Anmerkungen:
Demgegenüber ist es ein Symbol
ersten Ranges und ohne Beispiel in der Kunstgeschichte, daß die
Hellenen ihrer mykenischen Vorzeit (gemäß
meiner Kulturtheorie war deren mykenische Zeit nicht die Vorzeit, sondern
die Frühzeit; Anm. HB) gegenüber, und zwar in einem an
Steinmaterial überreichen Lande, vom Steinbau zur Verwendung des
Holzes zurückkehrten, woraus sich das Fehlen architektonischer
Reste zwischen 1200 und 600 erklärt. Die ägyptische Pflanzensäule
war von Anfang an Steinsäule, die dorische Säule war eine Holzsäule.
Darin spricht sich die tiefe Feindseligkeit der antiken Seele gegen die
Dauer aus. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes,
1918, S. 16; vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Hat je eine hellenische Stadt auch nur
ein umfassendes Werk ausgeführt, das die Sorge um kommende Generationen
verrät? Die Straßen- und Bewässerungssysteme, die man
in mykenischer, d.h. vorantiker Zeit (gemäß
meiner Kulturtheorie war die mykenische Zeit keine vorantike Zeit, sondern
eine frühantike Zeit; Anm. HB) nachgewiesen hat, sind seit
der Geburt antiker Völker mit dem Anbruch der homerischen
Zeit also verfallen und vergessen worden. Um das Bizarre der Tatsache
zu begreifen, daß die Buchstabenschrift von der Antike erst nach
900 angenommen wurde, und zwar in bescheidenstem Umfang und sicherlich
nur zu den dringendsten wirtschaftlichen Zwecken, was der Mangel an Inschriftfunden
mit Sicherheit beweist, bedenke man, daß in der ägyptischen,
babylonischen, mexikanischen und chinesischen Kultur die Ausbildung einer
Schrift in grauer Vorzeit beginnt, daß die Germanen sich ein Runenalphabet
schufen und später ihre Ehrfurcht vor der Schrift durch die immer
wiederholte ornamentale Ausbildung von Zierschriften bezeugten, während
die Frühantike (gemäß meiner Kulturtheorie
die Hochantike; Anm. HB) die vielen im Süden und Osten gebräuchlichen
Schriften durchaus ignorierte. Wir besitzen zahlreiche Schriftdenkmäler
aus dem hethitischen Kleinasien und aus Kreta, aus homerischer Zeit nicht
ein einziges, vgl. Bd. II, S. 737 ff.. (Oswald Spengler, Der
Untergang des Abendlandes, 1918, S. 16; vgl. Text zu dieser Anmerkung
).
Zum magisch ( )
anerzogenen Schema: Altertum-Mittelalter-Neuzeit vgl. S. 21-22
( ),
24 ( ),
26 ( ),
32 ( ),
32-34 ( ),
617-618 ( ),
785-786 ( ).
Spengler erteilt diesem Schema eine Absage ( )
! Er wurde dafür von einigen getadelt, von anderen aber auch gewürdigt,
z.B. fast ein Jahrhundert später von Samuel Phillips Huntington (1927-2008) )
in seinem Buch Kampf der Kulturen (1996 ):
Spengler verurteilte schon 1918 die im Westen vorherrschende, kurzsichtige
Auffassung von Geschichte mit ihrer säuberlichen Einteilung in Antike,
Mittelalter und Neuzeit, die nur für den Westen relevant ist: »
... (an dieser Stelle zitiert Huntington Spengler,
a.a.O. S. 24 )
... « Einige Jahrzehnte später geißelte Toynbee ( )
die »Provinzialität und Impertinenz« des Westens mit
seinen »egozentrischen Illusionen«, daß die Welt sich
um ihn drehe, daß es einen »unwandelbaren Osten« gäbe
und daß der »Fortschritt« unausweichlich sei. Wie Spengler
hatte er keine Verwendung für die Annahme einer Einheit der Geschichte,
die Annahme, daß es »nur einen einzigen Strom der Zivilisation,
nämlich den unseren, gibt und daß alle anderen entweder Zuflüsse
sind oder im Wüstensand versickern«. (Vgl.
A. J. Toynbee, Study of History, 1934-1961, S, 149ff., 154, 157ff.).
Fünfzig Jahre nach Toynbee hat auch Fernand Braudel ( )
die Notwendigkeit betont, zu einer umfassenderen Perspektive zu gelangen
und die großen Kulturen in der Welt und die Mannigfaltigkeit ihrer
»Zivilisationen« zu verstehen. (Vgl.
F. Braudel, Schriften zur Geschichte [2], 1992). Doch die
Illusionen und Vorurteile, vor denen diese Autoren warnten, leben fort
und treiben Ende des 20. Jahrhunderts neue Blüten in der verbreiteten
und provinziellen Einbildung, die europäische Kultur des Westens
sei jetzt die universale Weltkultur. (S. P. Huntington, Kampf
der Kulturen, 1996, S. 74-75 ).
Huntington, ein Spenglerianer ( )
? 
Als
Ursymbole bezeichnet Spengler folgende: Weg (ägyptische Kultur),
Nirwana (indische Kultur), Tao (auch als Weg) oder auch Naturlandschaft,
Naturarchitektur (chinesische Kultur), Einzelkörper (antike
Kultur), Welthöhle (magische Kultur), Unendlicher Raum
(abendländische Kultur). Neben dem Ursymbol ist
auch das Seelenbild wichtig. Beispielsweise sind das Seelenbild der Antike und
das Seelenbild des Abendlandes gegensätzlich: apollinisch und faustisch;
ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum.
Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol
allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der
Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel Parallelenaxiom
deutlich werden kann: Euklid ( )
hat in seinen Elementen (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung
für das antike Beispiel gegeben und Gauß ( )
ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie
stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen
Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol
angetrieben und angezogen wird. (Vgl. dazu das Germanentum ).
Mit der LEX JULIA DE MARITANDIS aus
dem Jahr 18 v. Chr. und der LEX PAPIA POPPAEA aus em Jahr 9 v.
Chr. werden unter der Herrschaft Kaiser Augustus Kinderlosen hohe
Ämter verwehrt. Außerdem werden Kinderreiche durch das Erbrecht
bevorzugt. (Meinhard Miegel, Das Ende des Individualismus - Die
Kultur des Westens zerstört sich selbst, 1993, S. 163). Die
LEX JULIA des Kaisers Augustus aus dem Jahre 14 v.u.Z. bedroht
Nachwuchsverweigerer damit, daß sie ihr eigenes Erbe nicht antreten
dürfen. Ausnahmen aber müssen gemacht werden - damals für
Prostituierte. Daraufhin lassen sich die feinen Damen Roms in die Hurenregister
eintragen. Das Imperium geht weiter unter: »Bis man zu den Zeiten
kam, in denen wir weder unsere Krankheiten noch ihre Heilmittel ertragen
könne«, kommentiert das Livius (63 v.u.Z. - 17 u.Z.) in der
Einleitung zu seiner Römischen Geschichte. .... Damals
im Römischen Reich verschwindet mit der Bankrottierung der Bauern
die kleine ökonomischen Einheit, auf der das römische Familienleben
beruht. Nach der Vollstreckung in ihr verpfändetes Land bleiben diesen
Bauern nur noch ihre proles (Kinder), nach dem Wegsterben dieser
Proletarier wächst dann nichts mehr nach. Am Ende soll das Imperium
... 2000 Familien gehört haben. Auf immer größer werdenden
Latifundien der erfolgreichen Konkurrenten hat gerade noch der Aufseher
der Sklavenkaserne eine eigene Familie. Sklavenzuchtversuche scheitern
an den langwierigen Preiserwartungen, weil nach Investitionen in zehn
oder mehr Lebensjahre plötzlich ein einziger großer Sieg in
Parthien Zehntausende billigst auf die Sklavenmärkte des Imperiums
spülen und die Aufzuchtkosten zum Verlust machen konnte. Am Ende
erfüllt sich des älteren Plinius (23-79) Diagnose latifundia
Italiam perdidere (die Latifundien haben Italien [bzw. das Römische
Reich] zugrunde gerichtet; Naturgeschichte, Buch XVIII: 35).
(Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht - Terror im Aufstieg und
Fall der Nationen, 2003, S. 47-48). 
In Rom und Byzanz wurden sechs- bis
zehnstöckige Miethäuser - bei höchstens drei Metern Straßenbreite
- errichtet, die bei dem Fehlen aller baupolizeilichen Vorschriften oft
genug mit ihren Bewohnern zusammenbrachen. ein großer Teil der cives
Romani, für die »panem et circenses« den ganzen
Lebensinhalt bildeten, besaß nur einen teuer bezahlten Schlafplatz
in den ameisenhaft wimmelnden »insulae« (Robert von
Pöhlmann, Aus Altertum und Gegenwart, 1911, S. 199 ff.).
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 47; vgl.
Text zu dieser Anmerkung ).
Die deutsche Gymnastik ist seit 1813
und den sehr provinzialen, urwüchsigen Formen, die ihr Jahn damals
gab, in rascher Entwicklung zum Sportmäßigen begriffen. Den
Unterschied eines Berliner Sportplatzes an einem großen Tage von
einem römischen Zirkus war schon 1914 sehr gering. (Oswald
Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 49; vgl. Text
zu dieser Anmerkung ).
Die Philosophie dieses Buches verdanke
ich der Philosophie Goethes, der heute noch so gut wie unbekannten, und
erst in viel geringerem grade der Philosophie Nietzsches. Die Stellung
Goethes in der westeuropäischen Metaphysik ist noch gar nicht verstanden
worden. man nennt ihn nicht einmal, wenn von Philosophie die Rede ist.
Unglücklicherweise hat er seine Lehre nicht in einem starren System
niedergelegt; deshalb übersehen ihn die Systematiker. Aber er war
Philosoph. Er nimmt Kant gegenüber dieselbe Stellung ein wie Plato
gegenüber Aristoteles, und es ist ebenfalls eine mißliche Sache,
Plato in ein System bringen zu wollen. Plato und Goethe repräsentieren
die Philosophie des Werdens, Aristoteles und Kant die des Gewordnen. Hier
steht Intuition gegen Analyse. Was verstandesmäßig kaum mitzuteilen
ist, findet sich in einzelnen Vermerken und Gedichten Goethes wie den
Orphischen Urworten, Strophen wie »Wenn im Unendlichen« ( )
und »Sagt es niemand«, die man als Ausdruck einer ganz
bestimmten Metaphysik zu betrachten hat. Am folgenden Ausspruch möchte
ich nicht ein Wort geändert wissen: »Die Gottheit ist wirksam
im Lebendigen, aber nicht im Toten; sie ist im Werdenden und sich Verwandelnden,
aber nicht im Gewordnen und Erstarrten. Deshalb hat auch die Vernunft
in ihrer Tendenz zum Göttlichen es nur mit dem Werdenden, lebendigen
zu tun, der Verstand mit dem Gewordnen, Erstarrten, daß er es nutze.«
(Zu Eckermann). Dieser Satz enthält meine ganze Philosophie.
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 68-69;
vgl. Text zu dieser Anmerkung ).



Charles
Darwin war Malthusianer, wie Spengler richtig erkannt hat ( ).
So ist z.B. in Darwins Autobiographie zu lesen: 15 Monate, nachdem ich meine
Untersuchungen systematisch angefangen hatte, las ich zufällig und zur Unterhaltung
Malthus' Über die Bevölkerung, und da ich hinreichend darauf
vorbereitet war, den überall stattfindenden Kampf um die Existenz zu würdigen,
namentlich durch lange fortgesetzte Beobachtungen über die Lebensweise von
Tieren und Pflanzen, kam mir sofort der Gedanke, daß unter solchen Umständen
günstige Abänderungen dazu neigen, erhalten zu werden, und ungünstige,
zerstört zu werden. Das Resultat hiervon würde die Bildung neuer Arten
sein. Hier hatte ich nun endlich eine Theorie, mit der ich arbeiten konnte.
( ).
Der Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg ( ):
Umso wichtiger ist es, sich zu vergegenwärtigen, daß schon seit
den Anfängen der klassischen Bevölkerungstheorie ein Antagonismus zwischen
der kulturtheoretischen und der biologischen Fundierung der Bevölkerungswissenschaft
besteht. Anders als bei Süßmilch bilden bei Malthus biologische Reflexionen
und nicht kultur- und sozialwissenschaftliche Grundtatsachen den Ausgangspunkt
bei der Theorienbildung. Dabei überwiegt die biologische Sichtweise so stark,
daß Charles Darwin in seinen biographischen Notizen bekannte, daß
er die Idee für eine Theorie der Evolution der Lektüre von Malthus'
»Bevölkerungsgesetz« verdanke. .... Malthus' biologische Argumentationsweise
...: »Im Tier- und Pflanzenreich hat die Natur den Lebenssamen mit der verschwenderischsten
und freigiebigsten Hand weit umhergestreut. Dafür hat sie an Lebensraum und
an Unterhaltsmitteln, die zur Ernährung nötig sind, gespart. Die Lebenskeime
auf unserem Fleckchen Erde würden, falls sie ausreichend Nahrung und Platz
zur Ausbreitung hätten, im Laufe einiger Jahrtausende Milionen von Welten
anfüllen. Die Not als das übermächtige, alles durchdringende Naturgesetz
hält sie aber innerhalb der vorgegebenen Schranken zurück. Die Pflanzen-
und Tierarten schrumpfen unter diesem großen, einschränkenden Gesetz
zusammen. Auch das Menschengeschlecht vermag ihm durch keinerlei Bestrebungen
der Vernunft zu entkommen.« Wenn die Zahl der Nachkommen bei menschlichen
Populationen ebenso wie bei Pflanzen und Tieren größer ist als die
Zahl der Existenzmöglichkeiten, wie werden dann anhand welcher Kriterien
aus der Menge der Lebenden die zum Überleben bestimmten Individuen selektiert?
Die in dieser Frage angesprochene Analogie zwischen dem Selektionsmechanismus
der »checks« aufgrund des »Bevölkerungsgesetzes«
und den Selektionsmechanismen in der Evolutionsbiologie bestand auch auf einem
anderen wichtigen Gebiet: Alles Wirtschaften steht unter dem »kalten Stern
der Knappheit«, und auch hier gab es einen Selektionsmechanismus, der die
überschüssigen Marktteilnehmer zum Ausscheiden aus dem Markt zwingt,
und zwar durch die Mechanismen der Konkurrenz und des Wettbewerbs auf den Güter-
und Arbeitsmärkten. Aus der Sicht der Theoretiker des Wirtschaftsliberalismus
mußte sich der Selektionsmechanismus der ökonomischen Konkurrenz und
des Wettbewerbs auf den Wohlstand eines Gemeinwesens positiv auswirken, weil er
die weniger Tüchtigen zurückdrängt und die Tüchtigen zum Zuge
kommen läßt. Die Selektionstheorie hatte offensichtlich eine außerordentlich
hohe Erklärungskraft: Im Falle der Biologie erklärte sie die Tendenz
der Organismen zur Höherentwicklung im Verlauf der Evolution, wie Darwin
auf Malthus gestützt erkannte, und im Falle der Wirtschaft die Tendenz zu
wachsendem Wohlstand bei den Nationen, derern Wirtschaft sich an den Prinzipien
des Marktes, der ökonomischen Konkurrenz und des Wettbewerbs orientierten.
(Herwig Birg, Die Weltbevölkerung - Dynamik und Gefahren, 1996, S.
42-44). Man sollte nicht vergessen: Malthus' »Bevölkerungsgesetz
erfüllt keine der Voraussetzungen, die jede Theorie erfüllen sollte,
um in der Wissenschaft ernstgenommen zu werden. .... Es ist sogar zu befürchten,
daß der Malthusianismus nach seinem gegenwärtigen Wandel zum ökologischen
Malthusianismus im 21. Jahrhundert noch verheerendere Auswirkungen haben wird
als in den beiden vergangenen Jahrhunderten. (Ebd., S. 29-30). Schlechte
Zeugnisnoten für Malthus und Darwin!Zum
Parallelenaxiom: Daß durch einen Punkt zu einer Geraden nur eine Parallele
möglich sei, ein Satz, der sich nicht beweisen läßt. (Oswald
Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 114).  Es
ist nicht überflüssig hinzuzufügen, daß diese reinen Phänomene
der lebendigen Natur fernab von allem Kausalen liegen und daß der Materialismus
ihr Bild erst durch Hineintragen von Zweckmäßigkeitsursachen verderben
mußte, um ein System für den Alltagsverstand zu erhalten. Goethe, der
vom Darwinismus ungefähr so viel vorweggenommen hat, als in fünfzig
Jahren von ihm übrig sein wird, schaltet das Kausalitätsprinzip ganz
aus. Es kennzeichnet das ursachen- und zwecklose wirkliche Leben, daß die
Darwinisten das Fehlen des Prinzips hier gar nicht bemerkt haben. Der Begriff
des Urphänomens läßt keinerlei kausale Annahmen zu, man müßte
ihn denn erst mechanistisch mißverstehen. (Oswald Spengler, Der
Untergang des Abendlandes, 1918, S. 150).
Die Angst, die Spengler hier eindrucksvoll
beschreibt (   )
und der er wesentliche Bedeutung als kulturellen Antrieb innerhalb
der Weltgeschichte zuschreibt (Frank Lisson, Oswald Spengler
- Philosoph des Schicksals, 2005, S. 21 ),
hatte bei ihm selbst eine ebenso wesentliche Bedeutung: Wenn ich
mein Leben betrachte, ist es ein Gefühl, das alles, alles beherrscht
hat: Angst, Angst vor der Zukunft, Angst vor Verwandten, Angst vor Menschen,
vorm Schlaf, vor Behörden, vor Gewitter, vor Krieg, Angst, Angst.
Ich habe nie den Mut gehabt, das andren zu zeigen. Sie hätten mich
auch nicht verstanden. Ich glaube, daß niemand in einer so ungeheuren
inneren Vereinsamung lebte (ich erinnere mich an mein sechstes Jahr, wo
es auch schon so war). Und so begann ich zu lügen, weil ich mich
fürchtete, weil ich mich nicht verraten wollte, denn ich wagte es
nicht, über mein Inneres zu reden. (Oswald Spengler, Eis
heauton 79 ;
zitiert in: Frank Lisson, ebd., S. 21). Lisson:
Es ist diese permanente Angst**
vor allem Möglichen, die ihn seit Kindertagen verfolgt und quält
und die er, trotz aller Stilisierung, doch als höchst problematisch
wahrnimmt. **Das
Gefühl scheinbar unbestimmter Angst ist bei sensiblen Kindern auffällig
verbreitet. So berichtet etwa der junge Hermann Hesse fast wortgleich
mit Spengler: »Wenn ich alle die Gefühle und ihren qualvollen
Widerstreit auf ein Grundgefühl zurückführen und mit einem
einzigen Namen bezeichnen sollte, so wüßte ich kein anderes
Wort als: Angst. Angst war es, Angst und Unsicherheit, was ich in allen
jenen Stunden empfand: Angst vor Strafe, Angst vor dem eigenen Gewissen,
Angst vor Regungen meiner Seele, die ich als verboten und verbrecherisch
empfand.« Vgl. Hermann Hesse, Kinderseele ( ),
in: Gesammelte Erzählungen, Bd. 5, S. 183. (Frank Lisson,
ebd., S. 21 bzw. S. 82 [**Anm.
39 z. S. 21]). So wie Frank Lisson bezüglich der Weltangst
(als der Angst des Schöpferischen in der Weltgeschichte) Oswald
Spenglers Ähnlichkeiten bei Hermann Hesse sieht, so sieht Andreas
Hetzel ( )
bezüglich der ästhetischen Welterschließung Oswald
Spenglers Ähnlichkeiten bei Walter Benjamin ( ).
Die drei Dichter-Ästheten gehören derselben Generation an, was
dazu verleiten könnte, sie allein schon wegen dieser Parallele
über alle Unterschiede hinweg, die es zwischen ihnen zweifellos
ja doch auch gibt, zu verkuppeln. Aber trotzdem sind die von Lisson
und Hetzel festgestellten Ähnlichkeiten nicht unerheblich. Wie dem
auch sei, auch als Autor kann man die eigene Kindheit wohl nie so richtig
abschütteln, sollte man auch gar nicht, wie man an Spenglers Verarbeitung
seiner Kindheit als Angstgeschichte sehen kann. Später
schreibt er dem Phänomen der Angst wesentliche Bedeutung als kulturellem
Antrieb innerhalb der Weltgeschichte zu: »Es ist jene tiefe Weltangst
der Kinderseele, welche den höheren Menschen, den Gläubigen,
den Dichter, den Künstler in seiner grenzenlosen Vereinsamung niemals
verläßt .... Es ist etwas ganz Unfaßbares, das Zukunft
in Vergangenheit verwandelt, und dies gibt der Zeit im Gegensatz zum Raume
jenes widerspruchsvoll Unheimliche und drückend Zweideutige, dessen
sich kein bedeutender Mensch ganz erwehren kann. Die Weltangst ist sicherlich
das schöpferischste aller Urgefühle« ( ).
(Frank Lisson, ebd., S. 21-22). Jürgen Naeher (*1947 )
stellte 1984 in seinem Buch Oswald Spengler (mit Selbstzeugnissen
und Bilddokumenten )
fest, daß der von Angst und Einsamkeit bestimmte Teufelskreis
nur punktuell zu durchbrechen sei: Gerade Spenglers »Einsamkeit«
läßt ihn immer wieder mißverstehen, wie sehr solche Einsamkeit
doch auch die anderer Menschen sein könnte, wie sehr sie tatsächlich,
in vielem, die anderer ist. Sie läßt ihn immer auch
mißkennen, wie sehr die durch solche Einsamkeit mitbedingte »Angst«
gleichfalls andere empfinden, wie sehr diese Angst ein Grundgefühl
seiner Zeit bestimmt. Solche Angst, die wiederum zu einer Bedingung von
Einsamkeit wird, sie fand auch prägnanten Ausdruck etwa bei George,
Thomas Mann und Kafka, in Werken, die nach Hegels Einsicht Philosophie,
ihre Zeit in Gedanken erfassen, durch ästhetische Form vermittelt.
Jene Einsamkeit, jene Angst, sie sind - umgekehrt von jenen anderen,
von jedenfalls vielen, verstanden, als ihre eigene Erfahrung empfunden
worden. Spengler hat sie im Untergang des Abendlandes, zumindest
für die damalige Leseerfahrung offensichtlich, mitgestaltet. Was
er immer wieder auch als seine Besonderheit empfindet, ist das Gefühl einer Einsamkeit und Angst, »wie sie vielleicht niemand hat«.
In dieser «Besonderheit» kann er sich auch als Prototypus,
als Symbol von «allgemeiner» Bedeutung auffassen. Dem Untergang
des Abendlandes ist dies unterlegt. Will man es auf diese Weise sehen,
hat sich Spengler mit dem Hauptwerk auch als er selber mitgeteilt: auf
dem Umweg, von seiner Biographie so weit abzusehen, daß er
sie als »Biographie« seiner Zeit, einer »Zwischenzeit«
( ),
zusammenfassen kann. Von hier schließlich konzipiert er sie als
»Biographie« derjenigen Geschichte, die diese Zeit hervorbrachte
(»Biographie« ist ein - Goethesches - Stichwort im Untergang
des Abendlandes). (Jürgen Naeher, ebd., S. 52-53).
Einige Zeilen weiter ist zu lesen, was auch (oder sogar nur!?!) auf Naeher
selber zutrifft: Dies ist zunächst krude Individualpsychologie,
«Psychoanalyse» im verkürzenden Sinne, und benennt dabei
kaum den Begründungszusammenhang von »Einsamkeit: Verzweiflung,
Angst und Schuldgefühl« als Zusammenhang, als kreisende Struktur.
(Ebd., S. 53-54).
Untergänge
kommen immer primär von innen! Sie sind Vollendungen! ( ).
Keine Katastrophen! Keine Zerstörungen! Zwar können auch äußere
Einflüsse eine Kultur zerstören, aber bisher ist das in der Geschichte
noch nie passiert. Die Natur wäre am ehesten in der Lage, eine Kultur zu
zerstören, doch Naturkatastrophen wie z.B. Meteoriteneinschläge müßten
schon von so großer Masse bzw. Energie sein, die für eine Verwüstung
der Erde oder zumindest eines Erdteils ausreicht. Bisher ist Homo sapiens
sapiens das noch nicht passiert. Auch die Kultur der Maya/Inka ( )
war längst untergegangen, als die Spanier dort auftauchten und zerstörten,
was davon noch erhalten war: eine bereits erstarrte Kultur (Zivilisation). Eine
Zerstörung von außen hat bisher noch nie den Untergang einer historischen
Kultur herbeigeführt oder - naturwissenschaftlicher formuliert - verursacht,
allenfalls verstärkt, aber eben nicht verursacht. Noch nie! Auch z.B. der
Untergang der Antike war primär ein innerlich ablaufender Prozeß,
der von außen nur deshalb und um so mehr verstärkt und beschleunigt
wurde, weil und je mehr diese Kultur ohnehin selbst schon schwächer und langsamer
geworden war. Der Untergang einer jeden Kultur ist ein Prozeß der Vollendung,
des Fertigwerdens, des allmählichen Versteinerns und Erstarrens (des Einwinterns
[Einschneiens und Einfrierens]), des Vergreisens! Der Untergang
des Abendlandes ist also ebenfalls als ein solcher Prozeß zu verstehen.

Spengler verweist hier insbesondere auf
Abhandlungen im 2. Teil (S. 152-209) des 2. Kapitels (S. 152 - 209), z.B.:
Das Zeitproblem (S. 158-165), Die Zeit Gegenbegriff
zum Raum (S. 165-169), Die Zeitsymbole (S. 169-177).

Für uns durch die christliche
Zeitrechnung und das Schema Altertum Mittelalter Neuzeit
geordnet; auf dieser Grundlage haben sich seit den Frühtagen der
Gotik auch Bilder der Religions- und Kunstgeschichte entwickelt, in denen
eine große Zahl abendländischer Menschen beständig lebt.
Das gleiche für Plato oder Phidias vorauszusetzen während
es schon für Renaissancekünstler im höchsten Grade gilt
und ihre Werturteile vollständig beherrscht hat ist ganz unmöglich.
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 173;
vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Helios ist nur eine poetische
Gestalt. Er hatte weder Tempel noch Statuen noch einen Kult. Noch weniger
war Selene eine Mondgöttin. (Oswald
Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 192; vgl. Text
zu dieser Anmerkung ).
Man sollte das Wort Dimension
nur in der Einzahl gebrauchen. Es gibt Ausdehnung, aber nicht Ausdehnungen.
Die Dreizahl der Richtungen ist schon eine Abstraktion und im unmittelbaren
Dehnungsgefühl des Leibes (der »Seele«) nicht enthalten.
Aus dem Wesen der Richtung stammt der geheimnisvolle tierhafte
Unterschied von rechts und links, und dazu kommt der pflanzenhafte
Zug von unten nach oben Erde und Himmel. Dieses ist eine
traumhaft gefühlte Tatsache, jenes eine zu erlernende Wahrheit des
Wachseins, die deshalb der Verwechslung unterliegen kann. Beides
findet seinen Ausdruck in der Baukunst, nämlich in der Symmetrie
des Grundrisses und der Energie des Aufrisses, und nur deshalb empfinden
wir in der »Architektur« des uns umgebenden Raumes den Winkel
von 90° als ausgezeichnet und nicht etwa den von 60°, der eine
ganz andere Zahl von »Dimensionen« ergeben würde.
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 218;
vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Weder im Griechischen noch im
Latein; topoV (= locus) heißt Ort, Gegend,
auch Stand im sozialen Sinne, soma (= spatium)
Abstand (»zwischen«), Distanz, Rang, auch Grund und Boden
(ta ek thV cwraV die Feldfrüchte); to
cenon (= vacuum) bezeichnet ganz unzweideutig einen hohlen Körper,
wobei der Akzent auf der Umschließung liegt. In der Literatur der
Kaiserzeit, welche das magische Raumgefühl durch antike Worte wiederzugeben
sucht, bedient man sich hilfloser Ausdrücke wie oratoV
topoV (»Sinnenwelt«) oder spatium inane (»unendlicher
Raum«, aber auch weite Fläche; die Wurzel des Wortes spatium
bedeutet schwellen, fettwerden). In der echt antiken Literatur lag das
Bedürfnis einer Umschreibung nicht vor, weil die Vorstellung völlig
fehlte. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes,
1918, S. 218; vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Was
im Folgenden angedeutet ist, habe ich einem metaphysischen Buch entnommen, das
ich in kurzem vorzulegen hoffe (Oswald Spengler). Das Buch, das Spengler
meint, ist das unvollendet hinterlassene Werk Urfragen. 
Die magische Kultur ( ),
Spengler nannte sie auch Arabien ( ),
hat ein dualistischem Seelenbild: Geist und Seele, ihr Ursymbol
ist die Welthöhle. Vertreter der magischen Kultur berücksichtigen
stets den Consensus - die Übereinstimmung der Gelehrten
als Grundlage für die religiöse (= wahre) Lehre.
Das arabische Wort Idschma ist auch in diesem Sinne zu verstehen,
und es gilt immer noch als eines der vier Grundprinzipien der islamischen
Rechtslehre. Der magischen Kultur haftet an, daß sie mit Schuldzuweisungen
arbeitet, d.h. jedem Subjekt Schuld zuspricht, z.B. durch die Erbsünde.
Die bekannten monotheistischen Religionen sind eine Schöpfung der
magischen Kultur. (   ).
Also: Die arabische Kultur bleibt problematisch, weil sie nie einen
eigenen Körper ausbilden, sich nie überzeugend territorialisieren
konnte und darum nur als höhere Gespenstergeschichte möglich
war - Spengler nennt das vornehm eine Pseudomorphose. ( ).
Vergessen wir nicht, daß nach ihm das Christentum in seinem ersten
Zyklus nur eine Metastase der übervölkisch herumspukenden arabischen
Seele gewesen sein soll. (Peter Sloterdijk / Hans-Jürgen Heinrichs,
Die Sonne und der Tod, 2001, S. 226-227).
[Schon wenige Jahre später
änderte Spengler, tiefer in die Materie eingedrungen, seine hier
vorgetragenen Ansichten über die Frühgeschichte grundlegend
und schied den seefahrenden »Alten Westen« von der jüngeren
»nordischen« Frühkultur. Die Aufsätze »Zur
Weltgeschichte des 2. vorchristlichen Jahrtausends« und über
den Streitwagen (beides wiederabgedruckt in den »Reden und Aufsätzen«
1937, München, C.H. Beck) geben darüber Aufschluß. H.K.]
(Hildegard Kornhardt, in: Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes,
1918, S. 457; vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Und
es müßte erst gesagt werden, ob mit dem Christentum der Kirchenväter
oder mit dem der Kreuzzüge, denn dies sind zwei verschiedene Religionen unter
derselben dogmatisch-kultischen Gewandung. Der gleiche Mangel an psychologischem
Feingefühl tritt in dem beliebten Vergleich des heutigen Sozialismus mit
dem Urchristentum zutage. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes,
1918, S. 457; vgl. Text zu dieser Anmerkung ).Man
beachte die auffallende Ähnlichkeit vieler Römerköpfe mit denen
heutiger Tatsachenmenschen amerikanischen Stils und, wenn auch nicht so deutlich,
mit manchen ägyptischen Porträtköpfen des Neuen Reichs. (Oswald
Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 459; vgl. Text zu dieser
Anmerkung ).
Der Japaner gehörte früher
zur chinesischen und gehört heute auch noch zur abendländischen
Zivilisation; eine japanische Kultur im eigentlichen Sinne des Wortes
gibt es nicht. Der japanische Amerikanismus ist also anders zu beurteilen.
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 615;
vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Und
nicht etwa »nicht vorhanden«. Es heißt das magische Weltgefühl
( )
mißverstehen, wenn man in die Bezeichnung »der wahre Gott« eine
faustisch-dynamische Bedeutung legt. ( ).
Der Götzendienst, den man bekämpft, setzt die volle Wirklichkeit der
Götzen und Dämonen voraus. Die israelitischen Propheten haben nicht
daran gedacht, die Baale zu leugnen und ebenso sind Mithras und Isis für
die frühen Christen, Jehovah für den Christen Marcion, Jesus für
die Manichäer teuflische, aber höchst reale Mächte. Daß man
»an sie nicht glauben« soll, ist ein Ausdruck ohne Sinn für das
magische Empfinden; man soll sich nicht an sie wenden. Das ist, nach einer längst
geläufigen Bezeichnung, Henotheismus, nicht Monotheismus ( ).
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 800; vgl. Text
zu dieser Anmerkung ).Mandäer
(zu aramäisch bzw. mandäisch als aramäischer Soziolekt einer religiösen
Sekte: manda = Erkenntnis) sind die Anhänger einer gnostischen
Religionsgemeinschaft (vgl. griechisch: gnosis = Erkenntnis),
deren Lehre, ähnlich wie im Manichäismus ( ),
durch die Annahme eines Widerstreits zwischen der Lichtwelt und dem stofflichen
Bereich der Finsternis geprägt ist. Die menschliche Seele, die der himmlischen
Lichtwelt entstammt, aber auf der Erde durch die Materie gefesselt ist, erlangt
die Erlösung durch Erkenntnis dieses Zustandes. Unter den kultischen Mitteln,
die die Erlösung fördern sollen, nimmt die möglichst oft im fließendem
Wasser zu vollziehende Taufe eine vorrangige Stellung ein (vgl. Johannes der Täufer).
Im Neuen Testament, das seine endgültige Fassung ganz im Gebiet westlich-antiken
Denkens erhielt, wird die mandäische Religion und die ihr zugehörige
Sekte der Johannisjünger nicht mehr verstanden, wie überhaupt alles
Östliche hier wie versunken erscheint. Es besteht aber außerdem eine
fühlbare Feindseligkeit zwischen der damals weitverbreiteten Johannisgemeinde
und dem Urchristentum (Apostelgeschichte, Kap. 18-19. Vgl. M. Dibelius, Die
urchristliche Überlieferung von Johannes dem Täufer). Die Mandäer
haben das Christentum später ebenso schroff abgelehnt wie das Judentum: Jesus
war für sie ein falscher Messias; in ihrer Apokalypse vom Herrn der Größe
wird das Erscheinen des Enosh weiterhin verkündet. (Oswald Spengler,
Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 818; vgl. Text zu dieser Anmerkung
).
Die heiligen Schriften der Mandäer (heute noch ca. 25000 Anhänger) sind
in Mandäisch, dem aramäischen Soziolekt dieser Sekte, verfaßt
und im 7./8.Jh. kanonisiert worden.Auch
wenn man nicht mit Oswald Spengler der Meinung ist, die Worte des drohenden Jesus
gäben seinen Origanalton wider (vgl. Oswald Spengler, Der Untergang des
Abendlandes, 1918, S. 818f.), ist nicht abzustreiten, daß der apokalyptische
Furor seinen Reden eine charakteristische Tönung verleiht ( ).
(Peter Sloterdijk, Zorn und Zeit, 2006, S. 153).Nach
einem Ausdruck von Leo Frobenius (1873-1938 ),
Paideuma, 1920, S. 92.  Dieses
erste Zeitalter gliederte Spengler später in 3 Epochen, andeutungsweise in
Der Mensch und die Technik (1931 ),
ausführlich in den unvollendeten Urfragen. 
Leo Frobenius (1873-1938 )
unterschied 3 Zeitalter! Vgl. z.B. Und Afrika sprach (1912)
und Paideuma. Umrisse einer Kultur- und Seelenlehre (1920).
»Für den Herrscher der Mitte
gibt es kein Ausland« (Kung-yang). »Der Himmel spricht nicht;
er läßt durch einen Menschen seine Gedanken verkünden«
(Tung Tschung-schu). Seine Verfehlungen wirken durch den ganzen Kosmos
hindurch und führen zu Erschütterungen in der Natur (O. Franke,
Zur Geschichte des konfuzianischen Dogmas, 1920, S. 212 ff., 244
f.). Dem antiken und indischen Staatsdenken liegt dieser mystisch-universale
Zug gänzlich fern. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes,
1918-1922, S. 1021; vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Was Diels, »Antike Technik«,
zusammengetragen hat, ist ein umfangreiches Nichts. Zieht man ab, was
noch der babylonischen Zivilisation angehört wie die Sonnen- und
Wasseruhren, oder schon der arabischen Frühzeit wie die Chemie und
die Wanderuhr von Gaza, oder was in jeder andren Kultur durch seine bloße
Anführung beleidigen würde wie die Arten der Türverschlüsse,
so bleibt kein Rest. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes,
1918-1922, S. 1186; vgl. Text zu dieser Anmerkung ).
Mögen
also die Liberalen wie die Marxisten im 19. Jahrhundert folgenschwere Versuche
unternommen haben, das Phänomen Industriegesellschaft zu interpretieren.
Das Ereignis Fossilenergetik wurde weder in dem einen noch in dem anderen System
wahrgenommen, geschweige denn begrifflich durchdrungen. Die dominierenden Ideologien
des 19. und frühen 20. Jahrhunderts blieben, indem sie den doktrinär
überhöhten Arbeitswert an die Spitze aller Erklärungen des Reichtums
stellten, chronisch unfähig, zu begreifen, daß die industriell geförderte
und genutzte Kohle kein »Rohstoff« wie jeder andere ist, sondern der
erste große Entlastungsagent (so wie ihn schon Spengler
auf geniale Art scharf und deutlich gemacht hat !).
Dank dieses universalen »Naturarbeiters« (den die Alchemisten über
Jahrhunderte vergeblich gesucht hatten) hielt das Prinzip Überfluß
seinen Einzug in das Treibhaus der Zivilisation. (Peter Sloterdijk, Im
Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 359-360 ).
Eigentlich hätte also schon seit Ende des 18. Jahrhunderts im Abendland die
Einsicht dominant werden müssen, die fossilen Energieträger und
die drei Motoren-Generationen, die ihre Sprößlinge sind, die der Dampfmaschinen,
der Verbrennungsmotoren und der Elektromotoren, als die primären Entlastungsagenten
der Moderne zu begreifen, ja selbst wenn man so weit gehen will, in ihnen den
genius benignus einer Zivilisation jenseits des Mangels und der muskulären
Sklaverei zu begrüßen .... (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum
des Kapitals, 2005, S. 360 ).
 Ducunt
fata volentem, nolentem trahunt: Den Willigen führt das Schicksal,
den Unwilligen zerrt es dahin.
Quos Jupiter vult perdere dementat: Wen Jupiter verderben will, dem
raubt er den Verstand.
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