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Scholl-Latour in Korea (2004)
„Als Wächterin dieses Ortes der Erinnerung waltet eine junge, hübsche Offizierin, deren Uniform ungewöhnlich elegant geschnitten ist. Sogar die hohe Schirmmütze mit dem roten Stern steht ihr gut. Sie führt ihre kleine Tochter an der Hand und bewegt sich geschmeidig auf halbhohen Absätzen. Nach Aufforderung unserer koreanischen Begleiter schmiegt sie sich zum gemeinsamen Foto eng an meine Schulter.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 74Scholl-Latour).WEITER
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Im August 2004 sprach Peter Scholl-Latour mit dem nordkoreanischen „Vorsteher der Abteilung 12“, Herrn Ham Son Hun. Gewiß würden USA und China - für Ham Son Hun „die beiden Weltmächte westlich und östlich des Pazifik“ - langfristig auf eine schicksalhafte Kraftprobe zusteuern, doch zur Zeit seien sie „noch aufeinander angewiesen. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Peking und Washington sei stärker als der unvermeidliche Antagonismus. Die finanzielle Symbiose wirke sich bis auf weiteres als strategische Lähmung aus. Ob die atomare Aufrüstung Nordkoreas nicht zwangsläufig das Kaiserreich Japan dazu bringe, sich seinerseits mit nuklearen Waffen auszustatten, habe ich immer wieder gefragt. Stets erhielt ich die gleiche Erwiderung. Die japanischen Interkontinentalraketen seien längst im Weltall erprobt, und die Wissenschaftler im Land der Aufgehenden Sonne hätten Dank ihrer Spitzenposition in der High Technology alle Entwicklungen der Kernenergie erforscht. Sie seien mit sämtlichen Facetten der Uran- und Plutonium-Anreicherung vertraut und hätten de facto die Schwelle zur Atomrüstung bereits überschritten. »Wenn die Japaner wollen, werden sie morgen schon über ein nukleares Arsenal verfügen«, wird mir in Pjöngjang mehrfach versichert. Ähnlich hatten sich ja auch die chinesischen Diplomaten geäußert, die ich zu diesem Thema in Peking befragte.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 101Scholl-Latour).
NACH OBEN
Nuklearer Angriff käme einem kollektiven Selbstmord gleich, so der nordkoreanische Abgeordnete Ri Jong Hyok im Gespräch mit Peter Scholl-Latour. „Die wirkliche Gefahr der Zukunft sei bei jenen fanatischen oder kriminellen Banden zu suchen, die auch ohne den Besitz eines ausgereiften Atomsprengsatzes radioaktives Abfallmaterial, die »schmutzige Bombe«, erworben hätten und damit jedes beliebige Land durch Verseuchung von U-Bahnschächten, Wasserversorgung oder Industrieanlagen terrorisieren und erpressen könnten. Ri Jon Hyok betont das Interesse Nordkoreas an einer Zusammenarbeit mit Europa, insbesondere mit Deutschland.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 102Scholl-Latour).
NACH OBEN
Zum Unterschied zwischen Nordkorea und Südkorea meint Peter Scholl-Latour: „Heute ist in Nordkorea offenbar der Punkt erreicht, wo niemand mehr in der Lage ist, einen einzigen Traktor oder ein Fahrrad, geschweige denn ein Lastwagen für den Zivilbedarf herzustellen. ... Wie sensationell hebt sich von dieser Tragödie der Demokratischen Volksrepublik der Höhenflug der südlichen Landeshälfte ab. Nach Abschluß des Waffenstillstandes von Panmunjom am 27. Juli 1953 stand die Republik von Seoul gegenüner Pjöngjang sehr unvorteilhaft da. Sie versackte in politischer Zerissenheit, ökonomischer Inkompetenz und unbeschreiblicher Korruption. Um aus diesem verrotteten Staatswesen des pro(us-)amerikanischen Präsidenten Syngman Rhee einen ostasiatischen »Tiger« zumachen, um Südkorea auf Platz zwölf der größten Wirtschaftsmächte, auf Platz sechs der Erdölverbraucher zu befördern und eine moderne, rentable Stahlproduktion anzukurbeln ... (bis auf Platz 5), hat es nicht der freien Marktwirtschaft, des weltoffenen Wettbewerbs bedurft. Dieser Riesenerfolg war auch nicht der Unterwerfung unter die Anweisungen des Internationalen Währungsfonds zu verdanken oder den monopolkapitalistischen Manipulationen, die man heute als »Globalisierung« schönredet. Die eiserne Faust eines resoluten Militärdiktators hat das Wunder vollbracht. General Park Chung Hee hat den Wirtschaftsboom Südkoreas in Gang gesetzt, indem er in einer ersten Phase des eifersüchtigen Protektionismus gewaltige Konzerne aus dem Boden stampfte, die mit der Disziplin von Kasernen funktionierten. An deren Spitze delegierte er hohe Offiziere, die ihm für Effizienz und Produktionswachstum persönlich verantwortlich waren. Der Vietnamkrieg, der Südkorea als Lieferant der US Army aufwertete, hat ebenfalls zu diesem phänomenalen Aufschwung beigetragen. Eines bleibt dabei festzuhalten: Nicht Parteienvielfalt, westliche Demokratie und strikte Respektierung der Menschenrechte haben Südkorea zum wirtschaftlichen Höhenflug verholfen, sondern die konfuzianisch fundierte Strenge eines soldatischen Patriarchen.“ (Peter Scholl-Latour, Koloß auf tönernen Füßen, 2005, S. 113-114Scholl-Latour).


„Ein gelehrter Mann erbaut die Stadt, eine gelehrte Frau zerstört sie“
(Chinesisches Sprichwort).