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Manfred Kleine-Hartlage

- »Angela Merkel und die neue Weltordnung« -

 

 

»Angela Merkel und die neue Weltordnung« (Manfred Kleine-Hartlage)

„Angela Merkel hat auf dem Evangelischen Kirchentag ganz unverblümt über eine Neue Weltordnung gesprochen und damit nicht zum ersten Mal all jene Lügen gestraft, die es für ein Hirngespinst rechter Verschwörungstheoretiker halten, daß die Eliten der westlichen Länder just eine solche NWO anstreben, also eine Ordnung, in der Nationalstaaten weitgehend entmachtet sein und die wesentlichen politischen Entscheidungen von supranationalen Organisationen getroffen werden. Von Organisationen, die – und dies liegt in der Natur der Sache – demokratischer Kontrolle entzogen sind und den Angehörigen des Elitenkartells als Machtbasis und Spielwiese dienen. Die Europäische Union, die über 80 Prozent unserer Gesetze vorgibt, ist jetzt schon im Kleinen das, was im globalen Maßstab verwirklicht werden soll.

Dabei sagen die verantwortlichen Akteure sehr offen, worum es ihnen geht. Macht man sich die Mühe, den Nebel aus ideologischen Phrasen wegzupusten, in den sie ihre Ankündigungen hüllen, und deren rationalen Kern freizulegen, dann erübrigt sich jede Verschwörungstheorie. Welche Ideologie hinter dem Plan einer Neuen Weltordnung steht, hat zum Beispiel die Bundeskanzlerin schon vor anderthalb Jahren, bei der Konferenz »Falling Walls« am 9. November 2009 mit beispielloser Prägnanz zum Ausdruck gebracht. Merkel sagte damals (Hervorhebungen von mir):

»Das heißt, eine der spannendsten Fragen, Mauern zu überwinden, wird sein: Sind Nationalstaaten bereit und fähig dazu, Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben, koste es, was es wolle

Um also »Mauern« zu überwinden, müssen Kompetenzen abgetreten werden. Zur Erinnerung: Wir schreiben das Jahr 2009! »Mauern« gibt es schon längst nicht mehr, es sei denn an weltpolitischen Brennpunkten wie dem 38. Breitengrad in Korea. Was es gibt, sind nationale Grenzen, deren schiere Existenz hier umstandslos mit der Berliner Mauer assoziiert und auf eine Stufe gestellt wird.

Daß damit die Nationalstaatlichkeit als solche ausgerechnet mit dem Verweis auf das brutale Grenzregime eines dezidiert antinationalen Imperiums in einen Topf geworfen und damit delegitimiert wird, ist nicht nur schäbig und bedeutet, die Zuhörer für dumm zu verkaufen; es wirft vor allem ein Licht auf die Ideologie im Kopf derer, die einen solchen Satz überhaupt über die Lippen bringt.

Das Einzige, was normale nationale Grenzen mit der Berliner Mauer gemeinsam haben, ist, daß sie grenzüberschreitende Migration verhindern. Wer deswegen Grenzen mit »Mauern« gleichsetzt, postuliert nicht mehr und nicht weniger als ein universelles »Menschenrecht« (Anführungszeichen von mir; HB) auf globale Migration und ein politisches Programm, solche Migration zu fördern. Nur unter dieser Voraussetzung ergeben Merkels Ausführungen überhaupt einen Sinn.

Freilich sollen nicht nur Menschen migrieren, sondern auch Waren, Dienstleistungen und Kapital. Diese vier »Freiheiten« (Anführungszeichen von mir; HB), bekanntlich die »Grundfreiheiten« (Anführungszeichen von mir; HB) der Europäischen Union, die sollen global gelten, und sofern Nationalstaaten dem im Weg stehen, sind ihre Grenzen »Mauern« und müssen weg.

Erst unter dieser Prämisse erschließt sich der logische Zusammenhang mit dem zweiten Teil des Satzes, in dem es darum geht, daß Nationalstaaten Kompetenzen an supranationale Organisationen abgeben sollen. Sie sollen also nicht nur dann und nicht nur insofern Kompetenzen an das entstehende Globalregime abtreten, als sie selbst, die Nationalstaaten, davon einen Vorteil haben (darüber könnte man ja reden). Sondern auch dann, wenn es sie etwas kostet, und nicht nur etwas, sondern was es wolle — notfalls eben auch die Existenz des jeweiligen Staates und seines Volkes.

».... Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben, koste es, was es wolle; und sei es auch in Form einer Verurteilung? Wir haben solche Beispiele. Die Gründung der Welthandelsorganisation ist ein solches Beispiel, in dem es Schiedsverfahren gibt, in denen über Handelsfragen ohne Veto-Recht irgendeines Mitgliedstaates entschieden wird und notfalls auch Vertragsstrafen verhängt werden. Aber wir haben zu wenig von solchen Beispielen

Die WTO ist also ausdrücklich nur ein Beispiel für die Art von globaler Ordnung, die angestrebt wird. Daß eine solche Ordnung per se etwas Gutes sei, wird unterstellt; eine Begründung, warum sie für diesen oder jenen Lebensbereich notwendig sei, wird schon gar nicht mehr angestrebt.

»Deshalb ist jetzt zum Beispiel das Ringen um ein neues Klimaabkommen nach Kyoto ein ganz spezielles Ringen in der Frage: Sind wir in der Lage, gemeinsam etwas gegen den Klimawandel zu tun? Aber es steht auch pars pro toto für die Bereitschaft, sich in Bereichen, die nur global gelöst werden können, auch global zu verpflichten und gemeinsam zu agieren.«

Und wieder bleibt im Dunkeln, welche Bereiche das wohl sein könnten. Klar ist nur, daß das Ziel darin besteht, »sich global zu verpflichten«.

Der Globalismus, das hat die Bundeskanzlerin mit diesen Sätzen unzweideutig ausgesagt (spricht noch jemand von »Verschwörungstheorie«?), ist Selbstzweck. Die Vision — oder der Alptraum — einer entgrenzten Welt bedarf keiner Begründung mehr. Er braucht sich nicht zu legitimieren. Er braucht niemandem konkret zu nützen. Wahrscheinlich glauben die Ideologen der Globalisierung, einschließlich der Kanzlerin, daß die Verwirklichung dieser Utopie — irgendwie — »der Menschheit« nutzen werde; einer Menschheit, die freilich nie nach ihrer Meinung gefragt wird, und deren einzelne Völker in den seltenen Fällen, wo sie gefragt werden, regelmäßig mit einem donnernden NEIN antworten.

In jedem Fall gilt die Loyalität von Politikern, die so sprechen, nicht etwa dem Volk, das sie beauftragt hat, seine Interessen wahrzunehmen, und dessen Nutzen sie zu mehren geschworen haben. Insofern sind diese Politiker schlicht Betrüger.

Ihre Loyalität gilt vielmehr der »Menschheit« (Anführungszeichen von mir; HB). Allerdings nicht etwa der konkreten empirischen Gesamtheit aller Menschen, sondern einer von der Utopie postulierten Idealmenschheit, die mit der Verwirklichung der Utopie überhaupt erst entstehen soll; einer Menschheit, in der es keine Loyalitäten unterhalb der Menschheitsebene, speziell also keine Völker mehr geben soll.

Mit anderen Worten: Für die Globalisten hat die »Menschheit« mit den wirklichen Menschen so wenig zu tun wie für die Kommunisten die »Arbeiterklasse« mit den wirklichen Arbeitern. Es handelt sich um bloß gedankliche, utopische Konstrukte, die erst im Zuge eines revolutionären Prozesses nach und nach empirische Realität gewinnen sollen.

Gerade deshalb sind solche Konstrukte einerseits ideal geeignet, die Herrschaft der jeweiligen revolutionären Avantgarde ideologisch zu legitimieren, die diesen Prozeß — im Namen eines ideologisch antizpierten, d.h. empirisch nichtexistenten Kollektivs — vorantreibt, andererseits den Massen Sand über den wirklichen Charakter dieser Art von Herrschaft in die Augen zu streuen und sie innerlich zu entwaffnen: Welcher Arbeiter will schon gegen die Arbeiterklasse sein, welcher Mensch gegen die Menschheit?

Reden wie die zitierte lehren uns nicht nur, wieviel DDR in Angela Merkel steckt. Sie lehren uns auch, wie eng der Liberalismus, sofern man ihn man als utopisches Projekt versteht, meinetwegen auch mißversteht, mit dem Marxismus verwandt ist.“ (Ebd., 9. Juni 2011).

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