Will
man diese Siedlungsform in einer Typologie fassen, könnte man dem Vorschlag
von Jan Wehrheim folgen, der am Beispiel der USA drei Arten von Siedlungen mit
Zugangsbeschränkungen unterscheiden hat. .... Anteilsmäßig ungefähr
ein Drittel der gated communities werden jeweils von Ober- und gehobener
Mittelschicht, den wohlhabenden Rentnern sowie den mittleren und unteren Einkommensklassen
gehalten. Der wichtigste Grund für die Entwicklung zur gated community
ist die Angst vor Kriminalität und alltäglicher Gewalt. Sie resultiert
aus der Zuspitzung sozialer und ethnischer Gegensätze durch wirtschaftliche
Umstrukturierung und Massenzuwanderung, die zum Anwachsen großstädtischer
Unterschichten führt. Die Organe der Staatsmacht sind oft nicht fähig
oder auch nicht willens, die dort neu entstehenden sogenannten »gefährlichen
Klassen« in Schach zu halten und effektiv gegen Gewaltkriminalität,
Drogenhandel und Jugendbanden vorzugehen. Öffentliche Räume, Straßen,
Plätze, Verkehrsmittel und Parks werden in diesem Zusammenhang als »Angsträume«
erlebt. .... Meist erfolgt die Schaffung privater Siedlungen über einen Projektentwickler,
den developer, der einen Verein, eine sogenannte Homeowner Association,
gründet. Mitgliedschaft und Stimmrecht im Verein sind für alle Besitzer
bis zum vollständigen Verkauf der Siedlung zwingend. Der Verein stellt die
»Regierung« der Siedlung dar und ist für die Regelung des Lebens
in der Anlage, die Vertretung nach außen, die Erhebung eigener Steuern,
Abgaben und Gebühren sowie die Kontrolle der Einhaltung der internen Regelungen
zuständig. .... Je mehr Menschen sich mittels privater Siedlungen vom System
der öffentlichen Kommunen abschotten, um so größer wird das politische
Gewicht ihrer Interessenvertreter. Für staatliche Umverteilungsmaßnahmen,
die vor allem den übrig gebliebenen öffentlichen Kommunen nutzen würden,
in denen sich die die unteren Klasen und Sozialfälle konzentrieren, wird
es damit eng. Im Bestreben, nach außen möglichst wenig Steuern zu zahlen,
kommt man den privaten Siedlungen auch von öffentlicher Seite (wie z.B. in
Housten und Kansas City) entgegen, da ihre wohlhabenden Bewohner wenig kosten,
aber dafür viel konsumieren. Mittlerweile sind etliche private Siedlungen
vom Staat als eigenständige Kommune anerkannt. Bedeutsam erscheint dies auch
im Hinblick auf die lokale Demokratie, da sich in den Hausbesitzervereinigungen
das Stimmrecht nicht nach der Anzahl der erwachsenen Bewohner richtet. Statt dessen
gilt entweder »eine Stimme pro Haushalt« oder das Stimmrecht richtet
sich nach dem Immobilienwert - nach dem Prinzip: »one dollar - one vote«,
wobei Mieter kein Stimmrecht besitzen. Als »the most representive and
responsive form of democracy« bezeichnet die Interessenvertretervereinigung
Community Association diesen Umstand. In den Siedlungen konstituiert sich
eine Lebenssphäre, die zwischen dem liegt, was sich als privat oder öffentlich
definieren läßt. .... Damit zeichnet sich horizontal das Leitbild der
Großstadtentwicklung als Flickenteppich aus privaten Sicherheitsinseln,
umgeben von »gefährlichen Räumen« ab. Vertikal bilden sich
zwei Pole heraus: die lifestyle & prestige communities am oberen und
die öffentlichen Räume als Armenghettos, Bürgerkriegs- und Plünderungszonen
am unteren Ende der sozialen Hierarchie. (Ebd., April 2006, S. 22-24). |