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- Spätkulturelle Historiographie - |
Die
nächste Zukunft wird zeigen, ob die abendländische Spätkultur mit
der modernen Technik eine wichtige Vorarbeit geleistet, einen Vorrat
für das nächste, winterliche Quartal gesammelt hat. |
Der Begriff Spätgeschichte muß vor eventuellen Mißverständnissen geschützt werden. Er ist nicht deckungsgleich mit Posthistorie oder Postmoderne () und konzentriert sich insbesondere auf die historiographischen Formen in den spätkulturellen Phasen einer jeden Kultur. Er bezieht sich auf die erwachsen historiographiernde Spätkultur, auf das herbstliche Quartal der historiographierenden Kulturen. Dazu Beispiele: | |||
Beispiel (Kultur) | Stufe der Historiographie | Text zur Kulturgeschichte | ||
Mesopotamien * Antike * Abendland * |
Spätkultur (ca. 2510 bis 2070) Spätkultur (ca. 359 bis 80 n.C.) Spätkultur (ca. 1789 bis 2230) | |||
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Geschichtsstufe | Historiographische Werkzeuge | Hauptmotive | ||
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(1) Bildkunst (1) + (2) Schrift (1) + (2) + (3) Hilfsmittel (1) + (2) + (3) + (4) Kritikmittel |
(1) Religion, Gedenkbild (1) + (2) Ökonomie, Besitz (1) + (2) + (3) Wissenstechnik (1) + (2) + (3) + (4) Markt | ||
- Geschichtsphilosophie und Geschichtswissenschaft -So wie der Herbst dem Frühling gegenübersteht, so steht die zahlenmäßige, geheimnislose, zerlegte und zerlegbare Natur des Aristoteles (383-322) und Kant (1724-1804), der Sophisten und Darwinisten, der moderen Physik und Chemie, jener erlebten, grenzenlosen, gefühlten Natur Homers (9.-8. Jh.) und der Edda, des frühantiken und frühabendländischen Menschen gegenüber. In einem Kulturfrühling ist Geschichtsbetrachtung direkt erlebbar, in einem Kulturherbst ist sie naturwissenschaftlich geworden. Aus Natürlichkeit ist längst Natuwissenschaftlichkeit geworden. Der Geschichtskenner wird geboren, die Naturerkenntnis anerzogen. Mit dem Hellenismus mündete die antike Geschichtsphilosophie ins herbstlich-zivilisatorische oder spätkulturelle Quartal, z.B. mit Alexanders Hofschriftsteller Kallisthenes (370-327), mit Polybios (201-120) bis hin zur ganzheitlichen Auffassung des Poseidonios (135-51) und zur sittlich-politischen des Plutarch (45-120). Mit der deutschen Romantik mündete die abendländische Geschichtswissenschaft ins herbstlich-zivilisatorische oder spätkulturelle Quartal, z.B. mit Johann Joachim Winckelmann (1717-1768), dem Wegbereiter des Klassizismus und dem eigentlichen Begründer der Archäologie, weiter mit Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein (1757-1831), dessen Initiative 1819 zur Gründung der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde führte, mit Leopold von Ranke (1795-1886), der die historische Methode entwickelte und den Historismus stark prägte, mit Theodor Mommsen (1817-1903), dessen wissenschaftliche Leistungen grundlegend für Epigraphik, Numismatik und Rechtsgeschichte wurden, bis hin zur globalistischen Auffassung unserer jetzigen und zur sittlich-politischen unserer zukünftigen Historiker. (Vgl. Globalismus). |
Systeme werden nicht erträumt, Kunstwerke nicht errechnet oder, was dasselbe ist, erdacht.(Christian Friedrich Hebbel, 1813-1863) |
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Vierkraft
- Die Antike entwickelte ein Vokal-Alphabet, das Abendland bewegliche Buchstaben und später ein Elektronik-Alphabet. Aber auch ohne Text-Elektronik war die Antike nicht weniger attraktiv als das spätere Abendland. Ein Inferior scheint es immer und überall zu geben, also auch in Kulturen. Zu wenig ausgeprägt war in der Antike das Zusammenspiel zwischen Ökonomie und Medien einerseits und Wissen und Technik andererseits. Diese Bereiche wurden offenbar wie Einzelkörper behandelt, mit glänzender Intelligenz auf einen Punkt gebracht, aber leider deshalb auch genau voneinander abgegrenzt. (). Schon das antike Seelenbild sorgte dafür, daß auch das scharfsinnige Denken als ein vom Rest abgegrenzter Körper angesehen wurde. Der Antike fehlte nicht die Moderne an sich, der Antike fehlte eine abendländische Moderne. (). |
Historiographierte Kelten und Germanen: 4. Jh. v. Chr. - 1. Jh. n. Chr.-
Antike Historiker beschreiben Kelten und Germanen - |
Im 4. Jh. v. Chr. begann eine starke Kelten-Expansion. (Vgl. Karte). Kelten ließen sich in Norditalien nieder; 387 v. Chr. kam es zur Schlacht bei Allia und zur Belagerung des Kapitols: (Vae victis = Wehe den Besiegetn), 369 v. Chr. gab es laut Xenophon (430-354) Kelten als Söldner auf der Peloponnes. Ein knappes Jahrhundert später (279 v. Chr.) drangen Kelten auf dem Balkan bis nach Delphi vor. Eine weitere Gruppe wurde nach 275 v. Chr. von dem Seleukidenherrscher Antiochos I. Soter in der nach ihnen benannten Landschaft Galatien angesiedelt. In Italien begann jedoch nach der Schlacht bei Sentinum (293 v. Chr.) der Rückzug der Kelten.- 4. Jahrhundert
v. Chr.
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Historiographierte Germanen: 4. Jh. v. Chr. - 1. Jh. n. Chr.-
Antike Historiker beschreiben Germanen - |
Um 325 v. Chr. befuhr der Seefahrer und Geograph Pytheas aus Massilia die heutige Nordsee sowie das Elbmündungsgebiet und verfaßte darüber einen Reisebericht, der mit seinen sorgfätigen Beobachtungen und genauen Schilderungen der Gezeiten, der Mitternachtssonne und der nördlichen Meere bei seinen Zeitgenossen Kopfschütteln hervorrief. Er nannte nicht den Namen Germanen, wohl aber die Namen germanischer Volksstämme, die an der Ostsee siedelten. Er erwähnte die Gewinnung von Bernstein, von dem man glaubte, er bestehe aus Stücken gefrorenen Meeres. Diese Nachricht war die (uns bekannte) erste aus jenem geographischen Raum, den man bald den Germanen zuordnete. Bis man die Germanen als eigenes Volk entdeckte, vertrat man die griechische Auffassung, die alle Völker im Nordwesten Europas Kelten und alle im Nordosten Skythen nannte. Manche Gelehrte nannten die Germanen deswegen anfangs auch Keltoskythen.Pytheas schrieb: Gegenüber einem Küstenstrich ... liegt die Insel Abalus (Helgoland) ... Im Frühling wird dort reichlich Bernstein angespült, der ein Auswurf des gefrorenen Meeres ist. Die Einwohner sammeln ihn und verwenden ihn, weil er in solchen Mengen vorkommt, anstelle des Holzes zum Heizen. Auch verkaufen sie den Bernstein den Teutonen, die ihnen auf dem Festland am nächsten wohnen.Im 2. Jahrhundert vor Christus zogen die germanischen Kimbern und Teutonen - zusammen mit den Ambronen - aus Jütland in das Gebiet des Römischen Reiches und waren den Römern zunächst absolut überlegen. Die Römer entgingen im Krieg gegen die Kimbern und Teutonen (113-101) nur knapp einer völligen Niederlage.In der Schlacht von Noreia (113 v. Chr.) wurden die Römer von den Germanen vernichtend geschlagen, und nur der germanische Gott Donar konnte die Römer noch retten: die Germanen hatten mehr Respekt vor Blitz und Donner als vor den Römern. Schon bald folgten zwei weitere Niederlagen der Römer gegen die Germanen in Gallien (Arausio, 105 v. Chr.). Erst danach besiegten die Römer die Germanen, dank der Heeresreform, die Marius durchgeführt hatte (seit 104 v. Chr.). In der Schlacht von Aquae Sextiae (102 v. Chr.) wurden die Teutonen, in der Schlacht von Vercellae (101 v. Chr.) die Kimbern besiegt. Den Kimbern war die Freiheit mehr Wert als das Leben in der Sklaverei: Frauen, die ihre Brüste entblößt hatten, um ihre Männer im Kampf anzufeuern, nahmen sich genauso das Leben wie andere Überlebende des Kampfes. (). Ab jetzt sollten die kleinwüchsigen Römer und ihr Reich ohne die mindestens einen Kopf größeren Germanen nicht mehr auskommen.Als die Kimbern und Teutonen im 2. Jh. v. Chr. in die blühenden Provinzen Roms einbrachen, war die Frage nach den Germanen schon näher ins Blickfeld gerückt worden. Poseidonios aus Apameia (135-51), ein bedeutender Philosoph (Mittlere Stoa) und der bekannteste Gelehrte seiner Zeit, hielt sich auf einer seiner ausgedehnten Forschungsreisen, die ihn von Rhodos aus nach Spanien, Italien und Sizilien brachte, längere Zeit in Rom und Massilia auf, nur um herauszufinden, woher diese riesengroßen, Angst einflößenden Kimbern und Teutonen gekommen sein könnten. Heute ist ziemlich sicher, daß sie aus Jütland und dem Raum zwischen Ostsee und Ostfriesland stammen. Poseidonios kam jedoch zu keinem Ergebnis und stellte resigniert fest, daß man von deren Herkunft nichts wissen könne, weil der von ihnen zurückgelegte Weg zu groß, ihre Heimat zu weit entfernt sei. Immerhin nannte er als erster Autor die rechtsrheinischen Stämme Germanen, und Cäsar (110-44), auf der Höhe der Bildung seiner Zeit, übernahm diese Bezeichnung und setzte sie gleich auch politisch um, indem er Kelten und Germanen sprachlich spaltetete, beide rhetorisch gegeneinander aufhetzte, um die Gallier für sich gewinnen, d.h. die Rheingrenze halten zu können. In Wirklichkeit waren Kelten und Germanen im nördlichen und östlichen Gallien eine Mischbevölkerung: Germanen lebten also schon vor Cäsars Zeiten längst auch auf der linksrheinischen Seite.- Germanen (1.
Jh. v. Chr.) - |
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Die Germanen, zu den Indogermanen bzw. zur indogermanischen Sprachfamilie gehörend, gingen im End-Neolithikum aus Trägern der nach Westen vorstoßenden Megalithkultur, der Trichterbecherkultur () und Schnurkeramik- bzw. Streitaxtkultur () hervor. Sie bewohnten anfangs Südskandinavien und Schleswig. (Vgl. dazu die Tafel). | ||||
Um 750 v. Chr. siedelten die Germanen bereits weiter südlich, auch im deutschen Mittelgebirge, wo sie die Kelten als Nachbarn hatten. Man weiß nicht genau, wann und wo die germanische Runenschrift entstanden ist. Sie muß aber im 2. Jahrhundert vor Christus bereits entwickelt gewesen sein, weil sie in dieser Zeit der ersten Zeugnisse - d.h. der ersten, uns bekannten germanischen Schriftquellen - bereits so fertig ausgebildet war wie im Mythos: eine Lautschrift, geordnet in einer festen Reihe, dem sogenannten Futhark. Runen wurden auf Schildbuckeln, Schwertortbändern, Lanzenspitzen, Fibeln, Kämmen angebracht, aber hauptsächlich in Stein, Metall oder Holz geritzt (engl. write ist verwandt mit dt. ritzen). Diese graphischen Zeichen wurden mit dem Aufkommen der christichl-mittelalterlichen Frühkultur des Abendlandes immer seltener und wichen schließlich ganz der lateinischen Schrift. Ursprünge für den Grundstock des germanischen Alphabets könnten auch in der antik-magischen Zeichenwelt liegen, während andere Zeichen rein germanischen Ursprungs bzw. germanische Neuschöpfungen sein dürften. Die Runenschrift ist auch eine Begriffsschrift, d.h. die Runen besitzen nicht nur einen Lautwert, sondern repräsentieren auch einen Begriff, der mit dem betreffenden Laut beginnt.
Schon das Wort Rune enthält Zauberisches, denn es teilt mit dem Wort raunen dieselbe Wortwurzel. | -
Germanische Runenschrift - Germanisches Futhark (Runen-Alphabet) - benannt nach den ersten 6 Zeichen. Der Zeichenvorrat umfaßt 24 Runen (mit graphischen Varianten). Sie sind in 3 sogenannte Geschlechte zu je 8 Runen eingeteilt. Neben ihren Lautwert bezeichnet jede Rune auch einen bestimmten Begriff, deer mit dem betreffenden Laut beginnt: f
= Fahrhabe, Vieh; u = Ur, Auerochse; Form und Anzahl der Runen unterlagen im Laufe der Zeit in einzelnen Gebieten mancher Veränderung, aber die Namen blieben. Umstritten ist, inwieweit die Runen nach Anzahl und Stellung in der Reihe auch zahlensymbolischen Wert hatten. Damit hängt das Problem der Runenmagie zusammen. Der Name Rune deutet auf eine Kunst, die Eigeweihten vorbehalten war (gotisch runa ist die Übersetzung von griech. mysterion = Geheimnis), in der literarischen Überlieferung Islands gelten die Runen als reginkunnar (den Göttern entstammend), die isländischen Sagen erzählen wiederholt vom magischen Gebrauch der Runen. |
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Archäologische Funde bestätigen auch die Berichte von den Zügen der Kimbern und Teutonen (). Doch manche Spuren von Kämpfen und Stammeszügen sind vergänglicher als das Mauerwerk von Städten und Palästen. Als letzte Zeugnisse bleiben in dem Fall nur Begriffe und Wortbestandteile, die als erstarrte Überreste von den lebendigen Sprachen eingeschlossen worden sind. Neben Inschriften entschlüsselt der Sprachforscher Namen von Orten, Flüssen, Wäldern, Bäumen, Blumen- und anderen Pflanzenarten sowie Tierarten, auch Eigennamen, und der Name des Heerführers Vercingetorix oder ein Ortsname wie Mainz verrät dem Kenner, ob es sich hier um keltische oder um germanische Namen handelt. Ein Problem ergibt sich jedoch sogleich, wenn ein bestimmter Name nicht nur für die Zeit seiner Entstehung, sondern auch für eine spätere Zeit als Beweis für daraus abgeleitete Situationen herhalten soll. Nicht jeder Name ändert sich mit den Eroberern, und nicht jede Namensänderung bedeutet Eroberung. Sprachwissenschaftler wissen das, und sprechen in dem Zusammenhang, je nach Situation, von Substrat, Superstrat oder Adstrat. | -
Sprachliche Entlehnung - (Transferenz) Es
gibt viele Möglichkeiten der fremdsprachlichen Entlehnung, denn in einem
Lehnwortschatz gilt es, Lehnwort (lexikalische Entlehnung) und Lehnprägung
(semantische Entlehnung) zu unterscheiden. Ein Lehnwort kann assimiliert sein,
z.B. Wein => vinum (lat.), oder auch
nicht, z.B. => Flirt. Eine Lehnprägung dagegen ist
als Lehnformung formal abhängig, z.B. Wolkenkratzer =>
sky-scraper (engl.), als Lehnschöpfung jedoch nicht, z.B.
Sinnbild => symbolon (griech.), denn symballein
bedeutet zusammenwerfen. |
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Innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie differenzierte sich das Germanische durch eine Veränderung in den grammatischen Formen aus, z.B. durch die Festlegung der zuvor freien Wortbetonung auf die Anfangssilbe und durch die phonetischen Veränderungen im Konsonantensystem. Diese Germanische Lautverschiebung (auch: 1. Lautverschiebung) wird auch Grimmsches Gesetz genannt: Sie betrifft im wesentlichen die indogermanischen Verschlußlaute und 3 unabhängig voneinander ablaufende Vorgänge. Die stimmlosen Verschlußlaute p, t, k werden zu den stimmlosen Reibelauten f, th, ch und die stimmhaften Verschlußlaute b, d, g zu den stimmlosen Verschlußlauten p, t, k verschoben. Die aspirierten Verschlußlaute bh, dh, gh werden zu stimmhaften Reibelauten und bald darauf weiter zu den stimmhaften Verschlußlauten b, d, g verschoben. Die 1. Lautverschiebung muß beim intensiveren Sprachaustausch zwischen Germanen und Römern bereits abgeschlossen gewesen sein, weil kein lateinisches Lehnwort im Germanischen von ihr betroffen wurde: aus camera (lat.) wurde Kammer (dt.) und nicht *chamer. Vermutlich vollzog sich die 1. Lautverschiebung von Süden nach Norden vom 2. Jh. v. Chr. bis zum 5. / 6. Jh. n. Chr.; und mit dem Ende der Germanischen Wanderungen ging die germanische Sprachentwicklung in den entsprechenden Gebieten in Richtung Deutsch.
Aus dem Germanischen differenzierte sich das Althochdeutsche durch die Hochdeutsche Lautverschiebung bzw. 2. Lautverschiebung genannt wird, heraus; im Unterschied zu den bedingungslosen Vorgängen der 1. Lautverschiebung geschah dies jedoch positionsabhängig: die stimmlosen Verschlußlaute p, t, k werden im gesamten hochdeutschen Gebiet nach Vokalen zu stimmlosen Doppelaspiranten zz, ff, hh verschoben, die aber überwiegend wieder vereinfacht werden, z.B. wird aus (altsächs.) latan, skip, makon > (ahd.) lazzan, shif mahhon. Im Anlaut, im In und Auslaut nach Konsonant sowie in der Gemination (Konsonanten-Verdoppelung) werden p, t, k mit unterschiedkicher regionaler Ausbreitung nur bis zur Affrikata tz, pf, kh (=ch) verschoben: (altsächs.) herta, penning, korn > (ahd.) herza, pfenning, khorn. Die aus der 1. Lautverschiebung hervorgegengen stimmhaften Verschlußlaute b, d, g werden mit unterschiedlicher Reichweite oberdeutsch, insbesondere bairisch, zu p, t, k: (altsächs) beran, bindan, giban > (oberdt.) peran, pintan, këpan. Verschobene Formen sind auch in Namensüberlieferungen seit dem 5. bzw. 6. Jh. bezeugt (z.B. Attila > Etzel). Da sich die 2. Lautverschiebung bei Baiern, Langobarden und Alemannen am konsequentesten durchgesetzt hat und sich aber nach Norden bis zur Benrather Linie, der hochdeutsch-niederdeutschen Grenze, immer mehr abschwächte, kann der Süden als Ursprungszentrum gelten. (Vgl. AHD). | |||
Franz
Bopp selbst wurde leider darüber allmählich vergessen. Auch gehört
er zu jenen Männern, die weder zu Lebzeiten noch später einen Propagandisten
fanden. | |||
Franz Bopp ist
zu verdanken, daß man der Erforschung unserer Urahnen näher kam und
viele Forscher nach ihm vielleicht gar nicht oder später erst zu Ruhm gekommen
wären. Bopp fand die tote Muttersprache über den Weg des
historischen Vergleichens ihrer Tochtersprachen, denn wenn Sprachen
miteinander verwandt sind wie Geschwister, dann haben sie auch eine Mutter: wenn
aber die Grundsprache der Tochtersprachen Griechisch, Germanisch, Keltisch, Italisch
(u.a. Lateinisch, später: Romanisch), Hethitisch, Illyrisch, Indisch (u.a
Sanskrit, Vedisch, Hindi, Urdu, Bengali, Maratki, Assamisch), Iranisch (u.a. Awestisch,
Persich, Kurdisch, Afghanisch), Armenisch, Albanisch, Baltisch, Tocharisch, Slawisch
u.a. nicht mehr existierte und sich auf keinem Pergament, keiner noch so alten
Urkunde, auf keinem Grabstein, keiner Gedenktafel und anderen Relikten finden
ließ, mußte die Linguistik die tote Muttersprache, gleichsam
künstlich wie in einer Retorte, neu schaffen. Seit Bopps Zeiten, d.h.
seit der Romantik sind die Linguisten dabei,
das Indogermanische
über diesen Weg zu rekonstruieren. So wie die Archäologen seit Johann
Joachim Winckelmann
(1717-1768), d.h. seit Begründung der klassischen Archäologie und dem
frühesten Beginn des Klassizismus,
sich Schicht für Schicht in die Vergangenheit hinabgraben, gruben
sich die Sprachwissenschaftler zurück zu den Ursprüngen bzw. zu den
ältesten Wortformen und den kleinsten bedeutungsunterscheidenden Lautformen,
den Phonemen. Über die Lautgesetze fanden sie ihr Troja, ihr
Mykenae, ihr Knossos.
Die Wissenschaft von der geschichtlichen Entwicklung der deutschen Sprache und Literatur nennt man Germanistik - meist im gleichen Sinne wie deutsche Philologie, gelegentlich auch wie germanistische Philologie gebraucht, oft auch die germanistische Altertumskunde selbst umfassend. Die Germanistik hat natürlich selbst auch eine Geschichte: Ansätze zu einer Germanistik brachte schon der Humanismus hervor - aus Interesse an frühmittelalterlichen Textzeugnissen und Sprachformen, auch für die Grammatik der deutschen Sprache -, aber es waren insbesondere die deutschen Sprachgesellschaften, die die Sprachkunde und Textforschung förderten. (Althochdeutsche Textausgaben). Bedeutend hierfür war v.a. der Grammatiker und Schriftsteleller J. Georg Schottel (1612-1676) aus Einbeck mit seiner Ausführlichen Arbeit von der Teutschen Haubtsprache (1663). Er untersuchte die Etymologie der deutschen Wörter, bekämpfte das Fremdwörterunwesen und plante zur Festigung und Reinerhaltung der deutschen Sprache eine normative Grammatik und ein allgemeines Wörterbuch. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts richtete sich das Augenmerk von der Frühzeit auf die Literatur des Hochmittelalters, deren Geschichte ebenfalls zu interessieren begann (J. G. Herder). Um Grammatik und Wortschatz bemühten sich F. G. Fulda und J. C. Adelung (1732-1806). Die Romantik griff v.a. die Ansätze Herders auf, aber auch andere Grundlagen, z.B. die W. von Humboldts. Die literarischen Zeugnisse des Mittelalters wurden als Zeugnisse des Wirkens eines Volksgeistes gesammelt (A. von Arnim und C. Brentano), übersetzt (Tieck), aufbereitet (A. W. und F. Schlegel, F. Bouterwek, L. Uhland). editiert (F. H. von der Hagen). Ihr geistiges und methodisches Fundament erhielten diese Versuche jedoch erst durch die Forscherpersönlichkeiten J. und W. Grimm und K. Lachmann, an deren Ruhm Franz Bopp nicht ganz unschuldig war. Ein Markstein in der germanischen Sprachwissenschaft ist die Deutsche Grammatik (1819) von Jacob Grimm, in der er durch die Entdeckung der Ablautgesetze die deutsche Sprache in gesetzesmäßige Verbindung mit der germanischen und indogermanischen Sprachentwicklung brachte, ebenso die Konzeption für die Geschichte der deutschen Sprache (1847 ff.) bzw. das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm (1854 ff.). Als Wilhelm Grimm 1847 seinen Plan zu einem deutschen Wörterbuch vortrug, war das also nicht die Geburtsstunde der Germanistik, aber einer ihrer Höhepunkte. Wilhelm und Jacob Grimm hatten 1847 - ein Jahr vor der Revolution - eine Arbeit aufgenommen, die erst 1960 abgeschlossen werden sollte. (Vgl. Spät-NHD). Denn in dem Maße, in dem die gründliche und geduldige Bestandsaufnahme der deutschen Wörter geleistet wurde, wuchs die Masse der Sprache selbst. Die erbrachten Grundlagen wichen immer präziseren Methoden. |
Also erforschte man die Vorfahren, und daß die Vorfahren der Deutschen eben jene Germanen gewesen seien, von denen die antiken Autoren berichtet hatten, blieb bis weit ins 19. Jh. eine von niemandem angezweifelte Tatsache. Diese Entwicklung setzte sich im Historismus fort und erfuhr erst ab 1917/18 eine Krise, in der Bewegungen veschiedener Neuorientierungen entstanden, aber eben auch sie bekämpfende Gegenbewegungen. (). Diese Krise wurde eigentlich erst seit etwa 1960 beigelegt, als die Arbeit am Deutschen Wörterbuch, die die Brüder Grimm 113 Jahre vorher begonnen hatten, abgeschlossen werden konnte. Selbst wenn wir etwas anderes anstrebten, sind wir durch den heutigen Globalismus mehr denn je dazu veranlaßt, neben den historischen auch viele andere Methoden zu berücksichtigen, um den wahren Aussagen oder den Aussagen als Waren näher kommen zu können. (Vgl. Cäsaren-Mediokratie; ). Die Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bzw. seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts Disziplin oder Forschungsrichtung innerhalb der Sprachwissenschaft, beschäftigt sich seitdem mit der Rekonstruktion von Einzelsprachen, indem sie Ursprung, Entwicklungsgeschichte und Verwandtschaftsbeziehungen von Einzelsprachen mit der Methode des Vergleichs untersucht. Komparative Methode bedeutet, daß durch den Vergleich bestimmter Phänomene in mehreren verwandten (oder als verwandt vermuteten) Sprachen Formen früherer Sprachzustände aufgedeckt oder auch ausgeschlossen werden können und eine gemeinsame Ursprache rekonstruiert oder auch ausgeschlossen werden kann. Neben der materialbezogenen Historisch-Vergleichenden Sprachwissenschaft. die besonders durch die Entdeckung der Verwandtschaft des Sanskrit mit den indogermanischen Sprachen ausgelöst und begründet wurde und Methoden zum Nachweis sprachgenetischer Verwandtschaft ausarbeitete, erzielte auch die allgemeine Sprachwissenschaft, besonders seit Wilhelm von Humboldt (1767-1835), größte Wirkung. Gerade Humboldts Unterscheidung von Energeia (Sprache als Tätigkeit oder wirkende Kraft) und Ergon (Sprache als Produkt einer abgeschlossenen Tätigkeit oder statisches Werk) sowie von äußereren und innereren Sprachformen überhaupt und seine These von der Verknüpfung der Sprache mit Kultur, Mentalität und Weltsicht eines Volkes wirkten sich in unterschiedliche Weise auf spätere Sprachtheorien aus. (Zur weiteren Geschichte der Sprachwissenschaft: ).
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Beispiel einer archäologischen Widerlegung antiker Historiographie -
Die Beschreibung, die z.B. Plinius d.Ä. (23-79) über die Urfriesen
gab, kann jedenfalls nicht als zutreffend gelten: Hier im hohen Norden
am Meer haust ein elendes Völkchen auf hohen Hügeln. Vieh zu halten
ist diesen Menschen nicht vergönnt, auch nicht, sich, wie ihre Nachbarn,
von Milch zu nähren. Und diese Menschen behaupten, falls sie heute vom römischen
Volk besiegt werden sollten, würden sie Sklaven! Heute ist bekannt,
daß Plinius ziemlich falsch lag, weil z.B. deutsche Archäologen in
der Nähe von Wilhelmshaven herausfanden, daß die Friesen schon im 2.
Jh. v. Chr. ihre Siedlungen immer wieder neu um rund einen Meter künstlich
erhöhten und auf den so entstandenen Wurten (Warften) ständig
neue Gehöfte entstanden, die sich durch den dafür verwendeten dunkeln
Marschenton bis heute erhalten haben, auch Haushaltsgegenstände, ja sogar
Nahrungsmittel. Man weiß heute, daß sich die Friesen, neben Fisch,
auch von Vieh und Milch ernährten, damit Handel trieben und der Kontakt zu
den Römern sehr intensiv war. Der regionale Güteraustausch wurde sogar
höchst effektiv organisiert, auch mit den Römern. Außerdem gab
es militärische Kontakte zwischen den Friesen und den Römern in den
Grenzprovinzen. Aus einem römischen Bronzefund - einem augenärztlichen
Instrument - in Feddersen Wierde (bei Wilhelmshaven) schließen die Forscher,
daß der Besitzer Angehöriger eines römischen Truppenteils gewesen
sein muß. Hier war also ein Friese für die Versorgung römischer
Soldaten zuständig.
Die Vorfahren der Deutschen waren also Germanen, Kelten und Römer (romanisierte Kelten und romanisierte Germanen). Germanen und Kelten lebten lange Zeit zusammen als ein Volk. (). Ihre Vorfahren waren die Indogermanen, die aber auch die Vorfahren der Griechen und Römer (Italiker) waren. Doch die Antike war, bedingt durch ihr Seelenbild, nicht in der Lage, diejenigen Kelten und Germanen, die nicht latinisiert (römisch) wurden, historiographisch so zu erfassen, daß die Ergebnisse auch die spätere - erwachsene - abendländische Geschichtsforschung hätten befriedigen können. Allerdings kann das Abendland damit nur deshalb so relativ wenig anfangen, weil in ihm ein anderes Seelenbild ruht als in der Antike. Überall dort, wo zu Zeiten der Antike Römer, Kelten und Germanen in engerer Verbindung standen bzw. Germanen und Kelten - gemeinsam oder getrennt - ihre Heimat hatten, da entwickelte sich das Abendland aus seinem Urzustand heraus. Die Sprachgebiete des Deutschen (inkl. Niederländisch) und Französischen sind derjenige geographische Raum, auf den diese historischen Voraussetzungen am meisten zutreffen; dieser Raum blieb ununterbrochen abendländisch, wurde nicht von Fremdkulturen erobert (wie zuvor z.B. das Westgotenreich in Spanien und Portugal), vermochte aber Rom zu beschützen und zu umklammern. Das Abendland hätte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit anders entwickelt, wenn die bedeutsamsten Gebiete dieser jungen Kultur - manchmal auch Altabendland bzw. Alteuropa genannt - von den Arabern erobert worden wären, aber auch, wenn Rom nicht im Westen (Karl d. Gr.), sondern im Osten (Byzanz) ein Bündnis gesucht und eine Schutzmacht gefunden hätte.
Fortsetzung:
Anmerkungen:
Indogermanen-Kulturen entstanden wahrscheinlich aus einer einzigen indogermanischen Vor-/Urkultur im Paläolithikum (wohl im Jungpaläolithikum). Die indogermanischen Sprachen sind auch nur unter Annahme einer gemeinsame Ursprache erklärbar. Das Indogermanische, der Name wurde 1823 von H. J. Klaproth für die 1812 bis 1816 von Franz Bopp entdeckte Sprachfamilie geprägt, umfaßt die äußersten Glieder der Gruppe im Südosten (Ceylon) und Nordwesten (Island). Bezogen auf das Wort Hundert wurden die indogermanischen Sprachen unterschieden in eine westliche (Kentum-Sprachen; phonetisch: [k]) und eine östliche Gruppe (Satem-Sprachen; phonetisch [sch]). Weltweite Untersuchungen an Menschen aus den 1970er und 1980er Jahren haben ergeben, daß sprachliche und genetische Merkmale der Indogermanen weitgehend übereinstimmen. Aus linguistischer, archäologischer und anthropologischer Sicht dürften Trichterbecherkultur () mit ihren Nachfolgekulturen, darunter die Schnurkeramiker (), ferner die Bandkeramiker () und die Ockergrabkultur () als Kulturen der Indogermanen angesehen werden. Damit ist aber nur eine Zeitspanne erfaßt, die das Neolithikum betrifft (für Europa etwa 4500 v. Chr. bis 1800 v. Chr.). Ungeklärt bleibt auch die Herkunft der Glockenbecherkultur (). Obwohl man andere Möglichkeiten einer indogermanischen Herkunft nicht ganz ausschließen kann, darf als gesichert angenommen werden, daß die Indogermanen zum größten Teil der nordischen Rasse entstammen und deshalb nur ein europäischer Ursprung dieses Volkstums in Betracht kommt. Megalithkulturen sind die die im Mesolithikum bis Spätneolithikum (End-Neolithikum) aufgekommene, in der Kupfersteinzeit (Chalkolithikum bzw. Kupfermetallikum) und Bronzezeit (Bronzemetallikum) fortgesetzte Gewohnheit einiger vor- bzw. urgeschichtlicher und frühgeschichtlicher Kulturen (siehe: Periodik), megalithische Gräber und Kultmale zu errichten; z.B. Menhire (Lange Steine), Alignments bzw. Steinkreise, bestimmte Henge-Monumente und verschiedene Typen von Kammergräbern. Megalithkulturen gab es auch im Nahen Osten, in Afrika, Asien, Ozeanien und Amerika, obwohl man sie gewöhnlich nur auf Europa bezieht, wo sie tatsächlich am ausgeprägtesten waren und als Relikte heute noch mehr als anderswo zu bestaunen sind. Hier, in Europa, waren einge Megalithkulturen mit Keramik der Chaséen verbunden, andere mit Töpferware der Seine-Oise-Marne-Kultur, der Pasteur-des-Plateaux-Völkerschaften und der Glockenbecherkultur () in West-, Südwest- und Mitteleuropa, besonders in Nordwestdeutschland und ganz England sowie in Südirland. In Norddeutschland, Dänemark, Südschweden und westlichen Teilen Osteuropas waren die Megalithkulturen verbunden mit Gefäßen der Trichterbecherkultur (Vorläufer der Schnurkeramik- bzw. Streitaxtkultur). Der Transport und die Bearbeitung der Megalithe setzen eine relativ differenzierte Sozialstruktur voraus. Umstritten ist die sogenannte Nordwestdeutsche Gruppe: waren das Germanen oder Kelten? Es handelt sich um die Zeit des 6. Jahrhunderts v. Chr.; man wird auch hier wohl eher von einer keltogermanischen bzw. germanokeltischen Bevölkerung sprechen können, bei der sich die Züge der beiden später profilierten Völker nur vermischt nachweisen lassen. Dagegen sind die sogenannte Jastorf-Gruppe an und östlich der Elbe und die Gruppen zwischen Oder und Weichsel eindeutig als Germanen zu bezeichnen. Für die nächsten Jahrhunderte kann man davon ausgehen, daß sich die Germanen immer mehr Richtung Süden, Westen und Osten ausgebreitet haben und schon im 2. Jahrhundert v. Chr. sowohl in Südosteuropa, z.B. Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, u.s.w., als auch in Südfrankreich, in Norditalien und westlich des Rheins vertreten waren. Die westlichsten und südtlichsten Gruppen der Germanen waren also im 1. Jahrhundert v. Chr. auch Einwohner des Römischen Reiches (vgl. Karte) - die Kimbern, Teutonen und Ambronen schon im 2. Jh. v. Chr. (). Es war Cäsar, der die Kelten und Germanen mit politischen Hintergedanken aufteilte, obwohl die von ihm eroberten Gebiete in Gallien auch aus Germanen bzw. aus einer Mischung von Kelten und Germanen bestanden. Um die eroberten Gebiete westlich des Rheins zu sichern, erzeugte Cäsar ganz bewußt eine unter dem Begriff Germanengefahr bekannt geworden e hysterisierende Situation. Sie ist vergleichbar mit den Situationen, die die heutigen abendländischen Cäsaristen durch Schüren von Ängsten erzeugen. Keine Angst, ein solcher Cäsar steht uns erst noch bevor, denn im Abendland hat die Phase des Cäsarismus gerade erst begonnen (!). Bernstein (eigtl. Brennstein; Mittelniederdeutsch: bernen = brennen) ist ein unterschiedlich gefärbtes (hellgelb bis orangerot, bräunlich oder gelblichweiß), undurchsichtiges bis klares (durchsichtiges), fettglänzendes, fossiles Harz; der chemischen Struktur nach ein brennbarer Polyester aus Abietinsäure und Diabietinol neben Harzsäuren und Bernsteinsäure. Die bedeutendste Bernsteinlagerstätte der Welt befindet sich in Ostpreußen, wo der Bernstein in der blauen Erde auftritt. Die Gewinnung erfolgt im Tagebau, v.a. bei Palmnicken (Ostseebad an der Westküste des Samlandes, Ostpreußen). Bernstein enthält oft Einschlüsse tertiärer Tiere (v.a. Insekten) und Pflanzenteile. Die ältesten Belege von Bernstein, der v.a. ein beliebter Rohstoff für die Anfertigung von Schmuck war, stammen aus der Jungsteinzeit (Neolithikum). Seit Beginn der Bronzezeit trat Bernstein auch in anderen Gebieten Europas auf. Durch die Kartierung der Bernsteinfunde wurden hypothetische Handelswege erschlossen (Bernsteinstraßen), auf denen der Bernstein nach Süden gelangte. Bernstein wurde in den mykenischen Schachtgräbern entdeckt, dagegen fand man ägyptische Fayence-Perlen in England. Der Bernsteinhandel hatte also eine rein nordsüdliche Richtung: 1)
über den Fluß- und Landweg von der Ostssee (Ostpreußen) zur Adria; Polybios (um 200 - um 120) unterschied 3 Gattungen der Geschichtsschreibung. Die von ihm gepflegte nannte er pragmatikh istoria, die Tatsachen-Geschichte für ernste Leser, die lesen, um zu lernen. Wichtig waren ihm 3 Teile bzw. Forderungen, die der pragmatische Historiker zu erfüllen hat: Studium der Quellen, der Schauplätze der Geschichte und politisch-militärische Erfahrung. Timaios und andere Schreibtischhistoriker wurden von Polybios abgekanzelt. Neben den in den Zielsetzungen der führenden Männer liegenden aitai (Ursache, Grund) des historischen Geschehens gibt es noch eine andere gewaltige verursachende Macht, das Unberechenbare, das Irrationale, von Polybios gelegentlich mit Ausdrücken um automaton umschrieben, meist aber Tyche (Schicksal, Zufall) genannt. Außer den politisch-militärischen Betrachtungen streute der leidgeprüfte, philosophisch veranlagte Historiker auch häufig allgemein-moralische Reflexionen in sein Werk ein, darunter manche sehr feine Bemerkung. Polybios wurde nicht nur bedeutend als der Historiker, der eine Fülle geschichtlichen Stoffes übermittelte, sondern vielleicht noch mehr als Geschichtsphilosoph. Er vertrat die Vorstellung von einem Kreislauf der Verfassungen und betrachtete die römische Mischverfassung als die beste. Polybios hatte stärkste Wirkung auf die gesamte spätere Geschichtsschreibung - griechische und römische. Besonders stark beeinflußte er Poseidonios (um 135 - 51), der zum einflußreichsten Denker der mittleren Stoa wurde (), und Strabon (um 63 v. Chr. - um 19 n. Chr.) sowie Titus Livius (59 v. Chr. - 19 n. Chr.). Polybios' Hauptwerk Historien (40 Bücher zur [römischen] Weltgeschichte von 264 bis 144) wurde von Poseidonios und von Strabon fortgesetzt. Auch Oswald Spengler (1880-1936) war von Polybios beeindruckt.Oswald Spengler (1880-1936), Der Untergang des Abendlandes, 1918 (Band I), 1922 (Band II).Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel Parallelenaxiom deutlich werden kann: Euklid hat in seinen Elementen (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.Vorderasien oder Morgenland: diese Begriffe sindnicht ganz zutreffend, weil zum magischen Kulturkreis (Spengler nennt ihn arabisch) auch der ehemalige (griechische) Osten der Antike gehört, wenn auch nur pseudomorph. Mit Vorderasien bzw. Morgenland meine ich die Kultur der späteren Religionskulturformen, z.B. des altiranisch-parsistischen (mazdaistischen) Persertums, des manichäischen Babyloniens, des Judentums, des Arabertums, des Urchristentums u.a. magischer Elemente. Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. Die Vertreter der magischen Kultur berücksichtig(t)en stets den Consensus - die Übereinstimmung der Gelehrten als Grundlage für die religiöse (= wahre) Lehre. Das arabische Wort Idschma ist auch in diesem Sinne zu verstehen, und es gilt immer noch als eines der vier Grundprinzipien der islamischen Rechtslehre.Historische Pseudomorphosen nenne ich Fälle, in welchen eine fremde Kultur so mächtig über dem Lande liegt, daß eine junge, die hier zu Hause ist, nicht zu Atem kommt und nicht nur zu keiner Bildung reiner, eigener Ausdrucksformen, sondern nicht einmal zur vollen Entfaltung ihres Selbstbewußtseins gelangt. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 784). Auch eine junge Kultur kann so mächtig sein, daß sie eine alte dort, wo sie zu Hause ist, überlagert. Das Beispiel zwischen der (alten) apollinischen Kultur, auch kurz Antike genannt, und der (jungen) magischen Kultur, auch Persien/Arabien genannt, macht es deutlich: Solange die Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose darin, daß alle östlichen Kirchen zu Kulten westlichen Stils wurden. Dies ist eine wesentliche Seite des Synkretismus. ... Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen der magischen Seele seit dem zweiten Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues Griechentum als magische Nation. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 800-801).Quartal meint eine Jahreszeit (= 3 Phasen) oder ein Viertel der Uhrzeit (z. B. 0-6, 6-12, 12-18, 18-24 Uhr).Phase ist für mich der Inbegriff einer wohltemperierten Abrundung durch geistig-politische Tätigkeiten in einer bestimmten Zeitspanne, oft ausgedrückt durch technische und künstlerische Richtungen, aber auch durch ökonomisch-politische und geistig-metaphysische Richtungen. Sie kann nur 60-80 Jahre andauern, wie im Falle des Rokoko, oder 200-300 Jahre, die etwa jeweils Karolingik, Romanik und Gotik ausmachten. Eine Phase umfaßt im Mittel etwa 180 Jahre. Ein Kulturquartal umfaßt 3 Phasen und damit durchschnittlich 500-600 Jahre, manchmal auch nur 300-350 Jahre, wie im Falle der abendländischen Jugend (Renaissance, Barock und Rokoko). Ein Kulturquartal ist eine Jahreszeit in dem Sinne, daß an ihr erkennbar wird, was sie ist, wenn sie gewissermaßen innehält. Winter, Frühling, Sommer und Herbst sind wie unterirdisches Wachstum, zarte Blüten, Hochblüte und Verfall, wie die pflanzliche Welt immer wieder bezeugt, aber nicht nur sie: die 4 Jahreszeiten sind wie uterines, kindliches, jugendliches und erwachsenes Leben, z.B. auch vergleichbar mit dem der Säugetiere. Das erwachsene Leben kann mehrere Quartale umfassen; in dem Falle teilen die Älteren (Elter[e]n) ihr Leben mit den Kindern, Enkelkindern oder gar Urenkelkindern. In Kulturen war und ist dies auch möglich: China, Indien und die magische Kultur existieren als Zivilisationen (Erwachsene) schon länger als das Abendland.Im
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