Das
Skandalpotential von Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab liegt nicht
zuletzt darin, daß er es wagt, auch biologisch zu argumentieren. Der allgemeine
Tenor ist, daß er zu Recht auf ein lange unterschätztes Integrationsproblem
hingewiesen habe, seine genetischen Argumente aber im günstigsten Fall eine
persönliche Marotte, im schlimmsten Fall ein gefährlicher Unsinn seien.
Fachleute wie die Begabungsforscher Heiner Rindermann und Detlef Rost haben dagegen
bestätigt, daß Sarrazins Argumentation in Hinblick auf die Erblichkeit
der Intelligenz keine sachlichen Fehler enthält. (Vgl. Heiner Rindermann
/ Detlef Rost, Was ist dran an sarrazins Thesen?, in: F.A.Z., 08.09.2010)
Die Erkenntnisse, die Thilo Sarrazin in seinem Buch ausspricht, sind wissenschaftlich
nicht neu. Daß die Fähigkeiten und Charaktereigenschaften der Menschen
in starkem Maße von Genen beeinflußt werden, daß es unter ihnen
große Unterschiede gibt und daß die unterschiedlich starke Fortpflanzung
verschiedener Gruppen die genetische Zusammensetzung der Bevölkerung verändert,
ist seit über hundert Jahren bekannt. Seit den ersten Zwillingsuntersuchungen
zu Anfang des 20. Jahrhunderts kann wissenschaftlich kein Zweifel daran bestehen,
daß alle unsere persönlichen Charaktereigenschaften, insbesondere auch
unsere individuelle Verstandesbegabung, zu einem erheblichen Teil durch unser
genetisches Erbe bestimmt sind. Zwar schwanken die errechneten Werte für
den IQ je nach der verwendeten Forschungsmethode immer etwas, doch liegen alle
Ergebnisse konstant innerhalb eines Bereiches von 40 bis 80 Prozent der Variabilität
des IQ innerhalb der Bevölkerung. Wenn besonders in den fünfziger bis
siebziger Jahren unter Einfluß von Behaviorismus, Soziologie und Psychoanalyse
der Eindruck entstand, alle »biologistischen« Theorien seien inzwischen
widerlegt und die allgemeine Formbarkeit des Menschen wissenschaftlicher Konsens,
dann beruhte das nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auf ideologischen
Moden und veränderten politischen Machtverhältnissen. Dabei waren die
grundlegenden Fakten auch damals bekannt. Wer in die anthropologischen Handbücher
aus dieser Zeitschaut, wird dort überall die hohen Heritabilitäten (das
Maß für die Erblichkeit von Eigenschaften) aus den Zwillings- und Adoptionsstudien
finden, ebenso wie die unterschiedliche Verteilung des IQ in den sozialen Schichten.
In der Biologie hat sich der Wind mittlerweile gedreht. Den Anfang machte in den
siebziger Jahren die Soziobiologie, die zu einer Renaissance der Darwinschen Theorie
führte und bewußt auch den Menschen einbezog. Den Durchbruch brachte
aber erst die Entwicklung der molekulargenetischen Methoden in den neunziger Jahren.
Seit es möglich ist, konkrete DNS-Abschnitte nicht nur mit bestimmten Krankheiten,
sondern auch Verhaltenseigentümlichkeiten in Zusammenhang zu bringen, sind
die Gene auch im öffentlichen Bewußtsein zu einer Realität geworden.
Es gehört zu den Absurditäten der Situation, daß
gleichzeitig zwei radikal kulturalistische Theorien, die konsequent alle biologischen
Forschungsergebnisse ignorieren, der Konstruktivismus
und die Gender-Forschung (**|**),
erst jetzt den Gipfel ihres -Einflusses in den Gesellschaftswissenschaften erreicht
haben. (Vgl. Volkmar Weiss, Die IQ-Falle - Intelligenz, Sozialstruktur und
Politik, 2000).Zu den Kernthesen von Sarrazins Buch gehört der
Zusammenhang von Intelligenz und sozialer Schicht. Intelligenz ist das Merkmal,
das die größte Vorhersagekraft für den schulischen und beruflichen
Erfolg hat, größer auch als die soziale Herkunft. Da intelligenteren
Menschen der soziale Aufstieg eher gelingt als weniger intelligenten, reichern
sich die guten Begabungen und mit ihnen die ihnen zugrundeliegenden Gene in den
oberen Schichten an. Zugleich dünnen sich die unteren Schichten genetisch
an Begabungen immer mehr aus. Das ist eine unausweichliche Schlußfolgerung
aus der genetischen Variabilität und der Tatsache, daß die Intelligenz
der Menschen von den Genen beeinflußt wird. Es müssen gar nicht alle
sozialen Aufsteiger überdurchschnittlich intelligent sein, eine mäßige
Korrelation zwischen Begabung und sozialem Erfolg reicht schon aus, um diesen
Prozeß in Gang zu setzen. Diese Tatsache ist der Wissenschaft seit langem
unter dem Begriff der Sozialen Siebung bekannt. Ihre Konsequenzen sind
ernüchternd: Ausgerechnet die Abschaffung der Klassenunterschiede, die Herstellung
der Chancengleichheit für alle ist es, die zu immer größerer Ungleichheit
führt! Sie schafft neue, viel tiefgreifendere, weil in den kognitiven Fähigkeiten
begründete Klassenunterschiede. Untersuchungen zeigen, daß die soziale
Schichtzugehörigkeit, gemessen an dem beruflichen Status, weniger auf der
sozialen Herkunft und der schulischen Förderung als auf genetischen Voraussetzungen
beruht. Eine norwegische Studie errechnete für den beruflichen Sozialstatus
eine Heritabilität von 45 Prozent. (Vgl. Krostian Tambs / Jon Martin Sundet,
Genetic and Environmental Contributions ..., 1989, S. 209-221).
In jeder Gesellschaft gibt es dumme, mittelmäßige und kluge Menschen,
genauso wie es gesellige und eigenbrötlerische, ernste und lustige, ängstliche
und mutige Menschen gibt. Die große Variabilität ist ein populationsgenetisches
Grundphänomen. Sie ist die Voraussetzung dafür, daß durch sexuelle
Neukombination immer neue Merkmalskombinationen möglich sind und daß
die Population sich auf veränderte Umweltbedingungen einstellen kann. Zu
den Konsequenzen der großen Variabilität gehört, daß es
für jedes Merkmal, das eine Variabilität innerhalb einer Population
aufweist, auch eine Variabilität zwischen den Populationen gibt. Denn an
der Variabilität der Population setzen ja die verschiedenen populationsgenetischen
Prozesse an. Es treten nicht überall und in der gleichen Häufigkeit
dieselben Mutationen auf. Der Zufallsfaktor Gendrift, der bei der Entstehung jeder
neuen Generation ebenso eine Rolle spielt wie bei der Bildung neuer Gruppen, ist
immer wirksam. Ebenso wie die Selektion durch die natürliche und kulturelle
Umwelt, die bestimmte Merkmalsträger bevorzugt, was deren Fortpflanzung begünstigt,
und andere benachteiligt, was zu deren verminderter Fortpflanzung oder gar Eliminierung
führt, nicht immer und überall die gleiche , ist. Wenn es etwas gibt,
was die Evolution nicht herstellen kann, dann ist , das Gleichheit. Keine zwei
Familien sind gleich, keine zwei Dorfbevölkerungen, keine regionalen und
sozialen Gruppen und erst recht keine Völker und Rassen. Genetische Unterschiede
gibt es immer. Die Frage kann nicht sein, ob es Unterschiede zwischen zwei Gruppen
gibt, sondern nur, wie groß sie jeweils sind. Seit dem Beginn der
Menschheitsgeschichte gab es einen positiven Zusammenhang von Intelligenz, sozialem
und ökonomischem Erfolg und dem Fortpflanzungserfolg. Bereits im Tierreich
haben Alpha-Tiere, die ihre Konkurrenten im Wettkampf besiegen, bevorzugten Zugang
zu den Weibchen und geben so ihre Gene überproportional an die nächste
Generation weiter. Dieses Prinzip stellt sicher, daß sich nur die Gene der
gesündesten und fähigsten Individuen replizieren. Den gleichen Zusammenhang
gibt es auch in traditionellen menschlichen Gesellschaften. Untersuchungen zeigen,
daß in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften und in traditionellen bäuerlichen
Gesellschaften der soziale und wirtschaftliche Erfolg stets an der Zahl der Nachkommen
ablesbar war. Häuptlinge und Großbauern hatten mehr Kinder und Enkel
als Kleinbauern und Knechte. In Europa war zum Beispiel bis vor zweihundert Jahren
die Familiengründung noch an den Besitz einer Hofstelle oder eines eigenen
Handwerksbetriebes gebunden. Die kognitiven Fähigkeiten, die für den
sozialen und ökonomischen Erfolg erforderllich waren, wurden so selektiv
begünstigt. Nur so war der kulturelle Fortschritt bis zur Hochkultur überhaupt
erst möglich.Seit dem 19. Jahrhundert hat sich dies geändert.
Durch die Aufhebung der bisherigen Heiratshindernisse und den Rückgang der
Kindersterblichchkeit nahm die Kinderzahl der unteren Schichten stark zu. Zugleich
setzte wegen der Verstädterung, des relativen Wohlstands und der Sicherheit
vor existentieller Bedrohung ein allgemeiner Rückgang der Geburten ein, der
seinen Ausgang von den oberen Schichten nahm und bis heute anhält. Seitdem
gibt es in den entwickelten europäischen Ländern eine negative Korrelation
von sozialem und ökonomischem Erfolg und der Zahl der Kinder. Das bedeutet,
daß sich die Korrelation von sozialem und ökonomischem Erfolg und der
Zahl der Kinder umgekehrt hat. Zugleich hat sich die soziale Selektion
dadurch verschärft, daß die Klassengrenzen immer durchlässiger
wurden. Intelligenten Menschen aus den unteren Schichten gelang nun der soziale
Aufstieg, der ihnen jahrhundertelang weitgehend verwehrt war. In den oberen Schichten
angelangt, glichen sie aber ihr Fortpflanzungsverhalten den dortigen Verhältnissen
an. Da die Fähigkeiten, die den sozialen Aufstieg
ermöglichen, zumindest in gewissem Maße genetisch begründet sind,
heißt das nicht weniger, als daß in den europäischen Ländern
nun schon seit sieben Generationen eine Selektion gegen die Intelligenz stattfindet.
Darauf ist früh von Bevölkerungswissenschaftlern und Eugenikern hingewiesen
worden. Die allgemeine Entwicklung schien diese jedoch zu widerlegen. Der wissenschaftliche
Fortschritt nahm einen ungeahnten Aufschwung und auch der IQ erreichte spätestens
seit der Nachkriegszeit mit jeder Schülergeneration höhere Werte, ein
Phänomen, das nach seinem Entdecker der Flynn-Effekt genannt wird. Die Häme
über den Kulturpessimismus der Eugeniker gehört seitdem zum Standardrepertoire
vieler Bevölkerungswissenschaftler.Allerdings mehren sich die Zeichen
dafür, daß der Optimismus verfrüht war und der Flynn-Effekt an
sein Ende gekommen ist. Seit etwa 30 Jahren ist die Zunahme des IQ in den meisten
westlichen Ländern zum Stillstand gekommen, und in einigen Ländern geht
der IQ sogar schon wieder zurück. (**|**).
Wahrscheinlich ist, daß der schon vor Generationen eingesetzte Rückgang
der Intelligenz auf genotypischer Ebene bis dahin durch die zunächst noch
großen Begabungsreserven der unteren und mittleren Schichten, durch die
bessere Ernährung und Lebensumstände, die anregungsreichere Umwelt und
die Abnahme von Verwandtenheiraten überdeckt wurde. Erst jetzt, nachdem die
Begabungsreserven der unteren Schichten verbraucht und die Möglichkeiten
der Umweltverbesserung weitgehend ausgereizt sind, kommt die schon lange bestehende
genetische Gegenauslese auch phänotypisch zum Tragen. Es gehört zur
Tragik demographischer Prozesse, daß ihre Auswirkungen erst sichtbar werden,
wenn an ihnen nur noch wenig zu ändern ist.Zu diesem Prozeß,
den Sarrazin als genetischen benennt und mit seinen Konsequenzen beschreibt, kommt
noch die Einwanderung aus den unterentwickelten Ländern, insbesondere aus
den islamischen Ländern hinzu. Sarrazin sieht die Hauptursache für die
mangelnde Integrationsbereitschaft und -fähigkeit dieser Gruppen in ihrer
Kultur begründet, insbesondere im Islam. Sicherlich zu Recht. Mit seinem
totalen, den ganzen Menschen umfassenden Anspruch hat sich der Islam gegen jede
Relativierung immunisiert. Sarrazin bringt das Beispiel der drei größten
Einwanderergruppen in Großbritannien, den Schwarzen aus Westindien (Karibik)
sowie Indern und Pakistani (S. 264). Von diesen Gruppen machen demnach nur die
islamischen Pakistani größere Probleme, während sich die anderen,
insbesondere auch die sich von den Pakistani ansonsten nur wenig unterscheidenden
Inder, verhältnismäßig gut integrieren. Ob deren Integration wirklich
so problemlos ist, sei dahingestellt. Dazu, ob die von ihm beschriebenen kognitiven
und sozialen Defizite der türkischen und arabischen Einwanderer auch genetische
Ursachen haben, finden sich bei Sarrazin widersprüchliche Aussagen und Andeutungen
(S. 58, 173, 287, 293). Es ist klar, daß eine eindeutige Aussage in diesem
Sinne eine halbwegs unvoreingenommene Rezeption seines Buches unmöglich gemacht
hätte - auch wenn das starke Gewicht der genetischen Argumentation als solcher
bereits eine Interpretation nahelegt, wie sie ja auch von vielen Kommentatoren
unterstellt wurde. Lange wurde die Möglichkeit von genetisch bedingten
kognitiven Unterschieden zwischen den Rassen und Völkern geleugnet. Alle
Hinweise in dieser Richtung wogen wenig gegenüber dem unbestreitbaren Diskriminierungspotential,
das eine solche Feststellung bergen kann. Dabei haben sich die menschlichen Populationen
im Zuge des »Zivilisationsprozesses« in den letzten 10 000 Jahren
dramatisch verändert. Mit der zivilisatorischen Entwicklung wie zum Beispiel
der Übernahme einer agrarischen und später hochkulturellen Lebensweise
veränderte sich auch der morphologische Phänotyp, wurden die Menschen
graziler, nahm die Schädelkapazität zu und verschwanden oder reduzierten
sich archaische Merkmale wie zum Beispiel Überaugenwülste, große
Wangenknochen oder große Zähne. Populationen, die bei der altsteinzeitlichen
Lebensweise als Jäger und Sammler blieben, wie zum Beispiel die australischen
Ureinwohner, behielten dagegen ihren archaischen körperlichen Habitus. Der
Schädel eines heutigen Australiden, in Europa ausgegraben, würde aufgrund
seiner Form in die jüngere Altsteinzeit vor mehr als 10000 Jahren datiert
werden. Dennoch richtete man sich in der Vorstellung ein, der Mensch habe sich
in den letzten 50000 Jahren nicht mehr wesentlich verändert. Die Evolution
des Menschen sei beendet, und die kognitiven Fähigkeiten, die der Homo
sapiens damals erreicht hatte, seien bis heute dieselben geblieben und bei
allen Rassen gleich. Die empirische Weltverteilung des IQ weist bekanntlich
erhebliche Unterschiede auf. Der durchschnittliche IQ beträgt in Ostasien
105, in Europa 100, in Südostasien 90, in Nordafrika, dem Mittleren Osten,
Südasien und Amerika (Indianer) 85, in Schwarzafrika 67 und ist am niedrigsten
bei australischen Ureinwohnern (62) und afrikanischen Buschmännern (56).
Das sind beträchtliche Unterschiede. Es bedeutet, daß es zwischen der
Mehrzahl der Individuen der Gruppen mit dem höchsten IQ und der der Gruppen
mit dem niedrigsten IQ praktisch keine Überschneidung hinsichtlich der bei
Einzelpersonen gemessenen Intelligenz gibt. Diese Differenzierungen werden übrigens
durch die methodisch ganz anders gearteten Ergebnisse der kulturvergleichenden
Entwicklungspsychologie nach Jean Piaget bestätigt, die zeigen, daß
die am weitesten entwickelte Stufe des kognitiven Verständnisses, die der
formalen Operationen, die das Denken mit abstrakten Begriffen beinhaltet, in den
Entwicklungsländern nur bei einem sehr kleinen Prozentsatz der Bevölkerung
anzutreffen ist. (**). Allerdings läßt
sich die Tatsache, daß Zwillings- und Adoptionsstudien einen hohen genetischen
Anteil an der Entstehung von IQ-Unterschieden innerhalb von Bevölkerungen
ermittelt haben, nicht so ohne weiteres auf die Unterschiede zwischen Bevölkerungen
übertragen. Genaugenommen ist die Situation die, daß es gegenwärtig
keine wissenschaftliche Methode gibt, mit der man den Anteil genetischer beziehungsweise
umweltbedingter Ursachen an dem Entstehen von Bevölkerungsunterschieden hinsichtlich
des IQ berechnen könnte. Inzwischen mehren sich mit der Erforschung
der DNS aber die Hinweise, daß die Gene eine wichtige Rolle für das
Temperament und die Begabung eines Volkes spielen. Es gibt deutliche ethnische
Unterschiede bei Genen, die für die Bildung von Neurotransmittern, Botenstoffe
im Gehirn, eine Rolle spielen. So besteht ein Zusammenhang zwischen dem Dopamin-Rezeptor-Gen
4 (DRD4) und dem Bedürfnis nach Neuem (novelity seeking). Menschen mit einer
bestimmten Variante dieses Gens bedürfen größerer Reize und einer
abenteuerlicheren Lebensgestaltung, um dieselbe Befriedigung zu finden wie andere
Menschen. Diese neugierig und abenteuerlustig machende Variante kommt bei 20 Prozent
der Europäer vor, während sie bei Ostasiaten völlig fehlt. Ein
anderes Neurotransmitter-Gen ist das Serotonin- Transporter-Gen (SERT). Bei einer
Variante dieses Gens neigen die betroffenen Menschen in stärkerem Maße
zu Depressionen, neurotischem Verhalten und Schadensvermeidung. Sie sind ängstlicher
und leichter verletzbar. Die Weltverteilung dieser Genvariante zeigt einen deutlichen
Zusammenhang mit der Zivilisationshöhe (vor Ausbreitung der Europäer).
Sie ist bei Naturvölkern wie Pygmäen oder Schwarzafrikanern mit Werten
um 20 Prozent relativ selten, kommt bei 40 bis 50 Prozent der Europäer vor
und bei 70 Prozent der Ostasiaten. Die Verteilung des DRD4- und des SERT-Gens
passen gut zu den von Daniel Freedman schon in den 1970er Jahren nachgewiesenen
Verhaltensunterschieden zwischen den Neugeborenen europäischer, afrikanischer
und asiatischer Herkunft. Sie zeigen auch eine bemerkenswerte Übereinstimmung
mit den kulturellen Besonderheiten Europas und Ostasiens, dem Individualismus
und stärkeren Aktivismus der Europäer und der ausgeprägten Sozialdisziplin
der Asiaten.Genetische Untersuchungen von John Hawks, Eric T. Wang, Henry
Harpending und Gregory Cochran haben in den letzten Jahren im menschlichen Genom
Belege dafür gefunden, daß sich die Selektion in den letzten 40000
Jahren und vor allem seit der letzten Eiszeit vor etwa 10000 Jahren sogar erheblich
beschleunigt hat. Etwa 7 Prozent des menschlichen Genoms haben sich in dieser
Zeit verändert. Es gibt weiterhin Hinweise darauf, daß die Veränderungen
bei Europäern und Ostasiaten stärker waren als bei Afrikanern. Dabei
sind vier Fünftel der evoluierten Gene rassenspezifisch, und nur ein Fünftel
findet sich bei allen Menschen. Brisant im Hinblick auf mögliche kognitive
Unterschiede ist, daß ein großer Teil der durch die Selektion veränderten
Gene das Gehirn und das Nervensystem betrifft. So zum Beispiel das Mikrocephalin-Gen
und das ASPM-Gen, die beide die Hirnentwicklung steuern. Beide zeigen eine deutliche
geographische Korrelation mit der Gehirngröße und dem IQ. So findet
sich zum Beispiel das progressive Mikrocephalin-Allel bei Negriden mit nur 22
Prozent erheblich seltener als bei Europäern und Ostasiaten, von denen es
mehr als 80 Prozent aufweisen. Die Forschung ist im Fluß, und abschließende
Aussagen sind noch nicht möglich.Wenn es zutrifft, daß der
geographischen Korrelation von IQ, Kulturhöhe, Gehirngröße und
morphologisch progressivem Phänotyp ein genetischer Zusammenhang zugrunde
liegt, bedeutet dies, daß auch der im Vergleich zu Europäern niedrigere
IQ-Mittelwert (zwischen 80 und 90) der türkischen und arabischen Bevölkerungen
nicht nur soziale und kulturelle Ursachen hat. Es ist viel davon die
Rede, daß türkische und arabische Einwanderer gleichsam aus dem Mittelalter
zu uns kämen. Man verbindet damit die Vorstellung von archaischen Ehrbegriffen,
Sippenethik, rigider Sexualmoral, Unterdrückung der Frau und sogenannten
Ehrenmorden. Tatsächlich macht man sich aber keine Vorstellung davon, wie
tiefgehend die kulturellen Unterschiede wirklich sind. Ein Bild davon vermitteln
die Ergebnisse der kulturvergleichenden Untersuchungen in der Fortsetzung der
Entwicklungspsychologie Jean Piagets, die der Aachener Soziologe Georg W. Oesterdiekhoff
zusammengestellt hat. (Vgl. Georg W. Oesterdiekhoff, Zivilisation und Strukturgenese,
2000). ** So ist eine
solche »mittelalterliche« Kultur zum Beispiel noch verbunden mit animistischen
Vorstellungen. Eine Untersuchung von Dorfbewohnern in der ländlichen Westtürkei
ergab, daß dort 55 Prozent der Befragten glauben, daß Sonne und Mond
lebende Subjekte seien, 38 Prozent sprechen den Wolken Bewußtsein zu, und
11 Prozent glauben, daß ein zu Boden gefallener Stein Schmerzen empfindet
(vgl. Karl Kälble, Die Entwickluung der Kausalität im Kulturvergleich,
1997, S. 284f.). Das schon erwähnte Stadium des formalen Denkens im Sinne
Piagets wird in ländlichen Gegenden der Türkei und der arabischen Länder
praktisch gar nicht erreicht. Dem entspricht, daß auch die oberen Stufen
der Entwicklung des moralischen Urteils nach Lawrence Kohlberg nur selten anzutreffen
sind. (Vgl. Lawrence Kohlberg / Elliot Turiel, Moralische Entwicklung und Moraledrziehung,
in: Gerhard Portele [Hrsg.], Sozialisation und Moral, 1978, S. 13-80). Türkische
Landbewohner verharren demnach zu 54 Prozent auf der sogenannten vorkonventionellen
Stufe, in der das moralische Urteil an den eigenen Bedürfnissen und Strafe
und Gehorsam ausgerichtet ist, 40 Prozent auf der konventionellen Stufe und nur
6 Prozent auf der postkonventionellen Stufe der Orientierung an allgemeingültigen
ethischen Prinzipien (diese letzte, anspruchsvolle Stufe wird allerdings auch
im Westen nur von etwa 34 Prozent der Menschen erreicht, hier herrscht die konventionelle
Stufe der Orientierung an Recht und Ordnung, von Konformität und Loyalität
vor). Die unteren Stufen der moralischen Entwicklung sind im allgemeinen mit Egozentrismus
und mangelnder Fähigkeit zur Selbstkritik verbunden. Die arabischen
Völker - und in geringerem Maß auch die Türken - zeigen aber auch
psychologische Besonderheiten, die andere auf einem vergleichbaren kognitiven
Entwicklungsstand stehende Völker wie Schwarzafrikaner, Inder oder Südostasiaten
nicht aufweisen. Übereinstimmend berichten europäische und kritische
einheimische Beobachter, wie zum Beispiel der Iraker Ali Al-Wardi oder die US-Amerikanerin
Sania Hamady, von impulsiver, wenig moderater Emotionalität und Affektausbrüchen,
geringer Selbstkontrolle, leidenschaftlichem Egozentrismus, Neigung zu Gewalttätigkeit
und Fanatismus. (Vgl. Ali Al-Wardy, Soziologie des Nomadentums, 1972; Sania Hamady,
Temperament and Character of the Arabs, 1960). Dem steht eine offensichtlich
erforderliche rigide Kontrolle durch die Gemeinschaft entgegen, die etwa sexuelle
Verfehlungen mit härtesten Sanktionen belegt. Der Fanatismus der Araber wird
in Berichten seit dem Mittelalter immer wieder genannt. Man macht es sich zu leicht,
wenn man hier nur Vorurteile und Stereotype am Werk sehen will. Es ist
bezeichnend, daß die islamischen Völker, die nicht zu dem von Marokko
bis Afghanistan reichenden anthropologischen Kontinuum ostmediterraner und orientalider
Völker gehören, wie Schwarzafrikaner und Indonesier, vergleichsweise
frei von solchen Erscheinungen der Aggressivität und des Fanatismus sind.
Man muß damit rechnen, daß in patriarchalisch-kriegerischen Gesellschaften
die entsprechend veranlagten Männer einen Fortpflanzungsvorteil besitzen.
Über die Jahrtausende hinweg kann das auch bei einem nur geringen Fortpflanzungsvorteil
zu einer Anreicherung entsprechender Erbanlagen im Genpool einer Population führen.
Der us-amerikanische Wissenschaftsjournalist Steven Pinker sah schon
2006 in der Erkenntnis der modernen Wissenschaft, daß Völker sich in
ihrer Begabung und ihrem Temperament genetisch unterscheiden können, die
»gefährlichste Idee der nächsten zehn Jahre«. Es wäre
auf jeden Fall fahrlässig, bei dem derzeitigen Stand der Ferschung die Möglichkeit
genetischer Unterschiede auch der Psyche und deren gesellschaftliche Folgen zu
ignorieren. (Ebd., Oktober 2010, S. 24-29). |