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Prägnant und möglichst knapp formulierte Gedanken

von

Peter Mersch (*1949)

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„Im Prinzip wird jeder Mensch versuchen, sein Leben sinnhaft zu gestalten. Ist dies in der Produktion nicht möglich, wird - sofern damit nicht weitere gravierende (ökonomische) Nachteile verbunden sind - ein Ausweichen in die Reproduktion erfolgen. Dies dürfte auch von Relevanz für die seit einiger Zeit geführte Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen (nicht zu verwechseln mit der ebenfalls diskutierten Grundeinkommensversicherung) sein. Eine Hoffnung dabei ist, die Bürger würden von jeglicher ökonomischer Existenzangst befreit und könnten dann ihre kreativen Potentiale in optimaler Weise einsetzen. Auch könnten zahlreiche bürokratische Kosten und staatliche Aufwände entfallen.“
Peter Mersch, Die Familienmanagerin, 2006, S. 103

„Eine Gesellschaft entspricht von außen betrachtet einem Lebewesen, mit den Menschen als Zellen. Altern die Menschen, dann altert die Gesellschaft.“
Peter Mersch, Die Familienmanagerin, 2006, S. 124

Der Staat subventioniert Kinderlosigkeit durch Nichtbesteuerung (»Transferausbeutung von Familien durch Kinderlose«). Die Wirkung dieser Vorgehensweise kann an den jährlich vom Statistischen Bundesamt veröfentlichten Geburtenzahlen abgelesen werden.“
Peter Mersch, Die Familienmanagerin, 2006, S. 172

Damit die Gesellschaft auch in Zukunft funktionieren kann und er zukünftigen Generationen keine zu hohen Lasten zugemutet werden, muß jede Person für einen Nachfolger der eigenen Person sorgen. Wenn man dies nicht tut, erwartet man die Erfüllung dieser Aufgabe implizit von jemand anderem. Um im Kontext des Beispiels zu bleiben, könnte man salopp sagen: Ein Unterhaltspflichtiger hat das Aufziehen seines Kindes an seine frühere Geliebte geoutsourct, ein Kinderloser an eine Familie in der Nachbarschaft.“
Peter Mersch, Die Familienmanagerin, 2006, S. 172

„Beispielsweise könnte im Rahmen des Besteuerungsprozesses zunächst das zur Verfügung stehende Einkommen (nach Abzug von Steuern, Rentenbeiträgen u.s.w.) einer Einzelperson oder eines Paares ermittelt werden. Anschließend käme die Düsseldorfer Tabelle oder ein einfacheres, möglicherweise sogar progressiv wirkendes Verfahren zur Anwendung, wodurch die Kinderlosensteuer zu ermitteln wäre. Eine kinderlose Einzelperson würde für ein Kind zahlen, ein kinderloses Paar für zwei Kinder und ein Paar mit einem Kind für ein Kind.“
Peter Mersch, Die Familienmanagerin, 2006, S. 172

„Eine Familienmanagerin ist eine professionelle Erzieherin (bzw. ein Erzieher) mit entsprechender Ausbildung und Arbeitsvertrag, die in vielen Aspekten etwa einer staatlich beschäftigten dänischen Tagesmutter entspricht, anders als diese aber nicht ausschließlich für das Betreuen fremder, sondern in erster Linie für das Aufziehen eigener Kinder bezahlt wird. Je mehr Kinder eine Familienmanagerin betreut, desto mehr verdient sie. Finanziert werden könnten die Familienmanagerinnen über die bereits erwähnte Kinderlosensteuer. Kinderlose würden also auf diese Weise ihre eigentlich gesellschaftlichen Aufziehleistungen an Familienmanagerinnen outsourcen.“
Peter Mersch, Die Familienmanagerin, 2006, S. 174

In unserer Gesellschaft ist es Ihre Aufgabe, als Paar zwei Kinder aufzuziehen, als Einzelperson ein Kind. Damit leisten Sie Ihren Beitrag zu einer bestandserhaltenden gesellschaftlichen Reproduktion. Sie müssen das aber nicht selbst tun, sondern Sie können die Aufgabe zum Teil oder in Gänze anderen Fachleuten überlassen. Dafür müssen Sie dann aber regelmäßig einen bestimmten Betrag abführen, damit diese das auch in der entsprechenden Qualität für Sie tun können.
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. xi

„Die Bevölkerung ist das Fundament, nicht die Wirtschaft. Wenn die wichtigste Ressource in modemen Wissensgesellschaften das Humankapital ist, also die Kompetenzen und das Wissen der Menschen und damit diese selbst, dann ist der Zustand der Bevölkerung von größerer Bedeutung als der der Wirtschaft.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. xiv

„Zahlreiche Themen sind ... komplett tabuisiert. Die Gesellschaftswissenschaften haben sich sogar ihr eigenes Denkgebäude mit Tabus zugezimmert. Was früher die römsiche Inquisition war, leistet die Wissenschaft vielerorts nun selbst.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. xv-xvi

„Die Kernaussage der Evolutionstheorie ist ...: Wenn die drei Voraussetzungen Variation, Selektion und Vererbung gegeben sind, ist Evolution unvermeidlich die Folge.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 33

„Lebewesen streben nach Reproduktion, denn diese macht das Leben aus.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 43

„Die Gleichberechtigung der Geschlechter wird - sollte keine Lösung für die mit ihr einhergehende Geburtenschwäche gefunden werden - erneut dem Patriarchat weichen müssen.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 69

„Unser Staat zerstört sich selbst von innen heraus. Und die Ursache dafür ist ganz wesentlich in der einseitigen und sogar staatlich geförderten Priorisierung von produktiven gegenüber reproduktiven Tätig keiten zu suchen.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 93

„Eine negative Selektion belohnt gesellschaftlichen Mißerfolg mit genetischem »Überleben« und wird deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach die Stärkung sozial schwacher und bildungsferner Schichten zur Folge haben. Schlimmer noch: sie bestraft gesellschaftlichen Erfolg mit genetischer Elimination, obwohl genau diese Personen erforderlich wären, um sozial schwache und bildungsferne Bevölkerungskreise aus ihrer Misere zu holen. Es sind die Leistungsträger, die die Ideen entwickeln, die Arbeitsplätze schaffen, die Kultur weiterentwickeln und das Wissen vermitteln können, und genau diese schwinden als Folge des aktuellen Reproduktionsverhaltens mehr und mehr.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 93-94

„Der Kinderlose (»Faule«) wird den höchsten ökonomischen Nutzen erzielen. Und aus genau diesen Gründen dürfte sich Kinderlosigkeit immer weiter ausbreiten.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 145

„Allerdings ist die Rationalitätenfalle bei der Nachwuchsfrage noch viel gravierender als beim klassischen Allmendeproblem, da die durch die Kinderlosigkeit eingesparte Zeit ja im Rahmen einer Erwerbsarbeit gewinnbringend genutzt werden kann. Hierdurch könnte sich der ohnehin schon höhere Nutzen des »Faulen« noch weiter erhöhen.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 145

„Seit der Gleichberechtigung der Geschlechter steht der Erfolg im Leben ... dem genetischen Überleben im Wege. Die weibliche Emanziptaion hat also ... massive Fehlsteuerungen im gesellschaftlichen Selektionsmechanismus hinterlassen, die auf lange Sicht das Ende unserer Kultur bewirken könnten.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 201-202

„Wenn Männlichkeit heute in unserer Gesellschaft noch immer höher als Weiblichkeit bewertet wird, dann ist ein Grund dafür die Trivialisierung, Marginalisierung und Proletarisierung reproduktiver Tätigkeiten, wozu feministische Positionen maßgeblich beigetragen haben. Die Folgen tragen nun in erster Linie die Kinder. .... Den Preis für die bisherige Form der Emanzipation der Frauen zahlen folglich die kommenden Generationen.“
Peter Mersch, Hurra, wir werden Unterschicht!,  2007, S. 122

Eine weitestgehende Angleichung der Geschlechter führt in menschlichen Gesellschaften dagegen selbst bei optimaler Vereinbarkeit von Familie und Beruf dazu, daß die Opportunitätskosten für Kinder sowohl bei Frauen als auch bei Männern umso höher sind, je qualifizierter und beruflich engagierter die Eltern sind. Das daraus resultierende Nachwuchsverhalten dürfte den betroffenen Bevölkerungen sukzessive alle ihre Komponenten rauben. Oder anders gesagt: Solche Gesellschaften verarmen und verdummen - und zwar aus biologischen Gründen.
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, Klappentext

„Gemäß dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann Energie in geschlossenen Systemen weder geschaffen noch vernichtet werden. Allerdings kann die in einem System vorhandene Energie in ihrer Beschaffenheit beziehungsweise in der Fähigkeit, nutzbare Arbeit zu verrichten, stark variieren. Exergie stellt in diesem Zusammenhang ein Maß für die maximale Fähigkeit eines energiehaltigen Systems dar, nützliche Arbeit zu verrichten, während es sich zum Gleichgewicht mit seiner Umgebung hin bewegt. Das Gegenteil, nämlich nicht mehr arbeitsfähige Energie, wird Anergie genannt.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 11

Die Evolutionstheorie erklärt, wie auf der Erde aus Chaos zunehmende Ordnung in Form von Leben entstehen konnte, was aufgrund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik (Entropiesatz), der im Universum eine generelle Entwicklung von der Ordnung hin zum Chaos postuliert, zunächst nicht erwartet werden konnte. .... »Evolutionsalgorithmus« ... ist ein von jeder Absichlichkeit freies Verfahren - ein Prinzip, wonach Gestaltung ohne Zutun eines Geistes aus dem Chaos entstehen kann .... Wird der Algorithmus der natürlichen Selektion in sein Gegenteil verkehrt, das heißt, pflanzen sich in erster Linie die weniger gut angepaßten Individuen fort, dann dürfte lokale Ordnung wieder sukzessive in Chaos übergehen.
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 17

„Eine bestandserhaltende gesellschaftliche Reproduktion wird bei durchschnittlich 2,1 Kindern pro Frau erreicht. Eine solche Fertilitätsrate ist aber primär unter den Erfolgreichen und Hochqualifizierten anzustreben, denn das Selektionsprinzip reklamiert in erster Linie eine Bestandserhaltung unter den am besten an die aktuellen Bedingungen engepaßten Individuen (Korrelation zwischen sozialem Erfolg und Reproduktionserfolg). .... Reproduziert sich eine Bevölkerung ... nur mit einer Fertilitätsrate von 1,38, der Bevölkerungsteil mit hoher Bildung sogar nur mit einer Rate von 1,14, dann ist folglich in erster Linie der Wert für die hohe Bildung von Interesse, weil er das Ausmaß der tatsächlichen Nichtbestandserhaltung realistischer widerspiegelt.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 29

„Wir können also festhalten: Durch Muttis fehlende Erwerbstätigkeit gehen dem Staat in der aktuellen Generation 720000 Euro an Steuereinnahmen verloren, dafür nähme er in der nächsten Generation dank Mutti 2160000 Euro mehr ein. Oder anders ausgedrückt: Mutti ist die Beste!“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 94

„Die Angleichung der Geschlechter macht dumm. .... Die weitestgehende Angleichung der Geschlechter macht moderne Gesellschaften zunehmend ärmer und dümmer.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 94

„In patriarchalischen Gesellschaften korreliert die Zahl an Nachkommen mit dem sozialen Erfolg und der Intelligenz der Männer, wodurch die Bevölkerung von Generation zu Generation sukzessive an Intelligenz gewinnt. In modernen »gleichberechtigten« Gesellschaften besteht dagegen üblicherweise eine negative Korrelation zwischen der Zahl an Nachkommen und der Intelligenz der Männer und Frauen, wodurch die Bevölkerung von Generation zu Generation sukzessive an Intelligenz verliert. Da der durchschnittliche IQ einer Bevölkerung auch mit dem Wohlstand des Landes korreliert, dürfte sich in solchen Gesellschaften zunehmend Armut ausbreiten. Kurz: Eine solche Gesellschaft brasilianisiert und entwickelt sich zurück in ein Entwicklungsland.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 100-101

„Die These eines sukzessiven genotypischen Intelligenzverlustes (und damit indirekt eines Kulturverlustes) moderner Gesellschaften ist insgesamt nicht neu, werden solche Entwicklungen doch von verschiedenen Autoren zumindest für die USA seit einiger Zeit vermutet. Im vorliegenden Buch wird allerdings zusätzlich noch behauptet, hierbei handele es sich um eine zwangsläufige Folge einer zu starken Angleichung der Geschlechter mit ähnlichen bis identischen Lebensentwürfen für Frauen und Männer. Eine solche zunehmende Angleichung scheint auch in anderen historischen menschlichen Hochkulturen stattgefunden zu haben. Möglicherweise hat sie zu deren Untergang beigetragen.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 101

„Da der durchschnittliche IQ einer Bevölkerung auch mit dem Wohlstand des Landes korreliert, dürfte sich in solchen Gesellschaften zunehmend Armut ausbreiten. Kurz: Eine solche Gesellschaft brasilianisiert und entwickelt sich zurück in ein Entwicklungsland.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 101

„Ferner zeigen die obigen Resultate: Die enorme menschliche Gehirnentwicklung während der Altsteinzeit dürfte maßgeblich auf die sexuelle Arbeitsteilung unserer Vorfahren zurückzuführen sein. Diese hatte folglich einen Sinn und stellte einen evolutionären Vorteil dar, und man darf nun nicht erwarten, man könnte in solche Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens mal eben so eingreifen, ohne daß dies Konsequenzen haben wird.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 101

„Wir sprechen ... hier über ein Abfallen der durchschnittlichen IQs ganzer Bevölkerungen. Ein solcher Schaden dürfte nicht nur gravierende Langzeitauswirkungen für die betroffenen Volkswirtschaften haben, sondern obendrein auch noch irreparabel sein.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 105

„Von einer modernen Familienpolitik wird also deutlich mehr verlangt als ein Krippenausbau oder weitere finanzielle Anreize für Kinder. Tatsächlich ist die gesamte gesellschaftliche Reproduktion neu zu konzipieren.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 108

In unserer Gesellschaft ist es Ihre Aufgabe, als Paar zwei Kinder aufzuziehen, als Einzelperson ein Kind. Damit leisten Sie Ihren Beitrag zu einer bestandserhaltenden gesellschaftlichen Reproduktion. Sie müssen das aber nicht selbst tun, sondern Sie können die Aufgabe zum Teil oder in Gänze anderen Fachleuten überlassen. Dafür müssen Sie dann aber regelmäßig einen bestimmten Betrag abführen, damit diese das auch in der entsprechenden Qualität für Sie tun können.
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 108

„Das vorliegende Buch konnte zeigen, daß die in unserer Gesellschaft angestrebte Angleichung der Geschlechter mit im Regelfall ähnlichen Lebensentwürfen und einer paritätischen Aufteilung von Familienarbeit im Widerspruch zu grundsätzlichen biologischen Gegebenheiten steht. Die Emanzipation der Frauen kann folglich nicht so umgesetzt werden, wie dies bislang geschehen ist. Wird an der bisherigen Strategie nichts geändert, dürften sich die betroffenen Gesellschaften restlos ruinieren. Zu den ersten Symptomen können ein schleichender gesellschaftlicher Intelligenzverlust und das Entstehen einer neuen Armut gezählt werden.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 109

„Ich persönlich glaube nicht, daß man unter freiheitlich-demokratischen Rahmenbedingungen sehr viele Alternativen haben wird.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 110

„Ich bin davon überzeugt, daß die großen aktuellen sozialen Probleme in den entwickelten Ländern ganz entscheidend durch Organisationsmängel im reproduktiven Bereich verursacht werden.“
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum!,  2007, S. 110

„Es kann heute kein Zweifel mehr daran bestehen, daß ein nennenswerter Teil des menschlichen Denkens, Fühlens und Verhaltens eine biologische Basis besitzt, die im Überlebenskampf während der Menschwerdung entstanden ist (vgl. Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Die Biologie des menschlichen Verhaltens, 1984). Auch bei der Intelligenz kann von einer erheblichen erblichen Komponente ausgegangen werden, wie die Zwillings- und Adoptionsforschung belegt (vgl. a.a.O.). Ferner scheint hier das Gleiche zu gelten, was bereits bei der Geschlechterverteilung von Inselbegabten festgestellt wurde: die Varianz der Intelligenzverteilung bei Männern ist deutlich höher als bei Frauen. Beispielsweise ergab ein Test unter 2500 Geschwistern, daß sich unter den »klügsten« und »dümmsten« zwei Prozent einer Bevölkerung offenbar doppelt so viele Männer wie Frauen befinden (vgl. a.a.O.). Gemäß anderen Untersuchungen (vgl. a.a.O.) haben doppelt so viele Männer wie Frauen einen IQ oberhalb von 125 Punkten. Ab der Grenze von 155 kommt auf 5,5 Männer nur noch eine Frau.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 12

Bei Organisationssystemen handelt es sich um neuartige biologische Phänomene einer bislang unbekannten Größenordnung, die sowohl eigene Identitäten als auch eigenständige Selbsterhaltungsinteressen besitzen. Während die biologische Evolution die Ein- und Mehrzeller (Organismen) hervorgebracht hat, sind die kulturelle, soziale, wissenschaftliche und technische Evolution primär das Ergebnis evolutiver Entwicklungen auf der nächst höheren Systemebene, den Organisationssystemen. Im Prinzip könnten diese als eine neue Form des Lebens aufgefaßt werden.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. iv

„Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt nun, daß die Qualität der Energie (die Exergie) in einem (energetisch und materiell) abgeschlossenen, energiehaltigen System fortlaufend abnimmt, wenn irgendwelche Vorgänge im System ablaufen. Anders gesagt: Exergie wird dann fortlaufend in Anergie umgewandelt. Auf diese Weise geht das System zunehmend von einem geordneten in einen ungeordneten Zustand über, das heißt, die Entropie des Systems nimmt immer weiter zu. Es handelt sich hierbei um einen irreversiblen Prozeß. Die Kernaussage des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik ist: Jeder reale Prozeß kann in einem abgeschlossenen, energiehaltigen System nur in einer Richtung fortschreiten, bei der sich die Entropie des Systems erhöht.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 11

Jede Materie unterliegt dem Impulserhaltungssatz: Unbelebte Materie kann ihre Geschwindigkeit und Richtung nur ändern, wenn sie von außen einen Impuls erhält. Lebewesen scheinen dies aber aus sich heraus tun zu können. Man könnte regelrecht meinen, sie würden dabei durch einen inneren »Lebensimpuls« angestoßen.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 35

„Bei Organisationssystemen handelt es sich um neuratige biologische Phänomene von zum Teil geradezu ungeheuerlicher Potenz. Sie stellen mit ihrem Ressourcenreichtum, ihren Kompetenzen und ihrer schieren Macht alles in den Schatten, was an biologischen Phänomenen je auf der Erde existiret hat. Möglicherweise sind sie dem Menschen längst entwachsen. Dabei handelt es sich bei ihmen um eine recht neue Entwicklung. Im Prinzip sind sie das Charakteristikum der Moderne schlechthin.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 54

Mit den Organisationssystemen ist in der Natur ein neuer Systemtyp entstanden, den man auch als Superorganismus bezeichnen könnte. Anders als Mehrzeller binden moderne Superorganismen einen Großteil ihrer Elemente - Akteure wie Menschen und soziale Systeme (zum Beispiel weitere Organisationssysteme) - jedoch nicht fest und unveränderlich an sich, sondern in aller Regel recht locker über Verträge (Kontrakte). Die Fähigkeit, Verträge einzugehen und einzuhalten, ist Teil der menschlichen Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, die man - ähnlich der extrazellulären Matrix in Organismen - als den Kitt für den Zusammenhalt von Organisationssystemen bezeichnen könnte.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S.66

„Eine zurückhaltende Reproduktionsweise kann ... langfristig keine evoalutionär stabile Strategie sein, weil die Population nämlich sonst schon bald von sich anders verhaltenden Konkurrenten verdrängt werden dürfte.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 127

„Im Rahmen von Selbstläuferprozessen setzen sich ... zuweilen Theorien durch, die erkennbar falsch sind, die aber von starken Interessengruppen am Leben erhalten werden. Beispielhaft können hier die Fetthypothese der Ernährungswissenschaft, die Vereinbarkeitshypothese der Soziologie und die Leere-Blatt-Hypothese der Psychologie genannt werden. In vergangenen Epochen gerieten viele wissenschaftliche Erkenntnisse mit widersprechenden religiösen Vorgaben in Konflikt.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 191

Die Fetthypothese lautet: Die Menschen werden vor allem deshalb zu dick, weil sie zu viel Fett zu sich nehmen und sich zu wenig bewegen. Die Fetthypothese ist nachweislich falsch, wird aber nach wie vor von der Mehrheit der Ernährungswissenschaftler vertreten.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 191

Die Vereinbarkeitshypothese besagt: In der Bundesrepublik werden deshalb so wenige Kinder in die Welt gesetzt, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer nicht gegeben ist. Auch würden sich die Männer noch nicht ausreichend an der Familienarbeit beteiligen. Die Frauen wären deshalb praktisch in einen Gebärstreik getreten. Die Vereinbarkeitspothese ist nachweislich FALSCH, wird aber dennoch immer wieder behauptet.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 191

Die Leere-Blatt-Hypothese lautet: Jeder Mensch kommt als unbeschriebenes Blatt zur Welt und kann durch Ausbildungsmaßnahmen und Erziehung beliebig geformt werden. Dementsprechend ist es egal, wer die Kinder in die Welt setzt. Durch geeignete Fördermaßnahmen könnten alle eventuellen Benachteiligungen wieder ausgeglichen werden. Die Leere-Blatt-Hypothese ist nachweislich FALSCH, erfreut sich aber ... großer Beliebtheit.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 191

„Auf lange Sicht werden sich Fehlentwicklungen nicht halten können. Dies ist in den Wissenschaften zumindest im Falle der Vereinbarkeitshypothese schon sehr bald zu erwarten, denn deren gesellschaftliche Folgerungen sind dermaßen desaströs, daß sich schon in naher Zukunft keine ausreichend starken, sie unterstützenden Interessengruppen mehr finden dürften.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 192

„Wie wir gesehen haben, können in sich sexuell fortpflanzenden Populationen ungünstige Selbstläuferprozesse dann weitestgehend vermieden werden, wenn sich die Individuen bei der sexuellen Selektion auf sogenannte teure Signale - zum Beispiel Handicaps - verständigen. Denn in diesem Fall dürfte die von einem Individuum angezeigte Fitneß auch dessen tatsächlicher Fitneß entsprechen, da das Hervorbringen des geforderten Signals eine entsprechend hohe Leistungsfähigkeit verlangt. Täuschungen sind dann praktisch ausgeschlossen. Auf diese Weise wird ein Bezug zur Wirklichkeit hergestellt.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 192

„Im Wissenschaftsprozeß steht dafür nonnalerweise die Empirie. So wird beispielsweise in den Naturwissenschaften erwartet, daß aus einer guten Hypothese möglichst viele empirisch überprüfbare Prognosen ableitbar sind und sie somit auf vielfältige Weise falsifizierbar ist. Ein Wissenschaftler muß sich folglich mit seiner Theorie (Hypothese, Paradigma) der Wirklichkeit stellen. Je besser und vielfaltiger das möglich ist, desto größer ist auch der empirische Gehalt seiner Theorie. Man könnte auch sagen: Je umfassender sich eine Hypothese falsifizieren läßt, desto größer ist ihr Handicap (beziehungsweise das des Wissenschaftlers). Bei einer umfassenden Falsifizierbarkeit einer Theorie handelt es sich folglich um ein teures Signal.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 192

„Allerdings gelten diese einfachen Prinzipien nicht für alle Wissenschaftsdisziplinen. So werden etwa gelegentlich Evidenzen mit Eminenzen verwechselt: Es kommt dann weniger darauf an, was gesagt wird, sondern vor allen Dingen, wer es sagt. Dies gilt insbesondere für alle Gemeinschaften, die ihre Resultate überwiegend im Diskurs verhandeln. Aber auch in sogenannten echten empirischen Wissenschaften ist der Bezug zur Wirklichkeit nicht immer zweifelsfrei herstellbar. Es kann dann vorkommen, daß das gleiche empirische Resultat für eine Gruppe eine Bestätigung ihrer Theorie darstellt, für eine andere Gruppe aber deren Falsifikation.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 193

„Berücksichtigt man zusätzlich noch, daß wissenschaftliche Communities üblicherweise keine externen Kontrollinstanzen zur Ergebnisüberwachung besitzen und sich ausschließlich selbst organisieren, dann kann man erahnen, daß sich Forschungsprozesse auch schon einmal weitestgehend verselbstständigen können.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 193

Wenn eine Bevölkerung aus lauter Individuen besteht, die sich alle selbsterhalten und fortpflanzen wollen, dann wird es bei hohen Bevölkerungszuwachsraten und einer dadurch bedingten deutlichen Zunahme der Bevölkerungsdichte zwangsläufig zu einer verstärkten Konkurrenz der Individuen um die knapper werdenden Ressourcen kommen.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 300

All dies unterstreicht, daß es der Menschheit endlich gelingen muß, die eigene Bevölkerungsentwicklung zu beherrschen. Ich persönlich halte dies - trotz aller Tabuisierungen des Themas - für das wichtigste globale Problem der Menschheit überhaupt.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 300

„Heute reichen durchschnittlich ca. 2,1 Kinder pro Frau aus, damit sich eine Bevölkerung mengenmäßig erhalten kann. Im 18. Jahrhundert lag diese Zahl noch deutlich über 4. Man kann deshalb durchaus behaupten: Der Rückgang der Sterblichkeit war die Vorausetzung für die Emanzipation der Frauen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 300-301

Mann und Frau gehen beide arbeiten und verdienen dafür Geld. Außerdem teilen sie sich die Familienarbeit und verdienen dafür beide kein Geld.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 316

„Der Geburtenrückgang in den entwickelten Ländern ist in erster Linie auf das Verschwinden der Mehrkindfamilie mit drei oder mehr Kindern zurückzuführen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 316

„Ein ganz entscheidendes Merkmal der Moderne dürfte ... das massenhafte Entstehen größerer Organisationen (Unternehmen) sein, bei denen es sich quasi um neuartige biologische Phänomene mit eigenen Identitäten und eigenständigen Selbsterhaltungsinteressen handelt. Anfanglich befanden sich diese noch überwiegend im Besitz von einigen wenigen Personen (»der Kapitalist«). Auch begrenzten sie ihr Tätigkeitsfeld aufgrund vorhandener Kommunikationslimitationen meist auf eingeschränkte lokale Regionen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 359-360

„Organisationssysteme besitzen in aller Regel einen im Vergleich zu Menschen ungeheuren Energie- und Ressourcenbedarf (Kapitalbedarf). Beiden Anforderungen wurde die beginnende Moderne mit der Nutzbarmachung fossiler Brennstoffe und dem Aufkommen leistungsfahiger Banken und Finanzmärkte gerecht. Erst damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um biologische Phänomene dieser Größenordnung entstehen zu lassen“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 360

„Mit zunehmender Größe können Unternehmen kostengünstiger produzieren (aufgrund der Nutzung von Skaleneffekten) und sich somit gegenüber Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Mit dem Wachstum differenzieren sie sich dann intern immer weiter aus, und zwar zur Komplexitätsreduzierung.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 360

„Aufgrund des ... einsetzenden starken Bevölkerungswachstums und der dadurch bedingten höheren Bevölkerungsdichte kam es gemäß Émile Durkheim zunächst zu einer Verstärkung der Arbeitsteilung und dann auch zu einer zunehmenden funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft, und zwar auch hier zur Komplexitätsreduzierung.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 360

„Eine hohe Bevölkerungsdichte hat aber noch ganz andere Konsequenzen. Beispielsweise ist es dann viel schwieriger, individuell für den eigenen Schutz oder den der Familie zu sorgen, und zwar insbesondere dann, wenn Menschen im allgemeinen noch bewaffnet sind und sich auf unmittelbare körperliche Auseinandersetzungen eingestellt haben. Unter solchen Verhältnissen bietet es sich geradezu an, sich in Konfliktsituationen etwas zurückzunehmen, die Interessen anderer wahrzunehmen und zu wahren und vor allen Dingen auch jederzeit »cool« zu bleiben. Mit anderen Worten: Eine deutliche Erhöhung der Bevölkerungsdichte hat nicht nur veränderte Anforderungen bei den Schutzmaßnahmen zur Folge, sondern auf der anderen Seite auch eine verstärkte Affektkontrolle auf Seiten der Individuen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 360

„Hohe Bevölkerungsdichten dürften auch in der Natur mit einem Rückgang ausgeprägter Dominanzhierarchien einhergehen, denn ansonsten würden durch die dann alsbald zu erwartenden permanenten Auseinandersetzungen um Rangpositionen viel zu viele Reibungsverluste entstehen. Beispielsweise wäre ein einzelnes Männchen unter solchen Gegebenheiten wohl kaum noch in der Lage, seinen Harem aus mehreren Weibchen gegen eine Übermacht aus partnerlosen Männchen zu verteidigen. In solchen Konstellationen scheint also die sexuelle Selektion mit der Auswahl geeigneter Männchen durch die Weibchen die bessere und friedlichere Strategie zu sein. Mit anderen Worten: Allein schon die Zunahme der Bevölkerungsdichte dürfte einen Trend zur Gefallen-wollen-Kommunikation zur Folge haben.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 360

„Organisationen wollen wachsen, und zwar einerseits zwecks Erschließung neuer Märkte und Ressourcen, andererseits zur Realisierung von Skaleneffekten und den damit verbundenen Wettbewerbsvorteilen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 372

„Im Rahmen der Globalisierung lassen die Organisationssysteme nun massenhaft ihre nationalen Beschränkungen hinter sich, wobei sie die jeweiligen Nationalstaaten regelrecht zu ihren Lieferanten für Humankapital, Ressourcen (Rohstoffe, Entsorgung, Endlagerung u.s.w.) und Infrastrukturen degradieren, während sie sich selbst zu eigenständigen, international operierenden Systemen von geradezu ungeheuerlicher Macht und Größe aufbauen, die nun durch praktisch niemanden mehr kontrollierbar sind.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 372

„Basierte der Wohlstand eines Landes bislang maßgeblich auf der Leistungsfähigkeit seiner Unternehmen (»der Wirtschaft«), so dürfte er in Zukunft eher auf dem Reichtum seiner Ressourcen (Rohstoffe wie Erdöl, Humankapital) und der Ausgereiftheit von Regelwerken und Infrastrukturen beruhen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 372-373

Bei Organisationssystemen handelt es sich um neuartige biologische Phänomene einer bislang unbekannten Größenordnung und mit einem gigantischen Energie- und Kapitalbedarf. Einmal auf den Weg gebracht, verhalten sie sich wie Lebewesen mit einer eigenen Identität und einem eigenständigen Selbsterhaltungsinteresse, wobei sie eine beträchtliche Eigendynamik entwickeln können. Ihre primäre selektive Umwelt sind vor allem die Märkte, auf denen sie bestehen wollen und müssen. Sie werden also weniger durch einzelne Menschen gesteuert, sondern in erster Linie durch Marktgeschehnisse und sonstige Wirtschaftsfaktoren.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 372-373

Unternehmen sammeln immer mehr proprietäres Wissen - das Teil ihres Wettbewerbvorteils ist - an, auf das Menschen nur dann Zugriff haben, wenn sie in diesem Unternehmen in den entsprechenden Positionen arbeiten. Die von den Mitarbeitern erbrachten neuen Erkenntnisse gehören ganz automatisch wieder dem Unternehmen. Auf diese Weise entsteht zunehmend unternehmerisches Geheimwissen, was der Menschheit nur indirekt (über die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens) zur Verfügung steht. Auch dieser Zusammenhang offenbart, daß die biologische Spezies Mensch (beziehungsweise menschliche Gesellschaften) und die durch Menschen gebildeten Organisationssysteme als voneinander unabhängig betrachtet werden müssen. Beide Seiten verfolgen zum Teil ganz unterschiedliche Interessen.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 373

„Die Entstehung von Mehrzellern (Organismen, autopoietischen Systemen zweiter Ordnung) war ein entscheidender Durchbruch in der Evolution des Lebens. Seitdem dominierten diese biologischen Phänomene das Leben auf der Erde. Mit der Herausbildung von Organisationssystemen scheint der Evolution ein weiterer Komplexitätssprung gelungen zu sein.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 373

„Gemäß Maturana und Varela handelt es sich bei Organismen (Mehrzellern) um autopoietische Systeme zweiter Ordnung, in denen zum Teil mehrere Milliarden Zellen zur Erfüllung einer gemeinsamen Aufgabe kooperativ zusammengeschaltet sind. In solchen Strukturen kann sich die einzelne Zelle nicht mehr selbst ernähren. Stattdessen wird sie nun vom Organismus mitversorgt, der die erforderlichen Ressourcen - insbesondere Energie - für alle seine Elemente beschafft.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 373

„Bei Organisationssystemen, die ihre Zellen zwar nicht fest an sich schweißen, sondern nur vertraglich binden, sieht das letztlich nicht viel anders aus. So wird beispielsweise in vielen Arbeitsverträgen explizit festgelegt, daß ein Mitarbeiter seine Arbeitskraft ganz dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen hat und nicht gleichzeitig noch für andere Arbeitgeber tätig werden kann.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 373-374

„In der Folge hängt der Selbsterhalt des Arbeitnehmers - der einzelnen Zelle des Organisationssystems - entscheidend vom wirtschaftlichen Erfolg seines Arbeitgebers ab, weshalb er sich schon bald dessen Geschäftsziele und damit insbesondere dessen Selbsterhaltungsinteressen zu eigen machen wird, ein durchaus erwünschter Effekt, denn nun wird der Mitarbeiter ja ein unmittelbares eigenes Interesse daran haben, seine Kreativität im Dienste des Arbeitgebers zu entfalten. Bei Zulieferern und externen Mitarbeitern, die häufig recht ähnlich am Erfolg ihres Auftraggebers partizipieren, wird das nicht viel anders sein.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 374

„Verursacht ein Unternehmen beispielsweise gravierende ökologische Belastungen, weswegen ihm zusätzliche Auflagen erteilt werden sollen, die seinen wirtschaftlichen Erfolg ganz erheblich beeinträchtigen könnten, dann wird man gerade bei dessen Mitarbeitern mit Widerstand gegen die geplanten Maßnahmen zu rechnen haben, denn diese sind ja davon ebenfalls betroffen. Wenn ein Unternehmen mit 50000 Mitarbeitern Konkurs anmelden muß, dann verlieren gegebenenfalls alle 50000 Arbeitnehmer ihren Job. Entsprechend machtvoll sind die gebündelten Interessen, die das Unternehmen von innen heraus vorantreiben, ganz ähnlich wie dies Zellen bei einem Organismus tun.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 374

„Allerdings besteht zwischen einer Zelle und ihrem Organismus eine viel engere Bindung als zwischen einem Mitarbeiter und seinem Organisationssystem. Eine Zelle könnte sich nie von ihrem Organismus trennen, sie ist ihm auf Gedeih oder Verderb ausgeliefert. Bei einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern sieht das ganz anders aus, denn hier hat die gegenseitige Bindung ja nur vertraglichen Charakter.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 374

„Doch genau dieser Umstand wird nun im Rahmen der Globalisierung zunehmend als Problem oder gar als Bedrohung empfunden. War ein Unternehmen vor noch nicht allzu langer Zeit an einen bestimmten Standort und damit weitestgehend an das dort verfügbare Humankapital gebunden, so kann es heute seine Standorte dahin verlegen, wo es die günstigsten Bedingungen und die »besten Gehirne« (Franz Josef Radermacher, Die Brasilianisierung der Welt, 2006) zur Erfüllung seiner eigenen Selbsterhaltungsinteressen vorfindet. Dies führt automatisch zu einer Schwächung der Stellung von Arbeitnehmern und Nationalstaaten gegenüber den global operierenden Organisationssystemen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 374

Ein wesentliches Merkmal menschlicher Organisationssysteme wie etwa Unternehmen ist, daß sie sich von ihrer Humanbasis lösen können. Beispielsweise könnte Nokia seine Produktionsstätten in Bochum schließen und nach Rumänien verlegen. Dort würde es nun aber ganz andere Mitarbeiter haben. Eine Ameisenkolonie kann sich dagegen nicht selbstständig von einem Ort Zu einem anderen bewegen, sie ist stets untrennbar mit ihren Mitgliedern verbunden. Gleiches gilt für menschliche Gesellschaften. Obwohl Organisationssysteme weniger autopoietisch sind als menschliche Gesellschaften, sind sie auf der anderen Seite doch auch deutlich autonomer als letztere. Der Begriff »Superorganismus« dürfte wohl deshalb auch in Zukunft eher den Organisationssystemen vorbehalten sein.
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 375

„Ich bin ... der Auffassung, daß es ab etwa der Moderne nicht mehr primär die menschlichen Gesellschaften und ihre jeweiligen technischen Systeme sind, die den Gang der Geschichte bestimmen, sondern die Organisationssysteme - Aggregationen von Menschen also - mit ihren spezifischen Anforderungen und Interessen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 376

»Pracht entsteht ... umso wahrscheinlicher, je drückender die Konkurrenz ist. Die größten und teuersten Bankenhochhäuser werden dort gebaut, wo schon die der Konkurrenz stehen.« (Eckart Voland, Die Natur des Menschen, 2007, S. 133). Im Rahmen der Gefallen-wollen-Kommunikation geht es zunächst um die Erlangung von Aufmerksamkeit. Dabei spielt der Preis oftmals nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegenteil: Je teurer ein Signal ist, desto zweifelsfreier belegt es die Qualität des Absenders. Auf dieses Bemühen, Aufmerksamkeit zu erlangen und gefallen zu wollen, das heißt, selektiert zu werden, dürfte auch ein Großteil der menschlichen Kulturleistung zurückzuführen sein: »Die menschliche Kulturgeschichte ist nicht zuletzt eine grandiose Geschichte der Übertreibung durch teure Signale. Man besinne sich für einen Moment auf all das, was die Geschichte und die Leistungen der menschlichen Kultur symbolisiert, auf die materiellen, künstlerischen und philosophischen Hinterlassenschaften. Was erklärt eigentlich die Unesco zum Weltkulturerbe? Alles in allem kann man sich dem Schluß nicht entziehen, daß hier durchweg Dinge unter Schutz gestellt werden, deren hervorragendste Eigenschaft es war, zwar unpraktisch, aber unglaublich , teuer gewesen zu sein. .... Kulturgeschichte ist nicht zuletzt Ausfluß eines ewigen Wettstreits um Aufmerksamkeit.« (Ebd.).“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 381-382

„Ein Charakteristikum der Moderne ist das massenhafte Entstehen und Auftreten sozialer Systeme wie etwa Unternehmen. Heute besitzen einige dieser Organisationen einen größeren Jahresumsatz als die Bruttosozialprodukte mancher Schwellenländer. Und einige große Unternehmen haben einen größeren Energiebedarf als viele Millionenstädte. Die Voraussetzungen für dieses Phänomen waren unter anderem die Entwicklung allgemeiner Tauschäquivalente (zum Beispiel Geld) und entsprechender Lebensräume, in denen die sozialen Systeme auf friedliche Weise miteinander konkurrieren können, nämlich die Märkte.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 385-386

„Organisationen (zum Beispiel Unternehmen) sind selbsterhaltende Systeme mit einer eigenen Identität und einem eigenständigen Selbsterhaltungsinteresse (also fast so etwas wie ein neuer Typus von Leben, nur in einer ganz anderen Größenordnung - jedenfalls entwickeln diese Gebilde eine Eigendynamik, ein Eigenleben sozusagen), die auf Märkten - ihren primären selektiven Umwelten - um den Zugang zu Ressourcen konkurrieren. Dabei bringen sie Produkte und Dienstleistungen hervor, nach denen vorher kaum jemand gefragt hat, ohne die man sich aber schon bald darauf kaum mehr ein lebenswertes Leben vorstellen kann.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 386

„Unternehmen produzieren fortlaufend neue und bislang unbekannte Bedürfnisse, damit sie sich selbst erhalten können. Die Folge ist eine Verschwendung - und ein damit einhergehender Raubbau, an der Umwelt - in bislang unbekannter Größenordnung. Denn Unternehmen geht es ja vor allem um eins: Sie wollen und müssen gefallen, damit sie fortbestehen können. Und dazu müssen sie sich permanent erneuern und auch immer weiter wachsen, denn dann können sie von Skaleneffekten profitieren, die ihnen einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Gegenüber heutigen internationalen Konzernen wirken Menschen wie kleine Ameisen, die man versehentlich auf dem Weg zur Arbeit überläuft.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 386

„Die Gefallen-wollen-Kommunikation bewirkt eine beschleunigte Evolution, da sie zu immer neueren, ausgefalleneren und besseren Angeboten zwingt, zu etwas, was die Konkurrenz nicht oder nicht in ausreichender Menge beziehungsweise Qualität hat, was sozusagen sensationell oder noch nie dagewesen ist. Auf der Ressourcenseite hat das dann aber eine ungeheure Verschwendung und den rigorosen Zugriff auf die Natur zur Folge. Während die Welt des Marktes Dinge wie 300 Stundenkilometer schnelle Sportwagen, das Internet oder ultraflache Mobiltelefone hervorbringt, entsteht auf der Ressourcenseite (der Umwelt) eine verheerende Unordnung. Ähnlich wie sich die Sonne verbraucht, damit auf der Erde Leben entstehen kann, so verbrauchen sich die natürlichen Ressourcen der Erde, damit Automobilkonzerne wachsen können.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 386

„Erschwerend kommen heute die Wirkungen der Finanzmärkte hinzu. Denn moderne Technologie ist häufig so komplex und in der Entwicklung und Herstellung so kapitalintensiv, daß neue Geschäftsideen meist nur mit einem Gang an die Börse realisiert werden können. In diesem Fall gehört das Unternehmen aber - wie die meisten heutigen größeren Konzerne - nicht mehr sich selbst, sondern Investoren. Es wird dann auch nicht mehr ausschließlich durch die Entwicklungen auf den Produktmärkten vorangetrieben, sondern maßgeblich durch die Bewegungen auf den Finanzmärkten und die Interessen seiner Investoren. Und erfahrungsgemäß steht der ressourcenschonende Umgang mit der Umwelt nicht unbedingt an vorderster Stelle auf deren Prioritätenliste.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 387

„Die größten Organisationen operieren heute global und damit nationenüberspannend, so daß sie national auch kaum mehr zu kontrollieren sind. .... Wie jedem anderen Lebewesen auch geht es ihnen in erster Linie um ihren Selbsterhalt und Eigennutz und nicht um irgendwelche nationalen Interessen. Und wenn dann etwa ein Konkurrent seine Gewinne auf den Cayman Islands versteuert, werden alle anderen folgen müssen, weil sie sonst im Nachteil wären. Hier greift die gleiche Trittbrettfahrerproblematik wie auch in vergleichbaren menschlichen Kontexten.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 387

„Mit ethisch-moralischen Argumenten wird man auf die beschriebenen Verhaltensweisen keinen Einfluß nehmen können, höchstens mit Maßnahmen, die dem gleichen System (Wirtschaft) zurechenbar sind, wie auch schon Niklas Luhmann anmerkte (vgl. Niklas Luhmann, Ökologische Kommunikation, 1986). Wirkungsvoll könnte möglicherweise die internationale Besteuerung globaler Finanztransaktionen sein (vgl. Franz Josef Radermacher / Bert Beyers, Welt mit Zukunft, 2007, S. 176ff.). Dies gilt im Grunde für alle Lebensbereiche: Selbsterhaltende Systeme wollen sich selbsterhalten, sie handeln also vom Kern her egoistisch. Wenn in einer Gemeinschaft aus lauter selbsterhaltenden Systemen Möglichkeiten bestehen, den Egoismus auf Kosten anderer auszuleben (weil man dann Vorteile hat und sich besser selbsterhalten kann), dann werden dies einzelne Individuen über kurz oder lang auch tun. Dagegen helfen keine Vorwürfe, sondern höchstens Maßnahmen, die solchen Verhaltensweisen die entscheidenden Vorteile nehmen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 387

„Wie wir gesehen haben, ist die Gefallen-wollen-Kommunikation viel verschwenderischer als die dominante Kommunikation. Gleichzeitig setzt sie einen zuverlässigen Zugang zu den natürlichen Ressourcen voraus. Kommt es irgendwann einmal zu einer Ressourcenverknappung, dann dürfte die elegante, herrschaftsfreie Gefallen-wollen-Kommunikation schon bald wieder zur Disposition stehen. Die Folgen könnten Krieg, Dominanzhierarchien (zum Beispiel Klassenstrukturen), Zwangsmaßnahmen beim Zugriff auf die Ressourcen und vieles andere mehr sein. Da die dominante Kommunikation insgesamt ressourcenschonender operiert, dürfte sie die Gefallen-wollen-Kommunikation schon bald wieder in weiten Teilen ersetzen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 387-388

„Es gehört deshalb auch nicht viel Vorstellungskraft dazu, sich die Folgen einer kritischen globalen Ressourcenverknappung auszumalen: An vielen Stellen würden Kriege ausbrechen, und Demokratien, Marktwirtschaften und die Freiheit und Gleichheit der Menschen gäbe es dann wohl schon bald nicht mehr.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 388

„Es ... wurde darauf hingewiesen, daß es sich bei der biologischen Evolution ganz wesentlich um Entwicklungsprozesse bezüglich der Nutzung von Energie handelt. Ich hatte daraus gefolgert: Ist irgendwo Energie in konzentrierter Form vorhanden, dann dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch ein geeigneter Nutzer dafür auftaucht.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 388

„Genügt das Reprouktionsverhalten einer Gesellschaft ... den Evolutionsprinzipien, dann wird hoherer Ressourcen- und Energieverbrauch mit einer höheren Zahl an (mehr Ressourcen verbrauchenden) Nachkommen belohnt, ganz so wie es in der Natur auch ist. Genügt das Reproduktionsverhalten aber nicht diesen Prinzipien, dann kann die Gesellschaft nicht weiter evolvieren. Aus ökologischer Sicht befinden wir uns folglich in einer Zwickmühle.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 389

„Es ... wurde gezeigt, daß evolutionsfähige (selbsterhaltende und selbstreproduktive) Systeme generell zu Wachstun tendieren, und zwar sowohl bezüglich ihrer individuellen Größe als auch den Populationszahlen. Auch dies demonstriert die generelle Neigung evolutiver Prozesse, vorhandene Ressourcen zu nutzen und langfristig restlos zu verbrauchen.“
Peter Mersch, Evolution, Zivilisation und Verschwendung, 2008, S. 388

„Der Rückgang der Sterblichkeit war die Voraussetzung für die Emanzipation der Frauen.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 5

„Geschlecht ... besitzt ein bedeutendes biologisches Fundament.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 8

„Während die Natur ... dem weiblichen Teil den Hauptteil der Fortpflanzungsarbeit zugewiesen hat, ist eine Hauptaufgabe des männlichen Geschlechts, die Evolution zu beschleunigen und für eine möglichst rasche Anpassung an den Lebensraum zu sorgen. Es ist folglich von Vorteil, wenn das männliche Geschlecht stärker von Mutationen betroffen ist, denn dann können ungünstige Mutationen leichter »eliminiert« und günstige gefördert werden, und zwar alles auf ganz natürliche Weise. Möglicherweise ist sogar ein Großteil des menschlichen Intellekts auf genau diese Weise entstanden. Insgesamt ist das männliche Geschlecht so etwas wie ein »Turbolader« der Evolution, denn es unterliegt aufgrund der aus seiner Sicht knappen weiblichen Ressourcen einem erhöhten Selektionsdruck, und zwar selbst dann, wenn der Lebensraum nicht begrenzt ist.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 11

„Die Sexualität hat ... letztlich unser modernes Leben erst möglich gemacht: Alle modernen Märkte, und selbst Zivilisation und Demokratie basieren maßgeblich auf der sich aus der sexuellen Selektion ableitenden »Gefallen-wollen-Kommunikation«.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 11

„Den beiden Geschlechtern kommen also bereits aus biologischen Gründen unterschiedliche Aufgaben zu. Nivellierte man die Lebensentwürfe beider Geschlechter, entfiele der eigentliche Sinn des männlichen Geschlechts. Möglicherweise ist die zunehmende Orientierungslosigkeit der männlichen Jugend bereits Ausdruck dieser Entwicklung. Mittlerweile wünschen sich Frauen in Deutschland durchschnittlich nur noch 1,75 Kinder, Männer sogar nur 1,59. Ein solches Resultat ist alarmierend, denn der männliche Kinderwunsch müßte aus biologischen Gründen (aufgrund der bereits erwähnten »Angebots-Nachfrage-Asymmetrie auf dem Markt sexueller Transaktionen«, die die Basis des biologischen Vorteils getrenntgeschlechtlicher Populationen ist) stets höher sein als der weibliche. Offenbar wurden die spezifischen männlichen Fortpflanzungsinteressen bislang nicht ausreichend evaluiert und berücksichtigt.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 11

„In modernen menschlichen Gesellschaften korreliert der IQ mit Bildungsniveau und beruflichem Erfolg. Beruflicher Erfolg geht meist mit dem Erreichen verantwortungsvoller Positionen einher, wofür aber wiederum ein besonders starkes persönliches Engagement und das Einbringen umfangreicher zeitlicher Ressourcen erforderlich ist. Dies hat dann aber zwangsläufig zur Konsequenz. daß beruflicher Erfolg einem hohen Engagement bei anderen sozialen Aufgaben eher im Wege steht, was auch für die Familienarbeit gilt. Und genau hier kommt nun das Problem der weiblichen Emanzipation ins Spiel. Wenn sowohl die berufliche Karriere als auch die Familienarbeit mit hohen zeitlichen Aufwänden und damit mit jeweils hohen Opportunitätskosten verbunden sind, und beide Geschlechter beide Aufgaben anteilsmäßig gleich erfüllen sollen, dann wird im statistischen Mittel eine bessere Ausbildung und darauf aufbauend eine größere berufliche Verantwortung immer mit einer geringeren Kinderzahl korrelieren. Daran werden Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nichts Entscheidendes ändern können. “
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 12

„Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß sich mit einem Fortschreiten der weiblichen Emanzipation und insbesondere einer weiteren Steigerung der Frauenerwerbsquote die Verhältnisse für Frauen und Männer immer stärker angleichen werden, da es dann selbst für beruflich erfolgreiche Männer immer schwerer werden dürfte, eine adäquate Lebensgefährtin zu finden, die bereit ist, für die Gründung einer größeren Familie für eine längere Zeit auf ihren Beruf zu verzichten. Dafür sprechen allein schon die festgestellte Bildungshomogamie bei Paaren und IQ-Korrelation bei Ehepaaren. Ferner übertragen sich die hohen Opportunitätskosten von Kindern bei einer gesellschaftsweit angestrebten paritätischen Aufteilung der Familienarbeit unmittelbar auch auf die Männer. Obwohl Männer oftmals bis ins hohe Alter fortptlanzungsfähig sind, entsteht dann für beide Geschlechter eine maximal 25-jährige «Rushhour des Lebens«, in der sowohl die Karriere aufgebaut als auch die Familie gegründet werden muß. Man kann mit einfachen Modellen zeigen, daß es unter solchen Verhältnissen zwangsläufig zu einem langfristigen Nachlassen der durchschnittlichen Intelligenz der Bevölkerung (und damit von aktuellen Erfolgsmerkmalen) kommen muß, wobei der männlichen - und nicht der weiblichen - Fertilität eine herausragende Bedeutung zukommt. Und in der Tat ist in den meisten entwickelten Ländern seit Ende der 1990er Jahre ein Absinken des durchschnittlichen IQs der Bevölkerung feststellbar. Da IQ-Verluste auch mit Wohlstandsverlusten und erhöhter Arbeitslosigkeit einherzugehen scheinen - ein Zusammenhang, der auch innerhalb Deutschlands nachweisbar ist -, dürfte dies zu einer signifikanten Verletzung der Generationengerechtigkeit führen.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 12

„Auf Basis des Prinzips der natürlichen Selektion der Evolutionstheorie könnte man geneigt sein zu fordern, in menschlichen Gesellschaften müsse sozialer Erfolg mit Reproduktionserfolg korrelieren. Eine solche Forderung gilt aber allgemein als sozialdarwinistisch. Allerdings läßt sich argumentieren, daß die Evolution des Lebens nicht durch das Prinzip der natürlichen Selektion, sondern primär durch die Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen von Individuen vorangetrieben wird. Daraus ließe sich dann aber ableiten, daß sozialer Erfolg nicht zu einer prinzipiellen und statistisch nachweisbaren Reduzierung des Fortptlanzungsinteresses (bzw. Kinderwunsches) führen darf. Eine entsprechende Forderung scheint regelrecht ethisch geboten zu sein, denn es ist den Menschen nicht zumutbar, sich einerseits um sozialen Erfolg zu bemühen, dafür dann allerdings den Preis eines statistisch signifikant niedrigeren Fortpflanzungsinteresses zahlen zu müssen. Moderne Industriegesellschaften erfüllen diese Forderung üblicherweise nicht, und zwar aus den in diesem Artikel genannten ökonomischen und organisatorischen Gründen.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 12-13

„Nun lassen sich die Zusammenhänge dieses Abschnittes naturgemäß nicht »beweisen«. Beweisen kann man nur in der Mathematik. Sie aber kaum begründet als nicht existent abzutun, könnte sich für die nächste Generation als genauso fatal erweisen, wie ein leichtfertiges Abtun der These, die globale Erwärmung würde durch den gestiegenen CO2-Ausstoß der Menschheit verursacht. Auch hat ein Hinweis auf biologische Zusammenhänge nichts mit einer Ablehnung von gezielten Fördermaßnahmen für sozial benachteiligte Schichten zu tun. Im Gegenteil: Damit diese gefördert werden können, muß es vor allem eine ausreichende Zahl an Menschen geben, die andere fördern können und nicht selbst auf Förderung angewiesen sind.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 13

„Wir stellen fest: Hart kalkulierende und durch und durch ökonomisch denkende, gewinnorientierte Unternehmen investieren Milliardensummen in ihre Reproduktion, obwohl sich diese nicht unmittelbar »rechnet«. Sie beschäftigen in diesen Bereichen üblicherweise ihre fähigsten Mitarbeiter. Oft repräsentieren solche Abteilungen sogar die eigentliche Kernkompetenz des Unternehmens, während fast alles andere ausgelagen werden könnte und zum Teil auch wird. Dabei fällt aber vor allem eins auf: Leistungsfähige Unternehmen organisieren sowohl ihre produktiven als auch reproduktiven Bereiche marktwirtschaftlich, Staaten tun dies dagegen nicht. Oder anders gesagt: Moderne, gleichberechtigte Gesellschaften weisen einen massiven Organisationsfehler auf.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 16

„Die in der Soziologie sehr weit akzeptierte Individualisierungsthese besagt nun, daß sich der Einzelne in modernen Gesellschaften immer stärker aus übergeordneten Vorgaben bezüglich Geschlecht, Alter beziehungsweise sozialer oder regionaler Herkunft löst, so daß es zu einer drastischen Zunahme der individuellen Entscheidungsspielräume und einer Reduzierung des Grads der Außensteuerung kommt. Das Individuum wird zentraler Bezugspunkt für sich selbst und die Gesellschaft.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 16

„Individualisierung bewirkt nicht nur eine stärkere Abhängigkeit des Einzelnen von Leistungen Dritter und dabei zum Teil auch von (wohlfahrts)staatlichen Funktionen (Bildungseinrichtungen, innere Sicherheit, Rechtsprechung, Altersversorgung u.s.w.), sondern setzt diese geradezu voraus. Dies hat aber umgekehrt zur Konsequenz, daß der Wohlfahrtsstaat immer mehr Funktionen übernehmen und garantieren muß, die gemeinhin dem Kollektivverhalten zuzurechnen sind.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 16

In traditionellen Gesellschaften hatten die Menschen neben ihren individuellen Aufgaben auch kollektive Pflichten zu erfüllen. Zur Sicherstellung der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben dienten gesellschaftliche Rollenvorgaben.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 17

Im Rahmen der Individualisierung verselbständigt sich der Einzelne nun immer mehr gegenüber der Gemeinschaft. Dabei löst er sich von den traditionalen Rollenvorgaben. Als Handelnder sucht er seinen individuellen Erfolg zum Beispiel bei einer Erwerbsarbeit, wo er um so mehr Einkommen erzielen kann, je geringer seine Aufwände (inklusive Opportunitätskosten) bei den Gemeinschaftsaufgaben sind, denn er hat ja dann mehr Zeit für die Erwerbsarbeit. Für ihn lohnt es sich also ganz besonders, bei den »sozialistischen« Gemeinschaftsaufgaben »faul« zu sein, weswegen es dort zwangsläufig zur Tragik der Allmende kommen wird.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 17

Die verbindliche Ausführung von notwendigen Gemeinschaftsaufgaben muß nun also auf andere Weise gewährleistet werden. Dazu dient die Institutionalisierung. Statt die Kollektivaufgaben weiterhin dem Einzelnen anteilsmäßig aufzubürden, werden sie an Dritte ausgelagert, und zwar ganz häufig an den Wohlfahrtsstaat. Dieser erwartet dann aber von seinen Bürgern einen Obolus, üblicherweise in Form von Steuern oder eines so genannten Parafiskus. Diese Steuern müssen wiederum verpflichtend erhoben werden, andernfalls dürfte es bei der Steuerzahlung selbst zur Tragik der Allmende kommen. Steuern stellen somit ein Äquivalent für die Summe aller Kollektivaufgaben des Individuums dar.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 17

Der Wohlfahrtsstaat wird dann neue Institutionen schaffen, die die freigesetzten Gemeinschaftsaufgaben in seinem Sinne und Auftrag erfüllen.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 17

Finanziert werden die Institutionen durch die Steuerzahlungen der Bürger. Die Mitarbeiter der neu erschaffenen Organe rekrutiert der Staat wie jedes andere Unternehmen über den Arbeitsmarkt, so daß auch diese von den Vorteilen der Individualisierung profitieren können. Die bisherige Kollektivaufgabe wird auf diese Weise professionalisiert und damit indirekt aufgewertet. Am Ende ist sie ganz häufig eon integraler Bestandteil der arbeitsteiligen Wirtschaftswelt.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 17

„Die Individualisierung auf Seiten der Männer hatte Staatenbildung, staatliches Gewaltmonopol, Polizei und Schulen zur Folge, bei der weiblichen Individualisierung, bei der es sich möglicherweise um die größte soziale Umwälzung der letzten zwei Millionen Jahre handelt, dürfte deshalb deutlich mehr erforderlich sein als ein paar zusätzliche Vereinbarkeitsmaßnahmen.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 17-18

„Die Individualisierungsthese geht unter anderem von einer zunehmenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung aus. Im Rahmen der weiblichen Individualisierung wird aber seit Jahrzehnten in die umgekehrte Richtung (»Zusammenführung der allerersten menschlichen Arbeitsteilung«) argumentiert. Man könnte deshalb auch sagen: Die Vereinbarkeitsthese (»Familien bekommen heute deshalb so wenig Kinder, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch nicht ausreichend gegeben ist, obwohl dies prinzipiell möglich wäre«) steht im Widerspruch zur Individualisierungsthese.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 18

Für die Mehrkindfamilie gibt es unter der Gleichberechtigung der Geschlechter kein funktionierendes Familienmodell. Dies liegt ganz wesentlich an der Wirtschaftsfunktion der Familie, an der man im Rahmen der Emanzipation der Frauen nicht gerüttelt hat. Da in gleichberechtigten Gesellschaften mit zunehmender Kinderzahl sowohl die Familienkosten steigen als auch die Familieneinnahmen sinken, können sich größere Familien praktisch nicht mehr selbst finanzieren. Die Wirtschaftsfunktion der Familie ist nicht mit der Gleichberechtigung der Geschlechter kompatibel.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 18

Eine gesellschaftsweite Angleichung der Lebensentwürfe beider Geschlechter ist aus biologischen Gründen nicht möglich. Gesellschaften, die die Geschlechter auf diese Weise gleichstellen, würden sich sukzessive vieler ihrer Erfolgsmerkmale entledigen. Empirische Daten scheinen zu belegen, daß dieser Prozeß in den entwickelten Ländern längst stattfindet.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 18

Vereinbarkeitsmaßnahmen ... - und das wird in der Öffentlichkeit meist nicht ganz korrekt dargestellt - können ... das Nachwuchsproblem gleichberechtigter Gesellschaften nicht einmal ansatzweise lösen ....
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 18

Der Geburtenrückgang ist in erster Linie auf das Verschwinden größerer Familien zurückzuführen. Diese können aber mit Vereinbarkeitsmaßnahmen wenig anfangen, da bei ihnen meist so viel Familienarbeit anfällt, daß eine Person ohnehin zu Hause bleiben muß. Größeren Familien fehlt es dagegen an Einkommen.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 19

„Den einzigen Nutzen, den Eltern heute aus ihren Kindern ziehen können, ist der sogenannte Konsumnutzen. Als Konsumnutzen von Kindern wird in erster Linie die Erfüllung emotional-expressiver Elternschaftsmotive verstanden: Man hat Kinder, weil man ihnen Liebe geben kann und durch sie Liebe erfährt. Der Konsumnutzen von Kindern erlaubt bei Abwägung gegenüber anderen Kosten eine Einschränkung der Kinderzahl. Dieser sich so trocken anhörende Satz heißt nichts anderes als: Alles das, was einem an Kindern Freude bereitet, kann man eigentlich auch schon mit ein bis zwei Kindern erfahren. Wenn man nur über begrenzte zeitliche oder finanzielle Mittel verfügt, dann dürfte der Konsumnutzen von weiteren Kindern in der Regel nicht groß genug sein, um die durch zusätzliche Kinder verursachten Kosten zu rechtfertigen, denn die Kosten für die Kinder steigen fast linear mit der Kinderzahl, der Konsumnutzen üblicherweise dagegen nicht. Die Konsequenz daraus ist: Selbst wenn Deutschland das Schlaraffenland der Kinderbetreuung wäre, werden sich berufstätige Eltern im Normalfall auf maximal zwei Kinder beschränken.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 19

„Es soll nun ein alternatives Familienmodell und eine alternative Familienfinanzierung ...: Jeder Bürger müßte gemäß seiner individuellen Leistungsfähigkeit für ein Kind Unterhalt zahlen. Allerdings könnte er sich von dieser Verpflichtung durch das Aufziehen eines eigenen Kindes befreien. Der eingenommene Unterhalt könnte wie folgt verwendet werden: Wenn viele Menschen kinderlos bleiben, kommen insgesamt zu wenig Kinder auf die Welt. Die Differenz zu einer bestandserhaltenden Geburtenrate könnte dann von staatlich beschäftigten Familienmanagerinnen abgedeckt werden, die in aller Regel größere Familien mit drei oder mehr Kindern gründen. Da die Familienarbeit dabei zum Fulltimejob generiert, würden solche Familienfrauen (oder auch -männer) vom Staat für die von ihnen geleistete Erziehungsarbeit - in Abhängigkeit von der Zahl ihrer Kinder - bezahlt. Allerdings benötigten sie entsprechende Qualifikationen, da sie einen Beruf mit sehr hoher Verantwortung ausüben. Auch müßten sie sich regelmäßig fortbilden. Sie gingen einer echten Erwerbsarbeit nach. Für sie würde das folgende ergänzende Familienmodell zum Einsatz kommen: Der Mann geht arbeiten und verdient Geld, die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür ebenfalls Geld.
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 20

„Dieses Familienmodell trägt den Namen Familienmanager-Modell. Es dürfte das einzige Familienmodell sein, welches einen nennenswerten Anteil gut ausgebildeter Frauen unter der Rahmenbedingung der Gleichberechtigung der Geschlechter zur Gründung einer Mehrkindfamilie bewegen könnte. Natürlich würde auch die umgekehrte Variante (Die Frau geht arbeiten und verdient Geld, der Mann zieht die Kinder auf und verdient dafür ebenfalls Geld) funktionieren, allerdings dürften solche Konstellationen eher selten sein. Ferner würde das Modell Alleinerziehung (Die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür Geld) - gegebenenfalls im Zusammenleben mit unterschiedlichen Partnern - unterstützen, was für moderne Gesellschaften unerläßlich zu sein scheint. Es umgeht die Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, indem es Familie zum Beruf macht.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 21

„Grundlage des Familienmanager-Modells könnte die folgende »Norm« beziehungsweise modifizierle veranlwortete Elternschaft sein, die die Nachwuchsarbeit als eine gesellschaftliche Kollektivaufgabe versteht, die prinzipiell von allen Bürgern anteilsmäßig in direkter oder indirekter Form zu erbringen ist.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 21

„Entweder man zieht selbst ein Kind auf, oder man zahlt Unterhalt, damit größere - ausreichend qualifizierte - Familien ihre eigenen Kinder in Würde aufziehen können.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 21

„Man kann nun zeigen, daß die Maßnahme mit einem Finanzierungsbedarf deutlich unter 100 Milliarden Euro pro Jahr binnen weniger Jahre eine gesicherte bestandserhaltende Reproduktion bewirken könnte. Gleichzeitig dürften dabei etwa vier Millionen neue Arbeitsplätze entstehen. Auch kann man zeigen, daß sich bei Scheidungen (selbst ohne Beteiligung einer Familienmanagerin) viele der heute bekannten Unterhaltsproblematiken entschärfen ließen. Und schließlich könnten die Familienmanagerinnen einen Großteil der von berufstätigen Eltern benötigten Vereinbarkeitsinfrastruktur stellen, und zwar in einer viel umfassenderen Weise, als dies mit staatlichen Einrichtungen möglich ist.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 21

„Moderne Gesellschaften erwarten von ihren Menschen immer mehr Flexibilität, was aber mit deren natürlichen Reproduktionsinteressen kollidiert, da beim Aufziehen von Nachwuchs nicht Flexibilität, sondern ganz im Gegenteil dazu vor allem Verläßlichkeit verlangt wird. Dies gilt ganz besonders für größere Familien. Auch aus diesem Grund dürfte die zukünftige Erweiterung der vorhandenen Familienmodelle um ein spezialisiertes Familienmodell für Mehrkindfamilien geradezu unerläßlich sein.“
Peter Mersch, Die Familie und die Gleichberechtugung der Geschlechter, 2008, S. 22

Die Natur hat zwei grundlegend unterschiedliche Selektionsweisen zur Erlangung von Ressourcen hervorgebracht: Dominanz und Gefallen-Wollen (Push und Pull).“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 47

Im Rahmen der Evolution erfolgt eine Hierarchisierung »lebender« Systeme: einzellige Organismen (Einzeller), vielzellige Organismen (Vielzeller) und Superorganismen.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 47

Lebende Systeme zeichnen sich vor allen Dingen durch ihr Reproduktionsinteresse aus, das heißt durch ihr Bestreben, ihre Kompetenzen in Bezug auf ihre Umwelt fortwährend zu erhalten.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 47

Erfiillt eine biologische Population die Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie, dann evolviert sie auch im Darwinschen Sinne.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 47

Die natürliche und sexuelle Selektion lassen sich auf die gleichen Evolutionsprinzipien zurückführen.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 47

Die Systemische Evolutionstheorie kann neben der biologischen auch die technische, wissenschaftliche und kulturelle Evolution beschreiben.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 47

„Die Soziobiologie nimmt an, daß die individuellen Reproduktionsinteressen das soziale Verhalten von Tieren und Menschen ganz wesentlich bestimmen, die Systemische Evolutionstheorie darüber hinaus, daß die individuellen Reproduktionsinteressen ganz erheblich durch die soziale Organisation beeinflußt werden (und nicht zwingend genetischer Natur sind).“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 51

„Weitere Defizite der Darwinschen Evolutionstheorie stellen die darin enthaltenen Grundprämissen der Überproduktion von Nachkommen und des Kampfes ums Dasein dar. Getrenntgeschlechtliche Populationen können jedoch selbst bei unterbestandserhaltender Reproduktion evolvieren. Die Überproduktion von Nachkommen ist folglich keine notwendige Evolutionsbedingung. Des weiteren erfolgt die Selektion bei der sexuellen Selektion nicht durch Dominanz (Push, Kampf ums Dasein), sondern per Gefallen-wollen-Kommunikation (Pull).“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 51

„Selbsterhalt = Kompetenzerhalt während des aktuellen Lebens; Fortpflanzung = Kompetenzerhalt über das eigene Leben hinaus.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 55

Selbstreproduktive Systeme werden im Laufe der Arbeit auch synonym als Evolutionsakteure bezeichnet. Die emergente Eigenschaft Reproduktionsinteresse spezifiziert selbstreproduktive Systeme als Akteure, das heißt als Systeme, die ihre Evolution aktiv und eigendynamisch selbst betreiben. Lebende Systeme sind selbstreproduktive Systeme.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 56

„In der Natur sind bislang (mindestens) drei Hierarchieebenen an selbstreproduktiven Systemen (Evolutionsakteuren) entstanden: (1) Einzellige Organismen (Einzeller - zum Beispiel Bakterien); (2) Vielzellige Organismen (Vielzeller - Pflanzen und Tiere); (3) Superorganismen (soziale Systeme, Gesellschaften, Organisationssysteme).“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 56

„Neue Systemhierarchieebenen entstehen in aller Regel durch Kooperation von Systemen der darunterliegenden Hierarchieebenen. Ist die Kooperation eng genug, kann hieraus ein neuer Systemtypus entstehen, der ebenfalls wieder selbstreproduktiv ist.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 56

„Während vielzellige Organismen letztlich Aggregationen von Zellen sind, setzen sich Superorganismen aus lebenden Systemen der gleichen biologischen Art (und gegebenenfalls weiteren Sub-Superorganismen) zusammen. Lebewesen reproduzieren ihre eigene Struktur durch Zellteilung und -erneuerung, Superorganismen dagegen durch das Ersetzen ihrer Elemente. Superorganismen könnten deshalb rein theoretisch - und anders als Lebewesen - nahezu unbegrenzt lange fortbestehen, denn sie sind in der Lage, sich innerlich permanent selbst zu erneuern. Beispielsweise können Unternehmen neue Mitarbeiter mit anderen Genomen und Kenntnissen, das heißt, mit möglicherweise höheren Kompetenzen (verbesserten Adaptionen), einstellen. Vielzellige Organismen können ihre Genome dagegen nur mittels der Fortpflanzung variieren, denn ihre Zellen basieren alle auf dem gleichen Genom. Vielzellige Organismen sind deshalb auf das gleichzeitige Ersetzen aller Zellen angewiesen, und das geschieht bei der Fortpflanzung. Mit anderen Worten: Vielzellige Organismen müssen - anders als Superorganismen - regelmäßig sterben (und sich fortpflanzen), um genetisch evolvieren zu können. Die rigorose Aufteilung des Kompetenzerhalts in Selbsterhalt (Kompetenzerhalt während des aktuellen Lebens) und Fortpflanzung (Kompetenzerhalt über das eigene Leben hinaus) bei vielzelligen Organismen ist gewissermaßen ein Sonderfall, der aus der kurzen Lebensdauer der einzelnen Individuen resultiert. Die begrenzte Lebensdauer der Individuen stellt einen evolution ären Vorteil im Rahmen der Organismenbildung dar.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 57

Der Mensch ist das bislang einzige Lebewesen, dem eine teilweise externe Kompetenzspeicherung gelungen ist. Insoweit ist er in der Natur einzigartig. Die externe Kompetenzspeicherungsfähigkeit des Menschen war die Grundvoraussetzung für das flexible Entstehen von Organisationssystemen, denn hierdurch können diese ihre Elemente (zum Beispiel Mitarbeiter) jederzeit austauschen, ohne ihre Kompetenzen in Gänze zu verlieren, da diese teilweise in Datenbanken, Arbeitsanweisungen, Dokumenten u.s.w. extern vorgehalten werden. Superorganismen sind letztlich selbstreproduktive Systeme mit eigenständigen Informationsgewinnungsprozessen.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 60

Kommunikation wird im folgenden als eine Interaktion zwischen Systemen aufgefaßt, die primär der Verhandlung von Interessen (zum Beispiel bei der Erlangung von Ressourcen) dient. Oie beiden in diesem Abschnitt erläuterten Kommunikationsarten unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht, sehr wohl aber in der Methode, das angestrebte Ziel zu erreichen. “
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 61-62

„Die dominante Kommunikation bewirkt beim Wettbewerb um knappe Ressourcen eine »Selektion« des Ressourcengewinners mittels des Rechts des Stärkeren.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 63

„Mit der Einführung der sexuellen Selektion gelang der Natur eine ganz entscheidende Neuerung: Sie erfand den Markt und damit die sogenannte Gefallen-wollen-Kommunikation (Pull-Kommunikation). Denn aufgrund der bei der sexuellen Fortpflanzung üblicherweise sehr unterschiedlichen potenziellen Fruchtbarkeit von männlich versus weiblich und der damit verbundenen unterschiedlichen Aufteilung der Elterninvestments zwischen den Geschlechtern, kam es auf seiten der Männchen zu einer künstlichen Ressourcenverknappung bei den Fortpflanzungspartnern. Die Männchen gerieten hierdurch unter einen erheblichen zusätzlichen Selektionsdruck, und zwar selbst dann, wenn sich der Lebensraum regelrecht als Schlaraffenland erwies. In der Folge konkurrierten die Männchen um die Ressource Fortpflanzungspartner, während die Weibchen die Wahl hatten. Bei vielen Arten etablierte sich daraufhin ein Paarungsverhalten, was vorrangig darin besteht, daß die Männchen den Weibchen zu imponieren versuchen, und letztere dann bevorzugt jene Exemplare wählen, die ganz besonders ihren Gefallen finden. Mit anderen Worten, es kristallisierte sich ziemlich genau das auf modernen Marktplätzen vorherrschende Verhältnis zwischen Verkäufern und Käufern heraus. Bei anderen Arten erfolgte die Selektion im männlichen Geschlecht allerdings nicht durch sexuelle Selektion, sondern durch dominante Haremsbildung. Die dominante Entsprechung zur sexuellen Selektion ist deshalb nicht die natürliche Selektion - wie man vermuten könnte -, sondern die Haremsbildung.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 63-64

„Die Gefallen-wollen-Kommunikation hat neben der Selektion von Kommunikationspartnern beziehungsweise -auf indirekte Weise -der Ressourcengewinner noch eine weitere wesentliche Funktion: Sie kann evolutive Lebensräume erzeugen, das heißt, Populationen und ihre dazugehörigen Umwelten entstehen lassen, in denen ganz ohne Dominanz (Kampf ums Dasein) selektiert wird. In ihnen gilt das Recht des Besitzenden und nicht des Stärkeren. Einmal auf den Weg gebracht, entwickelt sich in ihnen alles gemäß den Prinzipien der noch darzustellenden Systemischen Evolutionstheorie. Daß auf diese Weise tatsächlich neue evolutive Lebensräume geschaffen werden, zeigt sich unmittelbar bei einer Betrachtung der System-Umwelt-Differenzen: Bei der natürlichen Selektion ist die Umwelt die Natur, bei der sexuellen Selektion dagegen die Population. Wir haben es also bei der natürlichen und sexuellen Selektion mit völlig unterschiedlichen Evolutionen in verschiedenen Lebensräumen zu tun, die sich zwar anhand von Fitneßindikatoren synchronisieren mögen, jedoch ansonsten nichts miteinander zu tun haben.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 64-65

„Während es bei der natürlichen Selektion vorrangig um die optimale Anpassung an ein Milieu und den möglichst effizienten dominanten Zugriff auf die Ressourcen (»fressen und gefressen werden«) beziehungsweise das Überleben der Tauglichsten innerhalb einer wilden Natur geht, so steht bei der sexuellen Selektion und ihrer Gefallen-wollen-Kommunikation die Adaption an den Geschmack und die Bedürfnisse einer Schar von Abnehmern (Selektierern) im Vordergrund. Und deren Bedürfnisse sind alles andere als statisch: Mit viel Geschick können sie geweckt oder vielleicht sogar ganz neu erzeugt werden.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 65

„Die Evolution hat folglich nicht nur Arten, sondern auch (die Arten übergreifende) Kommunikationsweisen, Selektionsmechanismen und Verhaltensmuster (zum Beispiel Kooperation und Altruismus) hervorgebracht. Das dei sexuellen Selektion innewohnende Interaktionsmuster der Gefallen-wollen-Kommunikation war die Voraussetzung für viele spätere evolutionäre Entwicklungen. Auf der Gefallen-wollen-Kommunikation beruhen unter anderem die modernen Märkte, die Wissenschaften, und die Demokratie. Es läßt sich argumentieren, daß der Prozeß der Zivilisation im Sinne von Norbert Elias im Grunde nichts anderes als die sukzessive Umstellung (fast) aller dominanten Kommunikationen in die Gefallen-wollen-Kommunikation ist. Eine Gesellschaft kann dementsprechend als umso zivilisierter bezeichnet werden, je höher der Anteil der Gefallenwollen-Kommunikation bei der Verteilung knapper Ressourcen unter konkurrierenden Individuen ist.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 65-66

„Im Rahmen der sexuellen Selektion mußten die Männchen erstmalig ihre Triebe beherrschen können, und zwar so lange, bis sie ein Weibchen von sich überzeugt hatten. Mit der sexuellen Selektion und damit der Gefallen-wollen-Kommunikation kam die Zivilisation in die Welt. Nun waren die Rechte eines Kommunikationspartners (Selektionsinteresse, Ressourcenbesitz, Leben u.s.w. ) zu respektieren und den eigenen quasi gleichzustellen. Davor gab es nur das egoistische Fressen-und-Gefressen-werden beziehungsweise das Recht des Stärkeren.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 66

„Evolutionstheorien beschäftigen sich mit eigendynamischen, selbstorganisatorischen Entwicklungen, die keinen externen Schöpfer benötigen. Charles Darwin lieferte mit der biologischen Evolutionstheorie ein erstes überzeugendes Modell, welches die Entwicklung des Lebens auf der Erde ohne den Eingriff einer externen höheren Intelligenz erklären konnte. Im Zentrum stand das Prinzip der natürlichen Auslese: Besser an ihre Umwelt angepaßte Individuen einer Population hinterlassen mehr Nachkommen als andere.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 67

„Längst wird im Rahmen von Evolutionstheorien über Gene, Meme, Entscheidungen, Theorien, Hypothesen, technische Geräte, Gesellschaften, Kunstwerke, Melodien, Kulturen, Augen u.s.w. gesprochen, und alle sollen angeblich evolvieren können.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 68

„Die Kernaussage ist dann: Eigendynamisch evolvieren können nur Populationen, deren Individuen allesamt offene Systeme sind, die 1. Kompetenzen gegenüber ihrer Umwelt zur Erlangung von Ressourcen besitzen, 2. auf einen Reproduktionsvorgang Zugriff haben, und 3. eigenständige Reproduktionsinteressen besitzen, mit anderen Worten, deren Individuen allesamt selbstreproduktive Systeme sind. Solche Populationen werden im Laufe der Arbeit gelegentlich auch als evolutionsfähig bezeichnet. Da Gene, Meme, Entscheidungen, Hypothesen, technische Geräte, Kunstwerke, Äpfel u.s.w. die genannten Eigenschaften nicht besitzen, scheiden sie als Gegenstand der Evolution von vornherein aus, ganz im Gegensatz zu den Lebewesen oder den Superorganismen (Organisationssysteme, Unternehmen). Eine Diskussion über die Evolution wissenschaftlicher Hypothesen erübrigt sich folglich von selbst. Bei der versuchten Zuweisung einer wissenschaftlichen Hypothese zum Evolutionsobjekt Individuum handelt es sich dann nämlich - softwaretechnisch gesprochen - um einen Programmierfehler.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 69-70

Eine Population besteht aus lauter selbstreproduktiven Systemen (Individuen), die sich allesamt voneinander unterscheiden, und die unterschiedliche Kompetenzen in bezug auf ihre Umwelt besitzen. Das Prinzip heißt Variation.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 70

Die Individuen der Population besitzen (eventuell unterschiedlich starke) Reproduktionsinteressen. Die Reproduktionsinteressen korrelieren nicht negativ mit den Kompetenzen der Individuen in bezug auf ihre Umwelt. Aufgrund ihrer Reproduktionsinteressen konkurrieren die Individuen um den Zugriff auf die zumindest teilweise knappen Ressourcen der Umwelt. Die Verteilung der Ressourcen erfolgt dabei dominant (Push) und/oder per Gefallen-wollen-Kommunikation (Pull). Das Prinzip heißt Reproduktionsinteresse.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 70

Es existieren variationserhaltende Reproduktionsprozesse, die die Kompetenzen der Individuen in bezug auf ihre Umwelt aufbauen, modifizieren oder replizieren können, wobei das Ergebnis von Modifikation oder Replikation gegenüber dem Ausgangszustand zwar verändert ist, in der Regel aber auch erkennbare Ähnlichkeiten aufweist. Für die Reproduktion werden Ressourcen aus der Umwelt benötigt. Das Prinzip heißt Reproduktion.“ (Ebd., S. 70).
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 70

Die moderne Synthetische Evolutionstheorie nimmt an, daß Individuen, die aufgrund ihres Genotyps besonders gut an ihre Umwelt angepaßt sind (eine hohe Fitneß besitzen; über hohe Kompetenzen in bezug auf den Lebensraum verfügen), ihre Gene in größerem Maße an die Folgegeneration vererben, als Individuen, die im Vergleich dazu schlechter angepaßt sind. Ihre Gene erfahren demzufolge im Laufe der Zeit eine Steigerung ihrer anteilsmäßigen Vertretung im Genpool der Population.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 71

Das Problem an dieser Auffassung ist, daß in sozialen Gemeinschaften das individuelle Reproduktionsinteresse - trotz seiner außerordentlichen Bedeutung für den individuellen Reproduktionserfolg - keineswegs auf genetischen Faktoren beruhen muß, sondern maßgeblich durch die sozialen Verhältnisse oder die soziale Organisation bestimmt sein kann.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 71

In der die natürliche Selektion repräsentierenden Price-Gleichung könnte man deshalb für moderne Wohlfahrtsstaaten den Reproduktionserfolg durch das Reproduktionsinteresse ersetzen.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 72

Die Evolutionsbiologie definiert Altruismus als ein Verhalten, welches den Reproduktionserfolg anderer auf Kosten des eigenen Reproduktionserfolges erhöht. In der Terminologie der Systemischen Evolutionstheorie übersetzt sich das in: Altruismus ist ein Verhalten, welches das Reproduktionsinteresse anderer auf Kosten des eigenen Reproduktionsinteresses erhöht.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 72

„In der Natur hängt der individuelle Reproduktionserfolg - gemäß Darwinismus - primär von den genetischen Merkmalen eines Individuums (Variable Fitneß) ab, in einem Sozialstaat dagegen von dessen (nichtgenetischen) sozialen Rolle und der sozialen Organisation des Staates (Variable Reproduktionsinteresse).
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 73

Ein Sozialstaat könnte folglich die eigene Weiterentwicklung durch geeignete organisatorische Maßnahmen unmittelbar selbst beeinflussen. Demzufolge könnte man sagen: Bei der natürlichen Selektion ist die Natur der «Züchter«, bei der sexuellen Selektion sind es die Weibchen und in Sozialstaaten der Sozialstaat selbst (soziale Selektiton).
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 73

„Zusammenfassend läßt sich sagen: Anders als die individualistische Darwinsche Evolutionstheorie besitzt die Systemische Evolutionstheorie ein integriertes soziobiologisches Konzept.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 73

Beim Menschen erfolgt die Reproduktion der Kompetenzenjedoch nicht nur mittels der Fortpflanzung, sondern auch ganz entscheidend durch die sich daran anschließenden langjährigen Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen. Die Kompetenzen des Nachwuchses besitzen dann sowohl genetische als auch kulturelle Anteile, die in unterschiedlichen Reproduktionsprozessen vermittelt werden, und die einmal das Genom und das andere Mal das Gehirn adressieren.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 74

Unternehmen reproduzieren ihre Kompetenzen durch Forschung & Entwicklung, Personalentwicklung, Investitionen u.s.w.. Eine der Fortpflanzung von vielzelligen Organismen entsprechende Replikation kennen sie dagegen üblicherweise nicht.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 74

Die Darwinsche Evolutionstheorie macht eine Unterscheidung zwischen natürlicher und sexueller Selektion. Für beide Evolutionsmechanismen geht sie sogar von unterschiedlichen Prämissen aus. Die Systemische Evolutionstheorie kennt demgegenüber keine uneinheitlichen Evolutionsmechanismen, höchstens unterschiedliche Evolutionsräume mit eigenständigen Kommunikationsmechanismen (Dominanz versus Gefallen-Wollen). Die Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie sind - anders als bei der Darwinschen Evolutionstheorie - für alle Evolutionen gleich: Variation, Reproduktionsinteresse und Reproduktion.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 75

„Sind in einer biologischen Population die Grundprinzipien der Systemischen Evolutionstheorie erfüllt, dann evolviert sie auch im Darwinschen Sinne.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 75

„Lebewesen sind selbstreproduktive Systeme. Für biologische Populatio nen sind die Formulierungen des Variationsprinzips der Systemischen und Darwinschen Evolutionstheorie folglich deckungsgleich.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 75

Der Reproduktionsprozeß biologischer Populationen ist die Fortpflanzung, zu der beim Menschen noch der aufwendige Erziehungs-, Bildungs- und Sozialisationsprozeß hinzukommt. Die Fortpflanzung ist in der Lage, die Kompetenzen der Eltern in bezug auf den Lebensraum (Adaptionen) in den Nachkommen zu erneuern. Die aus den Eltern er zeugten Replikate (Nachkommen) sind zwar einerseits gegenüber i.~en Originalen verändert, weisen in der Regel aber auch erhebliche Ahnlichkeiten auf. Ein Teil der Unterschiede betrifft den Genotyp, ein anderer ausschließlich den Phänotyp.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 75

Für biologische Populationen sind folglich die Prinzipien Reproduktion der Systemischen Evolutionstheorie und Vererbung der Darwinschen Evolutionstheorie deckungsgleich.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 76

Lebewesen können sowohl in bezug auf die Ressourcen des Lebensraums als auch die Erlangung von Fortpflanzungspartnern unterschiedliche Kompetenzen aufweisen: Beispielsweise könnte ein Individuum länger leben, mehr Nahrung erlangen und mit natürlichen Feindenbesser fertig werden als ein anderes und somit höhere Kompetenzen in bezug auf den Lebensraum besitzen. Ein weiteres könnte den weiblichen Partnerwahlpräferenzen deutlich mehr genügen als das in bezug auf den Lebensraum besonders kompetente Individuum. In Hinblick auf die Darwinsche Evolutionstheorie könnte man dann sagen: Im ersten Fall genügt das erstgenannte Individuum besonders gut den Bedingungen der natürlichen Selektion und im zweiten Fall der sexuellen Selektion.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 76

Korreliert das Reproduktionsinteresse in einer Population nicht negativ mit den Kompetenzen der Individuen in bezug auf den Lebensraum, werden Individuen, die mehr Kompetenzen besitzen (besser an ihre Umgebung angepaßt sind), im Mittel einen größeren Reproduktionserfolg haben als andere. Mit anderen Worten: Die natürliche Selektion setzt sich von ganz alleine durch.
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 77

„Evolviert eine biologische Population gemäß der Systemischen Evolutionstheorie, dann evolviert sie auch gemäß Darwin. Die systemische Evolutionstheorie kann die biologische Evolution erklären. “
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 77

„Das Prinzip der natürlichen Selektion war sicherlich die entscheidende Idee zur Erklärung der auf einem Vererbungsmechanismus beruhenden biologischen Evolution als fortschrittsblinden Prozeß. Die Erkenntnis war für die Evolutionsbiologie und das Selbstverständnis des Menschen von solch fundamentaler Bedeutung, daß Zweifel an der ausschließlichen Fortschrittsblindheit evolutiver Prozesse heute meist umgehend als Lamarckismus und damit als Verrat an der Darwinschen Lehre diskreditiert werden. Dabei mehren sich längst die Hinweise, daß sowohl die nichtbiologischen Evolutionen als auch ein Teil der biologischen Evolution lamarckistische Züge tragen. Darüber hinaus kennen die meisten nichtbiologischen Evolutionen keine natürliche Selektion. Beispielsweise stehen bei der technischen Evolution - wie noch gezeigt wird - ganz andere Reproduktionsprozesse als die der Fortpflanzung im Vordergrund. All dies läßt vermuten, daß es sich bei der natürlichen Auslese keineswegs um ein grundlegendes Evolutionsprinzip handelt, sondern um einen spezifischen Mechanismus der biologischen Evolution zur Konservierung biologischer Informationen (mittels der Ausbreitung gut angepaßter Gene innerhalb der Population).“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 77

„Gemäß der Systemischen Evolutionstheorie ist die Triebfeder der Evolution nicht die natürliche Selektion, sondern es sind die (gegebenenfalls unterschiedlich starken) Reproduktionsinteressen (Eigeninteressen) der Individuen, die sie zu Akteuren im selbstorganisatorischen Prozeß der Evolution machen. Wenn es schon keinen externen Schöpfer gibt, dann muß die Evolution durch etwas anderes vorangetrieben werden. Die Systemische Evolutionstheorie behauptet: Die selbstreproduktiven Systeme treiben mit ihren Reproduktionsinteressen die Evolution eigendynamisch an. Sie folgt damit Vorstellungen, die auch im Rahmen der Komplexitätstheorie (zum Beispiel im Zusammenhang mit komplexen adaptiven Systemen) vertreten werden.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 77-78

„Eine Konsequenz daraus ist: Will man eine evolutionäre Entwicklung (zum Beispiel die technische Evolution) verstehen und beschreiben, sollte man sich zunächst auf'die Suche nach den die Evolution antreibenden selbstreproduktiven Systeme machen. Evolutionsreplikatoren sind demgegenüber von nachrangiger Bedeutung“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 78

„Meme sind zwar etwas grundsätzlich anderes als Gene, sollen sich aber dennoch nach einem ähnlichen Schema als Überlebensmechanismus deuten lassen. Auch für die Meme gilt gemäß Memetik der evolutionstheoretische Dreiklang aus Variation, Selektion und Vererbung.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 84

„Meme vermehren sich - anders als Gene - nicht über die biologische Vererbung, sondern durch Imitation.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 84

„Was die Gene für die Lebewesen sind, sind gemäß Memetik die Meme für die Kultur. Die eigentlichen Evolutionsakteure sind die Meme, während die Lebewesen als deren vermeintliche Autoren bloß Transportvehikel sind. Bei Memen handelt es sich also um Einheiten, die ähnlich wie Gene danach streben, sich zu verbreiten und zu vermehren.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 84

„Die Evolution auf der Erde kann gemäß der im Artikel dargelegten Theorie als ein Prozeß der Hierarchisierung von Systemen (Systemelemente strukturieren sich zu übergeordneten Systemen) beschrieben werden.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 86

„Auf der untersten Ebene entstanden zunächst reproduktionsfähige und über Reproduktionsinteressen verfügende einzellige Organismen. Die Evolution beschränkte sich zu Beginn auf diese Systemebene. Zu einem späteren Zeitpunkt bildeten sich mit den vielzelligen Organismen komplexere Systeme, in denen oftmals viele Billionen Zellen zusammenarbeiten. Solche Systeme besitzen gleichfalls eigenständige Reproduktionsinteressen und sind in der Lage, sich selbst zu reproduzieren. Die Evolution der vielzelligen Organismen brachte die Artenvielfalt hervor. Auf Basis der Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit des Menschen und seiner externen Kompetenzspeicherungsfähigkeiten entstanden schließlich die Superorganismen (soziale Systeme, Organisationssysteme, Unternehmen). Sie binden Menschen per Kontrakte oder anderen Mechanismen zu größeren Einheiten zusammen. Die auf diese Weise gebildeten Systeme entwickeln bei entsprechender Ausreifung ebenfalls eigenständige Reproduktionsinteressen. Anders als die beiden bislang genannten Systemtypen reproduzieren sie sich jedoch nicht durch das Erstellen von Kopien, sondern durch die interne Erneuerung ihrer Elemente, Strukturen und Kompetenzen. Die Evolution der Superorganismen bringt maßgeblich das moderne Leben hervor (technische, soziale, kulturelle, wissenschaftliche Evolution). Aus einer Makrosicht betrachtet dürfte diese Evolution nun alle anderen evolutiven Entwicklungen dominieren. Anders gesagt: Der Mensch ist nicht mehr die Krone der Schöpfung, die Superorganismen sind es jetzt.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 86-87

„Die biologische Evolution beschränkt sich auf ein- und vielzellige Organismen, das heißt auf die beiden unteren Systemebenen, während die technische, soziale, kulturelle und wissenschaftliche Evolution primär eine Sache der Superorganismen und damit der dritten Systemebene ist. Die Evolution bringt folglich nicht nur immer komplexere Organismen (Arten) hervor, sondern auch zunehmend höhere Systemebenen, die in eigenständigen Lebensräumen evolvieren“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 87

„Im Grunde kann der Prozeß der Systemhierarchisierung auch als eine Abfolge von sich abwechselnden konkurrierenden und kooperativen Phasen verstanden werden.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 87

Konkurrenzphase: Zunächst konkurrieren Systeme in einem Lebensraum um Ressourcen.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 87

Kooperationsphase: Verschiedene Systeme beginnen zum Zwecke der Erfüllung gemeinsamer Bedürfnisse miteinander zu kooperieren. Die verschiedenen Subsysteme (Elemente) der Kooperationsgemeinschaften schließen sich in der Folge immer enger zusammen, so daß Einzelsysteme ihnen gegenüber erheblich im Nachteil sind. Die Kooperationen werden schließlich so eng, daß sich die Elemente zu eigenständigen, selbstreproduktiven Systemen ( einer neuen Systemebene) verbinden.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 87

Konkurrenzphase: Nun konkurrieren die neu gebildeten Systeme (einer höheren Systemebene) untereinander um die Ressourcen ihres Lebensraums.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 87

„Der Prozeß der Evolution auf der Erde könnte zusammenfassend annäherungsweis wie folgt dargestellt werden: Zunächst evolvierten ausschließlich ein- und vielzellige Organismen. Das vorherrschende Selektionsprinzip war die dominante Kommunikation: Fressen und gefressen werden. Alle Arten optimierten sich gemäß dieses Paradigmas. - Mit der sexuellen Fortpflanzung kam die Gefallen-wollen-Kommunikation, auf deren Basis eigenständige, marktmäßige Evolutionsräume entstanden. Nun bildeten sich bei den Lebewesen erstmalig Merkmale aus, die zwar den spezialisierten Marktanforderungen genügten, einer optimalen Anpassung an den sonstigen Lebensraum jedoch eher im Wege standen. Beispiele dafür sind die Pfauenschweife, aber auch viele Funktionen des menschlichen Gehirns. - Die ungeheure Kooperationsfähigkeit des menschlichen Gehirns und die externe Kompetenzspeicherungsfähigkeit des Menschen erlaubte dann das flexible Entstehen von Superorganismen, die sich wiederum in eigenständigen Evolutionsumgebungen - meist Märkten auf Basis der Gefallen-wollen-Kommunikation - weiterentwickelten. Dabei brachten sie unter anderem die Evolution der Technik, der Wissenschaften und der Kultur hervor.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 87-88

„Insgesamt darf vennutet werden: Auf der Erde entsteht letztlich alles durch Evolution, also nicht nur Bakterien, Pflanzen und Tiere, sondern Autos, Mobiltelefone, Banken, Technologiekonzerne, Religionen, Moralvorstellungen, Hypothesen, Wahrheiten und erhabene Ideen ebenso, und zwar gemäß den Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie. Angetrieben werden die verschiedenen Evolutionen aber stets von selbstreproduktiven Systemen, das heißt von Evolutionsakteuren mit eigenständigen Reproduktionsinteressen. Während ihre Populationen eigendynamisch evolvieren, entwickeln sich auch ihre Merkmale und Produkte weiter, als wenn sie ebenfalls einer eigenständigen Evolution unterlägen.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie und Gefallen-wollen-Kommunkation, in: Kulturelle Vererbung, 2008, S. 88

„Nun könnte man die Gendertheorie und die in ihrem Zusammenhang aufgestellten Thesen ihrer Protagonisten als eine weitere Absurdität des Lebens abtun, über die sich nicht weiter aufzuregen lohnte, resultierte daraus nicht eine substanzielle Verletzung des Prinzips der Generationengerechtigkeit. Wie noch dargelegt wird, fehlt der Gendertheorie - wie dem Antibiologismus generell - die Nachhaltigkeit. Ihre Grundannahmen fiihren zu einer Plünderung vorhandener, gesellschaftlich nutzbarer Humanressourcen im Interesse der aktuellen und zum Nachteil der kommenden Generationen. Es handelt sich letztlich um die gleiche Geisteshaltung, die den nachfolgenden Generationen bedenkenlos immer weitere Schulden aufbürdet, indem man die Gegenwart mit den Mitteln der Zukunft finanziert.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 108-109

„Offenbar existieren in der Wissenschaft längst Parallelwelten.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 117

„Man versteht nun also, warum Männer nur ein X-Chromosom besitzen, Frauen aber deren zwei. Ihr fehlendes zweites X-Chromosom und ihr ... Y-Chromosom machen Männer ... variabler, wozu möglicherweise auch das kurze Y-Chromosom noch zusätzlich beigetragen haben könnte, wie Untersuchungen gezeigt haben wollen.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 121

„Während die Natur also dem weiblichen Teil den Hauptteil der Fortpflanzungsarbeit zugewiesen hat, ist eine Hauptaufgabe des männlichen Geschlechts, die Evolution zu beschleunigen und fiir eine möglichst rasche Anpassung an den Lebensraum zu sorgen, das heißt, die Evolutionsfähigkeit zu verbessern. Es ist folglich von Vorteil, wenn das männliche Geschlecht stärker von Mutationen betroffen ist, denn dann können ungünstige Mutationen leichter »eliminiert« und günstige gefördert werden, und zwar alles auf ganz natürliche Weise. Möglicherweise ist sogar ein Großteil des menschlichen Intellekts auf genau diese Weise entstanden. Insgesamt ist das männliche Geschlecht so etwas wie ein »Turbolader« der Evolution, denn es unterliegt aufgrund der aus seiner Sicht knappen weiblichen Ressourcen einem erhöhten Selektionsdruck, und zwar selbst dann, wenn der Lebensraum nicht begrenzt ist.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 121

„Es stellt also einen evolutionären Vorteil dar, wenn die Fortpflanzungsaufgaben in einer Population nicht von allen Individuen in gleichem Maße getragen werden (wie etwa beim Hermaphroditismus), sondern sich in unterschiedlicher Gewichtung und Fokussierung auf verschiedene soziale Rollen verteilen. Die Honigbienen haben es in besonderem Maße exemplarisch vorgeführt: Bei ihnen gibt es Königinnen, die die eigentlichen Reproduktionsaufgaben erledigen, Arbeiterinnen, denen die sozialen Aufgaben zufallen, und Drohnen (Männchen), die fiir Variation und Selektion sorgen. Wie beim Menschen zeichnen sich bei den Bienen die männlichen Geschlechtstiere durch eine stärkere Variabilität (Variation) und eine wesentlich größere Varianz beim individuellen Fortpflanzungserfolg (Selektion) aus.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 121

„Dies macht letztlich das Wesen des männlichen Geschlechts aus: Seine primäre Aufgabe ist es, den Evolutionsprozeß zu beschleunigen. In ihm entstehen nicht nur die meisten neuen genetisch bedingten Kompetenzen (Variation), sondern es kann aufgrund der viel größeren Varianz beim Fortpflanzungserfolg (beziehungsweise der potenziellen Fruchtbarkeit) zudem maßgeblich dafür sorgen, daß sich die Kompetenzen - sofern vom weiblichen Geschlecht als wünschenswert erachtet - relativ rasch bedingt »horizontal« in der gesamten Population ausbreiten können. Obwohl der Hennaphroditismus -quantitativ betrachtet - reproduktiv leistungsfähiger als die Getrenntgeschlechtlichkeit ist, produziert die heterosexuelle Fortpflanzung die weitaus kompetenteren Nachkommen. Komplexe Lebewesen wie der Mensch konnten in der Natur nur getrenntgeschlechtlich entstehen.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 121-122

„Gibt es eine Alternative zu Gender? .... Eine solche Alternative gibt es in der Tat. Die Honigbienen haben sie gefunden.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 126-127

„Seine Kernaussage lautet nämlich - in die Terminologie der Evolutionstheorie übersetzt -, daß das Fortpflanzungsverhalten in unserer Gesellschaft weniger von natürlichen (von der Natur gesetzten) Selektionsfaktoren beeinflußt wird -es darin also gewissermaßen nicht mehr zur natürlichen Selektion kommt -, sondern primär durch vom Menschen selbst geschaffene kulturelle Faktoren. Anders gesagt: Wenn man in einer Gesellschaft vorgibt, daß nur diejenigen Männer heiraten dürfen, die eine Ausbildung und ein ausreichendes Einkommen nachweisen können - wie es vor wenigen Jahrhunderten tatsächlich noch der Fall war -, dann wird die Verteilung der Kinder in der Bevölkerung eine ganz andere sein, als wenn ein Sozialstaat grundsätzlich alle (ohne zahlenmäßiges Limit) Kinder von mittellosen Eltern ernährt. Und genauso würde sich die Kinderverteilung in der Bevölkerung beträchtlich voneinander unterscheiden, wenn für gewöhnlich nur Männer arbeiten gehen und Frauen statt dessen mehrheitlich Mutter und Hausfrau werden, oder wenn im allgemeinen sowohl Frauen als auch Männer einem Job nachgehen und nach beruflichem Erfolg streben.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 151

„In Intelligenztests viel ... auf, daß der genetische Einfluß auf die Intelligenz mit zunehmendem Alter nicht ab-, sondern zunimmt. Beispielsweise soll er im Alter von 74 Jahren bei 82% liegen.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 158

„Unbewußt würde man vielleicht das exakt Umgekehrte erwarten, daß man etwa im Laufe seines Lebens eine Menge Erfahrungen sammelt und auch ganz fürchterlich viel lernt, so daß die Bedeutung der Gene gegenüber den Umwelteinflüssen mehr und mehr schwindet. Es ist aber andersherum, und zwar weil sich ... ihre Umgebung entsprechend ihren eigenen genetsichen Ausstattungen gestalten.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 158-159

„Evolution verläuft zwar letztlich zufällig und unbestimmt, jedoch nur bedingt. Und genau hier liegen die Chancen.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 169

„Ich bin davon überzeugt, daß wir Menschen nur dann über längere Zeit in Frieden miteinander auf der Erde leben können, wenn wir verstanden haben, welche Grundintentionen das Leben besitzt und wie Evolution auch außerhalb der Biologie und insbesonders in unserem unmittelbaren Lebenszusammenhängen vorangeht.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 170

„Das, was Pol Pot nit brachialen Mitteln und dem Recht des Stärkeren zu realiseren versuchte, erledigen wir - viel eleganter und zivilisatorischer - per verhinderter Fortpflanzug und dem Recht des Besitzenden. Das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche, nämlich der Autogenozid.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 172

„Als man den Superorganismen die Möglichkeit gab, sich auch unter den weiblichen Humanressourcen nach Belieben zu bedienen, griffen diese zu. Würde man ihnen zusätzlich die Kinder geben, nähmen sie auch die.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 173

„Es ist der allseitige Kompetenzerhalt, der sie dazu zwingt, zumal die Sicherstellung der Nachhaltigkeit des gesellschaftlichen Humanvermögens nicht ihre Aufgabe ist, sondern die der Gesellschaft. Für sie ist das Humanvermögen praktisch ein Gemeingut (Commons) und damit Teil der Umwelt, wie ich bereits schrieb. Solange niemand eine schützende Hand über wertvolle Ressourcen wie Regenwälder, Ölvorräte oder Humanvermögen hält, werden die Superorganismen sie - sofern sich aus ihrer Nutzung Vorteile generieren lassen - plündern. Und zwar restlos.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 173

Der ungezügelte Wettbewerb auf den freien Märkten würde letztlich zu einer Plünderung aller verfügbaren Ressourcen führen. Das gilt insbesondere für solche Ressourcen, die Gemeingut sind oder als solches (das heißt ohne eigenständiges Nachhaltigkeitskonzept) verwaltet werden. Wie ungehindert dies in den Industrienationen insbesondere gegenüber der Ressource »Humanvermögen« - aber auch gegenüber vielen anderen kritischen Ressourcen - bereits geschieht und wie problematisch dies letztlich ist, wurde erläutert.
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 175-176

Freie Märkte könnten dafür sorgen, daß schließlich alle erwerbbaren Ressourcen der Erde einigen wenigen Personen oder Unternehmen gehören, während die restliche Menschheit buchstäblich nichts (außer vielleicht Schulden) besitzt.
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 176

„Wir haben es in unserem Land (und in vielen anderen Industrienationen ebenso) weniger mit einer Bevölkerungsschrumpfung, sondern in erster Linie mit einer Plünderung des Humanvermögens zu tun. Um dazu einmal einen drastischen Vergleich zu verwenden: Zunächst beuten die Superorganismen das Erdöl aus, dann den Ölsand, schließlich den Ölschiefer. Schafe würden es nicht anders machen: Stellte man sie vor zwei alternative Felder, eines davon öde und karg, das andere vollständig mit saftigem Gras bewachsen, liefen sie alle auf das letztere. Es handelt sich um ein Grundprinzip des Lebendigen und der Evolution (Streben nach Kompetenzerhalt), das man kennen sollte, wenn man ernsthafte und langfristig ausgerichtete Politik machen möchte, die auch die Interessen der nächsten Generationen im Blickfeld hat.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 176

„Aus den genannten Gründen ist übrigens auch zu erwarten, daß sich in der Sozialhilfe auf lange Sicht primär diejenigen Menschen wiederfinden werden, die den Anforderungen der Wirtschaft (der Superorganismen) am wenigsten genügen. Ausnahmen wird es selbstverständlich immer geben. Selbst die Schafe werden das eine oder andere Büschel saftiges Gras übersehen. Und Fehler können natürlich auch gemacht werden. Von der Tendenz her aber werden die im Wettbewerb stehenden Superorganismen die auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Kompetenzen in der gleichen Weise ausbeuten, wie es beim Öl erläutert wurde: zunächst Erdöl, dann Ölsand, schließlich Ölschiefer. Hierdurch separieren die Unternehmen Erwerbspersonen gewissermaßen in »nützliche« und »wenig nützliche« Personen. Womit ich zu einer Frage komme, die Frank Schirrrmacher in einem seiner Leitartikel mit kritischem Blick auf Sarrazins Aussagen gestellt hatte: »Wer legt in der menschlichen Zivilisation die ›Nützlichkeit‹ eigentlich fest?« Die simple und möglicherweise ernüchternde Antwort darauf lautet: Es sind die Unternehmen, die heute primär darüber entscheiden, wer im Lebensraum Zivilisation als »nützlich« gilt und einen Arbeitsplatz zum Geldverdienen erhält.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 176-177

„Es ist unter solchen Rahmenbedingungen dann aber nicht möglich, bei der Fortpflanzung ganz andere »Nützlichkeitskriterien« anzulegen, es sei denn, man hätte ohnehin vor, die Marktwirtschaft abzuschaffen, und zwar durch sukzessive Verarmung der Bevölkerung.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 177

„Betrachten wir zum Vergleich einmal die Situation im Tierreich. Bei vielen Arten versammeln sich die Männchen zu bestimmten Zeiten auf sogenannten Arenabalzplätzen, um sich mit den von ihnen herangelockten Weibchen zu paaren. Dabei soll es immer wieder zu extrem ungleichen Kopulationshäufigkeiten auf seiten der Männchen kommen, was zwangsläufig zur Folge hat, daß ein großer Teil der Männchen leer ausgeht. Diese könnten frustriert fragen: »Wer legt eigentlich unsere Nützlichkeit fest und in wessen Interesse?« Richard Dawkins Antwort darauf ist: im Interesse der egoistischen Gene; die der Systemischen Evolutionstheorie: im Interesse des Erhalts der Kompetenzen, mit anderen Worten: im Interesse der nächsten Generation.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 177

„Aufgrund der Endlichkeit der Erde und der hierdurch bedingten Verknappung vieler Ressourcen geraten die Systeme jedoch irgendwann in einen Wettbewerb untereinander. Wesentlich für das weitere Verständnis ist, daß Unternehmen (Superorganismen) vor allem an den Ressourcen Wissen und Kapital interessiert sind. Damit hoffen sie, ihre Wissens- und Kapitalkompetenzen reproduzieren und an den Märkten bestehen zu können. Zu den Wissenskompetenzen gehören ganz wesentlich ihre Humanressourcen. Das sind die ihnen zur Verfügung stehenden menschlichen Kompetenzen.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 178

„Menschliche Kompetenzen werden von den Unternehmen jedoch im wesentlichen nicht selbst aufgebaut, sondern über den Arbeitsmarkt von außen zugekauft. Die Reproduktion menschlicher Kompetenzen beziehungsweise des Humanvermögens einer Gesellschaft unterliegt stattdessen der Gesellschaft. Diese hatte den größten Teil der Aufgabe jedoch stets ihren Bürgern beziehungsweise den von den Bürgern privat gebildeten Reproduktionseinheiten »Familien« überlassen, frei nach dem Motto: »Kinder kriegen die Leute immer«. Dies funktionierte im Grunde so lange, wie Frauen durch gesellschaftliche Normen und Vorgaben (Rollenvorgabe Mutter und Hausfrau) beziehungsweise den ihnen gegenüber geltenden Hoheitsrechten der Ehemänner vor dem ungehinderten Zugriff der humanressourcen-hungrigen Superorganismen geschützt waren. Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen, daß die Ehemänner (jeder für sich) ihre Frauen vor den Superorganismen zurückhielten. Für sie war es in früheren Zeiten wohl wichtiger, daß ihre Frauen ihre beiderseitigen Humanressourcen (ihre Gene) reproduzierten, statt weitere Mittel zum Leben zu beschaffen. Zur Humanressourcen-Allmende gehörten deshalb damals im wesentlichen nur männliche Hurnanressourcen. Die weiblichen Humanressourcen befanden sich hingegen unter der Zugriffskontrolle ihrer Ehemänner und waren folglich kein Gemeingut. Aus diesem Grund standen sie auf den Arbeitsmärkten nicht frei zur Verfügung.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 178.179

„Mit der Aufhebung der männlichen Verfügungsgewalt über ihre Ehefrauen, der Gleichberechtigung der Geschlechter, der Einführung verläßlicher Empfängnisverhütungsmittel und der Öffnung des Arbeitsmarktes für alle Frauen, änderte sich dies jedoch. In der Folge umfaßte die Humanressourcen-Allmende auch die weiblichen Humanressourcen.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 179

„Das Verblüffende daran aber ist, und das wiederum demonstriert die Stärke der evolutionär-systemischen Analyse, daß sich all das aus minimalsten Voraussetzungen herleiten läßt. Im Grunde wird lediglich angenommen, daß die Evolution nur solche dauerhaften komplexen Systeme hervorbringt, die permanent bestrebt sind, dem ... thermodynamischen Zeitpfeil unseres Universums durch Selbstreproduktivität zu entrinnen, da alles andere sich sowieso schon bald wieder auflösen und aus der Evolution verabschieden würde. Ferner wird davon ausgegangen, daß viele individuelle Kompetenzen von Menschen eine genetische und damit erbliche Komponente besitzen. Das ist im Grunde schon alles. Und damit läßt sich dann zeigen, daß unregulierte Märkte im Zusammenhang mit Gemeingütern nicht funktionieren können, und die Kombination aus freier Marktwirtschaft, Unternehmertum und Antibiologismus beziehungsweise Gendertheorie in den Autogenozid und zur Verarmung der Gesellschaft und letztlich auch der Menschheit führt. Und in der Folge dann möglicherweise zu Bürgerkriegen, Diktaturen und vielen weiteren schrecklichen Dingen auch.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 180

„Das Wesen unseres Universums, sein fortwährender Zerfall beziehungsweise der ihm entsprechende thermodynamische Zeitpfeil, lassen die Existenz dauerhafter Systeme von sehr hoher Komplexität äußerst unwahrscheinlich werden, jedenfalls auf der Grundlage rein physikalischer Gegebenheiten. Der entscheidende Leistungssprung des Lebens war es, diese grundsätzliche Limitation unseres Kosmos lokal auf unserer Erde und unter den dort vorherrschenden günstigen Bedingungen überwunden zu haben, und zwar durch Informationsverarbeitung, das heißt ...: durch den Besitz von Kompetenzen gegenüber der Umwelt, mit denen Ressourcen erlangt werden können, um die Kompetenzen zu reproduzieren, und zusätzlich durch den inneren Antrieb, dies fortwährend zu versuchen. Vereinfacht gesagt: Für passive Systeme bestehen in unserem Universum Komplexitätsgrenzen, für aktive (Akteure) hingegen nicht. Dies hat weitreichende Konsequenzen, denn selbstverständlich ist bei einer solchen Weltsicht der eigentliche Evolutionsantrieb in den Systemen (in den Akteuren) und nicht in den Genen. Standen bei der reduktionistischen Theorie der egoistischen Gene noch die kleinsten Evolutionseinheiten (die Gene) im Fokus des Geschehens, so dominieren in der Systemischen Evolutionstheorie die größten und ressourcenreichsten Systeme.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 185-186

„Daß solche Großsysteme ähnlich agieren wie Lebewesen, liegt auf der Hand: Die weiter oben beschriebenen Naturgesetze lassen nichts anderes zu. Als Systeme von sehr hoher Komplexität können sie nur dann über einen längeren Zeitraum bestehen, wenn »sie Kompetenzen gegenüber ihrer Umwelt besitzen, mit denen sie aus ihr Ressourcen erlangen, um die Kampetenzen zu reproduzieren, und sie dies zusätzlich fortwährend versuchen«. Die Triftigkeit der Argumentation bekam die Welt beim Zusammenbruch der Lehman Brothers Bank vorgefiihrt: Wenige Stunden, nachdem sie ihre Marktkompetenzen verloren und ihre Tore geschlossen hatte, löste sie sich in ihre Bestandteile auf, ganz so, wie es bei einem verstorbenen Individuum geschieht.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 186

„Ich bin der festen Überzeugung, daß man an den hier vorgetragenen Gründen für ein Evolutionsmodell, welches den eigentlichen evolutionären Antrieb in den Evolutionsakteuren (das heißt, in den sich selbst reproduzierenden komplexen Systemen, die sich dem universalen Zerfall zu widersetzen versuchen) annimmt, letztlich nicht vorbeikommt. Wer eine andere Weltsicht präferiert, bei der etwa die Gene im Zentrum der Evolution stehen, der sollte dies meiner Meinung nach genauso begründen können, wie ich es beim Evolutionsmodell der Systemischen Evolutionstheorie versucht habe, nämlich über einen Rückgriff auf grundsätzliche physikalische Gesetzmäßigkeiten.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 187

„Wenn man ... davon ausgeht, daß Banken im Wettbewerb stehende selbstreproduktive Systeme sind, wird man nicht ernsthaft annehmen können, daß sie nach Beendigung einer Finanzkrise, ein paar frommen Worten, der Ermahnung, in Zukunft doch bitte weniger gierig zu sein und der Bereitstellung von sehr viel Steuergeld sich plötzlich tatsächlich weniger gierig verhalten.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 188

„Beim Aufziehen von Kindern handelt es sich um eine langfristige Investition zur Bewahrung der eigenen genetischen und kulturellen Kompetenzen. Sie besitzt eine sehr niedrige Zeitpräferenz, da ihre Amortisation erst in der nächsten Generation erfolgt, und das auch noch zum Nutzen anderer (den Nachkommen beziehungsweise der nächsten Generation). lm lnvestitionszeitraum ist hingegen ein Verzicht auf Ressourcen erforderlich. Genau dieser Verzicht wird heute jedoch nicht mehr in ausreichendem Maße geleistet, im Gegenteil. Statt der nächsten Generation Vermögenswerte zu hinterlassen, werden ihr Schulden aufgehalst.“
Peter Mersch, Ich beginne zu glauben, daß es bald wieder Krieg geben wird, 2011, S. 189

„Die jeweiligen Reproduktionsinteressen, die in biologischen Populationen dem Grad an Fortpflanzungsegoismus bzw. -altruismus entsprechen können, müssen ... nicht notwendigerweise fixe, auf inneren Eigenschaften beruhende Merkmale der Individuen (das heißt, individuelle, genetisch bedingte Verhaltenspräferenzen) sein, sondern können maßgeblich durch deren soziale Rollen im Populationsverband bestimmt sein. Für sie Systemische Evolutionstheorie leitet sich somit das soziale Verhalten von Lebewesen (inklusive Konkurrenz, Kooperation und Altruismus) micht zwingend aus Gen-Egoismen bzw. den zugrunde liegenden genetischen Verwandtschaftsverhältnissen ab, sondern es kann sich auch - den jeweiligen Gegebenheiten entsprechend - auf eigenständige Weise im Zusammenspiel mit anderen entwickeln. Die Systemische Evolutionstheorie besitzt - anders als die Darwinsche Theorie - in diesem Sinne ein integriertes soziales Konzept.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 17

„Jedes Lebewesen steht beständig vor der Frage, ob es eher in Selbsterhalt (hohe Zeitpräferenz), Weiterentwicklung (mittlere Zeitpräferenz) oder Fortpflanzung (niedrige Zeitpräferenz) investiertem soll.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 66

„Aus Sicht des Individuums sind Selbsterhalt und Weiterentwicklung vorrangig egoistisch, Fortpflanzung hingegen altruistisch, denn sie geschieht im Dienste anderer (der Nachkommen). Allerdings behauptet die Theorie der egoistischen Gene, daß die Fortpflanzung primär aus Sicht der Gene betrachtet werden müsse. Unter dem Gesichtspunkt der Bewahrung der eigenen Gene ist sie dann gleichfalls als egoistisch einzustufen.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 66-67

„Auch Superorganismen (z.B. Unternehmen, Honigbienenkolonien) kennen den Zielkonflikt zwischen Kompetenzreproduktion unterscheidlicher Zeitpräferenzen (Kompetenzerhaltungsphasen).“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 67

„Evolution entspringt den Grundbedingungen unseres Universums.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 89

„Je geringer der Selektionsdruck auf eine Population ist, desto stärker wird der Anteil des Reproduktionsinteresses am individuellen Reproduktionserfolg sein. Menschliche Wohlfahrtstaaten haben es sich praktisch zum Ziel gemacht, ihren Mitgliedern jeglichen Selktionsdruck zu nehmen, so daß in ihnen der individuelle Reproduktionserfolg ... praktisch nur noch vom individuellen Reproduktionsinteresse abhängt.“
Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 131

„Auch hat eine Hinweis auf biologische Zusammenhänge nichts mit einer Ablehnung von gezielten Fördermaßnahmen für sozial benachteiligte Schichten zu tun. Im Gegenteil: Damit diese gefördert werden können, muß es eine ausreichende Zahl an Menschen geben, die andere fördern können und nicht selbst auf Förderung angewiesen sind.“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 159

„Die Annahme, alle Menschen seien von Ihrem inneren Potential her gleich, führt auf direkte Weise in ein soziales Klima des Neids und der Mi´gunst. Herausragende persönliche Leistungen werden dann nicht mehr bewiúndert, sondern mißgönnt. Sie stehen im Verdacht, Ausdruck einer sozialen Privilegierung - gleich welcher Art - zu sein. Eine denkbare Konsequenz daraus ist die gezielte Egalisierung, im schlimmsten Fall dann so, wie es unter den Roten Khmer geschah.“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 160

„Während es gemäß den Hauptsätzen der Thermodynamik im Universum zu einem fortwährenden Informationsverlust kommt, handelt es sich in der Vorstellung der Sytemischen Evolutuonstheorie bei Evolution um einen informationsgewinnenden (abgeschwächt: informationserhaltenden bzw. Kompetenz erhaltenden) Prozeß. Auch Evolutionsakteure unterliegen den Gesetzen der Thermodynamik. Ohne weitere Maßnahmen würden sie ihre Kompetenzen gegenüber der Lebensraum sukzessive verlieren. Sie können ihre Kompetenzen deshalb nur dann bewahren, wenn sie sie regelmäßig reproduzieren.“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 19

„Eine weitverbreitete Annahme der Physik ist, daß unser Universum ein abgeschlossenes System ist. Gemäß dem 2. Hauptssatz der Thermodynamik würde es dann einmal den »Wärmetod« erleiden. Aufgrund der dann fehlenden Energiedifferenzen wäre in ihm weder eine Nutzung von Energie noch Leben möglich. Denn Leben und Evolution benötigen die Differenz.“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 19

„Gäbe es nur Weibchen und Hermaphroditen, dann hätte sich wohl kein wirklich intelligentes Leben entwickeln können.“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 19

„Getrenntgeschlechtliche Populationen ... ermöglichen ... - aufgrund von Selektionen im männlichen Geschlecht - eine wesentlich bessere Entfaltung von Kompetenzen, und darauf kommt es bei der Evolution schließlich an.“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 19

„Alles Schöne, Bunte und Kreative scheint in der Natur auf die Differenz zurückzuführen zu sein. So haben beispielsweise die Vogelmännchen erst aufgrund ihrer weitgehenden Entlastung von allen direkten Fortpflanzungsarbeiten und der hierduch bedingten Konkurrenz um Fortpflanzungspartner mit dem Singen angefangen. Und auch beim Menschen wurde das Gros der kulturellen Leistungen aus wohl ganz ähnlichen Gründen und zu allen Zeiten von Männern erbracht ....“
Peter Mersch, Irrweg Gleichheitsfeminismus, 2012, S. 19-20

 

 

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