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Götz Kubitschek

- „Wie wichtig ist ein Begriff? – Gespräch mit Dieter Stein und Karlheinz Weißmann“ -

(Textauszüge)

 

„Wie wichtig ist ein Begriff? – Gespräch mit Dieter Stein und Karlheinz Weißmann“ (Götz Kubitschek)

„Die jäh in Internet-Foren aufgeworfene Frage nach Sinn oder Unsinn des politischen Begriffs »Neue Rechte« war Auslöser eines Gesprächs mit Dieter Stein (Junge Freiheit) und Karlheinz Weißmann (Sezession) über diese politische Bezeichnung.

SEZESSION: Dieter, du lehnst den Begriff »Neue Rechte« für die Positionsbestimmung der Jungen Freiheit ab und hast im Kulturaufmacher deiner Zeitung, Ausgabe 3/2009, den Herausgebern unserer Zeitschrift vorgeworfen, wir spielten mit unserer beharrlichen Verwendung des Wortes ein gefährliches Spiel. Was ist gefährlich am Begriff »Neue Rechte«?

STEIN: Nicht gefährlich – unbrauchbar ist dieser Begriff. Man muß wissen, wann man sich für welche politischen Begriffe zur Selbstverortung entscheidet. Ich habe schon vor zwanzig Jahren den immer wieder aufkommenden Begriff einer »Neuen Rechten« als problematisch verworfen und bleibe dabei. Sicher muß man wohl damit leben, daß man durch den politischen Gegner ein Etikett verpaßt bekommt. Wer dieses für charmanter hält als den Begriff einer »Alten Rechten«, der irrt: Der Begriff der »Neuen Rechten« ist ein Kampfbegriff, der der Denunziation dient. Er wurde letztlich von Verfassungsschutzbehörden und linken Politikwissenschaftlern durchgesetzt, um ein politisches Milieu zu markieren, das als extremistisches »Brückenspektrum« denunziert werden soll. Diese Begriffsdefinition hat sich faktisch durchgesetzt, und es ist eine Illusion zu meinen, daß man diesen Gehalt aus einer Außenseiterposition heraus positiv umdeuten könnte. Die Denunziation mittels des verführerischen Begriffes »Neue Rechte« ist Teil der Strategie, einen legitimen konservativen, demokratisch-rechten Faktor aus dem öffentlichen Diskurs und der Demokratie auszuschließen.

SEZESSION: Karlheinz, du könntest direkt darauf antworten.

WEISSMANN: Vielleicht sollte ich auch eine kleine biographische Vorbemerkung machen: Als ich mich in den siebziger Jahren zu politisieren begann, war »Neue Rechte« kein geläufiger Begriff. Mit der Nouvelle Droite in Frankreich hatte ich ideologisch nichts am Hut, Gruppen wie die »Aktion Neue Rechte« kannte ich nicht. Allerdings merkte ich auch rasch, daß ich nicht »konservativ« in dem Sinne war, in dem das damals noch relativ viele waren. Mir ging es nicht primär um die Grenzen von 1937, die Wiederherstellung der Verhältnisse von Vor-Achtundsechzig, ich war kein Kind von Heimatvertriebenen, Adeligen, gehobenen Bürgern, frommen Protestanten oder katholischen Kirchgängern. Außerdem habe ich früh gemerkt, daß dieses Konservativ-Sein oft etwas Vordergründiges hatte, nicht ganz ernst gemeint, sondern abhängig von den Milieus war, in denen man aufgewachsen ist. Dagegen hatte ich eine bewußte politische Entscheidung gesetzt, und mein Mißtrauen gegenüber den »Konservativen« wuchs in dem Maße, in dem ich beobachtete, wie sie sich mit den Verhältnissen abfanden. »Konservatismus« ist nicht erst seit gestern eine Abfindungsformel, und deshalb war mir Armin Mohlers Frechheit sympathisch, der sich als »rechts« bezeichnete. In seinem Umfeld haben sich alle als Teil einer »neuen Rechten« empfunden, und auch sein Antipode Gerd-Klaus Kaltenbrunner hat eine »neue Rechte« für notwendig gehalten. Jedenfalls erschien uns »Neue Rechte« als Hilfsbezeichnung nützlich, um unser Meinungslager zu benennen, das wurde uns nicht von außen aufgezwungen. Wir wollten im übrigen keine Mehrheiten gewinnen, sondern unsere intellektuelle Selbständigkeit erhalten und eine Grenzlinie zu den Opportunisten und den Gegnern ziehen. Unter dem Aspekt der »Anschlußfähigkeit« war das natürlich unklug, aber wann wäre eine prinzipielle Alternative je zustande gekommen durch Klugheitserwägungen? Damit zu einem letzten Aspekt: Wenn nun schon Konsens ist, daß mit Carl Schmitt politische Begriffe polemische Begriffe sind, dann hat das Polemische primär nichts mit Denunziation zu tun, sondern mit dem agonalen Charakter des Politischen. Wenn im politischen Kampf »rechts« negativ konnotiert ist, dann weil die Linke die kulturelle und politische Macht besitzt. Wenn ich diesen Machtbesitz in Frage stellen will – vorausgesetzt ich will das –, muß ich eine hinreichend klare Alternative bezeichnen. Diese wird von den Machthabern bekämpft werden, das ist politische Normalität und vergleichbare Situationen hat es immer wieder gegeben. Ob und unter welchen Bedingungen eine Veränderung der Machtverhältnisse möglich ist, kann man nicht aus Faustregeln ableiten: »Geuse«, also Bettler, war ein Schimpf, mit dem die Spanier die holländischen Freiheitskämpfer bezeichneten, und die haben einen Ehrennamen daraus gemacht. »Socialdemokrat« war im Zweiten Reich ein Begriff, viel schlimmer als »Rechter« heutzutage, aber Werner Sombart schrieb, daß in seiner Studentenzeit plötzlich alle »Socialisten« sein wollten. Ein »Linker« zu sein, war in der frühen Bundesrepublik ganz und gar kein Spaß, aber als ich jung war, gab es unter den Jungen praktisch nur noch Linke. Wenn ich also die Möglichkeit eines Umschlags nicht für denkbar hielte, würde ich Dieter zustimmen; da ich aber an dieser Möglichkeit festhalte, bin ich fürs Standhalten, und wenn es keine andere Fahne gibt, dann eben die, auf der »Neue Rechte« steht. Nur nebenbei: auch der Begriff »rechts« – ohne Adjektiv – oder »demokratisch-rechts« ist keine Alternative, der erste löst eh die übliche Assoziationskette »rechts – rechtsradikal – Nazi – Auschwitz« aus, der zweite ist ungefüg und jedenfalls als Parole ungeeignet.

STEIN: Als ich 1982 bei der »Jungen Union« Mitglied werden wollte, fragte mich der Kreisvorsitzende als erstes in einem Gespräch, wo ich denn politisch stünde. In aller Naivität antwortete ich: »Rechts«. Irritiert hakte er noch einmal nach: »Weißt du, wir hatten in der letzten Zeit manchmal Probleme mit Jungs, die sich als ›rechts‹ bezeichneten.« Unbeleckt von irgendwelchen Kenntnissen einer »rechten Szene« hatte ich im demokratischen Links-Rechts-Spektrum die SPD links und die CDU selbstverständlich »rechts« eingeordnet. Für mich war Franz Josef Strauß damals ein »Rechter«. Das »Konservative« war mir sehr wohl sympathisch, ich verband damit die Werte, die ich im Elternhaus kennengelernt hatte. Nationalbewußtsein, Dienst am Vaterland – mein Vater war Berufssoldat –, christliches Bekenntnis, Familienbewußtsein. Nach der »Wende« zu Kanzler Kohl 1982 dann das böse Erwachen: Die CDU bezog gar keine konservativen Positionen. Einen »Rollback« unter dem Stichwort einer »Geistig-moralischen Wende« gab es nicht. Ein Freund und Klassenkamerad war ein Heidegger-Enkel, mit dem ich viel politisierte. Bei Hausbesuchen lernte ich durch den Vater, Hermann Heidegger, von ihm bezogene konservative Zeitschriften wie »Mut«, »Criticón« oder »Deutschland-Magazin« kennen. Ich war elektrisiert, daß es eine teils parteiunabhängige, mehr oder weniger kritische Publizistik von »rechts« gab – und so tastete ich mich voran. Nach meinem Übertritt von der JU zu den aus Protest gegen einen von Franz Josef Strauß eingefädelten DDR-Milliardenkredit von CSU-Abtrünnigen gegründeten Republikanern, wo ich 1984/'85 Mitglied war, erlebte ich dort einen ersten Richtungsstreit, der unter dem Etikett »Neue Rechte« lief. Franz Schönhuber, zunächst nur stellvertretender Bundesvorsitzender, hatte Mitte der achtziger Jahre in der Zeitschrift Criticón einen Text publiziert, in dem er an den von Armin Mohler forcierten Begriff »Neue Rechte« andockte. Er hatte die Absicht, aus der durch den niederbayerischen Lokalmatador Franz Handlos initiierten Formation eine Partei zu machen, die nicht lediglich eine »bessere CSU« sein sollte. Entscheidend war, daß er die Partei für Funktionäre der NPD öffnete – weshalb es dann schon 1985 zu einer Spaltung kam. Damit verband ich den Begriff einer »Neuen Rechten« schon damals mit einer Öffnung zur NPD, in deren Umfeld ja bekanntlich die »Aktion Neue Rechte« 1972 als NPD-Abspaltung entstanden war. Eine erfolglose Unternehmung übrigens. Das zu einer biographischen Konstante: Mir ist immer ein rechtsradikales Milieu fremd gewesen, das sich aus Traditionsbezügen zum Nationalsozialismus nicht lösen konnte. Die NPD ist selbstverständlich bis heute Kristallisationspunkt dieses Milieus geblieben. Wobei ich viele kennenlernte und auch Freunde gewann, die einmal in der NPD gewesen waren, aber sich aus diesem Grund von diesem Verein verabschiedet hatten. Ich erinnere mich gut, wie wir im Kreis derer, die 1989-1993 in Freiburg die JF als Studenten gemacht haben, über die Links-Rechts-Frage und den Begriff der »Neuen Rechten« diskutiert haben. Er war schon damals als Sammelbegriff für nationalrevolutionäre Splittergruppen und völkische Zirkel teils schon das, was in meinen Augen eigentlich die »Alte Rechte« war, etwa Grabert-Verlag oder Nation Europa. Auf der anderen Seite problematisierten wir intensiv in Gesprächen selbst den Begriff »Rechts«, weil für uns das Leitmotiv eigentlich die Nation war. Warum sollte das Nationale eigentlich »rechts« sein? Was war mit der Option einer nationalen Linken, für die Wolfgang Venohr, Peter Brandt und Herbert Ammon standen? Sollten wir uns nicht für eine Überwindung des simplen Rechts-Links-Schemas einsetzen, das wir von der französischen Revolution geerbt haben? Allein letzteres ein Argument, den Begriffen distanziert gegenüberzustehen. Wer die JF aufmerksam liest, dem wird auffallen, daß sie den Begriff »rechts« weitgehend meidet und eher hilfsweise verwendet. Ich habe jedenfalls mit »Konservativen« typischerweise nie Menschen verbunden, die sich mit den Verhältnissen abfinden. Wie lange hält die »Frechheit« vor, wenn man sich »rechts« oder gar »neu-rechts« nennt? Ich kann mir noch eine Menge Begriffe vorstellen, deren Verwendung eine Frechheit ist und bei denen man in der Lage ist, sich in einer Parallelwelt abzukapseln. Was ist eigentlich gewonnen durch diese eigenartige Selbstbezeichnung?

SEZESSION: Mit »eigenartiger Selbstbezeichnung« meinst du jetzt also nicht nur »Neue Rechte«, sondern »rechts« insgesamt, und du trittst in deinem jüngsten Artikel für eine »Dekonstruktion« der Begriffe links und rechts überhaupt ein. Karlheinz: Was könnte gewonnen sein, wenn wir dennoch an solch eigenartigen Selbstbezeichnungen festhalten?

WEISSMANN: Es gibt in Frankreich die Redewendung: »Wenn jemand behauptet, daß die Unterscheidung links-rechts keine Bedeutung mehr hat, ist er sicher kein Linker«, und das stimmt. Nur die Nicht-Linke redet seit über hundert Jahren von der Überwindung des Gegensatzes, gelungen ist sie nicht. Er stellt sich auf immer neue Weise immer wieder her, weshalb es auch dauernd »neue Linke« (die nie ganz neu sind) und »neue Rechte« gibt. Das ist unabänderlich, solange es das Politische gibt; die von Dieter so geschätzte Frau Noelle hat übrigens sehr schön empirisch nachgewiesen, daß die Masse der Bürger ganz genau weiß, ob sie eher »rechts« oder »links« ist. Das »Nationale« ist selbstverständlich gar keine Ersatzgröße: zum ersten, weil auf die Idee natürlich schon andere gekommen sind – wenn ich mich richtig erinnere, wirbt die NPD regelmäßig mit dem Slogan »Die Nationalen«, »Die nationale Alternative« o.ä. –, zum zweiten, weil die Nation, solange sie als integrative Größe anerkannt wird, auf eine Ebene oberhalb des politischen Kampfes gehört, also insofern politisch »neutralisiert« ist (schon wieder Schmitt). Hat sie die Anerkennung verloren, so wie jetzt, gehört sie wie jeder Ordnungsbegriff automatisch nach »rechts«, deshalb der traditionelle »Antipatriotismus« der Linken und der vergangenheitsbewältigungsgetönte der Achtundsechziger. Die »Antideutschen« machen bloß Ernst mit dem, was auf der Hauptspur der linken Argumentationsstrecke sowieso bestimmend ist. Die Linksnationalen kommen nur als Geisterfahrer auf dieser Hauptspur vor, sind isoliert (Ammon), nicht sehr überzeugungsfest (Brandt) oder als Linke gar nicht mehr identifizierbar (Venohr). Was nun die Abkapselung angeht, so habe ich sicher von uns beiden die größere Erfahrung mit großen Foren, wo man auch eine Art Zugang zur Allgemeinheit hat. Ich habe vor dem Politischen Club der Evangelischen Akademie in Tutzing gesprochen und bei der Adenauer-Stiftung, im Club zu Bremen und bei den Beiräten von Banken und Versicherungen. Die Resonanz war eigentlich immer sehr positiv – übrigens auch in Tutzing. Das lag ohne Zweifel an den Inhalten, die ich da vertrat und die sich nicht von denen unterscheiden, die ich heute vertrete. Daß ich dort nicht mehr sprechen kann, liegt kaum an der Qualität dessen, was ich denke und sage. Es liegt ganz einfach an den Machtverhältnissen in diesem Land. Wer glaubt, daß er die durch die Anpassung an Sprachregelungen verändern kann, versuche sein Glück. Meine Prognose lautet, daß ihn die Machtverhältnisse verändern werden. Eine prinzipielle Gegenposition – also eine, die Prinzipien vertritt – muß als solche kenntlich und unter den gegebenen Umständen die Position einer Minderheit sein. Gehlen hat einmal davon gesprochen, daß in aussichtslos erscheinender Lage nichts so überzeugend wirkt wie das überzeugende Beispiel, Integrität eben. Man mag trotzdem mit Erfolglosigkeit bezahlen, aber da gilt dann das Herrenwort: »Was nutzt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?«

SEZESSION: Es sind unter anderem wir Herausgeber der Sezession, denen du, Dieter, mangelnde Distanz zum Begriff der »Neuen Rechten« vorwirfst. Ich verstehe nun nicht, warum du dich aus Angst vor einer Instrumentalisierung durch die Begriffe »Neue Rechte« und »rechts« indirekt doch sehr instrumentalisieren läßt: Du verwirfst mögliche Selbstverortungen ohne Not und läßt dich zu Einengungen des Meinbaren hinreißen.

STEIN: Da haben wir uns mißverstanden. Ich habe nicht behauptet, daß es mutig ist, den Begriff einer »Neuen Rechten« für sich besetzen zu wollen. Ich meine vielmehr, daß es sinnlos und verfehlt ist. Es sei denn, man identifiziert sich mit politischen Positionen, die nach dominierendem Verständnis zu einer »Neuen Rechten« passen. Da habt ihr automatisch Klärungsbedarf. Ich sage, daß der Begriff unbrauchbar ist, und der Versuch, ihn im wohlverstandenen Sinne besetzen zu wollen, in eine Sackgasse führt. Man kann das ja machen, wenn man sich unbedingt verrennen will. Der von mir ebenfalls sehr geschätzte Staatsrechtler Helmut Quaritsch stellte in seinem Buch »Positionen und Begriffe Carl Schmitts« fest: »Im Kampf der Geister ist die Besetzung eines Begriffs so wichtig wie im Kriege die Eroberung einer Festung.« Der Begriff der »Neuen Rechten« ist eine solche Festung. Ihn »positiv« besetzen zu wollen, gleicht der Schlacht um Verdun. Anders ausgedrückt: Ich bin evangelischer Christ. Falls man 25 Jahre lang über mich behaupten sollte, ich sei katholischer Sedisvakantist, werde ich mich auch dann nicht selbst so bezeichnen. Auch nicht als katholisch. Apropos vakant: Für mich wird der politisch-publizistische Standort »konservativ« in Deutschland durch keine etablierte Partei oder ein Medium vertreten. Weder FAZ, Springer-Presse, Rheinischer Merkur noch CDU oder CSU besetzen diesen Begriff offensiv oder wollen ihn prägen. Wenn ihr es nicht sein wollt, gibt es keine konservative Theoriezeitschrift oder ein wissenschaftliches Institut, das sich diesem Begriff verschreibt. Der Begriff des Konservativen entfaltet einen prächtigen weltanschaulichen Kosmos, der nicht für Homogenität, sondern Differenz steht. Der Begriff der »Neuen Rechten« steht für eine geistige Engführung. Wer zwingt euch eigentlich, eine solche kategorisch-ideologische Selbsteinordnung vorzunehmen? Was ist damit gewonnen? Und: Weshalb habt ihr euch für den Begriff entschieden, obwohl Alain de Benoist schon vor Jahren für seine Gruppe in Frankreich die Einschätzung getroffen hat, daß es ein Fehler war, den Begriff der »Nouvelle Droite« als Selbstbeschreibung angenommen zu haben?

WEISSMANN: Fangen wir von hinten an: Ich schätze de Benoist als unabhängigen Kopf, aber seine Weltanschauung teile ich nicht: nicht seine Aversion gegen das Christentum, nicht seinen Nominalismus, nicht seine Sympathie für die Kulturkritik der Frankfurter Schule, um es kurz zu machen. Also sehe ich auch keine Veranlassung, ihm in diesem Punkt zu folgen. Etwas verblüffend finde ich natürlich, daß du, Dieter, die Positionen de Benoists als derart maßgeblich betrachtest, – aber nun ja. Dann noch einmal zum Konservativen. Es ist eben nicht so, daß es keine Bemühungen gibt, den Begriff zu besetzen. Von Wolfram Weimer bis zu Paul Nolte und Andreas Molau finden sich entsprechende Versuche, nicht zu vergessen der Vorstoß der Unionsnachwuchselite um Philipp Mißfelder. Die Attraktivität erklärt sich aus zwei Motiven: erstens der Unverbindlichkeit dieser Art Konservatismus, dem ganzen Gerede über »Werte«, das noch nie zu irgend etwas geführt hat, und dann aus der Möglichkeit für diese »neuen Bürgerlichen«, sich ganz konservativ auf Besitzstandswahrung zu konzentrieren. Da erkläre ich allerdings entschieden meinen Dissens und möchte nicht verwechselt werden, was auch immer freudig akzeptiert wird, wenn ich erkläre, daß ich nicht nur konservativ bin, sondern rechts. Womit nun gar nicht bestritten sei, daß ich mich unter den Denkfamilien der Neuen Rechten eben weder den Nationalisten noch den Traditionalisten noch der Nouvelle Droite zurechne, sondern jener Überlieferung, die von den »Neukonservativen« der Kaiserzeit über die Konservativ-Revolutionären der Zwischenkriegsjahre bis zu den konservativen Einzelgängern der Nachkriegszeit reicht, etwa Arnold Gehlen, Konrad Lorenz, Herbert Gruhl, Robert Spaemann, Gerd-Klaus Kaltenbrunner und Armin Mohler, womit dann auch eine Abgrenzung vollzogen wäre zu den »Gelegenheits-Konservativen«, nehmen wir als Beispiele Alexander Gauland, Wolf Jobst Siedler, Jörg Schönbohm. Wir stehen also vor dem Problem, daß es entweder gar keine Möglichkeit der Selbstbezeichnung gibt, eine unscharfe – konservativ – oder eine trennscharfe – rechts. Und wenn wir schon martialisch werden: es geht um die Alternativen Kapitulation, Kollaboration oder Guerilla. Da bin ich dann zugegebenermaßen für Guerilla – also den kleinen Krieg; dazu gehört Beweglichkeit, Deckung nutzen, Angriffslust und selbstverständlich Provokation des Gegners.“ (Ebd., März 2009).

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