ohne die eine Gesellschaft ebenso wenig eine Zukunft hat wie eine Familie, verstanden.« (Franz-Xaver Kaufmann, Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen, 2. Auflage, 2005, S. 179). Solche zusätzlichen Steuern - auch wenn sie generell erhoben werden, dann aber bei Nachweis von Leistungsmerkmalen zu Abschlägen berechtigen (zum Beispiel über Freibeträge) - sind unter Steuerexperten sehr umstritten. Der Rechts- und Steuerexperte Paul Kirchhof meint gar, Steuern sollen finanzieren und nicht lenken (steuern). (Vgl. Paul Kirchhof, Der Weg zu einem neuen Steuerrecht - klar, verständlich, gerecht, 2. Auflage, 2005, S. 5ff.). Dies überrascht, denn damit entzöge man dem Staat eines der leistungsfähigsten und doch sanftesten Steuerungsmittel. Im Prinzip müßte sich der Staat andernfalls zur Durchsetzung übergeordneter Interessen auf Verbote bzw. Anordnungen beschränken. Will man etwa dafür sorgen, daß die Menschen weniger rauchen bzw. trinken, dann kann man entsprechende Suchtmittel verbieten oder sie durch Besteuerung künstlich so verteuern, daß der Konsum in Grenzen bleibt und die Volksgesundheit nicht zu sehr gefährdet ist. Ähnliches gilt für sogenannte Ökosteuern. Daß dem Staat auf solche Weise nicht unerhebliche Geldmengen zufließen und er diese auch bereits regelmäßig in den Haushalten einplant, mag zwar richtig sein, ändert aber nichts an dem grundsätzlich richtigen Gedanken, den Menschen eher eine gewisse Entscheidungsfreiheit zuzugestehen, unerwünschte Optionen dabei aber gezielt zu verteuern.“ (Ebd., S. 171-172).

Natürlich sollte der Staat nicht unnötig Steuern erheben, um bestimmte Wirtschaftstätigkeiten zu subventionieren.“ (Ebd., S. 172).

Der Staat subventioniert Kinderlosigkeit durch Nichtbesteuerung (»Transferausbeutung von Familien durch Kinderlose«). Die Wirkung dieser Vorgehensweise kann an den jährlich vom Statistischen Bundesamt veröfentlichten Geburtenzahlen abgelesen werden.“ (Ebd., S. 172).

„Konzeptionell könnte ein Kinderloser ähnlich wie ein Unterhaltspflichtiger behandelt werden. Der Unterhaltspflichtige hat beispielsweise ein uneheliches Kind gezeugt, für dessen Aufziehung er nun aber nicht verantwortlich sein möchte. Ein Kinderloser verhält sich kaum anders. Damit die Gesellschaft auch in Zukunft funktionieren kann und er zukünftigen Generationen keine zu hohen Lasten zugemutet werden, muß jede Person für einen Nachfolger der eigenen Person sorgen. Wenn man dies nicht tut, erwartet man die Erfüllung dieser Aufgabe implizit von jemand anderem. Um im Kontext des Beispiels zu bleiben, könnte man salopp sagen: Ein Unterhaltspflichtiger hat das Aufziehen seines Kindes an seine frühere Geliebte geoutsourct, ein Kinderloser an eine Familie in der Nachbarschaft.“ (Ebd., S. 172).

„Beispielsweise könnte im Rahmen des Besteuerungsprozesses zunächst das zur Verfügung stehende Einkommen (nach Abzug von Steuern, Rentenbeiträgen u.s.w.) einer Einzelperson oder eines Paares ermittelt werden. Anschließend käme die Düsseldorfer Tabelle oder ein einfacheres, möglicherweise sogar progressiv wirkendes Verfahren zur Anwendung, wodurch die Kinderlosensteuer zu ermitteln wäre. Eine kinderlose Einzelperson würde für ein Kind zahlen, ein kinderloses Paar für zwei Kinder und ein Paar mit einem Kind für ein Kind.“ (Ebd., S. 172).

„Damit hätte man insbesondere im Fall eines kinderlosen Singles eine mit einem getrennt lebenden Vater mit einem Kind vergleichbare Situation, die sich wie dort nach dem Einkommen ausrichtet. Wer nichts hat, der bezahlt auch weiterhin nichts, wer viel hat, der muß für ein Kind zahlen, was von jemand anderem aufgezogen wird.“ (Ebd., S. 172).

„Häufug wird eingewendet, daß absichtslos Kinderlose nicht besteuert werden können, da sie sonst quasi bestraft würden. Dies gelte in besonderem Maße für Paare, die sich zwar ein Kind wünschen, aber leider keins bekommen können. Allerdings läßt sich ein solcher Einwand auf praktisch alle sozialstaatlichen Regelungen, bei denen individuelle Risiken sozialisiert werden, ausweiten. Auch ein Erwerbstätiger, dessen Eltern seit seinem 20. Lebensjahr verstorben sind, muß in die Rentenkasse einzahlen. Auch er könnte im Prinzip argumentieren, für ihn seien Rentenbeiträge eine doppelte Bestrafung, da sie sofort der älteren Generation zu gute kommen würden, er seine Eltern aber längst verloren habe.“ (Ebd., S. 172).

„Mehr-Kind-Familien. - Bedauerlicherweise wird selbst eine Kombination aus steuerlicher Entlastung von Familien und zusätzlicher Besteuerung von Kinderlosen - wie sie oben beschrieben wurde - in vielen Fällen zu keinem restlosen Lastenausgleich für Familien mit mehreren Kindern führen. Natürlich könnten die Kinderlosensteuer und die steuerliche Entlastung von Familien so substantiell angesetzt werden, daß sich Kinder insbesondere für sehr einkommensstarke Gruppen unmittelbar »rechnen«, mit der Gefahr, daß Familien als Abschreibungsobjekt betrieben werden könnten. Eine solche Entwicklung sollte aber nach Möglichkeit vermieden werden. Hinzu kommt, daß für sehr einkommensstarke Schichten keine finanziellen Anreize für Kinder gegeben werden müssen. Wer sich aus zeitlichen bzw. arbeitsorganisatorischen Gründen keine Familie leisten kann oder auch sonst nicht an ihr interessiert ist, wird sich auch bei stärkeren finanziellen Anreizen nicht für eine solche entscheiden, es sei denn, die finanziellen Anreize sind so hoch, daß ein Verzicht auf Familie geradezu ökonomisch töricht wäre. Dies könnte dann zu den bereits erwähnten unerwünschten Nebeneffekten führen.“ (Ebd., S. 173).

„Gegenüber einem beiderseitig beruflich erfolgreichen Paar ist eine Familie mit einem Haupternährer und vier Kindern auch unter den aufgeführten steuerlichen Maßnahmen wirtschaftlich benachteiligt, selbst dann, wenn der Haupternährer ähnlich beruflich erfolgreich ist. (Vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Zukunft Familie - Stabilität, Stabilitätsrisiken und Wandel der familialen Lebensformen sowie ihre gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, 1990, S. 109ff.). Es ist deshalb fraglich, ob auch die bislang diskutierten Steueranreize bei mittleren bis hohen Einkommen ausreichen werden, um eine größere Zahl an Kindern in die Welt zu setzen und aufzuziehen, zumal alle anderen Bedingungen wie Individualisierung oder Einschränkungen in der Freizeitgestaltung ja immer noch wirkmächtig im Bezug auf eine Limitierung der Kinderzahl sind. Staatlicherseits könnte es deshalb Sinn machen, durch steuerliche Maßnahmen und finanzielle Anreize für einen fairen Familienlastenausgleich von berufstätigen Familien mit zwei Kindern zu sorgen. Wer eine größere Familie haben möchte, der übernimmt entweder einen Teil der zusätzlichen Kosten auf eigene Rechnung oder entscheidet sich für die hier vorgeschlagene Familienmanager-Alternative.“ (Ebd., S. 173).

Die Notwendigkeit der Familienmanagerin

„Im Kapitel Kosten/Nutzen von Kindern ab Seite 67 wurde gezeigt, daß aktuell nur noch diejenigen aus Kindern Einkommens- bzw. Sicherheitsnutzen ziehen können, die über kein eigenes Einkommen verfügen. Der bei allen anderen noch verbleibende Konsumnutzen ist aber nicht ausreichend, um große Familienstärken ohne weitere Nutzenarten begründen zu können. Statt dessen sorgt er in Kombination mit den höheren Kosten von Kindern für eher kleinere Familiengrößen. Im Kapitel Bevölkerungspolitik ab Seite 121 wurde darüber hinaus deutlich gemacht, daß eine signifikante Anhebung der Fertilitätsraten weniger durch eine Reduzierung der Kinderlosigkeit als eher durch eine Förderung von Großfamilien zu erreichen ist. Dies wird um so bedeutender, je geringer die Anzahl der gebärfähigen Frauen wird. Es wurde deshalb prognostiziert, daß es in Zukunft zu einer stärkeren Spezialisierung im Rahmen der gesellschaftlichen Reproduktion kommen muß. Eine solche Spezialisierung scheint aber auch eine Anforderung von Wissensgesellschaften zu sein. Da die Reproduktion und Mehrung des Humanvermögens in Wissensgesellschaften zu einem entscheidenden Standortvorteil generiert, steigen automatisch auch die beim Aufziehen von Kindern erforderlichen Qualifikationen, speziell dann, wenn es um die Erziehungsarbeit in größeren Familien geht.“ (Ebd., S. 174).

„All diese unterschiedlichen Ziele lassen sich durch einen neuen Beruf erreichen, der im vorliegenden Buch (und in »Land ohne Kinder«) den Namen »Familienmanager/in« trägt.“ (Ebd., S. 174).

„Noch einmal auf einen Punkt gebracht: Eine Familienmanagerin ist eine professionelle Erzieherin (bzw. ein Erzieher) mit entsprechender Ausbildung und Arbeitsvertrag, die in vielen Aspekten etwa einer staatlich beschäftigten dänischen Tagesmutter entspricht, anders als diese aber nicht ausschließlich für das Betreuen fremder, sondern in erster Linie für das Aufziehen eigener Kinder bezahlt wird. Je mehr Kinder eine Familienmanagerin betreut, desto mehr verdient sie.“ (Ebd., S. 174).

„Finanziert werden könnten die Familienmanagerinnen über die bereits erwähnte Kinderlosensteuer. Kinderlose würden also auf diese Weise ihre eigentlich gesellschaftlichen Aufziehleistungen an Familienmanagerinnen outsourcen. Im Abschnitt Selbstregulierndes Steuersystem ab Seite 135 wurde gezeigt, daß der Regelkreis zwischen Familienmanagerinnen und Kinderlosensteuer in der Lage ist, sich selbst auszubalancieren.“ (Ebd., S. 174).

„Allerdings haben ja auch Unternehmen ein fundamentales Interesse an einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik, einer Sicherung des Humanvermögens und einem demographischen Gleichgewicht. Diese Punkte ließen sich durch den Beruf der Familienmanagerin relativ gesichert gewährleisten. Deshalb könnte eine finanzielle Unterstützung eines Familienmanagerinnen-Programms auch für Unternehmen Sinn machen, jedenfalls häufig mehr, als etwa in zusätzliche Betriebskindergärten zu investieren. Auch sind freiwillige Leistungen wie etwa Spenden oder ähnliche Maßnahmen denkbar. Für Unternehmen würden sich hierbei gleichzeitig Werbepotentiale ergeben.“ (Ebd., S. 175).

„In »Land ohne Kinder« wird auf Basis des Erziehungsgehalt-2000-Konzeptes (vgl. Christian Leipert, Erziehungsgeld 200 - Ein Weg zur Aufwertung der Erziehungsarbeit, 1998) ein rudimentärer Vorschlag für eine konkrete Bezahlung von Familienmanagerinnen unterbreitet. (vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 108ff.). Die Berechnungen ergeben zum Beispiel für eine Familienmanagerin mit sieben Kindern ein monatliches Einkommen von 5178 Euro (inkl. Kindergeld), zusätzlich gibt es ein 13.Monatsgehalt in Höhe von 4000 Euro. Eine Familienmanagerin könnte aber auch mit einem Familienmanager verheiratet sein, der selbst sieben Kinder adoptiert hat (Waisenkinder, zum Teil aus der Dritten Welt, zum Teil Kinder aus einer erfolgreichen Beratung im Rahmen eines geplanten Schwangerschaftsabbruchs). In diesem Fall würde die Familie zusammen 14 Kinder aufziehen und dafür ein monatliches Gehalt von über 10000 Euro erhalten. Eine solche Familie würde genauso viele Kinder aufziehen wie 14 Familien mit einem Kind oder sieben Familien mit jeweils zwei Kindern, was das Potential des Familienmanager-Berufs zur Behebung der demographischen Krise unserer Gesellschaft unmittelbar verdeutlicht. Gestützt wird diese Aussage durch die biographische Fertilitätstheorie (**): Eine Familienmanagerin kann wesentlich leichter für das Aufziehen von sieben eigenen Kindern gewonnen werden, als sieben Singles für jeweils ein Kind. Außerdem würden die Kinder in einer solchen Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr liebevoll aufgezogen werden. Die Eltern sind auf die Aufgabe des Erziehens fokussiert, es liegen hervorragende Bildungsvoraussetzungen vor und eine optimale Förderung aller Kinder kann praktisch garantiert werden. Ferner könnte bei den Kindern frühzeitig ein solidarisches Verhalten eingeübt werden. Genau diese Effekte dürfen aber auch erwartet werden, wenn eine Aufgabe, für die üblicherweise keinerlei Voraussetzungen erforderlich sind, professionalisiert wird (ähnlich wie dies in der Medizin geschehen ist).“ (Ebd., S. 175).

„Jürgen Borchert äußert sich dagegen kritisch zum Thema Professionalisierung der Familienarbeit (allerdings bezogen auf das etwas anders gelagerte Erziehungsgehalt): »Daß die Idee eines Erziehungsgehalts im übrigen ein beträchtliches Zerstörungspotential für den Teil der Welt hat, den Familie definiert, beweist das von manchen Befürwortern angeführte Honorierungsargument, daß es nämlich ungerecht oder nicht nachzuvollziehen sei, daß Grundschullehrerinnen und Kindergärtnerinnen für ihre Arbeit entlohnt würden, nur die eigenen Eltern nicht. Dabei wird nämlich das Wesentliche der Familie vollkommen aus den Augen verloren: Ihre wechselseitige Einstandspflicht in allen Lebenslagen. Lehrerinnen und Kinderpflegerinnen erwerben gegen die Kinder keine unmittelbaren genuinen und originären Unterhaltsansprüche. Genau darin, in dieser vollkommen unmarktlichen Bedingungslosigkeit, liegen aber Ursprung und Ziel von Familie. Wenn dieser Bereich kommerzialisiert wird, die Abstraktion des Geldwesens auch in diese letzte Gegenwelt eindringt. dann wird das Leben für die Kinder nicht nur schon von Kindesbeinen an wegen eines grenzenlosen Individualismus unerträglich, sondern dann scheitern Familie und Staat gemeinsam.« (Jürgen Borchert, Irrweg Familiengeld - »Wiesbadener Entwurf« einer familienpolitischen Strukturreform des Sozialstaats; http://www.Heidelberger-familienbuero.de/erziehungsgehalt/Borchert-Kritik-Familiengeld.htm). Historisch gesehen hat Familie noch nie in einer »vollkommen unmarktlichen Bedingungslosigkeit« bestanden. Familie hatte immer auch das Ziel, zusätzliche Einkommens- und Sicherheitsnutzen zu erzielen. Zu keinem Zeitpunkt waren geringere Einkommen und Sicherheiten eine Option, wie dies tatsächlich heute der Fall ist. Aber Jürgen Borchert liefert selbst die besten Argumente für eine Professionalisierung der Familienarbeit: »Es muß darum gehen, die Familien in die Lage zu versetzen, ihre Kinder aus dem selbst erWirtschafteten Einkommen zu unterhalten, statt dies aus einer Position eines Almosenempfängers heraus zu tun.« (Ebd.). Ein Familienmanager ist dazu in der Lage!“ (Ebd., S. 176).

„Die oben beschriebene Konstellation mit einem Paar aus zwei Familienmanagern dürfte nicht der Regelfall sein, sie ist aber möglich. Daneben sind aber auch ganz andere Familienformen mit Beteiligung von Familienmanagern vorstellbar bis wahrscheinlich.“ (Ebd., S. 176).

„Um einer weiteren Deinstitutionalisierung von Ehe und Familie durch den Familienmanager-Beruf entgegenzuwirken, könnte der Staat - ähnlich dem heutigen Ehegattensplitting - zusätzliche finanzielle Anreize setzen. Beispielsweise könnte entschieden werden, ein mit einer Familienmanagerin verheirateter Ehemann müsse sehr wohl Kinderlosensteuer für ein Kind abführen, da seine Familie ja keine Kinder auf eigene Rechnung aufzieht, sondern sogar daran verdient. Die vom Ehemann entrichtete Kinderlosensteuer könnte aber unmittelbar seiner Familienmanager-Ehefrau zugeteilt werden, mit dem Ziel, solche klassischen Familienkonstellationen gezielt zu fördern.“ (Ebd., S. 176-177).

„Das Familienmanager-Konzept könnte gleich auf mehrere Arten für mehr Generationengerechtigkeit sorgen:
Durch die Sicherstellung einer bestandserhaltenden Fertilität werden der nachfolgenden Generation nicht zu hohe Lasten aufgebürdet.

Durch die Bezahlung professioneller Familienmanager wird familienorientierten Menschen eine wirtschaftlich attraktive Option zur Gründung einer Großfamilie geboten. Solche Menschen können dann wirtschaftlich abgesichert das tun, was eigentlich ohnehin ihr Lebensziel war, ihre Kinder sind nicht der Gefahr von Armut ausgesetzt und die Gesellschaft profitiert als Ganzes davon. Auf diese Gesichtspunkte wird in den beiden Abschnitten Einkommensnutzen für Familienmanager ab Seite 181 und Sicherheitsnutzen für Familienmanager ab Seite 182 noch näher eingegangen.
Im Abschnitt Vereinbarkeit von Familie und Beruf ab Seite 84 wurde dargelegt, daß der heute üblicherweise fehlende Einkommens- und Sicherheitsnutzen von Kindern auch die Berechtigung für die Kommerzialisierbarkeit des Aufziehens eigener Kinder in einer sonst arbeitsteiligen Welt begründet: Eine Familienmanagerin zieht im Rahmen der Erziehungsarbeit einen Konsumnutzen aus ihren Kindern, ähnlich wie andere Berufstätige eine Befriedigung aus ihrer Arbeit erhalten. Gleichzeitig erzielt sie ein Einkommen aufgrund der geleisteten professionellen Arbeit. Das schließlich nach ca. 20 Jahren der Gesellschaft übergebene Endprodukt (»der erzogene und gebildete erwachsene Mensch«) gehört aber nicht länger ihr, so daß sie aus der Elternbeziehung keinen direkten Vorteil schlagen kann: »Eine realistische Familienpolitik muß die Einsicht ernst nehmen, daß Kinder angesichts der heute dominierenden unselbständigen Beschäftigungsverhältnisse und der verlängerten Kindheits- und Jugendphase für Eltern lediglich immaterielle Nutzen, aber erhebliche ökonomische Nachteile mit sich bringen. Kinder sind - ökonomisch gesprochen - zu einem, öffentlichen Gut geworden, an dessen, Produktion zwar ein erhebliches, aber im Regelfall keinerlei privates ökonomisches Interesse mehr besteht.« (Franz-Xaver Kaufmann, Zukunft Familie - Stabilität, Stabilitätsrisiken und Wandel der familialen Lebensformen sowie ihre gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, 1990, S. 11).

Durch die zusätzliche Besteuerung von Kinderlosen und weitere Steuerentlastungen für Familien werden die Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen Kinderlosen und Familien reduziert.“ (Ebd., S. 177).

„Die Reduzierung der Bevölkerungsfrage auf Unterstützungsverhältnisse verkennt die eigentliche Tragweite des Problems. Auch wird ein ganz wesentlicher Punkt ignoriert: Ohne ausreichenden Nachwuchs vergeht die Gesellschaft, sie schrumpft sich langfristig zu Tode. Aus diesem Grunde wurde bereits im Abschnitt Die erste demographische Frage (Quantität) auf Seite 3 die Frage aufgeworfen, wie dieser Prozeß letztendlich zu stoppen ist (**). Und dies geht nun einmal nur durch mehr Kinder.“ (Ebd., S. 180).

„Es liegt deshalb nahe, einer bislang von den Vorteilen einer vernachlässigten Nachhaltigkeit profitierenden Gesellschaft auch die Kosten zusätzlicher Kinder aufzubürden. Jedenfalls ist nicht nachvollziehbar, warum die von Ruprecht Jaenicke erwähnten »unerträglichen Belastungen« kommenden Generationen zugemutet werden sollen. Oswald Metzger führt in Bezug auf die sozialen Sicherungssysteme ganz richtig aus: »Wenn die Ausgaben der Renten- und Pensionsleistungen nicht unverzüglich reduziert werden, dann werden auf Dauer um so brutalere Einschnitte nötig. Jedes Jahr, das die Politik Einschnitte früher durchsetzt, erspart weitere Sozialschnitte und ihre unsozialen Konsequenzen. Nur wer heute soziale Besitzstände entschlossen beschneidet, wird überhaupt in der Lage sein, in Zukunft eine sozialstaatliche Mindestabsicherung gegen existenzielle Lebensrisiken zu gewährleisten.« (Oswald Metzger, Einspruch! Wider den organisierten Staatsbankrott, 2004, S. 133). Konkret heißt dies: Wenn jetzt nicht mit einer Beschneidung sozialer Besitzstände begonnen wird, wird es später um so schlimmer. Eine solche Beschneidung kann aber einerseits in einer - wie von Metzger vorgeschlagenen - Reduzierung von Ansprüchen, andererseits in höheren Belastungen im Sinne der Zukunftssicherung bestehen. Und da Kinderlose für letztere bislang keinen ausreichenden Beitrag geleistet haben, liegt es nahe, diese nun zur Kasse zu bitten.“ (Ebd., S. 180-181).

Einkommensnutzen für Familienmanager

„Im Kapitel Kosten/Nutzen von Kindern ab Seite 67 wurde dargelegt, daß ein Einkommensnutzen von Kindern lediglich noch für sehr einkommensschwache bzw. von der Sozialhilfe lebende Bevölkerungsschichten besteht. Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, daß der einzig noch vorhandene Konsumnutzen in Verbindung mit den hohen Opportunitäts- und direkten Kosten von Kindern unter normalen Einkommensverhältnissen fast automatisch zu einer Beschränkung auf kleine Familiengrößen führt. Dies wird verstärkt durch den gesellschaftlichen Trend zur Individualisierung und Pluralisierung der Lebensformen, der entscheidend zu einem Anstieg des Anteils lebenslänglich Kinderloser beiträgt. Hieraus ergeben sich zwangsläufig sehr niedrige Fertilitätsraten, von denen auch in Zukunft kein signifikanter Anstieg erwartet werden darf.“ (Ebd., S. 181).

„Für die Teilgruppe der Familienmanager sind alle diese Regeln außer Kraft gesetzt.“ (Ebd., S. 181).

„Denn ein Familienmanager entscheidet sich für eine Ausbildung und dann entsprechend für diesen Beruf, ähnlich wie das ein Arzt in seinem Falle tut. Hat ein Familienmanager noch keinen Partner gefunden, kann er seine berufliche Karriere mit der Fremdbetreuung von Kindern oder als Springer für andere Familienmanager beginnen. Die biographischen Opportunitätskosten eines Familienmanagers für ein zusätzliches Kind sind also praktisch Null. Gleichfalls dürften die meisten anderen Opportunitätskosten sehr niedrig anzusetzen sein. Da ein Familienmanager pro aufgezogenes Kind vergütet wird, und diese Vergütung höher sein sollte als die direkten Kosten für die Kindererziehung, erzielt er pro Kind zusätzliche Einnahmen. Ein Kind liefert dann nicht nur einen Konsumnutzen, sondern tatsächlich auch einen Einkommensnutzen. Mit jedem zusätzlichen Kind bessern sich die wirtschaftliche Situation und vermutlich auch das gesellschaftliche Ansehen eines Familienmanagers. Alle Mechanismen, die zur Zeit eine Beschränkung auf kleine Familiengrößen bewirken, sind bei Familienmanagern außer Kraft gesetzt: Der Beruf des Familienmanagers erlaubt eine »verantwortete Elternschaft« pro Kind. (Vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Zukunft der Familie - Stabilität, Stabilitätsrisiken und Wandel der familiären Lebensformen sowie ihre gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, 1990, S. 39). Es kann deshalb auch in Übereinstimmung mit der Individualisierungsthese von Beck (**) und der biographischen Fertilitätstheorie von Birg et al. (**) eine Tendenz von Familienmanagern zu großen Familienstärken prognostiziert werden. Dies bestätigt auch Susanne Mayer: »Wer Sehnsucht nach einem dritten oder vierten Kind verspürt ..., würde sicherlich in seinen Hoffnungen ermutigt, wenn es einen Familienlohn gäbe, der die Bereitschaft zu höherer Belastung honoriert.« (Susanne Mayer, Deutschland armes Kinderland - Wie die Ego-Gesellschaft unsere Zukunft verspielt, 2002, S. 198).“ (Ebd., S. 181-182).

Sicherheitsnutzen für Familienmanager

„Zusätzlich zum Einkommensnutzen liegt bei Familienmanagern auch ein Sicherheitsnutzen pro Kind vor: Mit jedem Kind erhöht sich dessen Einkommen, folglich auch der Rentenanspruch. Auch diese Tatsache wird die Bereitschaft von Familienmanagern für große Familienstärken fördern.“ (Ebd., S. 182).

Adoption

„Eine Familienmanagerin kann leibliche oder adoptierte Kinder aufziehen. In beiden Fällen wird der gleiche Leistungsbetrag pro Kind gezahlt. Da Familienmanagerinnen ausgewiesene Fachkräfte sind, könnte für sie der Adoptionsprozeß drastisch vereinfacht werden. Allerdings sollten bevorzugt kleine Kinder bis zum Alter von ein oder maximal 2 Jahren adoptiert werden, damit diese in den Genuß ihrer vollen Zuwendung kommen. Für eine Adoption kommen insbesondere in Frage:
Waisenkinder

Kinder, die sonst einem Schwangerschaftsabbruch zum Opfer gefallen wären (siehe nächsten Abschnitt [**)

Kinder aus der Dritten Welt, deren Eltern gestorben oder in Not geraten sind.
Der letzte Punkt stellt eine aus humanitären Gesichtspunkten wesentlich günstigere Variante zur klassischen Zuwanderungspolitik dar: Ein so wohlhabendes Land wie Deutschland würde damit deutlich machen, daß es gewillt ist, das Aufziehen von zukünftigen Arbeitskräften nach Möglichkeit selbst vorzunehmen, anstatt diese zeitaufwendige Arbeit anderen Ländern aufzubürden. Außerdem könnte ein späterer Integrationsaufwand völlig entfallen ....“ (Ebd., S. 182-183).

„Allerdings sind Auslandsadoptionen zum gegenwärtigen Zeitpunkt äußerst komplex. Oft ist die Herkunft des Kindes nicht gesichert, so daß eine Adoptionsfreigabe aus kommerziellen Gründen nicht ausgeschlossen werden kann. Schon jetzt gibt es viel mehr adoptionswillige Familien als zur Adoption freigegebene Kinder. Eine Verbesserung der Situation kann deshalb nur durch Kooperationen mit verläßlichen Regierungen und in Zusammenarbeit mit humanitären Organisationen erzielt werden.“ (Ebd., S. 183).

„Eine weitere, zur Zeit noch sehr theoretische Option, besteht in der Unterstützung (zukünftiger Gebärtechniken, zum Beispiel das vollständige und nebenwirkungsfreie Aufwachsen von Embryos außerhalb des Mutterleibs (als Retortenbabies). Wenn solche Techniken einmal beherrscht und aus ethischen Gründen nicht abgelehnt werden, bleibt trotzdem immer noch die eigentliche Leistung des Erziehens und Bildens von Kindern. Auch für diesen - zur Zeit noch sehr futuristischen - Fall bieten sich die Familienmanagerinnen als ideale Adoptiveltern an.“ (Ebd., S. 183).

„Eine explizite Ermunterung von Familienmanagern, einen Teil der Kinder zu adoptieren, kann einige Vorteile haben:
Sie ermöglicht eine relativ schnelle Geburtenfolge. Die Einnahmen der Familien verbessern sich relativ schnell, ohne daß die beteiligten Frauen unter Druck geraten, durch frühzeitiges Abstillen für eine beschleunigte Geburtenfolge sorgen zu müssen.

Der Beruf des Familienmanagers könnte auf eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen, da die Bezahlung in der Regel nicht ausschließlich für das Aufziehen leiblicher Kinder erfolgt. Die Familienmanager tun also wichtige Dienste für andere. So etwas wird in unserer Gesellschaft besonders gern akzeptiert.

Der Beruf bekäme neben der offenkundigen Relevanz für die Zukunft der Gesellschaft etwas Humanitäres. Dafür sind Menschen eher bereit, auf einen Teil ihrer Einkünfte zu verzichten.
Die Maßnahme würde von jeglichem »Lebensborn«-Verdacht befreit. (Vgl. Peter Mersch, Land ohne Kinder, 2006, S. 138ff.).“ (Ebd., S. 184).

Schwangerschaftsabbruch

„Zuletzt wurden ca. 180 Schwangerschaftsabbrüche pro 1000 Lebendgeburten registriert. (Vgl. Stefan Rehder / Veronika Blasel, Jedes vierte gezeugte Kind wird abgetrieben, 2006, S. 116). .... Einige Experten gehen allerdings von einer beträchtlichen Dunkelziffer aus, so daß bereits auf drei Geburten eine Abtreibung kommen könnte. (Vgl. Stefan Rehder / Veronika Blasel, ebd., 2006, S. 116). Weltweit sollen rund 22 Prozent der 210 Millionen Schwangerschaften pro Jahr mit einer Abtreibung (das heißt: 45 Millionen Abtreibungen pro Jahr) enden. (Vgl. Klaus M. Leisinger, Die sechste Milliarde, 1999, S. 279).“ (Ebd., S. 184).

„Daneben gibt es auch in Deutschland Indikatoren für den beträchtlichen Einsatz von Schwangerschaftsabbrüchen als Mittel der Familienplanung:
Über 97% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Medizinische und kriminologische Indikationen waren in weniger als 3% der Fälle die Begründung für den Abbruch. (Vgl. Statistisches Bundesamt, 124000 Schwangerschaftsabbrüche im Jahr 2005, 2006)

Mehr als 45% der Frauen, die ihr Kind im Jahr 2003 zur Abtreibung freigegeben haben, waren zum Zeitpunkt des Schwangerschaftsabbruchs verheiratet. (Vgl. Stefan Rehder / Veronika Blasel, Jedes vierte gezeugte Kind wird abgetrieben, 2006, S. 111).

Rund 60% der Mütter, die in 2003 ein Kind abgetreiben ließen, hatten zuvor ein oder mehrere Kinder.
„Es könnte Sinn machen, Mütter und Väter bei der Beratung im Vorfeld des Schwangerschaftsabbruchs gezielt auf die Alternative eines Auftrages des Kindes zwecks späterer Freigabe zur Adoption durch eine Familienmanagerin hinzuweisem. Eventuell könnten Familienmanagerinnen sogar direkt in den Beratungsprozeß integriert werden.“ (Ebd., S. 184-185).

„Diese Maßnahme hätte nicht nur erhebliche ethische Vorzüge, sondern könnte zusätzlich dazu beitragen, die Geburtenrate in Deutschland anzuheben.“ (Ebd., S. 185).

Betreuung von fremden Kindern

„Familienmanagerinnen wären in der Lage, besonders leistungsfähige Dienstleistungen für berufstätige bzw. nichtberufstätige Mütter anzubieten. Dazu gehören:
Elternberatungen

Schulungsmaßnahmen für berufstätige Eltern

Ganztags-Kindergruppen
Ganztags-Kindergärten
Ganztägige Aufenthalte von Kindern (24-Stunden-Service) bei Erkrankung oder beruflicher Abwesenheit der regulären Eltern
Tagesmütter-Dienste
Super-Nanny-Dienste
Auf diese Weise könnten Familienmanagerinnen bereits einen nennenswerten Anteil ihres potentiellen Einkommens realisieren, während sie selbst noch keine oder nur wenige Kinder haben. Gleichzeitig würden sie damit einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die übrigen Familien leisten.“ (Ebd., S. 186).

Schlußbemerkung

„Das vorliegende Buch ist nicht politisch motiviert. Statt dessen wird eine Lösung für ein gravierendes gesellschaftliches problem gesucht und für sonst nichts, schon gar nicht für jede erdenkliche Ungerechtigkeit in der Welt.“ (Ebd., S. 188).

„In diesem Buch werden verschiedene neue und schon länger diskutierte Maßnahmen daraufhin untersucht, ob und inwieweit sie einen Beitrag zur Lösung des zentralen demographischen Problems leisten können. Dabei werden unter anderem die folgenden Ergebnisse erzielt:
Die aktuellen und angestoßenen Maßnahmen zur Nachwuchsförderung werden auch in Zukunft zu keinen bestandserhaltenden Fertilitätsraten führen.

Zur Zeit fördert unsere Gesellschaft ein »Survival of the Unfittest«: Kinder lohnen sich in erster Linie für beruflich wenig erfolgreiche Menschen.

Aktuell werden nicht nur zu wenige Kinder geboren, sondern der Nachwuchs weist zum Teil erhebliche familienbedingte Defizite auf.
Eine Gesellschaft, in der die Beteiligung an einer gesellschaftlich relevanten Aufgabe zwar völlig freiwillig ist (die Nichtbeteiligung führt zu keinerlei Nachteilen), aber hohe Lasten bzw. Kosten verursacht, wird eine zufriedenstellende Ausführung der Aufgabe nicht sicherstellen können.
Ein demographisches Gleichgewicht wird sich wohlfahrtsstaatlich nur schwerlich allein durch Verringerung von Opportunitätskosten oder zusätzliche finanzielle Anreize und ohne substanzielle finanzielle Beteiligung derer, die sich bislang aus diversen Gründen der Aufgabe entzogen haben, erreichen lassen. Anders ausgedrückt: Eine einkommensabhängige Besteuerung von Kinderlosen scheint eine unerläßliche Voraussetzung für die Lösung des demographischen Problems in modernen Wissensgesellschaften zu sein.
Eine Hauptaufgabe des Staates liegt in der gesellschaftlichen Reproduktion. Dazu gehören insbesondere die quantitative und qualitative Nachwuchssicherung, die Erhaltung und Mehrung des Humanvermögens sowie die Sicherstellung der Generationengerechtigkeit, oder allgemeiner ausgedrückt, die Reproduktion erneuerbarer (humaner) Ressourcen.tr>
Eine Kernaufgabe des Staates wäre folglich die Erhaltung des Lebens- und Wirtschaftsstandorts Deutschland und seiner wichtigsten Ressourcen (insbesondere: Humankapital). Statt dessen sorgen sich Staat und Regierungen zur Zeit vorwiegend um die aktuelle Produktion (Wirtschaft, Konjunktur). Seit vielen Jahren werden dafür sogar zunehmend Anleihen zu Lasten der nächsten Generation aufgenommen (Staatsschulden). Deutschland verhält sich zur Zeit wie ein Unternehmen, welches auf Kosten von Forschung und Entwicklung in die Produktion investiert, um kurzfristige Einnahmen zu realisieren. Der Grund dafür ist vermutlich ein zu begrenzter Planungs- und Vorstellungszeitraum.tr>
Staat und Regierungen vernachlässigen also ihre primären Aufgaben, und das schon seit vielen Jahren.
Bei dauerhaft zu niedrigen Fertilitätsraten handelt es sich um eine Verletzung des Prinzips der Generationengerechtigkeit, weil hierdurch der zukünftigen Generation zu hohe Lasten aufgebürdet werden. Es gehört zu den Aufgaben des Staates, ausreichend bestandserhaltende und nicht-ruinöse Fertilitätsraten sicherzustellen.
Das Mißverhältnis zwischen den staatlichen Reproduktions- und Produktionsaufgaben führt zu Mängeln in der Nachhaltigkeit, zu Einbußen bei der Generationengerechtigkeit und zu hoher Staatsverschuldung. Hohe Verluste beim Humanvermögen als Folge der Verletzung des Nachhaltigkeitsprinzips können nur durch Wohlstandseinschränkungen oder eine Aufnahme zusätzlicher staatlicher Anleihen (das heißt eine Zunahme der Staatsverschuldung) ausgeglichen werden. Nichtbestandserhaltende Fertilitätsraten begünstigen folglich Staatsverschuldungen (bzw. bewirken sie sogar).
Das aktuelle Reproduktionsverhalten in den entwickelten Gesellschaften produziert zunehmende gesellschaftliche Ungleichheit und Armut.
Aktuell ist die Produktion (Wirtschaft) professionalisiert, die Reproduktion dagegen weitestgehend nicht. Dies bewirkt einen »Fachkräftemangel« in der Reproduktion. Oder anders ausgedrückt: Das Reproduktionskapital wird empfindlich beschädigt. Um ausreichende Ressourcen für die Reproduktion gewinnen zu können, müßte der Staat in diesem Sektor konkurrenzfähige Angebote unterbreiten können. Die Konsequenz: Die Reproduktion müßte analog zur Produktion stärker professionalisiert werden.
Aus den zum Teil gegenläufigen Trends
-Unattraktivität der Reproduktion aufgrund fehlender Vergütung
-

Bedeutungszuwachs der Reproduktion als Folge der starken Gewichtung von Wissen und kognitiven Fähigkeiten in Wissensgesellschaften

-zunehmender Zwang zur Spezialisierung bei der Nachwuchsproduktion aufgrund des Rückgangs der Zahl gebärfähiger Frauen
ergibt sich die Notwendigkeit zur zunehmenden Professionalisierung der gesellschaftlichen Reproduktion, und zwar ganz explizit bezüglich der Erziehung eigener Kinder, denn nur dann werden über den zusätzlichen Nutzen ausreichende Anreize für weitere Kinder gesetzt, und nur dann dürfte die Motivation hoch genug sein, den Kindern eine optimale Erziehung zukommen zu lassen.
Eine der stärksten Triebfedern für die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung ist der Individualisierungstrend. Letztendlich wird dieser maßgeblich durch die sich verändernden Anforderungen der Wirtschaft (Produktion) angetrieben. Zunehmende Individualisierung führt aber gleichzeitig zu zunehmender Pluralisierung der Lebensformen, Spezialisierung, Professionalisierung und Ökonomisierung. Maßnahmen zur Verbesserung der »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« sind dagegen integrativ und verfolgen eine genau umgekehrte Zielrichtung. Sie versuchen folglich dem Trend zur Individualisierung entgegenzuwirken, was nicht gelingen kann. Kurz: Die These von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht im Widerspruch zur Individualisierungsthese. (**).
Individualisierung und wohlfahrtsstaatliche Entwicklung bedingen sich gegenseitig. Eine Zunahme der Individualisierung ist meist mit einer individuellen Vernachlässigung von Kollektivaufgaben verbunden, die dann Dritte, zum Beispiel der Wohlfahrtsstaat, übernehmen müssen.
Das fertige Endprodukt von Familien ist der erzogene und gebildete Erwachsene. Dieser wird der Gesellschaft gegen Ende der Erziehungsphase ohne weitere Kosten »überstellt«. Die Familie besitzt keine Urheberrechte an ihrem Produkt und kann auch sonst keinen ökonomischen Nutzen daraus ziehen. Es dürfte deshalb kaum zu rechtfertigen sein, einer qualifizierten Tagesmutter für die Betreuung fremder Kinder ein Gehalt zuzugestehen, für das Aufziehen eigener Kinder dagegen nicht.
Aus der biographischen Fertilitätstheorie von Birg et al. (**) wird in der Regel die Empfehlung abgeleitet, den Anteil der Kinderlosen zu reduzieren. Genau dieser Schluß läßt sich aber aus der Theorie nicht ziehen. Die folgerichtige Empfehlung wäre dagegen, gezielt Großfamilien zu fördern. Kurz: Die biographische Fertilitätstheorie ist vermutlich zutreffend, die üblichen Folgerungen daraus dagegen nicht.
Der zu erwartende Rückgang der Zahl der gebärfähigen Frauen und damit indirekt des Reproduktionskapitals wird eine stärkere Spezialisierung bei der gesellschaftlichen Reproduktion erforderlich machen. Mit anderen Worten: Ohne eine Professionalisierung von qualifizierten Großfamilien dürfte das demographische Problem kaum lösbar sein.
Die zunehmende Individualisierung und die damit einhergehende Pluralisierung der Lebensformen werden für eine weitere Destabilisierung der Familienformen sorgen. Dabei wird sich eine Struktur aus einem erziehungsberechtigten Erwachsenen und den dazugehörigen Kindern als einzig dauerhaft verläßliche Form herauskristallisieren. Solche Strukturen werden temporäre und häufig wenig dauerhafte Bindungen mit anderen und insbesondere ähnlichen Strukturen eingehen. Familienpolitische Maßnahmen sollten sich deshalb verstärkt an den Anforderungen solcher Basisstrukturen ausrichten. Konkret heißt dies zum Beispiel: Bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Meßlatte nicht die Kernfamilie mit Vater, Mutter und Kindern, sondern die/der Alleinerziehende mit Kindern.
Maßnahmen, die darauf angelegt sind, aus Singles Eltern zu machen, dürften kaum von Erfolg gekrönt sein.
Die guten Nachrichten sind also:
Das deutsche demographische Problem ist lösbar.

Es besteht kein demographischer Wandel, ondern ein Wandel in den Reproduktionsanforderungen. Auf diesen muß nur angemeseen reagiert werden.

Die schlechten Nachrichten sind:
Der Staat wird seinen Fokus völlig verschieben müssen. Nicht mehr die Belange von WIrtschaft und Arbeitnehmern können im Rahmen von Globalisierung und Industrialisierung allein im Vordergrund stehen, sondern Themen wie gesellschaftliche Reproduktion, Nachwuchsförderung, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit.

Erfolgt dies nicht rechtzeitig, droht der demographische, wirtschaftliche und kulturelle Abstieg.

Ob »rechtzeitiges« Handeln noch möglich ist, ist nicht gewiß.“ (Ebd., S. 188-192).

Anhang

Die Produktion von Ungerechtigkeit

„Die Europäische Union definiert Menschen als arm, wenn sie über weniger als der halbe Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung verfügen. Die Autoren Kämpke, Pestel und Radermacher haben auf dieser Basis eine mathematische Theorie der Gerechtigkeit entworfen, mit der unterschiedliche Grade gesellschaftlicher Ungerechtigkeit erfaßt und dargestellt werden können. (Vgl. Franz Josef Radermacher, Balance oder Zerstörung - Ökosoziale Marktwirtschaft als Schlüssel zu einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung, 2002, S. 78ff.). Ausgangspunkt dabei ist ein sogenannter Equity-Faktor, der schließlich in einer Lorenz-Funktion Eingang findet.“ (Ebd., S. 193).

„Betrachten wir in Anlehnung daran einmal das folgende Beispiel: Eine Bevölkerung aus insgesamt 100100 Personen sei in 1001 Gruppen mit jeweils 100 Personen gegliedert. Die Gruppen seien mit den Ziffern 0 bis 1000 gekennzeichnet. Nehmen wir nun an, die Mitglieder der Gruppe 0 hätten ein monatliches Einkommen von 0 Euro, die Mitglieder der Gruppe 1 von 1 Euro, bis schließlich zur Gruppe 1000, in der jedes Mitglied monatlich 1000 Euro verdient. Insgesamt ergibt dies ein monatliches Gesamteinkommen von 50050000 Euro, woraus sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von 500 Euro errechnet. Gemäß der Definition der Europäischen Union würden alle Personen mit einem Einkommen niedriger als 250 Euro als arm gelten. In unserem Beispiel wären dies 25000 Personen, das heißt fast 25 Prozent der Bevölkerung. Nehmen wir nun zusätzlich an, die obige Bevölkerung verhielte sich gemäß dem demographisch-ökonomischen Paradoxon, das heißt, die ärmeren Bevölkerungsgruppen würden mehr, die reicheren weniger Kinder in die Welt setzen. Einfachheitshalber sei angenommen, die einzelnen Bevölkerungsgruppen G reproduzierten sich von einer Generation zur nächsten gemäß der Formel:
1,5 - G/1000
Mit anderen Worten: Die Gruppe 0 (die Ärmsten) vervielfältigt sich mit dem Faktor 1,5 (besteht also in der nächsten Generation nicht mehr aus 100, sondern aus 150 Personen), während die Gruppe 1000 (die Reichsten) nur einen Erneuerungsfaktor von 0,5 besitzt (und ist dann nur noch 50 Personen stark). Insgesamt würde dabei die Bevölkerungszahl unverändert bleiben: Auch die nächste Generation hätte insgesamt 100100 Mitglieder. Allerdings würde nun das monatliche Gesamteinkommen der Bevölkerung auf 41691650 Euro schrumpfen. Nimmt man dagegen einen Produktivitätsfaktor durch technische Erneuerungen und andere Errungenschaften von 2,0 an, dann ergibt sich ein monatliches Gesamteinkommen der Bevölkerung von 83383300 Euro. Auf Basis dieser Daten würde das monatliche Durchschnittseinkommen der Bevölkerung auf 833 Euro steigen. Als arm würden nun alle Menschen gelten, die weniger als 416,50 Euro im Monat verdienen. Dies wären 29176 Personen bzw. fast 30 Prozent der Bevölkerung. Oder anders ausgedrückt: Relative Armut breitet sich aus, und die Gesellschaft wird zunehmend ungerechter.“ (Ebd., S. 193-194).

„Ähnliche Überlegungen ließen sich mit zahlreichen anderen Kennzahlen, zum Beispiel dem Intelligenzquotienten, anstellen.“ (Ebd., S. 194).

„Natürlich wird die Realität nicht ganz so einfach sein, schließlich können Menschen aus einer Schicht in eine andere wechseln (allerdings in beide Richtungen). Empirische Untersuchungen zeigen aber, daß dies keineswegs sehr häufig der Fall ist, auch aufgrund der in zahlreichen Ländern schon feststellbaren zunehmenden Gettoisierung der Armut. Es wäre wünschenswert, wenn hierzu einmal eine stringentere mathematische Theorie entwickelt würde, die die langfristigen Wirkungen vermittelbarer simulieren kann. Denn bislang konzentrieren sich viele demographische Arbeiten fast ausschließlich auf das Problem der Kinderlosigkeit (Quantitätsproblem). Wie das obige Beispiel aber zeigt: Das Qualitätsproblem des Nachwuchses ist mindestens genauso gravierend, die langfristigen Wirkungen können nur noch als fatal bezeichnet werden. Denn schließlich eliminieren sich ja durch solche Entwicklungen auch alle bisherigen Errungenschaften des Wohlstandsstaates, oder mit den Worten von Meinhard Miegel und Stefanie Wahl: »Die Kultur des Westens zerstört sich selbst« (Meinhard Miegel / Stefanie Wahl., Das Ende des Individualismus - Die Kultur des Westens zerstört sich selbst, 1993 [**]).“ (Ebd., S. 194).

Zitate: Hubert Brune, 2007 (zuletzt aktualisiert: 2009).

WWW.HUBERT-BRUNE.DE
- Literaturverzeichnis -