Sloterdijk-Debatte I | |
Die
Sloterdijk-Debatte kam nicht zufällig zur Jahrtausendwende. Von
September 1999 bis März 2000 füllte sie die Gazetten. Sloterdijk beendete
endgültig die Vorherrschaft der Kritischen
Theorie. Seine Elmauer Rede (Regeln für den Menschenpark,
Juli 1999) löste diese Debatte aus. Sie war ein Krisensymptom der übriggebliebenen
deutschen Linken und der Todesstoß für den Traditionszusammenhang der
Frankfurter Schule. (Birnbacher, in: Hessisch-Niedersächsische Allgemeine,
06.10.1999). Im Herbst 1999 fragte der Kulturzeit-Moderator Gert Scobel
den Philosophen Peter Sloterdijk, ob er Beweise habe, daß eine Intrige von
Habermas
ausgegangen sei. Sloterdijk antwortete: Die Intrige stammt zum einen von
Rainer Stephan, der bei Habermas bestimmte Knöpfe gedrückt hat, wo er
seine Empfindlichkeiten vermuten durfte. Und sie stammt im zweiten und ganz essentiell
von Jürgen Habermas, der nun eben nur noch eine sehr prekäre, sehr geschrumpfte
Form der kritischen Theorie repräsentieren kann, die sich jetzt als etwas
erweist, das nun vollends auf das Niveau der Intrige heruntererkommt. - Ich glaube,
daß ist für die geistige Situation in Deutschland ein so beunruhigendes
Symptom, daß es nötig war, auch auf der Ebene der Personalauseinandersetzung
die Karten offen auf den Tisch zu legen. Und die Beweise für die Aktion von
Habermas, die hinter der ganzen Presseaktion stehen, werden in der nächsten
Woche veröffentlicht sein, und es werden die Herren, die jetzt noch frech
und laut lügen, sehr viel leiser werden. - Die Beweise kommen auf den Tisch,
wie mein Text. .... Ich habe ihn jetzt 1:1 ins Internet gegeben und Suhrkamp zur
Verfügung gestellt. Gemeint ist der Text Regeln für den
Menschenpark, als Buch im Herbst 1999 erschienen. Darin informierte Sloterdijk
seine Leser: Zwischen Mitte September und dem 1. Oktober 1999 ist die Internetadresse,
die neben dem Redetext einige Zusatzdokumente zum Hintergrundverständnis
anbot, über 60000mal abgefragt worden. Ab Mitte Oktober 1999 wird auch unter
derselben Adresse (*www.rightleft.net) ein Informtionsservice zur Chronologie
des Skandals verfügbar sein. (Peter Sloterdijk, Regeln für
den Menschenpark, 1999, S. 60).Ein Schwachpunkt in seiner Argumentation
gegen seine Feinde ist die Tatsache, daß Sloterdijk diese insofern nachahmt,
als daß er immer wieder da viele sieht, wo nur wenige sind,
genauer: daß er immer wieder Mehrheiten mit Minderheiten, 20% mit 80%
oder sogar 4% mit 96% verwechselt! Sloterdijk beschuldigt nämlich
für die Machenschaften gegen ihn immer wieder die deutsche Gesellschaft
(Peter Sloterdijk, Die Sonne und der Tod, 2001, S. 47 et passim). Hier
irrt er gewaltig. Nicht die deutsche Gesellschaft ist hier in der Schuld
(dafür wird sie ja seit 1918, besonders seit 1945, ganz besonders seit 1968
und noch mehr ganz besonders seit 1989 hergenommen - eine widerliche Projektion
der wirklich Häßlich-Bösen). In unserem politischen und
gesellschaftlichen System, das sich Bundesrepublik nennt (BRD als BRDigung), hat
die deutsche Gesellschaft, die Sloterdijk meint, fast gar nichts zu
sagen - es sei denn, Sloterdijk meinte die öffentliche: dann müßte
er das aber auch so sagen! Die sogenannte Öffentlichkeit umfaßt
aber hier bei uns - wie fast überall sonst - vielleicht gerade mal 20% der
Bevölkerung, und von diesen 20% sind wiederum 20% abzuziehen, wenn es um
die geht, die wirklich das Sagen haben: 4% der Bevölkerung.
Sloterdijk schiebt aber nicht 4% oder 20% der Bevölkerung, sondern gleich
80% oder 96% der Bevölkerung die Schuld zu. Unerhört! Je näher
man an den Kern der deutschen (sic! HB)
Unfreiheit herankommt, desto mehr nehmen die zwanghaften Assoziationen zu
- bis zuletzt nur noch das Nazi-Eine übrigbleibt. Es gibt bei uns (sic!
HB) offenbar
das Bedürfnis, die mentalen Gitterstäbe immer wieder zu justieren, hinter
denen zu leben hierzulande (sic! HB)
Unzählige (sic! HB)
beschlossen haben. Man muß darin ein Selbsteinsperrungsphänomen (sic!
HB)
sehen - ich nenne es das masopatriotische (sic! HB)
Syndrom. Wenn die »Strafe die Ehre des Verbrechers« ist, so wollen
viele Deutsche (sic! HB)
von dieser Ehrung gar nicht mehr lassen, zumindest was ihr Moralfeuilleton angeht.
Sie (sic! HB)
machen sich ihre (sic! HB)
Normalisierung so schwer, daß man sie (sic!
HB)
einer gewissen Eitelkeit verdächtigen muß. Es scheint, sie (sic!
HB)
haben den Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung nie recht verstehen wollen
und glauben offenbar noch immer, sie (sic! HB)
könnten Glaubwürdigkeitspunkte sammeln, wenn sie (sic!
HB)
sich eher schuldig als verantwortlich benehmen. (Peter Sloterdijk, ebd.,
2001, S. 47). Dies alles trifft nicht auf die Deutschen, das Deutsche
Volk oder meinetwegen die deutsche Gesellschaft (ebd.)
zu, sondern auf diejenigen, die zu den eben angesprochenen 20% der Deutschen gehören,
z.B. auch die von Sloterdijk angeprochenen Leute aus dem Moralfeuilleton
(ebd.). Man muß schon die wirklich Schuldigen oder wirklich Verantwortlichen
genau nennen und es nicht genauso machen wie sie, nämlich: 20% mit 80%
oder gar 4% mit 96% verwechseln!Die Frage ist ja mittlerweile,
ob es in diesem BRDigungsinstitut, das gemäß der 20/80-Regel
(Pareto-Verteilung) zu 80% von den eben angesprochenen 20%
und zu 20% von den eben angesprochenen 80% bestimmt, gestaltet und repräsentiert
wird (eine Demokratie gibt es bei uns de facto nicht), überhaupt noch
möglich ist, zu diskutieren, zu debattieren, zu streiten, zu kämpfen
u.s.w., kurz: ob es in der sogenannten Bundesrepublik überhaupt
noch zulässig ist, eine andere Meinung zu haben als die Mächtigen. Von
Meinungsfreiheit rede ich gar nicht erst, denn die existiert in dieser
Lügen-und-Heuchel-Republik nur noch auf dem Papier (de jure), aber
nicht in der Wirklichkeit (de facto). Daß die hiesigen Medien von
Debatten reden, ist reine Rhetorik: es soll mit diesem Wort der Eindruck
erweckt werden, als sei hier Meinungsfreiheit gewährleistet, die es in Wirklichkeit
gar nicht mehr gibt. Wenn das Wort Debatte bereits der Rhetorik zum
Opfer gefallen ist, dann ist offensichtlich, daß es keine Debatten
gibt, weil es sie nicht geben darf, weil sie verboten sind. Um sehr
deutlich darauf hinzuweisen, daß es keine einzige Sloterdijk-Debatte
jemals wirklich gegeben hat, sollte man das Wort Debatte stets in
Anführungszeichen setzen oder - wie Sloterdijk selbst auch - gar nicht benutzen
und z.B. durch das Wort Skandal
ersetzen. Auslöser, aber nicht Grund oder Ursache, für die
von den Medien als Debatte bezeichneten Skandal
war Sloterdijks im Juli 1999 gehaltene Rede Regeln für den Menschenpark,
in der es vor allem um den Versuch einer Antwort zu Heideggers
1947 verfaßten Brief über den Humanismus
ging. Sloterdijk: Wenn ein Ausdruck wie »Selektion« bei
Sprechern der deutschen Sprache unter Quarantäne gestellt wird, wie es in
der Debatte praktisch gefordert wurde, dann ist die intellektuelle Paralyse vorprogrammiert,
weil es sich um einen Basisausdruck der modernen Wissenschaften handelt. Ließen
wir dieses Verbot gelten, könnten wir zentrale Teile der Mathematik nicht
mehr praktizieren, die Spiel- und Entscheidungstheorie würde lahmgelegt,
die formale Linguistik würde völlig unmöglich, die Biologie und
Metabiologie, Zentralwissenschaften des kommenden Jahrhunderts, wären in
ihrem logischen Zentrum blockiert. Da geschähe nicht weniger als ein Angriff
auf den Grundwortschatz der Lebens- und Strukturwissenschaften. Auch die Systemtheorie
und die Kybernetik müßten ihren Betrieb einstellen, denn für sie
hat der Ausdruck »Selektion« die Funktion eines Fundamentalbegriffs.
Sollen wir am Ende zugeben, daß die Deutschen aus historischen Gründen
zu sensibel (geworden! HB)
sind für die modernen Wissenschaften? Der Kuriosität halber merke
ich an, daß im Französischen der Trainer der Fußballnationalmannschaft
sélectionneur heißt. (Peter Sloterdijk, Die Sonne
und der Tod, 2001, S. 50-51). Ich hatte von Anfang an den Eindruck,
daß der Eklat ein stark überdeterminiertes Geschehen war. Wir hatten
es mit mindestens drei ineinandergekeilten Skandalphänomenen zu tun und mit
entsprechend vielen Entladungen von aufgestauter Energie, daher auch mit einer
Dreizahl von Subtexten, selbst wenn wir für jede Komponente nur eine einzige
»Fassung« annehmen - was nicht ganz realistisch ist, denn auch die
Teilskandale waren noch einmal in sich komplex und mehrdeutig. Darum hatte man
schon wenig später das Gefühl, daß das Ganze nur eine Hysterie
war und man zur Tagesordnung übergehen sollte. Ich denke, es kommt zunächst
darauf an, die Einzelschichten oder die Subskandale, die in dem »Event«
zusammengeflossen sind, jeweils für sich zu untersuchen, damit wir verstehen,
wovon wir eigentlich reden und worüber die Öffentlichkeit sich während
der Turbulenz erhitzt hat. Mit dieser Drei-Faktoren-Analyse stehe ich übrigens
nicht allein. Norbert Bolz hat schon im Oktober 1999 während einer Fernsehdebatte
in Baden-Baden eine solche Ansicht vorgeschlagen. (Peter Sloterdijk, Die
Sonne und der Tod, 2001, S. 53). In meinen Augen kommen alle
Mißverständnisse und Entstellungen, soweit sie nicht private Absichten
und die erwähnten unfreien Assoziationen spiegeln, aus einer Leseverweigerung.
Das drückt sich in dem Umstand aus, daß von denen, die meine Rede bisher
öffentlich kommentiert haben, fast keiner bereit war, dem Hinweis nachzugehen,
daß es sich um eine »Antwort« handelt - um die Suche nach der
Möglichkeit eines Antwort-Schreibens oder einer Zuschrift zu einem als Brief
bezeichneten Text von Martin Heidegger aus dem Jahr 1946, der seinerseits eine
Antwort hatte sein wollen auf eine suggestive Frage, gestellt von dem jungen Franzosen
Jean Beaufret: Wie kann man dem Wort Humanismus einen neuen Sinn geben?
(Vgl. auch Heideggers Geheimnis: Unterwegs
zur Sprache). Nun, was heißt es, im Jahr 1997 in der Schweiz oder 1999
vor der deutschen Öffentlichkeit auf Heideggers Gedanken zum Humanismus eine
Antwort zu formulieren? .... Zumindest auf indirekte Weise hat sich gezeigt,
wie explosiv es sein kann, Heidegger das Wort zu geben - indem man ihn ernsthaft
mit den Autoren ins Gespräch setzt, die in seine Nähe gehören,
eben Nietzsche
und Platon,
die in meiner Rede als Gastredner mit Heidegger zusammentreffen. Man hatte sich
schon so sehr an eine Situation gewöhnt, in der die Maxime »Nie wieder
große Kulturpolitik!« in Kraft war. Und jetzt dieser Hinweis
auf ein Problem, bei dem man mit Sichkleinstellen nicht weiterkommt. Der darauf
einsetztende Skandal ist ein Beweis dafür, daß die Heidegger-Rezeption
im Nachkriegsdeutschland nie zu sinnvollen Ergebnissen geführt hat, ... also
weder in der frömmelnden Anlehnung, die bis in die sechziger Jahre hinein
dominierte, noch in der von Adornos Jargon der Eigentlichkeit inaugurierten
Ablehnung, die summarisch gesehen bis heute anhält und deren Merkmal darin
besteht, daß sich Feuilletonisten für berechtigt halten, moralisierende
Gesamturteile abzugeben über einen Denker, der sich ohne Zweifel in die Höhelinie
der europäischen Philosophie eingetragen hat - vielleicht der einzige in
unserem Jahrhundert (20. Jh. HB
), den man in einem Atemzug mit Platon,
Augustinus, Thomas, Spinoza, Kant, Hegel und Nietzsche wird nennen dürfen.
Anlehnung und Ablehnung sind nur zwei Arten und Weisen, einen Denker zu mißbrauchen,
wobei es scheint, daß das Mißbrauchen für die Ablehnung (seit
den 1960ern! HB)
bei uns ein besonders tief eingespielter Mechanismus ist. (Peter Sloterdijk,
Die Sonne und der Tod, 2001, S. 101-102). Denunziation ist oft
nur ein anderes Wort für Kontextzerstörung, und man würde diesen
Gedanken plausibel finden, wenn sich z.B., so Sloterdijks Wunsch, auch die
deutschen Feuilletonisten die Mühe machten, das ganze im Kontext nachzulesen.
(Peter Sloterdijk, Die Sonne und der Tod, 2001, S. 103-104). Bezeichnend
ist auch, daß z.B. Habermas mit seiner unveröffentlichten Privatrezension
zu Sloterdijks Menschenpark-Rede in Panik geriet, während die Mehrzahl des
Publikums überhaupt keine Probleme mit der Interpretation hatte. Deshalb
muß Sloterdijk seinen Gegnern zunächst die erste Schwierigkeit
skizzieren, bei deren Auslegung man auf Heideggers Beitrag nicht verzichten kann.
Nennen wir sie ... die Dezentrierung des Menschen. Sie ist im Spiel, wenn Heidegger
behauptet, die bisherige Metaphysik habe nicht »nicht hoch genug«
vom Menschen gedacht. (! **
!). Zu niedrig denkt man ihm zufolge, wenn man den Menschen als ein animal
mit einem Zusatz an Vernunft vorstellt, wie es der Tradition entspricht. Hoch
genug setzt man an, wenn man den Menschen als den Da-Seienden bedenkt, das heißt
als das Wesen, das in der Lichtung
des Seins steht oder die Lichtung selbst ist. (Peter Sloterdijk, ebd.,
S. 104).
Sloterdijk-Debatte II | |
Die Frankfurter
Schule gehört doch selbst auch zu den von unseren Steuerzahlungen abhängigen
Parasiten. Ist die Steuer weg, ist auch die Frankfurter Schule und deren
Kritische Theorie weg. Sloterdijk konstatierte schon 1999, während
der 1. Sloterdijk-Debatte (**):
DIE KRITISCHE THEORIE IST TOT. (Peter Sloterdijk, in: Die Zeit, 09.09.1999,
S. 35 **).
Zwar sind auch Sloterdijks Bezüge größtenteils Steuerzahlungen,
aber Sloterdijk stellt sich der Problematik m.E. auch angesichts der Gefahr, auf
seine Bezüge verzichten zu müssen - das und vieles andere unterscheidet
ihn von den gierigen Vertretern der Frankfurter Schule. Während für
Sloterdijk lediglich seine Staatsanstellung als Professor auf dem Spiel steht,
geht es für die Frankfurter Schule um tausende ihrer Staatsangestellten,
ja um ihr eigenes Überleben: denn eigentlich ist sie ohnehin
schon längst tot und kann nur deshalb noch überleben, weil
sie wie ihre Klienten total auf staatliche Leistungen, also auf Steuerzahlungen
angewiesen ist. Der 1947 geborene Sloterdijk hat nur wenig, aber die Frankfurter
Schule fast alles zu verlieren bei Realisierung der von Sloterdijk
beschriebenen Revolution der gebenden Hand (in: F.A.Z., 13.06.2009 **).
Überhaupt wettert und intrigiert die Frankfurter Schule nur
deshalb gegen Sloterdijk, weil er ihr gefährlich werden kann. Die
Vorwürfe, die sie gegen ihn erhebt, kann man restlos auf sie selbst anwenden.
Erst dann hätte sie wirklich Substanz. Einer der Jüngeren
aus der Frankfurter Schule warf Sloterdijk auch vor, daß er nicht
erkläre, warum ein etwa durch Vererbung oder finanzielle Spekulationen
erworbenes Vermögen im Sinne irgendeiner Leistung rechtmäßig »verdient«
sein soll (Axel Honneth, Fataler Tiefsinn aus Karlsruhe, in: Die
Zeit, 24.09.2009 **),
und lenkte dabei von der Tatsache ab, daß Beziehende von Sozialhilfe und
anderen Steuergeldern diese garantiert nicht verdienen. Diese Art
der Ausbeutung - die Kleptokraten nennen sie verharmlosend
Umverteilung - ist schon vor langer Zeit zur Gewohnheit, zum Gewohnheitsrecht,
ja zum Menschenrecht (**)
geworden. Deshalb wundert es auch niemanden mehr, daß die Anwälte
der Ausbeutung die Geschichte nicht mehr zur Kenntnis nehmen und auf Wähler-
und Klientenfang ausgerichtete Lügen verkünden, z.B. auch die Lüge,
daß im Kampf gegen soziale Diskriminierung und ökonomische Benachteiligung
... keine Gier nötig, kein Neid und kein Ressentiment sei (vgl. Axel
Honneth, ebd. **).
Um es kurz zu machen, reagierte darauf ein Kommentator: Axel
Honneth ist ein neidischer zu kurz gekommener Salbader. (Keen Tied, www.Zeit.de,
20.09.2010 um 13:13 Uhr **).
Ich bin zwar kein Gegner der These, daß das frühe und mittlere
19. Jahrhundert tatsächlich von der Ausbeutung im Sinne der links-sozialistischen
Kritik bestimmt war; aber schon im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts hat sich
das - und zwar zuerst in Deutschland durch die Bismarkschen Sozialreformen - geändert;
und seit dem mittleren und späten 20. Jahrhundert haben sich die Verhältnisse
sogar völlig umgedreht, so daß die von Sloterdijk gewählte Formulierung
exakt zutrifft: Umgekehrte Ausbeutung (Peter Sloterdijk, ebd.
**).Tatsächlich
besteht derzeit gut die Hälfte jeder Population moderner Nationen aus Beziehern
von Null-Einkommen oder niederen Einkünften, die von Abgaben befreit sind
und deren Subsistenz weitgehend von den Leistungen der steueraktiven Hälfte
abhängt. Sollten sich Wahrnehmungen dieser Art verbreiten und radikalisieren,
könnte es im Lauf des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu Desolidarisierungen
großen Stils kommen. Sie wären die Folge davon, daß die nur allzu
plausible liberale These von der Ausbeutung der Produktiven durch die Unproduktiven
der längst viel weniger plausiblen linken These von der Ausbeutung der Arbeit
durch das Kapital den Rang abläuft. Das zöge postdemokratische Konsequenzen
nach sich, deren Ausmalung man sich zur Stunde lieber erspart. (Peter Sloterdijk,
ebd. **).
| Dieser Trend wächst wegen der demographischen Entwicklungen
(Produktive werden immer schneller immer weniger, während Unproduktive
immer schneller immer mehr werden) so sehr - stark exponentiell, um
es mathematisch auszudrücken -, daß kaum noch Zeit dafür bleibt,
ihn zu stoppen oder gar umzukehren. Die Entwicklung ist mittlerweile sehr fatal.
Mitverantwortlich dafür: Fataler Blödsinn aus Frankfurt.Wir
können froh sein, daß es Freigeister wie Sloterdijk überhaupt
noch gibt. Wenn ich mir die Jüngeren ansehe, sehe ich weit und breit keinen
einzigen Freigeist, sondern nur noch der politikorrekten Diktatur gehorchende
Untertanen, also genau die, die dem Zucht-Willen unseres links-totalitären
Parteienstaates und darum auch der Frankfurter Schule entsprechen.
Wenn erst alles verblödet, verdummt, verdorben und verarmt, gleich blöd,
gleich dumm, gleich verdorben und gleich verarmt sein wird, werden die linken
Ausbeuter aufgeben, und da es eine Gleichheit niemals geben kann, wird man sie
wohl immer bekämpfen müssen. Die Leistungsträger aus der Mittelschicht
sollten lernen, ihre Ausbeuter aus der Ober- und Unterschicht, viel wirksamer
zu bekämpfen, als sie es seit dem mittleren und späten 20. Jahrhundert
zu tun pflegen. Anders als Sloterdijk zähle ich die Oberschicht nicht
zu den Ausgebeuteten, sondern nur die Mittelschicht. Nur die Mittelschicht
wird ausgebeutet (**|**|**|**|**|**|**)!Sloterdijks
Gegener verheimlichen, vertuschen und ignorieren immer wieder die die Desolidarisierung,
von der Sloterdijk spricht. Diese Desolidariserung ist doch in Teilen schon längst
eine Tatsache. Daß Sloterdijks Gegner sie stets unerwähnt lassen ,
zeugt von deren Dummheit bzw. Träumerei (Michelei). In der Schweiz
sind in manchen Krankenhäusern mittlerweile von 10 Ärzten 8 aus Deutschland
- ähnlich sind die Verhältnisse in Österreich. Das kann man doch
in der Dikussusion - wenn es denn eine ist - nicht einfach ignorieren oder herunterspielen
oder euphemistisch austricksen. Recht hat Sloterdijk!***
Fazit | |
Die Sloterdijk-Debatten sind
einige Beispiele mehr für die Versuche seitens unseres Vormundtschaftsstaates,
seine Gegner mittels Zensur wie der Politischen
Korrektheit mundtot zu machen. Das ist Diktatur!Mein Respekt
gilt Sloterdijk und jenen anderen - leider nur wenigen - Menschen, die Mut und
Widerstand gezeigt haben gegen die Zensur unserer Herrschenden aus Politik und
Medien, die unsere Rechte mit Füßen treten, unsere Freiheit und besonders
unsere Meinungsfreiheit verbieten! ** Wichtige
Frage welche in heutiger Sitzung bedacht wird. Wie lange möchte uns das Denken
noch erlaubt bleiben.
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