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Arthur Schopenhauer
(1788-1860)

 

Lob, Kritik, Skepsis.

- Seiten -
Aphorismen
„Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“
„Die Welt als Wille und Vorstellung“
„Über den Willen in der Natur“
Verweise
Verweise zu den bedeutendsten Zitaten u.a.
Werke-Verzeichnis

Ist die Welt vielleicht doch nur Wille und Vorstellung? Ist der Wille Kants „Ding an sich“ (**)? Ist alles Objektive nur bezüglich des Subjektiven - und also Vorstellung? Ist die Welt deshalb einerseits Wille und andererseits Vorstellung, weil wir das „Ding an sich“ nicht erkennen können und das Subjekt ebenfalls nicht?

Wenn wir wie Goethes „Faust“ wissen wollen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ (**), so werden wir zwar stets zu einem Ergebnis kommen, aber dieses Ergebnis wird nie der Weisheit letzter Schluß sein können, weil wir eben das „Ding an sich“ nicht erkennen können. Denn wenn wir die Welt - z.B. gemäß Schopenhauer als Wille oder als Vorstellung - zuletzt doch nicht erkennen können, dann können wir auch nicht erkennen, was sie im Innersten zusammenhält. Aber: Wir wollen es!

Kann uns nur noch der Verzicht retten?

„Von Schopenhauer könnte der Satz stammen: Nur die Verzweiflung kann uns noch retten; er hatte freilich nicht von Verzweiflung, sondern von Verzicht gesprochen. Verzicht ist für die Modernen das schwierigste Wort der Welt. Schopenhauer hat es gegen die Brandung gerufen.“ (Peter Sloterdijk, Philosophische Temperamente, 2009, S. 95 **).

Schopenhauer ist der Erfinder der Evolutionstheorie, wie sie über Darwin bekannt geworden ist: als Darwinismus (**). Auch kann Schopenhauer als der Erfinder der Chaos- und der Systemtheorie, ganz sicher jedenfalls auch der Theorie über die „vernunftfreie Energie- und Triebnatur des Seins“ (**) und der Herrschaft des Arationalen gelten. Schopenhauer ist ein abendländischer Skeptiker bzw. Skeptizist - der erste moderne (i.e.S. **) Skeptizist des Abendlandes, ein Lebensphilosoph; er hat den Buddhismus nach Europa gebracht und ist einer der ersten Nihilisten des Abendlandes.

Im Satz vom zureichenden Grunde (**) sah Schopenhauer eine vierfache Wurzel, nämlich:
(1.) den Satz vom zureichenden Grunde des Werdens (**|**|**|**);
(2.) den Satz vom zureichenden Grunde des Erkennens (**|**|**|**);
(3.) den Satz vom zureichenden Grunde des Seins (**|**|**|**);
(4.) den Satz vom zureichenden Grunde des Handelns bzw. des Motivs (**|**|**|**).
Schopenhauer ist eine wichtige Persönlichkeit in der Geschichte der Philosophie bzw. der Kultur des Abendlandes - trotz oder wegen der Tatsache, daß er „aus der der abendländischen Vernunftkirche ausgetreten ist“ (**). Anton Mesmer, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Arthur Schopenhauer, Eduard von Hartmann und Friedrich Wilhelm Nietzsche sind die Namen für die wahre Urheberschaft der späteren, unberechtigterweise auch auch noch „Theorie des Unbewußten“ genannten Psychoanalyse Freuds. Freud hat nur „abgekupfert“ und sich anschließend feiern lassenm während er es ständig und bis zu seinem Tod nötig hatte zu leugnen, „seine Theorie“ abgeschrieben zu haben. Nicht Freud, sondern Mesmer, Schelling, Schopenhauer, von Hartmann und Nietzsche sind die Urheber, Erfinder, Entdecker der Psychoanalyse!

Wer wie Schopenhauer meint, daß der Spaß „des Einen“ dazu führe, daß das Leben „des Anderen“ beginnen, ja daß dieser „Andere“ deswegen leben müsse (Motto: Weil einer Spaß hatte, muß ein anderer Leben), so ist das für einen optimistischen bzw. naiven Menschen zwar nicht leicht zu verstehen, aber „dennoch“ nicht falsch. Man muß das freilich nicht so beurteilen, aber man kann es so beurteilen.

Von Schopenhauer stammt ja auch die Aussage, daß der Mensch zwar wohl wissen könne, was er will, aber nicht wollen könne, was er will. Diese Aussage hat später auch z.B. Albert Einstein beeindruckt.

Ist der Leib der „objektivierte, d.h. zur Vorstellung gewordene Wille“ (**)? Und wenn ja, dann wäre er das objektivierte „Ding an sich“, weil Schopenhauer den Willen mit Kants „Ding an sich“ identifiziert bzw. gleichgesetzt hat, wohlwissend, daß er in uns (subjektiv) und in der Welt (objektiv) wirkt wie eine Kraft oder Energie, die man auch Evolutionskraft oder -energie nennen könnte.

Unter den Naturwissenschaften ist die Physik wohl am ehesten fähig, die „Welt als Vorstellung“ in einem logisch und empirisch einwandfreien Zusammenhang der Erkenntnis zugänglich zu machen. Aber auch die Physik ist leider nicht in der Lage, ohne „Krücken“ als Hilfskonstrukte auszukommen; sie kann beispielsweise nicht erklären, was vor dem „Urknall“ war, warum und ob es ihn überhaupt „gab“, was genau die von ihr postulierten vier (Haupt-)Wechselwirkungen (**) „sind“, warum sie so („eingestellt“) sind, wie sie („eingestellt“) sind u.s.w.. Wir wissen zwar wegen der Technik(en), daß viele der naturwissenschaftlichen Theorien richtigs sein müssen, aber wir wissen das, was wir eigentlich wissen wollen und immer schon wissen wollten, immer noch nicht.

Wir wissen, was Gravitation (**), Starke Kernkraft (**), Schwache Kernkraft (**) und Elektromagnetismus (**) bedeuten und kennen ihre Austauschteilchen (**), aber wir wissen nicht, warum es sie „gibt“, wer oder was sie so „eingestellt“ hat, wie sie „eingestellt“ sind. Die Antwort, daß es das alles gebe, „weil wir da sind“ (Harald Lesch), ist ebenfalls eine „Krücke“, von der ich eben gesprochen habe. Außerdem ist diese „Krücke“ ein Zeichen für den Anthropozentrismus (**), den Physiker wie z.B. Harald Lesch gerne „benutzen“, um aus ihrer Verlegenheit eine „Sicherheit“ zu machen.

Wäre es nicht einfacher, von einem „Willen“ im Sinne Schopenhauer zu sprechen? Man muß dabei ja nicht gleich zum „Kreationisten“ (**) werden, oder?

Schopenhauer sagte, daß „nur die Erscheinung des Willens dem Satze vom Grunde unterworfen ist, nicht aber er selbst, der insofern grundlos zu nennen ist“ (**) Hierbei setzte er teils „Kants Lehre vom empirischen und intelligibeln Charakter, wie auch meine in den »Grundproblemen der Ethik«, S. 48-58, und wieder S. 178 ff. der ersten Auflage dahin gehörigen Erörterungen voraus“ (**) . Der Wille hat also „selbst keinen Grund“ (**) .

Der Satz vom Grund ist „bloß Form der Erkenntniß“ (**), seine Gültigkeit bezieht sich also „bloß auf die Vorstellung, die Erscheinung, die Sichtbarkeit des Willens erstreikt, nicht auf diesen selbst“ (**).

Der Leib selbst „muß schon Erscheinung des Willens seyn, und muß zu meinem Willen im Ganzen, d.h. zu meinem intelligibeln Charakter, dessen Erscheinung in der Zeit mein empirischer Charakter ist, sich so verhalten, wie die einzelne Aktion des Leibes zum einzelnen Akte des Willens“ (**). Deswegen schlußfolgerte Schopenhauer: „Also muß der ganze Leib nichts Anderes seyn, als mein sichtbar gewordener Wille, muß mein Wille selbst seyn, sofern dieser anschauliches Objekt, Vorstellung der ersten Klasse ist“ (**). Mit dieser 1. Klasse ist übrigens die Kausalität gemeint, und zwar hinsichtlich des Satzes vom Grunde des Werdens (**|**).

„Ding an sich aber ist allein der Wille: als solcher ist er durchaus nicht Vorstellung, sondern toto genere von ihr verschieden: er ist es, wovon alle Vorstellung, alles Objekt, die Erscheinung, die Sichtbarkeit, die Objektität ist. Er ist das Innerste, der Kern jedes Einzelnen und eben so des Ganzen: er erscheint in jeder blindwirkenden Naturkraft: er auch erscheint im überlegten Handeln des Menschen; welcher Beiden große Verschiedenheit doch nur den Grad des Erscheinens, nicht das Wesen des Erscheinenden trifft.“ (**). „Der Wille als Ding an sich ist von seiner Erscheinung gänzlich verschieden und völlig frei von allen Formen derselben, in welche er eben erst eingeht, indem er erscheint, die daher nur seine Objektität betreffen, ihm selbst fremd sind. (**).

Schopenhauer wollte „jede Kraft in der Natur als Wille gedacht wissen“ (**). Bis Schopenhauer wurde jeder Wille der Naturkraft untergeordnet, seit Schopenhauer ist man dabei jedoch skeptischer.

Wenn der Wille - als Ding an sich - ohne Grund und Ursache ist, so mag man zwar auf seine „Freiheit“ schließen, nicht aber auf die des Menschen (**). Doch genau das ist immer wieder und wird wohl auch immer wieder geschehen. Der Wille und der Wille des Menschen (Wille-des-Menschen) sind nicht gleich, schon gar nicht dasselbe. Der menschliche Wille ist nicht frei. „Der Satz vom Grunde ist allgemeine Form aller Erscheinung, und der Mensch in seinem Thun muß, wie jede andere Erscheinung, ihm unterworfen seyn. Weil aber im Selbstbewußtseyn der Wille unmittelbar und an sich erkannt wird, so liegt auch in diesem Bewußtseyn das der Freiheit. Allein es wird übersehn, daß das Individuum, die Person, nicht Wille als Ding an sich, sondern schon Erscheinung des Willens ist, als solche schon determinirt und in die Form der Erscheinung, den Satz vom Grund, eingegangen. Daher kommt die wunderliche Thatsache, daß Jeder sich a priori für ganz frei, auch in seinen einzelnen Handlungen, hält und meint, er könne jeden Augenblick einen andern Lebenswandel anfangen, welches hieße ein Anderer werden. Allein a posteriori, durch die Erfahrung, findet er zu seinem Erstaunen, daß er nicht frei ist“ (**).

„Der Wille als Ding an sich liegt, dem Gesagten zufolge, außerhalb des Gebietes des Satzes vom Grund in allen seinen Gestaltungen, und ist folglich schlechthin grundlos“ (**).

Ist es die Physik oder die Metaphysik oder beide oder keine von beiden, die uns die Erkenntnis eher liefern kann bzw. können als (eine) andere Wissenschafts- oder Weisheitsdisziplin(en), oder müssen wir einfach resignierend feststellen, daß wir die letzte(n) Ursache(n) oder Grund bzw. Gründe nicht wissen, nicht erkennen können?

Kann uns nur der Verzicht oder nur die Verzweiflung oder doch nur ein Gott uns noch retten?

Woran sollen wir uns orientieren, nachdem alles, woran wir uns orientieren konnten, tot ist?

Wenn alles keinen Wert (mehr) hat und keiner (mehr) Halt geben kann, kann es dann trotzdem (noch) sinnvoll sein, sich zu orientieren, z.B. an ein Ziel, einen Sinn zu glauben, obwohl uns täglich vorgeführt und gesagt wird, wie orientierungs-, ziel und sinnlos alles ist, wenn nicht sogar sein soll.

Wir sind Subjekt („Iche“) - ja -, aber wir sind, wenn wir vom genetischen Aspekt einmal absehen, keine „Individuen“. Wer sagt, wir seien „Individuen“, ist dumm oder will betrügen. Wir sind weder „individuell“ noch frei noch gleich, sondern allenfalls brüderlich.

Das, was wir als „freien Willen“ zu bezeichnen gewohnt sind, ist „frei“ nur bedingt (**), und zwar in dem Maße nur, in dem er von dem, was wir „Motive“ zu bezeichnen gewohnt sind, bestimmt wird, d.h. daß Menschen zwar in jenem Maße frei sin wollen können, aber nicht ihren Willen vollend beherrschen können. Es gilt, was Schopenhauer sagte: Der Mensch kann zwar wissen, was er will, ber er kann nicht wollen, was er will.

Es steht doch gerade in der heutigen Zeit außer Frage, daß das, was den Willen des Menschen bestimmt oder auch nicht bestimmt, eben nicht von dessen Willen unmittelbar herrührt. Die „Gesetze“ z.B. sind Regeln, die mittelbar, nämlich über Konvention, Tradition und überhaupt kulturelles Geschichtsbewußtsein, beschlossen und also zur Gültigkeit gelangt sind. Bei diesem Beschluß war kein Mensch wirklich frei.

Der Mensch ist nur relativ frei. Gemäß Kant lebt der Mensch (1.) in einer empirischen Welt, ist also hinsichtlich seiner Freiheit determiniert, der Kausalität ausgeliefert, und (2.) in einer intelligiblen Welt, ist also hinsichtlich seiner Freiheit nicht determiniert, seinerer Freiheit gewiß, nicht der Kausalität ausgeliefert. Kants Aufteilung der menschlichen Sphäre in zwei Teile hat Schopenhauer übernommen und heißt bei ihm (1.) Welt als Wille und (2.) Welt als Vorstellung. Beide meinen also dieselbe Sonderung, folglich unterliegt der Mensch dem täuschenden Schein einer Freiheit. „Wo im Unorganischen Ursachen Ursachen, im vegetabilischen Reize die Wirkung hervorrufen, ist, wegen der Einfachheit der Kausalverbindung, nicht der mindeste Schein von Freiheit. Aber schon beim animalischen Leben, wo was bis dahin Ursach oder Reiz war als Motiv auftritt, folglich jetzt eine zweite Welt, die der Vorstellung, dasteht, und die Ursach im einen, die Wirkung im andern Gebiete liegt, ist der kausale Zusammenhang zwischen beiden, und mit ihm die Nothwendigkeit, nicht mehr so augenfällig, wie sie es dort waren.“ (**). Wenn der „intelligible Charakter“ (Kant), der bei Schopenhauer meistens nur kurz „Intellekt“ genannt wird, sein Tun „frei“ deutet, dann täuscht er sich, denn „es wird übersehn, daß das Individuum, die Person, nicht Wille als Ding an sich, sondern schon Erscheinung des Willens ist, als solche schon determinirt und in die Form der Erscheinung, den Satz vom Grund, eingegangen. Daher kommt die wunderliche Thatsache, daß Jeder sich a priori für ganz frei, auch in seinen einzelnen Handlungen, hält und meint, er könne jeden Augenblick einen andern Lebenswandel anfangen, welches hieße ein Anderer werden. Allein a posteriori, durch die Erfahrung, findet er zu seinem Erstaunen, daß er nicht frei ist, sondern der Nothwendigkeit unterworfen, daß er, aller Vorsätze und Reflexionen ungeachtet, sein Thun nicht ändert, und vom Anfang seines Lebens bis zum Ende den selben von ihm selbst mißbilligten Charakter durchführen und gleichsam die übernommene Rolle bis zu Ende spielen muß.“ (**). Also: „Abhängigkeit des Seyn und Wesen nach, verbunden mit Freiheit dem Thun nach, ist ein Widerspruch.“ (**). Zumindest kann der Mensch sich einbilden, er sei absolut „frei“.

 

 

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