Angela
Merkel hat auf dem Evangelischen Kirchentag ganz unverblümt über eine
Neue Weltordnung gesprochen und damit nicht zum ersten Mal all jene Lügen
gestraft, die es für ein Hirngespinst rechter Verschwörungstheoretiker
halten, daß die Eliten der westlichen Länder just eine solche NWO anstreben,
also eine Ordnung, in der Nationalstaaten weitgehend entmachtet sein und die wesentlichen
politischen Entscheidungen von supranationalen Organisationen getroffen werden.
Von Organisationen, die und dies liegt in der Natur der Sache demokratischer
Kontrolle entzogen sind und den Angehörigen des Elitenkartells als Machtbasis
und Spielwiese dienen. Die Europäische Union, die über 80 Prozent unserer
Gesetze vorgibt, ist jetzt schon im Kleinen das, was im globalen Maßstab
verwirklicht werden soll.Dabei sagen die verantwortlichen Akteure sehr
offen, worum es ihnen geht. Macht man sich die Mühe, den Nebel aus ideologischen
Phrasen wegzupusten, in den sie ihre Ankündigungen hüllen, und deren
rationalen Kern freizulegen, dann erübrigt sich jede Verschwörungstheorie.
Welche Ideologie hinter dem Plan einer Neuen Weltordnung steht, hat zum
Beispiel die Bundeskanzlerin schon vor anderthalb Jahren, bei der Konferenz »Falling
Walls« am 9. November 2009 mit beispielloser Prägnanz zum Ausdruck
gebracht. Merkel sagte damals (Hervorhebungen von mir):»Das
heißt, eine der spannendsten Fragen, Mauern zu überwinden, wird
sein: Sind Nationalstaaten bereit und fähig dazu, Kompetenzen an multilaterale
Organisationen abzugeben, koste es, was es wolle.«
Um
also »Mauern« zu überwinden, müssen Kompetenzen abgetreten
werden. Zur Erinnerung: Wir schreiben das Jahr 2009! »Mauern« gibt
es schon längst nicht mehr, es sei denn an weltpolitischen Brennpunkten wie
dem 38. Breitengrad in Korea. Was es gibt, sind nationale Grenzen, deren schiere
Existenz hier umstandslos mit der Berliner Mauer assoziiert und auf eine Stufe
gestellt wird.Daß damit die Nationalstaatlichkeit als solche ausgerechnet
mit dem Verweis auf das brutale Grenzregime eines dezidiert antinationalen Imperiums
in einen Topf geworfen und damit delegitimiert wird, ist nicht nur schäbig
und bedeutet, die Zuhörer für dumm zu verkaufen; es wirft vor allem
ein Licht auf die Ideologie im Kopf derer, die einen solchen Satz überhaupt
über die Lippen bringt.Das Einzige, was normale nationale Grenzen
mit der Berliner Mauer gemeinsam haben, ist, daß sie grenzüberschreitende
Migration verhindern. Wer deswegen Grenzen mit »Mauern« gleichsetzt,
postuliert nicht mehr und nicht weniger als ein universelles »Menschenrecht«
(Anführungszeichen von mir; HB) auf globale
Migration und ein politisches Programm, solche Migration zu fördern. Nur
unter dieser Voraussetzung ergeben Merkels Ausführungen überhaupt einen
Sinn.Freilich sollen nicht nur Menschen migrieren, sondern auch Waren,
Dienstleistungen und Kapital. Diese vier »Freiheiten« (Anführungszeichen
von mir; HB), bekanntlich die »Grundfreiheiten« (Anführungszeichen
von mir; HB) der Europäischen Union, die sollen global gelten, und
sofern Nationalstaaten dem im Weg stehen, sind ihre Grenzen »Mauern«
und müssen weg.Erst unter dieser Prämisse erschließt
sich der logische Zusammenhang mit dem zweiten Teil des Satzes, in dem es darum
geht, daß Nationalstaaten Kompetenzen an supranationale Organisationen abgeben
sollen. Sie sollen also nicht nur dann und nicht nur insofern Kompetenzen an das
entstehende Globalregime abtreten, als sie selbst, die Nationalstaaten, davon
einen Vorteil haben (darüber könnte man ja reden). Sondern auch dann,
wenn es sie etwas kostet, und nicht nur etwas, sondern was es wolle notfalls
eben auch die Existenz des jeweiligen Staates und seines Volkes. »....
Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben, koste es, was es wolle;
und sei es auch in Form einer Verurteilung? Wir haben solche Beispiele. Die Gründung
der Welthandelsorganisation ist ein solches Beispiel, in dem es Schiedsverfahren
gibt, in denen über Handelsfragen ohne Veto-Recht irgendeines Mitgliedstaates
entschieden wird und notfalls auch Vertragsstrafen verhängt werden. Aber
wir haben zu wenig von solchen Beispielen.«
Die
WTO ist also ausdrücklich nur ein Beispiel für die Art von globaler
Ordnung, die angestrebt wird. Daß eine solche Ordnung per se etwas
Gutes sei, wird unterstellt; eine Begründung, warum sie für diesen oder
jenen Lebensbereich notwendig sei, wird schon gar nicht mehr angestrebt.»Deshalb
ist jetzt zum Beispiel das Ringen um ein neues Klimaabkommen nach Kyoto ein ganz
spezielles Ringen in der Frage: Sind wir in der Lage, gemeinsam etwas gegen den
Klimawandel zu tun? Aber es steht auch pars pro toto für die Bereitschaft,
sich in Bereichen, die nur global gelöst werden können, auch global
zu verpflichten und gemeinsam zu agieren.«
Und
wieder bleibt im Dunkeln, welche Bereiche das wohl sein könnten. Klar ist
nur, daß das Ziel darin besteht, »sich global zu verpflichten«.Der
Globalismus, das hat die Bundeskanzlerin mit diesen Sätzen unzweideutig ausgesagt
(spricht noch jemand von »Verschwörungstheorie«?), ist Selbstzweck.
Die Vision oder der Alptraum einer entgrenzten Welt bedarf keiner
Begründung mehr. Er braucht sich nicht zu legitimieren. Er braucht niemandem
konkret zu nützen. Wahrscheinlich glauben die Ideologen der Globalisierung,
einschließlich der Kanzlerin, daß die Verwirklichung dieser Utopie
irgendwie »der Menschheit« nutzen werde; einer Menschheit,
die freilich nie nach ihrer Meinung gefragt wird, und deren einzelne Völker
in den seltenen Fällen, wo sie gefragt werden, regelmäßig mit
einem donnernden NEIN antworten.In jedem Fall gilt die Loyalität
von Politikern, die so sprechen, nicht etwa dem Volk, das sie beauftragt hat,
seine Interessen wahrzunehmen, und dessen Nutzen sie zu mehren geschworen haben.
Insofern sind diese Politiker schlicht Betrüger.Ihre Loyalität
gilt vielmehr der »Menschheit« (Anführungszeichen
von mir; HB). Allerdings nicht etwa der konkreten empirischen Gesamtheit
aller Menschen, sondern einer von der Utopie postulierten Idealmenschheit, die
mit der Verwirklichung der Utopie überhaupt erst entstehen soll; einer Menschheit,
in der es keine Loyalitäten unterhalb der Menschheitsebene, speziell also
keine Völker mehr geben soll.Mit anderen Worten: Für die Globalisten
hat die »Menschheit« mit den wirklichen Menschen so wenig zu tun wie
für die Kommunisten die »Arbeiterklasse« mit den wirklichen Arbeitern.
Es handelt sich um bloß gedankliche, utopische Konstrukte, die erst im Zuge
eines revolutionären Prozesses nach und nach empirische Realität gewinnen
sollen.Gerade deshalb sind solche Konstrukte einerseits ideal geeignet,
die Herrschaft der jeweiligen revolutionären Avantgarde ideologisch zu legitimieren,
die diesen Prozeß im Namen eines ideologisch antizpierten, d.h. empirisch
nichtexistenten Kollektivs vorantreibt, andererseits den Massen Sand über
den wirklichen Charakter dieser Art von Herrschaft in die Augen zu streuen und
sie innerlich zu entwaffnen: Welcher Arbeiter will schon gegen die Arbeiterklasse
sein, welcher Mensch gegen die Menschheit?Reden wie die zitierte lehren
uns nicht nur, wieviel DDR in Angela Merkel steckt. Sie lehren uns auch, wie eng
der Liberalismus, sofern man ihn man als utopisches Projekt versteht, meinetwegen
auch mißversteht, mit dem Marxismus verwandt ist. (Ebd., 9. Juni 2011). |