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Drakonische
Wende. Wege aus der Krise: Deutschland braucht eine offensive Bevölkerungs-
und eine restriktive Ausländerpolitik (von Doris Neujahr) Mit
Aplomb ist die deutsche Frage in die öffentliche Diskussion zurückgekehrt.
Sie lautet ganz elementar, ob die Deutschen in der Lage sind und es für wert
halten, als Volk zu überleben. Die demographischen Daten lassen für
die Zukunft auf soziale Verwerfungen, den Verlust von Wirtschafts- und geistiger
Spannkraft schließen. Die aktuellen Probleme der Renten- und Krankenkassen
sind nur das Donnergrollen, welches von ferne das eigentliche Gewitter ankündigt.
Es geht um das staatliche, gesellschaftliche und kulturelle Gefüge des Landes.
Verschärft werden die Probleme durch die katastrophal falsche Zuwanderungspolitik
der letzten Jahrzehnte. Für die eingetretene Lage sind zunächst
allgemeine zivilisatorische Entwicklungen ursächlich. Eine wesentliche ist
die Möglichkeit massenhafter Teilhabe an der Konsumgesellschaft, die - von
vielen zum zentralen Lebenszweck überhöht - zu keinem Massenglück
geführt, sondern eine Spirale weiterer Konsumwünsche in Gang gesetzt
hat. Das hat zu einer Neujustierung persönlicher Prioritäten geführt. Die
Situation hat aber auch mit dem Verzicht auf Politik, konkret: mit dem Verzicht
auf eine offensive Bevölkerungspolitik zu tun. Es ist paradox: Noch immer
werden hierzulande größere Geldmassen für soziale Zwecke umgeschichtet
als anderswo. Außerdem leistet Deutschland sich das am exzessivsten ausgeklügelte
Steuerrecht der Welt. Wenn trotzdem das Wichtigste: die Förderung eines gesunden
Familienlebens, grandios verfehlt wird, läßt das auf falsche oder fehlende
Zielführung schließen. Der zweite Aspekt des bevölkerungspolitischen
Defizits: Statt um Menschen als neue Mitbürger zu werben, die über Hirn,
Benimm und Kapital verfügen, hat die Bundesrepublik über Gebühr
armes, ländliches, oft analphabetisches Volk in Massen angezogen. Zur Begründung
hielt, wie gewöhnlich, das »Dritte Reich« her! Der Mißerfolg
der späten Green-Card-Aktion zeigt an, wohin das Land in den Augen der Tüchtigen
und Talentierten dieser Welt damit gekommen ist. Sage mir, wer Deine Gesellschaft
sucht, und ich sage Dir, wer Du bist! Wer unfähig ist, in der Politik als
Subjekt zu agieren, wird zu ihrem Objekt degradiert. Carl Schmitt: »Dadurch,
daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder den Willen hat, sich in der Sphäre
des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es
verschwindet nur ein schwaches Volk.« Man kann sich nun in das »Grandhotel
Abgrund« zurückziehen und versuchen, bei Spengler-Lektüre den
bittersüßen Untergang des Abendlandes auszukosten. Apropos Spengler:
Vieles von dem, was jetzt als neu und noch nie dagewesen heraustrompetet wird,
hat er längst beschrieben, etwa die innere Zerfaserung des modernen Menschen,
der für seine Existenz und ihre Fortsetzung in der Generativität keinen
Grund mehr findet. Damit beginnt »eine entsetzliche Entvölkerung. Die
ganze Pyramide des kulturfähigen Menschentums verschwindet. (...) Es entsteht
der Typus des Fellachen.« Die Fellachisierung läßt sich in Deutschland
in zweierlei Form beobachten: in bestimmten, längst nichtdeutsch definierten
Vierteln der Großstädte sowie in den hoffnungslosen, von den Klugen
und Tatkräftigen verlassenen Landstrichen in der Ex-DDR. Sogar den
»Nie wieder Deutschland»-Krakeelern wird unbehaglich zumute. Wenn
die derzeitige Entwicklung so weitergeht, wird ja nicht nur die Einwohnerzahl
abnehmen. Viel entscheidender ist, daß parallel dazu der Anteil der Infantilen
und Kulturunfähigen zunehmen wird. Diese werden ein beträchtliches politisches
Potential darstellen und lautstark auf soziale Teilhabe pochen. Denkbar ist die
sukzessive Enteignung der ohnehin dahinschmelzenden Schicht der Leistungsträger
mit dem Argument des »sozialen Friedens«, der gewahrt werden müsse.
Das wiederum wird die nachwachsende Elite außer Landes treiben, was schließlich
den Sozialdarwinismus weiter verschärft. Zusätzlich wird der Generationenkonflikt
eskalieren. Weil aufgrund fortschreitender Vereinsamung und Bindungslosigkeit
die soziale Kontrolle nachläßt, rückt die gewaltsame Forcierung
»sozialverträglichen Frühablebens« (eine Wortschöpfung
des ehemaligen Ärztekammerpräsidenten Karsten Vilmar) etwa in Alten-
und Pflegeheimen in den Bereich des Möglichen. Ethnische und religiöse
Konflikte werden sich mit dem Ressentiments zugewanderter bäuerlicher gegenüber
urbanen Bevölkerungsschichten verbinden. Wer erlebt hat, wie kleine Gruppen
junger Männer (die in Polizeiberichten »südländisch«
genannt werden) lautstark und raumgreifend S- und U-Bahnabteile betreten und die
anderen Fahrgäste, obwohl in der Mehrheit, schlagartig in Angststarre verfallen,
hat einen Blick in die mögliche Zukunft getan. Nein, auch das »Grandhotel
Abgrund« wird sich als ungemütlicher Ort erweisen. Bleibt der
Versuch, aus solcher Vorausschau und solchem Wissen Energien zu schöpfen,
um die Entwicklung zu steuern. Das Politische muß neu entdeckt und kulturelle
Techniken müssen wieder erlernt werden. Dazu müssen die Köpfe frei
werden von der Dritte-Reich-Fixierung und dem aus ihr deduzierten Politik- und
Traditionsverbot. Wenn Claudia Roth & Co. dann wie erwartet loskeifen, wird
es nicht ausreichen, ihnen das Spengler-Wort entgegenzuhalten: »Sie gehören
alle sich selbst und sind alle unfruchtbar!« Man muß sie als
Feinde der eigenen Zukunft identifizieren und attackieren. Bevölkerungspolitik
schließlich ist keine qualitätsneutrale Angelegenheit. Die finanzielle
Begünstigung von Familien - und zwar mit Kindern! - muß ausgeweitet
werden. Sie darf aber nur dort bedingungslos sein, wo Eltern willens und in der
Lage sind, sich ein kulturelles und soziales Kapital zu erarbeiten und an ihre
Kinder weiterzugeben. Wo die Gefahr naheliegt, lediglich Anreize zur Reproduktion
von Sozialhilfeempfänger-Dynastien zu geben, in denen der Nachwuchs erneut
verwahrlost, sind klare Verhaltensregeln aufzustellen und zu kontrollieren. Vergleichbares
gilt für die Ausländerpolitik. Anreize für Armutswanderung sind
auf Null zu reduzieren, das dadurch freigewordene Geld ist in Bildung, Wissenschaft,
lebensgerechten Stadtumbau und in eine vernünftige Integrationspolitik zu
stecken. Für den zuletzt genannten Punkt stammen die mutigsten und klügsten
Anstöße übrigens von Frauen, die aus dem islamischen Kulturkreis
nach Deutschland gekommen sind. Doch alle Anstrengung bleibt erfolglos, wenn es
nicht gelingt, eine neue Vorstellung von Fortschritt zu formulieren und zu praktizieren
und das Glücksversprechen aus der rein materiellen in eine ideelle Sphäre
zurückzuverlagern. Junge Freiheit vom 24. März 2006 | |  |