Die
Kategorien sind einerseits die allgemeinsten Wirklichkeits-, Aussage- und Begriffsformen,
also die Stammbegriffe, von denen die übrigen Begriffe ableitbar sind (Erkenntniskategorien),
andererseits die Ur- und Grundformen des Seins der Erkenntnisgegenstände
(Seins- oder Realkategorien). Die Erforschung der Kategorien nannte Kant transzendental.
Die Erkenntnistheorie als spezialisierte Untersuchung der Erkenntnis gliedert
sich in Erkenntniskritik, die von einem vorher bestehenden Erkenntnistypus ausgeht,
an dem sie die vorhandenen Kenntnisse kritisch mißt, so Kant
in seiner Kritik der reinen Vernunft (1781), und die Erkenntnismetaphysik,
die das Wesen der Erkenntnis erforscht. Kant erschütterte aber eine Art von
Metaphysik, die wahrnehmungslos und bloß spekulativ-konstruktiv vorgeht,
indem er ihr die Fähigkeit zu irgendeiner Wirklichkeitserkenntnis absprach.
Freilich räumte er ein, daß auch die durch Erfahrung gegründete
Erkenntnis nicht auf die Dinge
an sich, sondern nur auf deren Erscheinungen (Phänomene) zurückgeht.
Reine Gedankenkonstruktionen hinsichtlich der Dinge an sich aber sind
nach Kant erst recht keine Erkenntnisse. Dies versuchte er zu beweisen an der
psychologischen, kosmologischen und theologischen Idee der bisherigen scholastischen,
ontologischen, rationalistischen, damit als dogmatische Scheinwissenschaft entlarvten
Metaphysik und natürlichen Theologie: der Unsterblichkeit der Seele, der
Entstehung der Welt, der Existenz Gottes.
Die
Kategorienlehre begründete Aristoteles,
obwohl schon Platon
die 4 Kategrien Identität, Unterschied, Beharrung, Veränderung
kannte. Aristoteles nahm 10 (Einzel- und Allgemein) Kategorien an: Substanz,
Quantität, Qualität, Relation, Ort, Zeit, Tun, Leiden, Sichverhalten
(Haltung), Sichbefinden (Lage). Kant
verstand unter Kategorien die Formen des Verstandes, welche die Erfahrung insofern
bedingen, als sie der bloßen Wahrnehmun Erkenntnischaraker verleihen, für
sich allein jedoch keinen Erkenntniswert haben. Kant stellte eine aus der entsprechenden
Urteilstafel abgeleitete Kategorientafel von 12 in 4 Dreiergruppen geordneten
Kategorien auf; die ersten 6 nannte er mathematische, die letzten 6 dynamische
Kategorien. ().
Das umfassendste und komplexeste aller bisherigen Kategoriensysteme entwickelte
Hegel.
Mit Schopenhauer,
der von den 12 Kant-Kategorien alle bis auf die Kausalität strich, begann
bereits eine gegen alle Kategorien grundsätzlich - und durch Nietzsche
noch verstärkte - skeptische Philosophie (vgl. Skeptizismus
bzw. Lebensphilosophie
).
Gemäß Aristoteles
steht die Kategorienlehre zwischen Logik und Metaphysik. Der Name Aristoteles
steht in besonderer Weise für Logik bzw. logisches Denken, denn die von ihm
begründete Disziplin Logik erfuhr bis ins 19. Jahrhundert kaum
Veränderungen. Hier herrschte Aristoteles am längsten mit seiner auf
vier Formen allgemeiner Urteile (alle sind, keiner ist, einige sind, einige
sind nicht) beschränkten Prädikatenlogik. Die Logik, wie sie von
Aristoteles entwickelt und in der Scholastik noch etwa ausgebaut wurde, handelt
von den Bedingungen der Gültigkeit von Argumenten. Diese Bedingungen sind
nach Aristoteles richtige Begriffe, Urteile, Schlüsse, Beweise bzw. Widerlegungen.
Die Lehre von den Begriffen formulierte Aristoteles in der Kategorienschrift.
Kategorien sind Hinblicke für die begriffliche Bestimmung von etwas. Bestimmt
werden kann z.B. das, was etwas ist (Substanz), seine Menge (Qualität), die
Beziehung (Relation), zudem Ort und Zeitpunkt. Erst Kant deduzierte eine vollständige
Tafel der Kategorien des Aristoteles - von den Urteilsformen her.Kant
konnte der Naturwissenschaft Sicherheit verschaffen: die Realität ist Meßbares,
Empfindbares, kausal Erfolgendes in Raum und Zeit, aber das Ganze, diese Realität,
ist nur Erscheinungswelt, Vorstellungswelt des Ich. Sie richtet sich in ihrer
Erkennbarkeit nach dem Ich. Das nennt man die kopernikanische Wende in
der Philosophie durch Kant. Die Dinge an sich, die Welt ohne das vorstellende
Ich mit seinen Kategorien (Quantität, Qualität und Kausalität)
und Anschauungsformen (Raum und Zeit), sind unerkennbar, aber eben denkbar. |
Kants Tafel der
12 Kategorien: 1.) Quantität
Einheit Vielheit Allheit
2.) Qualität
Realität Negation Limitation 3.) Relation
Substanzialität Kausalität Wechselwirkung 4.)
Modalität Möglichkeit Wirklichkeit Notwendigkeit |
Und nun kommt das Entscheidende: zu dieser Welt der Dinge an sich
gehört auch das Ich, sofern es sich selbst nicht sinnlicher oder intelligibler
Gegenstand sein kann. Und das geschieht, wenn er spürt, daß er
soll. Sollen kommt in der ganzen Welt nicht vor, so Kant, nur im Menschen. Hier
also, in der Freiheit, im Sollen, in der Moral, ist der Punkt, wo sich das Ich
hinein ins Jenseits rettet, in eine intelligible Welt. Unsterblichkeit ist Verdienst
der sittlichen Anstrengung: Wir sind und jetzt durch die Vernunft schon
als in einem intelligiblen Reiche befindlich bewußt, nach dem Tode werden
wir das anschauen und erkennen und dann sind wir in einer ganz anderen Welt, die
aber nur der Form nach verändert ist, wo wir nämlich die Dinge erkennen,
wie sie an sich selbst sind. (Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft,
1781).Kierkegaard
war der Meinung, daß man auch durch eine lebenslange Beschäftigung
mit Logik nicht selbst zur Logik wird, sondern man existiert selbst in
anderen Kategorien. Kierkegaard unterschied drei Existenzweisen: die
ästhetische, die ethische und die religiöse, je nachdem man nach Genuß
strebe, oder unabhängig vom Äußeren nach moralischen Maßstäben
lebe, oder im Glauben. Später sollte Heidegger
in seiner Existenzphilosophie solche Kategorien des Existierens Existentiale
nennen und sein Denken dann bereits Hermeneutik des Daseins heißen.Im
Abendland wurde man nach der Zeit der Verdrängung des Glaubens durch die
Wissenschaft allmählich wieder darauf aufmerksam, daß auch an jeder
rein wissenschaftlichen Erkenntnis der Glaube einen großen Anteil
hat, z.B. der Glaube an die - wenn auch nicht vollkommene - Übereinstimmung
der Erkenntnis- und der Seinskategorien. Die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt
im Erkenntnisprozeß besteht aus einer psychophysischen Grundrelation
(a posteriori) und einer kategorialen Grundrelation (a priori)
als Verhältnis zwischen Erkenntnis- und Seinskategorien. Im Wahrnehmungsakt
sind beide Grundrelationen im Spiel: die kategoriale bringt die Allgemeincharaktere
des Gegenstandes zum Bewußtsein, die psychophysische die individuellen
Sondercharaktere. Durch die kategoriale
Grundrelation begreifen wir, wissen wir aber nicht um das Dasein; durch die psychophysische
Grundrelation wissen wir um das Dasein, begreifen es aber nicht. (Nicolai
Hartmann, Metaphysik der Erkenntnis, 1921). | |
Nicolai
Hartmann kam es stets mehr auf die Seins- als auf die Erkenntniskategorien an.
Erkennen bezieht sich auf ein Ansichseiendes, das vor und unabhängig von
aller Erkenntnis vorhanden ist, und weist uns über das Bewußtsein hinaus
zu den Erscheinungen des Wirklichen. Es handelt sich also gemäß Hartmann
in der Philosophie um die Erforschung der Erscheinungswelt, die sich in verschiedenen
Seinsschichten (dem Anorganischen [1],
dem Organischen [2],
dem Seelischen [3]
und dem Geistigen [4];
vgl. Schichtenlehre)
aufbaut, von denen jede höhere Schicht in der unteren wurzelt, jedoch ohne
von da aus völlig determiniert zu sein. Jede Seinsschicht hat ihren
eigenen Kategorialkomplex, und zu jedem solchen gehört ein eigener Determinationstyp.
Und wie die Kategorien jeder niederen Schicht in der höheren abgewandelt
und um ein spezifisches Novum verstärkt wiederkehren, so natürlich auch
die niederen Determinationstypen in den höheren. (Nicolai Hartmann,
Ethik, 1925). Aber nicht umgekehrt. ().
Hartmann beabsichtigte, eine neue Ontologie zu begründen. Grundlegend
ist die Abkehr von der subjektivistischen Tradition, die im Erkennen ein Erschaffen
des Objekts sieht. Vielmehr sind Erkenntnisakte transzendent, d.h., sie weisen
über sich hinaus auf einen Gegenstand. Auch Ethik und Erkenntnistheorie sind
der Ontologie zugeordnet, die Hartmann als Kategorialanalyse betrieb. So ist Erkenntnis
als Identität von Erkenntnis- und Seinskategorien gefaßt, die allerdings
nur teilweise gegeben ist. Es bleibt in der Erkenntnis immer ein »Uberschuß«
an nicht Erkennbarem. Hartmanns Kategorien bilden verschiedene Gruppen: | Modalkategorien:
Die Modi von Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit erlauben die Aufteilung
in verschiedene Seinssphären, z.B. in reales (zeitliches) und ideales (überzeitliches)
Sein (z.B. Wesen und Werte). Für die Sphäre des Realen behauptete Hartmann
das Zusammenfallen von möglich, wirklich und notwendig.
Hartmann unterschied die Seinsmodi Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit
sowie Unmöglichkeit, Unwirklichkeit und Zufälligkeit. Das Wirkliche
setzt Möglichkeit voraus. Wirklichkeit von etwas Realem setzt Notwendigkeit
voraus. Wirklichkeit ist durch Gründe (nicht unbedingt Ursachen) determiniert
(vgl. Nicolai Hartmann, Möglichkeit und Wirklichkeit, 1938, S. 44).
Handlungen können beispielsweise durch Motive determiniert werden. Ideale
Möglichkeit und Wirklichkeit sind widerspruchslos. Eine (ideale) geometrische
Figur ist konstruierbar und damit ideal existent. (Vgl. ebd., 1938, S. 295).
| | Fundamentalkategorien:
auch sie gelten für alles Sein. Laut Hartmann u.a.: 1. Prinzip und
Concretum, 2. Struktur und Modus, 3. Form und Materie, 4. Inneres und Äußeres,
5. Determination und Dependenz, 6. Einheit und Mannigfaltigkeit, 7. Einstimmigkeit
und Widerstreit, 8. Gegensatz und Dimension, 9. Diskretion und Kontinuität,
10. Substrat und Relation, 11. Element und Gefüge ... - besondere Kategorien:
z. B. die der Physik, der Biologie, der Mathematik. | Das
Sein ist nach den jeweils geltenden Kategorien innerhalb der Sphären noch
näher in Schichten zu teilen. Das reale Sein z.B. baut sich auf in Anorganisches
(1),
Organisches (2),
Seelisches (3)
und Geistiges (4).
Jede höhere Schicht überlagert die untere. Hartmann fand dabei Schichtengesetze,
z.B. daß Kategorien der niedrigeren in der höheren Schicht wiederkehren,
aber nicht umgekehrt. Da Kategorien in der höheren Schicht überformt
werden, und deren eigene Kategorien ihren Charakter bestimmen, ist Determination
von unten ausgeschlossen. Vielmehr determiniert die höhere Schicht die untere.
Die
Schicht des Geistes unterschied Hartmann zusätzlich in den personalen, den
objektiven und den objektivierten Geist. Personaler Geist umfaßt alle individuellen
Bewußtseinsakte. Objektiver Geist ist die Festigung des personalen Geistes
in historisch wirksamen Strukturen wie in Erzählungen, Sitten, Recht oder
Wissenschaften. Objektivierter Geist bedeutet, daß ein geistiger Gehalt
an ein Realgebilde gebunden ist, z.B. an ein konkretes Kunstwerk. Jede Schicht
baut auf der nächsten Stufe auf. In jeder Schicht gelten Fundamentalkategorien
und spezifische Kategorien. Die Fundamentalkategorien bestehen aus Gegensatzpaaren
(vgl. Nicolai Hartmann, Der Aufbau der realen Welt, 1940, S. 230). Sie
sind elementar und nicht auf andere rückführbar. Hartmann betonte, daß
seine Kategorien anders als bei Aristoteles und Kant nicht nach
einem einheitlichen Prinzip ermittelt wurden. Sie haben jedoch die grundlegende
Eigenschaft, daß aus jedem Paar sich die anderen Paare schrittweise ableiten
lassen. Hierdurch bildeten die Kategorien jeweils einen Aspekt eines einheitlichen
Zusammenhangs ab (vgl. ebd., 1940, S. 255). Die Kategorienpaare haben in sich
eine innere Bezogenheit und untereinander eine äußere Bezogenheit.
Der Gehalt der Kategorien ist in den einzelnen Schichten
unterschiedlich. So ist Determination etwa auf der Ebene des Anorganischen
als Kausalität (1),
auf der des Organischen als Trieb
(2),
auf der des Seelischen als Motiv
(3)
und auf der des Geistigen
als Grund (4)
zu interpretieren. Wie
schon gesagt: Hartmann stellte kategoriale Gesetzmäßigkeiten auf, z.B.:1.) |
Höhere Schichten sind von den niedrigeren abhängig, aber nicht umgekehrt. | 2.) |
Kategorien sind mit dem Konkreten fest verbunden. | 3.) |
Kategorien bedingen sich innerhalb einer Kategorienschicht. | 4.) |
Kategorien aus der höheren Schicht enthalten viele der Kategorien aus der
unteren Schicht, jedoch in abgewandelter Form. | .... | Betrachtet
man den Zusammenhang von Schichten und Kategorien, so enthalten für Hartmann
viele Weltanschauungen den Grundfehler der prinzipiellen Einseitigkeit.
Aufbau des Seins gemäß Nicolai Hartmann
Ideales
Sein (zeitlos/allgemein) | Reales
Sein (zeitlich/individuell) | Mathematische
Gebilde, Wesenheiten, ethische Werte, ästhetische Werte. |
räumlich | nicht-räumlich |
Anorganisches | Organisches | Seelisches | Geistiges |
Auf
allen Gebieten gibt es dabei nicht restlos lösbare, nicht endgültig
lösbare Probleme; die eigentlich metaphysischen Probleme, die dem Problemdenken,
der von Hartmann so genannten Aporetik angehören, die Grundformen
des Seins (Existenz, Leben, Bewußtsein, Geist, Freiheit u.s.w.), bleiben
ewig rätselhaft, unerkennbar, transintelligibel, gnoseologisch, irrational.
Erst vom Problemdenken aus läßt sich zum Systemdenken vorschreiten,
zur Theorie einer philosophischen Ontologie. Die Welt ist im Grunde doch nur eine
Welt. Dieser Welt eine Idee etwa in Form eines Gottes
unterzulegen, wäre laut Hartmann voreilig. Zu den metaphysischen, nicht restlos
lösbaren Fragen der Philosophie gehören auch die nach des Menschen zwischen
Wirklichkeit und idealer Forderung, zwischen kausaler Realdetermination und ideologischer
Wertedetermination ().
Werte wirken nicht ohne das Zutun der Menschen final determinierend in einer kausal
determinierten Welt, woraus dessen Macht über die Dinge entspringt, in den
Naturverlauf einzugreifen und ihn nach seinem Willen abzuändern. Die Abbildung
rechts veranschaulicht eine trialistische Sicht, in der Hartmanns vier hierarchisch
aufeinander aufbauenden Schichten als Evolutionsstufen (Seinsstufen)
berücksichtigt sind, die in der Reihenfolge Anorganisches
(1),
Organisches (2),
Seelisches (3)
und Geistiges (4)
evolutiv erschienen sind und die Gesamtwirklichkeit vertikal untergliedern.
Statt von Evolutionsstufen kann man auch von Persönlichkeitsschichten
als Niederschlag der Evolutionsstufen im Individuum sprechen. Zum
Trialismus wird diese Weltsicht wegen
der Dreiheit der Seinsweisen Materie, Funktion und Bewußtsein,
die in dieser Reihenfolge in der Evolution aufgetreten sind und die Gesamtwirklichkeit
horizontal untergliedern. Evolutionsstufen und Seinsweisen stehen
senkrecht aufeinander (d.h. sie sind logisch unabhängig voneinander),
wodurch sechs Welten als ihre Schnittstellen entstehen. Dadurch wird
erkennbar, wie sehr Monismus und Dualismus sich vom Trialismus unterscheiden ().
Der Trialismus ist vor allem gekennzeichnet durch folgende Beziehungen: Materie,
Funktion und Bewußtsein sind drei Seinsweisen der Wirklichkeit, aber Anorganisches,
Organisches, Seelisches und Geistiges sind vier Evolutionsstufen. Der gemeinsame
ontologische Fehler der monistischen und dualistischen Weltbilder wird vermieden:
Auf der Stufe des Organischen erscheint das materiebedingte, selbst aber nicht-materielle,
Etwas als organische Funktion. Auf der Stufe des Seelischen ist das bewußtseinsjenseitige
Etwas die funktionale Bedingung des Bewußtseins. (Vgl. Lothar Kleine-Horst,
Die trialistische Lösung des Leib-Seele-Problems, 2005
).
Man konstituiert also eine in Philosophie und Wissenschaft bisher noch nicht einmal
als Idee aufgetauchte dritte Entität: die funktionale Seinsweise (Funktion),
die zwischen der materialen Seinsweise (Materie) und der phänomenalen
Seinsweise (Bewußtsein) liegt und ihnen gleichwertig ist ().
Durch die funktionale Seinsweise wird die Brücke gebildet, die Materie und
Bewußtsein zwar voneinander trennt, was das Problem ausmacht, sie aber auch
miteinander verbindet, was die Lösung des Problems ermöglicht.
Ein
Quadrialismus entsteht, wenn
man einen Trialismus,
der bereits das Materie-Bewußtsein-Problem (z.B. im Monismus und im Dualismus)
einer Lösung zugeführt hat, erweitert. Es wird nämlich unter Übertragung
der in ihm gefundenen Symmetrien nach oben zum Geistigen hin und nach
unten zum Anorganischen hin extrapoliert. Dabei entsteht ein System,
nach dem sich die Evolution als Makroevolution der Wirklichkeit in vier Evolutionsstufen
und vier senkrecht auf diesen stehenden Seinsweisen vollzogen hat
- und sich heute noch als Mikroevolution (Persönlichkeitsentwicklung) in
jedem menschlichen Individuum vollzieht. Eine vierte Seinsweise, die ordinale
Seinsweise, ergänzt die trialistischen drei Seinsweisen, wodurch sich
das neue Weltbild als ein quadrialistisches ausweist. Demgemäß ist
die Wirklichkeit ein in der Unendlichkeit geschlossenes System, d.h. | Gegebenheiten
(mit und ohne Selbstreferenz [Pfeil]) in einer Evolutionsstufe (Schicht). | | ein
System, das keine Beziehungen zu Gegebenheiten außerhalb seiner unterhält;
außerhalb dieses Systems gibt es nichts; die Wirklichkeit ist: Alles,
was ist. Jedes ihrer Subsysteme dagegen ist ein offenes System, weil es
mit anderen Subsystemen als seinem Umfeld in Verbindung steht. Die Wirklichkeit
evolviert im Quadrialismus in den vier (Haupt-)Stufen bzw. Schichten Anorganisches
(1),
Organisches (2),
Seelisches (3),
Geistiges (4)
über die quadrialistischen vier Seinsweisen Ordnung, Materie, Funktion, Bewußtsein.
Denn eben genau wegen dieser Vierheit der Seinsweisen ist der Quadrialismus
ein quadrialistisches Modell (anders als der Trialismus, der ja wegen seiner Dreiheit
der Seinsweisen ein trialistisches Modell ist). Jede Evolutionsstufe (Schicht)
umfaßt zwei Seinsweisen, und jede Seinsweise durchzieht zwei Evolutionsstufen.
Dadurch werden acht Welten (in der Abbildung
als Quadrate dargestellt) als Schnittstellen zwischen Evolutionsstufen und Seinsweisen
gebildet (Acht-Welten- Modell). Eine Primär- / Sekundärgegebenheit wirkt um so stärker,
je niedrigerer die Hierarchiestufe (Evolutionsstufe oder Substufe) ist, auf der
sie angesiedelt ist. Jede Primärgegebenheit ist selbstreferentiell (vgl.
den jeweils rekursiven Pfeil in der kleinen
Abbildung), d.h. sie repliziert und beeinflußt sich selbst (Agonismus,
Autopoiese ).
Die Reflexivität kann sich über mehrere Gegebenheiten erstrecken (Kreisprozeß).
Von den Sekundärgegebenheiten ist nur die oberste Sekundärgegebenheit
selbstreferentiell und Kreisprozesse erzeugend, denn sie ist ja zugleich unterste
Gegebenheit einer die nächste Evolutionsstufe durchziehenden Primärhierarchie.
Jede Primärgegebenheit beeinflußt sowohl die auf ihr aufbauende Primärgegebenheit
als auch die Primärgegebenheit, auf der sie aufbaut. Dies bedeutet eine gegenseitige,
z.T. nur mittelbare, Beeinflussung (Wechselwirkung) aller Primärgegebenheiten.
Auf den höheren Substufen der 4. Evolutionsstufe sind Linkswelt
und Rechtswelt zueinander und zur Linkswelt der 1. Evolutionsstufe
offen und gehen in gewissem Maße ineinander über. Das müßte
aber nicht eckig, sondern kreisrund (vgl. kreisrunde
Abbildung) besser darstellbar sein. Die gesamte Wirklichkeit wird von einem
Informationsstrom durchzogen - sowohl von unten nach oben als auch
von oben nach unten (in der eckigen
Abbildung) oder aber sowohl gegen den Uhrzeigersinn als
auch im Uhrzeigersinn (in der kreisrunden
Abbildung). In der Primärhierarchie erfolgt eine Speicherung des in der
Beziehung zur Umwelt Gelernten: anorganisch im (ordinalen) Kosmosgedächtnis,
organisch im (materialen) Artgedächtnis, seelisch im (funktionalen) Implizitgedächtnis,
geistig im (phänomenalen) Explizitgedächtnis ().
Das quadrialistische Weltbild wurde entwickelt, um größtmögliche
Symmetrie erkennbar zu machen. Die formale Beschreibung der Struktur läßt
die Wirklichkeit tatsächlich als ein hochsymmetrisches System erscheinen:
Die Evolutionsstufen sind einander isomorph, und die Seinsweisenbereiche sind
einander isomorph. Denn die Beziehungen zwischen Links- und Rechtswelt
einer Evolutionsstufe sind gegen den Austausch der Evolutionsstufe gegen eine
andere weitgehend invariant, d.h. sie werden durch ihn nicht verändert, sie
sind auf jede Evolutionsstufe transponierbar ().
Auch die Beziehungen Unter- und Oberwelt einer Seinsweise
sind gegen den Austausch einer Seinsweise gegen eine andere Seinsweise invariant,
d.h. sie sind auf jede andere Seinsweise transponierbar ().
Diese Symmetriebeziehungen (Isomorphie, Homologie) gestatten Vorhersagen über
bis heute kaum bekannte Gesetzmäßigkeiten im System der Wirklichkeit.
Damit gelten die in der Acht-Welten-Wirklichkeit gefundenen Symmetrien nicht nur,
wie in der Naturwissenschaft, für Gesetze der (Voll-)Materie (Naturgesetze),
sondern für alle Gesetze der Wirklichkeit. (Vgl. Lothar
Kleine-Horst, Das quadrialistische Acht-Welten-Modell der Wirklichkeit,
2004 ).
Schon Heisenberg
behauptete, daß die tiefsten Ebenen der Realität nicht in Teilchen,
sondern in Symmetrien bestehen. Die Auffindung einer Symmetrie scheint sehr viel
bedeutungsvoller geworden zu sein als die Entdeckung eines bestimmten Phänomens.
Die Wirklichkeit gänzlich beschreiben heißt, daß
das trialistische Weltbild mit den drei Seinsweisen ()
um die ordinale Seinsweise ergänzt, also zu einem quadrialistischen Weltbild
mit den vier Seinsweisen ()
ausgebaut werden muß; denn erst eine solche quadrialistische Struktur kann
als der (Gesamt-)Wirklichkeit adäquat angesehen werden. Die evolutiv entstandenen
Gegebenheiten der Wirklichkeit gehören einer der vier nacheinander auftetenden
Seinsweisen an, zunächst der ordinalen, danach der materialen,
danach der funktionalen, danach der phänomenalen
und schließlich wieder der ordinalen Seinsweise ().
Unter den vier Seinsweisen nimmt die ordinale Seinsweise eine Sonderstellung ein.
In der eckigen
Abbildung erscheint sie auseinandergerissen ()
und auf zwei weit auseinanderliegenden Evolutionsstufen verteilt (),
nämlich auf die 1. und die 4. Evolutionsstufe (),
doch die kreisrunde Abbildung
behebt diesen Schein ().
Die Evolutionsstufen (Schichten) einerseits und die Seinsweisen andererseits sind
einander sehr symmetrisch. Es scheint möglich zu sein, eine bisher noch nicht
gelungene inhaltliche Interpretation der Struktur einer Evolutionsstufe oder einer
Seinsweise dadurch zu erreichen, daß man nach Tatsachen sucht, die in solchen
Beziehungen stehen, die den aus anderen Evolutionsstufen und Seinsweisen bekannten
Beziehungen homolog sind, oder, indem man bestimmte Beziehungen, die man zwischen
den Tatsachen vorfindet oder auch nur vermutet, in die interdisziplinäre
Sprache des Acht-Welten-Modells übersetzt, um auf diese Weise
die inhaltliche Interpretation des zunächst formalen Modells voranzutreiben.
So wie die Naturwissenschaftler die in den materialen Gesetzen (Naturgesetzen)
gefundene Symmetrien verwenden, um weitere materiale Gesetze zu entdecken,
so können hier die in den Wirklichkeitsgesetzen gefundenen und
im Acht-Welten-Modell beschriebenen Symmetrien verwendet werden, um
weitere Wirklichkeitsgesetze zu entdecken - unter ihnen vielleicht
sogar solche materialen Gesetze, die selbst den Naturwissenschaftlern noch unbekannt
sind. (Vgl. Lothar Kleine-Horst, Das quadrialistische Acht-Welten-Modell der
Wirklichkeit, 2004 ).
Läßt sich die
Entwicklung ()
als Genese ()
vom Anorganischen (1)
über das Organische (2),
das Seelische (3)
bis zum Geistigen (4),
also in 1-2-3-4-Richtung
beschreiben, so der Erwerb ()
als Metagenese ()
vom Geistigen (4)
über das Seelische (3),
das Organische (2)
bis zum Anorganischen (1),
also in Gegenrichtung, nämlich in 4-3-2-1-Richtung.
Will man die Metagenese als Entwicklung, nämlich als geistige Entwicklung
beschreiben, so ist die 4-3-2-1-Richtung
auch als 1-2-3-4-Richtung
beschreibbar. Ein Beispiel für die Metagenese: Geister (z.B. der Ahnen),
Götter, Gott und deren Wissen, Information, Gedanken o.ä. (4
bzw. 1)
teilen sich sprachlich mit, indem sie Zeichen geben (3
bzw. 2),
die Auswirkungen sowohl auf die Gruppe als auch jeden Einzelnen der Gruppe haben
(2
bzw. 3)
und sich in physikalisch-chemischen Naturerscheinungen zeigen sollen, so der feste
Glaube, das Fürwahrhalten der Menschen in sowohl phylogenetisch als auch
ontogenetisch frühen Zeiten, danach seltener werdend, aber nie ganz verschwindend.
Noch heute sind viele Theorien dadurch gekennzeichnet - und das trotz der seit
längerem schon durch die wissenschaftliche Empirie nachvollzogenen und in
Theorien eingegangenen Entwicklungen als Genese. Warum? Weil Richtung, Gegenrichtung,
Gegengegenrichtung, Gegengegengegenrichtung, ... u.s.w. spiralzyklische
Bewegungen der Genese mit darin eingeschlossenen Eigenrotationen der Metagenese
sind: 1-2-3-4(-4[1]-3[2]-2[3]-1[4]-1[4]-2[3]-3[2]-4[1]...)-...
u.s.w..
Unser freier Wille
ist der Kern des Dezisionismus, und der Nachweis dieser Freiheit ist seine Lebensfrage.
Nicolai Hartmann hat diesen Nachweis mit seiner Schichtenlehre
und der Analyse des Finalnexus erbracht. Hartmann geht von verschiedenen Seinskategorien
aus: dem anorganischen (1),
dem organischen (2),
dem seelischen (3)
und dem geistigen (4)
Sein. Jeder Seinsstufe kommen spezifische Eigengesetzlichkeiten zu. Das kategoriale
Gesetz der Wiederkehr besagt: Den Eigengesetzlichkeiten der jeweils niedrigeren
Seinsstufe sind die höheren unterworfen, nie aber umgekehrt. ().
Die »höhere Idee«, hatte schon Schopenhauer vorweggenommen, »überwältigt«
die vorher dagewesenen, »jedoch so, daß sie das Wesen derselben auf
eine untergeordnete Weise bestehen läßt, indem sie ein Analogon davon
in sich aufnimmt.« ()
Das geistige Leben unterliegt allen Gesetzmäßigkeiten des Anorganischen
und des Organischen - ohne Chemie hätten wir schließlich keinen Körper,
und ohne dessen Lebendigkeit könnten wir mit unserem Gehirn nicht denken
-, aber mit chemischen und biologischen Denkkategorien allein läßt
sich geistiges Leben nicht erklären. Es gehorcht eigenen Gesetzen. Hartmanns
Kausalanalyse besagt nun, daß wir nur insoweit kausal determiniert sind,
als wir den Naturgesetzen des Anorganischen und des Organischen unterliegen. Kein
Mensch kann sich der Kausalität entziehen, die ihn stofflich geboren werden
und biologisch leben läßt, mit allen notwendigen und unabänderlichen
Konsequenzen. Nicht so unser geistiges Sein! Es ist nicht übertrieben zu
sagen, daß das geistige Leben des Menschen eine neue Art von Leben sei.
().
Seine Wesensmerkmale sind die Selbstreflexion unseres Denkens, das sich letzte
Ziele setzen kann und uns final handeln läßt. Der freie Wille und seine
Kraft sind von den Gesetzlichkeiten der niedrigeren Seinskategorien kausal abhängig,
im übrigen aber akausal, weil sie eine Seinskategorie höherer Art verkörpern.
Unser zielgerichtetes Handeln vermag Kausalfolgen niederer Seinskategorie in Gang
zu setzen und das blinde Gesetz der bloßen Kausalität auszunutzen.
Unsere Willensentschließung selbst ist der erste und einzige aufweisbare
finale Akt in der realen Welt. Es ist unstatthaft, auf ihn die Kausalgesetze der
niederen Seinsordnungen wie die des Anorganischen oder der Biologie anzuwenden.
»Ein einfacher Kausaldeterminismus ist vollkommen neutral gegen das Einsetzen
höherer Determination« ():
nämlich durch den menschlichen Willensakt. Es ist prinzipiell nicht kausal
vorhersehbar, welchen konkreten Inhalt ein menschlicher Wille haben wird - auch
wenn Herrn Schopenhauer »der Verstand stille steht« bei der Vorstellung,
hier das »absolut Zufällige« am Werke zu sehen. Diese höhere
Determination ist die vorausschauende, ziel- und zweckgerichtete Benutzung des
bloß Kausalen durch ein Bewußtsein. Nur ein Bewußtsein kann
sich ein vorher nicht existentes Geschehen vorstellen und sich zum Ziel setzen.
Es kann eine Ursachenkette ersinnen, deren Sinn es sein soll, das gesetzte Ziel
in der Wirklichkeit zu realisieren. Hartmann formulierte die evidente Einsicht:
Nur ein Bewußtsein hat die erstaunliche Freiheit, das noch Unwirkliche beliebig
weit voraus denken zu können. Final
auf ein gesetztes Ziel hin zu handeln erfordert immer drei Akte: Das Bewußtsein
setzt den Zweck, indem es den Zeitfluß überspringt und das Künftige
vorausnimmt. Es wählt dann die notwendigen Mittel aus, dieses Ziel zu erreichen,
indem es die Kausalfolge rückwärts von der Wirkung zu ihren möglichen
Ursachen denkt. Schließlich wendet es diese Mittel an: Es erzeugt real eine
kausale Ursachenfolge, wobei der Sinn der angewandten Mittel ist, das vorgestellte
Ziel zu erreichen. ().
Finales Handeln bedient sich also immer bewußt der Kausalität, die
ansonsten blind ist. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung,
1995, S. 25-26).Man kann sagen, daß jedes Wissensgebiet seine eigenen
Kategorien hat (die Kategorienlehre rechnet also mit einer sehr großen,
noch nicht übersehbaren Zahl von Kategorien) und daß nur wenige überall
die gleiche Funktion haben. Die Lehre, gemäß der die Kategorien der
Erkenntnis zugleich die der Gegenstände sind, ist nur mit gewissen Einschränkungen
zutreffend: nicht alle Seinskategorien sind im menschlichen Verstand vertreten,
denn sonst gäbe es nichts Unerkennbares. Bisweilen tritt eine Kategorie an
die Stelle einer anderen (z.B. in der Physik die Kausalität an die Stelle
der Teleologie), bisweilen verändert sich der Inhalt einer Kategorie. So
ist im Problem der Substanz (als Beharrenden) der Erkenntnisgang von der Materie
zur Energie vorgedrungen, im Problem des real Allgemeinen von der substantiellen
Form zur Gesetzlichkeit, im Zeitproblem von der naiv verstandenen Zeitanschauung
zur Realzeit« (Nicolai Hartmann, Ziele und Wege der Kategorialanlyse,
in: Z.ph.F, II, 1948). Da die Kategorialanalyse es mit Seinsstrukturen zu tun
hat, untersucht sie, wie weit sich im Einzelfall die Real- mit den Bewußtseinskategorien
decken bzw. wie weit sie auseinanderklaffen (daher auch: differentielle Kategorialanalyse).
Sie decken sich weitgehend im Gebiet der reinen Mathematik; denn das ideale
Sein (der mathematischen Gegenstände) hat eine Nahstellung zum Bewußtsein,
die für keine andere Seinsweise gilt, und diese ist greifbar im Phänomen
einer unmittelbaren (apriorischen) Gegebenheit (Nicolai Hartmann, a.a.O.).
Sie klaffen weit auseinander im Gebiet des Organischen, weil die Lebensfunktionen
dem Zugriff des Bewußtseins weitgehend entzogen sind.
Anmerkungen:Arthur
Schopenhauer,
Die Welt als Wille und Vorstellung, 1818, § 27, S. 166.Nicolai
Hartmann,
Teleologisches Denken, 1950, S. 66 und 69.Nicolai
Hartmann,
Teleologisches Denken, 1950, S. 105.Nicolai
Hartmann,
Teleologisches Denken, 1950, S. 123.Konrad
Lorenz,
Die Rückseite des Spiegels, 1973, S. 229.Der
Trialismus ist ein dreiheitliches Weltbild. Die Weltbilder des Monismus
und Dualismus sind falsch (),
... die Wirklichkeit ist »irgendwie« anders, als sie bisher gedacht
wurde. Aber wie »ist« sie? Statt vorab abstrakte Spekulationen über
die möglichen Beziehungen zwischen den beiden »Etwassen« anzustellen,
deren Fehlen im Monismus und Dualismus zu beanstanden ist, soll einfach ein Weltbild
vorgestellt werden, in dem die beiden Etwasse gemeinsam eine bisher übersehene
Entität konstituieren, womit die fehlerhaften Monismen und Dualismen durch
einen realititätsadäquateren Trialismus ersetzt werden. Dabei erscheinen
die bisher verschwommenen Ausdrücke als klare Begriffe von ontologischer
Dignität. .... Auch ergeben sich innerhalb des trialistischen Weltbilds Symmetrien,
die dem Monismus und Dualismus unbekannt sind. Zum einen umfassen alle drei Seinsweisen
jeweils zwei Evolutionsstufen, was bedeutet, daß es in jeder von ihnen zwei
Welten unterschiedlicher Organisationshöhe gibt. Zum anderen sind die beiden
Evolutionsstufen »Leib« und »Seele« einander symmetrisch,
isomorph, strukturgleich; sie umfassen zwei Seinsbereiche .... Weder monistische
noch dualistische philosophische Systeme haben einen differenzierten und plausiblen
Beschreibungs- und Erklärungsrahmen für eine »Leib und Seele«
umfassende Leistungsfähigkeit des Menschen bereitzustellen vermocht. Dies
gelang erst auf trialistischer Basis. Ontologischer Monismus und Dualismus sind
damit Geschichte. .... (Quantenphysiker sind ... ganz scharf auf die Entdeckung
von Symmetrien). .... Gibt es »unten« und/oder »oben«
eine weitere Evolutionsstufe (oder gar deren mehrere)? (Vgl.
Quadrialismus).
Wenn ja: welche? Wenn nein: warum nicht? (Lothar Kleine-Horst,
Die trialistische Lösung des Leib-Seele-Problems, 2005
).
Zum Verständnis: Mit Leib ist das gemeint, was ich oben Organisches
genannt habe.
Insbesondere seit Descartes gibt
es das Leib-Seele-Problem. In der traditionellen philosophischen
(und psychologischen) Literatur wird es mit unterschiedlichen Namen belegt: »Leib-Seele-«,
«Leib-Seele/Geist-«, »Gehirn-Geist-«, »Geist-Materie-«
(»mind-matter-«), »psychophysisches -«, »Materie-Bewußtsein-Problem«
u.ä.. Dabei werden grundsätzlich zwei Faktengruppen (»Substanzen«,
«Entitäten« oder »Welten«) unterschieden: 1. Physische
Zustände/Materie/ Körper/Leib/Gehirn und 2. Mentale Zustände/Bewußtsein/Seele/Psyche/Geist.
Das Problem besteht darin, daß beide Faktengruppen in einer bestimmten Beziehung
zueinander stehen. Sie scheinen sogar Einfluß aufeinander auszuüben,
so daß man sich fragen muß: Wie kann etwas Materielles wie der Körper
auf etwas Nicht-Materielles wie die Seele und wie kann etwas Bewußtes wie
die Seele auf etwas Nicht-Bewußtes wie den Körper wirken? Es gibt eine
ganze Anzahl unterschiedlicher Vorschläge zur Lösung dieses Problems.
Sie lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Der Monismus geht davon aus, daß
nur eine dieser Faktengruppe existiert, während die andere sich aus ihr ableitet.
Die Materialisten unter den Monisten meinen, die Materie sei die eigentlich wirkende
Substanz, während die Spiritualisten meinen, nur der Geist, die Seele, das
Bewußtsein sei die eigentlich wirkende Substanz. Der Dualismus dagegen nimmt
an, es gebe nicht nur eine einzige Substanz, sondern deren zwei, eben Leib und
Seele, Materie und Bewußtsein. Innerhalb der monistischen sowie der dualistischen
Lösungsvorschläge gibt es wieder eine Anzahl unterschiedlicher Auffassungen.
Nun werden in sämtlichen Erörterungen des Leib-Seele-Problems die Ausdrücke
»Körper« und »Materie« synonym verwendet, obwohl
sie keineswegs Identisches bezeichnen. Gewiß, der Körper (der »lebende«
Körper, und nur der ist in solchen Diskussionen gemeint) »besteht«
zwar aus Materie, aber diese ist nicht nur physikalisch-chemische Materie wie
die eines Steins. Körpermaterie ist diese Art von Materie plus Etwas. Von
diesem Etwas haben wir bereits eine Vorstellung, was es sein könnte. Wir
wissen, daß Körpermaterie eine Funktion hat, zumindest haben kann.
So hat die Lunge die Funktion des Sauerstoff-Kohlensäure-Austauschs, die
Niere die Funktion der »Entschlackung«, die Nervenzelle die Funktion
der Erregung und Erregungsleitung. Eine spezifische Körper-Materie erzeugt
also - wenn überhaupt - eine spezifische Körper-Funktion. Sie kann sie
erzeugen, aber sie muß es nicht; sie hat zumindest die Fähigkeit zur
Funktion; Körpermaterie ist somit »funktionsfähige« Materie.
Sie ist als Körpermaterie existent auch dann, wenn sie im Augenblick keine
Funktion erfüllt. Eine Körperfunktion dagegen kann nicht existent sein
ohne die Existenz »ihrer« Körpermaterie als ihrer eigenen Existenzbedingung.
Ähnlich ist es mit den Ausdrücken der anderen Gruppe; auch sie werden
synonym verwendet. Doch man hatte schon Descartes - der die dualistische Weltsicht
kreierte - darauf aufmerksam gemacht, daß Bewußtsein und Seele nicht
identisch seien; im Schlaf habe man zwar das Bewußtsein verloren, aber doch
wohl nicht gleich die ganze Seele? Aber weder den großen Descartes noch
die Philosophen der 350 Jahre nach ihm kümmerte diese Verschwommenheit der
Begriffe. Vom Bewußtsein aus gesehen, ist Seele gleich Bewußtsein
plus Etwas. Dieses Etwas ist Bedingung für Bewußtsein; es kann, aber
es muß nicht, Bewußtsein erzeugen. Dieses Etwas ist existent auch
dann, wenn Bewußtsein fehlt, Bewußtsein aber kann nur existent sein,
wenn dieses Etwas existent ist. Dieses Etwas ist somit bewußtseinsfähiges
Etwas. Seele und Bewußtsein sind also ebenso wenig identisch wie Körper
und Materie identisch sind. Fazit:
Die Weltbilder des Monismus und Dualismus sind falsch, weil in ihnen ontologisch
unterschiedliche Entitäten als identisch angesehen werden. (Lothar
Kleine-Horst,
Die trialistische Lösung des Leib-Seele-Problems, 2005
).
Zum Verständnis: Mit Leib bzw. Körper ist das
gemeint, was ich oben Organisches
genannt habe.Der Quadrialismus ist ein vierheitliches
Weltbild. Albert Einstein
hat bis zu seinem Tod vergeblich Relativitätstheorie und Quantenmechanik
in einer »Große Vereinheitlichte Theorie«
zusammenzufassen versucht, einer Theorie, in der die vier »Kräfte«
(starke, schwache und elektromagnetische Wechselwirkung sowie Gravitaton; vgl.
4 Naturkräfte)
Ausdruck ein- und derselben »Kraft« oder Entität anzusehen seien.
.... Nach der im Quadrialistischen Weltbild gegebenen Definition von »Materie«
besitzt jedes Materie-Teilchen nicht nur ihre eigene Energie (oder Masse), sondern
auch ihren eigenen Raum und ihre eigene Zeit. Dies gilt nicht nur für die
mikrophysikalische, sondern auch für die makrophysikalische Materie. Das
heißt: Das mathematisch handliche »Raum-Zeit-Kontinuum« Einsteins
ist ontologisch eine »Zeit-Raum-Hierarchie« (was einander nicht ausschließt),
wobei das »Vakuum« die »nullte«, die Zeit die »erste«,
der Raum die »zweite«, »dritte« und »vierte«,
und die Gravitation als »Raumkrümmung« die fünfte«
Materiedimension repräsentieren. In dieser Hierarchie besteht eine hohe Symmetrie
der interdimensionalen Relationen: die n-te Dimension eines Materiegebildes ist
endlich in Bezug auf die unendliche (n1)-te Dimension desselben Materiegebildes.
Da die Energie/Masse gequantelt ist, sind - allein nach dem im quadrialistischen
Weltbild geltenden Symmetrieprinzip - auch Raum und Zeit gequantelt. Aus der Quantelung
der Materie im Mikrophysikalischen ergibt sich - nach den in evolutionären
Hierarchien geltenden Stufengesetzen - auch die Quantelung der makrophysikalischen
Materie mit der Gravitation als Energie/Masse-Dimension. So sind die Spezielle
und die Allgemeine Relativitätstheorie sowie die Quantentheorie in der Quadrialistischen
Theorie als ihrer Supertheorie vereinigt. Einstein unterlag wohl dem Irrtum, für
die physikalischen Theorien eine physikalische Supertheorie suchen zu sollen.
Er hätte nach einer nicht-physikalischen Supertheorie suchen müssen,
in der sich gleichsam die Axiome der Physik befinden, so wie sich die Axiome der
Logik, der Arithmetik und der Geometrie auch in einem nicht-logischen, nicht-arithmetischen
bzw. nicht-geometrischen Beziehungssystem befinden. (Lothar Kleine-Horst,
Der Anfang des nach-naturwissenschaftlichen Zeitalters, 2004 ).
»Heisenberg
behauptete kurz vor seinem Tod, daß die tiefsten Ebenen der Realität
nicht in Teilchen, sondern in Symmetrien bestehen.« (Zitiert in: F. D. Peat,
Synchronizität, 1989, S. 224). »Die Auffindung einer Symmetrie
ist von viel größerer Bedeutung als die Entdeckung eines bestimmten
Phänomens. .... Bei ihrer Suche nach einem fundamentalen Konzept beginnen
die Physiker mit einer bestimmten Symmetrie und überprüfen dann, ob
die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, mit den Beobachtungen in Einklang gebracht
werden können.« (Anthony Zee, Magische Symmetrie, 1993, S. 93,121).
Genau diese Überprüfung wird in bezug auf die im neuen Modell der Wirklichkeit
als vorhanden angenommen Symmetrien erfolgen. Diese sind keine spezifischen Symmetrien
von »Naturgesetzen« (d.h. materiellen Gesetzen), sondern sie sind
generelle Symmetrien von »Wirklichkeitsgesetzen«, d.h. solchen, die
nicht nur die Materie (materiale Seinsweise) betreffen, sondern auch die anderen,
nicht-materialen, Seinsweisen. Diese Symmetrien sind somit allgemeingültige
Grundgesetze der Wirklichkeit, denen selbst die Symmetrien der Naturgesetze unterworfen
sind. Die o.a. Zitate sollen also über die ausschließlich die Materie
betreffenden Naturgesezte auch für die hier neu modellierte Gesamtwirklichkeit
Geltung haben. (Lothar Kleine-Horst,
Das quadrialistische Acht-Welten-Modell der Wirklichkeit, 2004 ).
© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014).
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