WWW.HUBERT-BRUNE.DE |
-
Kulturenvergleich - |
Urdenker | Vordenker | Frühdenker | Hochdenker | Spätdenker | Nachdenker | Enddenker |
|
- Vordenker sind Denker uteriner Art -Wenn die Ältern, die Eltern-Kulturen die kulturelle Schwangerschaft, die Pseudomorphose denken und die Gedanken auf die Kindes-Kultur übertragen, dann geschieht dies aus einem Synkretismus heraus über die religiösen Vorstellungen der Vordenker. Prokognitionen und Präkognitionen stimmen hier überein. Natürlich führen immer beide elterlichen Kulturen die kulturelle Schwangerschaft herbei. Eine Zeit der anderen Umstände erleben Kulturen auch denkerisch wie eine synkretistische Pseudomorphose. Die synkretistisch sich entwickelnde Religion der Mutterkultur wird mit dem noch hüllenlosen Kulturkeim über die missionarische Nabelschnur verbunden und gibt ihm anschließend die ersten Fruchthüllen: die neu enstandene Religion. Diese wächst bald mit der Gebärmutterschleimhaut zur Plazenta zusammen: zur Religionskultur. Danach entwickelt die Embronalkultur allmählich ihre seelenbildlich-ursymbolisch so wichtigen 2 Großhirnhemisphären und auch alle Organe, die schließlich die Fötalkultur erstmalig zur vollen Funktionalität bringt.- Sumerisch-ägyptische Eltern und indogermanische Antike -Die altmediteranen Religionen der sumerischen Kultur und der ägyptischen Kultur verschmolzen mit der Religion der Indogermanen, und aus diesem religiösen Synkretismus ging kultur-intrauterin die Antike hervor. Noch vor 2000 v. Chr. trafen indogermanische Stämme bei ihrer Einwanderung auf eine mit Kleinasien und den Inseln in enger Verbindung stehenden Bevölkerung. Hier entstanden Religion und Theologie der Protohellenen. (Vgl. Zeus). Von Beginn an waren in der Antike zwei Einrichtungen wichtig: die Orakel und die Mysterien. Ein Beispiel bieten die schon vor 2000 v. Chr. durchgeführten Eleusinischen Mysterien: ein volkstümliches Initiationsritual, in dem die Initianden (Neophyten = Neubekehrte) von der Furcht vor dem Tod gereinigt und in die Gemeinschaft der Seligen aufgenommen wurden. Dieses geheime Ritual wurde jedes Jahr, nach langen Vorbereitungen, im September durchgeführt. Die Menschenmassen zogen z.B. von Athen aus über die heilige Straße ins 22 km entfernte Eleusis, um eine Nacht (Weihnacht) im Telesterion, einer etwa 3000 Pilger fassenden Initiationshalle, zu erleben. Die Kenntnis der griechischen Sprache war eine Bedingung für den Eintritt. Außerdem hatte man einige Gebühren für Priester und Führer zu bezahlen und ein Opferschwein mtzubringen. Mit Lärmen, Schreien und großem Gedränge scharte man sich zusammen, aber dann, wenn die heiligen Riten vollzogen und enthüllt wurden, verfielen die Menschen in ehrfürchtiges Schweigen. Was bei den Mysterien tatsächlich geschah, das durfte bei Androhung der Todesstrafe keiner verraten, der es erlebt hatte. Und zu sehen gab es etwas, denn der Pilger wurde zum Sehenden (Epoptes = Beschauer, Wächter, Augenzeuge). Diese Mysterien mit dem unaussprechlichen Heilsgehalt waren also ein geheimes Ritual. Sie beseelten den Mythos von der Erdmutter Demeter (lat. Ceres), Göttin der Fruchtbarkeit und des Getreides. Deren jungfräulich einzige Tochter Persephone war beim Blumenpflücken von ihrem Bräutigam, dem Herrn des Todes, geraubt worden. Die Amme Baubo brachte Demeter wieder zum Lachen, indem Baubo ihre Vulva zur Schau stellte. Mit Hilfe von Jackchos, dem sogenannten Vulvakind, kam Persephone dann tatsächlich ins Leben zurück. Bei der Beseelung dieses Mythos, durch die sexuelle Fruchtbarkeit, Tod und Wiedergeburt zu sinnlichen Erfahrungen wurden, spielten Rauschmittel und ekstatische Visionen erzeugende Halluzinogene eine Rolle, insbesondere das Gerstenmutterkorn. Die Blumen, die Persephone pflückte, waren Narzissen, d.h. (dem Namen nach) narkotisch wirkende Pflanzen, und Persephones Begleiterin hieß Pharmakaia, was Verwendung von Drogen bedeutet. In der Antike war Religion stets Mysterienkult. In ihrer Tiefe war diese Religion eher Mythologie und Fatalistik, die Theologie eher Theurgie. Uns heute noch bekannt sind die Mythen der Mykener, die Vorläufer der späteren homerischen Epen.- Antik-magische Eltern und germanisches Abendland -Im Vergleich zur werdenden Antike fallen die Quellen für das werdende Abendland viel deutlicher aus. Dies gilt auch für die drei Religionen, die für den Prozeß der abendländischen Kulturentwicklung entscheidend waren: die (urkulturelle) Religion der Germanen und die Religionen der abendländischen Eltern-Kulturen, d.h. die ältere erwachsene (zivilisierte) antike Kultur und die noch minderjährige magische Kultur. ().Solange die Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose darin, daß alle Kirchen des Ostens in Kulte westlichen Stils überführt wurden. Das ist eine wesentliche Seite des Synkretismus. Seit Hadrian (117-138) verschwanden die echt antiken Stadtgötter im Hintergrund, auch wenn die östlichen Kulte noch sämtliche Merkmale des antiken Einzelkults trugen, jede Gemeinde für sich stand und örtlich begrenzt war: alle diese Tempel, Katakomben, Mithräen, Hauskapellen sind Kultorte, an welche die Gottheit nicht ausdrücklich, aber gefühlsmäßig gebunden ist; aber trotzdem liegt magisches Empfinden in dieser Frömmigkeit. Antike Kulte übt man aus, und zwar in beliebiger Zahl, von diesen gehört man einem einzigen an. Die Mission ist dort undenkbar, hier ist sie selbstverständlich, und der Sinn religiöser Übungen verschiebt sich deutlich nach der lehrhaften Seite. Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen der magischen Seele seit dem 2. Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues Griechentum als magische Nation. (Spengler, 1922, S. 801).
|
Tabelle |
1) .... Indogermanische ... seit ca. - 2100 2) ............. ZEUS - ......... seit ca. - 2100 / - 2050 3) ........... Religion .......... seit ca. - 2100 / - 2050 4) .............. und .............. seit ca. - 2100 / - 2050 5) ....... altmediterane ...... seit ca. - 2000 6) ........... Religion .......... seit ca. - 2000 7) ....... verschmelzen ...... seit ca. - 1990 / - 1970 8) .... (Antike Religion) ... seit ca. - 1950 / - 1900 9) .... (Zeus-Theologie) .... seit ca. - 1930 / - 1900 10) ..... Protohellenen ..... seit ca. - 20. Jh. / - 17. Jh. 11) .......... Mythen .......... seit ca. - 20. Jh. / - 17. Jh. 12) .............. der ............. seit ca. - 19. Jh. / - 17. Jh. 13) ......... Mykener ......... seit ca. - 19. Jh. / - 17. Jh. 14) . . . (Atriden, Perseus, Ödipus) . . . seit ca. - 18. Jh. / - 16. Jh. 15) (7 gegen Theben, Helena, Menelaos) . . seit ca. - 18. Jh. / - 16. Jh. 16) . . (Vorläufer der homerischen Epen) . . seit ca. - 15. Jh. / - 14. Jh. |
1) 1. Gnostizismus Alexandrinische Schule seit
20 (50) 2) 1. Patristik Apostolische Kirchenväter seit 70 3) 5. Kyniker seit 70 (80) 4) Mittlerer Platonismus (Plutarch u.a.) seit 70 (80) 5) 2. Gnostizismus Alexandrinische Schule seit 150 6) 2. Patristik Apologetische Kirchenväter seit 150 7) Aristotelischer Stoizismus seit 160 (180) 8) 3. Skeptizismus Letzte Skeptiker seit 200 (250) 9) Neu-Platonismus (Plotinos u.a.) seit 220 (250) 10) Arianismus (Arius, Wulfila u.a.) seit 3. / 4. Jh. 11) 3. Patristik Systematisierende Kirchenväter seit 3. / 4. Jh. 12) 4. Patristik Dogmatisierende Kirchenväter seit 4. Jh. 13) 5. Patristik Kirchenpolitische Kirchenväter seit 4. / 5. Jh. 14) 6. Patristik Ur-Scholastische Kirchenväter seit 5. / 6. Jh. 15) 1. Scholastik Ur-Scholastik (z.T. 6. Patristik) seit 5. / 6. Jh. 16) 2. Scholastik Früh-Scholastik (Universalienstreit) seit 8.Jh. |
|
Heute noch in den Genuß der abendländischen Vordenker
zu kommen, heißt, sich in |
Zeus (lat. Jupiter), der höchste Gott der Griechen (der Antike), Sohn des Kronos und der Rhea, Bruder und Gemahl der Hera, stürzte mit seinen Brüdern Poseidon (Neptun) und Hades (Pluto) die Herrschaft der Titanen (6 Söhne und 6 Töchter des Uranos und seiner Frau Gäa), zu denen sein Vater Kronos (Saturn) zählte. Er teilte nach dem Sturz der Titanen die Welt mit seinen Brüdern. Wie bei keinem olympischen Gott sonst sind bei Zeus die indogermanische Etymologie und Bedeutung und damit bereits vormediterane, aus der indogermanischen Religion stammende Ursprungs- und Wesensmerkmale zweifelsfrei. Zeus, mit diphtongischem Wurzelnomen, geht etymologisch zurück auf das indogermanische Nomen agentis * dieu-s mit der Grundbedeutung hell Aufleuchtender, Glänzer, Wetterleuchtender. Zeus wurde zwischen 2300-1900 v. Chr. von den einwandernden Indogermanen bzw. Protogriechen (Achäer, Ionier) importiert. Er kann aber sogar noch früher von diesen indogermanischen Gruppen in den Nordwesten Griechenlands importiert worden sein (vielleicht als * Teus). Erst im Verlauf des 2. Jt. v. Chr. trat zu dieser indogermanischen Komponente die mediterane, und erst in der Mittelmeerwelt wurde Zeus zum Kroniden. (Vgl. Tabelle und Abbildung).Kroniden (Zeus [], Poseidon, Hades, Hera, Hestia, Demeter) sind die 3 Söhne und die 3 Töchter des Kronos und der Rhea. Kronos entmannte seinen Vater Uranos (Himmel) und bemächtigte sich der Weltherrschaft. Um nicht von seinen Nachkommen ein ähnliches Schicksal zu erfahren, verschlang er alle Kinder, die ihm seine Gemahlin und Schwester Rhea gebar. Nur im Falle des jüngsten Sohnes Zeus gelang es Rhea, Kronos zu täuschen. An Stelle des Kindes verschluckte Kronos einen Stein. Später besiegte Zeus Kronos, zwang ihn, die Geschwister wieder auszuspeien, und verbannte ihn und die anderen Titanen in den Tartaros (Unterwelt, v.a. für den Aufenthalt von Dämonem und Büßern).Apollon, Sohn des Zeus und der Leo und Zwillingsbruder der Artemis, war der griechische Gott, v.a. der Mantik (Seher- bzw. Wahrsagerkunst) und Musik, dessen umfassende Kompetenz sich jedoch auf alle Bereiche göttlichen Waltens erstreckte. Die apotropäischen (nach Art des abwehrenden Zaubers), schützenden und heilenden Eigenschaften gehörten hingegen wohl noch vor den daraus ableitbaren mantischen und karthartischen zur älteren Wesensschicht des Apollon. Der schreckliche Bogenschütze, mit den lautlosen Pfeilen nach Belieben treffend, schickte zwar Tod und Verderben über Menschen und Vieh, doch wurde der Pestbringer ganz folgerichtig auch um Abwehr des Übels angegangen. Es bleibt festzuhalten, daß an der vielschichtigen Gestalt des Gottes offenbar prähellenische bzw. indogermanisch-protohellenische und (kleinasiatisch-) mediterane Komponeneten beteiligt waren. Apollon war die Verkörperung des griechischen bzw. antiken Ideals der strahlenden apollinischen Schönheit. (Vgl. antikes Seelenbild und Apollonkult).Mysterien (zu griech. muein, die Augen schließen; muew, [in die Mysterien] einweihen, schulen, unterrichten), was verschwiegen wird, gemeint ist der in Kultfeiern erlebte unaussprechliche Heilsgehalt. (). Intellektuelle Belehrung gab es bei diesen populären Initiationen nicht. Auch wurden die heiligen Riten einer großen Menge ohne Rücksicht auf individuelles Verdienst gespendet. Deshalb wohl neigten die Philosophen dazu, die Mysterien gering zu schätzen. Diogenes meinte, es sei absurd anzunehmen, jeder Steuereintreiber könne, nur weil er eingeweiht sei, in der nächsten Welt am Lohn der Gerechten teilhaben, während Ungeweihte verdammt seien, dort im Schlamm zu liegen. Heraklit und Anaxagoras sowie Sokrates äußerten sich ähnlich negativ über die Mysterien. Auch Platon spottete über sie; aber er hielt auch seine Philosophie für eine andere und bessere Art der mystischen Inititiation. Die Philosophie, so meinte er, erreiche durch bewußtes Forschen für wenig Auserwählte dasselbe, was die Mysterien dem gemeinen Volk durch das Schüren von Emotionen vermittele: Läuterung der Seele, die freudige Begrüßung des Todes, die Kraft, mit dem Jenseits in Verbindung zu treten, die Fähigkeit, auf rechte Art zu rasen, d.h. verrückt zu sein. All diese Vorzüge, die Platon als übliche Leistungen mystischer Initiation anerkannte, sollten in seiner Philosophie durch geistige Schulung erreicht werden, durch Übung in der Kunst der Dialektik, deren Ziel es war, die Seele vom Irrtum zu reinigen. Die kultischen Initiationen und Rituale wurden von ihm durch intellektuelle oder geistige Mysterien ersetzt. Später, im Neuplatonismus, bei Plotin, wurde die Übernahme ritueller Terminologie systematisiert.Orakel (zu lat. oraculum, eigtl. Sprechstätte) ist Weissagung, Aussage über Zukünftiges (z.B. als Handlungsanweisung), räumlich Entferntes, über den gebotenen Vollzug bestimmter Handlungen und herrscherliche Ansprüche, ferner auch Bezeichnung des Ortes, an dem diese Wahrsagungen erteilt werden. In fast allen Kulturen und Religionen haben Orakel eine beträchtliche Rolle gespielt. Man unterscheidet zwischen einer kultischen Orakelgebung, die durch Medien und Priester erfolgt, und einer direkten Orakelerteilung durch charismatisch veranlagte Personen. Berühmte Orakelstätten waren das kanaanäische Kadesch und vor allem Delphi mit der Pythia, deren Äußerungen von Priestern gedeutet wurden. Das antike Orakel war ursprünglich ein Losorakel und beruhte erst später auf der Inspirationsmantik der Pythia. (Vgl. die mit Runen versehenen Buchenstäbe (Buchstaben) als Lose bzw. Orakelform bei den Germanen).Delphi war schon seit Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Siedlung und Kultstätte (urspr. Verehrung der Erdmutter Gäa, seit dem 8. Jh. Apollonkult). Das Apollonheiligtum, die Pythischen Spiele, besonders aber das Orakel machten Delphi zu einer der bedeutendsten Kultstätten der Antike. Nach der griechischen Mythologie erschlug hier Apollon den Drachen Python. Im Apollontempel befanden sich der Omphalos (Nabel der Erde), ein Marmorblock, der als Mittelpunkt der Erde galt, und der Erdspalt, dem ein Luftstrom entstieg, der die Orakelpriesterin Pythia, auf ehernen Dreifuß über dem Erdspalt sitzend, zur Prophetie anregte. Das Orakel war ursprünglich ein Losorakel und beruhte erst später auf der Inspirationsmantik der Pythia, deren von Apollon eingegebene Äußerungen von der Priesterschaft in Form metrischer, meist mehrdeutiger Sprüche verkündet wurden.Python (puqon) war nach der griechischen Mythologie ein erdgeborener Drache, der das Orakel seiner Mutter Gäa in Delphi behütete und von Apollon getötet wurde. Nach Python war die Apollonpriesterin Pythia am Orakel in Delphi benannt, führte der Gott den Beinamen Pythios und wurden die Spiele in Delphi Pythischen Spiele (Pythien) genannt, die alle vier Jahre zu Ehren des Apollon gefeiert wurden.Pythia (von puqon, Python) war Apollonpriesterin in Delphi, benannt nach dem erdgeborenen, das Orakel seiner Mutter Gäa behütenden, schließlich von Apollon getöteten Drachen Python.Und aus der Gottheit des Ortes wird, ohne daß jemand sich der Schwere dieser Wendung bewußt wäre, die am Orte gegenwärtige Gottheit. Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, Bd. II, 1922, S. 801.Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel Parallelenaxiom deutlich werden kann: Euklid hat in seinen Elementen (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. (Vgl. Spengler, 1918-1922, S. 847f.).Historische Pseudomorphosen nenne ich Fälle, in welchen eine fremde Kultur so mächtig über dem Lande liegt, daß eine junge, die hier zu Hause ist, nicht zu Atem kommt und nicht nur zu keiner Bildung reiner, eigener Ausdrucksformen, sondern nicht einmal zur vollen Entfaltung ihres Selbstbewußtseins gelangt. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes (2. Band), 1922, S. 784). Auch eine junge Kultur kann so mächtig sein, daß sie eine alte dort, wo sie zu Hause ist, überlagert. Das Beispiel zwischen der (alten) apollinischen Kultur, auch kurz Antike genannt, und der (jungen) magischen Kultur, auch Persien/Arabien genannt, macht es deutlich: Solange die Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose darin, daß alle östlichen Kirchen zu Kulten westlichen Stils wurden. Dies ist eine wesentliche Seite des Synkretismus. ... Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen der magischen Seele seit dem zweiten Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues Griechentum als magische Nation. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 800-801).Der Synkretismus kristallisierte sich als eine der vielen Arten der Pseudomorphose heraus, als die Kirchen des Ostens in Kulte des Westens verwandelt wurden und in umgekehrter Richtung die Kultkirche entstand. Die Formenbildung ging also erst von West nach Ost und dann von Ost nach West. Das 2. Jahrhundert war die Zeit der Umkehrung: die Kulte des Westens wurden zu einer neuen Kirche des Ostens. Es entstand ein neues Griechentum als magische Nation.Platon (eigtl. Aristokles, 427-347); vgl. Platons Philosophie der Weltverabschiedung und Einübung ins Sterben (), besonders seine Lehre von der Umkehr durch Ausstieg aus der Höhle (Höhlengleichnis). Platon war zuerst Dichter, wandte sich von der Dichtung jedoch ab, weil sie seit 387 v. Chr. (Gesetz) ziemlich grausame Theaterstücke aufführen durfte (Götter-Blasphemie u.s.w.). Er gründete wahrscheinlich deshalb 385 v. Chr. eine Schule, die (dem altattischen Heros) Akademos gewidmet war. Die Ältere Akademie war stark pythagoräisch beeinflußt: das Problem von Idee und Zahl spielte erkenntnistheoretisch eine große Rolle. Später folgten die Mittlere Akademie (seit 315 v. Chr.) und die Neuere Akademie (seit 160 v. Chr.); vgl. die Akademien im Altplatonismus, den Mittleren Platonismus, die Auswirkungen auf die Gnosis, den Neuplatonismus, die Patristik. Alle Philosophie nach Platon scheint aus Fußnoten zu der seinigen zu bestehen. Er schrieb Dialoge, tatsächliche und fiktive Gespräche mit Sokrates (469-399), seinem Lehrer. Platon lehrte die Scheinhaftigkeit und Abkünftigkeit der Sinnenwelt von archetypischen Urbildern oder Ideen. Mit der Ideenlehre setzte er sich von Sokrates ab, obwohl er sie in den (mittleren und späteren) Dialogen seinem Dialoghelden Sokrates in den Mund legte. Für Platon waren die unveränderlichen Ideen die Urbilder der veränderlichen Dinge, ihr Programm, ihr Ziel und Zweck. Platon nahm bei seiner Ideenlehre die Mathematik (Geometrie) zum Vorbild aller anderen Wirklichkeit, wie schon vor ihm Pythagoras (580-500) und seine Schüler. (Vgl. Tabelle).Das Höhlengleichnis ist laut Platons Staat (7.Buch) ein Vergleich des menschlichen Daseins mit dem Aufenthalt in einer unterirdischen Behausung. Gefesselt, mit dem Rücken gegen den Höhleneingang, erblickt der Mensch nur die Schatten der Dinge, die er für die alleinige Wirklichkeit hält. Löste man seine Fesseln und führte ihn aus der Höhle in die lichte Welt mit ihren wirklichen Dingen, so würden ihm zuerst die Augen wehtun, und er würde seine Schattenwelt für wahr, die wahre Welt für unwirklich halten. Erst allmählich, Schritt für Schritt, würde er sich an die Wahrheit gewöhnen. Kehrte er aber in die Höhle zurück, um die anderen Menschen aus ihrer Haft zu befreien und von ihrem Wahn zu erlösen, so würden sie ihm nicht glauben, ihm heftig zürnen und ihn vielleicht sogar töten. Vgl. Platon (427-347).Aristoteles (383-322); vgl. Ältere und Jüngere Aristoteliker (Peripatetiker) und Aristotelische Stoa. Dieser antike Universalgelehrte bestimmte mit seinen Klassifikationen und Begriffsprägungen die gesamte nachfolgende Philosophie, dominierte insbesondere die Scholastik. (Vgl. auch: Früh-Denker). Die sich auf Aristiteles stützende Art des Philosophierens, der Aristotelismus, wurde später auch von den Arabern (z.B. Averroes, 1126-1198) und Juden (z.B. Maimonides, 1135-1204) gepflegt und beherrschte insbesondere seit dem 13. Jh. das philosophische Denken des Abendlandes, vermittelt vor allem durch Albert dem Deutschen (den Großen, 1193-1280) und Thomas von Aquino (1225-1274), allerdings mit wesentlichen, durch das Christentum bedingten Änderungen. Dieser oft auch Thomismus genannte Aristotelismus wurde (als Neuthomismus) die Grundlage der katholischen Neuscholastik (bis heute!). In der Zeit der Renaissance wurde der Aristotelismus in unscholastisch-humanistischer Art von nach Italien gelangten byzantinischen Gelehrten neu belebt: in Deutschland fußten also sowohl die protestantische Neuscholastik (z.B. durch Melanchthon, 1497-1560) als auch die katholische Neuscholastik (z.B. durch Suarez, 1548-1617) auf dem Aristotelismus. Aristoteles, der für seinen Sohn Nikomachos die Nikomachische Ethik geschrieben hatte, blieb für die Entwicklung der abendländischen philosophischen Ethik richtungsweisend bis Kant (!). (Vgl. Tabelle).Die Stoa, um 300 v. Chr. von Zenon (354-264) aus Kition gegründet, war eine weit verbreitete Strömung der griechischen Philosophie, die eine Alte, Mittlere, Neue und eine späte Aristotelische Stoa (vgl. Stoizismus) entwickelte. In der römischen Kaiserzeit war die Stoa so etwas wie eine ethische Religion des römischen Volkes geworden. Gott und Natur waren der Stoa eins, das Menschenwesen ein Teil der Gott-Natur. Die Stoa nahm nach Art des Globaleklektizismus bzw. Synkretismus die verschiedensten Lehren in sich auf. Andererseits übernahmen später Gnosis und Neuplatonismus Elemente auch aus der Stoa. (Vgl. Tabelle).Jesus (7 / 4 v. Chr. - 26 / 30 n. Chr.) ist Urheber und zentrale Gestalt des Christentums. Das Christentum umfaßt die Auswirkungen des Glaubens an Person und Wirken Jesu Christi, wie er von den christlichen Kirchen und Gemeinschaften in der Auseinandersetzung mit fremden Religionen, den geistigen und weltanschaulichen Strömungen der verschiedenen Zeiten sowie mit den politischen Mächten entwickelt worden ist. In Rom galt die christliche Gemeinde zunächst als jüdische Sekte. Der römische Staat entzog dieser schnell wachsenden Gemeinschaft bald die religiösen und rechtlichen Privilegien, die er dem Judentum gerade eingeräumt hatte. Die Auseinandersetzung mit dem Römischen Reich wurde intensiv seit der Mitte des 3. Jahrhunderts geführt. Auf das Toleranzedikt des Galerius und Licinius, 311, folgte die Bekehrung Konstantins und mit dem Toleranzedikt von Mailand (313) die Einstellung der Christenverfolgungen. Konstantin der Große machte das Christentum zu der mit allen zeitgenössischen Kulten gleichberechtigten und schließlich zur allein berechtigten Religion im Reich (Konzil von Nicaea, 325). Damit hatte er eine Entwicklung eingeleitet, die zur Entstehung der Reichskirche als einer vom Reich letztlich abhängigen Einrichtung führte. Durch den oströmischen Kaiser Theodosius I. wurde 380 mit dem Edikt von Thessalonike der Athanasianismus (Katholizismus) begründet, im 1. Konzil (= 2. Ökumenisches Konzil, 381) von Konstantinopel das (konstantinopolitanische) Glaubensbekenntnis formuliert und das Nizänum bestätigt, 391 das Christentum überhaupt Staatsreligion, damit alle heidnischen Kulte verboten. 395 teilte sich das Reich in West- und Ostrom, 455 eroberten die Wandalen Rom und 476 erlosch das Weströmische Reich endgültig mit der Absetzung des Romulus Augustus durch den Germanen Odowaker (Odoaker), aber die römische Kultur wurde von den Eroberern nicht zerstört, die arianische Christen waren und mit der unterworfenen Bevölkerung, die römisch-katholisch war, die erste und für die Christen-Geschichte wichtigste Verschmelzung eingingen. Für die geschichtliche Erkenntnis Jesu ist man nahezu ausschließlich auf die Evangelien des Neuen Testaments angewiesen. Derjenige, der das Christentum erst zur Weltreligion machte, war Paulus. (Vgl. 22-24 und für die weitere kulturgeschichtliche Entwicklung 0-2 und 2-4 sowie 4-6).Paulus ( 29.06.66 oder 67; enthauptet), christlicher Heidenapostel, machte das Christentum durch Überwindung der nationalen und traditionellen Bedingtheiten seitens des Judenchristentums zur Weltreligion, indem er den übernationalen Charakter der durch den Glauben an Christus begründeten Heilsgemeinschaft betonte. Im Jahre 36 wurde der Christenverfolger Saulus wird durch eine Christusvision vor Damaskus zum Apostel Paulus, im Jahre 45 begann er mit seinen Missionsreisen. Er war Verfasser zahlreicher neutestamentlicher Schriften. Als Quellen zur Rekonstruktion seines Lebens dienen vor allem die wirklich von ihm verfaßten Briefe an die Gemeinden in Rom, Korinth, Galatien, Philippi, Thessalonike und an Philemon, die alle aus der Zeit zwischen 50 und 56 stammen. Bei der spekulativen Durchdringung des Christentums verwendete er Elemente der stoischen und jüdisch-hellenistischen Philosophie. Seine vielen Missionsreisen führten am Ende zur Verhaftung in Jerusalem, zur Überführung nach Rom und dort zur Enthauptung (Märtyrertod). (Vgl. Mission und Apostelkonzil). Paulus gilt als der bedeutendste Missionar des Urchristentums. In seiner mehrjährigen Missionstätigkeit auf Zypern, in Kleinasien, Syrien, Griechenland, Makedonien u.a. Regionen verkündete er kompromißlos das Evangelium frei von Gesetzesbindungen und trat dadurch natürlich in Gegensatz zum Judenchristentum der Urgemeinde. Er knüpfte besonders an die nachösterliche Verkündigung des gekreuzigten und auferstandenen Herrn und seine Bedeutung für das Heil der Menschheit an. Die durch den Tod und die Auferstehung Christi eingetretene Wende der Heilsgeschichte zeigt sich nach Paulus vor allem darin, daß der jüdische Heilsweg, der in der Erfüllung der Gesetzgebung als der Verpflichtung gegenüber dem Bund mit Jahwe steht, aufgehoben ist (!), die Rechtfertigung* ausschließlich aus dem Glauben erlangt werden kann (!). (*Rechtfertigung ist ein Begriff der christlichen Theologie, mit dem der Vorgang reflektiert wird, daß das durch die Sünde gestörte Verhältnis zwischen Mensch und Gott in einen als heil geglaubten Zustand überführt wird). Der Glaube kann auch nicht als Werk des Menschen aus sich selbst verstanden werden, sondern als Gabe und als Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes. Der Mensch ist in allen seinen Aspekten (Geist, Seele, Leib) aufgerufen, das in Christus geschenkte neue Leben zu verwirklichen. In seinem Verhalten ist der Mensch jedoch nicht auf sich allein gestellt, sondern ist Mitglied der Gemeinde des auferstandenen Herrn. Diese ist schon gegenwärtig der Leib Christi, wird aber gleichzeitig von der Hoffnung auf die endgültige Wiederkunft (Parusie) des Herrn geleitet und ist in dieser Spannung von schon und noch nicht Träger seines Geistes.48 fand das Apostelkonzil in Jerusalem statt, an dem auch Petrus und Paulus teilnahmen. Anlaß des Apostelkonzils war die Frage, ob Heiden, die zum Christentum übertreten, sich der Beschneidung und dem jüdischen Gesetz unterwerfen müssen. Das Apostedekret ist der vom Apostelkonzil (Apg. 15; Gal. 2, 1-10) den Christen Antiochias, Syriens und Kilikiens (heute: Südanatolien) mitgeteilte Beschluß, daß sie zur Beobachtung (Befolgung) des mosaischen (israelitisch-jüdischen) Gesetzes nicht verpflichtet seien (!). Also war das Apostelkonzil ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Universalkirche.Hadrian (Publius Aelius Hadrianus, 24.01.76 - 10.07.138 ), Verwandter Trajans, zweiter adoptierter Kaiser (117-138), war seit 116 Statthalter in Syrien und schloß unter Verzicht auf die eroberten Gebiete mit den Parthern einen Frieden. 117 wurde er nach umstrittener Adoption zum Kaiser ausgerufen. Seine Politik des Verzichts auf kostspielige Reichsexpansion und verstärkter Grenzsicherung entspricht dem Bemühen im Innern, v.a. Straßen-, Städte- Wasserleitungsbau im ganzen Reich zu betreiben. Die Euphratgrenze wurde wieder hergestellt, der Ausbau des germanischen Limes an Rhein und Donau intensiviert, wie auch andere Befestigungsanlagen, z.B. in Britannien und am Euphrat. Hadrian verbesserte und verstärkte den Verwaltungsapparat durch Ausbau der Kanzleibürokratie und machte ausgedehnte Reisen zur Überwachung der Reichsverwaltung (Reisekaiser). Unter ihm gab es Neueinrichtungen von Provinzen und eine Heeresreform. Hadrian war Griechenfreund und Philosoph und im Osten göttlich verehrt. Er war erfüllt vom Ziel der Verwirklichung der Pax Augusta im ganzen Imperium. Der Wiederaufbau Jerusalems als Kolonie Aelia Capitolina entfachte den Aufstand der Juden unter Bar Kochba (132-135), der mit der Eroberung Jerusalems durch Hadrian endete. Hadrian adoptierte 137 den späteren Kaiser Antonius Pius, verfaßte eine Biographie und ließ u.a. das Mausoleum (Engelsburg) in Rom, die Villa Adriana bei Tivoli und in Athen die Stoa - mit Bibliothek - bauen. Hadrian wurde in dem monumentalen Rundgrab, dem Mausoleum Hadriani (Engelsburg) beigesetzt. (Vgl. Tabelle ).Clemens von Alexandria; eigtl. Titus Flavius Clemens Alexandrinus (um 150, Athen, 215, Alexandria), griechischer Philosoph, Kirchenschriftsteller und Lehrer in Alexandria. Als Vordenker war er, von Platon, der Stoa und Philon beeinflußt, Vorkämpfer einer bewußt christlichen Philosophie und einer christlichen Gnosis; er sah das Wirken des göttlichen Logos überall, auch in der heidnischen Philosophie (besonders bei Platon), die als Hinlenkung zum Göttlichen unentbehrlich sei. Gott kann nach Clemens nur negativ bestimmt werden. Der gnostische Christ sei ausgezeichnet durch stoische Apathie: Freisein von Affekten und Leidenschaften, also das Ziel der seelischen Selbsterziehung. Durch Askese könne der gnostische Christ zu einem im Fleische wandelnden Gott werden. Clemens' Wirken zielte auf die Schaffung einer christlichen Kultur und (letztendlich) auf die Überwindung der Gnosis. (Vgl. Tabelle).Tertullian (Quintus Septimus Florens Tertullianus; ca. 150, Karthago, ca. 220, Karthago) war zunächst Rhetor in Rom, bevor er um 195 zum Christentum übertrat und nach Karthago zurückkehrte. Wie hart die Eschatologie der Väterzeit die verdammungswürdigen Nichtchristen anfaßte, ist unter anderem den polemischen Schriften des kathagischen Kirchenvaters Tertullian zu entnehmen, namentlich seiner Abhandlung Über die Schauspiele (De spectaculis). Als ein für Dogmenhistoriker eher peinliches Zeugnis folgerichtigen christlichen Denkens ist sie für die externe Deutung metaphysischer Zornverarbeitungsstrategien von hohem Zeugniswert. In De spectaculis liegt der Nexus zwischen irdischem Verzicht und jenseitiger Satisfaktion geradezu obszön offen - nicht ohne Grund haben Nietzsche und Scheler in ihren Analysen des Ressentiments auf diese Schrift expressis verbis hingewiesen. Nachdem Tertullian noch einmal die Gründe aufgezählt hat, derentwegen Christen bei den heidnischen Darbietungen nichts zu suchen haben (vor allem weil Theater Tummelplätze für Dämonen sind), kommt er unverblümt auf die himmlischen Kompensationen für irdische Abstinenz zu sprechen. Er weiß, daß es römische Christen eine gewisse Entwöhnung kostet, auf die »Spiele« zu verzichten. Viel zu sehr sind die Wagenrennen im Circus, die Obszönitäten auf dem Theater, die schwachsinnigen Übungen der gemästeten Athleten im Stadion, vor allem aber die faszinierenden Grausamkeiten in der Arena Teil des spaßgesellschaftlichen Alltags geworden, als daß sich der Nichtbesuch solcher Darbietungen ganz von selbst verstehen könnte. Tertullian hat jedoch eine Entschädigung für das Fernbleiben von den römischen Schauspielen parat. Den irdischen Darbietungen wird eine göttliche Komödie gegenübergestellt, die nicht nur der Schaulust Genüge tut, sondern auch dem performativen Charakter der Herrlichkeit Gottes mittels expliziter Rachedemonstrationen Rechnung trägt. Was nämlich wird den erlösten Seelen im Himmel die höchste Genugtuung gewähren? Sie können sich dem Anblick eines exquisiten Strafvollzugs widmen:
Origenes (185, Alexandria, 254, Tyrus) war zunächst Lehrer (203-231) an der ältesten Theologenbildungsanstalt zu Alexandria, die von Philon im 1. Jh. gegründet worden war (Alexandrinische Schule). Danach war Origenes Vorsteher der von ihm 232 gegründeten Anstalt in Caesarea (Palästina). Er wurde von den Orthodoxen als Ketzer angegriffen. Noch auch vergleichend und verteidigend (apologetisch), vollendete er die früheste christliche systematische Theologie in Form einer Streitschrift gegen Celsus (2. Jh.), durch Bibelforschung und indem er die Gnosis und den Neuplatonismus, besonders seine Lehre vom Logos, zur Deutung der religiösen Urkunden benutzte. Gott sei wirkende Vorsehung, Christus nicht Erlöser, sondern Vorbild, der heilige Geist der eigentliche Mittler zwischen Christus und Welt bzw. Menschheit, der deren Rückführung zu Gott bewirke. (Vgl. Patristen)Plotinos (205, Lykopolis, 270, Minturnae / Campanien) war in Alexandria Schüler des sagenhaften Ammonios Sakkas (um 175 - 242), danach, nach seiner Teilnahme an Kaiser Gordians persischen Feldzug, als Kaiser Gallienus' Schützling Vorsteher einer eigenen Schule in Rom. Plotin war sogar so sehr auf Vergeistigung bedacht, daß er sich schämte, einen Körper zu haben. (Magische Geistesdominanz; vgl. Seelenbild).Spätestens jetzt müßte man hier erkennen, wie weit auch die römische Antike sich bereits von ihrem körperlichen Seelenbild gelöst hatte. Plotinos hatte das magische Seelenbild, das ich Seelengeist nenne, offenbar längst verinnerlicht. So gesehen hatte der Neuplatonismus tatsächlich nicht mehr viel mit dem alten und mittleren Platonismus zu tun. Für Platon selbst spielten Körper, Formen und Substanzen eine sehr große Rolle. Auch das antike Bild des Körpers ist hier bereits, zur Zeit des Plotinos (205-270), durch das magische Bild der Welthöhle absorbiert worden. (Vgl. 22-24).Manichäismus bedeutet die Lehre des Persers Mani (216, Mardinu [Babylonien], 273, gesteinigt in Gandeschapur [Babylonien] auf Betreiben der Zarathustra-Priester). Der Manichäismus entwickelte sich aus iranischen (zarathustrischen), gnostischen, babylonisch-chaldäischen, jüdischen und christlichen Vorstellungen. Zarathustrisch ist Manis Lehre vom Kampf des Lichtes und der Finsternis, des Guten und des Bösen. Die durch die Gnosis beeinflußte Sittenlehre des Manichäismus gebot strengste Enthaltsamkeit, besonders hinsichtlich Ernährung, Geschlechtsleben, Handarbeit. Da Mani als Gesandter des wahren Gottes die bisherige Zarathustra-Religion verdrängen wollte, fiel er deren Priesterschaft zum Opfer. Der Manichäismus gewann trotzdem über das Sassanidenreich und später das Abbasidenreich hinaus östlich bis nach China, westlich bis nach Spanien und Gallien Einfluß. Augustinus (354-430), der den Manichäismus später heftig bekämpfte, war eine Zeitlang sein Anhänger gewesen.Arianismus ist die Christologie des alexandrinischen Priesters Arius (ca. 250 - 336). Nach ihr ist Christus mit Gott nicht wesensgleich, sondern nur dessen vornehmstes Geschöpf. Arius wurde von seinem Bischof Alexander exkommuniziert, seine Lehre, die der griechische Kirchenlehrer Athanasios (295-373) aufs heftigste bestritt, wurde 325 unter Einfluß des Kaisers Konstantin d. Gr. auf dem Konzil von Nizäa verurteilt. Bei Goten (vgl. Wulfila), Wandalen und Langobarden lebte sie jedoch bis zum 6. Jh. fort. Der Arianiismus war auch deshalb von sehr großer Bedeutung für das werdende Abendland, weil er mit dem römischen Katholizismus die erste und wichtigste Verschmelzung einging.Athanasios (hl., Athanasius, Alexandria um 295, 2. Mai 373) war griechischer Kirchenlehrer und Patriarch von Alexandria, seit 328 Bischof von Alexandria. Die Machtposition dieser kirchlichen Stellung nutzte er geschickt in seinen theologischen Kämpfen gegen den Arianismus aus. Mit seinen Schriften erklärte und verteidigte Athanasios hauptsächlich das Konzil von Nizäa (325). In seinem Leben des Heiligen Antonius entwarf er ein Programm christlichen Mönchslebens. Fest: 2. Mai.Wulfila (Ulfila, Ulfilas, Gulfilas, um 310 - um 383 in Konstantinopel), westgotischer Bischof, 341 für die Goten zum Bischof geweiht. Wulfila mußte sich 348 hinter die Reichsgrenze zurückziehen wegen der Verfolgung durch Athanarich , den damaligen Führer der Westgoten, der mehere Christenverfolgungen, z.B. in den Jahren 348, 369 aus Römerhaß (!), unternahm und durch Kaiser Valens nach mehrjährigem Krieg 369 zum Vertragsverhältnis mit Rom gezwungen und gegen Lebensende von Kaiser Theodosius ehrenvoll aufgenommen wurde. Wulfila wirkte trotzdem weiter als Missionsbischof und weltlicher Führer (Primas). Theologisch gehörte er zu den gemäßigten Arianern. Seine bedeutendste Leistung war die Bibelübersetzung ins Gotische. War er also ein Luther am Übergang Spätantike/Mittelalter oder war Luther ein Wulfila am Übergang Mittelalter/Neuzeit?Hilarius von Poitiers (hl., 310-367, Kirchenlehrer und Bischof von Poitiers (seit etwa 350), war ein entschiedener Verteidiger des Glaubensbekenntnisses von Nizäa und trat mutig gegen den arianischen Kaiser Konstantius auf. Sein theologisches Hauptwerk sind die 12 Bücher Über die Dreifaltigkeit. Hilarius wurde auch bedeutsam für das Bekanntwerden der Hymnodie in der abendländischen Kirche.Ambrosius von Mailand (hl., Trier um 339, 4. April 397, Mailand), Bischof von Mailand, war einer der vier großen abendländischen Kirchenväter. Er wurde 374 zum Bischof gewählt und trat für die Rechtgläubigkeit und die Einheit der Kirche ein. In der Kirchenpolitik strebte er eine enge Verbindung von Kirche und Staat an. Ambrosius griff als Prediger und Interpretet der Heiligen Schrift auf die allegorische Schriftdeutung zurück. Die Reden und Predigen wurden zur Grundlage seiner Werke (Genesis-Kommentar,Lukas-Kommentar und die 5 Bücher De fide ad Gratianum). Ambrosius führte den aus dem Osten (wohl Syrien) stammenden hymnischen Chorgesang in der abendländischen Kirche ein und dichtete selbst mehrere heute noch im Brevier gebrauchte Hymnen. Unter seinem Einfluß wurde 387 Augustinus bekehrt und von ihm getauft. Fest: 7. Dezember.Pelagius (* in Britannien oder Irland, vor 380, 418 oder 422), Mönch und Kirchenschriftsteller, führte ab etwa 400 ein Leben als Asket und Laienmönch in Rom und gelangte 410 auf der Flucht vor dem Westgoten-Führer Alarich ( 410), der sich zum oströmischen Magister ernannt hatte, nach Karthago und Palästina, wo es wegen seiner Lehren (Pelagianismus) zu Rivalitäten mit Hieronymus (um 345-420) kam. Auf Betreiben Augustinus' (354-430) verurteilten ihn die Synoden von Mileve (416) und Karthago (418). Papst Zosimus folgte dem Urteil, Pelagius wurde von Kaiser Honorius verbannt. - Der Pelagianismus bezieht sich auf die von Pelagius und Julian von Aeclanum ( 454) gegen Augustinus vertretenen Anschaungen über Freiheit und Gnade, Erbsünde und Sünde: Der Mensch hat die sittliche Freiheit zum Guten wie zum Bösen, die Sünde ist immer eine einzelne Tat, daher wird die Erbsünde abgelehnt; der Mensch kann, kraft der Gnade, durch eigene Bemühungen zum Heil gelangen. Nach der Verurteilung und Verbannung des Pelagius trat seit etwa 420 Julian von Aeclanum als Haupt des Pelagianismus hervor. Das Konzil von Ephesus (431) verurteilte den Pelagianismus; der Osten verharrte bei der Lehre von der Freiheit des menschlichen Willens; im Abendland entzündete sich sich nach der Verurteilung des Pelagianismus die Auseinandersetzung erneut im Semi-Pelagianismus, der seitdem den Widerspruch gegen die Gnaden- und Prädestinationslehre des Augustinus führte. Zwar hielt der Semi-Pelagianismus an der Lehre von der Erbsünde fest, aber der Fall Adams habe den menschlichen Willen zum Guten nur geschwächt, nicht getötet; Wille und Gnade wirken zusammen. 529 verurteilte die Synode von Orange unter dem Einfluß des Cäsarius von Arles den Semi-Pelagianismus. - Mit dem Pelagianismus beschäftigt sich auch Sloterdijk, der meint, daß man eine Kultur der Erbsünde im direkten Vergleich mit einer Kultur der diskreten Verteilung von Schuld und Unschuld hätte beobachten können, wenn schon zu dieser Zeit durch ein Schisma neben dem augustinischen ein pelagianisches Europa entstanden wäre. Dank der US-amerikanischen Sezession von Europa, so Sloterdijk, sei der Kontrast zwischen einer eher augustinischen und einer eher pelagianischen Evolution zumindestens indirekt beobachtbar. Während in der Alten Welt sich am Ende des 20. Jahrhunderts, insbesondere durch die Erfahrungen der Totalitarismen, eine von Skepsis und Normenpluralismus mitbestimmte Kulturgroßwetterlage eingespielt hat, haben die USA ... in breiten Schichten an einem von puritanischen Prämissen geprägten Klima festgehalten, in dem kulpabilistische, viktimologische (), inquisitorische Mechanismen in voraufklärerischer Naivität und psychologischer Raffiniertheit ineinandergreifen. Es kann kein Zufall sein, daß das Strafvollzugssystem der USA das intensiv und extensiv umfassendste der Welt ist und proportional zu den Bevölkerungszahlen nahezu zehnmal soviel Delinquenten in amerikanischen Gefängnissen einsitzen wie in europäischen, bei weiter steigender Tendenz. Sloterdijk ist sich sicher, daß sich die Individuen im neueuropäischen Denk- und Verhaltensraum mit ihren helleren Intuitionen auf eine neupelagianische Ausgangssituation einstellen werden, in der es nicht mehr zu Überbeschuldigungen a priori gegen Personen und Umstände kommt, ohne daß deswegen ein rousseauistischer Rückfall größeren Umfangs zu befürchten wäre. Und was ihre dunkleren Intuitionen angeht, so werden sie sich eher als Katastrophenbürger präsentieren, die Großrisiken oder Gesamtverhängnisse überblicken, die nicht auf Täterbosheiten zurückzuführen sind. Dieses Schwanken zwischen einem Neo-Pelagianismus im Hinblick auf den Menschen und einem Rechnen mit systembedingten Katastrophen, die man um so weniger ihren Verursachern wird zurechnen können, je globaler sie ausfallen, bestimmt heute schon das Bild in den Subkulturen anspruchsvollerer Zeitgenossenschaft. (Peter Sloterdijk, Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger, 2001; S. 120-123).Die Prädestination wurde anfangs am wirksamsten von Augustinus (354-430), später auch von Luther (1483-1546), Zwingli (1484-1531), Calvin (1509-1564) und dem Jansenismus (nach Cornelius Jansen, 1585-1638) gelehrt. Vor allem aber der Calvinismus, anfangs ein antischolastischer Humanismus, machte die Prädestination, die man auch Prädetermination nennt, zu seinem Inhalt und Mittelpunkt. Sie bedeutet die Vorbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschbaren Willen. und zwar entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit ohne Verdienst oder als Prädamnation zur Verdammnis ohne Schuld. Auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus, besonders aber dem aus ihm entwickelten Puritanismus, und dem modernen Kapitalismus der westlichen Demokratien hat vor allem Max Weber (1864-1920) hingewiesen. (Vgl. Religionssoziologie).A. M. T. Severinus Boethius (480-524) verfaßte vor seiner Hinrichtung, aber nach der Verurteilung durch den Ostgoten-König Theoderich d. Gr. aus politischen Gründen, sein Hauptwerk Trost der Philosophie, eine der meistgelesenen philosophischen Schriften bis ins 17. Jh.. Obwohl Christ, machte Boethius hier vom Christentum keinen Gebrauch. Die Philosophie tritt in seinem Buch als Person auf, als Psychotherapeutin sozusagen, die Boethius zum Einverständins mit seinem Schicksal führte - gemäß der stoischen Weisheit des Kleanthes von Assos: Das Schicksal führt den mit ihm Einverstandenen; den nicht Einverstandenen schleppt es mit. Vgl. Patristen (6): Scholastiker im Westen).Beda Venerabilis (hl., 674-735), der Ehrwürdige (lat.), gilt als Begründer der englischen Philosophie. Er war Lehrer an der Klosterschule in Jarrow (bei Newcastle upon Tyne) und übermittelte das griechisch-lateinische Bildungsgut an die Angelsachsen. Er schrieb für den Schulgebrauch Abhandlungen über Metrik, Rhetorik, Orthographie und Naturlehre. Zwei Handbücher über Chronologie, denen eine Chronik angehängt ist, waren grundlegend für die mittelalterliche Zeitrechnung. Auf ihm basiert die gesamte englische Chronistik im Mittelalter. Seine theologischen Werke - Bibelkommentare - beruhen auf der allegorisch-moralisierenden Methode. Beda, zu den geistigen Vätern der Karolingischen Renaissance gehörig, wurde 1899 zum Kirchenlehrer erklärt. Mit seiner Historia ecclesastica gentis Anglorum begann sich die germanische Chronistik endgültig durchzusetzen. (). Fest: 27. Mai.Innerhalb der Gliederung ist die Aufteilung in eine (Früh-,Hoch-,Spät-) Urpatristik und eine eigentliche (Früh-,Hoch-,Spät-) Patristik sinnvoll, denn die Patristik stellt nicht einfach nur eine chronologische Aneinanderreihung der Kirchenväter dar, sondern folgt einer inneren Logik der Kulturgeschichte - hier der Pseudomorphose und des Synkretismus. Gemäß der Kulturgeschichte ist deshalb eine Patrologie nötig, die auch die politischen Rahmenbedingungen berücksichtigt, denn in den für unser Thema (Abendland) relevanten Gebieten des Westens war bis ins 4. Jh. überhaupt noch nicht sicher, ob sich das Christentum hier behaupten könnte. Erst durch Konstantin d. Gr. (280-337), der seit 306 römischer Kaiser (seit 324 auch einziger) änderten sich die Bedingungen, z.B. durch ein erstes Edikt (311), durch die staatliche Anerkennung der Christen im Toleranzedikt von Mailand (313) und der damit endgültigen Einstellung der Christenverfolgungen. (Vgl. auch: 1. Konzil von Nizäa, 325). Frühestens seit dieser Zeit wurde es für Christen politisch und damit auch juristisch möglich, sich auch im Westen langfristig zu etablieren. Die Gebiete im Osten, wo sich die Christen zu dieser Zeit schon etabliert hatten und seit dem Ende der Reichseinheit (395) das Oströmisches Reich (Byzanz) eigene Wege ging, gehören der magischen und nicht der abendländischen Kultur an. Die Vordenker der abendländischen Kultur, auch wenn sie sich auf die Patristen des Ostens bezogen, konnten erst Dogmatiker und Kirchenpolitiker, dann Scholastiker werden, nachdem die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen für die christliche Religion auch im Westen geschaffen worden waren. Erst dadurch konnte das Abendland auch zu seiner Form finden, d.h. eine Kultur werden: eine faustisch und vom Bild der Vergangenheit und Zukunft angetriebene, im Unendlichkeitsraum forschende und im Sinne einer eigenen Mythomotorik nach dem Reich suchende Kultur. Die gesamte Patristik (Ur-Patristik und Patristik i.e.S.) war maßgebend, aber ihr zweiter Teil für das Abendland unerläßlich. Ein wirkliches Zurück, eine zweite Einnistung war nach dem Beginn der Kirchenpolitik nicht mehr möglich! (Vgl. 0-2). Die Ergebnisse der germanischen Völkerwanderung, die Germanenreiche sollten es beweisen! (Vgl. 2-4).Patrologie ist hier kulturhistorisch gemeint. Im katholischen Bereich ist die Patrologie die Bezeichnung für die Patristik bzw. für die Lehrbücher der Patristik.Das auf Vergangenheit und Zukunft bezogene Bild eines Abendländers ist das exakte Gegenstück zu dem eines Antiken, für den nur die Gegenwart zählte. Selbst das Römische Reich war nicht primär aus bewußtem Antrieb durch identitätsstiftende Geschichten, also durch eine Mythomotorik gebildet worden, sondern aus sich selbst heraus. Im Gegenteil dazu suchte das Abendland von Anfang an seinen Antrieb durch Geschichten; und gerade die Geschichte des Römischen Reiches, die doch selbst durch Gegenwart, durch ständige Präsenz gekennzeichnet war, wurde (vielleicht auch deshalb!) zur Basis jeder Übertragung. Das Reich wurde zur Grundlage jedes bildenden und einbildenden Projektes, d.h. jeder Projektion. Die maßgeblichen europäischen Mächte unternahmen immer neue Anläufe, ein Reich nachzuspielen, das ihrer politischen Phantasie als unverlierbares Paradigma vorgeordnet blieb. So könnte man geradezu sagen, daß Europäer ist, wer in eine Übertragung des Reiches verwickelt wird. Dies gilt besonders für Deutsche, Österreicher, Spanier, Engländer und Fransosen .... (Peter Sloterdijk, Falls Europa erwacht, 1994, S. 34).Mythomotorik bedeutet Antrieb durch formierende oder identitätsstiftende Geschichten. Den Ausdruck Mythomotorik hat m.W. Jan Assmann ... eingebracht. Vgl. Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerungen und politische Identität in den frühen Hochkulturen, München, 1992. (Peter Sloterdijk, Falls Europa erwacht, 1994, S. 64).Peter Sloterdijk, Falls Europa erwacht - Gedanken zum Programm einer Weltmacht am Ende des Zeitalters ihrer politischen Absence, 1994.Peter Sloterdijk, Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger, 2001 (S. 120f. und 122f.).Mystik: vgl. Ur-Mystik, Früh-Mystik, Hoch-Mystik, Spät-Mystik und Neu-Mystik und ihre Mündung in Idealismus und Romantik.Dionysios Areopagita (1. Jh.), angeblich erster Bischof von Athen, war Mitglied des Areopagats (Areopag = Areshügel, ältester und berühmtester Gerichtshof in Athen, auf dem Areshügel, westlich der Akropolis) und wurde von Paulus bekehrt. Unter dem Namen Dionysios Areopagita und unter Berufung auf Apg. 17, 34 veröffentlichte ein griechisch schreibender christlicher Schriftsteller im 5. oder 6. Jh., der Pseudo-Dionysios Areopagita, eine Reihe theologisch-mystischer Schriften und Briefe und erlangte damit beinahe apostolisches Ansehen mit großem Einfluß insbesondere auf die Mystik.Doppelte Wahrheit, das gleichzeitige Wahr-oder-Falsch-sein-Können einer Erkenntnis je nach der Grundlage dieser Erkenntnis, spielte im Mittelalter eine große Rolle, als die Glaubenswahrheiten rational gesichert werden sollten. (Vgl. Frühdenker).Carl Friedrich Gauß (1777-1855) veröffentlichte seine nicht-euklidischen Geometrien nicht, weil er das Geschrei der denkfaulen, schwerfälligen und unkultivierten Menschen fürchtete. Er nannte sie Böoter, weil die Einwohner dieser antiken Landschaft (Hauptstadt: Theben) von den Einwohnern anderer Griechenstädte als denkfaul und schwerfällig beschrieben worden waren. Gauß meinte zu Recht, daß man die Menschen nicht wirklich würde überzeugen können. Die erste der nichteuklidischen Geometrien entdeckte Gauß nach Vollendung seines Hauptwerkes Disquisitiones arithmeticae (1801), durch deren in sich widerspruchslose Existenz bewiesen wurde, daß es mehrere streng mathematische Arten einer dreidimensionalen Ausgedehntheit gibt, die sämtlich a priori gewiß sind, ohne daß es möglich wäre, eine von ihnen als die eigentliche Form der Anschauung herauszuheben. (Vgl. 18-20).Die abendländische Philosophie sei eine Reihe von Fußnoten zu Platon, behauptete der Philosoph und Mathematiker Alfred North Whitehead (1861-1947), einer der wichtigsten Vertreter des Neurealismus, auf den er eine kritische Naturphilosophie gründete, die er später durch eine konstruktive Metaphysik ergänzte.Etienne Gilson (Paris, 13.06.1884 - 19.09.1978, Gravant [Yonne]), L'esprit de la philosophie médiéviale, 1932. Gilson war 1913 Prof. in Lille, 1919 in Straßburg, 1921-32 an der Sarbonne, seit 1932 am Collège de France; Mitglied der Académie française. Er war einer der wichtigsten Vertreter des Neuthomismus. Der Neuthomismus ist schon seit Beginn der Gegenreformation der Kern der Neuscholastik. (Vgl. Tabellen: Hoch-Denker und Spät-Denker).Römisch-katholische Interpretationen attestieren dem Abendland zumeist, daß in ihm die Dominanz des Christlichen überwiege. Diese Meinung teilen vor allem kirchliche und vornehmlich christlich orientierte Vertreter. Theodor Heuss (31.01.1884 - 12.12.1963) soll einmal gesagt haben, daß Europa von 3 Hügeln ausgegangen sei: von der Akropolis, von Golgatha und vom Kapitol. Diese Sichtweise würde eher, wenn vielleicht auch nicht beabsichtigt, auf eine Dominanz der Antike verweisen. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß aus einem antik-apollinischen Einzelkörper und einer magisch-seelengeistigen Welthöhle ein abendländisch-faustischer Unendlichkeitsraum entstehen kann, dann muß unbedingt ein dritter Faktor hinzukommen, den ich die Kulturpersönlichkeit nenne: das Germanentum. Ohne das Germanentum versteht man die Willensdynamik eines Faust nicht, und ohne das germanische Element ist die Raumtiefe, aber auch die in jeder Hinsicht sowohl ins Mikrokosmische als auch ins Makrokosmische gehende Unendlichkeit nicht als distinktives Merkmal der abendländischen Kultur zu identifizieren. Diese Merkmale treffen auf keinen antiken Menschen zu, aber insbesondere auf die Abendländer, die germanischen Ursprungs sind. Scharfe Gegensätze, wie die zwischen Antike und Abendland, sind zwar unbedingt ein Indiz für Verwandtschaft, weil beide Kulturen so auffallend gegensätzlich sind: aktiv und reaktiv. Offenbar hat die Antike auf das Abendland aber nicht persönlichkeitsstiftend gewirkt und konnte auch erzieherisch nicht tätig werden, weil sie so früh verstarb. Die Biogenetik und Sozialisation geraten nicht selten so weit auseinander, wenn ein Elternteil früh verstirbt, d.h. nicht wirklich erlebt wird. Dem Abendland scheint es auch so ergangen zu sein. Die Auseinandersetzungen mit der magischen Mutter hat beim Kind jedoch zu einer enormen, fast schon verdächtigen Erinnerung bis hin zur Vergötterung des antiken Vaters Beitrag geleistet. Aber liegt deshalb immer auch schon ein Vaterkomplex vor? Es bleibt zunächst festzuhalten, daß auch kulturell zwischen Genetik und Sozialisation, zwischen Anlage und Umwelt, zwischen angeboren und anerzogen ganz klar unterschieden werden muß. Dazwischen bewegt sich die Persönlichkeit. Man kann sie nicht isolieren, folglich auch nicht isoliert betrachten, aber man kann sie beschreiben, und ich beschreibe die Kulturpersönlichkeit des Abendlandes als germanisch, weil dieser Raum zwischen Anlage und Umwelt für die Kulturpersönlichkeit zwanghaft unendlich werden muß, wenn sie die verlorene Vaterkultur zurückholen will. Der unendliche Raum und Wille sind auch deshalb Ursymbol und Urwort des Abendlandes. Wenn der Mensch eine Grundlage von etwa 60 Billionen Zellen hat und einer Umwelt von praktisch unendlicher Vielfalt ausgesetzt ist, so gilt für eine Kultur, daß sie Völker, Staaten oder Nationen zur Grundlage hat und einer Umwelt von unendlichen Möglichkeiten, aber auch gähnender Leere gegenübersteht. Mit dem Germanentum fiel eine faustische Entscheidung zugunsten der unendlichen Möglichkeiten. Die Eltern des Abendlandes waren also antik-magisch, ihre gentragenden Chromosomen römisch-christlich, aber die Kontrollgene germanisch. (Vgl. 22-24).
© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014). |