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Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900)

Friedrich Wilhelm Nietzsche, 1861
1861
Friedrich Wilhelm Nietzsche wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen (Pr. Sachsen) geboren –
als erstes von drei Kindern des lutherischen Pfarrers Karl Ludwig Nietzsche und dessen Ehefrau Franziska, geb. Oehler.

NACH OBEN Jugendschriften


Naumburg, 26.12.1856 Nietzsche

„Endlich ist mein Entschluß gefaßt, ein Tagebuch zu schreiben, in welchem man alles, was freudig oder auch traurig das Herz bewegt, dem Gedächtnis überliefert, um sich nach Jahren noch an Leben und Treiben dieser Zeit und besonders meiner zu erinnern. Möge dieser Entschluß nicht wankend gemacht werden, obgleich bedeutende Hindernisse in den Weg treten. Doch jetzt will ich anfangen:
Wir leben jetzt inmitten von Weihnachtsfreuden. Wir warteten auf sie, sahen sie erfüllt, genossen jene und jetzt drohen sie uns nun schon wieder zu verlassen. Denn es ist schon der zweite Feiertag. Jedoch ein beglückendes Gefühl strahlt hell fast von dem einen Weihnachtsabend, bis der andre schon mit mächtigen Schritten seiner Bestimmung entgegeneilt. Doch ich will mit dem Anfange meiner Ferien auch den Anfang der Weihnachtsfreuden schildern. Wir gingen aus der Schule; die ganze Zeit der Ferien lag vor uns und mit diesen das schönste aller Feste. Schon seit einiger Zeit war uns der Zutritt an einige Orte nicht gestattet. Ein Nebelflor hüllte alles geheimnisvoll ein, damit dann desto mächtiger die Freudenstrahlen der Christfest sonne hindurchbrächcn. Wichnachtsgänge wurden besorgt; das Gespräch wurde fast allein auf dieses geleitet; ich zitterte fast vor Freude, wenn das Herz jubelnd daran gedachte und ich eilte fort, um meinen Freund Gustav Krug zu besuchen. Wir machten unsern Empfindungen Raum, indem wir bedachten, was der morgende Tag für schöne Geschenke mit sich bringen werde. So verging der Tag in Erwartung der Dinge.“ (Ebd., S. 9, in: Werke III, S. 717).

„Der Tag erschien!
Schon leuchtete das Tageslicht in mein Schlafgemach, als ich erwachte. Was alles durchströmte meine Brust! Es war ja der Tag, an dessen Ende einst zu Bethlehem der Welt das größte Heil widerfuhr; es ist ja der Tag an welchem meine Mama mich jährlich mit reichen Gaben überschüttet. Der Tag verfloß mit Schneckenlangsamkeit; Pakete mußten von der Post geholt werden, geheimnisvoll wurden wir aus der Stube in den Garten vertrieben. Was mag während dieser Zeit dort vorgegangen sein? Dann ging ich in die Klavierstunden, in welche ich wöchentlich am Mittwoch einmal gehe. Ich hatte erst eine Sonata facile von Beethoven gespielt, und mußte jetzt Variationen spielen. Nun fing es schon an zu dämmern. Die Mama sagte zu mir und meiner Schwester Elisabeth: Die Vorbereitungen sind fast zu Ende. Wie freuten wir uns da. Nun kam die Tante; wir begrüßten sie mit einem Gejauchze oder vielmehr Gebrüll, daß das Haus davon bebte. Das Mädchen meiner Tante folgte ihr, und war noch zu Vorbereitungen dienlich. Zuletzt vor der Bescherung kamen die Frau Pastor Haarseim mit ihrem Sohn. Da, wer beschreibt unsern Jubel, öffnet die Mama die Tür! Hell strahlt uns der Christbaum entgegen und unter ihm die Fülle der Gaben! Ich sprang nicht, nein ich stürzte hinein und gelangte merkwürdigerweise grade an meinen Platz. Da erblickte ich ein sehr schönes Buch (obgleich zwei dalagen, denn ich sollte mir auswählen), nämlich die Sagenwelt der Alten mit vielen prächtigen Bildern ausgestattet. Auch einen Schlittschuh fand ich, aber nur einen? Wie würde ich ausgelacht werden, wenn ich versuchen wollte einen Schlittschuh an zwei Beine zu schnallen. Das wäre doch merkwürdig. Doch sieh einmal, was liegt denn da noch daneben so ganz ungesehen? Bin ich denn so klein, so gering, daß du mich kaum ansiehst? sprach da plötzlich ein dicker Folioband, welcher zwölf vierhändige Sinfonien von Haydn enthielt. Ein freudiger Schrecken durchzuckte mich wie der Blitz die Wolken; also wirklich der ungeheure Wunsch war erfüllt; der größte! Nebenan erblickte ich auch den zweiten Schlittschuh, und wie ich mir diesen näher besehe, da sah ich plötzlich noch ein paar Hosen. Nun betrachtete ich meinen Weihnachtstisch im ganzen und fragte nach denen, welche es mir geschenkt hatten. Doch wer mag der sein, welcher mir die vielen Noten geschenkt hat? Ich erhielt aber keine andre Auskunft als daß es ein Unbekannter sei, welcher mich bloß dem Namen nach kenne. Dann wurde Tee und Stolle getrunken und gegessen, und nachdem uns die Gäste verlassen hatten und uns Müdigkeit ankam, legten wir uns zur Ruhe.“ (Ebd., S. 9, in: Werke III, S. 717).

*

„Ich wurde in Röcken bei Lützen den 15. Oktober 1844 geboren und empfing in der heiligen Taufe den Namen: Friedrich Wilhelm. Mein Vater war für diesen Ort und zugleich für die Nachbardörfer Michlitz und Bothfeld Prediger. Das vollendete Bild eines Landgeistlichen! Mit Geist und Gemüt begabt, mit allen Tugenden eines Christen geschmückt, lebte er ein stilles, einfaches aber glückliches Leben und wurde von allen, die ihn kannten, geachtet und geliebt. Sein feines Benehmen und heiterer Sinn verschönerte manche Gesellschaften, zu denen er geladen war und machten ihn gleich bei seinem ersten Erscheinen überall beliebt. Seine Mußestunden füllte er mit schönen Wissenschaften und mit Musik aus. Im Klavierspielen hatte er eine bedeutende Fertigkeit, besonders im freien Variieren erlangt ....“ (Ebd., S. 13, in: Werke III, S. 721).

„Das Dorf Röcken liegt eine halbe Stunde von Lützen, dicht an der Landstraße. Wohl jeder Wanderer, der an ihm vorbei seine Straße zieht, wirft ihm einen freundlichen Blick zu. Denn es liegt gar lieblich da, mit seinem umgebenden Gebüsch und seinen Teichen. Vor allem fällt der bemooste Kirchturm in die Augen. Wohl kann ich mich noch erinnern, wie ich einstmals mit dem lieben Vater von Lützen nach Röcken ging und wie in der Mitte des Weges die Glocken mit erhebenden Tönen das Osterfest einläuteten. Dieser Klang tönt so oft in mir wieder und Wehmut trägt mich sodann nach dem fernen, teuren Vaterhause hin. Wie lebendig steht noch der Gottesacker vor mir! Wie oft fragte ich, wenn ich das alte, alte Leichenhaus sah, nach den Bahren und schwarzen Flören, nach alten Grabschriften und Denkmälern! Aber wenn kein Bild meiner Seele entweicht, am wenigsten werde ich wohl das traute Pfarrgebäude vergessen. Denn mit mächtigem Griffel ist es in meine Seele eingegraben.“ (Ebd., S. 13-14, in: Werke III, S. 721-722).

„Das Wohnhaus war erst 1820 gebaut und deshalb in sehr nettem Zustande. Mehrere Stufen führten hinauf zum Parterre. Noch kann ich mich des Studierzimmers in der obersten Etage erinnern. Die Reihen Bücher, darunter manche Bilderwerke, diese Schriftrollen machten diesen Ort zu einem meiner Lieblingsplätze. Hinter dem Haus breitete sich der Obst- und Grasgarten aus. Ein Teil desselben pflegte im Frühjahr unter Wasser zu stehen und gewöhnlich war dann auch der Keller angefüllt. Vor der Wohnung erstreckte sich der Hof mit Scheune und Stallgebäude und geleitete zu dem Blumengarten. In den Lauben und Sitzen verweilte ich fast immer. Hinter dem grünen Zaun lagen die vier Teiche, mit Weidengebüsch umgeben. Zwischen diesen Gewässern zu gehen, die Sonnenstrahlen auf der Spiegelfläche und die munteren Fischlein spielen zu sehen, das war meine größte Lust.“ (Ebd., S. 14, in: Werke III, S. 722).

„Im September 1848 wurde plötzlich mein geliebter Vater gemütskrank. Jedoch trösteten wir uns und er sich mit baldiger Genesung. Immer wenn wieder ein besserer Tag war, bat er, doch ihn wieder predigen und Konfirmandenstunden geben zu lassen. [16] Denn sein tätiger Geist konnte nicht müßig bleiben. Mehrere Ärzte bemühten sich, das Wesen der Krankheit zu erkennen, aber vergebens. Da holten wir den berühmten Arzt Opolcer, der sich damals in Leipzig befand, nach Röcken. Dieser vortreffliche Mann erkannte sogleich, wo der Sitz der Krankheit zu suchen wäre. Zu unser aller Erschrecken hielt er es für eine Gehirnerweichung, die zwar noch nicht hoffnungslos, aber dennoch sehr gefahrvoll sei. Ungeheure Schmerzen mußte mein geliebter Vater ertragen, aber die Krankheit wollte sich nicht vermindern, sondern sie wuchs von Tag zu Tag. Endlich erlosch sogar sein Augenlicht und im ewigen Dunkel mußte er noch den Rest seiner Leiden erdulden. Bis zum Juli 1849 dauerte noch sein Krankenlager; da nahte der Tag der Erlösung. Den 26. Juli versank er in tiefen Schlummer und nur zuweilen erwachte er. Seine letzten Worte waren: Fränzchen – Fränzchen – komm – Mutter – höre – höre – Ach Gott! – Dann entschlief er sanft und selig. †††† den 27. Juli 1849. Als ich den Morgen erwachte, hörte ich rings um mich lautes Weinen und Schluchzen. Meine liebe Mutter kam mit Tränen herein und rief wehklagend: »Ach Gott! Mein guter Ludwig ist tot!« Obgleich ich noch sehr jung und unerfahren war, so hatte ich doch eine Idee vom Tode; der Gedanke, mich immer von dem geliebten Vater getrennt zu sehn, ergriff mich und ich weinte bitterlich.“ (Ebd., S. 15-16, in: Werke III, S. 723-724).

Über Musik. - Gott hat uns die Musik gegeben, damit wir erstens, durch sie nach oben geleitet werden. Die Musik vereint alle Eigenschaften in sich, sie kann erheben, sie kann tändeln, sie kann uns aufheitern, ja sie vermag mit ihren sanften, wehmütigen Tönen das roheste Gemüt zu brechen. Aber ihre Hauptbestimmung ist, daß sie unsre Gedanken auf Höheres leitet, daß sie uns erhebt, sogar erschüttert. Vorzüglich ist dies der Zweck der Kirchenmusik. Indes muß man bedauern, wie sich diese Gattung der Musik immer mehr von ihrer Hauptbestimmung entfernt. Hierzu gehören auch die Choräle. Aber es existiert jetzt so mancher Choral, der mit seiner schleppenden Melodie so ungemein von der Stärke und Kraft der älteren abweicht. Dann aber erheitert sich auch das Gemüt und vertreibt die trüben Gedanken. Über wen kommt nicht ein stiller, klarer Frieden, wenn er die einfachen Melodien Haydns hört! Die Tonkunst redet oft in Tönen eindringlicher als die Poesie in Worten zu uns und ergreift die geheimsten Falten des Herzens. Aber alles was uns Gott schenkt, kann uns nur dadurch zum Segen gereichen, wenn wir es richtig und weise anwenden. So erhebt der Gesang unser Wesen und führet es zum Guten und Wahren. Wird aber die Musik nur zur Belustigung gebraucht oder um sich sehen zu lassen vor den Menschen, so ist sie sündlich und schädlich. Und doch findet man gerade dieses so häufig, ja fast die ganze moderne Musik trägt die Spuren davon. Eine andre recht traurige Erscheinung ist, daß viele neuere Komponisten sich bemühen, dunkel zu schreiben. Aber gerade solche künstliche Perioden, die vielleicht den Kenner entzücken, lassen das gesunde Menschenohr kalt. Vorzüglich diese sogenannte Zukunftsmusik eines Liszt, Berlioz, sucht etwas darin, so eigentümliche Stellen wie nur möglich zu zeigen. – Auch gewährt die Musik eine angenehme Unterhaltung und bewahrt jeden, der sich dafür interessiert, vor Langeweile. Man muß alle Menschen, die sie verachten, als geistlose, den Tieren ähnliche Geschöpfe betrachten. Immer sei diese herrlichste Gabe Gottes meine Begleiterin auf meinem Lebenswege und ich kann mich glücklich preisen, sie liebgewonnen zu haben. Ewig Dank sei Gott von uns gesungen, der diesen schönen Genuß uns darbietet! – –“ (Ebd., S. 34-35, in: Werke III, S. 742-743).

„In der dritten Periode meiner Gedichte versuchte ich die erste und die zweite zu verbinden, d. h. Lieblichkeit mit Kraft zu vereinen. Inwieweit mir dies gelungen ist, weiß ich selbst noch nicht zu bestimmen. Diese Periode begann mit dem 2. Februar 1858. An diesem Tage nämlich ist meiner lieben Mutter Geburtstag. Gewöhnlich pflegte ich ihr eine kleine Sammlung Gedichte zu überreichen. Von da an nahm ich mir vor, mich etwas mehr in der Poesie zu üben, und wenn es geht, womöglich jeden Abend ein Gedicht zu machen. Dieses führte ich ein paar Wochen hindurch aus und jedesmal gewährte es mir große Freude, wenn ich wieder ein neues Geistesprodukt vor mir liegen sah. Auch versuchte ich einmal, so einfach wie möglich zu schreiben, aber bald ließ ich es sein. Denn ein Gedicht, das vollendet sein soll, muß allerdings so einfach wie möglich sein, aber dennoch muß die wahre Poesie auf jedem Worte liegen. Ein gedankenleeres Gedicht, das mit Phrasen und Bildern überdeckt ist, gleicht einem rotwangigen Apfel, der im Innern den Wurm hat. Redensarten müssen in einer Dichtung vollständig fehlen; denn der häufige Gebrauch von Phrasen zeugt von einem Kopf, der nicht fähig ist, selbst etwas zu schaffen. Man muß überhaupt bei dem Schreiben eines Werks vorzüglich die Gedanken berücksichtigen; eine Nachlässigkeit im Stil verzeiht man eher, als eine verwirrte Idee. Ein Muster hiervon sind die Goethischen Gedichte in ihren goldklaren, tiefen Gedanken. – Die Jugend, der noch eigne Gedanken fehlen, sucht ihre Ideenleere hinter einem schillernden, glänzenden Stil zu verbergen. Gleicht hierin die Poesie nicht der modernen Musik? Ebenso wird hieraus alsbald eine Zukunftspoesie werden. Man wird in den eigentümlichsten Bildern reden; man wird wirre Cedanken mit dunkeln, aber erhaben klingenden Beweisen belegen, man wird kurzum Werke im Stil des Faust (zweiten Teil) schreiben, nur daß eben die Gedanken dieses Stücks fehlen. Dixi!!“ (Ebd., S. 35, in: Werke III, S. 743).

„Ich will nun ein Verzeichnis meiner Gedichte folgen lassen:
1855-’56
1. I. Geburtstagslied. »Ich bringe Dir«
2. Meeressturm. »Eine drückende«
3. Elegie. »Schweigend in der Abenddämmerung«
4. Überfall. »Nachts um zehn Uhr«
5. Rettung. »Still neigte sich die«
6. Cyri Jugendjahre. »Astyages der«
7. Schiffbruch. »Ein Schifflein fährt«
8. Gewitter. »Eine Schauerregenflut«
9. II. Vergänglichkeit des Glücks
10. Messenische Kriege. »Schwarze Wolken«
11. Andromeda. »Wer hat noch nicht von«
12. Cekrops. »Auf dem weiten großen«
13. Abendlied
14. Argonautenzug
1857
15. III. Ceburtstagslied. »Laßt uns Gott«
16. Alfonso in 5 Gesängen. »Auf des Schlosses«
17. Dryope. »O sieh diesen bläulichen See«
18. Choral. »Jesu, deine bittren Leiden«
Nachtrag zu I und II
19. Leonidas und Telakeus. »Melden will«
20. Ringgraf. »Ringgraf, ein Herr von«
21. In der Nacht. »Auf dem Meere ist«
22. Die Götter vom Olymp. »Seht Götter«
23. Sebastopol. »Auf der Südseite der«
1858
24. Geburtstags-Gedicht. »Mit hoher Freude«
25. Der Winter in 5 Gesängen. »Es kommt«
26. Ein Gewitter. »Es herrscht eine Schwüle«
27. Nach Pforta. »Bei Naumburg im«
28. Wohin? »Ihr Vöglein in den Lüften«
29. Seesturm. »Ein Wetter nahet dumpf«
30. Die Lerche. »Wenn die Bergesspitzen«
31. An den Nebel. »Wunderbar Gebilde«
32. Dort möcht ich sein. »Dort wo von«
33. Osterfeier. »Ich lag auf weichem«
34. Der Nachtigall Klage. »Durch die Dunkelheit«
35. Am Morgen. »Ein goldner Purpursaum«
36. Die Jagd. »Es sprengt aus der Veste«
37. Fata morgana. »Wenn ich allein bin«
38. Schönburg. »Es steht auf steilen«
39. Auf dem Eise. »Elfen im Mondenschein«
40. Hektors Abschied. »O Hektor, hörest du«
41. Zwei Lerchen. »Ich hörte zwei Lerchen«
42. Ahnfrau. »Sieh, meinen Gang hemmt«
43. Medea. »Iason hatte schon das Meer«
44. Conradin. »Vor dem Tore von Neapel«
45. Barbarossa. »Der alte Barbarossa ruht«
46. Im Sommer. »Als der Sommer kommen«
– Dies sind nicht die einzigen. Ich habe sie bloß in der Auswahl hingeschrieben, aber auch von den älteren mehrere, deren ich mich wohl noch erinnere, sie jedoch nicht mehr besitze. Auch habe ich zwei kleine Schauspiele im Verein mit Wilhelm geschrieben. Das eine von diesen heißt: Die Götter vom Olymp. Wir haben es einstmals aufgeführt, aber obgleich es nicht recht gelang, hat es uns doch großen Spaß bereitet. Die silbern und goldnen Panzer, Schilder und Helme, ebenso die prächtigen, von überall hergeholten Anzüge der Göttinnen spielten eine große Rolle. Das andere Stück hieß: Orkadal, ein Trauerspiel oder vielmehr, eine Ritter- und Geistergeschichte, so ganz aus Banketten, Gefechten, Morden, Gespenstern und Wunderzeichen zusammengefügt. Wir hatten schon Vorbereitungen dazu gemacht, ich hatte eine rasende, vierhändige Ouvertüre komponiert, da verfiel allmählich der ganze Plan. Ebenso ging es dem spätern Stück: Die Eroberung Trojas, welches bis zum zweiten Akt vollendet war und aus Götterzänkereien bestand. Manche solche Entschlüsse, so einen sogar zu einer Novelle: Tod und Verderben, faßte ich, als ich im letzten Semester von Quarta wegen Kopfschmerzen nicht die Schule besuchen durfte. Ich ging da alle Vormittage über den Spechzart und ersann dabei mancherlei, das aber selten zur Ausführung kam. Auch mein Freund Wilhelm Pinder war nicht lange vorher bedeutend krank gewesen und hielt sich deshalb im Seebad Heringsdorf auf. So war ich während dieser Zeit sehr allein, da Gustav der Schule halber nicht viel Zeit hatte, mich zu besuchen. Ich besuchte dann mit Wilhelm, welcher auch wieder zurückgekehrt war, von neuem die Schule und wurde dann nach einem ziemlich günstigen Examen nach Tertia versetzt. So Stehe ich denn am Ende meines zweiten Lebensabschnittes und ich erlaube mir noch einige Blicke zurückzuwerfen auf die dreizehn verflossenen Jahre. Mit dem neuen Buche wird dann auch mein Tertianerleben beginnen. – –“ (Ebd., S. 36-38, in: Werke III, S. 744-746).

 

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