X. Das Finanzwesen
Artikel
104a [Das Tragen der Ausgaben von Bund und Ländern]:(1) Der Bund
und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung
ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt. (2)
Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus
ergebenden Ausgaben. (3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren
und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß
die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz,
daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es
im Auftrage des Bundes durchgeführt. Bestimmt das Gesetz, daß die Länder
ein Viertel der Ausgaben oder mehr tragen, so bedarf es der Zustimmung des Bundesrates.
(4) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame
Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) gewähren,
die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder
zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung
des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind. Das Nähere, insbesondere
die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes
durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. (5) Der Bund und die Länder
tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften
im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung.
Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf.Artikel
105 [Verteilung der Gesetzgebungskompetenz im Steuerwesen]:(1) Der Bund
hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen
Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder
die Voraussetzungen des Artikel
72 Abs. 2 vorliegen. (2a) Die Länder haben die Befugnis zur
Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange
und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. (3)
Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden
(Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der
Zustimmung des Bundesrates. Artikel
106 [Verteilung des Steueraufkommens]:(1) Der Ertrag der Finanzmonopole
und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:1. die Zölle,
2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern,
nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden
zustehen, 3. die Straßengüterverkehrsteuer, 4. die
Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs
erhobenen Ausgleichsabgaben, 6. die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer
und zur Körperschaftsteuer, 7. Abgaben im Rahmen der Europäischen
Gemeinschaften. (2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern
zu:1. die Vermögensteuer, 2. die Erbschaftsteuer, 3.
die Kraftfahrzeugsteuer, 4. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach
Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
5. die Biersteuer, 6. die Abgabe von Spielbanken. (3)
Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer
steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit
das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer
nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer
und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte
beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der
Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:1. Im Rahmen
der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig
Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben
unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2. Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so
aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung
der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse
im Bundesgebiet gewahrt wird. Zusätzlich werden in die Festsetzung
der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen
einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung
von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz
nach Satz 3. (4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer
sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und
Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen,
die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich
einbezogen weren, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern
durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen,
so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf
einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für
die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder
zu bestimmen. (5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen
der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage
der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere
bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann
bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil
festsetzen. (5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen
Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der
Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden
weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, besimmt. (6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer
steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern
steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden
zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer
und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine
Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der
örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder
können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden.
Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können
die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer
und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt
werden. (7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern
fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung
zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung,
ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden)
zufließt. (8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen
(Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich,
wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht
zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen
Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden)
als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels
gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
Artikel
106a [Finanzausgleich für den Personennahverkehr]:Den Ländern
steht ab 01. Januar 1996 für den öffentlichen Personennahverkehr
ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundes zu. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Der Betrag nach Satz 1 bleibt bei der
Bemessung der Finanzkraft nach Artikel
107 Abs. 2 unberücksichtigt. Artikel
107 [Finanzausgleich]:(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil
am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen
Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem
Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer
und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über
Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz
kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des örtlichen
Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer
steht den einzelnen Ländern nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu; für
einen Teil, höchstens jedoch für ein Viertel dieses Länderanteils,
können durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ergänzungsanteile
für die Länder vorgesehen werden, deren Einnahmen aus den Landessteuern
und aus der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer je Einwohner unter
dem Durchschnitt der Länder liegen. (2) Durch das Gesetz ist sicherzustellen,
daß die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen
wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände)
zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Ausgleichsansprüche
der ausgleichsberechtigten Länder und für die Ausgleichsverbindlichkeiten
der ausgleichspflichtigen Länder sowie die Maßstäbe für die
Höhe der Ausgleichsleistungen sind in dem Gesetz zu bestimmen. Es kann auch
bestimmen, daß der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern
Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen)
gewährt. Artikel
108 [Finanzverwaltung]:(1) Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich
geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer und die
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften werden durch Bundesfinanzbehörden
verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden wird durch Bundesgesetz geregelt. Soweit
Mittelbehörden eingerichetet sind, werden deren Leiter im Benehmen mit den
Landesregierungen bestellt. (2) Die übrigen Steuern werden durch
Landesfinanzbehörden verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden und die einheitliche
Ausbildung der Beamten können durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
geregelt werden. Soweit Mittelbehörden eingerichetet sind, werden deren Leiter
im Einvernehmen mit der Bundesregierung bestellt. (3) Verwalten die Landesfinanzbehörden
Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund zufließen, so werden sie im Auftrage
des Bundes tätig. Artikel
85 Abs. 3 und 4 gilt mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Bundesregierung
der Bundesminister der Finanzen tritt. (4) Durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann bei der Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirken
von Bundes- und Landesfinanzbehörden sowie für Steuern, die unter Absatz
1 fallen, die Verwaltung durch Landesfinanzbehörden und für andere Steuern
die Verwaltung durch Bundesfinanzbehörden vorgesehen werden, wenn und soweit
dadurch der Vollzug der Steuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird.
Für die den Gemeinden (Gemeindeverbänden) allein zufließenden
Steuern kann die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung durch die
Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen
werden. (5) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren
wird durch Bundesgesetz geregelt. Das von den Landesfinanzbehörden und in
den Fällen des Absatzes 4 Satz 2 von den Gemeinden (Gemeindeverbänden)
anzuwendende Verfahren kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
geregelt werden. (6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz
einheitlich geregelt. (7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriften
erlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) obliegt. Artikel
109 [Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern]:(1) Bund und Länder
sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. (3) Durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für
Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht,
für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige
Finanzplanung aufgestellt werden. (4) Zur Abwehr einer Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts können durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, Vorschriften über1. Höchstbeträge,
Bedingungen und Zeitfolge der Aufnahme von Krediten durch Gebietskörperschaften
und Zweckverbände und2. eine Verpflichtung von Bund und Ländern,
unverzinsliche Guthaben bei der Deutschen Bundesbank zu unterhalten (Konjunkturausgleichsrücklagen),erlassen
werden. Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen können
nur der Bundesregierung erteilt werden. Die Rechtsverordnungen bedürfen der
Zustimmung des Bundesrates. Sie sind aufzuheben, soweit der Bundestag es verlangt;
das Nähere bestimmt das Bundesgesetz. Artikel
110 [Haushaltsplan und Haushaltsgesetz des Bundes]:(1) Alle Einnahmen
und Ausgaben des Bundes sind in den Haushaltsplan einzustellen; bei Bundesbetrieben
und bei Sondervermögen brauchen nur die Zuführungen oder die Ablieferungen
eingestellt zu werden. Der Haushaltsplan ist in Einnahme und Ausgabe auszugleichen.
(2) Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre,
nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz
festgestellt. Für Teile des Haushaltsplanes kann vorgesehen werden, daß
sie für unterschiedliche Zeiträume, nach Rechnungsjahren getrennt, gelten.
(3) Die Gesetzesvorlage nach Absatz 2 Satz 1 sowie Vorlagen zur Änderung
des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes werden gleichzeitig mit der Zuleitung
an den Bundesrat beim Bundestage eingebracht; der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb
von sechs Wochen, bei Änderungsvorlagen innerhalb von drei Wochen, zu den
Vorlagen Stellung zu nehmen. (4) In das Haushaltsgesetz dürfen nur
Vorschriften aufgenommen werden, die sich auf die Einnahmen und die Ausgaben des
Bundes und auf den Zeitraum beziehen, für den das Haushaltsgesetz beschlossen
wird. Das Haushaltsgesetz kann vorschreiben, daß die Vorschriften erst mit
der Verkündung des nächsten Haushaltsgesetzes oder bei Ermächtigung
nach Artikel 115 zu einem späteren Zeitpunkt außer Kraft treten. Artikel
111 [Vorläufige Haushaltswirtschaft]:(1) Ist bis zum Schluß
eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr nicht durch
Gesetz festgestellt, so ist bis zu seinem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt,
alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind,a. um gesetzlich bestehende
Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,b.
um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen,c.
um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für
diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres
bereits Beträge bewilligt worden sind. (2) Soweit nicht auf besonderem
Gesetz beruhende Einnahmen aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die
Betriebsmittelrücklage die Ausgaben unter Absatz 1 decken, darf die Bundesregierung
die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis
zur Höhe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes im
Wege des Kredits flüssig machen. Artikel
112 [Über- oder außerplanmäßige Ausgaben]:Überplanmäßige
und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Zustimmung des
Bundesministers der Finanzen. Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und
unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden. Näheres kann durch Bundesgesetz
bestimmt werden. Artikel
113 [Ausgabenerhöhende und einnahmemindernde Gesetze; Zustimmung der Bundesregierung]:(1)
Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplanes
erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft
mit sich bringen, bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung. Das gleiche
gilt für Gesetze, die Einnahmeminderungen in sich schließen oder für
die Zukunft mit sich bringen. Die Bundesregierung kann verlangen, daß der
Bundestag die Beschlußfassung über solche Gesetze aussetzt. In diesem
Fall hat die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen dem Bundestage eine Stellungnahme
zuzuleiten. (2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen, nachdem
der Bundestag das Gesetz beschlossen hat, verlangen, daß der Bundestag erneut
Beschluß faßt. (3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande
gekommen, kann die Bundesregierung ihre Zustimmung nur innerhalb von sechs Wochen
und nur dann versagen, wenn sie vorher das Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 und
4 oder nach Absatz 2 eingeleitet hat. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Zustimmung
als erteilt. Artikel
114 [Rechnungslegung, Rechnungsprüfung]:(1) Der Bundesminister der
Finanzen hat dem Bundestage und dem Bundesrate über alle Einnahmen und Ausgaben
sowie über das Vermögen und die Schulden im Laufe des nächsten
Rechnungsjahres zur Entlastung der Bundesregierung Rechnung zu legen. (2)
Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit besitzen,
prüft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit
der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Er hat außer der Bundesregierung
unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate jährlich zu berichten. Im übrigen
werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz geregelt. Artikel
115 [Kreditaufnahme, Grenzen]:(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die
Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen,
die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, bedürfen
einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch
Bundesgesetz. Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan
veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen
sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt. (2)
Für Sondervermögen des Bundes können durch Bundesgesetz Ausnahmen
von Absatz 1 zugelassen werden.
Xa. Verteidigungsfall
Artikel
115a [Begriff und Feststellung]:(1) Die Feststellung, daß das Bundesgebiet
mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall),
trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt
auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der
abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. (2)
Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und stehen einem rechtzeitigen
Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist
er nicht beschlußfähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuß diese
Feststellung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens
der Mehrheit seiner Mitglieder. (3) Die Feststellung wird vom Bundespräsidenten
gemäß Artikel 82 im Bundesgesetzblatte verkündet. Ist dies nicht
rechtzeitig möglich, so erfolgt die Verkündung in anderer Weise; sie
ist im Bundesgesetzblatte nachzuholen, sobald die Umstände es zulassen. (4)
Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sind die zuständigen
Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu
treffen, so gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt verkündet,
in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident gibt diesen Zeitpunkt
bekannt, sobald die Umstände es zulassen. (5) Ist die Feststellung
des Verteidigungsfalles verkündet und wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt
angegriffen, so kann der Bundespräsident völkerrechtliche Erklärungen
über das Bestehen des Verteidigungsfalles mit Zustimmung des Bundestages
abgeben. Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 tritt an die Stelle des Bundestages
der Gemeinsame Ausschuß. Artikel
115b [Übergang der Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte
auf den Bundeskanzler]:Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles
geht die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler
über. Artikel
115c [Erweiterte Gesetzgebungskompetenz des Bundes]:(1) Der Bund hat
für den Verteidigungsfall das Recht der konkurrierenden Gesetzgebung auch
auf den Sachgebieten, die zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder
gehören. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. (2)
Soweit es die Verhältnisse während des Verteidigungsfalles erfordern,
kann durch Bundesgesetz für den Verteidigungsfall1. bei Enteignungen
abweichend von Artikel
14 Abs. 3 Satz 2 die Entschädigung vorläufig geregelt werden,2.
für Freiheitsentziehungen eine von Artikel
104 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 abweichende Frist, höchstens jedoch
eine solche von vier Tagen, für den Fall festgesetzt werden, daß ein
Richter nicht innerhalb der für Normalzeiten geltenden Frist tätig werden
konnte. (3) Soweit es zur Abwehr eines gegenwärtigen oder unmittelbar
drohenden Angriffs erforderlich ist, kann für den Verteidigungsfall durch
Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates die Verwaltung und das Finanzwesen
des Bundes und der Länder abweichend von den Abschnitten VIII,
VIIIa und
X geregelt werden, wobei
die Lebensfähigkeit der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände,
insbesondere auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren ist. (4) Bundesgesetze
nach den Absätzen 1 und 2 Nr. 1 dürfen zur Vorbereitung ihres Vollzuges
schon vor Eintritt des Verteidigungsfalles angewandt werden. Artikel
115d [Abgekürztes Gesetzgebungsverfahren]:(2) Gesetzesvorlagen
der Bundesregierung, die sie als dringlich bezeichnet, sind gleichzeitig mit der
Einbringung beim Bundestage dem Bundesrate zuzuleiten. Bundestag und Bundesrat
beraten diese Vorlagen unverzüglich gemeinsam. Soweit zu einem Gesetze die
Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, bedarf es zum Zustandekommen des
Gesetzes der Zustimmung der Mehrheit seiner Stimmen. Das Nähere regelt eine
Geschäftsordnung, die vom Bundestage beschlossen wird und der Zustimmung
des Bundesrates bedarf. (3) Für die Verkündung der Gesetze
gilt Artikel
115a Abs. 3 Satz 2 entsprechend. Artikel
115e [Befugnisse des Gemeinsamen Ausschusses]:(1) Stellt der Gemeinsame
Ausschuß im Verteidigungsfalle mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der
abgegebenen Stimmen, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder fest, daß
dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse
entgegenstehen oder daß dieser nicht beschlußfähig ist, so hat
der Gemeinsame Ausschuß die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt
deren Rechte einheitlich wahr. (2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses
darf das Grundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise außer
Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden. Zum Erlaß von Gesetzen
nach Artikel
23 Abs. 1 Satz 2, Artikel
24 Abs. 1 oder Artikel
29 ist der Gemeinsame Ausschuß nicht befugt. Artikel
115f [Außerordentliche Befugnisse der Bundesregierung]:(1) Die
Bundesregierung kann im Verteidigungsfalle, soweit es die Verhältnisse erfordern,
1. den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiete einsetzen;2.
außer der Bundesverwaltung auch den Landesregierungen und, wenn sie es für
dringlich erachtet, den Landesbehörden Weisungen erteilen und diese Befugnis
auf von ihr zu bestimmende Mitglieder der Landesregierungen übertragen. (2)
Bundestag, Bundesrat und der Gemeinsame Ausschuß sind unverzüglich
von den nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen zu unterrichten. Artikel
115g [Stellung des Bundesverfassungsgerichts]:Die verfassungsmäßige
Stellung und die Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufgaben des
Bundesverfassungsgerichtes und seiner Richter dürfen nicht beeinträchtigt
werden. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht darf durch ein Gesetz
des Gemeinsamen Ausschusses nur insoweit geändert werden, als dies auch nach
Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlaß eines solchen Gesetzes kann
das Bundesverfassungsgericht die zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Gerichtes
erforderlichen Maßnahmen treffen. Beschlüsse nach Satz 2 und Satz 3
faßt das Bundesverfassungsgericht mit der Mehrheit der anwesenden Richter.
Artikel
115h [Wahlperioden und Amtszeiten von Verfassungsorganen]:(1) Während
des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des Bundestages oder der Volksvertretungen
der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. Die
im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit des Bundespräsidenten sowie bei
vorzeitiger Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung seiner Befugnisse durch den
Präsidenten des Bundesrates enden neun Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.
Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des Bundesverfassungsgerichtes
endet sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. (2) Wird
eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch den Gemeinsamen Ausschuß erforderlich,
so wählt dieser einen neuen Bundeskanzler mit der Mehrheit seiner Mitglieder;
der Bundespräsident macht dem Gemeinsamen Ausschuß einen Vorschlag.
Der Gemeinsame Ausschuß kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch
aussprechen, daß er mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder
einen Nachfolger wählt. (3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles
ist die Auflösung des Bundestages ausgeschlossen. Artikel
115i [Befugnisse der Landesregierungen]:(1) Sind die zuständigen
Bundesorgane außerstande, die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr der
Gefahr zu treffen, und erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges selbständiges
Handeln in einzelnen Teilen des Bundesgebietes, so sind die Landesregierungen
oder die von ihnen bestimmten Behörden oder Beauftragten befugt, für
ihren Zuständigkeitsbereich Maßnahmen im Sinne des Artikels
115f Abs. 1 zu treffen. (2) Maßnahmen nach Absatz 1 können
durch die Bundesregierung, im Verhältnis zu Landesbehörden und nachgeordneten
Bundesbehörden auch durch die Ministerpräsidenten der Länder, jederzeit
aufgehoben werden. Artikel
115k [Geltungsdauer der außerordentlichen Vorschriften]:(1) Für
die Dauer ihrer Anwendbarkeit setzen Gesetze nach Artikel
115c, Artikel
115e und Artikel
115g und Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze ergehen, entgegenstehendes
Recht außer Anwendung. Dies gilt nicht gegenüber früherem Recht,
das auf Grund von Artikel
115c, Artikel
115e und Artikel
115g erlassen worden ist. (2) Gesetze, die der Gemeinsame Ausschuß
beschlossen hat, und Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze ergangen
sind, treten spätestens sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles
außer Kraft. (3) Gesetze, die von Artikel
91a, Artikel
91b, Artikel
104a, Artikel
106 und Artikel
107 abweichende Regelungen enthalten, gelten längstens bis zum Ende des
zweiten Rechnungsjahres, das auf die Beendigung des Verteidigungsfalles folgt.
Sie können nach Beendigung des Verteidigungsfalles durch Bundesgesetz mit
Zustimmung des Bundesrates geändert werden, um zu der Regelung gemäß
den Abschnitten VIIIa
und X überzuleiten.
Artikel
115l [Aufhebung von außerordentlichen Gesetzen und Maßnahmen; Beendigung
des Verteidigungsfalles; Friedensschluß]:(1) Der Bundestag kann
jederzeit mit Zustimmung des Bundesrates Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses aufheben.
Der Bundesrat kann verlangen, daß der Bundestag hierüber beschließt.
Sonstige zur Abwehr der Gefahr getroffene Maßnahmen des Gemeinsamen Ausschusses
oder der Bundesregierung sind aufzuheben, wenn der Bundestag und der Bundesrat
es beschließen. (2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates
jederzeit durch einen vom Bundespräsidenten zu verkündenden Beschluß
den Verteidigungsfall für beendet erklären. Der Bundesrat kann verlangen,
daß der Bundestag hierüber beschließt. Der Verteidigungsfall
ist unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen
für seine Feststellung nicht mehr gegeben sind. (3) Über den
Friedensschluß wird durch Bundesgesetz entschieden. |