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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  http://www.Junge Freiheit.de/      8. Dezember 2006

 


Sprache erhalten.
„Manchmal ist Schweigen nicht Gold, sondern Blech“. Auszüge aus der Dankrede
(von Thomas Paulwitz)

Nur gemeinsam und mit vereinten Kräften kann es uns gelingen, unsere Sprache zu bewahren und weiterzuentwickeln! Aus diesem Grund bin ich der JUNGEN FREIHEIT äußerst dankbar, daß auch sie das Anliegen der Sprachpflege vertritt und unterstützt; und das nicht nur über diese Preisverleihung. Es gibt kaum eine Wochenzeitung in Deutschland, die so viel Platz für sprachkritische Beiträge einräumt. Es gibt kaum eine Wochenzeitung in Deutschland, die derart überzeugt - und überzeugend - an der traditionellen Rechtschreibung festgehalten hat. Mittlerweile ist die Verwendung der bewährten Rechtschreibung zu einem Ausweis für Unabhängigkeit und Pressefreiheit geworden. Wer eine Ahnung davon hat, auf welche Weise die großen Zeitungen unter das Diktat der Kultusminister gebracht wurden, wie die Verlagsleiter und Chefredakteure bearbeitet wurden, der muß denjenigen dankbar sein, die nicht den Geßlerhut des Neuschriebs grüßen. (...)
Zur Sprache gehört auch das Schweigen. Manchmal ist Schweigen jedoch nicht Gold, sondern Blech. Ich nehme an, daß heute noch öfter das Wort von der "Schweigespirale" fallen wird. Für die Entwicklung dieser Theorie bin ich Frau Professor Noelle-Neumann sehr dankbar. Denn mit der "Schweigespirale" läßt sich gut erklären, welcher Schwierigkeit Sprachschützer ausgesetzt sind. Eigentlich vertreten sie ein Anliegen der Mehrheit - denn wer sollte kein Interesse an verständlicher Sprache haben? Dennoch haben die Sprachschützer wenig Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Der Grund: Es gibt Kräfte in Politik, Medien und Wirtschaft, die die Sprache für ihre Zwecke dienstbar machen wollen und über wesentlich stärkere Mittel verfügen, sich Gehör zu verschaffen. Sie wollen in erster Linie nicht das Verständnis erleichtern, sondern Macht und Profit erhöhen. Denken Sie beispielsweise an die ganz großen Wörterbuchverlage, die sich von den Nachbesserungen an der Rechtschreibreform, die immer wieder notwendig sind, höhere Umsätze versprechen. Diese Verlage können immer wieder neue Auflagen von Wörterbüchern auf den Markt werfen, weil jede Änderung bisherige Auflagen veralten läßt. Eingebunden sind sie in eine Allianz von Interessenverbänden. (...)
Wenn sich diese Interessenverbände äußern, heißt es plötzlich: "Die Eltern sind für die Rechtschreibreform!" - "Die Lehrer sind für die Rechtschreibreform!" - "Die Sprachexperten sind für die Rechtschreibreform!" Natürlich entspricht das keineswegs der Wirklichkeit; denn es sind immer nur einzelne Funktionäre ohne Alleinvertretungsrecht, die sich zu Wort melden! Es entsteht in der Öffentlichkeit aber der Eindruck, daß diese Akteure ein Mehrheitsanliegen vertreten. Aus Furcht, sich mit einer vermeintlichen Minderheitenmeinung zu isolieren, halten sich darum viele Bürger mit Kritik an der Rechtschreibreform zurück. Oder sie mühen sich, einen Kompromiß zu vertreten - sofern sie nicht wissen oder bedenken, daß die Zahl der Gegner der Rechtschreibreform sehr groß ist. Die Schweigespirale beginnt sich zu drehen.
Die Deutsche Sprachwelt ist ein Versuch, diese Schweigespirale zu durchbrechen. Wir machen sprachempfindlichen Menschen Mut, sich gegen die Verhunzung der deutschen Sprache zu wehren. (...) Vor zehn Jahren wurden Sprachkritiker noch in den Glossen der Zeitungen meistens niedergemacht. Das ist heute anders. Wir können also hoffen !
Grundvoraussetzung für die Freiheit ist, daß die Sprache in Ordnung ist, daß die Wörter stimmen, daß das, was gesagt wird, mit dem übereinstimmt, was gemeint ist. Sehen Sie sich die Spandauer Zitadelle an. Wenn Sie einen Stein aus dieser Mauer brechen, geschieht noch nichts. Wenn Sie immer weiter Steine herausreißen, bläst der Wind durch, und Sie frösteln vielleicht ein bißchen. Wenn Sie aber einen Pfeiler wegsprengen, wird es schon heikler. Genauso ist es mit dem Bauwerk der deutschen Sprache. Lassen Sie uns dieses Wunder erhalten.

Junge Freiheit vom 8. Dezember 2006


 

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