WWW.HUBERT-BRUNE.DE
Ernst Nolte (1923-2016)
- Selbstentfremdung und Dialektik im deutschen Idealismus und bei Marx (Dissertation; 1952) -
- Der Faschismus in seiner Epoche. Action française, italienischer Faschismus, Nationalsozialismus (1963) -
- Die faschistischen Bewegungen (1966) -
- Theorien über den Faschismus (Hrsg.; 1967) -
- Sinn und Widersinn der Demokratisierung in der Universität (1968) -
- Die Krise des liberalen Systems und die faschistischen Bewegungen (1968) -
- Deutschland und der Kalte Krieg (1974) -
- Marxismus, Faschismus, Kalter Krieg (1977) -
- Zwischen Geschichslegende und Revisionismus?  (Aufsatz, in: F.A.Z., 24.07.1980) -
- Der Weltkonflikt in Deutschland (1981) -
- Marxismus und Industrielle Revolution (1983) -
- Die Vergangenheit, die nicht vergehen will (Aufsatz, in: F.A.Z., 06.06.1986) -
- Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945. Nationalsozialismus und Bolschewismus (1987) -
- Das Vergehen der Vergangenheit. Antwort an meine Kritiker im sogenannten „Historikerstreit“ (1988) -
- Das Vor-Urteil als „strenge Wissenschaft“ (1989) -
- Nietzsche und der Nietzscheanismus (1990) -
- Geschichtsdenken im 20. Jahrhundert (1991) -
- Martin Heidegger. Politik und Geschichte im Leben und Denken (1992) -
- Martin Heidegger und die Konservative Revolution (Aufsatz; 1992) -
- Streitpunkte. Heutige und künftige Kontroversen um den Nationalsozialismus (1993) -
- Die Deutschen und ihre Vergangenheiten (1995) -
- Historische Existenz. Zwischen Anfang und Ende der Geschichte?  (1998) -
- Feindliche Nähe: Kommunismus und Faschismus im 20 Jahrhundert. Ein Briefwechsel (1998) -
- Die Frage nach der historischen Existenz (2001) -
- Der kausale Nexus. Über Revisionen und Revisionismen in der Geschichtswissenschaft (2002) -
- Faschismus. Von Mussolini zu Hitler (2003) -
- Die europäische Philosophie und die Zukunft Europas (Aufsatz, in: Sezession; Juli 2003) -
- Der heutige Islam - im Angriff oder in der Verteidigung? (2004)
- Carl Schmitt und der Marxismus (in: Der Staat, Band 44, Heft 2; 2005) -
- Einblick in ein Gesamtwerk (Gespräch; 2005) -
- Religion vom absoluten Bösen (Gespräch; 2006) -
- Die Weimarer Republik (2006) -
- Geschichte Europas 1848-1918. Von der Märzrevolution bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (2007) -
- Die dritte radikale Widerstandsbewegung: der Islamismus (2009)

Nolte-Zitate. Da ich Ernst Nolte für einen großartigen Geschichtsphilosophen halte, möchte ich ihm eine
separate Seite widmen und aus folgenden seiner Werke zitieren:      

 

- Der Faschismus in seiner Epoche (1963) -
- Die faschistischen Bewegungen (1966) -
- Die Vergangenheit, die nicht vergehen will (1986) -
- Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945 (1987) -
- Historische Existenz (1998) -
- Die Frage nach der historischen Existenz (2001) -
-Der kausale Nexus (2002) -
- Der heutige Islam (2004) -
- Einblick in ein Gesamtwerk (2005) -
- Religion vom absoluten Bösen (2006) -
- Die Weimarer Republik (2006) -

 

 

 

Anmerkungen (zu: „Historische Existenz“):


Das „Liberale System“ ist laut Ernst Nolte u.a. dadurch charakterisiert, daß zu ihm wie selbstverständlich auch der Links-Sozialismus (z.B. Kommunismus, Marximus u.ä.) und der Rechts-Sozialismus (z.B. Faschismus, Nationalsozialismus [„Radikalfaschismus“, so Nolte] u.ä.) gehören. „Erst viel später wurde mir der Begriff des »Liberalen Systems« geläufíg, welches in seinem Ursprung das »europäische System« des Neben- und Miteinanders geschichtlicher Kräfte ist, die zunächst den Gegner vernichten wollen und sich doch damit begnügen müssen, ihn zu schwächen und zurückzudrängen, um dann an seiner Seite einen Platz einzunehmen, der den eigenen Erwartungen nicht entsprach, der aber das Ganze reicher und vielfältiger sein läßt, als der Teil es mit seinem Abolutheitsanspruch je hätte sein können. So erging es dem Protestantismus, der Aufklärung, dem Positivismus und der Lebensphilosophie, und schon in der Einheit des »mittelalterlichen« Katholizismus gab es eine Spaltung oder - besser - eine Differenzierung zwischen Staat und Kirche, zwischen Monarchie und Adel, zwischen Bürgerstädten und Landbevölkerung. Bis in die jüngste Zeit ist keiner dieser Faktoren völlig untergegangen ....“ (Ernst Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 340-341 **). Vgl. auch die im „Liberalen System“ enthaltenen „Liberalismus“ und „Liberismus“.

Der Begriff „Liberismus“ „sucht ein bestimmtes Entwicklungsstadium dessen zu fassen, was ich das »Liberale System« genannte habe. »Liberismus« ist ein Entwicklungsmoment dieser vielpoligen Gesellschaft, mit dem der Liberalismus in gewisser Weise totalitär wird. Aber der totalitäre Liberalismus weist grundsätzlich andere Merkmale auf als andere Totalitarismen: er ist hedonistischer Individualismus und damit die Verneinung des Begriffs der Pflicht. Insofern ist der liberale Totalitarismus von präzendenzloser Art.“ (Ernst Nolte, in: JF, 03.07.1998 **). Der Liberalismus ist ja schon von seinem Anfang an verknüpft mit dem Glauben an den Individualismus und tendiert zum Anarchismus; darum verwundert es nicht, daß er, indem er immer totalitärer wird - als „Liberismus“, so Nolte -, den endgültigen Untergang der Gemeinschaft bedeutet. Darüber hinaus ist der Liberalismus der Grund für sein eigenes Verschwinden, denn er muß ja gemäß seines Selbstverständnisses auch tolerant gegenüber denjenigen sein, die ihn abschaffen.

„Noch älter sind Gedächtnisstützen und einfahste Rechnungshilfen wie Schnüre, Knoten u.ä.. die sich auch schon in ganz primitiven Kulturen finden lassen. »Ideenschriften« bringen eine noch nicht in Worte zerlegte Sinnganzheit durch ein einzelnes Bild zum Ausdruck, etwa zwei sich umarmende Gestalten als Hinweis auf die Sehnsucht des Liebenden nach der Geliebten, die sich sonst nur durch lange Sätze artikulieren ließe. Besonders interessant ist der von Herodot (IV, 131f.) erwähnte »Brief« der Skythen an Dareios, der aus einem Vogel, einer Maus, einem Frosch und fünf Pfeilen bestand und den folgenden Sinn hatte: »Entflieht wie die Vögel in die Luft oder wie die Mäuse in die Erde oder wie die Frösche in das Wasser, sonst werden euch diese Pfeile vernichten.« Zitiert nach Johannes Friedrich, Der Werdegang der Schrift, in: Saeculum, 14. Band, 1963, S. 123f..“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 693, Anmerkung 5 zum 11. Kapitel).

„Neben Johannes Friedrich auf ... Hermann Noth, Die Welt des Alten Testaments (1962), ... zu verweisen. Auf allgemeinerer Ebene: Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis (1992).“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 693, Anmerkung 7 zum 11. Kapitel).

Auf gut deutsch. Wochenschrift für Ordnung und Recht (Herausgeber: Dietrich Eckart). Im 2. Jahrgang 1920 findet sich auf Seite 402 die Wendung »die christenschächterische Diktatur des jüdischen Weltheilands Lenin und seines Elias Trozki-Braunstein«.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 733, Anmerkung 10 zum 50. Kapitel).

„Dietrich Eckart, Der Bolschewismus von Moses bis Lenin. Zwiegespräch zwischen Adolf Hitler und mir, 1924.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 733, Anmerkung 11 zum 50. Kapitel).

„Eberhard Jäckel / Axel Kuhn, Hitler - Sämtliche Aufzeichnungen, S. 275, 279, 663, 670.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 733, Anmerkung 12 zum 50. Kapitel).

„Bärbel Dusik, Hitlers Reden, Anordnungen - Februar 1925 bis Januar 1933, Band II / 2 (August 1927 - Mai 1928), S. 617.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 733, Anmerkung 16 zum 50. Kapitel).

„Werner Jochmann, Adolf Hitler - Monologe im Führerhauptquartier, S. 370. Hierzu vergleiche man, was Alfred Rosenberg zu Beginn der 1920er Jahre in seinem Büchlein Pest in Rußland (1922) schrieb: die Juden der Tscheka nähmen den alten Kampf des Islam und der Mongolenheere wieder auf und seien nichts anderes als ein neuer Aufmarsch des vorderasiatischen Geistes gegen Europa.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 734, Anmerkung 17 zum 50. Kapitel).

„Zur Frage des »Feindvolkes« vgl. die Antwort von Chaim Weizmann auf den an die Juden der ganzen Welt gerichteten Aufruf des »Moskauer antifaschistischen Komitees«, als dessen Vorsitzender der später von Stalin zu Tode gebrachte Schauspieler Michoels fungierte, vom 24. August 1941, in The Letters ans papaers of Chaim Weizmann, Vol. XX, Series A, 5.196, und die Feststellung in Trial and Error, Kapitel 40, S. 417: »In the fight against the Nazi monster no one could have had a deeper stake, no one could have been more fanatically eager to contribute to the common cause, than the Jews.« Das Widerstreben in Publizistik und Wissenschaft, diese Feindschaft mit in die Überlegungen einzubeziehen, rührt offenbar von der Befürchtung her, damit werde eine nationalsozialistische These akzeptiert und daher könne Hitlers Handeln möglicherweise als gerechtfertigt erscheinen. Aber es würde vollkommen genügen, darauf hinzuweisen, daß diese Feindschaft eine nur allzu verständliche Reaktion war und daß es moralisch ebenso verwerflich ist, wehrlose Männer, Frauen und Kinder eines Feindvolkes zu Tode zu bringen wie wehrlose Männer, Frauen und Kinder einer unbeteiligten Gruppe, so gewiß ein historischer Unterschied unleugbar ist. Vgl. die Ausführungen zu Las Casas in Kapitel 42, S.442 ff.. Daß Trotzki im Dezember 1938 die physische Vernichtung der Juden sogar für den Fall vorhersagte, daß kein Krieg ausbrechen würde, ist im Munde eines Marxisten nicht verwunderlich, der ja immer wieder bevorstehende »Untergänge« (vornehmlich »der Bourgeoisie« ) verkündet und selbst in der Praxis dazu beigetragen hatte (vgl. Lenni Brenner, Zionism in the Age of the Dictators, 1983, S. 248). Wirklich überraschend und bewegend ist eine Aussage ganz anderer Art, die man als bejahende Vorhersage interpretieren könnte. Sie stammt von Franz Kafka und wird von Walter Jens in einer »Hommage für deutsche Juden unseres Jahrhunderts« aus den Briefen an Milena zitiert: »Manchmal möchte ich sie (die Juden), mich eingeschlossen, alle etwa in die Schublade des Wäschekastens dort stopfen, dann warten, dann die Schublade ein wenig herausziehen, um nachzusehen, ob sie schon alle erstickt sind, wenn nicht, die Lade wieder hineinschieben und es so fortsetzen bis zum Ende« (Hans Jürgen Schultz, [Hrsg.], Es ist ein Weinen in der Welt. Hommage für deutsche Juden unseres Jahrhunderts, 1990, S. 281).“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 737, Anmerkung 30 zum 51. Kapitel).

„Vgl. Rainer Mackensen, Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungstheorie in Geschichte und Gegenwart, 1989. Darin besonders Herwig Birg, »Johann Peter Süßmilch und Thomas Robert Malthus - Meilensteine der bevölkerungswissenschaftlichen Theorienentwicklung«, S. 53-76.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 740, Anmerkung 1 zum 55. Kapitel).

„Vgl. Peter Weingart / Jürgen Kroll, »Bevölkerungswissenschaft und Rassenhygiene vor 1930 in Deutschland«, in Rainer Mackensen, Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungstheorie in Geschichte und Gegenwart, 1989, S. 215-232. Vgl. Hans F. K. Günther, Die Verstädterung, 1934.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 740-741, Anmerkung 6 zum 55. Kapitel).

„Von den Versuchen einer zusammenfassenden Darstellung bzw. Untersuchung dürfte neben dem Buch von Paul Kennedy (In Vorbereitung auf das 21. Jahrhundert, 1993), dasjenige von Peter Scholl-Latour (Eine Welt in Auflösung - Vor den Trümmern der Neuen Friedenssordnung, 1993) einen hervostechenden Platz einnehmen.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 744, Anmerkung 4 zum 57. Kapitel).

„Das Wort »Vernichtung« bedeutet im Sprachgebrauch der Zeit nicht notwendigerweise physische Ausrottung. Die berühmt-berüchtigte Prophezeiung Hitlers in seiner Rede vom 30.01.1939 ist keine so eindeutige »Ankündigung des Holocaust«, wie häufig behauptet wird.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 740-741, Anmerkung 5 zum 59. Kapitel). **

„Wer die »Eugenik« ausschließlich mit dem Nationalsozialismus verbindet, übersieht allerdings, wie sehr sie ... ein charakteristisches und auf ihre Weise notwendiges Produkt wissenschaftlichen Denkens war .... Wenn es in der Bundesrepublik Deutschland von Staats wegen zugelassen ist, daß »behinderte« Kinder aufgrund einer »medizinischen Indikation« bis kurz vor der Geburt im Mutterleib getötet werden dürfen, so kann nur grobe Heuchelei die Übereinstimmung mit den Grundgedanken der nationalsozialistischen Eugenik in Abrede stellen, so gewiß zu konstatieren ist, daß für die Nationalsozialisten die »Volksgesundheit« und für die Behörden und Ärzte der Bundesrepublik die Lebenserleichterung für die erwachsenen Individuen das leitende Prinzip ist.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 746, Anmerkung 2 zum 61. Kapitel).

„Wenn einzelne Enthusiasten schon dem heutigen Internet göttliche Attribute wie Allgegenwart und Allwissenheit zuschreiben, so handelt es sich bloß um kühne Behauptungen; wirklich bewegend sind aber die Zukunftsbilder, die von seriösen Forschern und Denkern mit dem Blick auf die Entwicklung der Computertechnik entworfen werden: Marvin Minsky, der Mitbegründer des Instituts für Künstliche Intelligenz am M.I.T., ist davon überzeugt, daß künftige Maschinen nicht nur alles tun werden, was heute Menschen tun, sondern daß ihnen auch Ehrgeiz, Eifersucht und Humor nicht fremd sein werden (Marvin Minsky, The Society of Mind, 1985, S.19); Nicholas Negroponte meint, mit ein wenig digitaler Unterstützung würden die menschlichen Ohren künftig die Empfindlichkeit von Hasenlöffeln besitzen (a.a.O., S.256), und Stephen Talbott sieht mit freilich negativer Akzentuierung einen Zustand voraus, wo der Mensch mit Hilfe von Cerebralimplantaten und Gentechnik nicht nur unvergleichlich viel intelligenter werden würde, sondern sogar das mit der Erblichkeit verknüpfte Schicksal in die Hand bekommen, d.h. sich selbst im Wortsinn »machen«, könnte (Stephen L. Talbott, The Future Does not Compute, 1995, S. 346,407). Damit würde sich letzten Endes dasjenige realisieren, was ... Denker schon in noch früheren Zeiten postuliert hatten, nämlich die »Gottwerdung des Menschen«. Allerdings hält Negroponte ein ganzes Jahrtausend für erforderlich, bis die Wissenschaft in der Lage sein werde, Menschen nicht anders als »Bytes« zu zerlegen, zu übermitteln und wieder zusammenzusetzen (a.a.O., S.151f.). Und die Gefahren, die sich aus dem immer mehr zunehmenden Abstraktwerden des Lebens sowie aus der steigenden Abhängigkeit von den Computern ergeben, werden von einem der bedeutendsten Pioniere der Computertechnik, von Joseph Weizenbaum (Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft, 1978), mit nicht geringerer Emotion geschildert als von dem »grünen« Kulturkritiker Bernd Guggenberger oder sogar von dem sehr progressistischen Machttheoretiker Alvin Toffler (Machtbeben, 1993). Ein ganz einfacher Gedankengang kann deutlich machen, inwiefern der Computer sowohl mit der Vorgeschichte wie mit der möglichen Nachgeschichte verbunden ist. Das »digitale« Prinzip, das nur den geöffneten und den geschlossenen Stromkreis, nur die Null und die Eins kennt, lag schon der einfachsten Nachrichtentechnik der Vorgeschichte zugrunde, nämlich dem Verfahren »Schlag -Pause -Schlag«. Auf diese Weise läßt sich z.B. der Satz »Sokrates ist ein Mensch« in eine lange Kette von Einsen und Nullen bzw. von Schlägen und Pausen verwandeln. Eine solche Übermittlung von Nachrichten (die heute noch in den Klopfzeichen von Gefangenen Verwendung findet) ist natürlich außerordentlich zeitraubend und langwierig. Sobald es aber möglich wird, anstelle der langsamen Schallwellen elektrische Impulse zu verwenden, die der Lichtgeschwindigkeit nahekommen, ist das älteste und primitivste Verfahren zum neuesten und kompliziertesten geworden. Insofern kann der Computer auch heute schon als ein Symbol für die Vor- und die Nachgeschichte betrachtet werden, welche die Geschichte umgreifen. Vor der Folie des im Text hypothetisch skizzierten Zustandes der »Realgeschichte« um 2200 gehören indessen alle gegenwärtigen Errungenschaften und Fortschritte der Computertechnik einschließlich sämtlicher Formen der »virtual reality« noch der »alten Welt« an.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 746-748, hier: S. 747-748, Anmerkung 4 zum 61. Kapitel).

„Es würde sich in der Tat um einen »dritten Weg« handeln. Die Gegner dieses Konzeptes übersehen, daß es im »Sozialstaat« vieler europäischer Länder längst Wirklichkeit ist und daß durch die vorliegende Überlegung nur die Reste der »Wohltätigkeit« davon abgelöst werden. Wenn das für absehbare Zeit allein mögliche der beiden radikalen (oder konsequenten) Modelle, die »freie Weltmarktwirtschaft«, ohne Abstriche durchgesetzt werden sollte, wird es dem Vordringen des glaubwürdig gewordenen Begriffs der »Wolfsgesellshaft« schwerlich lange widerstehen können.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 746-748, hier: S. 749, Anmerkung 12 zum 61. Kapitel).

„Eine beträchtliche Erhöhung der »Entwicklungshilfe« und eine grundlegende Reform von deren Methoden genügen für sich allein schwerlich. Auf die Dauer wird sich ein heute noch befremdender, aber naheliegender Gedankengang nicht ganz unterdrücken lassen: Die »Emanzipation« der Kolonialvölker bzw. der »Dritten Welt« hat infolge von äußeren und inneren Konflikten dieser Völker selbst solche Ströme von Blut gekostet, daß im Rückblick die Existenz der europäischen Kolonialreiche als eine Wohltat gerade für die betreffenden Völker betrachtet werden kann. Aber was als das Gegenteil einer Wohltat empfunden wird, weil es mit allzu anschaubarer und kränkender Herrschaft verknüpft war, ist keine Wohltat. Jene Emanzipation ist daher trotz der Blutströme zu bejahen, weil sie die Möglichkeit von Gleichberechtigung und Partnerschaft hervorgebracht hat. Die »Entwicklungshilfe« jedoch, die von den reichen Nationen in Form von Geldzahlungen über den Rest der Welt verstreut wird, transformiert sich nur allzu leicht in Machtkämpfe und Verdrängungsversuche, und sie vermag den Bürgern der Geberländer kein Gefühl einer Aufgabe und keine Anschauung von Erfolgen zu vermitteln. Ganz anders wäre die Situation, wenn dauerhafte Partnerschaften zwischen einzelnen entwickelten und einzelnen unterentwickelten Ländern zustande kämen, die man wohl kaum als »commonwealths«, sondern aus Mangel an adäquaten Begriffen eher als »Imperien« von bisher völlig unbekannter, nämlich nichtimperialer Art kennzeichnen könnte. Aber schon die Skizzierung eines solchen Zustandes macht es in hohem Grade wahrscheinlich, daß in diesem überaus wichtigen Bereich »die Geschichte« noch für unabsehbare Zeit mächtiger bleiben wird als »die Nachgeschichte«.“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 746-748, hier: S. 749-750, Anmerkung 13 zum 61. Kapitel).

„Hannah Arendt hat in den letzten Sätzen ihrer Schrift Eichmann in Jerusalem (1964) eine eigene und, wie sie meint, bessere Begründung des Todesurteils gegen Eichmann gegeben, die darauf beruht, daß Eichmann und seine Vorgesetzten sich das Recht angemaßt hätten, zu entscheiden, »wer die Erde bewohnen soll und wer nicht« (S. 329). Es war ihr anscheinend nicht präsent, daß 20 Jahre vor Eichmann Grigorij Sinovjew, nach Lenin und Trotzki damals wohl das einflußreichste Mitglied der Partei der Bolschewiki, für sich und seine Partei ausdrücklich ein solches Recht gegenüber »10 Millionen« der Einwohner Rußlands, nämlich dem Adel und »der Bourgeoisie«, in Anspruch genommen hatte. S. Ernst Nolte, Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945, 1987, S. 30 (**), S. 89 (**), S. 513-514 (**), S. 514 (**).“ (Ernst Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 746-748, hier: S. 750, Anmerkung 15 zum 61. Kapitel). **

Zur Theorie bzw. Lehre der „Überlagerung“ (in der Sprachwissenschaft „Superstrat“ genannt): „Überlagerung“ bedeutet hier „Überschichtung“, die „Unterdrückung“ einer Kultur oder Sozialstruktur durch eine neu hinzukommende, sich ausbreitende stärkere und leistungsfähigere Kultur. Im herrschaftssoziologischen Sinne die gewaltsame Unterwerfung eines Volkes durch ein später in das betreffende Territorium siegreich eindringendes. Die „Überlagerungstheorie“ ist in der Staatssoziologie zu einem universalen Erklärungsprinzip für die Entstehung von Staaten und den mit diesen verbundenen Kulturen entwickelt worden. Vgl. z.B.: Ludwig Gumplowicz (1834-1909), Franz Oppenheimer (1864-1943), Alfred Weber (1868-1958), Alexander Rüstow (1885-1963).


WWW.HUBERT-BRUNE.DE
- Literaturverzeichnis -