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- Wirtschaft / Ökonomie -
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Kugel Wirtschaft ist die Gesamtheit aller Einrichtungen und Maßnahmen menschlicher Daseinsgestaltung, die sich auf Produktion und Konsum sogenannter „knapper Güter“ beziehen. Die Gesamtheit der laufenden Produktions- und Konsumvorgänge wird zusammenfassend als Wirtschaftsprozeß bezeichnet, der Mensch als Gestalter der Wirtschaft als Wirtschaftssubjekt.
Wirtschaft als Gesamtheit aller Einrichtungen und Handlungen, die der (planvollen) Deckung des menschlichen Bedarfs dienen, betrifft besonders die Erscheinungen von Gütererzeugung, Güterverbrauch, Güterumlauf und Güterverteilung (bzw. Einkommensverteilung). Ein Wirtschaftssystem ist eine Organsisation der Planung und Lenkung (auch: Koordination) der Wirtschaftsprozesse in arbeitsteiligen Gesellschaften. Allgemein wird zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft unterschieden, tatsächlich aber sind es oft Mischformen, z.B. die „Soziale Marktwirtschaft“ („Soziale Marktwirtschaft“) oder die „Ökologische Marktwirtschaft“ („Ökologische Marktwirtschaft“). Die Wirtschaft und insbesondere der aktuelle Wirtschaftsprozeß erhalten ihr historisch einmaliges Gepräge durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder Daten. Objekt der Wirtschaftswissenschaft ist die wissenschaftliche Analyse der Wirtschaft als umfassender Bereich menschlichen Lebens, Objekt der Wirtschaftstheorie ist die Beschreibung und die Erklärung der spezifischen ökonomischen Vorgänge. Vgl. Wissenschaft und Philosophie sowie Wirtschaftsgeschichte.

In den Kreislauf der Gesamtwirtschaft
gehen alle Transaktionen ein, die von
den einzelnen „Wirtschaftssubjekten“ innerhalb einer Periode getätigt werden.

Steinzeit  Neolithische Revolution Metallzeit
PaläolithikumAltpaläolithikum
Mittelpaläolithikum
Jungpaläolithikum
Mesolithikum
Neolithikum
Nicht-SeßhafteSeßhafte
Von der aneignenden Wirtschaftsweise

(Jäger und Sammler)
zu der produzierenden Wirtschaftsweise (Bauern)
Erntekulturen
Protoneolithikum
Akeramisches Neolithikum
Keramisches Neolithikum
Chalkolithikum
Seßhafte
Produzierende Wirtschaftsweise:
Von den Erntekulturen
zu den Metallkulturen
Metallikum
Kupfermetallikum
Bronzemetallikum
Eisenmetallikum

Auch wenn es darum geht, zu umschreiben, wann wer auf wessen Kosten endlich die „Reife“ erreicht, ist Wirtschaft der zutreffende Begriff für den umfassenden Bereich menschlichen Lebens, obwohl dazu auch „Wirtswechsel“ geeignet wäre, denn der „Wirt“, der in der Biologie ein Lebewesen bezeichnet, das einem bestimmten „Parasiten“ als Lebenstätte dient und ihn ernährt, ist ja für viele der Parasiten entweder einer der „Zwischenwirte“, wenn die Parasiten ihre Jugendstadien durchlaufen, oder ein „Endwirt“, wenn die Parasiten durch ihn endlich ihre Geschlechtsreife erreichen. Den Übergang von einem Wirtsorganismus auf einen anderen nennen die Biologen auch Wirtswechsel.

Ökonomie ist Wirtschaftlichkeit - genauer: Häuslichkeit, Verwaltung und Rechtlichkeit (recht-/sittliche Gesetzlichkeit). Ökonomie und Ökologie wurzeln im Haushalt (oikoV = Haus, Wohnung), die Ökonomie im Haushalt und im Hüter (nomia = Hüter, Verwalter u.s.w.) oder im Nomos (nomoV = Gesetz, Regel, Sitte, Rechtsordnung, -vorschrift, Satzung, Vorschrift, Brauch, Herkommen, Weide, Wohnsitz, Bezirk, Provinz, Landstrich, Melodie, Lied, Tonart, Hirte u.s.w.), die Ökologie im Haushalt und im Logos (logoV = Rede, Vernunft, Kunde, Darlegung, Erzählung, Vortrag, Beschreibung u.s.w.). Der oikonomoV bezeichnet den Hausverwalter, den Verwalter, den Wirt, der oikonomew das Hausverwalter-Sein, das Verwalten, die Anordnung, die Haushaltung, die Verwaltung. DernomeioV bezeichnet - wie der nomoV - den Hirten, nomaV bedeutet auf der Weide befindlich, weidend, umherschweifend, das Verb nomeuw meint weiden, hüten, nomisma ist die Münze, das Maß, nomikoV heißt das Gesetz betreffend, gesetzlich, rechtskundig, nomizw bedeutet als Sitte anerkennen, als Brauch haben, gewohnt sein, nomoqetikoV meint gesetzgeberisch, nomoqetikh bzw.nomotesia bedeutet Gesetzgebung, der nomofulakeV ist der Gesetzeshüter. Für die sogenannte „klassische“ (einschließlich „neoklassische“) „Schule“ (Klassik) ist Wirtschaftlichkeit - im Unterschied zu Rentabilität (Erfolg eines Unternehmens) und Produktivität (volkswirtschaftliche Ergiebigkeit) - die Erfolgskategorie, das Kriterium der wirtschaftlichen Beurteilung des Betriebes, gemessen an der gesamten Betriebsleistung. d.h. an der aufgewendeten menschlichen Arbeit und dem Kapitaleinsatz, wobei unter Leistung der Wirkungsgrad der auf eine bestimmte Aufgabe gerichteten Tätigkeit zu verstehen ist. Wirtschaftlichkeit ist das Ergebnis eines innerbetrieblichen Vorganges, bei dem Aufwand und Ertrag, Kosten und Leistung im Hinblick auf ein optimales Verhältnis beider Größen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Die Schwierigkeit liegt natürlich in der Messung! Außerdem muß das nicht zu leugnende Faktum berücksichtigt werden, daß gerade wieder einmal die sogenannten „Experten“ bis heute das Wirtschaften immer noch nicht richtig verstanden haben (Wirtschaften). Vgl. hierzu auch den Text zur Wirtschaftswissenschaft.

- Ökonomisches Prrinzip -
(Maximalprinzip und Minimalprinzip)

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip (modern-ökonomisches Vernunftprinzip) ist das Streben, mit einer gegebenen Menge an Produktionsfaktoren den größtmöglichen Güterertrag zu erwirtschaften oder für einen gegebenen Güterertrag die geringstmögliche Menge an Produktionsfaktoren einzusetzen.

- Mikroökonomie / Mikroökonomik -

Die Mikrooökonomie bzw. Mikroökonomik ist die Betrachtung und Untersuchung solcher Zusammenhänge, die sich auf die einzelnen Unternehmungen bzw. Betriebe und Haushalte beziehen.

- Makroökonomie / Makroökonomik -

Die Makrooökonomie bzw. Makroökonomik ist die Betrachtung und Untersuchung gesamtwirtschaftlicher Größen, die sich also nicht auf die einzelnen Unternehmungen bzw. Betriebe und Haushalte, sondern auf die Volkswirtschaft als Ganzes beziehen.

- Konjunktur -

Die (zyklischen) Schwankungen des Produktionsvolumens einer Volkswirtschaft durch zusammenwirkende Veränderungen bestimmter ökonomischer Größen nennt man Konjunktur (zu lat. coniungere, „verbinden“), weil sie eine sich aus der Verbindung verschiedener Erscheinungen ergebende Lage bezeichnen. Davon zu unterscheiden sind Saisonschwankungen und Sonderbewegungen einzelner Wirtschaftszweige. Meist wird von der Vorstellung einer mehr oder weniger zyklischen Bewegung, dem Konjunkturzyklus, ausgegangen. Der Verlauf eines solchen Zyklus wird unterteilt in TIEF (Depression, Stagnation), AUFSCHWUNG (Wiederbelebung, Expansion), HOCH (Boom, Hausse) und ABSCHWUNG (Rezession, Krise, Kontraktion). Ähnlichkeiten mit dem Kulturzyklus sind kein Zufall:
Der älteste Ansatz zur Erklärung des Konjunkturzyklus ist die auf den schweizerischen Ökonom und Historiker Simonde de Sismondi (1773-1842) zurückgehende Unterkonsumtionstheorie (Erklärung der Wirtschaftskrisen aus einer nicht hinreichenden Nachfrage nach Konsumgütern), wonach der Absatz wegen zu geringen Konsums der Arbeiter ins Stocken gerät. Ähnlich erklärte auch Karl Marx (1818-1883) die Zyklen mit dem Fall der Profitrate, dem die Kapitalisten durch eine Akkumulation, die zu einer die Absatzmöglichkeiten übersteigenden Produktion führe, zu begegnen suchen.
Nach verschiedenen anderen Theorien, die als Ursache z.B. Ernteschwankungen (Agrartheorie), Veränderungen des Geld- und Kreditvolumens (monetäre Konjunkturtheorie) oder auch psychologische Strukturen annahmen, erklärte der sogenannte Keynesianismus den Konjunkturzyklus mit Schwankungen der effektiven Nachfrage (Keynes). In vielen Ländern übernimmt der Staat die Aufgabe, die Konjunkturschwankungen zumindest zu mildern, indem er seine eigenen Ausgaben und über geldpolitische und finanzpolitische Maßnahmen auch die Ausgaben der Privaten im Rahmen einer „antizyklischen“ Konjunkturpolitik so vermindert oder erhöht, daß den zyklischen Schwankungen gegengesteuert wird. Ziele und Mittel der Konjunkturpolitik sind z.B. in Deutschland vor allem im Stabilitätsgesetz verankert. (Vgl. Wirtschaftskreislauf / Polyzyklen).

- Besitz und Eigentum -

Besitz ist im Rechtssinne die tatsächliche Verfügungsmacht einer Person über eine Sache, Eigentum ist im Rechtssinne die im Rahmen der gesetzlichen Einschränkungen nach Belieben ausübbare Herrschaft einer Person über eine Sache. Laut § 9 BGB kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit derselben nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Eine vom Eigentum als Basis des Wirtschaftens ausgehende Theorie liefert Gunnar Heinsohn (*1943): „Die Basis des Wirtschaftens liegt aber weder im Kapital noch im Markt, sondern im Eigentum. Das kann man nicht sehen, riechen, schmecken oder anfassen, weil es ein papierener Rechtstitel ist. .... Die Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum ist für das Verständnis des Wirtschaftens fundamental. Ökonomie wird so schlecht verstanden, weil die Gelehrten Besitz und Eigentum für ein und dieselbe Sache halten. .... Gesellschaften ohne Eigentum haben kein Geld, also keine zinsbelasteten Schulden und bleiben eben deshalb ohne nennenswertes Wachstum. .... An einem Stück Ackerland läßt sich die wirtschaftliche Potenz des Eigentums über das bloße besitzbasierte - und ewige - Produzieren hinaus besonders leicht nachvollziehen. .... Zur geschäftlichen Verwendung eines Ackers - also zum Wirtschaften mit ihm - kann es erst kommen, wenn zum Besitzrecht noch ein Eigentumstitel hinzutritt. Man kann sagen, daß mit dem Acker produziert, mit dem Zaun, der ihn umgibt, jedoch gewirtschaftet wird, wobei er den Eigentumstitel symbolisiert und nicht nach Draht und Pfosten betrachtet wird, die es auch in reinen Besitzgesellschaften geben kann (Heinsohn/Steiger). Während der Bauer einer Eigentumsgesellschft seine Feldmark - durch eigenen Gebrauch oder durch Verpachten - als Besitzer nutzt, kann er mit dem Eigentumstitel an ihr gleichzeitig und eben zusätzlich wirtschaften. Er kann diesen Titel für das Leihen von Geld - Mark z.B. - verpfänden, oder er kann ihn für die Besicherung des von ihm selbst emittierten Geldes - wiederum Mark - belasten.“ (Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht, 2003, S. 88-91 Heinsohn). Mehr Mehr Mehr

- Geld und Zins -

Geld gilt allgemein als Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel. Als Wertaufbewahrungsmittel dient Geld der Wertsicherung insofern, als daß ihm Vertrauen entgegengebracht werden kann, z.B. dadurch, daß es einen Gegenwert hat (Gold, Silber o.a.), den z.B. eine durch nichts gedeckte Währung wie der US-Dollar seit 1971 nicht hat. Als Tauschmittel ist Geld - eben wegen seiner Funktion, gegen alle Waren austauschbar zu sein - in einer arbeitsteiligen Wirtschaft unentbehrlich für die Vermittlung der Tauschakte. Diese Funktion setzt voraus, daß das jeweilige Geld auch allgemein als Zahlungsmittel anerkannt ist. Doch anscheinend reicht die Definition für Geld als Tausch- bzw. Zahlungsmittel ebenso wenig aus wie die für Zins als Preis bzw. Einkommen aus Kapitalbesitz: „Die auf Eigentum basierenden Gesellschaften (Heinsohn/Steiger Besitz vs. Eigentum) können auch zahlenmäßig größere Völker übertreffen, weil Eigentum für die Schaffung von Geld belastet und für das Borgen von Geld in einem Kredit verpfändet werden kann. Der Geldschaffer verliert durch diese Belastung während des Kreditzeitraumes die Freiheit seines Eigentums, kann es nicht noch einmal belasten und auch nicht verkaufen oder verschenken. Dafür gewinnt er die Zinszusage seines Schuldners. Und eben für dieses Immer-Mehr aus niemals länger werdenden Jahresfristen, muß erfinderisch gewirtschaftet werden. Gesellschaften ohne Eigentum haben kein Geld, also keine zinsbelasteten Schulden und bleiben eben deshalb ohne nennenswertes Wachstum. .... Daß der Zins als entscheidende Zugkraft des Wirtschaftens am Eigentum haftet, ist zwar ganz allgemein schlecht verstanden. Aber nur die Marxisten schreiten seit 1917 zu seiner regelrechten Abschaffung. Sie versprechen - wenn man so will - den Menschen für ihr Auto eine noch höhere und überdies pannensichere Geschwindigkeit, wenn man nur den Motor ausbaue. Diese Heilung der Tuberkulose durch Entfernung der Lunge hat an die 100 Millionen Menschen das Leben gekostet. .... - Die Geldnote - ob auf Metall oder Papier gedruckt - ist ... ein Eingriffsrecht in das Eigentum ihres Emittenten und kommt nur durch Schuldenmachen in die Welt. Auch das auf fast wertlosem Material notierte Geld ist wertvoll, weil hinter ihm besicherndes und zusätzlich verpfändetes Eigentum steht. Wo jemand Geld emittiert, tut er diese für einen anderen, der ihm mindestens im selben Wert Eigentum verpfändet sowie Tilgung und Zins zusgesagt hat. Der in die Zirkulation gelangten Geldnote entspricht mithin ein zweites notifiziertes Dokument. Das ist der Kreditkontrakt, in dem der geschaffene Betrag als mit Eigentum des Leihers besicherte und zu verzinsende Schuld niedergeschrieben ist. Erst wenn der die Schuld getilgt hat, kann die zum Verleiher heimgekehrte Geldnote vernichtet und der Kreditkontrakt zerrissen werden. Sind die Noten aus Metall oder ist das Papier noch gut, können sie bei einer neuerlichen Emission wieder verwendet werden. .... Als Verwender von Geld, das immer jemand - nämlich der im geldschaffenden Kreditkontrakt Benannte - schuldet, entwickeln Mitglieder von Eigentumsgesellschaften einen ganz anderen Blick auf die Welt als Menschen aus reinen Besitzgesellschaften, also aus Stämmen oder aus Feudalgesellschaften, werden diese nun durch Adelkasten oder »Avantgarden einer Arbeiterklasse« dirigiert. Geldschuldner suchen immer nach Wegen, aus der prinzipiell unveränderlich gleich langen Zeit eines Jahres oder eines Monats das Zusätzliche herauszuholen, das sie für den Zins aufbringen müssen. Eben dafür erzeugen sie Märkte. Auf diesen versucht man Schuldendeckungsmittel, also Geld zu erlangen. Dessen Existenz geht dem Markt somit voraus, während die Marktwirtschaftler glauben, daß erst die Märkte da seien, auf denen es dann für eine Tauscherleichterung erfunden werde.“ (Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht, 2003, S. 89-92 Heinsohn). Mehr Mehr

Alter \ Ego
Erleben Handeln
Erleben Ae => Ee
Wahrheit
Werte
Ae => Eh
Liebe
Handeln Ah => Ee
Eigentum/Geld
Kunst
Ah => Eh
Macht/Recht
Vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 336.

Gemäß Niklas Luhmann entstand „Geld vermutlich nicht im Hinblick auf seine Tausch vermittelnde Funktion, sondern als Zeichen für unausgeglichene Leistungsverhältnisse, zuerst wohl in Haushaltswirtschaften. Noch im 18. Jahrhundert war Staatsverschuldung das primäre Instrument der Geldschöpfung, und auch »Bank«noten waren zunächst als (übertragbare) Schuldscheine konzipiert. Aber dann mußte man immer wissen, wer der Schuldner war und ob man seiner Zahlungsfähigkeit trauen konnte oder nicht. Erst in jüngster Zeit ist diese Einschränkung aufgegeben worden. Schuldner ist dann, wenn man diese Bezeichnung überhaupt noch brauchen darf, die Wirtschaft selbst, die sich das Geld schuldet, das sie zirkulieren läßt. Zahlungsfähigkeit kann nicht mehr anders als in der Form einer Garantie der Verwendbarkeit des Geldes, also in Form der Autopoiesis des Wirtschaftssystems gewährleistet werden. Die Funktion des symbolisch generalisierten Kommunikationsmediums Geld ist derart unwahrscheinlich, daß sie nie als die Evolution ermöglichender Faktor hätte dienen können, sondern erst in einer schon funktionierenden Geldwirtschaft sichtbar wird.“ (Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 348-349 Luhmann). „Sowohl Wahrheit als auch Geld neutralisieren die gefährliche, konfliktnahe Machtkommunikation, indem sie Ego nur Erleben zumuten (vgl. in der Tabelle; HB), und Sozialutopien benutzen daher gern die Vorstellung, die Gesellschaft lasse sich allein durch Wahrheiten oder allein durch den Markt steuern. Das hieße jedoch auf wichtige Ordnungsmöglichkeiten verzichten, nämlich auf all das, was über konditionierte Willkür an langen Handlungsketten organisiert werden kann. Denn weder Wahrheit noch Geld können festlegen, was der Empfänger mit dem Empfangenen tut - und genau dies ist die Funktion von Macht.“ (Ebd., S. 356-357 Luhmann). Und: „Zu einer vollen Entfaltung der symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien (gemäß Tabelle: Wahrheit, Werte, Liebe, Eigentum/Geld, Kunst, Macht/Recht; HB) kommt es erst unter der Voraussetzung einer funktionalen Differenzierung des Gesellschaftssystems; denn nur dann können die Medien als Katalysatoren dienen für die Ausdifferenzierung von Funktionssystemen der Gesellschaft.“ (Ebd., S. 358 Luhmann).

Noch einmal Luhmann: „Geld muß knapp gehalten werden, um Güter im Überfluß erzeugen zu können, während in Wirklichkeit das Umgekehrte der Fall ist.“ (Ebd., S. 374 Luhmann).

Geldmenge, Hortneigung und Preise
Gütermenge
je Periode (G)
GeldmengeGehortete
Geldmenge
Nachfragewirksame
Geldmenge (M)
Preis
(Preisniveau)
Kaufkraft
(= G/M)
10001000 GE -1000 GE 1,- GE1,00
10001000 GE 1000 GE1000 GE 1,- GE1,00
10003000 GE 2000 GE1000 GE 1,- GE1,00
10004000 GE 3000 GE1000 GE 1,- GE1,00
Geldmenge, Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und Preise
Gütermenge
je Periode (G)
GeldmengeUmlaufgeschwindigkeit
des Geldes
Nachfragewirksame
Geldmenge (M)
Preis
(Preisniveau)
Kaufkraft
(= G/M)
10001000 GE 11000 GE 1,- GE1,00
10001000 GE 1/21000 GE 1,- GE1,00
10003000 GE 1/31000 GE 1,- GE1,00
10004000 GE 1/41000 GE 1,- GE1,00
Die Beschleunigung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wirkt sich wie eine Vermehrung der Geldmenge aus, und die Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wirkt sich wie eine Verminderung der Geldmenge aus.

Der Geldwert hängt einseits von der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ab, andererseits aber bestimmt der erwartete Geldwert die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes; und noch weiter: wenn die Wirtschaftssubjekte steigende Preise erwarten, realisieren sie die höheren Preise tatsächlich durch ihr Verhalten, indem sie die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöhen; wenn sie fallende Preise erwarten, realisieren sie die niedrigeren Preise, indem sie die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes vermindern.

Bezeichnet man die in einer Volkswirtschaft umlaufende Geldmenge mit Gn, die Giralgeldmenge mit Gg, die Umlaufgeschwindigkeit des Notengeldes mit Un, die des Giralgeldes mit Ug, die gesamte angebotene Gütermenge (Handelsvolumen) mit H und das Preisniveau mit P, so gilt:
Gn x Un + Gg x Ug = H x P
Die Unterscheidung in Noten- und Giralgeld ist notwendig, weil die Umlaufgeschwindigkeit des Giralgeldes regelmäßig größer als die des Notengeldes ist. Der Wert des Geldes, augedrückt im Preisniveau, ist dann:
P = (Gn x Un + Gg x Ug) / H
Die Verkehrsgleichung kann aber nur dann von gewissem Wert sein, wenn man nicht die tatsächliche in der Volkswirtschaft vorhandene Geldmenge, sondern nur die zu Zahlungen verwendete Geldmenge berücksichtigt, also: das Hortgeld abzieht. Unter diesen Bedingungen läßt sich sagen:
Erhöht sich die Geldmenge bei gleicher Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und nicht in gleichem Maße steigendem Güterangebot, muß das Preisniveau steigen, also: der Geldwert sinken.
Erhöht sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bei gleicher Geldmenge und nicht in gleichem Maße steigendem Güterangebot, muß das Presiniveau steigen, also: der Geldwert sinken.
Sinkt bei gleicher Geldmenge und gleicher Umlaufgeschwindigkeit des Geldes das Güterangebot, muß das Preisniveau steigen, also: der Geldwert sinken.
Diese Sätze gelten auch in ihrer Umkehrung.

Kleinere Veränderungen der Geldmenge und/oder der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bewirken aber keineswegs immer und überall zugleich Änderungen des Priesniveaus.

Übrigens: Von 1971, als Nixon die Einlösungspflicht des Dollars in Gold auflöste (seitdem also der Dollar eine durch NICHTS gedeckte Währung ist), bis 2001 - also innnerhalb von 30 Jahren - hat sich die Gütermenge vervierfacht und die Geldmenge vervierzigfacht! Vermehrung der Geldmenge gegenüber der Gütermenge bedeutet Inflation! Und Inflation bedeutet Geltentwertung!

Wechselkurse: Setzen wir eine normale Nachfrage- und Angebotsreaktion voraus, so steigt die Nachfrage nach ausländischen Zahlungsmitteln bei fallenden Kursen bzw. fällt mit steigenden Kursen; steigende Kurse bedeuten ein erhöhtes Angebot an ausländischen Zahlungsmitteln, fallende Kurse ein sinkendes Angebot.

Bei steigenden Kursen geht der Import und damit die Nachfrage nach ausländischen Zahlungsmitteln zurück. Bei fallenden Kursen nimmt der Import und damit die Nachfrage nach ausländischen Zahlungsmitteln zu.
Bei steigenden Kursen nimmt der Export und damit das Angebot ausländischer Zahlungsmittel zu. Bei fallenden Kursen nimmt der Export und damit das Angebot ausländischer Zahlungsmittel ab.
Steigt das inländische Preisniveau schneller als das ausländische, nimmt der Außenwert des Geldes ab. Steigt das ausländische Preisniveau schneller als das inländische, nimmt der Außenwert des Geldes zu.
Angebot und Nachfrage

Export- bzw. Importübeschüsse bleiben nicht ohne Rückwirkung auf das Preisniveau im In- und Ausland. Exportüberschüsse erhöhen den inländischen Geldumlauf, weil die Exporteure ihre ausländischen Zahlungsmittel bei den Banken in inländisches Geld umtauschen, um ihre Arbeitskräfte und Lieferer bezahlen zu können. Ist die Wirtschaft vollbeschäftigt, ist mit Preissteigerungen zu rechnen. Importüberschüsse bedeuten eine Verminderung des inländischen Geldumlaufs, weil die Importeure bei den Banken ausländische Zahlungsmittel gegen inländisches Geld kaufen, um ihre ausländischen Lieferer bezahlen zu können. Daher ist zumindest mit einer Stabilisierung des inländischen Preisniveaus zu rechnen.

Deutsches Geldvermögen in Milliarden € (Ende 2007) **
Spar-, Sicht-, Termineinlagen und Bargeld 1621
Geldanlagen bei Versicherungen 1205
Investmentfonds 545
Aktien 393
Sonstiges 800
Summe:
4564
Das sind 186,51% des BNE (2007):
2447

Nie zuvor hatten die Deutschen mehr Geld auf der hohen Kante liegen als gegen Ende 2007: 4,564 Billionen € Geldvermögen - der letzte neue Höchstwert. Die Deutschen sparen, wo sie nur können, selbst an der Rendite. So liegt der Großteil des Geldvermögens relativ sinnlos in niedrig verzinslichen Sparformen wie Spar-, Sicht-, Termineinlagen und Bargeld mit rund 1,621 Billionen € (35,5% des Geldvermögens) und rund 1,205 Billionen € in Geldanlagen bei Versicherungen. Dagegen gingen Investitionen in festverzinsliche Wertpapiere zurück; sie lagen zum Ende des Jahres 2007 bei 333 Milliarden €; und das entspricht einem Anteil von 7,3% am Geldvermögen. Aktieninvestitionen machten 8,6% aus, also immerhin 393 Milliarden €. Das gesamte Geldvermögen umfaßte - wie schon gesagt - zum Ende des Jahres 2007 4,564 Billionen € (4564 Milliarden €). Allerdings ging das Wachstum des Geldvermögens gegenüber den vergangenen Jahren deutlich zurück und betrug nur noch 0,8%, während es in den Vorjahren deutlich darüber lag. Im Jahr 2006 hatte das Wachstum gegenüber 2005 noch bei 5,2% gelegen.

Anteile am Vermögen (ohne Sachvermögen) in Milliarden € (Ende 2007) **
Geldvermögen der Deutschen 4564
Sonstiges Vermögen (ohne Sachvermögen) der Deutschen 5436
Summe: Vermögen (ohne Sachvermögen) der Deutschen 10000
Das sind 408,66% des BNE (2007):
2447

Das Vermögen der Deutschen betrug Ende 2007 ungefähr 10 Bio. € (ohne Sachvermögen!), der prozentuale Anteil des Geldvermögens daran betrug also 45,64%. Nach Abzug der den Deutschen durch die Politik der Globalisten aufgezwungenen Kreditschulden (ohne die ebenfalls aufgzwungenen „Reparations“-Zahlungen für die beiden letzten Weltkriege) in Höhe von 1,5 Billionen € bleibt ein „Nettovermögen“ von über 8,5 Bio. € (wobei die eben erwähnten „Reparations“-Zahlungen und andere unrechtmäßig aufgezwungene Zahlungen nicht berücksichtigt sind). Knapp zwei Drittel der Kreditschulden betreffen Immobilienkredite. Nicht erfaßt ist - wie schon mehrfach erwähnt (in Klammern) - das Sachvermögen, wozu z.B. Personenkraftwagen, Wohnungseinrichtungen, private Kunstsammlungen oder Schmuck zählen. Sichere Anlagen werden unter den deutschen Anlegern bevorzugt. Staatsverschuldung Staatsverschuldung Steuerzahler

- Finanzinvestoren und Finanzkrise -

Langer Kreditweg

Im gegenwärtigen Finanzuniversum hängt alles mit allem zusammen! Private Haushalte haben es ganz plötzlich mit Finanzinvestoren zu tun und wissen nicht warum! Die haben die Kredite aufgekauft und die Zinsen erhöht ! „Da leihen US-Banken Hauskäufern Zehntausende Dollar, obwohl deren Einkommen kaum zum Leben reicht. Da bekommen private Finanzinvestoren, sogenannte Private-Equity-Gesellschaften, von Banken Hunderte Millionen Dollar Kredit, um angeschlagene Firmen zu kaufen. Da versorgen Geldhäuser Hedgefonds mit Milliardenkrediten, obwohl die schon bei kurzzeitigen Verlusten von zehn Prozent pleite gehen können. Warum machen Banken so riskante Geschäfte? Zum einen, weil sie das Leihgeld lange sehr billig von den staatlichen Zentralbanken bekommen .... Ein zweiter Grund macht die Verlockung noch größer: die Banken müssen die heiklen Darlehen nicht behalten, sondern sie verkaufen sie weiter (siehe Graphik). Käufer solcher Kredite sind vor allem Hedgefonds, übersetzt »Absicherungsfonds«. .... Das eigentliche Problem ist, daß niemand mehr genau weiß, wieviel Kredit gerade bei wem und mit welchen Risiken zu Buche steht. Denn Hedgefonds und Private-Equity-Unternehmen handeln nahezu ohne jede Aufsicht oder Kontrolle (!!!). Unter tätiger Mithilfe von Banken haben sie eine gigantische Geldbombe gelegt, vor deren Explosion Altkanzler Helmut Schmidt, Ex-Citibank-Boß Sandy Weill und auch die europäischen Notenbanken warnen. Jetzt, da immer mehr Kredite platzen (!), wird die Lage auch auf anderen Märkten explosiv: die Aktienbörse von New York über Frankfurt bis Tokio verloren rund zehn Prozent an Wert - binnen zwei, drei Wochen. Die neue Geld-Welt ist gefährlich und undurchschaubar.“ (Frank Donovitz & Joachim Reuter, Geld zerstört die Welt, in: Stern, 09.08.2007, S. 49). Insgesamt verwalten die weltweit ca. 9000 Hedgefonds ungefähr 1,6 Billionen Dollar Kredit! Und was die Gehälter angeht, so war 2006 der 69jährige James Simons, Doktor der Mathematik und Chef des sechstgrößen Hedgefonds der Welt, Spitzenreiter: Simons strich 1,7 Milliarden Dollar ein - mehr als das Hundertfache des Gehalts von Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. Simons bekommt bei acht Stunden täglicher Arbeit und einer Sieben-Tage-Woche einen Stundenlohn von 580 000 Dollar (420 000 Euro). Für Hedgefonds gibt es ein gutes Dutzend an Strategien, wie Donovitz und Reuter berichten: „Gemeinsam ist allen, daß zusätzlich zum Kundenkapital auch geliehenes Geld investiert werden kann. Diese Möglichkeit unterscheidet Hedgefonds von Investmentfonds. Und ein weiteres: Schon bei kurzfristigen Verlusten von mehr als zehn Prozent droht Hedgefonds die Totalpleite - weil die Anleger massenhaft ihr Geld abziehen. Hedgefonds ist jeder Deal erlaubt, der an den Weltfinanzmärkten angeboten wird. Sie handeln jedoch ganz selten direkt mit Aktien, Zinspapieren, Devisen, Rohstoffen oder Immobilien. Sie spekulieren mit von solchen Basiswerten abgeleiteten Wertpapaieren (»Derivaten«). Nur sehr selten geraten sie in die Schlagzeilen, wie zum Beispiel die durch die Beteiligung an der Deutschen Börse AG. Die allermeisten Hedgefonds arbeiten mit Hilfe ausgefeilter Computerprogramme still und leise und verdienen umso mehr, je stärker Märkte, etwa Aktienbörsen oder Rohstoffpreise, ausschlagen, egal ob nach oben oder nach unten.“ (Frank Donovitz & Joachim Reuter, Geld zerstört die Welt, in: Stern, 09.08.2007, S. 50).

Veränderungen im Einkommen
Prozentuale Veränderungen (gegenüber 1992) des durchschnittlichen Nettoeinkommens pro Kopf
in Deutschland.
„Der expandierende Heuschrecken-Komplex beschleunigt die soziale Umverteilung auf der nationalen und auf der globalen Ebene. Im Jahre 2005 hat sich die Zahl der Reichen (Finanzvermögen von mehr als einer Million Dollar) um 6,5 Prozent vermehrt, die der Superreichen (mehr als 30 Millionen Dollar) um 10,2 Prozent. Zahlreiche Untersuchungen bestätigen die landläufige Meinung, wonach die Reichen reicher werden und die Kluft zwischen den Reichen und dem Bevölkerungsdurchschnitt - nicht nur der Armen - immer breiter wird. Die asymmetrische Polarisierung spiegelt sich bei den Großbanken wider .... Selbst bei den Heuschrecken gibt es eine »Klassenstruktur«: die großen US-Gesellschaften wie KKR, Blackstone und TPG sammeln im Jahr bis zu 1,5 Milliarden Dollar für ihre Fonds ein, während sich mittlere, zumeist regionale Private-Equity-Fonds in Europa mühen, ihre Töpfe zu füllen. Das Geld, mit dem die renditehungrigen Finanzinvestoren die Traumrenditen erzielen, kommt sowohl von den Wohlhabenden als auch von der Durchschnittsbevölkerung. Doch die Profite fließen nur zu einem geringen Teil an jene, die ohne es zu wissen mit ihrem Geld an den Investitionen beteiligt sind, wie die Arbeiter bei General Motors, die Prämienzahler von Lebensversicherungen oder die Sparer von Wertpapieren. Wenn eine von Heuschrecken übernommene Firma massiv Stellen abbaut, sollte der Arbeitnehmer erkennen, daß er womöglich mit seinen Ersparnissen mitgeholfen hat, seinen Arbeitsplatz zu vernichten. Die aggressiven Finanzinvestoren sind Teil eines Ausbeutungssystems, das auch deshalb so effektiv ist, weil sich die neuen Herren weder vor der Belegschaft noch vor der Offentlichkeit für ihre Entscheidungen rechtfertigen müssen. Die Dimension des sozialen Unrechts und der Bereicherung zeigen folgende Beispiele: 2005 haben die US-Amerikaner James Simons (Renaissance Technologies) und T. Boone Pickens (HP Capital Management) jeweils rund 1,5 Milliarden Dollar erhalten. Damit hat jeder der beiden Hedge-Fonds-Manager mehr Geld bezogen - von »verdienen« läßt sich dabei wohl nicht mehr sprechen - als Mauretanien oder die Mongolei als Volkseinkommen erzielen. Der Großspekulant George Soros hat im selben Jahr 840 Millionen Dollar bekommen. Bei solchen obszönen Einkommen brauchen die Finanzinvestoren die Folgen ihrer riskanten Finanzakrobatik nicht zu fürchten, zumal die übernommenen Unternehmen und die Banken die Hauptlast tragen. Selbst bei einem von ihnen ausgelösten Kollaps der Finanzmärkte wären die Fondsmanager die Gewinner. Als größter Markt in Europa ist Deutschland mit seiner neoliberalen Politik für die Heuschrecken besonders ergiebig, zumal es immer noch viele unterbewertete Firmen gibt. Die Investoren fallen aber weltweit über die Wirtschaft her. Der texanische Finanzinvestor Lone Star hat beispielsweise mit faulen Krediten zuerst in den USA und dann in Japan und Südkorea Traumrenditen erwirtschaftet. Deutschland-Chef Karsten von Köller sagt ganz unverblümt: »Die Karawane zieht nach einer Abarbeitungsphase von drei bis vier Jahren weiter.« Und sie kommt wieder, wenn es erneut etwas abzugrasen gibt. In Schweden und vor allem in Großbritannien sind die Privat-Equity-Investitionen 2005 noch größer gewesen als in Deutschland. In Frankreich, dessen Regierung das Land vor fremdem Kapital schützen will, ist der Anteil ausländischer Investoren an den 40 größten Unternehmen des Landes deutlich gestiegen. Auch in den USA beschleunigt sich die Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Das Vermögen der 400 reichsten US-Amerikaner ist innerhalb des Jahres 2005 um 120 Milliarden auf 1,25 Billionen Dollar angewachsen. Selbst Mitglieder der US-Regierung sorgen sich mittlerweile um die potentiellen Folgen der wachsenden sozialen Ungleichheit. In allen kapitalistischen Staaten wird die soziale Schieflage dann zum Problem werden, wenn sie nicht mehr durch die Konjunktur verdeckt wird und wenn die staatlichen Sozialetats überfordert werden. Weltweit wächst das Bruttoinlandsprodukt deutlich stärker als die Löhne. Die Billigkonkurrenz aus den Schwellenländern drücken auf die Löhne, gleichzeitig profitieren die Wohlhabenden von den Finanzinvestitionen, die den Druck auf die Löhne verstärken. Die soziale Ungleichheit könnte schon bald eine Größenordnung erreichen, die sich nicht mehr mit der klassischen liberalen Beschwichtigungsformel von der Gleichheit der Chancen kaschieren läßt. Dann hätte das politische Systern seine Legitimität verloren.“ (Alfred Mechtersheimer, Zur Strategie der Heuschrecken“, 2007, S. 9-10).

Milliardäre
Exponentieller Anstieg der Milliardäre. Zum Beispiel: 1998 waren es 230, und 2004 waren es 587, und 2007 waren es 946. Allein in diesen neun Jahren stieg die Zahl um 311,3 %!

„Auf dem Kapitalmarkt können Gewinne heute sehr viel schneller mitgenommen werden als früher“, sagt z.B. der Wirtschaftsberater Mathias Bucksteeg. Die Reichen werden immer reicher! Die Zahl der Milliardäre nimmt seit den 1990er Jahren exponentiell zu (siehe Abbildung)! Die Tendenz sieht so aus, daß der Abstand zu den „Weniger-Reichen“ bald unüberbrückbar wird. „Das würde“, meint der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser, „unser Wirtschaftssystem in Europa aus den Angeln heben. Denn das ist angelegt auf eine relativ breite Verteilung des Wohlstands.“ Relativ! Tatsache, ist, daß z.B. die USA ein Wirtschaftssystem mit sehr geringer Verteilung des Wohlstands haben (USA), daß sie, wenn unser Wirtschaftssystem „aus den Angeln gehoben“ würde, wie Abelshauser sagt, das erreicht hätten, was sie immer schon wollten: Deutschland und also auch Europa wirtschaftlich vernichten! Mathias Bucksteeg, der unter der rot-grünen Bundesregierung im Kanzleramt arbeitete, sieht eine zusätzliche Gefahr am Horizont: „Der Kapitalismus wird einfältig, weil er keine Ziele mehr entwickelt, nichts mehr erfindet, nur Profit machen will.“ Also: Superreichtum als Killer der Innovation, oder? Nicht ganz! In einigen Wirtschaftszweigen ist das Geld der Milliardäre immer für Ideen gut, z.B. bei den Werften: wenn die Superreichen ihre Jachten nicht mehr nur mit Hubschrauber-Landeplätzen, sondern auch mit Raketen-Abwehrsystemen ausgestattet haben wollen, dann benötigt man für den Bau hohe Ingenieurskunst. Trotzdem: Globalkapitalisten geht es nicht um Arbeitnehmer, sondern um kurzfristig erreichbare finanzielle Interessen, und sie fallen über die Unternehmen her wie die „Heuschrecken“. Vor allem viele Arbeitnehmer und auch nicht wenige Arbeitgeber sind in diesem Globalspiel die Verlierer. Das Wirtschaftsergebnis wird mit immer weniger Arbeitskräften erreicht bzw. - umgekehrt - das BIP pro Arbeitskraft steigt laufend. Viele Unternehmer werden vernichtet bzw. - umgekehrt - wenige Globalkapitalisten werden in immer mehr beschleunigtem Maße reicher. Einige dieser Milliardäre haben bereits so viel Reichtum angesammelt, daß sie mehrere Armeen besitzen können.

„Die Reichen sind gegenwärtig noch eine Klasse und keine Spezies, aber könnten es werden, wenn man nicht aufpaßt. Es dürfte gegenwärtig auf der Erde rund zehn Millionen Menschen in der Millionärs- und Multimillionärskategorie geben, dazu schon über tausend Milliardäre. Aus diesen Vermögenseliten bildet sich ein neues abstraktes Übervolk, das dieselben Eigenschaften aufweist, die man vom alten europäischen Adel kannte: Sie denken kosmopolitisch, sie reisen viel, sie leben mehrsprachig, sie sind gut informiert und beschäftigen die besten Berater, sie reden ständig über Beziehungen, Sport, Kunst und Essen. Beim Volksthema Sex bleiben sie diskret. .... Jeremy Rifkin hat vor ein paar Jahren ein Buch (»Access - Das Verschwinden des Eigentums«) vorgelegt, das indirekt die Entstehung des neofeudalen Systems behandelt: Wir ersetzen, so seine These, heute Grundbesitz durch Zugang zu privilegierten Gütern, zu wertvollen Informationen, zu Luxusobjekten, zu elitären Adressen, zu exquisiten Kanälen und machtnahen Korridoren. Zugangskompetenz ist heute das Schlüsselgut, nicht Grundeigentum. Wir beobachten eine rasante Refeudalisierung auf überterritorialem Niveau. Und naturgemäß lebt niemand feudaler als jemand, der innerhalb des neuen Metavolks, des Zehn-Millionen-Volkes der Reichen, von gleich zu gleich kommuniziert.“ (Peter Sloterdijk, Unruhe im Kristallpalast, in: Cicero; Januar 2009, S. 116-118).

Werden aus der Finanzkrise Lehren gezogen? Wenn ja, welche? Welche Möglichkeiten gibt es denn? Ich nenne hier vier:
(1)Die Notenbanken richten ihre Geldpolitik an der Geldmenge aus. Die Bundesbank ist damit immer gut gefahren: Wenn die Geldmenge stieg, erhöhte sie die Zinsen und verhinderte so einen Kassenüberschuß in der Wirtschaft. (Übrigens war es ja auch kein Zufall, daß der frühere Bundebankchef Pöhl genau in dem Moment von seinem Amt zurücktrat, als er erfahren hatte, daß die damals noch zu gründende EZB eine im Vergleich zur Bundesbank nicht mehr verantwortbare extrem schlechte und böse Geldpolitik betreiben würde. Mehr)  Heute sind die einzelnen Wirtschaften bereits viel zu eng miteinander verflochten, um die daraus resultierenden Beschränkungen der Unabhängigkeit einer jeden Zentralbank wieder gefahrlos rückgängig machen zu können. Wenn z.B. die us-amerikanische „Fed“ („Federal Reserve“, Notenbank der USA) auch weiterhin eine laxe Geldpolitik betreibt und trotz ständig steigenden Geldumlaufs ständig die Zinsen senkt (je länger die Niedrigzinspolitik Bestand hat, desto mehr scheut die Notenbak vor der Notwendigkeit zurück, die Kredite endlich zu verteuern, und macht darum weiter wie bisher, alles noch schlimmer - der Fluch des billigen Geldes!), kann z.B. die EZB dann kaum etwas dagegen unternehmen, wenn sie nicht eine massive Verwerfung der Wechselkure in Kauf nehmen will. Die USA werden ihre zutiefst kriminelle Inflationspolitik wohl nicht aufgeben. Ich empfehle dringend das Deutsche System (Mehr) als Lösung!
(2)Die Rückkehr zu festen Wechselkursen, wie sie am 22.07.1944 in Bretton Woods vereinbart wurden. Sie koppelten ihre Währungen an den US-Dollar, der wiederum in Gold eingetauscht werden konnte. Das System scheiterte Ende der 1960er Jahre, als die USA den Goldstandard immer weiter aushöhlten und schließlich - am 15. August 1971 („Nixon-Schock“) - aufgaben, um ihren Vietnam-Krieg weiter zu finanzieren. Aber auch feste Wechselkurse lösen die Probleme nicht, sondern verlagern sie lediglich auf eine Zentralbank - die der Leitwährung -, und wenn deren Geldpolitik zu lax ist, importieren die angekoppelten Staaten die Inflation unweigerlich ins eigene Land. Thorsten Polleit kam angesichts dieser Probleme zu dem Schluß, daß mit der heutigen Finanzkrise das staatliche Papiergeldsystem gescheitert sei. Er forderte deshalb - wie auch Jörg Guido Hülsmann und Joseph Salerno - eine Rückkehr zum Goldstandard. In einem solchen System, so Polleit, könne der Staat „den Preis des Geldes nicht mehr beliebig nach unten manipulieren“. Eine kalte Enteignung der Bürger über die Ausweitung der Geldmenge und die damit verbundene Inflatiuon seien ausgeschlossen. Problematisch ist die Wiedereinführung des Goldstandards aber dennoch; denn um die derzeitige Geldmenge mit Gold zu decken, müßte sich der Preis des Edelmetalls auf einen Schlag - und quasi per staatlichem Dekret - vervierzigfachen.
(3)Der Inflationsbegriff wird neu definiert und umfaßt dann auch Vermögenswerte, z.B. von Aktien und Immobilien. Dann würden auch die Zinsen steigen, wenn sich „Blasen“ bilden, und die Spekulation würde gebremst. Doch der Preis dafür wäre sehr hoch, denn wer mit höheren Zinsen z.B. die Immobilienpreise um 15 Prozent drücken will, muß damit rechnen, auch das Wachstum um 5 Prozentpunkte zu drosseln.
(4)Status quo. Aber ein Fortführen der Politik des billigen Geldes wird irgendwann unweigerlich zu einem Kollaps des Goldsystems führen.
Vielleicht ist das ja die eigentliche Schwäche des Kapitalismus: daß er sich in Normalbetrieb selbst nicht grundlegend reformieren kann und folglich ein- bis zweimal pro Jahrhundert in einer Weltwirtschaftskrise endet. Jedes andere System müßte daran gemessen werden, wie lang die Abstände zwischen seinen Katastrophen sind.

Für die heutige globale Finanzkrise gibt es nur einen Ausweg (auch und gerade dann, wenn er mit viel Neid als „Sonderweg“ bezeichnet wird): das Deutsche System - ob man es nun die Deutsche Marktwirtschaft, die Ökologische Marktwirtschaft, die Soziale Marktwirtschaft, die Ökosoziale Marktwirtschaft, den Deutschen Kapitalismus, den Deutschen Sozialismus, den Rheinischen Kapitalismus, den Rheinischen Sozialismus, den Preußischen Kapitalismus, den Preußischen Sozialismus, die Deutschland AG oder sonstwie nennt -, gemeint ist hier die Deutsche Wirtschaftsform, Teil der Deutschen Gesellschaftsform, die auch Deutsche Kulturnation oder Deutsche Technik- und Wissenschaftsnation (Land der Dichter und Denker) genannt wird, die erfolgreichste der Welt. Mehr

- Kapitalismus (Klassik), Marktwirtschaft (Neoklassik), Geldwirtschaft (Monetärkeynesianismus), Eigentumswirtschaft -

Der Beginn der abendländischen Moderne ist auch der Beginn der abendländischenWirtschaftsmoderne“, deren Kennzeichen ein abendländischer Kapitalismus bzw. eine abendländische Marktwirtschaft ist: freier Wettbewerb (freie Konkurrenz u.s.w.), durch Bindungslosigkeit und ein Mindestmaß an staatlichen Eingriffen. Wirtschaftliches Ziel der Marktwirtschaft ist, durch ein möglichst hohes Maß an freier Preisbildung diejenige Ordnung der Wirtschaft und damit auch der Gesellschaft (Sozialordnung) zu schaffen, die gewährleistet, was Jeremy Bentham (1748-1832) „das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl“ nannte. Adam Smith (1723-1790) und die „Klassische Schule“ vertraten den Glauben, daß das in der Marktwirtschaft verwirklichte „freie Spiel“ der Wirtschaftskräfte die beste Vorbedingung für die Wirtschafts- und Sozialordnung sei, daß sich im freien Verkehr (Wirtschaft als Mechanismus mit Selbststeurung) die Harmonie der Interessen von selbst herstelle. Aus den Erfahrungen des späten 18. und vor allem des 19. Jahrhunderts hatte man jedoch einiges gelernt, denn freie Konkurrenz und Gewinnstreben sind tatsächlich einander entgegenwirkende Kräfte und Kosten- und Marktprinzip bewirken tatsächlich nicht immer den nötigen Ausgleich, wofür z.B. ruinöse Konkurrenz, unlauterer Wettbewerb und Kartellbildung der beste Beleg sind. Das klassische Idealmodell einer „freien Marktwirtschaft“ existierte (in diesem idealtypischen Sinne jedenfalls) ebenso wenig wie das gegensätzliche Modell einer Planwirtschaft. Die Funktionsmechanismen einer freien Marktwirtschaft führen selbst zur Beseitigung ihrer Grundlagen, z.B. durch eben jenes Entstehen wirtschaftlicher Machtgruppen, die die Wettbewerbsordnung zumindest partiell in ihrer Wirkungsweise zu beeinträchtigen imstande sind. Dies war zugleich einer der ausschlaggebenden Hintergründe für das von der um 1930 entstandenen neoliberalen „Freiburger Schule“ (Eucken, Böhm, Grossmann-Doerth u.a.) und anderen Nationalökonomen des Ordoliberalismus entwickelte Modell einer Sozialen Marktwirtschaft, das später auch dem Wiederaufbau in der Bundesrepublik Deutschland als Ordnungsprinzip zugrunde lag. In diesem Modell, das in leicht abgewandelter Form in Deutschland immer noch gilt, kommt dem Staat die Aufgabe zu, sozial unerwünschte Ergebnisse der Marktwirtschaft zu korrigieren. Besonders hat der Staat den freien Wettbewerb gegen seine Gefährdung, z.B. durch die eben erwähnten Kartelle, zu sichern, die Einkommens- und Vermögensverteilung im Interesse der nicht am Wirtschaftsprozeß beteiligten Gruppen zu korrigieren, die Möglichkeiten der Privatinitiative übersteigende Aufgaben zu übernehmen (z.B. Strukturpolitik, Bildungspolitik u.a.) sowie Konjunkturschwankungen durch seine Konjunkturpolitik zu dämpfen. (Vgl. Konjunktur). Von Kritikern dieser Sozialen Marktwirtschaft wird - unter Hinweis auf ökonomische Ineffizienz, wie sie sich z.B. in Arbeitslosigkeit äußert - ein weitergehendes Eingreifen des Staates in das Wirtschaftsgeschehen für erforderlich gehalten. Nicht wenige Kritiker dieser Sozialen Marktwirtschaft wollen deren Probleme allerdings auch wieder über den umgekehrten Weg lösen. Jedenfalls steigt seit dem Ende des 20. Jahrhunderts die Anzahl derer, für die „Markt pur“ zu einem poltischen Schreckenswort oder sogar zu einem moralischen Verdikt geworden ist, denn für sie gilt Marktwirtschaft als „soziale Kälte“ und erscheint politisch allenfalls als Soziale Marktwirtschaft zumutbar. Soziale Marktwirtschaft stellen sie sich als eine Art Verschnitt zwischen Wettbewerbswirtschaft und sozialistischen Wohlfahrtsstaat vor. So aber hat es Ludwig Erhard (1897-1977) nicht gemeint. „Ich meine“, schrieb er an Friedrich Hayek, „daß der Markt an sich sozial ist, nicht daß er sozial gemacht werden muß. ... Je freier die Wirtschaft, desto sozialer ist sie auch“, und nur der Markt könne Wohlstand „gerechtverteilen“ (Erhard). Daß der Markt tatsächlich gerecht ist und sozial funktioniert, wenn der Staat aufpaßt, damit der Markt nicht Gruppen anheimfällt, die seine Dynamik blockieren wollen - diesen einfachen Sachverhalt verstehen die Kritiker der Marktwirtschaft nicht. Hilfe für Notleidende, die sich selbst nicht helfen können, wird nicht von der Marktwirtschaft, aber von der Politik bestimmter Staaten ausgeschlossen. Wo es an Gerechtigkeit und „Sozialverträglichkeit“ mangelt, da mangelt es auch an Markt, aber nicht an Staat. Denn der Staat, der sich überall immer mehr einmischt, nennt sich meistens „Sozialstaat“, ist in Wirklichkeit ein „Vormundschaftsstaat“, also eine Diktatur (!), und zerstört dadurch die Freiheit der Menschen, die Gerechtigkeit und „Sozialverträglichkeit“, den Markt, die Gemeinschaft, besonders die Familie und damit die Nachkommen, zuletzt - wenn man ihn läßt - sich selbst. Sehr alt wird nur der „schlanke“ Staat. Und weil uns noch 90-99% der vor kurzem erst angebrochenen Phase des Globalismus bevorstehen, wird sich das erwähnte leicht abgewandelte Modell der Sozialen Marktwirtschaft noch mehr abwandeln, und zwar immer mehr zu einer „angloamerikanischen“ Form. Was das bedeutet, dürfte klar sein. Auch an der seit Ende des 20. Jahrhunderts betriebenen „Reform-Politik“ in Deutschland ist dieser Trend ja schon leicht erkennbar. Daran wird wohl auch eine Ökologische Marktwirtschaft, die wie die Soziale Marktwirtschaft ihre Wurzeln in Deutschland hat, nicht viel ändern, weil auch sie von den Herrschenden aus Wirtschaft und Politik zu stark mißbraucht wird.

Hajo Riese (*1933), der Begründer der monetärkeynesianischen Berliner Schule, charakterisiert „die gleiche Ökonomie, die in der Klassik »Kapitalismus« und in der Neoklassik »Marktwirtschaft« heißt, in bewußter Verwerfung dieser beiden Bezeichnungen als »Geldwirtschaft«. Wichtig für Riese ist nun, daß die jeweiligen Werttheorien unterschiedliche Normen abbilden, weil sie unterschiedlichen Prinzipien folgen, denen wiederum verschiedene Interpretationen des Phänomens »Wirtschaften«, von Ökonomie und ihrer Kohärenz also, zugrunde liegen. Die klassische Ökonomie folgt dem Prinzip der Reproduktion; daraus folgt für sie die Norm der Kostendeckung bzw. der Akkumulation für den Fall der erweiterten Reproduktion. Die neoklassische Ökonomie folgt dem Prinzip der Bedürfnisbefriedigung; aus ihm ergibt sich die Norm der Effizienz, der optimalen Allokation. Die monetärkeynesianische Ökonomie schließlich pocht auf das Prinzip der Vermögenssicherung; daraus resultiert die Norm des Knapphaltens von Geld. Nach Riese liefert dabei die neoklassische die Verallgemeinerung der klassischen und die monetärkeynesianische die Verallgemeinerung der neoklassischen Theorie - und zwar in dem Sinne, daß die jeweils allgemeinere Theorie die Schwächen der spezielleren aufhebe. Die Schwächen der klassischen Werttheorie, nach der Preise über Kosten erklärt werden, liegen nach Riese darin, daß sie als Ökonomie der Reproduktion nicht zeigen kann, wie und auf Grund welcher Kalküle der Markt funktioniert, der die einzelnen Wirtschaftssubjekte zu einer sich reproduzierenden Gesamtwirtschaft zusammenschweißt. Dabei unterläuft ihr die bekannte - vor allem von Marx thematisierte Dichotomie zwischen Tauschwert und Gebrauchswert, das sogenannte Wertparadoxon. Es besagt, daß Güter von hohem Gebrauchswert einen niedrigen Tauschwert und Güter von niedrigem Gebrauchswert einen hohen Tauschwert haben können. Die neoklassische Werttheorie, die Preise über Grenznutzenverhältnisse auf Märkten erklärt, löst dieses Paradox, indem sie über das Zweite Gossensche Gesetz die Maximierung des Gesamtnutzens auf dem Wege des Grenznutzenausgleichs postuliert. Damit vermag sie den Wert nicht beliebig reproduzierbarer, das heißt knapper Güter zu erklären. Dadurch kann die Neoklassik zugleich das wenig überzeugende Postulat der Unterauslastung nicht-reproduzierbarer Ressourcen, also von Arbeit und Boden, aufheben, das in der klassischen Werttheorie für die Bestimmung der Preise durch die Kosten unverzichtbar ist. Die neoklassische Lösung für das werttheoretische Problem der Klassik, die sie dazu geführt hat, die Preisbildung nicht einseitig über Kosten, sondern auf Märkten zu erklären, enthält allerdings die Schwäche, daß sie nur für das individuelle Verhalten von Wirtschaftssubjekten auf Einzelmärkten funktioniert. .... Die Neoklassik zeigt ... lediglich die formale Möglichkeit eines allgemeinen Marktgleichgewichts, keinesfalls jedoch, welche Kräfte die Marktwirtschaft zusammenbinden. Die Lösung dieses Kohärenzproblems beansprucht nach Riese die monetärkeynesianische Werttheorie, indem sie Geld an den Anfang ihrer Überlegungen stellt. Dieses Geld wird als Medium aufgefaßt, das nicht nur rechtlich, sondern auch ökonomisch als allgemeingültiger Ausweis der Erfüllung von Kontrakten dient. .... Die Schwierigkeit des Monetärkeynesianismus besteht darin daß er ein Zinsangebot dezisionistisch einführt, um mit ihm bis dato außerökonomisch umlaufendes Geld in profanes ökonomisches zu verwandeln bzw. es knapp zu halten. Der wirkliche Grund für die in der Eigentumswirtschaft unabdingbare Knappheit von Geld - das zu blockierende Eigentum - bleibt dabei unerhellt.“ (Gunnar Heinsohn / Otto Steiger, Eigentum, Zins und Geld, 1996, S. 326-329 Heinsohn/Steiger). Besitz vs. Eigentum Geld und Zins

„Nur in Eigentumsgesellschaften muß der in Geld verschuldete Produzent für seine monetär ausgepreisten Güter Kaufkontrakte einwerben. Es ist diese Operation, die den Markt konstituiert. Damit sind nur die von der Schuldsumme her ihren Geldpreis erhaltenden Güter Waren. Wettbewerb muß nun dadurch entstehen, daß verschuldete Produzenten mit ihresgleichen um Kaufkontrakte werben, aus deren Gelderlös sie die Kreditkontrakte zu erfüllen haben. Je sicherer ihre Aussicht auf Kaufkontrakte ausfällt, desto besser können sie ihr Eigentumsposition halten oder ausbauen. Je weniger Geld die Käufer im Kaufkontrakt abtreten, desto größer wird die Aussicht des Verkäufers, seinen Warenpreis erzielen, also seinen Gläubiger bedienen zu können. Konkurrenz ist mithin an verschuldete Produzenten gebunden und nicht an gütertauschende Produzenten oder Konsumenten. Sie muß also fehlen, wo Güter - wie in Stamm und Feudalismus (Heinsohn/Steiger) - aus anderen Gründen als Verschuldung produziert werden, also keine Waren sind. Da die zu erzielende Geldpreissumme mindestens der Geldschuldsumme entsprechen muß, können Preise keine relativen Preise als Gütertauschraten sein. Solche Preise machen nur in der fiktiven Gütertauschgesellschaft Sinn, von der Klassik und Neoklassik sowie - mit Einschränkung - auch der Monetärkeynesianismus handeln. In der Eigentumswirtschaft gibt es nur absolute, also als Geldsumme ausgedrückte Preise - Geldpreise.“ (Gunnar Heinsohn / Otto Steiger, Eigentum, Zins und Geld, 1996, S. 343 Heinsohn/Steiger).

„Die Basis des Wirtschaftens liegt ... weder im Kapital noch im Markt, sondern im Eigentum.“ (Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht, 2003, S. 88 Heinsohn). Laut Heinsohn haben alle Wirtschaftswissenschaftler - außer Steiger und Heinsohn - und alle Wirtschaftsnobelpreisträger nichts verstanden. „Sie schauen alle auf den Markt und glauben, am Markt sei etwas schief gegangen. Man kann den Markt nicht am Markt heilen. Denn der ist etwas Nachgeordnetes. Ich kann auf einem Markt nur etwas für 100 Euro anbieten, wenn vorher diese 100 Euro geschaffen worden sind in einem Kreditkontrakt, in dem ein Eigentümer Eigentum besichert, um Geld zu schaffen, weil ein anderer Eigentümer Eigentum verpfändet, um den Kredit zu besichern, über den er das Geld bekommt. .... Und wenn wir den Finanzsektor, von dem der Markt ein »Kind« ist - der Kaufkontrakt ist ein »Kind« des Kreditkontrakts -, wenn wir den Kreditkontrakt nicht verstehen, dann können wir nicht den Markt verstehen. .... Das größte systemische Risiko ist bis jetzt, daß das System nicht verstanden wird.“ (Gunnar Heinsohn, in: Das Philosophische Quartett, 25.10.2009 Das Philosophische Quartett). Besonders die Megakrisen wie die Weltwirtschaftskrisen von 1857 (Beginn: 04.01.1857 1. Weltwirtschaftskrise), 1929 (Beginn: 24.10.1929 2. Weltwirtschaftskrise) und 2008 (Beginn: 15.09.2008 3. Weltfinanzkrise) zeigen doch deutlich, daß bisher alle ökonomischen „Experten“ wie Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsnobelpreisträger nichts von der Wirtschaft verstanden haben. „Die Krisen von 1929 und von 2008 sind beide noch nicht verstanden. Bei der Bekämpfung werden aber unterschiedliche Fehler gemacht. Und die aktuell gemachten Fehler, also den Zins jetzt fast aller wichtigen Zentralbanken auf Null zu setzen, sind heftigere Fehler als die von 1929 bis 1933. .... Die achtzig Nobelpreise für Ökonomie sind auf eine Lehre gefallen, die das Wirtschaften nicht versteht.“ (Ebd.). Die globale Finanzkrise 2008 hat offenbar Steiger und Heinsohn nachträglich Recht gegeben. So sieht es auch Peter Sloterdijk: „Ein Gutes hat die Krise ja: sie führt zu einem rapiden Vertrauensverlust in die Standardtheorien der Volkswirtschaft, wir wie sie seit 200 Jahren gekannt haben. Ich habe noch nie so viele offene Bankrotterklärungen für kursierende Theorien gelesen wie während des letzten Jahres. Ich muß zugeben: ich habe die immer mit Genugtuung gelesen, weil ich zweifellso nicht der einzige Konsument dieser Theorien bin, der seit langem von dem Gefühl begleitet worden ist, daß ... - in diesen 200 Jahren, die wir Volkswirtschaftstheorien betreiben - ... wir überhaupt noch nicht zur Sache gekommen sind. Weswegen ich ja auch immer wieder auf dieses Buch (Eigentum, Zins und Geld, 1996 Heinsohn/Steiger) von Otto Steiger und Gunnar Heinsohn hinweise, wo ich das Gefühl habe: da kippt die Theorieszene in eine schlüssige Figur um, die offenbar das Zeug dazu hat, ein stabiles Modell zu liefern, an dem man sich in Zukunft orientieren kann.“ (Ebd.). Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr

Bonität* (2008-2009) Wettbewerbsfähigkeit (2008)
Rang
(2009)
StaatRangveränderung von 09/2008 bis 03/2009Index
März 2009
Veränderung
gegenüber
September 2008
RangStaatIndex
September 2008März 2009
1Schweiz1194,0–2,41USA5,67
2Norwegen3293,8–2,12Schweiz5,62
3Luxemburg2393,7–2,63Dänemark5,55
4Deutschland4492,6–2,24Schweden5,54
5Niederlande5592,5–2,55Deutschland5,51
6Finnland7692,3 –2,66Finnland5,49
7Dänemark9792,1–2,67Singapur5,45
8Kanada6891,6–3,08Japan5,43
9Frankreich11  991,5–2,69Großbritannien5,41 
10  Schweden810  91,3–3,510  Niederlande5,40
 * Bonitätsindex: 100 = ohne Risiko. Quelle: Institutional Investor, 2009 Quelle: World Economic Forum, 2009

- Zins als Nachteil für mindestens 80% und Vorteil für höchstens 10% der Menschen -

Schulden und Wirtschaft

Der Zins hat einen ganz gravierenden Nachteil, weil er in die Schuldenfalle führt, vor allem dann, wenn die Geldschöpfungsmacht nicht beim Staat, sondern bei den Banken und also Privatpersonen liegt. Weil Geld nicht nur eine Tauschmittel-, sondern auch eine Hort- bzw. eine Spekulationsfunktion hat und letztere durch Zins und Zinseszins zu exponentiellem Schuldenwachstum - auch trotz Wirtschaftswachstum, weil dieses nicht exponentiell, sondern linear verläuft - führt, sind Schuldenfalle, Ausbeutung bis hin zur völligen Versklavung vorprogrammiert. Zu Beginn eines solchen Prozesses ist das Schuldenwachstum zwar geringer als das Wirtschaftswachstum, aber schon bald sind die Schulden so enorm angewachsen, daß jede noch so große, noch so globale, noch so universale Volkswirtschaft ihnen hoffnungslos unterlegen ist. (Vgl. Graphik). Diesem Schrecken ohne Ende ist nur durch ein Ende mit Schrecken, also einer Katastrophe oder einem kastrophenähnlichen Ereignis beizukommen.

Bernd Senf zufolge „ist der Zins eine Art Erpressung. Diejenigen, die Geld übrig haben und es dem Wirtschaftskreislauf entziehen können, erpressen jene, die das Geld dringend benötigen und die auf diese Erpressung wohl oder übel eingehen müssen. .... Zinsen sind bekanntlich völlig legal. Aber sie sind eben auch absurd. Stellen Sie sich mal vor, es würden sich Leute auf eine Straßenkreuzung setzen und den Verkehrsfluß blockieren: Alles käme ins Stocken. Viele sind aber auf den fließenden Verkehr angewiesen und würden die Blockierer fragen: Wieviel Geld möchtet ihr haben, damit wir wieder weiterfahren können? Das würde der Logik unseres Zinssystems entsprechen. Geldbesitzer werden mit Zinsen dafür belohnt, daß sie den Geldfluß nicht blockieren. .... Die Zinslasten wuchern wie ein Tumor im wirtschaftlichen Organismus. .... Um ... zu den Gewinnern des Zinssystems zu gehören, müßte man jährlich Zinserträge erzielen, die ein Drittel der Konsumausgaben pro Jahr übersteigen. Und das trifft in Deutschland gerade mal auf etwa 10 Prozent der Einkommensbezieher zu. Bei weiteren 10 Prozent halten sich Zinserträge und unsichtbare Zinslasten ungefähr die Waage. Aber die restlichen 80 Prozent der Einkommensbezieher zahlen tagtäglich drauf. Auf diese Weise sorgen sie dafür, daß sich die Geldvermögen jener oberen 10 Prozent immer weiter vergrößern. Zugleich ächzen Teile der Wirtschaft, die Privathaushalte und der Staat unter der steigenden Schuldenlast. Das meine ich mit dem Bild eines wachsenden Tumors.“ Bernd Senf

Schon vor Jahren forderte Bernd Senf, innerhalb der Gewaltenteilung die drei Gewalten Exekutive, Legislative, Judikative und die ihnen angeblich bereits angeschlossene vierte Gewalt Medikative mit einer fünften Gewalt, der Monetative, zu ergänzen - es könnte sich dabei aber auch um die sechste Gewalt handeln, denn wahrscheinlich forderte ich die Generative als fünfte Gewalt früher als Bernd Senf die Monetative. Da aber im Abendland die Gewaltenteilung der Gleichschaltung untergeordnet worden ist, bleibt für die (mindestens!) 80% der Menschen wohl nur noch, auf ein Ende mit Schrecken, also eine Katastrophe oder ein kastrophenähnliches Ereignis zu „hoffen“.

- Zwei Seiten des Handelns -
(Politik und Wirtschaft)

Politik und Wirtschaft lassen sich im Leben nicht trennen, weil sie zwei Seiten desselben Lebens darstellen - wie beispielsweise die zwei Seiten einer Münze: „Wappen“ (als Ausdruck der Politik) und „Zahl“ (als Ausdruck der Wirtschaft[lichkeit = Ökonomie]). Aus Sicht eines Kybernetikers oder Nautikers könnte man auch sagen, daß Politik und Wirtschaft sich verhalten wie die „Führung eines Schiffes und die Bestimmung der Fracht“ (Oswald Spengler): an Bord ist der Kapitän die erste Person, nicht der Kaufherr, dem die Ladung gehört. Aber in modernen Zeiten - und ganz speziell seit der Phase des Globalismus - scheint der Eindruck vorzuherrschen, die Wirtschaft sei mächtiger als die Politik, ja sogar mächtiger als die gesamte Kultur - als ob die Erde um den Mond und nicht der Mond um die Erde kreise! (Erde und Mond). „Wir haben eine Hinwendung zu einer Form der Wirtschaftsbeherrschung, der Beherrschung der Politik durch die Wirtschaft, die meiner Ansicht nach erschreckend ist“, sagte Peter Scholl-Latour im März 2004 gegenüber dem TV-Sender Phoenix und erläuterte: „Die Wirtschaftsmanager - ich meine natürlich nicht alle - sind Leute, die ihre Riesensummen kassieren, ihr Unternehmen durch Riesenfusionen kaputtmachen, ihre Riesensummen kassieren und dann ihre Angestellten in die Arbeitslosigkeit entlassen. Das ist wirklich ein Skandal! - .... - Der Shareholder ist wichtiger als der Bürger.“ Das hatte Spengler uns schon 1917 prophezeit! Außerdem gab es ja schon vorher Anzeichen für eine solche Entwicklung. „Wenn heute der Eindruck vorherrscht, daß die Wirtschaftsführung das mächtigere Element ist, so liegt das daran, daß die politische Führung der parteimäßigen Anarchie verfallen ist und die Bezeichnung einer wirklichen Führung kaum noch verdient. In der Geschichte, solange sie »in Form« verläuft und nicht tumultuarisch und revolutionär, ist der Wirtschaftsführer nie Herr der Entscheidungen gewesen. Er fügte sich den politischen Erwägungen ein, er diente ihnen mit den Mitteln, die er in Händen hatte. Ohne eine starke Politik hat es niemals und nirgends eine gesunde Wirtschaft gegeben, obwohl die materialistische Theorie das Gegenteil lehrt. Adam Smith (1723-1790), ihr Begründer, hatte das wirtschaftliche Leben als das eigentliche menschliche Leben behandelt, das Geldmachen als den Sinn der Geschichte, und er pflegte die Staatsmänner als schädliche Tiere zu bezeichnen.“ Spengler

- Haushalt -

Haushalt ist die einer Lebensgemeinschaft dienende „häusliche“ Wirtschaft. „Häusliche“, also „innere“ Wirtschaftsgemeinschaft, z.B. der Familie, des Paares, des Singles (wirklich auch des Singles?) - Beispiele der kleineren Gemeinschaftssysteme -, aber auch z.B. der Gemeinde, des Volkes, der Nation, der Kultur, der Menschheit (wirklich auch der Menschheit?) - als Beispiele der größeren Gemeinschaftssysteme. Wirtschaftlich handelt es sich um ein System der Einnahmen und Ausgaben bzw. der betreffenden wirtschaftlichen Entscheidungen. Die Kategorie Haushalt bedeutet in jedem Fall, daß wirtschaftliche Entscheidungen über die Beschaffung (Einkommen) und Verwendung (Konsum) von Mitteln nicht „individuell“, sondern im Zusammenhang mit und in teilweiser oder völliger Abhängigkeit von der Bedarfslage und den gemeinsamen Vorstellungen und Zielen der Mitglieder des betreffenden Gebildes erfolgen. Wie schon erwähnt: Ökonomie und Ökologie haben ihre Wurzeln im Haushalt (oíkos = Haus; nomíã = Hüter, Verwalter; nomoV = Gesetz, Regel, Recht; logos = Rede, Vernunft), und Ökonomie ist Wirtschaftlichkeit (Wirtschaftlichkeit). Im Zuge der Entwicklung zu moderner Industriegesellschaft (Moderne) und Marktwirtschaft (Marktwirtschaft) haben die autonomen, marktunabhängigen, agrarisch fundierten Haushalte der in einer sozialen Einheit sowohl produzierenden als auch konsumierenden Familien an Bedeutung verloren. Haushalt ist seitdem immer „privater“ geworden, genauer gesagt: die Haushaltsabhängigkeit der privaten Wirtschaftsmenschen hat sich seitdem auf gemeinsame Probleme von Wohnen und Konsum reduziert. Doch es gibt ja auch jene Futurologen, die für die Zukunft einen positiven Trend prophezeien: „Kaum etwas wird unsere Wirtschafts- und Sozialordnung in den kommenden Jahren tiefgreifender verändern als die sich wandelnde Rolle der Familie und des Privathaushaltes. .... Der Privathaushalt - und sein Kern, die Familie - wird in wachsendem Umfang Arbeitgeberfunktionen übernehmen. Schon heute ist er der wichtigste Arbeitgeber in der Schattenwirtschaft. Wenn es gelingt, das Arbeits- und Sozialverhältnis zu trennen, wird er als Arbeitgeber aus dem Schatten in die Legalität treten können. .... Vor allem im Dienstleistungsbereich und im Bereich von »Wissensarbeit« werden sich um Privathaushalte Satelliten arbeitsteilig organisierter Produktion bilden. Sie werden kaum etwas mit der Heimarbeit der Anfänge der Industrialisierung oder der heutigen Heimarbeit zu tun haben. .... Wir haben in Deutschland gegenwärtig die höchste Zahl von Ein- und Zweipersonenhaushalten unserer Geschichte. Im Zuge der Individualisierung unserer Gesellschaft hat sich die Bevölkerung förmlich atomisiert. Man ist auseinandergerückt und hat auf diese Weise seine Selbständigkeit begründet. Dies gilt für Singles, die Jugend wie die Alten. .... Nirgends sind die Fixkosten einer angemessenen Lebensführung höher als im Einpersonenhaushalt. Vieles spricht deshalb dafür, daß nach einer gewissen Erschöpfung des Triebes zur Selbständigkeit und Vereinzelung die Haushaltsgrößen wieder zunehmen werden. .... Allerdings lassen sich die heutigen Erfahrungen nicht einfach auf künftige Entwicklungen übertragen. Denn unsere gegenwärtiges Sozialsystem hat die Familie weitgehend ihrer wirtschaftlichen und sozialen Funktionen beraubt. Gelingt es uns, die soziale Ordnung zu erneuern, indem wir mehr Freiheit wagen - und damit mehr Gestaltungsmöglichkeiten -, wird auch der Privathaushalt gewinnen. Wir befreien die Familie aus der sozialpolitischen Vormundschaft, in die sie unser Sozialsystem zunehmend einbezogen hat. .... Die Familie wird zudem die unmittelbare Gegenüberstellung von Individuuum und staatlichem Gewaltmonopol durch ihre Funktion als kleiner Lebenskreis mildern und mediatisieren. Denn das Gesetz ihrer Zuständigkeit ist die Subsidiarität. In einer Gedenkrede auf den Sozialphilosophen Oswald Nell-Breuning hat sich Helmut Schmidt vor einiger Zeit wieder zu diesem Gesetz bekannt, Peer Steinbrück hat es ihm kürzlich gleichgetan. Das ermutigt. Subsidiarität verbietet es dem Staat, und damit auch dem Sozialstaat, ohne zwingenden Grund in die gelebte Ordnung der Familie einzugreifen. Die Regelung der Frage zum Beispiel, ob die Frau oder der Mann die Möglichkeiten des Elterngeldes in Anspruch nehmen und in welchem Verhältnis, ist kein zwingender Grund. Sie gleichwohl staatlich vorzugeben und von der Berücksichtigung der Vorgabe die Bezahlung des Eltrengeldes abhängig zu machen ist deshalb unzulässg. Der Gesetzgeber würde damit nicht nur das Subsidiaritätsprinzip verletzen. Er würde der Familie den besonderen Schutz verweigern, zu dem die Verfassung ihn verpflichtet. Denn der Schutzauftrag des Artikels 6 GG ist keine sozialpolitische Ermächtigung zur Vormundschaft, sondern der Auftrag, die Familie vor ebendieser Vormundschaft zu schützen und ihr so den Raum zu sichern, in dem sie Freiheit wagen kann. ... Familie und Haushalt sind der letzte unverletzbare Schutzraum, in dem der Mensch seiner Funktionalität in den Teilrationalitäten des Marktes, der Arbeit und der sozialen Systeme entkommen und zu einer Identität ... finden kann - wenn er es will. .... Gelebte Familie und kleine Lebenskreise sind Gegenkräfte gegen die Entgrenzung. Sie sind Schutzräume ohne staatliche oder gesellschaftliche Vormundschaft. Denn ihre Mitglieder unterstützen sich gegenseitig bei ihren Bemühungen um Begrenzung. Sie wirken als eine Art, mit deren stützender Rolle wir in vielen gesellschaftlichen Zusammenhängen gute Erfahrungen sammeln. Sie sind, schon aus Gründen ihres privatrechtlichen Charakters, gehalten, auf Dauer mit den Mitteln auszukommen, die ihnen zur Verfügung stehen. Das bringt den Privathaushalt in Gegensatz zum Staatshaushalt .... Ohne den Schutz der Familie und der kleinen Lebenskreise ist es für den Einzelnen weit schwieriger, sich der Konsumverführungen und derjenigen des vormundschaftlichen Staates zu erwehren. Er muß die unterstützende Wirkung der Familie und der kleinen Lebenskreise gewissermaßen durch eigene Anstrengungen ersetzen. Es ist deshalb nicht überraschend, daß die Teilrationalitäten des Marktes, der Arbeit und der Sozialsysteme die Schwächen der Familien nutzen, die Folge ihrer Funktionalisierung sind. .... Die Funktionalisierung schwächt die Familie und mit ihr den Privathaushalt und die kleinen Lebenskreise. Sie erschwert es ihnen, ihre Aufgabe als Ort der Identität des Menschen, als Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zu erfüllen und Schutz vor den Gefahren organiserter Anonymität und unmittelbarer staatlicher Macht zu gewähren. Das wiederum ruft die Vormünder auf den Plan. Eilfertig bieten sie ihre Hilfe an und bemächtigen sich auf diese Weise des noch verbliebenen Widerstands gegen soziale Vormundschaft. Die Begrifflichkeit, mit der wir diese Sachverhalte beschreiben, ist aufschlußreich. Die Arbeit der Hausfrau und Mutter ist keine Arbeit im Sinne der Teilrationalität der Arbeitsverfassung. Denn sie ist unentgeltlich. Ihren Wert kann man nicht messen. Die Mutter »unterbricht« ihr Erwerbsarbeit für die Geburt ihres Kindes, um nach vorgeschriebener Zeit ihre eigentliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Entscheiden sich Frau oder Mann für die Führung der Hauswirtschaft, weichen sie vom üblichen Ablauf der Dinge ab. Sie bilden, jedenfalls gemäß politischer Vorgaben wie der Lissabon-Strategie (2000; HB), eine Ausnahme. Für starke Persönlichkeiten ist dies kein Problem. Aber selbst sie empfinden einen Begründungszwang für ihr Verhalten. In den kommenden Jahren wird sich dies ändern. Der Mann oder die Frau, die die neue Art der Familie, der Hauswirtschaft oder der kleinen Lebenskreise führen und gestalten, werden keinen Brgründungszwang für ihr Verhalten mehr empfinden. Im Gegenteil: Familie und Privathaushalt werden eine gesellschaftliche Aufgabe übernehmen, die von immer mehr Menschen als unverzichtbar empfunden wird. Sie werden sie als eine in ihrer Stärke und Bedeutung ständig zunehmende Alternative zur bürokratischen Anonymität staatlicher oder staatlich organisierter und sanktionierter Vormundschaft erleben. Wir werden lernen - der Not gehorchend, wenn nicht der eigenen Einsicht -, daß wir die Entgrenzungskrise ohne die Hilfe der begrenzenden Kraft der Familie und der kleinen Lebenskreise nicht überwinden werden.“ (Kurt Biedenkopf, Prinzipien eines neuen Grundkonsenses, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 201-210). - Da der private Haushalt als Wirtschaftseinheit betrachtet werden muß, müssen seine Entscheidungen auch als ökonomisch rational angesehen werden, und dazu gehören auch die Entscheidungen über Zahl, Abstand und Ausbildung der Kinder. Personen organisieren ihren Lebenslauf mit anderen Personen gemeinsam im Rahmen gesellschaftlicher Vorgaben. - Da, wo im folgenden Text vom Staatshaushalt die Rede ist, sollte auch Platz sein für die Erinnerung an den hier beschriebenen Haushalt.

- Bruttoinlandsprodukt (BIP), Bruttosozialprodukt (BSP), Bruttonationaleinkommen (BNE) -

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein Wachstumsindikator für die volkswirtschaftliche Gesamtleistung eines Staates und umfaßt die Summe aller von In- und Ausländern innerhalb einer Volkwirtschaft für den Endverbrauch produzierten Güter und erbrachten Dienstleistungen - nicht enthalten sind die Abzüge für die Wertminderung von Sachkapital oder die Erschöpfung und Verminderung von Ressourcen. Das Bruttosozialprodukt (BSP) bzw. das Bruttonationaleinkommen (BNE) ist die jährliche von den Bürgern eines Staates erbrachte volkswirtschafliche Gesamtleistung und setzt sich zusammen aus dem BIP sowie den von Inländern im Ausland aus Arbeit und Kapital erwirtschafteten Einkommen, abzüglich der von Ausländern im Inland bezogenen Einkommen - Leistungen und Güter, die in der Privathaushalten oder durch Schattenwirtschaft oder Subsistenzwirtschaft erbracht werden, bleiben unberücksichtigt. Besonders aussagekräftig dabei: „Pro Kopf“: (BIP pro Kopf bzw. BSP pro Kopf bzw. BNE pro Kopf).

Bruttoinlandsprodukt (BIP)
– an das Ausland gezahlte Einkommen
+ aus dem Ausland empfangene Einkommen
= Bruttonationaleinkommen (BNE) bzw. Bruttosozialprodukt (BSP)
Die 10 größten Volkswirtschaften gemäß BIP 2008
Rang
BIP-Rangliste
StaatBIP in Mio. US-$in %Einwohner in Mio.in %BNE pro Kopf in US-$Mitgliedschaften
Welt54 620 000100,0  6 700      100,0  8 152G7EUG20
EU16 830 100  31,0500     7,433 660
  1USA13 840 000  25,3300    4,546 133janeinja
  2Japan  4 384 000    8,0127     1,934 520janeinja
  3Deutschland  3 667 000    6,783   1,244 180jajaja
  4China  3 251 000    6,0  1 330       19,9  2 444neinneinja
  5Großbritannien  2 474 000    5,161   0,940 557jajaja
  6Frankreich  2 360 000    4,762   0,938 290jajaja
  7Italien  2 105 000    3,959   0,935 678jajaja
  8Spanien  1 611 000    2,945   0,735 800neinjanein
  9Kanada  1 432 000    2,633   0,543 394janeinja
10Brasilien  1 314 000    2,4196     2,9  6 704neinneinja
Zum Vergleich: Die Citigroup kontrollierte 2008 ein Vermögen von 2 200 000 Mio. US-$ - das ist mehr als das italienische BIP (vgl. Rang 7)! **
2008Anteil an globalem BIPAnteil an globaler Bevölkerung

USA25,3%  4,5%
Japan (J)   8,0%  1,9%
Deutschland (D)   6,7%  1,2%
Großbritannien (GB)   5,1%  0,9%
Frankreich (F)   4,7%  0,9%
Italien (I)   3,9%  0,9%
Kanada (K)   2,6%  0,5%

G755,8%10,9%

D, GB, F, I20,4%  3,9%
Restliche EU10,6%  3,5%

EU31,0%  7,4%

China (CHN)  6,0%19,9%
Indien (IN)  2,2%17,0%
Brasilien (BR)  2,4%  2,9%
Rußland (RU)  2,1%  1,9%
Restliche Staaten 20,4%44,0%
BIP-Anteile
Anteile
Bevölkerungsanteile
Globale Verteilung der Einkommen (Stand: 2008).
 Bevölkerung in %Einkommen (BNE) in $in %BNE/Kopf in $Fazit-Bemerkung
1) Hohes Einkommen1 055 797 000     15,842 777 727 000 000     79,640 51715,8% haben 79,6%
2) Mittleres Einkommen 3 160 708 000     47,3  9 424 900 000 000     17,5  2 98247,3% haben 17,5%
2a) obere Kategorie   828 600 000     12,4  4 789 700 000 000       8,9  5 780 
2b) untere Kategorie2 332 108 000     34,9  4 635 200 000 000       8,6  1 987 
3) Niedriges Einkommen2 465 753 000     36,9  1 562 300 000 000       2,9     63436,9% haben 2,9%
WELT6 682 258 00010053 764 927 000 000100  7 439 
Wieviel % des Bruttosozialprodukts landet als Einkommen nach Steuern und Sozialtransfers bei wem? (Stand: 2008).
 FinnlandDeutschland USABrasilien WELT*
Reichste 20% *ca. 35% vom BSPca. 40% vom BSPca. 47% vom BSPca. 65% vom BSPca. 85% vom BSP
Rest (80%)ca. 65% vom BSPca. 60% vom BSPca. 53% vom BSPca. 35% vom BSPca. 15% vom BSP
* Die reichsten 20% der WELT-Bevölkerung sind fast ausnahmslos westliche Menschen. *
Reichste (20%)Rest (80%)
35% BSP (Finnland)65% BSP (Finnland)
40% BSP (Deutschland)60% BSP (Deutschland)
47% BSP (USA)53% BSP (USA)
65% BSP (Brasilien)35% BSP (Brasilien)
85% BSP (WELT)15% BSP (WELT)

Die Entwicklungsländer (offiziell „Transformationsländer und Entwicklungsländer“ genannt) wiesen auch 2007, wie schon in den Jahren zuvor, ein - relativ (!) - stärkeres wirtschaftliches Wachstum auf als die Industrieländer - das heißt, wie gesagt: nur relativ (in %)! Die Unterschiede zwischen den einzelnen Entwicklungsländern selbst waren jedoch auch 2007 wieder sehr ausgeprägt. Einerseits stagnierte in vielen der ärmsten Staaten die wirtschaftliche Entwicklung, oder es verschlechterte sich die Lage teilweise noch weiter, besonders natürlich dort, wo Kriege, Bürgerkriege, innere Unruhen, instabile und korrupte politische Verhältnisse oder eine inkompetente Wirtschaftspolitik keine gedeihliche Entwicklung ermöglichen. Andererseits gab es in allen Kontinenten Staaten, die durch Reformen, stabile Rahmenbedingungen oder engere Einbindung in die Weltwirtschaft eine beachtliche wirtschaftliche Entwicklung erlebten un den Abstand zu den Industrieländern verringern konnten. So betrug 2007 das BIP-Wachstum in China 11,4%, in Indien 9,2%, in Vietnam 8,5% , in Angola 21,1%, in Äquatorialguinea 12,4%, in Äthiopien 11,4%, im Sudan 10,5%, in Liberia 9,4%. Die Konsequenz, die sich aus der Verringerung des Abstandes zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern ergibt, nennt z.B. Franz Josef Radermacher die „Brasilianisierung der Welt“!

Umsatz einiger ausgesuchter Unternehmen und BIP einiger ausgesuchter Länder  (Stand: 2009).
UnternehmenUmsatz in Mrd. US-$StaatBIP in Mrd US-$
  Schweiz494,622
Shell458,361  
EXXON442,851  
  Polen420,284
Wal-Mart405,607  
BP307,053  
  Portugal230,600
VW166,515  
Allianz142,395  
Daimler140,328  
  Pakistan136,315
E.ON127,278  
Siemens123,595  
  Ägypten121,930

- Korruption (Stand: 2007) nach dem sogenannten „Korruptionswahrnehmungsindex“ (CPI) -

Rang Staat (**) CPI-Wert
1 Dänemark 9,1
2 Finnland 9,0
3 Schweden 8,9
4 Neuseeland 8,8
5 Niederlande 8,7
  Norwegen 8,7
7 Schweiz 8,6
8 Singapur 8,5
9 Kanada 8,3
10 Deutschland 8,1
   Luxemburg 8,1
  Großbritannien 8,4
13 Australien 7,9
  Island 7,9
15 Belgien 7,7
  Hongkong 7,5
  Irland 7,5
  Japan 7,5
  Österreich 7,5
  USA 7,5
...   ... ...
23 Frankreich 7,0
... ... ...
32 Israel 6,1
...   ... ...
61 Italien 4,4
... ... ...
76 Brasilien 3,8
  Indien 3,8
... ... ...
83 China 3,7
... ... ...
103 Kosovo 3,3
... ... ...
154  Turkmenistan 1,8
... ... ...
158 Haiti 1,7
... ... ...
167 Nordkorea 0,8
     Somalia 0,8
* CPI-Wert 10 = Keine wahrgenommene Korruption.

Der sogenannte „Korruptionswahrnehmungsindex“ („Corruption Perceptions Index“; CPI) basiert auf 14 unabhängigen Befragungen und Untersuchungen über das von Geschäftsleuten und Länderanalysten wahrgenommene Ausmaß der Korruption. Die Bestechungsaktivitäten von Firmen im Ausland sind dabei nicht berücksichtigt. Laut Definition der Nichtregierungsorganisation (NGO) „Transparency International“ ist Korruption „der heimliche Mißbrauch von öffentlicher oder privatwirtschaftlich eingeräumter Stellung oder Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“ unter Mißachtung von Gesetzen und auf Kosten der Allgemeinheit.
Die Rangliste der 2007 untersuchten 180 (2006: 163; 2005: 159; 2004: 146) Länder wird von den reichen Industriestaaten angeführt, die als am wenigsten korrupt gelten. Wie schon in den Vorjahren dominieren die kleinen und skandinavischen Länder. In einigen Ländern hat sich die Korruption in den vergangenen Jahren signifikant verringert. Dazu gehören auch z.B. diejenigen osteuropäischen Staaten wie Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Tschechien u.ä., in denen durch den Beitritt zur Europäischen Union oder die Aussicht darauf der Kampf gegen die Korruption intensiviert wurde. Außerdem zählen dazu Entwicklungs- und Schwellenländer. Die Rangliste 2007 bestätigt das Muster, daß die ärmsten Entwicklungsländer und Krisenregionen am stärksten von Korruption betroffen sind.
Schlüsselfaktoren zur Bekämpfung der Korruption sind laut „Transparency International“ ein unabhängiges und professionelles Justizsystem und eine gute Kooperation mit der „Zivilgesellschaft“. Für beide Faktoren sind die Staaten in erster Linie selbst verantwortlich. Allerdings könnte in dem Fall, falls es wirklich fruchten sollte, auch die internationale Staatengemeinschaft ihre Entwicklungshilfe dazu einsetzen, um öffentliche Institutionen und vor allem die Unabhängigkeit der Justiz in den jeweiligen Staaten zu stärken. Dann müßten aber ebenso Maßnahmen gegen Geldwäsche und die OECD- Konvention gegen Korruption konsequenter umgesetzt werden - auch von sogenannten „multinationalen Unternehmen“.
Der Korruptionsindex hat vielfach Eingang in die akademische Forschung gefunden. Die negativen Auswirkungen der Korruption versucht sie in etwa so zu belegen: Ausländische Direktinvestitionen sinken, Qualität des Bildungs- und Gesundheitssystems sinkt, Produktivität sinkt, Umweltverschmutzung steigt, Militärausgaben steigen, Schattenwirtschaft und Inflation steigen, Einkommen und Vermögen werden zunehmend ungleicher verteilt, subjektives Glücksempfinden von Privatpersonen sinkt.
Als Ursachen der Korruption können laut akademischer Forschung gelten: hohe Rohstoffvorkommen, Wettbewerbsbeschränkungen, willkürliche und widersprüchliche staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen, fehlende Pressefreiheit, geringe Beteiligung von Frauen, Akzeptanz von Hierarchien und Neigung zu Reziprozität, obwohl letztete eine Bedingung des Menschseins selbst ist.
In der Tabelle (siehe links) sind die 168 erfaßten Länder nicht alle im einzelnen aufgeführt. Die afrikanischen (insbesondere schwarzafrikanischen) Länder befinden sich auf den letzten Rängen, Somalia auf dem letzten Rang - zusammen mit dem ostasiatischen Nordkorea. (Siehe auch: Weltkarte der Korruption).

- Humaner Entwicklungsindex: HDI (Human Development Index) -

HDI wurde 1990 erstmals vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) als Indikator für den Entwicklungsstand eines Staates (bzw. Staatenbundes u.ä.) benutzt und ist ein Konstrukt aus 3 Größen: (1) Lebenserwartung bei Geburt, (2) Alphabetisierungsgrad unter Erwachsenen, (3) Kaufkraft pro Kopf (real). Anders als das BNE berücksichtigt der HDI auch soziale Komponenten bei der Beurteilung der Lebensqualität in einem Land (Staat, Staatenbund u.ä.). Für den Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg ist der Zusammenhang von HDI und Geburtenrate bedeutend, denn je höher der HDI (also: die Lebenserwartung, die Alphabetisierung, die Kaufkraft pro Kopf), desto niedriger die Geburtenrate:
Demographie
„Vergleicht man die Entwicklung der 30 größten Länder mit dem Ziel, Zusammenhänge zwischen den ökonomischen und den demographischen Veränderungen zu erkennen, so stößt man auf einen grundlegenden Tatbestand, den ich als das »Demo-ökonomische Paradoxon« bezeichnet habe: Es scheint auf den ersten Blick paradox, daß die Pro-Kopf-Geburtenzahl in jenen Ländern besonders niedrig ist, in denen das Pro-Kopf-Einkommen ein überdurchschnittlich hohes Niveau erreicht hat. Dabei fungiert das Pro-Kopf-Einkommen als Maßstab für den Entwicklungsstand eines Landes. Ein anderer Maßstab ist die Lebenserwartung. Bei Verwendung der Lebenserwartung ergibt sich der gleiche gegenläufige Zusammenhang: Je höher die Lebenserwartung war bzw. je stärker sie zunahm, desto niedriger war bzw. ist die Kinderzahl pro Frau. Einem Zuwachs der Lebenserwartung z.B. in Asien und Lateinamerika in den letzten drei Jahrzehnten um rd. 10 Jahre entsprach im Mittel eine Abnahme um rd. 2,5 Geburten je Frau. Mißt man den Entwicklungsstand eines Landes nicht nur an der Lebenswerwartung und am Pro-Kopf-Einkommen, sondern auch am Alphabetisierungsgrad der Bevölkerung, indem man die drei Größen zu einem Index zusammenfaßt (= Human Development Index [HDI]), bestätigt sich der Grundzusammenhang: Jedes Land hat auf der Skala des Human Development Index einen Wert zwischen 0 und 1; je höher diese Meßzahl ist, desto niedriger ist tendenziell die Zahl der Lebendgeborenen pro Frau.“ (Herwig Birg, Die demographische Zeitenwende, 2001, S. 24). Tendenziell - das ist zu betonen! In der HDI-Rangliste von z.B. 2004 belegte Norwegen den 1. Rang, Schweden den 2., trotzdem belegen sie bezüglich der Geburtenrate nicht den letzten und vorletzten Platz. Aber tendenziell ist das, was der Demograph Birg behauptet, schon richtig. Die früh (und deswegen am weitesten bzw. höchsten) industrialisierten Länder rangieren bezüglich HDI oben, bezüglich Geburtenrate unten; aber die „Entwicklungsländer“ rangieren bezüglich Geburtenrate oben, bezüglich HDI unten.

- Korrelation von Intelligenz, Wohlstand, Fruchtbarkeit -

Wissenschaftler behaupten eine Korrelation zwischen dem durchschnittlichen Intelligenzquotient (IQ) einer Bevölkerung (z.B. eines Landes), ihrem Wohlstand (BSP als Indikator für Wirtschaftswachstum) und ihrer zusammengefaßten Fertilitätsrate (TFR). Sie errechnteten z.B. auf Basis von Daten aus 81 Ländern „eine Korrelation von 0,82 zwischen dem Pro-Kopf-Einkommen des Landes und dem durchschnittlichen IQ der Bevölkerung und eine Korrelation von 0,64 zwischen dem Wirtschaftswachstum und dem IQ. Sie äußern die Vermutung, der durchschnittliche IQ der Bevölkerung beruhe sowohl auf genetischen als auch Umweltfaktoren. So könne einerseits ein niedriger durchschnittlicher IQ ein niedriges Bruttoszialprodukt bewirken, als auch umgekehrt ein niedriges Bruttoszialprodukt einen niedrigen durchschnittlichen IQ. ....
Das demographisch-ökonomische Paradoxon behauptet einen weltweiten negativen Zusammenhang zwischen der ökonomischen Leistungsfähigkeit eines Landes (seines Pro-Kopf-Einkommens) und der Fertilitätsrate.
Gleichfalls ist in vielen Ländern ein negativer Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Kinderzahl zu beobachten. Das Bildungsniveau einer Person dürfte eng mit ihrem IQ korrelieren.
Aufgrund dieser beiden Relationen läßt sich ein Zusammenhang zwischen dem durchschnittliche IQ der Bevölkerung und dem Pro-Kopf-Einkommen des Landes vermuten. Die folgende Tabelle zeigt ausgewählte Länder mit ihren durchschnittlichen IQs und Fertilitätsraten. Offenkundig besteht auch ein negativer Zusammenhang zwischen IQ und Fertilitätsrate, was ebenfalls nicht überraschend ist.“ (Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!Warum die Angleichung der Geschlechter unsere Gesellschaft restlos ruinieren wird, 2007, S. 64-65). Jedenfalls sollten die „vorgetragenen Ergebnisse ernst genommen werden, denn sie legen nahe, daß eine dauerhaft ausgeführte negative Selektion zu einem Abfall des durchschnittlichen IQs der Bevölkerung führen kann und damit natürlich auch zu erheblichen Wohlstandsverlusten. Es ist nicht auszuschließen, daß dabei langfristig ein Gleichgewichtszustand auf niedrigerem Niveau erreicht wird. Denn mit dem Absinken des IQs und den Qualifikationen der Bevölkerung dürfte deren Fertilitätsrate gemäß demographisch-ökonomischem Paradoxon sukzessive wieder ansteigen.“ (Ebd., S. 65).

Korrelation von Intelligenz und Fertilität (am Beispiel ausgewählter Länder; Stand: 2007)
Stand: 2007Intelligenz-
Quotient
(IQ)
Zusammengefaßte
Fruchtbarkeitsrate
(TFR)
Südkorea1061,27
Japan1051,40
Deutschland103 (108)1,39
Italien1021,28
Niederlande1021,66
Schweden1011,66
China1001,73
Großbritannien1001,66
Spanien  991,28
Australien  981,76
Frankreich  981,84
USA  982,09
Argentinien  962,16
Rußland  961,28
Israel  942,41
Irland  931,86
Stand: 2007Intelligenz-
Quotient
(IQ)
Zusammengefaßte
Fruchtbarkeitsrate
(TFR)
Thailand  911,64
Türkei  901,92
Indonesien  892,40
Brasilien  871,91
Irak  874,18
Mexiko  872,42
Philippinen  863,11
Afghanistan  836,69
Ägypten  832,83
Bangladesh  813,11
Indien  812,73
Pakistan  814,00
Sudan  724,72
Ghana  713,99
Nigeria  675,49
DR Kongo   656,54
Quelle:  Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum! Warum die Angleichung der Geschlechter unsere Gesellschaft restlos ruinieren wird, 2007, S. 66

- Globaler Innovationssindex: GII (Global Innovation Index) -

Der GII wurde erstmals 2008 erstellt. Er analysiert und vergleicht das Innovationsverhalten der Staaten. Ziel des GII ist zum einen, im internationalen Vergleich die relative Position eines Lamdes bezüglich seiner Innovationsstärken aufzudecken, und zum anderen, dem jeweiligen Land seine relativen Stärken und Schwächen aufzuzeigen. Der Status quo eines Staates bemißt sich dabei aus acht Themenfeldern, die sich wiederum in fünf Input- und drei Outputgrößen unterscheiden. Das Ranking führen die USA, Deutschland und Schweden an. Unter den 20 innovativsten Ländern befinden sich auch die vier asiatischen „Tiger“-Staaten Singapur, Korea (Süd), Hongkong und Taiwan.

Globaler Innovationsindex (Stand: 2008/2009)
RangLandIndex
1USA5,28
2Deutschland4,99
3Schweden4,84
4Großbritannien4,82
5Singapur4,81
6Korea (Süd) 4,73
7Schweiz4,73
8Dänemark4,69
9Japan4,65
10Niederlande4,64
RangLandIndex
11Kanada4,63
12Hongkong4,59
13Finnland4,57
14Norwegen4,47
15Österreich4,41
16Taiwan4,41
17Luxemburg4,37
18Belgien4,35
19Frankreich4,35
20Island4,34
Quelle:  INSEAD, 2009; Fischer Weltlamanach 2010, S. 704
Kugel
- Wirtschaftswissenschaft -

Die Wirtschaftswissenschaft als Forschung und Lehre, die sich mit Wesen, Ordnung, Aufbau, Ablauf und Ziel der Wirtschaft beschäftigt, hat traditionell und je nach Untersuchungsgegenstand zwei Hauptgebiete: Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre einschließlich Finanzwissenschaft. Bedeutung haben für die Wirtschaftswissenschaft neben der Mathematik z.B. Rechtswissenschaft, Soziologie, Politologie sowie die Bereiche der Statistik, Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftsgeographie und Arbeitswissenschaft.

Die Ökonomen behaupten, die besseren Psychologen zu sein, weil sie die Psychologie total integrieren.
Die Psychologen behaupten, 50% aller Ökonomie sei Psychologie, weil diese Sichtweise „modern“ ist.
Dies ist ein typisch moderner Wissenschaftskampf um Macht und Besitzstände Bürgerlich-Moderner.
75% aller Psycholgie ist Ökonomie. Auch Macht und Besitzstände geben der Psychlogie kein Objekt.
Seele?  -  Die Psychologie kann keine wissenschaftlichen Aussagen machen, weil ihr ein Objekt fehlt.
„Der Seele Wissen kannst Du nicht ausfinden, auch wenn du jeglichen Weg abschrittest, so tief ist ihr Wesen.“ (Heraklit).
Zur Form der Seele   „Ein »exaktes Wissen« von der ewig geheimnisvollen Seele erhalten zu wollen, ist sinnlos.“ (Oswald Spengler).   Gegenphysik

Besonders interessant ist der Wert der Wirtschaft in Zusammenhang mit der Kultur ganz allgemein und auch im Vergleich zu den je verschiedenen Kulturen. Die Wirtschaftsphilosophie beschäftigt sich mit diesen Gedanken, wozu auch die Beziehungen zwischen den allgemeinen weltanschaulichen (also auch religiösen und philosophischen) Grundgedanken einer Zeit und ihren jeweiligen Wirtschaftstheorien gehören. Die Grundfragen der Wirtschaft werden seit der (abendländischen) Moderne unter („neuen“) Gesichtspunkten als philosophische Probleme der politischen Ökonomie, Soziologie und Politologie behandelt. Wichtig dabei ist die philosophische Anthropologie, die bei allen vermeintlichen Regeln im Wirtschaftsgeschehen stets auf den nie zu Ende erforschbaren Menschen, auf seine Unberechenbarkeit im sozialen und im politischen Leben verweist.

„Klassische Schule“ oder einfach nur „Klassiker“ ist diejenige Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern, die im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die Grundlage für die moderne Wirtschaftswissenschaft gelegt haben. Ein Hauptmerkmal ihrer Lehre besteht in der Auffassung, daß durch die autonome Wahrnehmung privater Interessen gleichzeitig auch der Wohlstand der gesamten Volkswirtschaft genährt werde. Im Gegensatz zu der am Dirigismus orientierten Lehre des Merkantilismus (Merkantilismus) sind die Klassiker Vertreter des Liberalismus. Hiernach hat der Staat lediglich die Aufgabe, Ordnungs- und Schutzfunktionen auszuüben (vgl. „Nachtwächterstaat“). Vom freien Wettbewerb erwarten die Klassiker ein „»natürliches« Gleichgewicht“ von Preisen, Beschäftigung, Einkommen und damit auch der Verteilung der Einkommen, ermöglich durch freien Konsum, Investitionen und Sparen. Die Klassiker betonen die „Freiheit“ (Anmerkung zur „Freiheit“) des handelnden „Individuums“ („Bedingte Individualität“), des Eigentums (wobei sie die Schlußfolgerungen aus dem Unterscheid zwischen Eigentum und Besitz offenbar immer noch nicht verstanden haben) und dessen freie Verwendbarkeit sowie das Recht freier Vertragsgestaltung.

Ein alternatives Modell hat den Klassikern erst der Keynesianismus (Keynesianismus) gegenüberzustellen vermocht, obwohl auch er keine befriedigende Wirtschaftstheorie anbieten konnte. So bleibt zunächst einmal festzustellen, daß „die Grundelemente des Wirtschaftens bis heute nicht verstanden sind.“ (Gunnar Heinsohn / Otto Steiger, Eigentum, Zins und Geld, 1996, S. 15 Heinsohn/Steiger). „Obwohl auch Keynes gegenüber dem Eigentum begriffslos und deshalb eine neue Wirtschaftstheorie, die diesen Namen verdient, schuldig geblieben ist, hat er doch mit der Ahnung des Genies eine entscheidende Größe des Wirtschaftens ins Zentrum seiner Forschung gestellt. Auf die Frage eines Reporters der BBC im Jahre 1934, als seine erst zwei Jahre später erscheinende Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes von Eingeweihten schon heftig umraunt wurde, worin die bisherigen Gedanken über Wirtschaft denn ihren entscheidenden Fehler hätten, antwortete Keynes: »Ich bin überzeugt, daß es im ... orthodoxen Denken ... einen fatalen Fehler gibt; dieser Fehler ist vor allem auf das Scheitern der klassischen Schule (das heißt Klassik und Neoklassik) zurückzuführen, eine befriedigende Zinstheorie zu entwickeln.« (John M. Keyenes, a.a.O).“ (Ebd., S. 16 Heinsohn/Steiger). „Zwar wurde in der Klassik ausführlich über das »Privateigentum« gesprochen und geschrieben. Allerdings hat man sich dabei im wesentlichen für die Herrschaftsposition des Privateigentümers als Besitzer interessiert und damit ebenfalls die essentielle Rolle des Eigentums für das Wirtschaften verfehlt. Die Klassik verbleibt im Kern ihrer Theorie eine Tauschtheorie, eine Analyse des Tausches von Gütermengen, bei der sie sich vor allem für die »objektiven« Arbeitswerte als Tauschwerte interessiert. In der Diskussion dieser Tauschwerte macht sie am ehesten noch zur freien Verkaufbarkeit - zumindest indirekte - Aussagen, während die aus der Eigentumsblockierung resultierende Kreditierbarkeit unthematisiert bleibt. Ihre entscheidenden Kategorien der Belastbar- und Verpfändbarkeit als nichtphysische Erträge des Eigentums können deshalb nicht einmal benannt werden. In der in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts begründeten und bis heute die Wirtschaftstheorie dominierenden Neoklassik erscheint Eigentum lediglich als ein zwar wichtiges, aber nachrangiges Ordnungselement. Im Kern der neoklassischen Theorie steht ebenfalls die Betrachtung von Besitzern, die Gütermengen tauschen. Dabei interessiert sich die Theorie nicht für objektive Arbeitswerte, sondern für die »subjektive« Bedürfnisbefriedigung (»Nutzen«) durch die physische Nutzung, die einem Optimierungskalkül unterworfen ist. In ihrer atemporalen Fassung impliziert die Gütertauschtheorie indirekt die Verkaufbarkeit und in ihrer intertemporalen die Verleihbarkeit, die jedoch nichts mit Kreditierbarkeit von Geld zu tun hat. Die Verpfändbarkeit schließlich wird überhaupt erst seit Mitte der achtziger Jahre thematisiert, ohne daß dabei zur konstitutiven Rolle der Eigentumsverpfändung für die Kreditierung vorgestoßen würde. Die Eigentumsprämie hat in der neoklassischen Theorie keinen Ort.“ (Ebd., S. 21-22 Heinsohn/Steiger).


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Das Wirtschaften ist nicht richtig verstanden. Als die Naturwissenschaften und deren „Sprache“ - die Mathematik, die ja eine „Kulturwissenschaft der Naturwissenschaften“ sein soll - ihre größten Erfolge feierten, wurde kurzerhand auch die Wirtschaftswissenschaft, die eine „Naturwissenschaft der Kulturwissenschaften“ sein soll, eben „vernaturwissenschaftlicht“ und „vermathematisiert“. Um das Wirtschaften wirklich besser zu verstehen, muß man beide Seiten bemühen: Für Güter im Bereich des Tausches mag ja unter gewissen Umständen zunächst eine naturwissenschaftliche Sicht weiterhelfen, doch schon sehr bald wird sich herausstellen, daß die nicht ausreicht; für Eigentum, Zins und Geld ist eine rein naturwissenschaftliche Sicht in den Auswirkungen noch sehr viel problematischer, weil Eigentum ein rechtliches Abstraktum, ein Rechtstitel, ist und die Rechtswissenschaft eine kulturwissenschaftliche (sozial-/geisteswissenschaftliche) Diziplin ist und Zins und Geld am ergiebigsten nur im Zusammenhang mit Eigentum zu verstehen sind - laut Heinsohn und Steiger sind Zins und Geld die beiden „erstgeborenen Abkömmlinge“ des Eigentums (Heinsohn/Steiger Besitz vs. Eigentum Geld und Zins Finanzkrise). Wenn also Geld und Zins aus dem Eigentum hervorgehen, das Eigentum aus einem Rechtstitel, dieser Rechtstitel aus einem historischen Wandel - z.B. einer sozialen »Revolution«, wie Heinsohn und Steiger sagen - hervorgeht und dieser Rechtstitel auch nur dadurch wieder rückgängig gemacht werden kann - wie es ja auch in den »realsozialistischen« Ländern, wie Heinsohn und Steiger sie nennen, geschehen ist -, dann ist die logische Schlußfolgerung die, daß man das Wirtschaften von der Kulturwissenschaft her verstehen muß. Das ist die eine Seite. Doch die andere Seite ist die, daß wir nicht wissen, ob das Eigentum - und mit ihm auch seine »erstgeborenen Abkömmlinge« - wirklich allein vom »revolutionär« erkämpften Rechtstitel her erklärbar ist, oder ob wir sogar hierbei nicht doch vielleicht naturwissenschaftliche Erklärungen einbeziehen müssen. Hierüber geben Heinsohn und Steiger leider keine Auskunft. Wir brauchen somit unbedingt genaueste Untersuchungen der historischen Quellen und noch mehr archäologische Untersuchungen. Mehr

Kugel Wirtschaftliche Ziele

Wirtschaftliche Ziele können kurz-, mittel- und langfristiger Natur sein; die traditionellen Ziele einer kurzfristigen Wirtschaftspolitik sind Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung und außenwirtschaftliches Gleichgewicht (vgl. Tafel: „Magisches Dreieck“), wobei die Verfolgung dieser Ziele sich historisch nicht selten als sehr schwierig oder gar widersprüchlich erwies. Wenn zu den drei traditionellen oder klassischen wirtschaftspolitischen Zielen ein weiteres Ziel, nämlich stetiges Wachstum, postuliert wird, können zusätzliche Zielkonflikte entstehen und aus vormals nur 3 sind 6 Spannungsfelder geworden (vgl. Tafel: „Magisches Viereck“). Seit einigen Jahrzehnten treten zu den Zielen des magischen Vierecks zwei weitere Hauptziele hinzu, nämlich die Wünsche nach gerechter Einkommensverteilung und nach Erhaltung einer lebenswerten Umwelt, so daß aus den 6 Spannungsfeldern im Viereck 15 Spannungfelder im Sechseck geworden sind (vgl. Tafel: „Magisches Sechseck“).

Betrachtet man den gesamten Kreislauf eines ökonomischen Systems, so fällt auf, daß er eine Mehrzahl von einzelnen Kreisläufen umfaßt. Vereinfacht stellt sich der Wirtschaftskreislauf wie folgt dar:

Die Haushalte stellen den Unternehmen Arbeitskräfte zur Verfügung, empfangen dafür von den Unternehmen Geldeinkommen in Form von Löhnen und Gehältern und kaufen Güter und Dienstleistungen bei den Unternehmen. Dafür erzielen die Unternehmen Umsatzerlöse, sei es in Form von Bargeld oder Forderungen. In der modernen Wirtschaft spielen die Banken natürlich eine große Rolle, und, wie wir wissen, geben die Haushalte häufig nicht ihr gesamtes Einkommen für Konsumzwecke aus, weshalb den Banken ein Teil der Einkommen als Ersparnis zufließt. Die Banken sammeln die vielen kleinen und größeren Sparbeträge der Haushalte und geben sie als Kredite an andere Wirtschaftssubjekte, vor allem an die Unternehmen, weiter.

In den Kreislauf der Gesamtwirtschaft
gehen alle Transaktionen ein, die von
den einzelnen „Wirtschaftssubjekten“ innerhalb einer Periode getätigt werden.
Ein Gewinnmaximum liegt dort, wo der Abstand zwischen
Umsatz und Kosten am größten ist - dort wo die Parallele (T)
zu der Umsatzkurve (U) die Kurve der Gesamtkosten (Kg) tangiert.
Ein Teil der Einkommen wird jedoch vom Staat in Form von (wie wir wissen: oft viel zu hohen) Steuern und anderen gesetzlichen Abgaben einbehalten. Hinzu treten die Steuereinnahmen, die die Unternehmen zu entrichten haben. Die Staatseinnahmen werden wieder ausgegeben. Sie fließen zum Teil den Haushalten in Form von Gehältern und Löhnen für die Staatsbediensteten zu, ein weiterer Teil wird für die Vergabe von Staatsaufträgen an die Unternehmen verwendet, die dadurch wiederum Umsatzerlöse erzielen; und für besonders förderungswürdige Zwecke erhalten die Unternehmen (oder auch Private) Geldbeträge, die sie nicht mehr zurückzahlen müssen (Subventionen). Die Unternehmen verkaufen Güter und Dienstleistungen an das Ausland und erhalten hierfür Geldeinnahmen oder Forderungen. Ihre Umsatzerlöse nehmen zu und damit ihre Gewinne. Güter und Dienstleistungen werden von den Unternehmen importiert - manchmal auch von den priavten Haushalten oder vom Staat. Für die Unternehmen stellt der Import einen Aufwand dar, sofern es sich nicht um Investitionsgüter handelt, für die priaven Haushalte Konsumausgaben. Das bedeutet für die ausländischen Exporteure, daß sie Geldeinnahmen erhalten bzw. daß Forderungen an die inländischen Importeure entstehen. (Vgl. Tafel).

Kugel Moderne Wirtschaft und ihre Zukunft

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, als die „Industrielle Revolution“ und die „Bürgerliche Revolution“ - in bestimmten Kreisen auch „Weltrevolution“ genannt - im Abendland losbrachen, sprechen wir von unsererModerne“, der 2. Halbzeit unserer „Neuzeit“. (Gliederung). Die „Industrielle Revolution“ ist die „Explizitmachung der Produktherstellung mittels maschineller Substitute für menschliche Bewegungen. Der Schlüssel zum Übergang von der Menschenarbeit zur Maschinenarbeit (und zu neuen Mensch-Maschine-Kooperationen) liegt bei der Koppelung von Kraftsystemen mit Ausführungssystemen. Solche Koppelungen waren im Zeitalter der körperlichen Arbeit eher in der Latenz geblieben, sofern der Arbeiter selbst, als biologischer Energiekonverter, die Einheit von Kraft- und Ausführungssystem bildete. Nachdem aber bei den mechanischen Kraftsystemen ein folgenschwerer Innovationssprung stattgefunden hatte, konnten sie ins Stadium expliziter Ausarbeitung übergehen. Damit begann das Epos der Motoren: ....“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 351). Mit der Konstruktion der Motoren betreten ja neue „heroische Agenten“ die Bühne der abendländischen Kultur, die ab jetzt Bühne der abendländischen Zivilisation heißt, denn das Erscheinen dieser modernen Maschinen hat ja tatsächlich die Spielregeln der abendländischen Kultur radikal verändert - und nicht zufällig hat dazu auch noch die „Bürgerliche Revolution“ einen ergänzenden Beitrag zu diesen Veränderungen gebracht.

Obwohl wir das Wort auch weiterhin verwenden werden, sollte nicht unerwähnt bleiben, daß der wahre und wirkliche Grundbegriff der Moderne nicht „Revolution“, sondern Explikation lauten muß, denn nicht die Revolution als Umwälzung oder Platztausch (z.B. oben und unten, Kopf und Füße u.s.w.), ist entscheidend, sondern die Explikation: das Hervorbringen von Hintergrundhaftem in den Vordergrund, der Prozeß aus dem Verborgenen oder Latenten ins Offene oder Manifeste. Entbergung)

„Seit die Motoren unter uns sind, nehmen selbst physikalische und philosophische Begriffe wie Kraft, Energie, Ausdruck, Handeln und Freiheit radikal neue Bedeutungen an. .... Ein Motor ist gewissermaßen ein Energiesubjekt ohne Kopf, das aus Interesse an der Nutzung seiner Kraft ins Dasein gesetzt wurde. Vom Täter besitzt er jedoch nur die Eigenschaften, die an den Antrieben haften, ohne mit Ausführungen oder Reflexionen belastet zu sein. Als geköpftes Subjekt geht der Motor nicht von der Theorie zur Praxis über, sondern vom Stillstand zum Betrieb. Was bei menschlichen Subjekten, die zur Tat schreiten sollen, die Enthemmung zu leisten hat, wird bei Motoren von der Startvorrichtung bewirkt. Motoren sind perfekte Sklaven, bei denen sich keine menschenrechtlichen Bedenken einmischen, wenn man sie Tag und Nacht beansprucht. Sie hören nicht auf abolitionistische Prediger, die einen Traum haben - den Traum von einem nicht mehr fernen Tag, an dem die Motoren und ihre Besitzer gleiche Rechte genießen und die Kinder der Menschen und Maschinen miteinander spielen. Um die Motoren als Kulturagenten systematisch zu integrieren, sind Treibstoffe von ganz anderer Natur vonnöten als die Nahrungsmittel, mit denen die menschlichen und tierischen Träger der muskulären Arbeit in der agro-imperialen Welt am Leben erhalten wurden. Daher gehören in dem Epos der Motoren die dramatischsten Abschnitte den Gesängen von der Energie. Man darf soweit gehen, die Frage aufzuwerfen, ob nicht die Formulierung des abstrakten, homogenen Energiebegriffs ... durch die moderne Physik nur der szientifische Reflex des Prinzips Motorisierung sei, mit dem die unspezifische Koppelung zwischen Nahrung und Organismus ersetzt wurde durch die präzise Relation zwischen Treibstoff und Kraftmaschine.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 352-353).

Die Liberalen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wie die Marxisten seit dem 19. Jahrhundert haben vielerlei folgenschwere Versuche unternommen, das Phänomen Industriegesellschaft zu interpretieren: das „Ereignis Fossilenergetik wurde weder in dem einen noch in dem anderen System wahrgenommen, geschweige denn begrifflich durchdrungen. Die dominierenden Ideologien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts blieben, indem sie den doktrinär überhöhten Arbeitswert an die Spitze aller Erklärungen des Reichtums stellten, chronisch unfähig, zu begreifen, daß die industriell geförderte und genutzte Kohle kein »Rohstoff« wie jeder andere ist, sondern der erste große Entlastungsagent (so wie schon Spengler ihn deutlich gemacht hat Spengler !). Dank dieses universalen »Naturarbeiters« (den die Alchemisten über Jahrhunderte vergeblich gesucht hatten) hielt das Prinzip Überfluß seinen Einzug in das Treibhaus der Zivilisation.“ Eigentlich hätte also schon seit Ende des 18. Jahrhunderts im Abendland die Einsicht dominant werden müssen, „die fossilen Energieträger und die drei Motoren-Generationen, die ihre Sprößlinge sind, die der Dampfmaschinen, der Verbrennungsmotoren und der Elektromotoren, als die primären Entlastungsagenten der Moderne zu begreifen, ja selbst wenn man so weit gehen will, in ihnen den genius benignus einer Zivilisation jenseits des Mangels und der muskulären Sklaverei zu begrüßen ....“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 359-360). Dazu kommt auch noch, daß die agrochemisch ermöglichte explosive Vermehrung der Futtermittelerzeugung zu einer ebenso explosiv sich ausbreitenden Massentierhaltung geführt hat. Die Überschwemmung der Märkte mit dem Fleisch der animalischen Biokonverter steht nicht zufällig im Zusammenhang mit den Kohlebergen und Ölfluten.

„Letztlich ernähren wir uns von Kohle und Erdöl -
nachdem diese in der industriellen Landwirtschaft zu eßbaren Produkten verwandelt worden sind.“
(Rolf Peter Sieferle, Gesellschaft im Übergang, in: Dirk Baecker, Archäologie der Arbeit, 2002, S. 125).

Preise und Verbrauch

Deshalb läßt sich auch für die kommenden Jahrhunderte eine wachsende Beunruhigung durch eine schon heute weitgehend ausgeformte und internationalisierte Tierrechtsbewegung vorhersehen. Sie könnte eine Entwicklung hervorrufen, die den nicht-städtischen Lebensweisen wieder eine neue Bedeutung zuspricht. Die ländliche Lebensweise wird m.E. spätestens in zwei bis drei Jahrhunderten wieder die vorherrschende Lebensweise sein. (Auch das hat Spengler schon prophezeit Spengler !). Bis dahin aber wird auch weiterhin in unserer Komfortzivilisation, die auch Komfort-und-Konsum-Treibhaus genannt werden darf, fast alles, was zur Umwertung aller Werte zählt, und noch viel mehr alles, was zur Umwertung der Umwertung aller Werte zählt, mit immer größer werdender Beschleunigung um die moderne Achse kreisen: das Prinzip Überfluß:

„Ohne Zweifel wird aktueller Überfluß, der stets im Horizont von Steigerungen und Entgrenzungen erlebt werden will, das prägende Merkmal der künftigen Verhältnisse bleiben, selbst wenn in einhundert Jahren oder etwas später der fossilenergetische Zyklus an sein Ende gelangt. Welche Energieträger eine postfossile Ära ermöglichen werden, ist heute schon im Umriß erkennbar - es wird vor allem ein Spektrum von Solartechnologien und von regenerativen Treibstoffen sein. Jedoch ist am Beginn des 21. Jahrhunderts über deren Ausgestaltung im einzelnen noch nicht entschieden. Sicher ist nur, daß das neue System - manche nennen es lapidar die kommende »solare Weltwirtschaft« - über die Zwänge und Pathologien der aktuellen fossilen Ressourcenpolitik hinausführen muß. Mit dem Solarsystem ist unvermeidlich eine Umwertung der Umwertung aller Werte gesetzt - und da die Zuwendung zur aktuellen Sonnenenergie dem Rausch des Konsums vergangener Sonnenenergie ein Ende bereitet, könnte man von einer bedingten Rückkehr zu den »alten Werten« sprechen - denn alle alten Werte waren Derivate des Imperativs, mit der im Jahreszyklus erneuerbaren Energie zu wirtschaften. Daher deren tiefer Bezug zu den Kategorien der Stabilität, der Notwendigkeit und des Mangels. In der Dämmerung der zweiten Umwertung zeichnet sich eine zivilisatorische Weltwetterlage ab, von der sich mit einiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen läßt, daß sie postliberale Züge aufweist - sie wird eine hybride Synthese aus technischem Avantgardismus und ökoKonservativer Mäßigung an die Macht bringen. (In politischer Farbsymbolik gesprochen: Schwarz-Grün). Dem überschäumenden Verschwendungsexpressionismus der gegenwärtigen Massenkultur werden die Voraussetzungen mehr und mehr entzogen. Sofern in der postfossilen Ära die Ansprüche in Kraft bleiben, die das Prinzip Überfluß im Industriezeitalter geweckt hat, wird sich die technische Forschung vorrangig um die Quellen einer alternativen Verschwendung zu kümmern haben. Bei den Überflußerfahrungen der Zukunft wird sich eine Akzentverschiebung zu immateriellen Strömen unvermeidlich geltend machen, weil ökosystemische Gründe ein stetiges »Wachstum« im materiellen Bereich verbieten. Vermutlich wird es zu einer dramatischen Verringerung der stofflichen Flüsse kommen - und damit zu einer Revitalisierung der Regionalwirtschaften. Unter diesen Bedingungen dürfte für die heute noch voreiligen Reden von der »globalen Informations- oder Wissensgesellschaft« die Zeit der Bewährung anbrechen. Die entscheidenden Überflüsse werden dann vor allem im Bereich der beinahe immateriellen Daten-Ströme wahrgenommen werden. Nur ihnen wird das Merkmal Globalität authentisch zukommen. Auf welche Weise die Postfossilität die aktuellen Begriffe von Unternehmertum und Ausdrucksfreiheit umprägen wird, läßt sich zur Stunde nur vage vorhersehen. Wahrscheinlich ist, daß man die Romantik der Explosion, allgemeiner gesprochen: die psychischen, ästhetischen und politischen Derivate der plötzlichen Energiefreisetzung, von den künftigen »sanften« Solartechnologien her im Rückblick als Ausdruckswelt eines massenkulturell globalisierten energetischen Faschismus beurteilen wird. Dieser ist ein Reflex des hilflosen Vitalismus, der aus der Perspektivenarmut des fossilenergetisch basierten Weltsystems entspringt. Man versteht vor diesem Hintergrund, warum der Kulturbetrieb im Kristallpalast eine tiefe Desorientierung verrät - über die aufgezeigte Konvergenz von Langeweile und Unterhaltung hinaus. (Mehr). Der fröhliche ... Nihilismus der Endverbraucherszene ist genauso rat- und zukunftslos wie der ... Nihilismus der wohlhabenden Privatleute, die Kunstsammlungen aufbauen, um sich persönliche Bedeutung zu verschaffen.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 361-363). Bleibt abzuwarten, wie die am Ende des 20. Jahrhunderts begonnene Umwertung der Umwertung aller Werte in einigen Jahrhunderten vollendet sein wird. Sicher ist heute schon, daß man dann noch genauer sagen können wird, daß dieses Ziel, diese Vollendung sehr viele falsch und sehr wenige richtig vorhergesagt haben.

Auch, ja gerade die Wirtschaft lehrt uns, daß man von Zyklizität (es gibt kleine, mittlere und große Zyklen; vgl. auch: Konjunktur) auszugehen hat und nicht von „in den Himmel wachsenden Raten“, die auch noch fälschlicherweise als „selbstverständlich“ bzw. „natürlich“ angesehen werden. Solche Wachstumsraten gibt es nicht. Auch Wirtschaftswachstum ist befristet - z.B. kurz-, mittel-, langfristig. „Wenn sämtliche Instanzen an der Überzeugung festhalten, exponentielles Wirtschaftswachstum sei ungeachtet aller Erfahrungen und logischen Einwände möglich und notwendig, dann muß es tiefer liegende Gründe für diese entschlossene Haltung geben. Es gibt sie tatsächlich. Sie haben ihren Ursprung in der Veränderung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft, genauer: in der wachsenden Verstaatlichung unserer Gesellschaft und der gesellschaftlichen Verteilungsentscheidung beziehungsweise - sieht man es aus der Perspektive des Staates - in der wachsenden Vergesellschaftung des Staates und seiner Organe auf dem Wege der faktischen Besetzung staatlicher Zuständigkeiten durch gesellschaftliche Gruppen. In beiden Fällen geht es um die zunehmende Aufhebung der Trennung von staatlicher Macht, das heißt auch innerer Souveränität des Staates, und organisierten gesellschaftlichen Interessen. Was in allen westlichen Industrienationen als Wachstumszwang empfunden wird, sind in Wirklichkeit die zunehmenden Schwierigkeiten, mit den Entscheidungslasten fertig zu werden, die sich der Staat mit der Verstaatlichung gesellschaftlicher Verteilungsprozesse ... aufgebürdet hat. Die exponentielle Vermehrung staatlicher Zuständigkeiten führt zum Ruf nach exponentiellem Wirtschaftswachstum. Schon Mitte der 1970er Jahre glaubte Carl Friedrich von Weizsäcker deshalb, unsere Gesellschaftsordnung sei zum Wachstum verdammt. Als Gründe nannte er Stabilität, wirtschaftliche Verflechtung und den Arbeitsmarkt. Von diesen dreien hielt Weizsäcker die Stabilität für den eigentlichen Grund »der Nötigung zum Wachstum«. Das Wirtschaftssystem, dem die Industriegesellschaft entstamme, sei jetzt seit wenigstens zweihundert Jahren gewachsen. Alle seine Einrichtungen und Mechanismen, alle eingeschliffenen Reaktionen der Menschen (dieser Industriegesellschaften; HB) seien auf weiteres Wachstum eingestellt. Wachstumsstillstand bedeutet in diesem System faktisch soziale Instablilität.“ (Kurt Biedenkopf, Der »Zwang« zum Wachstum, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 103-104). Wie gesagt: Exponentielles Wirtschaftswachstum gibt es nicht. Es ist ein Trick der Herrschenden zur „rechtfertigung“ ihrer Schuldenpolitik (!), denn: Exponentielles Schuldenwachstum gibt es! **

„Einmal gewachsene Strukturen wollen ihre »Kunden« auch dann weiterversorgen, wenn es sinnvollerweise nichts mehr zu versorgen gibt. Zugleich verfestigen sie sie sich, bilden untereinander Interessenkartelle, wo dies rechtlich zulässig ist oder jedenfalls geduldet wird, und gewinnen so Macht. - Die Versorgungskrisen von einst sind längst überwunden. Die Proletarier, die existenzielle Not litten und ohne Zukunftsperspektive lebten, sind verschwunden. Ihre Nachfahren genießen einen höheren Lebensstandard und verfügen über weit mehr Optionen als die bürgerlichen Haushalte während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie arbeiten mit anspruchsvollen Technologien, erkunden als Touristen die Welt, bauen Häuser, bilden Vermögen, hantieren mit Hypotheken und Versicherungen und beweisen vielfältige Sachkenntnisse. Die würden sie ohne weiteres befähigen, auch am Management ihrer Lebensrisiken aktiv mitzuwirken - wenn man sie nur ließe. Dort, wo der Sozialstaat regiert, bleiben sie die kleinen Leute von einst. Ihr Vormund ist nicht daran interessiert, ihren Sachverstand und ihre Kreativität zu nutzen. Er könnte sich damit selbst überflüssig machen. Die Entwicklung ließe sich als Erfüllung dessen feiern, was die großen Arbeiterführer des späten 19. Jahrhunderts als Visionen entworfen hatten, wäre nicht in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine neue Krise, die Begrenzungskrise, entstanden. .... Dem Ruf, den Ludwig Erhard 1959 vernahm (Erhard), konnte keine politische Partei widerstehen. So setzte schon bald eine Ausweitung der öffentlichen Ausgaben ein, die den Keim der Rezession von 1967 in sich trug. Als dann in den 1960er Jahren das Wirtschaftswachstum zurückging, wurde das Ungleichgewicht zwischen staatlichen Ausgaben und Einnahmen in einer wachsenden Finanzierungslücke sichtbar. - Die große Koalition, als »Notkoalition« politisch begründet, wäre wahrhaft historisch gerechtfertigt gewesen, hätte sie nur eine andere Antwort auf dieses strukturelle Ungleichgewicht gegeben. Heute können wir erkennen: Es wäre richtig gewesen, das Ungleichgewicht durch eine Begrenzung der Bereitschaft des Staates zu beheben, den Forderungen nach zusätzlichen Leistungen zu entsprechen. Aber das Bündnis der beiden Volksparteien hatte nicht die politische Kraft zu einer solchen ordnungspolitischen Entscheidung. Es gelang ihm nicht, die staatlichen und gesellschaftlichen Mächte auf eine Gesamtordnung zu verpflichten, die der Freiheit der Bürger gedient hätte. Die machtpolitischen Ausrichtungen der wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen waren zu stark, die zentrifugalen Kräfte konkurrierender Sonderinteressen zu groß, der Wunsch nach staatlichen Interventionen zugunsten dieser Interessen zu mächtig, als daß es der Koalition (1966-1969) hätte gelingen können, diese Kräfte durch ordnungspolitische Entscheidungen zu domestizieren. .... Damit setzte sich der Wettlauf fort zwischen der Expansion staatlicher Eingriffe in das wirtschaftliche Geschehen, der Eingriffsbürokratien und der gesellschaftlichen Organisationen einerseits und der Expansion der Wirtschaft und ihrer Wertschöpfung andererseits. Nicht nur das Angebot an Gütern und Dienstleistungen nahm weiter zu, nach Menge wie nach Qualität der Versorgung von Bevölkerung und Weltmarkt. Was vor allem exponentiell wuchs und bis heute weiter wächst, ist der Umfang staatlicher und kollektiver Interventionen. Mit ihnen nimmt das Ausmaß der Widersprüche und Ungereimtheiten zu, die sie erzeugen. Die »Halbwertszeit« von Gesetzen und Verordnungen schrumpft. Immer häufiger verändern sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Konstanz der Daten geht verloren. Die Organisationsdichte unserer Gesellschaft nimmt zu. Mit ihr vermehrt sich der Umfang der konkurrierenden Zuständigkeiten und damit die Zahl derer, die an Entscheidungen beteiligt werden müssen. Eine solche Entwicklung verringert die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft in den gegebenen Strukturen. Zugleich schwindet die Möglichkeit, die Verantwortlichen für Entscheidungen oder Nichtentscheidungen dingfest zu machen. So konsumiert exponentielles Wachstum, das im Bereich der gesellschaftlichen Organisationen und staatlichen Bürokratien stattfindet, immer mehr Führungs- und Koordinationsenergie, ohne die Qualität der Gesellschaft zu verbessern. Mit diesem Wachstum des öffentlichen und gesellschaftlichen Sektors - und der von ihnen bedienten und zugleich ständig neu erzeugten Bedürfnise - konnte das Wachstum der Wirtschaft nicht Schritt halten. .... So wächst die Widersprüchlichkeit der durch Eingriffe, Teilordnungen und Gruppeninteressen zerklüfteten Wirtschaftsordnungen. Die bestehenden Strukturen fahren fort, die Menschen zu versorgen und Mangel zu beheben, wo es längst keinen mehr gibt. Der Gegensatz zwischen einer gesellschaftlichen Struktur, die auf Expansion angelegt ist, und einer gesellschaftlichen Wirklichkeit, die nach Begrenzung und stabilen Verhältnissen zu ihrer Umwelt verlangt, nimmt zu. - Die überholten Strukturen reagieren auf diesen Gegensatz mit weiterer Verfestigung. Sie versuchen, die Wirkungen der veränderten Realitäten abzuwehren oder ihnen mit den Möglichkeiten zu entsprechen, die ihnen als Strukturen zur Verfügung stehen. Die Folge ist eine weitere Verhärtung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Gefahren, die für die Gesellschaft damit verbunden sind, waren schon zu Zeiten der großen Koalition (von Dezember 1966 bis September 1969) zu erkennen.“ (Kurt Biedenkopf, Der »Zwang« zum Wachstum, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 106-110).

Staatsverschuldung
Daß die Staatsverschuldung verfassungswidrig ist, braucht eigentlich nicht extra erwähnt zu werden! Mehr
Deutschland Motzer USA   Motzer
Staatsverschuldung USA
Schuldenuhr der USA
Schuldenuhr der Welt
Staatsschulden
Schuldenuhr
Auf Kosten der Zukunft verjubeltes, verbrauchtes und als Kredit mißbrauchtes Geld in Deutschland von 1970 bis 2010 **
Kosten der fehlenden Kinder Geburtenrückgang als Investitionslücke+Kosten der Rente Rente
+Staatsschulden 2010 (geschätzt) Staatsschulden=Summe (Gesamtschaden)
rund 3 500 000 000 000 €+rund 200 000 000 000 €+rund 1 980 000 000 000 €=rund 5 680 000 000 000 €

Kinderzahl

„Wie groß die Widersprüche inzwischen sind, zeigt uns die Entwicklung der Schuldenquote. Sie verbindet Wachstum und Verschuldung des Staates. Steigt die Schuldenquote, so bedeutet dies, daß die Verschuldung schneller wächst als die Wirtschaftsleistung des Landes. Im Jahr 1970 betrug die Schuldenquote 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 1980 war sie auf 31 Prozent gestiegen, 1990 auf 42 Prozent, 2000 auf 60 Prozent. Heute (2006) beträgt sie 68 Prozent. In diesen Zahlen wird die Vergeblichkeit des Versuchs deutlich, durch Staatsverschuldung Wachstum zu fördern. Sie spiegeln den wachsenden Verzehr an Gegenwarts- und Zukunftsressourcen wider, mit dem die überholten gesellschaftlichen Strukturen immer mühsamer am Leben erhalten werden. Die Entwicklung der Staatsverschuldung ist die »Fieberkurve« der erkrankten gesellschaftlichen Strukturen. Ihre Krankheit droht zunehmend die ganze Gesellschaft in Mitleidenschaft zu ziehen und die Übel auszulösen, die mit stetigem und angemessenenem Wachstum eigentlich verhindert werden sollen: Abbau der Sozialsysteme durch Abgabenverweigerung, Entsolidarisierung durch Schattenwirtschaft, Verletzung der Solidarität mit den kommenden Generationen durch Staatsverschuldung, Aushöhlung der personalen Solidarität durch staatliche bzw. kollektive Fürsorge, kurz: den Abbau des Menschlichen (Konrad Lorenz).“ (Kurt Biedenkopf, Der »Zwang« zum Wachstum, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 111).

Der Zwang zum Wachstum ist eines der vielen politischen Ergebnisse, die der Wille zur Macht hervorbringt. Der Staat, insbesondere der sogenannte „Sozialstaat“ wird immer mehr zum Vormundschaftsstaat, also zur Diktatur, und dieser Prozeß wird zusätzlich beschleunigt, wenn dieser Staat auch noch ein „Parteienstaat“ ist, was die meisten der heutigen „Sozialstaaten“ ja eindeutig sind. „Nicht nur die Ansprüche des Sozialstaats und die Erwartungen mächtiger Besitzstände haben den »Zwang« zum exponentiellen Wachstum der Wirtschaft begründet. Eine weitere wichtige Ursache begegnet uns in dem, was der Staatsrechtler Hans F. Zacher bereits vor Jahren als das »sozialpolitische Umlaufverfahren« beschreiben hat. .... Inhaltlich befaßt sich Sozialpolitik mit wirtschaftlichen Nöten (die es aber bei uns in Deutschland schon lange nicht mehr gibt - doch wenn unsere Politiker so weiter machen: bald wieder geben wird! HB) und wirtschaftlichen Ungleichheiten (die es aber in jeder gut funktionierenden Wirtschaft auch geben muß - doch wenn unserer Politiker so weiter machen: immer größer werden! HB). .... Mit diesem Ziel spricht sie bestimmte Gruppierungen in der Bevölkerung an, deren Zustimmung sie gewinnen oder behalten will. Ihnen kann sie die Erfüllung bestimmter Erwartungen und eine Verbesserung ihrer relativen Position in der Gesellschaft in Aussicht stellen. Da der Erwartungshaushalt der Gesellschaft eine unendliche Fülle von Erwartungen umfaßt, die sich zudem weitgehend widersprechen, und niemals alle von ihr erfüllbar sind, ist die Politik auf eine »Technik der teilweisen Erfüllung von Teilerwartungen« angewiesen. .... Eine besondere Dynamik entfaltet das System dort, wo es sich zur Aufgabe gesetzt hat, wirtschaftliche oder wirtschaftlich bedingte Ungleichheiten zu beseitigen. Was gleich oder ungleich ist, läßt sich in einer dynamischen Gesellschaft nie eindeutig beantworten. Was im Verhältnis z.B. zweier Gruppen zueinander als ungleich empfunden wird, kann im Verhältnis zu anderen Interessen als gleich oder im umgekehrten Sinne als Ungleichheit erscheinen. Deshalb erzeugt im Grunde jeder sozialpolitische Ausgleich einer bestehenden Ungleichheit neue Ungleichheiten. Wer je versucht hat, z.B. das Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes zugunsten bestimmter Gruppen zu verändern, weiß um diese Zusammenhänge. Die Forderung nach Beseitigung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ungleichheiten läßt sich deshalb ebensowenig befriedigen wie die Forderung nach sozialer Ausgewogenheit. Durch die ständige Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen wird sie ständig neu erzeugt. Wo sie sozialpolitisch wirksam wird, wird sie deshalb zu einer zusätzlichen Triebkraft der sozialen Entwicklung. Dieses sich selbst vorantreibende, nie zur Ruhe kommende sozilapolitische Umlaufverfahren muß nun im Zusammenhang gesehen werden mit der Konkurrenz der politischen Parteien um Mehrheiten. Ist es dem Staat gestattet, gesellschaftliche Gruppen »Leistungen« zuzusagen, und hat er dies bereits getan, so wird die politische Unterstützung der Parteien von den Leistungsversprechen beeinflußt, die sie geben. Werden Erwartungen enttäuscht, kann die politische Unterstützung entzogen werden, ebenso, wenn Entscheidungen getroffen werden, die zu »sozial unausgewogen« oder »unzumutbaren« Beeinträchtigungen bestehender Leistungsbesitzstände führen. Die Folgen wurden z.B. im Jahr 2005 gleich zweimal, in Nordrhein-Westfalen und auf Bundesebene, demonstriert. .... Die Wirkung ist desintegrierend. Die Enttäuschten wenden sich ab, protestieren oder verweigern sich. Sie betrachten den Staat nicht mehr als »ihren« Staat. .... Der Einfluß der Grenzwähler wächst. .... Im Wettbewerb zwischen der Vernunft und der Aussicht auf die Macht ist die Vernunft selten überlegen, vor allem dann, wenn die Macht mit dem Versprechen angestrebt wird, man werde wieder vernünftig handeln, sobald man sie hat. Diesem Dilemma können die politischen Parteien ... im Grunde nur ausweichen, wenn es ihnen gelingt, beides zu tun: bereits gewährte Leistungen als Besitzstände dort zu repektieren, wo es politisch am »notwendigsten« ist, und gleichzeitig neue Erwartungen zu erfüllen. Voraussetzung dafür sind wachsende öffentliche Einnahmen und damit wirtschaftliches Wachstum. .... Daraus folgt: Der Wachstumszwang hat seine Ursache in dem Umstand, daß der Staat in großem Umfang für Leistungen an gesellschaftliche Sonderinteressen in Anspruch genommen werden darf, daß diese Leistungen deshalb auch gefordert werden und daß die Unterstützung der politischen Parteien im Wettbewerb um die Mehrheit davon abhängig gemacht wird, ob sie solchen Forderungen entsprechen. .... Übernimmt der Staat ... die geforderte Umverteilung, so übernimmt er auch die »Verantwortung« für das Ergebnis. Die gesellschaftlichen Organisationen, die die Umverteilung gefordert haben, tragen dagegen keine Verantwortung für die relative Verschlechterung der Lage anderer Interessen. .... Die Verstaatlichung der Verteilungskonflikte beseitigt ... die Begrenzungen, die gesellschaftliche Gruppen bei der direkten Lösung von Verteilungsproblemen untereinander beobachten und die sich aus den Bedingungen des nichtstaatlichen Verfahrens der Konfliktentscheidung ergeben. Verantwortung und Rücksichtnahme auf die öffentliche Meinung und die Beurteilung des eigenen Verhaltens durch andere gesellschaftliche Gruppen begründen diese Begrenzung ebenso wie das wohlverstandene eigene Interesse. ... Mit der Beseitigung dieser gesellschaftlichen Begrenzung enthemmt die Verstaatlichung die Verteilungskonflikte, die Umteilungserwartungen und damit die Forderungen an die Gemeinschaft. Die Verantwortung für die Folgen wird auf den Staat abgewälzt. Die Kosten der Umverteilung werden sozialisiert. Der Nutzen bleibt bei den Mitgliedern oder Begünstigten der organisierten Interessen. Er bleibt privatisiert. Alle organisierten Interessen haben den Wunsch nach staatlicher Unterstützung ihrer Ansprüche bei der Verteilung sozialer Chancen. Sie begrüßen die Möglichkeit, den Staat für die Folgen der jeweiligen Umverteilungsentscheidungen zugunsten anderer und zu Lasten des eigenen Interesses verantwortlich zu machen. In solchen Nachteilen sehen sie zugleich die Grundlage für neue Forderungen und damit eine Bekräftigung ihrer Legitimation. Diese hält die Mitglieder bei der Stange und die Funktionäre in Amt und Würden. .... Das Parlament als Vertreter der souveränen Volkes verliert so die Fähigkeit, das Wohl des Ganzen gegen die Forderungen organiserter Interessen durchzusetzen. Es ist letztlich der drohende Verlust der inneren Souveränität, der den Wachstumszwang erzeugt.“ (Kurt Biedenkopf, Die Verstaatlichung der Verteilungskonflikte, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 113-124).

„Nicht nur die deutsche Politik, auch die der Europäischen Union ist auf exponentielles Wachstum als dauerhafte Grundlage der europäischen Entwicklung eingeschworen. Das wird jeden Versuch wesentlich erschweren, auf nationaler Ebene zu einer Änderung eingefahrener Denkstrukturen zu gelangen. Bedeutsamer noch ist jedoch der Umstand, daß alle Bemühungen scheitern müssen, der Begrenzungskrisen Herr zu werden, wenn ihre Ursachen durch die europäische Politik ständig aufs neue in unsere Wirtschafts- und Sozialverfassung getragen werden. .... - Die EU hat sich in einer kaum überschaubaren Fülle von Verlautbarungen, politischen Erklärungen und formellem Äußerungen der Kommission zu Fragen des Wirtschaftswachstums verbreitet. Unter ihnen sind mir bisher keine Ausarbeitungen begegnet, die sich kritisch mit der Frage befassen, ob angemessenes - das heißt aber exponentielles - Wirtschaftswachstum langfristig überhaupt möglich ist, ohne Wirkungen auszulösen, die unter keinen denkbaren Gesichtspunkten erwünscht sein können. Weiter fehlen nach meiner Kenntnis fundierte Antworten auf die Frage, ob eine langfristige Wachstumsstrategie für eine Region politisch sinnvoll sein kann, die zu den wohlhabendsten und privilegiertesten der Welt gehört. Wahrscheinlich läßt sich der Mangel dadurch erklären, daß man auch auf europäischer Ebene ktitiklos dem bloßen Vergleich relativer Wachstumsraten vertraut, ohne sich um den einzig aussagefähigen Vergleich der absoluten Zuwächse des BIP pro Kopf zu bemühen. Die neue Sicht der Dinge wird sich nur durchsetzen und politisch relevant werden können, wenn es gelingt, nicht nur die deutschen, sondern auch die europäischen Denkbesitzstände aufzubrechen.“ (Kurt Biedenkopf, Die Lissabon-Strategie: eine „europäische Wachstumsvision“, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 124-125).

„Die wohl augenfälligste Veränderung der letzten Jahre ist die Globalisierung der Märkte. Auch bei ihr handelt es sich um Entgrenzungen: des Kapitals, der Arbeit und des Wettbewerbs durch die globalen Märkte. Die Nationalstaaten werden in ihren Sog gezogen. Ihre sozialen Systeme sind gefährdet. .... Zwar sind die Strukturen unserer Sozialsysteme bereits so unbeweglich geworden, daß wir glauben, sie nur durch weitere Ausdehnung stabilisieren zu können. Mit den Anforderungen eines weltweiten Wettbewerbs ist dies jedoch unvereinbar. .... Inzwischen ist das Kapital selbst zur Ware geworden. Es dient nicht mehr der Wirtschaft, sondern bestimmt zunehmend deren Verhaltensweisen. Die Unternehmen werden immer häufiger eindimensional als Kaufgegenstände und Vermögensmasse gesehen. Man erwirbt sie, teilt sie auf, schafft neue Einheiten, ohne damit einen Anspruch auf Nachhaltigkeit ihrer Existenz zu begründen. Eine Heerschar von Analysten steuert den Prozeß, ohne daß wir sicher sein können, objektiv informiert zu werden. Versuche, mögliche Interessenkollisionen zu verhindern, sind lobenswert. Aber sie bleiben dann weitgehend aussichtslos, wenn sich die verschiedenen Akteure unabhängig organisieren und auf eine Weise vernetzen, die Kontrollen kaum noch zuläßt. Die Entgrenzung der Verantwortung und der Selbstbindung wird immer zu Störungen und letztendlich zum Zerfall der Institutionen führen, die davon befallen werden. Die Möglichkeiten der Staaten und der Europäischen Union, auf diese Entgrenzungen einzuwirken, sind weit größer, als es den Anschein hat. Auch die Dominanz der USA in den Finanzmärkten folgt keinem unabänderlichen Gesetz. Sie sind schon lange nicht mehr der Fels in der Brandung des Finanzmeeres. Ihr Fundament ist durch eine exzessive Verschuldung gegenüber praktisch allen wichtigen Industrienationen und den Aufbau neuer spekulativer Vermögensillusionen im Immobilienmarkt gefährdet. Die finanzielle Solidität eines Großteils der (us-)amerikanischen Haushalte ist fraglich geworden. Die einzige verbliebene Weltmacht ist im Begriff, selbst Opfer einer Entgrenzung ihres Anspruchs zu werden. Ihren Partnern bietet dies die Chance, dem Verbündeten bei einem erneuten Versuch der Begrenzung behilflich zu sein. Generell stellt uns die (Wirtschafts-)Globalisierung die Aufgabe, die Gesetze einer marktwirtschaftlichen Ordnung zum Maßstab einer Weltordnungspolitik zu machen. Sie ist für die freiheitliche Gestaltung der Märkte und die soziale Bindung des Kapitals unverzichtbar. Soziale Bindung des Eigentums durch seine Verpflichtung auf das Allgemeinwohl ist kein Widerspruch zu offenen Märkten. Wer in diesen eine Möglichkeit sieht, derartigen Bindungen zu entgehen, mag einen kurzfristigen Nutzen realisieren können. Längerfristig schadet er sich durch die Untergrabung der ordnungspolitischen Grundlagen seines unternemerischen Wirkens selbst.“ (Kurt Biedenkopf, Die Entgrenzung der Märkte, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 137, 141-143).

Entgrenzung, überall Entgrenzung (vgl. das Motto: „Ausdehnung ist alles“ Spengler), Entgrenzung des Politischen, des Sozialen, des Wirtschaftswachstums, der Märkte u.s.w. - dies alles geht nicht nur einher mit einer weiteren Umweltzerstörung durch die Ausbeutung des Globus, sondern auch mit einem Wandel der Arbeit, unserer Gesellschaft, einer Ausbeutung unserer Enkel, Urenkel und wohl auch aller weiteren Nachkommen.
Kugel
Welt–Energieverbrauch nach Kontinenten und Regionen – Primärenergieverbaruch in Mio. t Öleinheiten
 20002008Veränderung gegenüber 2007 in %Weltanteil in %
Nordamerika
USA
2737,3
2311,9
2799,1
2299,0
–1,8
–2,6
24,8
20,4
Mittel– und Südamerika  456,2  579,6+2,9  5,1
Europa, Rußland und GUS
EU der 25
Rußland
2829,2
1654,9
  636,0
2964,6
1728,2
  684,6
+0,3
–0,2
+0,7
26,2
15,3
   6,1
Naher Osten  402,9   513,5+6,2  5,4
Afrika  275,8  356,0+4,4  3,2
Asien und Ozeanien
VR China
Japan
2607,0
  966,7
  514,8
3981,9
2002,5
  514,8
+3,5
+7,5
–1,6
35,3
17,7
  4,5
WELT9308,711294,9 +1,7100,0
Quelle: BP, 2009, in: Fischer Weltalmanach, 2010, S. 694.
Welt-Vorräte an Energieträgern (2004) - in Mio. t
 gesichertgeschätzt
Steinkohle2337749  2603454 
Braunkohle5659433323109  
Torf110526533017
Erdöl148300-
Ölschiefer und -sande (Ölgehalt)  14455-
Erdgas144338-
Uran               2,85               1,34
Quelle: Energy Statistics Yearbook, UN, in: Fischer Weltalmanach, 2009, S. 680
Brennstoff: Gefördert in der Vergangenheit (seit Beginn der „Industriellen Revolution“), als Reserve in der Gegenwart verfügbar, als Rest in der Zukunft vermutlich noch förderbar.      * 1 EJ steckt in ca. 34,1 Mio. t  Kohle.
Brennstoff‹– Steinkohle –›‹– Braunkohle –›‹– Erdöl–›‹– Erdgas –›
Energiegehalt in EJ*GefördertReserveRestGefördertReserveRestGefördertReserveRest

Gefördert

Reserve

Rest

Europa
Nordamerika

Lateinamerika
Rußland/GUS
Asien/Australien
Naher Osten
Afrika
Erde
  1105
    880
      29
    545
  1290
        1
    155
  4005
    336
  6077
    362
  4596
  6214
      10
  1205

18800
  1574
11106
    867
45398
34096
      72
  2997

96110
    293
      27
      -
      72
      47
        -
        -

    439
    409
    357
      51
    188
    971
        -
        -

  1976
  1406
  3855
    199
  1917
  1519
      22
        3

  8921
    326
  1553
    539
    888
    448
  1572
    498

  5824
    115
    293
    586
    634
    253
  4187
    613

  6681
    152
    561
    300
    882
    268
    858
    413

  3434
    301
  1067
      74
    682
    163
    119
      70

  2476
    194
    234
    225
  1792
    411
  2297
    447

  5600
    226
    867
    323
  3050
    720
  1033
    335

  6554
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
„Energie insgesamt wird keineswegs knapp, da im Jahre 2000 von den bekannten Erdölvorräten noch 80 Prozent und vom viel wichtigeren Erdgas noch 95 Prozent in der Erde stecken (CIA-NFIB, Global Trends 2015: A Dialogue About the Future With Nongovernment Experts, 2000, S. 18; www.odci.gov/ ... / 2015.htm).“ (Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht, 2003, S. 107). Auch wenn Gunnar Heinsohn in mancher Hinsicht zu Übertreibungen neigt, so kann man sich an den von ihm genannten Prozentzahlen immerhin „grob“ orientieren.

Es gibt aber auch andere Berichte: Nicht wenige Experten gehen davon aus, daß uns zukünftig eine weltweite Energiekrise in vorindustrielle Zustände zurückzwingen werde und daß z.B. das Maximum der globalen Erdölförderung bald eintreten werde oder sogar schon eingetreten sei (vgl. Kenneth Deffeyes, Colin J. Campbell u.a.). Das wirtschaftliche Problem bestünde darin, daß bei Erreichen dieses weltweiten Fördermaximums Erdöl immer knapper und teurer würde. Und nicht viel besser als beim Erdöl sehe es beim Erdgas aus. mehrmehr

Möglich ist auch, daß Erdöl und Erdgas sich regenieren, weil sie vom Erdinneren allein, also rein anorganisch produziert werden! Unerschöpliches Erdöl

Kugel

Arbeitszeit

Wie aus der Abbildung ersichtlich, hat die Arbeitszeit seit dem Ende des 18. Jahrhunderts abgenommen, und zwar zunächst bis 1932, dann wegen der Konsequenzen aus der Weltwirtschaftskrise bis zum Ende des 2. Weltkrieges zugenommen, danach wieder abgenommen (für die Zeit seit den 1990er Jahren gelten die in der Abbildung angegebenen Arbeitszeiten nur für bestimmte Bereiche, also ist die Entwicklung insgesamt für die Zeit seit den 1990er Jahren noch gar nicht eindeutig interpretierbar). Im Laufe der 1950er Jahre wurde wieder fast Vollbeschäftigung (kaum Arbeitslose) erreicht und begann auch wieder das Luxusleben. „Die effektive individuelle Arbeitszeit wurde auf Drängen der Bevölkerung um weit über ein Viertel von knapp 2500 auf 1800 Jahresarbeitsstunden pro Erwerbstätigen vermindert. Die Arbeitsentgelte erhöhten sich im Gleichklang mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Im Durchschnitt aller Beschäftigten verdreifachten sich die Realnettoentgelte. Die Bruttoentgelte erhöhten sich sogar auf das 3,6fache.“ (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 145).

Die sogenannte „soziale Frage des 19. Jahrhunderts“ wurde im 20. Jahrhundert gelöst, in Deutschland schon sehr früh, nämlich beginnend sogar noch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (vgl. Bismarck), vollständig gelöst zuerst in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders seit 1933 vom Nationalsozialismus (vgl. Hitler) und nach dem 2. Weltkrieg (vgl. Erhard). „Mit diesen enormen Erfolgen haben die klassischen Strukturen des Arbeitsmarktes ... die eigentliche Ursache ihrer Entstehung, die soziale Frage des 19. Jahrhunderts, im Grunde beseitigt. Aus dem Proletarier, der mit seiner Familie am Existenzminimum lebte, zwölf Stunden am Tag arbeiten mußte und keine Hoffnung hatte, seine Lage zu verändern, ist der Bürger geworden, dessen Wohlstandsniveau ihn über die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung weit hinaushebt. Er arbeitet nicht mehr durchschnittlich 3000 Stunden im Jahr, sondern rund 1435 Stunden. Seine Kinder können fortführende Schulen und Universitäten besuchen. Seine Familie besitzt ein oder mehrere Autos. Er kann im Urlaub, der im Schnitt sechs Wochen dauert, in fremde Länder reisen. Der kleine Mann ist groß geworden.“  (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 153). Was den Arbeitsmarkt angeht, so läßt sich sagen, daß spätestens jedoch in den 1960er Jahren zu erkennen war, wo z.B. die Grenzen unserer Arbeitsmarkt-Strukturen liegen.

„Die heutigen Strukturen des Arbeitsmarktes stoßen zunehmend an Grenzen. Für eine wachsende Zahl von Menschen sind die Strukturen des Arbeitsmarktes kontraproduktiv. ... Den inzwischen eingetretenen, radikal neuen Verhältnissen der Wissensgesellschaft werden die heutigen Strukturen nicht länger gerecht. .... Eine Neubestimmung des Begriffes »Arbeit« ist unerläßlich. Dabei geht es zum einen um die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Erwerbsarbeit, der Arbeit im Beruf und der Arbeit in der Familie als eine wichtige Voraussetzung für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Auch die Hausfrau arbeitet, obwohl sie nicht bezahlt wird. Ehrenamtliche Tätigkeit ist Arbeit. Es arbeitet der, der durch Eigenarbeit den Wert seines Hauses steigert oder seinen Garten bestellt oder dem Nachbarn hilft. Pflegeleistungen im Haushalt sind ebenso Arbeit wie die eigene Fortbildung oder die Beschäftigung mit kulturellen oder musischen Themen. Dies anzuerkennen heißt, die begriffliche Verbindung von Arbeit und Einkommen zu lösen. .... Kreativität kann man weder befehlen noch zum Inhalt vertraglicher Verpflichtungen machen. Man kann die Bedingungen fördern, unter denen sie wirksam werden kann. In der Wissensgesellschaft und ihrer neuen Arbeits- und Produktionswelt wird immer mehr Kreativität gebraucht. Sie ist die Quelle qualitativen Wachstums und damit des Überlebens in unserem heutigen kulturellen Lebensraum. Kreativität muß sich auf allen Stufen menschlicher Tätigkeit entfalten können. Überall müssen sich deshalb die Bedingungen der Arbeit entsprechend verändern. Darin liegt wahrscheinlich die singulär wichtigste Aufgabe der Reform des Arbeitsmarktes und der Arbeitsorganisationen, also der Arbeitsverfassungen: Kreativität zu ermöglichen und zu ermutigen, ohne die qualitatives Wachstum nicht im ausreichenden Umfang stattfindet. Das heißt jedoch: Die Wende vom quantitativen zum qualitativen Wachstum, die ich als unsere zentrale Aufgabe bezeichnet habe, muß sich zu einem entscheidenden Teil im Arbeitsmarkt vollziehen. Die Strukturen von morgen werden nicht Massenstrukturen sein, sondern das Ergebnis der Wiederentdeckung von Vielfalt.“ (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 154-156).

„In Zukunft wird der Arbeitsplatz deshalb sinnvollerweise nicht durch die Vorgabe einer festen Tages- oder Wochenarbeitszeit definiert, sondern als die Möglichkeit, durch Mitarbeit im Rahmen einer organisierten Arbeitsteilung Einkommen zu erzielen. Weder die Dauer der Mitarbeit noch die Höhe des erzielten Einkommens sind dagegen essentielle Merkmale des Begriffes Arbeitsplatz. Sie betreffen vielmehr Fragen des Wertes der geleisteten Arbeit und der Einkommensverteilung. Ob eine Maßnahme zusätzliche Arbeitsplätze schafft und wie viele, können wir nur angeben, wenn wir den Arbeitsplatz durch die Dauer der Arbeit definieren. Tun wir dies, schreiben wir jedoch unbewußt eine genau bestimmte, standardisierte Organisation der Arbeit fest. Damit unterlaufen wir nicht nur das Ziel einer beweglicheren Arbeitsorganisation, wir schaffen auch Zugangssperren zum Arbeitsmarkt. Dies gilt vor allem für jene Menschen, die mitarbeiten wollen, ohne 38 oder 35 oder 30 Stunden in der Woche gebunden zu sein. Vor allem also für Frauen, die Kinder haben und sich um sie kümmern möchten. Wie viele Probleme, Spannungen, Konflikte und Opfer hätten wir uns in den vergangenen Jahren im Bereich von Familien mit Kindern ersparen können, wenn wir uns den Weg zu einer neuen Organisation der Arbeit nicht durch falsche Begriffe von Arbeit und Arbeitsplatz verbaut hätten. Hätte man, mit anderen Worten, nicht den Versuch unternommen, neue Bedürfnisse in alte Strukturen zu zwingen, sondern statt dessen die Strukturen zu verändern, wäre es möglich gewesen, ein breiteres Angebot an zeitlich und einkommensmäßig höchst unterschiedlich ausgestalteten Möglichkeiten der Mitarbeit zur Verfügung zu stellen; solche zum Beispiel, die es der Frau erlauben, wieder durch Arbeit Einkommen zu erzielen und gleichzeitig für ihr Kind Zeit zu haben. Gerade dieses Beispiel zeigt uns, welche Folgen es hat, wenn man die Symptome gesellschaftlicher Veränderungen innerhalb der überholten Ordnung zu korrigieren versucht, statt die Ordnung selbst zu ändern. Daß Frauen Kinder haben und dann wieder mitarbeiten wollen, auch wenn sie es nicht müssen, ist kein soziales Problem der alten Ordnung. Es ist Ausdruck eines neuen Bedürfnisses. Es handelt sich nicht um ein soziales Problem im bisher verstandenen Sinne, wenn die Frau und Mutter das Bedürfnis hat, neben der Sorge für ihr Kind zu arbeiten, um ihren bisherigen Lebensstandard zu sichern oder doch im wesentlichen zu erhalten. Gleichwohl wird es als solches definiert, um es mit hergebrachten Mitteln lösen zu können. Damit wird nicht nur die Struktur bestätigt, die eigentlich überwunden werden müßte. Zugleich wird die Zuständigkeit des Sozialstaates ein weiteres Mal in Bereiche ausgedehnt, die nach dem Subsidiaritätsprinzip der Familie als der unmittelbaren Lebenseinheit vorbehalten bleiben müssen.“ (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 157-159).

Kugel

„Wer die Forderung nach mehr Wirtschaftswachstum zur Überwindung der Arbeitslosigkeit wie bisher auf die undifferenzierte Gesamtzahl der Arbeitslosen bezieht, will eine politische Druckkulisse mit dem Ziel erzeugen, den Staat zu größerer finanzieller Förderung des angeblich notwendigen zusätzlichen Wachstums zu veranlassen. Dem Ziel der Überwindung der Arbeitslosigkeit soll damit Priorität vor dem Ziel der Begrenzung der Staatsverschuldung gesichert werden. Diese in der Vergangenheit immer wieder praktizierte politische Argumentation hat zu einer steigenden und zunehmend verantwortungslosen Staatsverschuldung geführt. Sie darf schon deshalb nicht fortgeführt werden. Wir sollten sie durch eine realistische und transparente Darstellung der unterschiedlichen Formen der Arbeitslosigkeit und der jeweils geeigneten Maßnahmen zu ihrer Überwindung ablösen. Darüber hinaus sollten wir akzeptieren, daß der Versuch, die Arbeitslosigkeit mit Hilfe eines durch den Staat angekurbelten Wirtschaftswachstums zu überwinden, unter heutigen Bedingungen keine Aussicht auf Erfolg mehr bietet. Nur so läßt sich der Teufelskreis zwischen der arbeitsmarktpolitisch begründeten Forderung nach staatlich subventioniertem Wirtschaftswachstum und wachsender Staatsverschuldung durchbrechen. Tatsächlich diente diese Begründung in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich zur Rechtfertigung einer wachsenden Staatsverschuldung, von der sich die politisch Verantwortlichen und die organisierten Besitzstandswahrer zusätzliche Verteilungsspielräume erhofften. Die Folgen dieser Politik für die jetzigen und die kommenden Generationen sind nicht absehbar. Sicher ist jedoch, daß sie durch die Folgen der demographischen Entwicklung potenziert werden. Sie werden deshalb weit unsozialer sein als alle sonstigen Maßnahmen zur Überwindung oder Linderung der Arbeitslosigkeit, die derzeit erwogen werden und in der Regel als unsozial auf Ablehnung stoßen. Tatsächlich zielt die Forderung nach weiterer staatlicher Unterstützung des Wirtschaftswachstums weniger auf die Überwindung der Arbeitslosigkeit; ihr Zweck ist es vielmehr, die Gegenwartskosten, die mit einer grundlegenden Reform des Arbeitsmarktes und des Sozialstaates verbunden sein werden, in Gestalt höherer Staatsverschuldung auf die nachwachsende Generation zu verlagern. Die Belastungen und »Opfer« sollen gering gehalten werden, die sich aus der Trennung der Arbeits- und Sozialkosten, den steigenden Anforderungen des Sozialstaates, den niedrigeren Einkommen im Markt für einfache Tätigkeiten, allgemein: den Beeinträchtigungen von Anwartschaften, Erwartungen und Besitzständen ergeben. Was sich in der Gegenwart als soziale Gerechtigkeit und Schutz vor angeblichem sozialem Kahlschlag präsentiert, läuft damit letztlich auf die Ausbeutung der kommenden Generation hinaus. Eine Politik, die derartige Folgen in Kauf nimmt, verliert neben ihrer politischen auch ihre soziale und moralische Legitimation. Sie kann sich nicht auf unüberwindliche Sachzwänge, Naturereignisse oder höhere Gewalt berufen. Denn die gegenwärtige Arbeitslosigkeit hat ihre Ursachen ausschließlich in den Versäumnissen und unterbliebenen Strukturanpassungen der letzten Jahrzehnte (mindestens 4 Jahrzehnte! HB) und bis heute. Sie ist damit selbstverschuldet. Wenn die Werte Freiheit der eigenen Lebensgestaltung, Solidarität und soziale Gerechtigkeit auch zwischen den Generationen ihre Geltung und die Fähigkeit behalten sollen, staatliches und gesellschaftliches Handeln zu binden, zu verpflichten und zu legitimieren, dann dürfen wir die gegenwärtige Arbeitslosigkeit nicht mit Maßnahmen bekämpfen, die zu Lasten unserer Kinder und Enkel gehen. Wir müssen die Folgekosten vergangener Versäumnisse in erster Linie selbst tragen. Verpflichtungen zu Lasten kommender Generationen, die nicht aus Investitionen in diese Generationen oder zu ihren Gunsten erwachsen, können diese nicht binden. Sie werden deren Anerkennung verweigern - und sie haben dabei das Recht und unsere Wertordnung auf ihrer Seite.“ (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 172-174).

„Die Entgrenzung des Sozialen und der Glaube an die unerschöpfliche Kraft exponentiellen Wirtschaftswachstums haben im Staatshaushalt Deutschlands tiefe Spuren hinterlassen. Ein Schuldenberg wurd aufgetürmt von einer Höhe, wie sie sonst eigentlich nur als Folge eines Krieges denkbar war. Die Folgen sind in zweifacher Hinsicht deprimierend. Die Sozialpolitik sollte die Gerechtigkeit fördern und Armut beseitigen. Das Ergebnis ihrer finanziellen Unersättlichkeit gefährdet nun beides: die soziale Gerechtigkeit und ausreichende Hilfe für die Ärmeren. Das Wirtschaftswachstum sollte Arbeitsplätze sicher machen, die Arbeitslosigkeit überwinden helfen und den sozialen Frieden sichern. Doch die Arbeitsplätze sind unsicherer geworden, die Arbeitslosigkeit ist gewachsen und die Verteilungskämpfe werden härter werden. .... Der Staatshaushalt ist zu einer schweren Belastung für die Zukunft geworden.“ (Kurt Biedenkopf, Spuren der Entgrenzung, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 174-176).

„Der Entgrenzung der staatlichen Tätigkeiten wurde nicht Einhalt geboten. Die Zukunft ist inzwischen zugunsten der Gegenwart verpfändet. Der Generationenvertrag, im Bereich der Alterssicherung eine beliebte Vorstellung, ist längst zerbrochen. Rentenanwartschaften und Pensionsverpflichtungen haben ihre langfristigen Grundlagen verloren. Der Haushalt des Bundes ist zu einem Haushalt der Vergangenheitsbewältigung verkommen. Allein die Ausgaben für soziale Zwecke nehmen rund 50% des Haushaltes in Anspruch, die Ausgaben für die Verzinsung der Staatsschuld weitere knapp 15%. .... Die Strukturen der Ausgaben des Gesamtstaates einschließlich der Sozialversicherungen bieten ein vergleichbares Bild. Die monetären Sozialleistungen nehmen 40% der Gesamtsumme von 1037 Milliarden in Anspruch, soziale Sachleistungen 16%, Leistungen nach dem Sozialbudget 2% und übrige Transfers im Sozialbereich ebenfalls 2%, zusammen also 60%.“ (Kurt Biedenkopf, Spuren der Entgrenzung, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 178-179).

Daß unsere heutigen Herrschenden in Politik (Abgeordnete in Parlamenten) und Gesellschaft (Lobby-, Besitzstände-Gruppen) keine Demokraten sind, beweist u.a. auch die Tatsache, daß sie die Mehrheit des Volkes ignorieren, verleugnen, verleumden oder gar diskriminieren, denn sie wissen aus allen Umfragen, daß z.B. eine große Mehrheit (nämlich 80 Prozent!) des Volkes will, daß der Staat spart und demzufolge also auch seine Sozialleistungen kürzt. „Insgesamt gibt es offensichtlich eine Bereitschaft, mitzuwirken oder die notwendigen Entscheidungen wenigstens mitzutragen. Dabei genießt die große Koalition ein erhebliches Venrauen. Der Aufforderung, sie solle mehr sparen, also Einschnitte in die staatlichen Leistungen durchsetzen, dafür aber Steuern und Abgaben konstant halten, stimmten im November 2005 bei einer Umfrage von tns-emnid 80 Prozent der Befragten zu. 50 Prozent waren der Meinung, Sozialleistungen sollten angesichts der Kassenlage reduziert werden. 53 Prozent begrüßten die Absicht, dem Einzelnen für seine Alterssicherung mehr Verantwortung zu übertragen. .... 56 Prozent sind der Ansicht, die Schulden solle die Generatiom bezahlen, die sie gemacht hat. .... Die demographische Entwicklung ist das Ergebnis eines millionenfachen Plebiszits und damit ein selbst gesetztes Faktum, vielleicht auch Ausdruck eines übertriebenen Vertrauens in die staatlichen Sicherheitsversprechen. An sie glaubt heute nur noch eine kleine Minderheit. Die Mehrheit hat längst erkannt, daß die sozialpolitischen Zusagen auf den Sand sich schnell wandelnder Verhältnisse gebaut sind.“ (Kurt Biedenkopf, Spuren der Entgrenzung, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 180-182). Doch unsere Herrschenden in Politik und Gesellschaft ignorieren die Mehrheit des Volkes, denn sie sind keine Demokraten. Sie wollen zwar wissen, was die Mehrheit will, aber sie wollen nicht tun, was die Mehrheit will. Die von ihnen betriebene Politik ist eine völlig andere als die, die sie predigen. Ihre Versprechungen sind Lügen und hinter ihnen sehen sie nur ihre Chance zur Realisierung ihrer Macht.

„Für den Weg zurück zur Vernunft bringen wir aus den bisherigen Betrachtungen die folgenden Einsichten und Schlußfolgerungen mit:
1. Das Konzept einer umfassenden Sozialpolitik hat sich nicht bewährt. Es ist nicht gleichgewichtsfähig und nicht enkeltauglich.
2. Wachstum im bisher verstandenen Sinne kann die Probleme der Entgrenzung nicht lösen. Es ist Teil des Problems.
3. Qualitatives Wachstum kann weder die Stabilität noch das innere Gleichgewicht, noch den freiheitlichen Gehalt der Ordnung gefährden. Die Regierung kann es durch eine Veränderung der Prioritäten zugunsten der Ausbildung und Bildung, der Hochschulen und der Forschung, aber auch der kulturellen Äußerungen der Gesellschaft fördern. Sie schafft damit die Voraussetzungen für eine Steigerung der Innovationskraft und der Kreativität der Menschen sowie für die Übernahme personaler Verantwortung durch die große Mehrheit der Bevölkerung. Das wiederum führt dazu, daß sich bestehende Besitzstände neu rechtfertigen müssen oder abgebaut werden. Ein solches Ergebnis - eine wachsende Intelligenz des Gemeinwesens - ist erwünscht. Es kann auch zu einem weiteren Wachstum des materiellen Wohlstands führen.
4. Die öffentlichen Haushalte sind ... zu Zeugnissen des Versagens geworden. Sie sind rückwärtsgewandt und müssen einen wachsenden Teil ihrer Mittel für die Vergagngenheitsbewältigung aufwenden. Grund sind vor allem die politisch begründeten Zwänge, die sich aus einer falschen Ordnung ergeben. Die mit dieser Ordnung verbundenen Machtbesitzstände haben es bisher verhindert, sie grundlegend zu reformieren und so zu einem neuen Grundkonsens zu gelangen. An die Stelle einer wertgebundenen Ordnungspolitik ist ein selbst für die direkt Betroffenen undurchschaubares Dickicht staatlicher Interventionen getreten. Diese erzeugen durch ihre unbeabsichtigten Nebenwirkungen einen nie versiegenden Strom korrigierender Interventionen. Die Entgrenzung der Zuständigkeiten des Staates führt dazu, daß seine Organe sich zunehmend nur noch mit sich selbst beschäftigen. Seine Außenwirkung ist umgekehrt proportional zur Ausweitung seiner Zuständigkeiten. Eine Änderung ist nur zu erwarten, wenn es gelingt, den Übergang vom quantitativen zum qualitativen Wachstum mit der Entstaatlichung eines wesentlichen Teils der verstaatlichten Verteilungskonflikte zu verbinden. Dies entspräche dem Subsidiaritätsprinzip. Es würde auch die kleineren Einheiten im öffentlichen Bereich wie die Zivilgesellschaft stärken, in denen in Zukunft die Konflikte divergierender Interessen unter den Beteiligten ausgetragen würden, also nicht auf dem Weg über das staatliche Gewaltmonopol.
5. Die derzeitige Arbeitsverfassung ist nicht geeignet, allen Menschen Zugang zu Beschäftigung zu eröffnen, die diesen suchen, aber nicht über hinreichende Qualifikationen verfügen. Die Gleichheit der Beschäftigungschancen ist nicht gewährleistet. Wirtschaftswachstum kann, sofern es überhaupt stattfindet, die Defizite der Arbeitsmarktverfassung nicht ausgleichen. .... Hier wird im Blick auf die Bedürfnisse der Wissensgesellschaft eine Öffnung zugunsten unmittelbarer Gestaltungsmöglichkeiten notwendig sein. Wesentliche Veränderungen werden sich aus der Notwendigkeit ergeben, das Sozial- vom Arbeitsverhältnis zu trennen. .... Mit der Ausbreitung der Wissensgesellschaft wird sich auch die Stellung der Arbeitnehmer verändern. Qualitatives Wachstum ist nicht nur auf ein anspruchsvolleres Können, sondern auch auf ein hohes Maß an Kreativität angewiesen. Diese entfaltet sich nicht im Kollektiv oder durch Vormundschaft.
6. Die Auswirkungen der umfassenden staatlichen Vormundschaft auf das Vertrauen der Bürger in die Freiheit und auf ihre Kreativität schaden dem Land. Aus freien Bürgern sind im Laufe der letzten Jahrzehnte ängstliche Leistungsempfänger geworden. Zudem werden sie durch den interventionistischen Staat in zunehmendem Umfang zur Rechtsvermeidung verführt. Die Schattenökonomie und eine damit verbundene massenhafte Steuer- und Beitragsvermeidung sind die Folge. Wir nähern uns dem Punkt, an dem nicht die Rechtsvermeidung unmoralisch ist, sondern die Errichtung von Rahmenbedingugngen, die dazu führen, daß die Bürger wesentliche Bereiche ihrer selbstbestimmten Lebensgestaltung nur noch unter Vermeidung unverständlicher oder schlicht unsinniger staatlicher Interventionen und Rechtsnormen sichern können. Bürger, die auf diese Weise ihre Freiheitsrechte gegen den Staat wahrnehmen müssen, sind selten die Träger einer aktiven und freien Zivilgesellschaft.
7. Schließlich ist in vielen Zusammenhängen deutlich geworden: Die Verantwortung für einen neuen Grundkonsens, für eine neue Sicht der Dinge tragen vor allem die geburtenstarken Jahrgänge (profitiert haben bisher nur die Kinderlosen! HB) .... In vielerlei Hinsicht sind sie auf sich selbst gestellt. ...
Die Solidarität zwischen den Generationen wird sich bei alledem an neuen, nicht erlebten Aufgaben bewähren müssen.“ (Kurt Biedenkopf, Einsichten und Schlußfolgerungen, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 185-191).

„Ein Volk, das die Stimmen seiner Ahnen nicht hört und die Interessen seiner Nachkommen nicht achtet, hat keine Zukunft.“ (Kurt Biedenkopf, Generationen-Gerechtigkeit, in: ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 224).

Auf dem Spiel steht nicht nur unser jetziger Wohlstand, sondern die Zukunft der nächsten Generationen. Bereits seit mehreren Jahrzehnten (lange vor dem Fall des Eiserenen Vorhangs) sinken in Deutschland die inflationsbereinigten Reallöhne - obwohl technologischer Fortschritt und produktives Wachstum längst eine Verdoppelung der Realeinkommen hätte erzwingen müssen - wie das früher stes üblich war. Wer dieses wundersame Paradoxon verschweigt oder vertuscht, macht sich mitschuldig am schleichenden Niedergang Europas!

Seit mehreren Jahrzehnten also sind die inflationsbereinigten Nettolöhne und Renten in Deutschland um etwa 15% gesunken - und das, obwohl die Produktivität in derselben Zeit um 100% gestiegen ist. Anstelle eines üblichen Wohlstandszuwachses von ca. 100 % hat sich also seit vielen mehreren Jahrzehnten eine deutliches Minus ergeben.

In konkreten Zahlen ausgedrückt heißt das: Wer heute 1500 Euro netto verdient, müßte eigentlich längst 3400 Euro netto bekommen!

Der europäische und globale Lohndumpingwettbewerb (ausgelöst durch den Zollabbau) hat leider die normale Lohnentwicklung verhindert! Der Hintergrund dafür ist das kapitalistische Ermächtigungsgesetz.

Die Konzerne wurden immer mächtiger, Millionen Aktionäre wurden sagenhaft reich - aber dem Durchschnittsbürger in den Hochlohnländern geht es heute wesentlich schlechter als in den 1970er Jahren - und das trotz der historischen Tatsache, daß sich die Produktivität seitdem mehr als verdoppelt hat und die Leistungsverdichtungen am Arbeitsplatz stark zugenommen haben.

Wirtschaftlich geht es uns heute also deutlich schlechter als in den 1970er Jahren!

Die Faustregel des produktiven Fortschritts besagt: Wohlstands-Verdoppelung alle 25 Jahre!

Bei uns aber wird seit Jahrezehnten das Umgekehrte praktitziert: Wohlstands-Halbierung alle 25 Jahre!

 

 

 

 

 

Wir können das alles ändern, wir müssen es nur wollen!

 

 

 

 

 

Raus aus der EU!

 

 

 

 

** ** ** **

Wirtschaftswachstum
Staatsverschuldung
1991  600 000 000 000 €
1992  688 000 000 000 €
1993  778 000 000 000 €
1994  849 000 000 000 €
19951 019 000 000 000 €
19961 087 000 000 000 €
19971 133 000 000 000 €
19981 166 000 000 000 €
19991 200 000 000 000 €
20001 216 000 000 000 €
... 
20071 560 000 000 000 €
... 
20101 980 000 000 000 €
Struktur der Staatsverschuldung 2004
Bund812 086 000 000 €
Bundes-
länder
448 687 000 000 €
Gemein-
den
112 070 000 000 €
Einheits-
fonds
  39 035 000 000 €
ERP-Sonder-
vermögen
  18 200 000 000 €
Summe1 430 078 000 000 €
Staatliche Sozialleistungen 2004
Rentenversicherung35%
Krankenversicherung
21%

Pflegeversicherung

 2%
Unfallversicherung  2%
Arbeitslosenversicherung10%
Sozialhilfe
 4%

Jugendhilfe

 3%
Erziehungs- & Kindergeld 1%
Wohngeld 1%
Familienleistungsausgleich 5%
Öffentlicher Dienst 8%
Restliche Leistungen
 8%
Summe100%
Sozialleistungen
Staatsausgaben
BIP
   Steuer
 - Anteile in Prozent (%): 
30% Mehrwert (Umsatz)
29% Lohn
8% Mineralöl
6% Gewerbe
5% Körperschaft
3% Kapitalertrag
3% Einkommen
3% Solidaritätszuschlag
3% Tabak
2% Grund
2% Zinsabschlag
2% Versicherung
1% Kraftfahrzeug
1% Grunderwerb
1% Zölle
Rest*: 1%
Steueraktive und Steuerpassive
1) 6,1% zahlen 70% der Steuern;
2) 24,4% zahlen 30% der Steuern;
3) 19,5% sind von Steuern befreit;
4) 50% sind zu 100% Sozialfälle.
1, 2) 30,5% Steueraktive;
3, 4)
69,5% Steuerneutrale, -passive.
Steueraktive und Steuerpassive
1) 70% der Steuern von 6,1% bezahlt;
2) 30% der Steuern von 24,4% bezahlt.
1, 2) 100% der Steuern von 30,5% bezahlt.
Vgl. Peter Sloterdijk, Die nehmende
Hand und die gebende Seite
, 2010,
S. 36 (**), 117 (**), 137-138 (**),
S. 143 (**), 151-152 (**) et passim.

Kugel Fünf Ränge der Sozialpolitik

1.Deutschland
2.Norwegen, Schweiz, Finnland u.a.
3.England, Italien u.a.
4.USA u.a.
5.China, Indien u.a. (rd. 160 Staaten)

Die Welt kennt fünf Ränge der Sozialpolitik. Unten stehen rund 160 Nationen ohne Hilfe für soziale Notlagen. Konkurrenten wie China und Indien gehören dazu. Darüber rangieren die Vereinigten Staaten. Sie geben ihren Bürgern ein Fünfjahreskonto, mit dem diese sparsam umgehen, um bei Notlagen Halt zu finden. Vorher weichen sie auf Ersparnisse, Verwandte oder schlecht bezahlte Arbeit aus. Auf dem dritten Platz liegt ein rundes Dutzend Nationen, in denen zwar lebenslänglich Sozialhilfe gewährt wird, diese aber knapp ausfällt wie in Italien und England. Auf dem zweithöchsten Rang findet sich ein weiteres Dutzend Nationen. Auch sie zahlen lebenslänglich und dazu relativ großzügig aus, wobei Norwegen, Finnland und die Schweiz an der Spitze liegen. Den ersten Rang belegt Deutschland allein.“ (Gunnar Heinsohn, Die Schrumpfvergreisung ..., in: F.A.Z., 05.10.2010 ).

Kugel Wissen und Kapital - Motoren der Wohlstandsmehrung: „Von den knapp siebenhunderttausend Stunden, die derzeit ein Menschenleben im statistischen Mittel in Deutschland währt, bringen Erwerbstätige rund sechzigtausend Stunden mit Erwerbsarbeit zu. Das sind acht Prozent ihres Lebens. Noch vor hundert Jahren lag dieser Anteil bei zwanzig Prozent. (Arbeitszeit). Dennoch erwirtschaftete ein Erwerbstätiger im Jahr 2000 im Vergleich zu 1900 gut die sechsfache Menge an Gütern und Diensten. Pro Arbeitsstunde produzierte er sogar das Zwölffache. Dabei ereignete sich der entscheidende Produktivitätsschub wiederum in der zweiten Jahrhunderthälfte. Von 1950 bis 2000 erhöhte sich in Westdeutschland die Wirtschaftsleistung pro Erwerbstätigen auf das Fünffache und pro Arbeitsstunde auf das 7,6fache. Ähnlich verlief die Entwicklung in allen anderen früh industrialisierten Ländern. Überall stieg dank einer historisch einzigartigen Erhöhung des Einsatzes von Wissen und Kapital die Produktivität. Nur in wenigen Ländern, wie den USA, wurden zugleich auch noch zusätzliche Arbeitsstunden pro Kopf der Bevölkerung erbracht. In der Regel ging der Arbeitseinsatz deutlich zurück. Wissen und Kapital ist es zuzuschreiben, daß die Erwerbsbevölkerungen heute in kürzerer Zeit ein Vielfaches der früheren Güter- und Dienstleistungsmenge erwirtschaften. Besonders hoch ist der Wissens- und Kapitaleinsatz in Deutschland, insbesondere in Westdeutschland. Hier stieg das verwendete Kapital - im gleichen Geldwert - von 1950 bis 2000 pro Erwerbstätigen auf das Fünffache und pro Erwerbstätigenstunde auf das Siebenfache. Im Jahr 2000 kam auf jeden Erwerbstätigen in Deutschland ein Kapitalstock - Fabrikgebäude, Maschinen, Patente, Lizenzen und so weiter - von durchschnittlich 260000 Euro. Kaum ein anderes Land hat einen ähnlich hohen Kapitaleinsatz. In den meisten Ländern ist er sogar deutlich niedriger. Aufgrund dieser hohen Kapitalintensität werden in Deutschland Güter und Dienste mit einer im internationalen Vergleich besonders geringen Arbeitsmenge erwirtschaftet. Nirgends werden mit so wenig Arbeit so große Werte geschaffen. Zwar ist in Ländern wie der Schweiz, Japan oder den USA das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt größer als hierzulande, aber dieses Mehr ist hart erarbeitet. 1998 war nach OECD-Angaben die in der Schweiz erbrachte Arbeitsmenge pro Kopf der Bevölkerung um 22 Prozent, in Japan und den USA sogar um vierzig Prozent höher als in Deutschland. (Vgl. OECD, Employment Outlook, Juni 2000, S. 219). Das war vor allem in Japan und den USA weit mehr als das zusätzlich erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt. Mit seiner Stundenproduktivität lag Deutschland weit vorn. Doch im Grundsatz wenden alle früh industrialisierten Länder das gleiche Rezept an: viel Kapital, noch mehr Wissen und immer weniger Arbeit.“ (Meinhard Miegel, Die deformierte Gesellschaft, 2002, S. 122-124). Vgl. auch: „Wissensbanken“.

„Was aber ist dieses Wissen und Kapital, das sich in der technischen Entwicklung und vielen anderen Formen des Fortschritts niederschlägt und dadurch die Produktivität steigert ?  Beide sind die Früchte bereits erbrachter Arbeit, wobei der Zeitpunkt ihrer Erbringung Tage, Jahre und Jahrhunderte zurückliegen kann. Das heutige Wissen wurde über sehr lange Zeiträume hinweg angesammelt. In dieser Hinsicht stehen wir auf den Schultern ungezählter Generationen, auch wenn erst in neuer und neuester Zeit jene Wissensexplosion stattgefunden hat, die die Produktivität in früher unvorstellbare Höhen katapultiert hat. Über einen wesentlich kürzeren Zeitraum erstreckt sich die Bildung von Kapital. Aber auch hier haben Generationen Stein auf Stein gefügt. So gesehen, ruhen entwickelte Volkswirtschaften auf Arbeit, die bereits erbracht worden ist, und von der Verfügbarkeit dieser Arbeit hängt ihre Produktivität ab. Hieraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen für das Verständnis von Arbeit und die ihr zugewiesene Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft. Der scheinbar so bündige Arbeitsbegriff zerfällt. Arbeit manifestiert sich in unterschiedlichen Formen, und jede dieser Formen hat ihre eigene Funktion und Wirksamkeit. Die größte Wohlstandsmehrung bewirkt Arbeit - mittelbar - als Wissen. Daneben ist sie - ebenfalls mittelbar - als Kapital in den Vordergrund gerückt. In ihrer Gestalt als Erwerbsarbeit erfährt sie dagegen eine Bedeutungsminderung, zumindest soweit es um die Bereitstellung von Gütern und Diensten geht. Zugleich gehen die Formen der Arbeit untereinander Verbindungen ein. So wird Wissen häufig durch Erwerbsarbeit produktiv. zwingend oder gar ausschließlich ist diese Verbindung jedoch nicht. Immer häufiger verschmelzen auch Wissen und Kapital. Ein Symbol dafür ist die Maschine im weitesten Sinne. Wohl geht in sie stets auch Erwerbsarbeit ein, doch das in ihr verschmolzene Wissen und Kapital entfaltet eine eigene produktive Existenz. Eine weiterentwickelte Maschine oder ein neues Produktionsverfahren erhöht in der Regel die Wertschöpfung. Die Menschen, die diese Maschine erdacht haben oder anwenden, treten häufig hinter dem Werk zurück. Diese von der unmittelbaren Erwerbsarbeit weitgehend abgelöste Wertschöpfung durch Wissen und Kapital ist das Spezifikum entwickelter Volkswirtschaften. Mit ihr steht und fällt die Wohlhabenheit des Gemeinwesens. Das zeigt erneut ein Blick in die Geschichte und über die Grenzen. Früher lebten Völker in großer Dürftigkeit, nicht weil sie wenig, sondern weil sie wissens- und kapitalarm arbeiteten. Und auch gegenwärtig gibt es viele Länder, in denen die Menschen mehr und härter arbeiten als in Deutschland oder einem sonstigen früh industrialisierten Land. Aufgrund ihres Wissens- und Kapitalmangels sind jedoch die Ergebnisse ihrer Arbeit bescheiden.“ (Meinhard Miegel, Die deformierte Gesellschaft, 2002, S. 124-125).

Gerechter Lohn?  „Wenn überhaupt, wird allenfalls die relative Höhe des Lohns von der individuell erbrachten Arbeitsleistung bestimmt. Ein Erwerbstätiger, der besonders qualifiziert, geschickt und fleißig ist, verdient vielleicht doppelt so viel wie einer, der geringere Fähigkeiten hat. Ob dieses Doppelte aber viel oder wenig ist, ob es dreihundert oder dreitausend Euro sind, hängt nicht so sehr von seinem Geschick und Fleiß ab, sondern von der Wissens- und Kapitalintensität seines Arbeitsplatzes im Besonderen und der Volkswirtschaft im Allgemeinen. Wissen und Kapital bestimmen die absolute Höhe des Einkommens. Damit wird das hehre Postulat »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« zur hohlen Phrase.“ (Meinhard Miegel, Die deformierte Gesellschaft, 2002, S. 126).

Wissen und Kapital gehören „zu den wichtigsten Instrumenten bei der Bewältigung der demographischen Herausforderung. Aber werden sie den Aufgaben gewachsen sein ? .... In zwanzig bis dreißig Jahren benötigt der drastisch schrumpfende Anteil Erwerbstätiger ... wesentlich ergiebigere Wissens- und Kapitalquellen, wenn die Wirtschaft weiter florieren soll. Was dieser Ausbau des Wissens- und Kapitalstocks bedeutet, können sich wiederum viele kaum vorstellen. Verlangt ist auch hier eine nachhaltige Veränderung tief verinnerlichter und lieb gewonnenener Verhaltensweisen. Um Wissen als Frucht menschlicher Arbeit ernten zu können, müssen zunächst Menschen qualifiziert und motiviert werden, diese Arbeit zu erbringen. In der Vergangenheit hat Deutschland auf diesem Gebiet Hervorragendes geleistet. Seine Schulen, Hochschulen und Universitäten sowie sein System der Berufsbildung hatten für viele Länder Modellchararkter. (Sie waren neidisch auf Deutschland, weil Deutschland in allen Bereichen Weltmeister war; HB Deutschland). Die Zahl der Nobelpreisträger und großen Erfinder war, gemessen an seiner Bevölkerung, außerordentlich hoch. (Deutschland hatte pro Jahr mehr Nobelpreisträger als der Rest der Welt zusammen! Die wissenschaftliche Literatur der Welt erschien zu über 80% in deutscher Sprache! HB WissenschaftDeutschland).“ (Meinhard Miegel, Die deformierte Gesellschaft, 2002, S. 133).

Weiter zur Beziehung von
Wirtschaft und Demographie

Vgl. Wissenschaft

 

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© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014).