Im
Dezember 1913 ließ sich der Kongreß der Vereinigten Staaten von Amerika
von einer mächtigen Privatinteressen - Namen wie J. P. Morgan, John D, Rockefeller
und Paul Warburg sind da zu nennen - überreden, die Macht der Geldschöpfung
privaten Bankinteressen zu übertragen. Damit gab der US-Kongreß eine
Macht aus den Händen, die für das Überleben der Republik als so
wichtig betrachtet wurde, daß die Gründungsväter sie gleich im
ersten Artikel der us-amerikanischen Verfassung verankert hatten.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 7 |
Seitdem
liegt die Macht, das gesetzliche Zahlungsmittel der USA zu schöpfen, bei
einer Clique von Privatbankiers und nicht mehr bei den gewählten Vertretern
des us-amerikanischen Volkes. Infolge dieser Entscheidung, die bewußt so
vernebelt wurde, daß nur wenige verstehen, daß in den USA private
Bankiers und nicht mehr die eigene Regierung die Macht über das Geld in Händen
hält - ist US-Amerika im Laufe des vergangenen Jahrhunderts in zwei Weltkriege
eingetreten ist, die vor allem geführt wurden, um die Macht des privaten
Money Trusts auszuweiten.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 7-8 |
Abraham
Lincoln hatte sehr wohl verstanden, wasrum die Väter der Verfassung der Vereinigten
Staaten vom Kongreß und nicht privaten Bankiers das Recht zur Geldschöpfung
übertragen hatten. Bereits seit langer Zeit hatte Lincoln die protektionistisch
Zollpolitik zum Schutz der Industrie des führenden Vertreters der Parte der
Whigs, Senator Henry Clay unterstützt. Außerdem war Lincoln
eng mit dem Ökonomem Henry C. Carey befreundet, der nicht nur offen für
protektionistische Maßnahmen eintrat, sondern auch ein energischer Anhänger
des berühmten deutschen Ökonomen Friedrich List war, einem der Väter
der Nationalökonomie.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 50-51 |
Der
ehemalige Tübinnger Wirtschaftsprofessor Friedrich List, in Deutschland u.a.
als Vater des Zollvereins bekannt, war in den 1820er Jahren auf Einladung von
Mathew Careys Pennsylvania Society for the Promotion of Manufactoring and the
Mechanical Arts (Pennsylvanische Gesellschaft zur Förderung des Manufakturwesens
und der mechanischen Künste) nach Pensylvanien gekommen. Dort schreib
List eine scharfe Kritik an der britischen Freihandelsdoktrin von Adam Smith und
Ricardo ..., die Carey, der Vater von Lincolns Berater Henry C. Carey, veröffentlichte.
Kurioserweise ist der Name List heute aus den Wirtschaftswissenschaften fats voll
ständig verschwunden, da dort seit den 1970er Jahren die neoliberalen Freihandeslehren
eines Milton Friedman dominieren.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 70 |
In
der Zeit, in der sich in England die Anzeichen für einen endgültigen
Niedergang mehrten, tauchten, zunächst kaum wahrnehmbar, zwei potentielle
Rivalen auf, die in der Lage waren, die Rolle des Britischen Empires herauszufordern.
Einer davon war das Deutsche Reich. Im Jahre 1900 ... stellten das industrielle
Wachstum, das Erziehungs- und Bildungssystem sowie die Wissenschaften in Deutschland
schon seit langem (seit langem! Anm. HB) das-
bzw. diejenige Englands in den Schatten, so daß nur noch die Londoner City
ihre beherrschende Rolle über den Welthandel behielt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 74-75 |
Der
zweite Herausforderer für Englands Rolle als vorherrschende Weltmacht waren
die Vereinigten Staaten von Amerika, die sich im ersten Eroberungskrieg gegen
Spanien 1898-1899 die Philippinen und Kuba gesichert hatten. Der unerklärte
geopolitische Wettstreit zwischen England, Deutschland und Amerika sollte drei
Jahrzehnte dauern, und es sollte zu zwei Weltkriegen kommen, bevor er endlich
entschieden war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 75 |
Eine
interessante geopolitische Sichtweise dieser Realität um die weltweite Vorherrschaft
findet sich in Peter J. Taylor, Britain and the Cold War ..., 1990, S.
17: »Im nachhinein können wir die zwei Weltkriege als Wettsreit um
die Nachfolge der Briten zwischen Deutschland und den USA interpretieren. Der
Wettstreit wurde erst am Ende des Zweiten Weltkriegs und der bedingungslosen Kapitulation
Deutschlands entschieden.«Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 96-97 |
Durch
bestimmte finanzielle Verknüpfungen verband die Bank auch weiterhin das Schicksal
der Wall-Street-Finanzinteressen und damit der von diesen beherrschten amerikanischen
Wirtschafts- und Finanzwelt mit der Zukunft Englands nach dem Krieg. Die Politik
des Hauses Morgan zielte darauf ab, ein us-amerikanisches Finanzimperium zu errichten,
das am Ende die Rolle spielen sollte, die die Londoner City vor dem Krieg innegehabt
hatte: die der führenden Finanzsupermacht der Welt. J. P. Morgan & Co.,
Rockefellers Finanzgruppe und die wichtigsten Investmentbanken an der Wall Street,
wie Kuhn & Loeb und Dillon & Read, spielten bei dieser Entwicklung eine
tragende Rolle.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 100 |
Die
Art der ausländischen Verstrickungen des Hauses Morgan nach dem Ersten Weltkrieg,
die durch seine Kontrolle über die Federal Reserve erleichtert wurde, war
für die Vereinigten Staaten und letztendlich auch für die Welt hoch
problematisch. Der dominoartige Ausfall dieser von Morgan initiierten Kreditverbindungen
nach Europa und darüber hinaus in der Zeit von 1929 bis 1931 machte aus einem
handhabbaren Kollaps des us-amerikanischen Aktienmarkts die schlimmste Depression
in der Geschichte (US-)Amerikas, die ihrerseits eine
weltweite Depression auslöste. In einer Weise, die bemerkenswerte Analogien
zur Natur der jetzigen globalen Finanzkrise von 2007/2008 aufweist, stützten
sich die Kredite ab 1919 weltweit auf eine Pyramide immer fragwürdigerer
Schulden, auf deren Spitze das Haus Morgan und die Finanzhäuser der Wall
Street thronten. Die meisten Staaten Europas und eine Reihe weniger entwickelter
Länder von Bolivien bis Polen waren ebenfalls Teil dieser Kreditpyramide
der Wall Street.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 100 |
Wenig
verstanden - und entsprechend wenig diskutiert - wurde damals und in den Jahrzehnten
nach der Großen Depression und der Krise in Europa von 1931 der zentrale
Grund für den Zusammenbruch der Weltwirtschaft. Der wirkliche Ursprung der
Großen Depression von 1931 bis 1938 lag nicht in einem überbewerteten
New Yorker Aktienmarkt und dem darauffolgenden Kollaps. Der wahre Grund für
die weltweite Depression und Bankenkrise am Beginn der 1930er-Jahre und damit
die Triebkraft hinter der ursprünglichen Aktienblase war vielmehr, daß
das Haus Morgan und das Wall-Street-Establishment, die ja während der Regierungszeit
der Republikaner in den 1920er Jahren die US-Außenpolitik bestimmt hatten,
von einer falschen Vorstellung ausgingen. Diese Kreise waren besessen von der
Idee, die Macht zu ergreifen und die Rolle zu übernehmen, die London vor
dem Weltkrieg gespielt hatte, nämlich die des Zentrums des Weltfinanzsystems.
Diese zentrale Stellung sollte nun New York einnehmen -und Gold sollte bei dieser
Machtübernahme die entscheidende Rolle spielenFrederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 100-101 |
Im
New Yorker Money Trust gab es zwar unterschiedliche Ansichten darüber, wie
man diesen Währungsputsch am besten zum Erfolg führen konnte, doch über
die Tatsache, daß New York zum Finanzzentrum der Welt werden und London
in dieser Rolle ablösen sollte, bestand Einigkeit.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 101 |
Die
Morgan-Fraktion, die seit den 1870er-Jahren in den Vereinigten Staaten durch ihre
engen Verbindungen-zu führenden Finanzgruppen in London, allen voran den
Rothschilds, derart mächtig geworden war, hielt die Strategie einer gemeinsamen
Allianz in Form einer »Sonderbeziehung« (special relationship) zwischen
einer geschwächten Londoner City und der aufstrebenden Macht der Wall Street
für den besten Weg, endgültig ein »(US-)Amerikanisches
Jahrhundert« etablieren zu können. J. P. Morgans Verbindungen mit der
Londoner City und dem britischen Finanzministerium waren so stark, daß die
New Yorker Bank bis zum September 1931, als England gegen den Willen von J. P.
Morgan & Co. den Goldstandard aufgab, als offizieller Finanzvertreter der
britischen Regierung in den Vereinigten Staaten fungierte. Der einflußreiche
Gouverneur der New Yorker Federal Reserve, Benjamin Strong, teilte Morgans Ansicht
nachdrücklich.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 101 |
Im
wesentlichen glich diese in den 1920er-Jahren von der Wall Street erreugte Auslandskreditblase
in puncto Risiko und unvermeidlichem Fiasko der jüngsten Verbriefungsblase
an der Wall Street, die sich seit 1999 entwickelt hatte und nach ihrem Platzen
im Sommer 2007 zum größten Finanzdesaster der Geschichte führte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 103 |
In
der ganzen Zeit, als in den 1920er-Jahren die riesige Finanzblase entstand, hielten
die Bankiers der Wall Street engen Kontakt mit dem US-Finanzminister Andrew Mellon.
Dieser Mellon, der am längsten amtierende US-Finanzminister aller Zeiten,
sah ungerührt zu, wie sich der gesamte Prozeß entwickelte: vom Beginn
der Blase im Jahre 1921 über dieAmtszeit mehrerer Präsidenten hinweg.
Erst 1932 wurde Mellon vom damaligen Präsidenten Hoover entlassen. Trotzdem
blieb die Troika von US-Finanzministerium, Federal Reserve Bank von New York und
Wall Street das Zentrum der us-amerikanischen Finanzmacht, bis hinein ins 21.
Jahrhundert.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 103 |
Die
Höhe der Auslandsanleihen, die von der Wall Street in den zehn Jahren vor
dem Börsenkrach 1929 herausgegeben wurden, betrug etwa sieben Milliarden
Dollar, eine relativ gewaltige Summe, da sie damals etwa zehn Prozent des gesamten
BIP entsprach. Natürlich wurden über 90 Prozent der Kredite, die nach
Europa vergeben wurden, von den kriegsgeschädigten europäischen Regierungen
zum Kauf us-amerikanischer Waren aufgewendet, ein Segen für die groBen an
der New Yorker Börse notierten us-amerikanischen Unternehmen. Aber schon
bald vertiefte sich genau dadurch die Depression der US-Industrie noch erheblich,
denn nach 1929 brachen diese US- Verkäufe ein.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 103 |
Unter
der Leitung des mächtigen ersten Präsidenten der Federal Reserve Bank
von New York, des Morgan-Mannes Benjamin Strong, wurden von 1914 an die Währungspolitik
der USA und die Kapitalflüsse in den kritischen Jahren von 1929 bis 1931
de facto im Interesse der Wall Street gesteuert. Wall Street, das war vor
allem J. P. Morgan, der London die Führung der Weltfinanzen abnehmen wollte.
Entscheidend war bei diesem Prozeß, daß unter Strongs Einfluß
die Bankreserven der restlichen elf regionalen us-amerikanischen Federal-Reserve-Banken
nach New York geschleust wurden. Strong war vorher Vizepräsident des von
Morgan kontrollierten Banker's Trust in New York gewesen und hatte als J. P. Morgans
persönlicher Gesandter 1910 an dem Geheimtreffen der Top-Bankiers auf Jekyll
Island teilgenommen. Dort war der Plan entwickelt worden, der 1913 zum »Federal
Reserve Act« und damit zu einer privaten US-Zentralbank führte. Strong
als Morgan-Mann zu bezeichnen, war deshalb keine Übertreibung.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 103-104 |
Eine
Folge des verheerenden Krieges von 1914 bis 1918 in Europa war die nie da gewesene
Anhäufung von Goldreserven der europäischen Zentralbanken in den Tresoren
der Federal Reserve, da die schuldengeplagten kriegsführenden Länder
Europas, von England über Frankreich bis Italien, die von US-Amerika gelieferten
Rüstungsgüter mit ihrem Gold bezahlen mußten (und
diese Schulden Deutschland aufbürdeten! Anm. HB).Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 105 |
Das
führte dazu, daß nach Ende der Verhandlungen (Verhandlungen
? Mit wem denn? Das Verhandeln war ja verboten! Anm. HB) in Versailles
die USA den Löwenanteil am Währungsgold der ganzen Welt besaßen:
Ihre Goldreserven vermehrten sich gegenüber denen der Vorkriegszeit um 400
Prozent. Gold war bis zum Kriegsausbruch 1914 die Grundlage des internationalen
Währungssystems gewesen, dessen Zentrum seit der Zeit der Napoleonischen
Kriege die Londoner City war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 105 |
1920
besaß die Federal Reserve der Vereinigten Staaten gut 40 Prozent der gesamten
Goldreserven der Welt. Die Fed hatte diese Goldmenge angesammelt, weil sie den
welthöchsten Preis für das Währungsgold bezahlen konnte, und das
in einer Zeit, als Engand und Kontinentaleuropa an US-Amerika hohe Kriegsreparationen
(zahlte nur Deutschland [einschließlich Österreich!
Anm HB) entrichten und die Kriegsschulden begleichen mußten.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 105 |
Von
New York aus richtete Benjamin Strong die Politik der Federal Reserve vornehmlich
darauf aus, den internationalen Goldstandard aus der Zeit vor 1914 wiedereinzuführen,
allerdings als Kernstück seiner - von der Wall Street geteilten - Vorstellungen
über einen Wiederaufbau in Europa, der mit Bankkrediten und Anleihen von
New Yorker Banken finanziert werden sollte - mit ansehnlichen Gewinnen, versteht
sich. Man war der Meinung, ein solcher von New York dominierter Goldstandard wäre
nur dann ein zuverlässiges Maß für die Wirtschaft, die Finanzen
und den Handel der Welt, wenn England daran beteiligt war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 105 |
Für
die Größen des Money Trusts in New York, und selbst für Benjamin
Strong persönlich, spielten England und die Bank von England in ihrem geplanten
System mit Sitz in New York eindeutig nur die Rolle eines untergeordneten »Juniorpartners«.
Doch dies wollten die Londoner City und das britische Establishment keinesfalls
hinnehmen. Die Forderung des US-Finanzministeriums bei den Versailler Friedens(diktat)gesprächen
1919, daß die Alliierten, allen voran England, ihre gesamten Kriegskredit-Schulden
in Milliardenhöhe zurückzahlen müßten, bedeutete im Klartext,
daß sich die us-amerikanische Finanzelite nicht mehr damit zufriedengab,
eine untergeordnete Rolle zu spielen. In Wahrheit war die gesamte Geschichte der
britischen Geopolitik in Europa und der übrigen Welt in der Zeit bis zum
Ausbruch des neuen Krieges im Jahre 1939 ein versteckter und verzweifelter Versuch
Großbritanniens, diesen Rang als Untergebener abzustreifen und seine imperiale
Hegemonie in der Welt aufrechtzuerhaltenFrederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 105-106 |
Die
wirtschaftliche und politische Macht des Britischen Empires war durch den Krieg
und die dadurch notwendig gewordenene hohe öffentliche Verschuldung stark
geschwächt worden, aber noch immer war das Empire ein wesentlicher Teil des
Weltfinanzsystems, ohne das ein neuer Goldstandard - auch einer, der von New York
dominiert wurde - nicht denkbar war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 106 |
Das
gesamte Finanzgebäude, das die USA nach dem Ersten Weltkrieg errichtet hatten,
war auf Sand gebaut. Doch solange das Geld floß, war es leicht, diese einfache
Wahrheit zu ignorieren.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 108 |
1919
war eindeutig klar, daß nicht mehr das Britische Empire die stärkste
Wirtschaftsmacht der Welt war ....Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 110 |
Die
USA hatten durch den Ersten Weltkrieg eine überaus mächtige Position
gewonnen, sie waren Gläubiger aller großen europäischen Mächte.
Die Goldreserven US-Amerikas waren im Verlauf des Krieges auf das Vierfache gestiegen
und nunmehr die größten Währungsgoldreserven der Welt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 110 |
Der
Kollaps von Benjamin Strongs Großprojekt, New York zum Bankenzentrum für
Europa und die ganze Welt zu machen, hatte die Strukturen des Weltfinanzsystems,
den Welthandel und die Entwicklung der Weltwirtschaft gründlich erschüttert.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 139 |
Es
sollten sechs lange Jahre einer schweren Wirtschaftsdepression, des Umbaus und
der Vorbereitung für einen neuen großen Krieg in Europa vergehen, um
die Niederlage der Wall Street in dem Bemühen, das Britische Empire als Weltmacht
Nummer eins abzulösen, wieder wettzumachen. Dazu mußte aber das Deutsche
Reich als Rivale für die Vorherrschaft US-Amerikas ein für alle Mal
ausgeschaltet werden.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 139-140 |
Diesen
Prozeß würde man später als Zweiten Weltkrieg bezeichnen. In Wahrheit
war dieser Krieg nur die Fortsetzung des ungelösten geopolitischen Problems
des Ersten Weltkriegs; ein gewaltiger und tragischer Kampf zwischen zwei Mächten
- nämlich Deutschland und den Vereinigten Staaten - um die Nachfolge des
zerfallenden Britischen Empires als herrschende Weltmacht. Zumindest stellte sich
die Sache so für die führenden Eliten im us-amerikanischen Establishment
dar. Es kann bezweifelt werden, ob die deutsche Elite ernsthaft die Idee eines
globalen Reichs verfolgte; ganz bestimmt nicht vor 1914 und allemAnschein nach
noch nicht einmal in den 1930er-Jahren. Hitler hatte dafür viel zu viel Respekt
vor dem Britischen Empire.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 140 |
Es
konnte jedoch kein Zweifel daran bestehen, daß der Money Trust in den Vereinigten
Staaten solch eine Vorstellung von einem weltweiten Imperium hegte, einem informellen
Finanzimperium, das durch die mächtigste Militärmacht der Welt abgesichert
war. Zur Durchsetzung dieses Ziels brauchte der Money Trust einen neuen Weltkrieg.
Auch hier sollte die Federal Reserve eine entscheidende Rolle spielen. Der erste
Versuch der einflußreichen New Yorker Banken, unterstützt von ihrer
privaten New Yorker Federal Reserve, war erwiesenermaßen ein katastrophaler
Fehlschlag, der die USA in die schlimmste Finanzkrise, eine Kettenreaktion von
Bankenbankrotten und eine Depression stürzte. Innerhalb von nicht einmal
zehn Jahren machten sich die Wall Street und die hinter ihr stehenden mächtigen
Familien erneut daran, zum zweiten und letzten Mal nach der Weltmacht zu greifen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 140 |
Fritz
Hesse ..., der im Dritten Reich Berater von Außenminister Ribbentrop gewesen
war, attackiert in seinen Memoiren scharf das Außenministerium des Deutschen
Reichs und Hitler, weil diese die Geopolitik des Engländers Halford Mackinder
nicht verstanden hätten. In Hesses Worten: »Für die Angelsachsen
war es völlig gleichgültig, wer Deutschland regierte. Die einfache Tatsache,
daß Deutschland wieder zur größten Kontinentalmacht geworden
war, reichte den Angelsachsen und den Franzosen, um in den Krieg zu ziehen.«
(Fritz Hesse, Das Spiel um Deutschland, 1953, S. S. 240).Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 143 |
Die
Studien der Wirtschafts- und Finanzgruppe des CFR hatten ergeben, wie gefährlich
ein vereintes Europa - mit oder ohne Nazi-Herrschaft - für die Vereinigten
Staaten sein würde. Hamilton Fish Arrmstrong vom CFR erklärte bereits
Mitte Juni 1941, man könne die Entwicklung eines vereinten Europas nicht
zulassen, weil dies so stark wäre, daß es eine ernsthafte Bedrohung
für die us-amerikanische »Grand Area« darstellte. Ein Europa,
das sich als politische Einheit organisierte, galt als »grundsätzlich
unvereinbar mit dem us-amerikanischen Wirtschaftssystem«. Die CFR-Gruppe,
die während des Krieges direkt im US-Außenministerium arbeitete, war
davon überzeugt, daß man zumindest den größten Teil der
nicht-deutschen Welt als us-amerikanische »Grand Area« benötigte,
um genügend »Ellbogenfreiheit« zu haben.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 169 |
Die
us-amerikanischen Bank- und Industriegiganten mußten neue Märkte, mehr
Raum erobern oder das, was die War & Peace Study Group als »Grand Area«
bezeichnete - ein Konzept, das in bemerkenswerter Weise Haushofers Begriff »Lebensraum«
ähnelte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 171 |
Isaiah
Bowman, Gründungsmitglied des CFR und Leiter der War & Peace Study Group
beim CFR, der während des Zweiten Weltkriegs auch als »Amerikas Geopolitiker«
bekannt war, benutzte noch einen anderen Begriff für die anvisierte »Grand
Area«. In Anlehnung an Hitlers geografischen Begriff, mit dem die deutsche
Expansion wirtschaftlich gerechtfertigt wurde, sprach Bowman vom »amerikanischen
wirtschaftlichen Lebensraum«. Aus offensichtlichen Gründen ließ
man diesen Begriff später fallen, und der neutralere Ausdruck »Amerikanisches
Jahrhundert« wurde statt dessen benutzt, um die Vision der Rockefeller-Gruppe
über einen US-Imperialismus in der Nachkriegszeit zu beschreiben.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 171-172 |
US-Amerikas
Beherrschung der Welt nach 1945 sollte nach Ansicht Bowmans und der War &
Peace Study Group durch eine neue, von ihnen entworfene Organisation durchgesetzt
werden, dem »Kronjuwel des us-amerikanischen Lebensraums« - den Vereinten
Nationen (UNO), denen die neuen, in Bretton Woods geplanten Institutionen angehören
sollten: der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank sowie später
das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GeneralAgreement on Tariffs and Trade),
GATT.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 172 |
Bowmans
Team verfaßte damals mehr als 600 politische Dokumente für das US-Außenministerium
und Präsident Roosevelt. Die Dokumente befaßten sich praktisch mit
allen Winkeln der Welt, von großen Kontinenten bis hin zu winzigen Inseln.
Alles beruhte auf der Annahme, daß die USA als Sieger aus einem Krieg hervorgingen,
den Washington bis dahin noch gar nicht offiziell führte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 172 |
Als
Präsident Roosevelt 1940 zum dritten Mal zum Präsidenten gewählt
wurde, war er insgeheim schon seit Monaten damit beschäftigt, in den Krieg
gegen Deutschland einzugreifen. Roosevelt war Churchill nicht nur - unter Verstoß
gegen die offiziell behauptete Neutralität der USA - durch den Leih- und
Pachtvertrag zu Hilfe gekommen, sondern Franklin D. Roosevelt spielte auch eine
aktive Rolle bei der Vorbereitung der Ereignisse, die Japan schließlich
zu der Entscheidung bewogen, im Dezember 1941 den Versuch zu unternehmen, in Pearl
Harbor die US-Pazifikflotte zu zerstören.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 174 |
Die
abgefangene Nachricht enthielt ein Kommunique zwischen Tokio und dem japanischen
Botschafter in Washington. Es deutete darauf hin, daß es am 7. Dezember
um 13.00 Uhr Washingtoner Zeit, oder im Morgengrauen nach der Zeitrechnung in
Pearl Harbor, zu einem dramatischen Ereignis kommen würde. Dieses Ereignis
war die Bombardierung der US-Flotte in Pearl Harbor durch die Japaner - ein Ereignis,
das es Roosevelt ermöglichte, vom Kongreß die Zustimmung zu einer Kriegserklärung
gegen die Mächte der Tripelallianz - Deutschland, Japan und Italien - zu
erwirken.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 180 |
Churchills
Nachricht vom 26. November 1941 an Roosevelt ist das einzige Dokument in der gesamten
Korrespondenz dieser beiden Staatschefs, das bis zum heutigen Tage aus Gründen
der »nationalen Sicherheit« nicht veröffentlicht worden ist.
Angeblich hatte Churchill darin Roosevelt vor einem kurz bevorstehenden Angriff
auf Pearl Harbor gewarnt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 180 |
Der
vernichtende Angriff auf Pearl Rarbor lieferte Roosevelt den Grund, den Krieg
zu führen, den er sich so sehr wünschte (so wie
Wilson den 1. Weltkrieg [HB]). Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 180 |
Es
gab aber auch einen geopolitischen Aspekt bei ihrer Sympathie für die Faschisten
vor dem Krieg. Wie ihre Vettern in den Kreisen des Round Tables in England wünschten
sie sich einen größeren Krieg; einen Krieg zwischen ihren wichtigsten
Rivalen im Kampf um die potenzielle Vorherrschaft in Eurasien: Deutschland und
Rußland (Sowjetunion). Einen Krieg also, in
dem die beiden Großmächte, Hitlers Drittes Reich und Stalins Sowjetunion,
»einander zu Tode bluten würden«, wie es ein britischer Insider,
Sir David Sterling, Gründer der britischen Eliteeinheit SAS, formulierte.
Mit ideologischen oder romantischen Illusionen über die Überlegenheit
der »arischen Rasse« hatte dies wenig zu tun, wenngleich die Rockefeller-Stiftung
bis 1939 die Eugenik-Forschung und Experimente an Menschen in Hitlers Drittem
Reich großzügig finanziell unterstützte. Es ging allein um den
Aufbau ihres US-Amerikanischen Jahrhunderts auf den Trümmern Europas.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 181 |
Bush,
Rockefeller, Harriman, DuPont und Dillon waren maßgeblich daran beteiligt,
dem Dritten Reich in seiner Frühphase wichtige Unterstützung zukommen
zu lassen, denn das gehörte zu ihrem großen geopolitischen Plan, die
europäischen Großmächte, besonders Deutschland und Rußland
(Sowjetunion), dazu zu bringen, sich gegenseitig
zu zerstören. Wie erwähnt sprach ein britischer Stratege davon, diese
beiden Mächte »sollten einander zu Tode bluten«, und das sollte
den Weg für die Hegemonie des US-Amerikanischen Jahrhunderts ebnen.
Das war die eigentliche Absicht der von Rockefeller finanzierten War & Peace
Studies.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 192 |
Zusätzlich
zu den Geschäften der Rockefellers in Deutschland und Rest-Europa während
des Zweiten Weltkriegs sollte Nelson Rockefeller in Lateinamerika eine strategisch
wichtige Rolle dabei spielen, die unenneßlichen Rohstoffe zu sichern und
die nötigen politischen Bündnisse zu schmieden, die man nach dem Krieg
für den Aufbau des us-amerikanischen Empires nutzen wollte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 192 |
Wenn
die Führung des einflußreichen britischen Round Tables die grundlegenden
geopolitischen Anforderungen Deutschlands nicht verstand, so herrschte auch bei
den Deutschen - und bei Hitler ganz besonders - ein verhängnisvolles Mißverständnis
über die Grundzüge der britischen Geopolitik, aus welchen Gründen
auch immer.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 200 |
Von
Washington aus unterhielt Franklin Delano Roosevelt eine geheime Korrespondenz
mit Churchill, und zwar schon lange bevor die USA im Dezember 1941 in den Krieg
eintraten. Churchill, der gerissene und absolut prinzipienlose Verfechter der
Interessen des Britischen Empires, versuchte, seine Verbindungen zum us-amerikanischen
Präsidenten dahingehend auszunutzen, daß er so viel wie möglich
für England dabei herausschlagen konnte. Zu den größten Rätseln
der Anfangsjahre des Zweiten Weltkriegs in Europa gehört die Frage, warum
Hitler nicht zuerst England in die Knie zwang - was in Dünkirchen leicht
möglich gewesen wäre -, bevor er sich definitiv nach Osten wandte und
gegen die Sowjetunion losschlug.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 200 |
Die
Vereinigten Staaten und insbesondere die Internationalisten im Umkreis von Präsident
Roosevelt wie Rockefeller, DuPont, Prescott Bush und der Council on Foreign Relations
verfolgten einen ganz eigenen geopolitischen Plan. Sie wollten Hitler und Deutschland
unterstützen und ausnutzen, um damit ein für alle Mal die Möglichkeit
auszuschalten, daß Deutschland erneut zum Herausforderer eines us-amerikanischen
Lebensraums werden könnte. Sie wollten die us-amerikanische Überlegenheit
über die vom Krieg verwüsteten Länder Deutschland, England und
Stalins Sowjetunion durchsetzen. Die Rockefellers und ihre Freunde waren genauso
wenig »deutschfreundlich«, wie sie »englandfreundlich«
waren. Sie wollten ein US-Amerikanisches Jahrhundert, und vor allem eines
für Rockefeller, und zwar in einem fast monarchistischen Sinne. Ihre Ailianzen,
mal mit Deutschland, mal mit der Sowjetunion oder England, waren für sie
lediglich taktische Manöver auf dem Weg zur Erfüllung ihres strategischen
Endziels: die weltweite Hegemonie US-Amerikas, ihr us-amerikanisches »Manifest
Destiny«, ihr »Lebensraum« bzw. »Grand Area«.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 201 |
Fritz
Hesse, Ribbentrops England-Berater im deutschen Außenministerium, glaubte,
Hitlers entscheidender Fehler habe in seiner fatalen Unverständnis der Axiome
der britischen Geopolitik bestanden. Der »Führer« habe nicht
verstanden, warum Churchiil eine Einigung mit Hitler über die Aufteilung
der Welt noch nicht einmal in Erwägung ziehen wollte. Und das zu einer Zeit,
als das Überleben Englands selbst alles andere als gesichert zu sein schien.
Ebenso wurde Hesse klar, daß auch die Spitzen der deutschen Opposition gegen
Hitler dies nicht verstanden, sei es aus schwer verständlicher Naivität
oder aufgrund einer verdrehten Arroganz. Diese Männer im deutschen Außenministerium,
im Generalstab der Wehrmacht oder in den Führungsetagen des deutschen Bankwesens
oder der Industrie - also Hitlers interne Opposition im deutschen Establishment
- verstanden einfach nicht die Bedeutung der geopolitischen Axiome. Aufgrund dieses
Denkfehlers war ihr Bestreben, die Politik des Dritten Reiches zu bestimmen und
1940 zu einem Modus Vivendi mit England zu kommen, zum Scheitern verurteilt.
Selbst wenn Chamberlain damals den politischen Kurs hätte ändern wollen
- er hatte sich bereits zu sehr auf eine Beschwichtigungspolitik gegenüber
Hitler festgelegt. Deshalb konnte er sich den starken Widerstand von hochrangigen
Oppositionellen im deutschen Generalstab und in dessen Umkreis, die Hitlers Politik
klar ablehnten, den Streit über den Danziger Korridor mit militärischen
Mitteln zu lösen, nicht zunutze machen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 201-202 |
Churchill
wußte über die Bedeutung des Widerstands in Deutschland. Schon bevor
er in die Regierung Chamberlain eingetreten war, war Churchill die Ernsthaftigkeit
und Entschlossenheit der hochrangigen Kräfte in Deutschland bewußt,
die versuchten, einen neuen Krieg zu verhindern. Er hatte einige der wichtigsten
Männer des Widerstands gegen Hitler aus der deutschen Elite getroffen, darunter
Ewald von Kleist-Schmenzin, ein Aristokrat und pommerscher Junker, der Cousin
und Mitstreiter des Generals Erwin von Kleist war. Churchill hatte Ewald von Kleist
im Sommer 1938 auf sein Landgut in Chartwell eingeladen, um mit ihm über
die Lage in Deutschland zu sprechen. Ein Jahr später, im August 1939, also
unmittelbar vor Hitlers Einmarsch in Polen, hatte sich Churchill auf Veranlassung
von Admiral Canaris, dem Chef der deutschen Spionageabwehr, mit Kleists engem
Freund aus dem deutschen Widerstand, Fabian von Schlabrendorff, getroffen. Churchill
wußte genau, wie ernsthatt und einflußreich der institutionelle Widerstand
gegen Hitler war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 203-204 |
Warum
es der britische Premierminister ablehnte, den Widerstand gegen Hitler zu unterstützen
oder auch nur zu ermutigen, gehört zu den größten Paradoxa des
Zweiten Weltkriegs. Aber ein Paradox war es nur für jemanden, der die Axiome
der britischen Geopolitik nicht verstand. Chamberlain und Churchill waren sich
in einem grundlegenden, strategischen Punkt einig. Die geopolitischen Ziele Englands,
wie sie diese verstanden, waren von dem Widerstand im deutschen Militär,
in der Zivilverwaltung und in der Industrie mindestens genauso, wenn nicht sogar
noch stärker, bedroht wie von Hitler selbst. (Das war
auch der Grund z.B. dafür, daß nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland
nicht der Nationalsozialismus, sondern dessen Widerstand - der Konservat[iv]ismus
und insbesondere das nicht zufällig fälschlicherweise als »Militarismus«
bezeichnete Preußentum innerhalb Deutschlands - zerstört wurde!
[HB]).Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 204 |
Wie
Hesse richtigerweise behauptet hatte, war es für England gleichgültig,
welche der beiden Gruppen in Deutschland an der Macht war. Solange Deutschland
die eurasische Landmasse zu beherrschen drohte, war es für die britische
Geopolitik der wichtigste strategische Rivale. Schon lange bevor Sir Halford Mackinder
1904 seine These vom Kampf »Herzland gegen Weltinsel« aufgestellt
hatte, versuchte Großbritannien gemäß seiner geopolitischen Doktrin
des Machtgleichgewichts (»balance of power«) zu verhindern, daß
eine kontinentaleuropäische Macht die Herrschaft über Eurasien gewann.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 204 |
Hesse
war mit Mackinders geopolitischen Vorstellungen vertraut und zitierte ihn sogar,
um seine Argumentation zu untermauern. Er hatte verstanden, welche Motive die
von Mackinder formulierte angelsächsische - und us-amerikanische - Geopolitik
antrieben. Hesse unterstrich, daß das völlige Unverständnis der
kontinentaleuropäischen Mächte, insbesondere Deutschlands, dieser Motive
schon im vorangegangenen Jahrhundert der eigentliche Grund für die wiederholten
Kriege gewesen war. Denn weder Großbritannien noch später auch die
USA hätten zulassen können, daß eine kontinentaleuropäische
Macht unangefochten den eurasischen Kontinent beherrschte. Mackinder hatte 1919
in seinem Aufsatz ausdrücklich geschrieben: »Wer Osteuropa regiert,
beherrscht das Herzland; wer das Herzland regiert, beherrscht die Weltinsel; wer
die Weltinsel regiert, beherrscht die ganze Welt. (Vgl.
Fritz Hesse, Das Spiel um Deutschland, 1953, S. 240. In einer Fußnote
über Mackinders 1919 verfaßten Aufsatz »Democratic Ideals and
Reality« schreibt Hesse: »Die vorgefaßte Konzeption der Engländer
und US-Amerikaner finde ich insbesondere in dem Buch von Sir Halford Mackinder,
Democratic Ideals and Reality, London 1919, vertreten. Seine Lehre vom
herzland sowie die des Admirals Mahan haben zu dem völligen Mißverständnis
der Politik der Kontinentalmächte geführt, ohne die man die englische
und die us-amerikanische Politik in diesem Jahrhundert nicht verstehen kann. Es
sind insbesondere diese Gedanken gewesen, aufgrund derer Angelsachsen im Interesse
ihrer Sicherheit Deutschland zerschlagen zu müsen glaubten.« [Fußnote
S. 240]).Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 204 |
Hesse
war für die Vertreter des deutschen Widerstands kein Unbekannter. Er verkehrte
seit Mitte der 1920er-Jahre mit vielen von ihnen per Du, da sie zusammen dem reaktionär-elitären
Deutschen Herrenklub des Barons Heinrich von Gleichen-Rußwurm in Berlin
angehört hatten. Mitglieder dieses Klubs waren unter anderem auch die Herren,
die später zu einflußreichen Männern des Widerstands gegen Hitler
werden sollten, wie etwa Ulrich von Hassel, Hjalmar Schacht, Friedrich Werner
Graf von der Schulenburg, General Kurt von Hammerstein. Wolf Graf von Baudissin
und Baron Thilo von Wilmowsky, von 1911 bis 1943 Mitglied im Aufsichtsrat der
Krupp AG. Anfang der 1930er Jahre wurde Hesse auch zum Vorsitzenden des Deutschen
Orient-Vereins berufen. einer wichtigen Abteilung innerhalb des deutschen Verbands
für Geopolitik und Industrie, dem Mitteleuropäischen Wirtschaftstag
oder MWT. Dieser Verband war seit 1934 an den strategisch-geopolitischen
Vorstößen der deutschen Großindustrie zur Schaffung eines deutschen
Großraums, des »Lebensraums«, beteiligt! Deutschlands Großindustrie
hatte den MWT bereits 1931 so umgestaltet, daß er ihren Zwecken diente,
also bereits zwei Jahre bevor sie die schicksalsträchtige Entscheidung fällten,
Hitler den Weg zur Kanzlerschaft zu ebnen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 204-205 |
Carl
Duisberg von der IG Farben, dem Chemiekartell, das enge Verbindungen zu Rockefellers
Standard Oil sowie zu DuPont und anderen führenden US-Unternehmen unterhielt,
erläuterte 1931, also zwei Jahre vor Hitlers Machtübernahme, die strategischen
wirtschaftlichen Ziele der deutschen Industrie-Elite. Er erklärte, Deutschland
müsse »einen geschlossenen, unabhängigen Wirtschaftsblock von
Bordeaux bis Odessa als Rückgrat Europas« schaffen. Duisberg sprach
dabei nicht nur als Chef des Chemiekonzerns IG Farben, der seit den 1920er Jahren
geheime Abkommen mit Rockefellers Standard Oil getroffen hatte. Duisberg sprach
auch als Vorsitzender des mächtigen Reichsverbands der Deutschen Industrie.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 206 |
Nach
Duisbergs Vorstellungen sollte der Wirtschaftsblock von Bordeaux bis Odessa ein
von Deutschland dominiertes Gebiet sein, das sich über das europäische
Herzland erstreckte bzw. über das Gebiet, das die NSDAP-Propaganda als »Lebensraum«
bezeichnete. Um diesen Wirtschaftsraum Mitteleuropa ... zu errichten, setzten
die Wirtschaftskapitäne eine private Interessenvertretung ein, die als MWT
- Mitteleuropäischer Wirtschaftstag - bekannt war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 206 |
Deutschlands
institutionelles Ziel - das der wirtschaftlichen Beherrschung der riesigen eurasischen
Landmasse - schien im Sommer 1940 zum Greifen nahe zu sein.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 218 |
Walter
Funks Neue Ordnung sollte aus einem einzigen europäischen Wirtschaftsraum
bestehen, aus einem einheitlichen europäischen Markt von »Bordeaux
bis Odessa« und darüber hinaus. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen
Deutschland und den osteuropäischen sowie einigen westeuropäischen Ländern
unter der Vorherrschaft von Hitlers Drittem Reich sollten in nationalen Währungen
abgewickelt werden, deren Wert an den der Reichsmark gekoppelt war.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 219 |
Berlin
sollte Finanzzentrum dieser Neuen Ordnung in Europa werden. Schlußendlich
sollten alle Landeswährungen dieses »Neuen Europas« an die Reichsmark
gebunden und durch rigide Preiskontrollen der einzelnen Länder aufrechterhalten
werden. Gold sollte zugunsten der Bindung an die Reichsmark abgelehnt werden -
diese Währungsstruktur war also in etwa vergleichbar mit der Rolle, die der
US-Dollar nach dem Verlassen des Goldstandards im August 1971 spielte. Mit einer
gewissen - zumindest für Deutschland, wenn auch nicht für die besetzten
Nachbarn - zwingenden Logik erklärte Funk: »Wir werden niemals eine
Währungspolitik verfolgen, die uns in irgendeiner Weise vom Gold abhängig
macht, denn wir können uns nicht an ein Zahlungsmittel binden, dessen Wert
wir nicht selbst festlegen können.«Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 219 |
Schließlich
liefen die Überlegungen darauf hinaus, ein Vier-MächteAbkommen zwischen
Hitlers Deutschland, Mussolinis Italien, Japan undder Sowjetunion zu bilden, das
die gemeinsame wirtschaftliche Kontrolle über die gesamte eurasische Landmasse
zwischen dem Atlantik und dem Pazifik ausüben sollte. Genau so eine geballte
Machtkonzentration gelte es, so hatte Mackinder seinerzeit die britische Elite
gewarnt, um jeden Preis zu verhindern; und genau so etwas würden ihre us-amerikanischen
Vettern in Rockefellers Council on Foreign Relations und dessen Umkreis
nicht tolerieren - das war zumindest Fritz Hesse nur allzu bewußt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 219-220 |
Von
zentraler Bedeutung für den Aufbau der Neuen Ordnung in Europa war
die Rolle der großen Banken in der Reichshauptstadt Berlin, vor allem der
Deutschen Bank und der Dresdner Bank. Im Direktorium der mächtigsten Bank
in Deutschland, der Deutschen Bank, war Hermann Abs für das gesamte Auslandsgeschäft
verantwortlich. Abs trat 1937 auf Empfehlung des damaligen Reichswirtschaftsministers
Schacht in den Vorstand der Deutschen Bank ein; er nahm den Posten eines verstorbenen
Direktors ein.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 220 |
An
diesem Scheidepunkt im Juni 1941 brach die gesamte Strategie von Wilmowskys MWT
zusammen; der MWT verlor jeglichen Einfluß auf die deutsche Politik. Die
MWT -Mitglieder in der deutschen Industrie und den Institutionen des Dritten Reiches
definierten ihre Aktivitäten neu und wurden zu dem, war man nach dem Krieg
als »Der Widerstand« bezeichnete.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 220 |
Die
dramatischste Veränderung, zu der es 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
kam, war der relative Absturz der politischen Macht, die 150 Jahre lang die Welt
beherrscht hatte - Großbritannien.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 227 |
Im
größeren geopolitischen Zusammenhang betrachtet, läßt sich
die Zeit vom Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
1945 vielleicht am besten als »Wettstreit zwischen Deutschland und den USA
um die Nachfolge Großbritanniens« verstehen, und genau so hat es ein
Student von Mackinders britischer Geopolitik auch formuliert. »Dieser Wettstreit
war erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der bedingungslosen Kapitulation
Deutschlands entschieden.«.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 227 |
Die
treibende Kraft hinter dem gesamten Projekt War & Peace Studies von
Rockefellers Council on Foreign Relations, das Motiv für Roosevelt,
die Vereinigten Staaten in den Krieg zu führen, die gesamte Kriegsmobilisierung
und die durch den Krieg verursachte öffentliche Verschuldung der Vereinigten
Staaten, all dies richtete sich auf ein Ziel in der Nachkriegszeit: die Schaffung
eines weitgehenden Monopol-Absatzmarktes oder Wirtschaftsraumes für die Vereinigten
Staaten, eines »us-amerikanischen Lebensraums«, wie Isaiah Bowman
vom CFR es nannte ein wahrhaft US-Amerikanisches Jahrhundert.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 240 |
Das
Ganze war ein Empire genau wie das Britische Empire nach 1815, allerdings mit
dem bedeutsamen Unterschied, daß sich sein wirtschaftlicher Imperialismus
dieses Mal hinter der rhetorischen Fassade der »Verbreitung des freien Unternehmertums,
der nationalen Selbstbestimmung und der Demokratie« verbarg. Den Architekten
dieser Politik im US-Außenministerium, dem Weißen Haus und dem außenpolitischen
Establishment gelang die clevere Täuschung, ihr Empire strebe nicht nach
militärischer Besetzung anderer Länder; zumindest behaupteten sie dies.
Aber bis ins letzte Detail handelte es sich hier um ein (informelles) Empire,
das auf der dominierenden Rolle der USA im internationalen Finanzsystem - mit
dem Dollar als Stützpfeiler des Nachkriegssystems - und der militärischen
Überlegenheit beruhte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 240-241 |
Diese
Täuschung war zum Teil deshalb so verblüffend erfolgreich, weil die
führenden Kreise im US-Establishment begriffen, wie wichtig es war, den reichen
und oft korrupten Eliten in den Ländern, deren Märkte sie erobern wollten,
einen Teil des Kuchens vor Ort abzugeben. Außerdem hatten die engen Beziehungen
zwischen Washington und Hollywood dazu geführt, daß innerhalb der US-Regierung
ein sehr effektiver Propagandaapparat entstanden war, der in den meisten Ländem
die Hoffnung der Menschen auf eine bessere Zukunft genährt hatte. Wie dem
auch sei, das sich nach 1945 herausbildende System wurde von einer überwältigenden
Macht, den Vereinigten Staaten von Amerika, und einer wachsenden Anzahl von Vasallenstaaten
gebildet, deren reiche Führungseliten ihre Existenz auf die eine oder andere
Weise dem guten Willen der Vereinigten Staaten verdankten.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 241 |
Wie
in den vorherigen Kapiteln beschrieben, war die us-amerikanische Geschichte des
letzten Jahrhunderts von einem zunehmend mächtigen Kartell der Finanzeliten
und der von diesen kontrollierten Industriekonzerne geprägt. Allein deren
Interessen, und nicht etwa die Interessen der Nation oder ihrer Bürger (und
also auch nicht der Demokratie! [HB]), definierten die Prioritäten
dieses mächtigen Kartells. Die allgegenwärtige Kontrolle über die
Medien des Landes ernöglichte es den Propagandaexperten des Kartells, dessen
eigene Interessen als »US-Amerikas Interessen« darzustellen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 241 |
Mitten
in der Öl- und Nahrungsmittelkrise der 1970er Jahre hat Henry Kissinger,
damals sowohl Außenminister als auch Präsident Nixons Nationaler Sicherheitsberater,
angeblich erklärt: »Herrsche über das Öl, und du herrschst
über ganze Länder oder gar Kontinente; herrsche über die Nahrungsmittel,
und du herrscht über die Menschen; herrsche über das Geld, und du herrschst
über die ganze Welt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 244 |
1948
verfaßte George F. Kennan, der einflußreiche us-amerikanische Diplomat,
der die Strategie des Kalten Krieges im US-Außenministerium maßgeblich
mit formuliert hatte, für sein Ministerium ein vertrauliches internes Memorandum.
In diesem Papier legte er in knappen Worten dar, was das US-Macht-Establishment
im Umfeld der Rockefeller-Familie für die Nachkriegszeit plante: »Wir
besitzen etwa 50 Prozent des Reichtums dieser Welt, stellen aber 6,3 Prozent ihrer
Bevölkerung. .... In einer solchen Situation werden wir unweigerlich zur
Zielscheibe von Neid und Mißgunst. Unsere wirkliche Aufgabe besteht deshalb
in der nächsten Zeit darin, eine Form von Beziehungen zu entwickeln, die
es uns erlaubt, diese Wohlstandsunterschiede ohne ernsthafte Abstriche an unserer
nationalen Sicherheit beizubehalten. Dabei können wir uns keine Sentimentalitäten
oder Tagträumereien leisten; unsere Aufmerksamkeit muß sich überall
auf unsere unmittelbaren nationalen Ziele richten. Wir sollten uns nicht der Täuschung
hingeben, daß wir uns heute den Luxus von Altruismus und Weltbeglückung
leisten könnten.«Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 252-253 |
Als
Nixon erklärte, daß die USA ihren Währungsverpflichtungen gegenüber
dem Gold nicht mehr nachkommen würden, öffnete er die Schleusen für
eine weltweite Spekulation im Stil eines Casinogelages in Las Vegas und zwar in
einer historisch nie da gewesenen Dimension. Ab dem 15. August 1971 wurde die
langfristige wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr an einen festen Wechselkurs
gebunden, sondern der Welthandel wurde selbst zum Schauplatz von wilden Spekulationen
in bezug darauf, in welche Richtung bestimmte Währungen schwanken würden.
Infolgedessen stieg das Gesamtvolumen der weltweit zirkulierenden Dollars, das
sich bis Ende der 1960er Jahre auf einem relativ gleichmäßigen Niveau
befunden hatte, bis Ende der 1990er Jahre exponentiell um etwa 2500 Prozent an.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 297 |
Am
6. Oktober 1973 - auf diesen Tag fiel in diesem Jahr der jüdische Versöhnungstag
(»Jom Kippur«), der höchste israelische Feiertag - marschierten
ägyptische und syrische Truppen in Israel ein und lösten damit den »Jom-Kippur-Krieg«
aus. Dieser Krieg war nicht das simple Ergebnis von Fehleinschätzungen und
Fehlern oder der Entscheidung der arabischen Staaten, einen Militärschlag
gegen Israel zu führen. Die Umstände im Vorfeld des Ausbruchs dieses
Krieges im Oktober 1973 wurden insgeheim in Washington und London inszeniert,
die sich dabei der einflußreichen diplomatischen Geheimkanäle bedienten,
die das Weiße Haus unter Nixons Nationalem Sicherheitsberater Henry Kissinger
entwickelt hatte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 300-301 |
Durch
seine engen Verbindungen zu Simcha Dinitz, dem damaligen Botschafter Israels in
Washington, konnte Kissinger praktisch die politische Reaktion Israels bestimmen.
Darüber hinaus pflegte Kissinger auch seine Verbindungen zur ägyptischen
und syrischen Seite. Seine Methode war einfach: Er präsentierte der einen
Seite die kritischen Elemente der anderen Seite falsch und stellte damit sicher,
daß es zum Krieg und zu dem nachfolgenden Ölembargo der Araber kommen
würde. Vorher hatte Saudi-Arabiens König Faisal wiederholt Kissinger
und Washington gegenüber klargestellt, daß die OPEC-Länder mit
einem Ölembargo antworten würden, wenn die USA weiterhin einseitig Israel
mit Militärgütern belieferten.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 301 |
Kissinger,
damals Nixons Geheimdienst-»Zar«, unterdrückte gezielt us-amerikanische
Geheimdienstberichte, darunter auch abgefangene Kommunikationen zwischen arabischen
Vertretern, die die Kriegsvorbereitungen bestätigten. Der Krieg und die Zeit
danach - Kissingers berüchtigte »Pendeldiplomatie« - wurden in
Washington entworfen, und zwar genau entsprechend der Entschlüsse der Bilderberger
vom vergangenen Mai auf Saltsjöbaden, knapp sechs Monate vor Ausbruch des
Krieges. Die arabischen ölproduzierenden Länder sollten zum Sündenbock
für die kommende weltweite Empörung gemacht werden, während sich
die wirklich verantwortlichen anglo-us-amerikanischen Interessen still im Hintergrund
hielten!Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 301 |
Eine
außerordentlich wichtige Konsequenz des anschließenden Anstiegs der
OPEC-Ölpreise um rund 400 Prozent war unter anderem die, daß sich jetzt
die vielen hundert Millionen Dollar, die British Petroleum, Royal Dutch Shell
und andere anglo-us-amerikanische Ölkonzerne in die riskante Förderung
des Nordseeöls investiert hatten, jetzt auszahlten. Es war schon ein sehr
merkwürdiges zeitliches Zusammentreffen, daß die Nordsee-Ölfelder
erst nach Kissingers Ölschock profitabel wurden. Aber natürlich könnte
das auch nur ein glücklicher Zufall gewesen sein.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 302-303 |
Alles
verlief wie von den Bilderbergern gepant.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 304 |
Eine
Ursache für die Ehrfurcht gegenüber dem LTCM (Long Term Capital Management)
war das »Dreamteam«, das diesen Fonds leitete. .... Zu den wichtigsten
Aktionären des Fonds gehörten die beiden herausragendena »Experten«
(Anführungsstriche von mir [HB]) der »
Wissenschaft vom Risiko«, Myron Scholes und Robert Merton, die 1997 von
der Schwedischen Akademie der Wissenschaften den »Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften«
(Anführungsstriche von mir [HB]) erhalten hatten,
und zwar für ihre Arbeit über Derivate. Außerdem verfügte
der LTCM über eine beeindruckende Zahl von Finanzprofessoren, Doktoren der
Mathematik und Physik sowie anderen »Raketenwissenschaftlern«, die
in der Lage waren, extrem komplexe, kühne und profitable Finanzszenarien
zu erstellen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 399-400 |
Die
Sache hatte nur einen Schönheitsfehler. Scholes' und Mertons grundlegende
Axiome des Risikos, also die Theorien, auf denen ihre Modelle aufgebaut waren,
waren falsch (!!! [HB]). Sie waren auf Sand gebaut
(!!! [HB]). Sie waren grundsätzlich und katastrophal
falsch (!!! [HB]). In ihrem mathematischen Optionspreismodell
gingen sie davon aus, daß es »perfekte Märkte« gebe, Märkte,
die so extrem tief gestaffelt seien, daß die Aktionen der Händler die
Preise nicht beeinträchtigen könnten. Scholes und Merton gingen davon
aus, die Märkte und ihre Teilnehmer verhielten sich rational. Doch die Realität
sieht ganz anders aus - Märkte sind langfristi rundsätzlich irrational
(!!! [HB]). Aber aufgrund der Risikopreismodelle,
die Fischer Black, Myron Scholes und andere Wirtschaftswissenschaftler in den
vergangenen zwei oder mehr Jahrzehnten entwickelt haben, konnten die Banken und
Kreditinstitute behaupten, die traditionelle Vorsicht bei der Vergabe von Krediten
se »altmodisch« (Anführungsstriche von
mir [HB]). Mit der entsprechenden Optionsversicherung sei das Risiko kein
Problem mehr. Man konnte die Feste also feiern, wie sie fielen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 400 |
Damit
ignorierte man natürlich die tatsächlichen Marktbedingungen bei jeder
größeren Marktpanik seit 1975, als das »Black-Scholes-Modell«
bei der Chicago Board Options Exchange - einer der weltgrößten Optionsbörsen
der Welt - eingeführt wurde: Man ignorierte die fundamentale Rolle der Optionen
und der »Portfolio-Versicherung« beim Börsenkrach von 1987; man
ignorierte die Panik, die 1998 LTCM zu Fall brachte - an dem sowohl Scholes als
auch Merton beteiligt waren. Eine auf Wolke sieben schwebende Wall Street
ignorierte zusammen mit den Ökonomen und Direktoren von Greenspans Federal
Reserve das offensichtliche.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 400-401 |
Im
Gegensatz zu dem fast schon religiösen Dogma, das seit Jahrzehnten an allen
Wirtschaftsfakultäten gelehrt wird, handelt es sich bei Finanzmärkten
nicht um einfache und problemlose Modelle, die sich nach der Gaußschen Normalverteilungskurve
richten, so, als ob diese ein Naturgesetz wären. Die Tatsache, daß
die Hauptarchitekten der modernen Theorien der Finanzierungstechnik - die inzwischen
den seriös klingenden Namen »Finanzwirtschaftswissenschaft« erhielt
- allesamt mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden, verlieh diesen fehlerhaften
Modellen die Aura päpstlicher Unfehlbarkeit. Nur drei Jahre nach dem Crash
von 1987 verlieh das Nobel-Komitee in Schweden Harry Markowitz und Merton Miller
den Preis für Wirtschaftswissenschaften. Ende 1997, und zwar mitten in der
Asienkrise, erhielten auch Robert Merton und Myron Scholes den Nobelpreis.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 401 |
Das
Seltsame an den fehlerhaften Risikomodellen, die seit den Ursprüngen der
Finanzderivate in den 1980er Jahren bis zum explosiven Wachstum der Verbriefung
(**)
von Kreditforderungen im vorigen Jahrzehnt verwendet wurden, war, daß sie
kaum in Frage gestellt wurden.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 401 |
Der
Hedgefonds LTCM verfügte über hochbezahlte Wall-Street-Investmentbanker
sowie zwei Ökonomen, die nicht nur den Nobelpreis gewonnen, sondern auch
die Theorie zur Preisbildung von Finanzderivaten vorgegeben hatten, und zwar für
all deren Produkte, von Aktien bis zu Währungen. Um die Liste der LTCM-Prominenten
zu vervollständigen, gab David Mullins 1994 seinen Job als stellvertretender
Fed-Chef unter Alan Greenspan auf und wurde Partner bei LTCM.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 401 |
Trotz
alledem konnten sich die Händler bei LTCM sowie alle diejenigen, die ihnen
im August 1998 bis an den Rand des finanziellen Abgrunds folgten, nicht davor
schützen, was ihnen jetzt drohte - das systemische Risiko. Und dieses Systemrisiko
trat ein, als sich das theoretisch »unmögliche Ereignis«, der
russische Staatsbankrott, in der Realität als möglich herausstellte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 401 |
Trotz
der eindeutigen Lektion aus dem katastrophalen LTCM-Debakel - daß es nämlich
kein Derivat gab oder gibt, das gegen das systemische Risiko absichert - machten
Greenspan, Rubin und die New Yorker Banken weiter wie bisher. Sie bastelten an
ihren Risikomodellen, als ob absolut nichts geschehen wäre. Der russische
Staatsbankrott wurde als ein Ereignis abgetan, »das sich höchstens
einmal in 100 Jahren ereignet«. Die Banker der Wall Street blähten
weiter ihre Dot.com-Blase auf und anschließend sogar die größte
Finanzblase in der Geschichte der Menschheit - die Verbriefungs-Blase von 2002
bis 2007.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 401-402 |
Risiko
und Preisbildung verhalten sich nicht gemäß einer Normalverteilungskurve,
weder auf den Finanzmärkten noch bei der Erschließung von Ölfeldern.
Im Jahre 1900 behauptete ein obskurer französischer Mathematiker und Finanzspekulant
namens Louis Bachelier, Preisänderungen von Anleihen oder Aktien folgten
der glockenförmigen Kurve, die der deutsche Mathematiker Carl Friedrich Gauß
als Arbeitsmodell konzipiert hatte (Gaußsche Normalverteilungskurve bzw.
Glockenkurve«), um statistische Wahrscheinlichkeiten für verschiedene
Ereignisse darzustellen. Zur Darstellung von Preisschwankungen anhand dieser Normalverteilungskurve
gehörte eine milde Form der Willkür; ähnlich wie bei dem üblichen
Intelligenztest, bei dem der Wert 100 als »Durchschnitt« angenommen
wird, weil er sich im Zentrum einer Normalverteilungskurve befindet. Das Ganze
war eine Art »nützlicher Alchemie«, aber eben nur Alchemie.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 402 |
Unter
der Annahme, daß sich Schwankungen bei Finanzpreisen grundsätzlich
wie diese Gaußsche Normalverteilungskurve verhalten, konnten die »Raketenspezialisten«
der Wall Street einen unendlichen Strom neuer Finanzprodukte herausbringen, von
dem eines obskurer und komplexer war als das vorherige. Die Theorien wurden modifiziert.
So wurde zum Beipsiel das »Gesetz der großen Zahlen« hinzugefügt,
um zu beweisen, daß dann, wenn die Zahl der einzelnen Ereignisse groß
genug wird - wie beim Werfen einer Münze oder beim Würfeln -, der gemessene
Wert langfristig den (theoretisch) stabilen Wert erreicht. Dieses Gesetz der großen
Zahlen, bei dem es sich nun wirklich nicht um ein wissenschaftliches Naturgesetz
handelt, erlaubte es Banken wie der Citigroup oder Chase, viele hundert Millionen
Visakarten auszustellen, ohne eine Kreditprüfung vorzunehmen, und das aufgrund
von Daten, die zeigten, daß in »normalen« Zeiten bei Kreditkarten
eine Zahlungsunfdhigkeit so selten auftritt, daß sie angeblich überhaupt
nicht ins Gewicht fällt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 402 |
Die
Probleme mit Wahrscheinlichkeitsmodellen, die auf Normalverteilungskurven oder
dem Gesetz der großen Zahlen beruhen, zeigten sich, als die Zeiten nicht
normal waren - zum Beispiel bei einer starken Rezession, wie sie die US- Wirtschaft
zurzeit durchmacht und die vielleicht nur mit der von 1931 bis 1939 vergleichbar
ist.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 402-403 |
Es
war schon höchst bemerkenswert, daß US-Amerikas akademisch gebildete
Ökonomen und Investmentbanker, die Direktoren der Federal Reserve und Finanzminister
sowie Schwedens Preisrichter, die den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
vergeben, Englands Finanzminister und Banker der Londoner City sowie die Bank
von England, um nur einige der wichtigsten Namen zu nennen - daß all diese
Finanz- und Wirtschaftsexperten die simple Tatsache ignorierten, daß alle
ökonomischen Theorien sowie die Theorien über das Marktverhalten und
die Theorien zur Risikoeinschätzung bei Derivaten nicht in der Lage sind,
nichtlineare Überraschungen vorauszusagen, geschweige denn, sie zu verhinden.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 403 |
Es
war unmöglich, anhand der Theorie, auf deren Grundannahmen letztendlich viele
Billionen Dollars an weltweiten Kreditverbindlichkeiten beruhten, das Platzen
von Spekulationsblasen vorherzusagen, weder im Oktober 1987 noch im Februar 1994
oder im März 2002 - und mit Sicherheit nicht seit Juni 2007. Das war deshalb
nicht möglich, weil vor allem das benutzte Modell selbst die Bedingungen
schuf, die zu den immer größeren und destruktiveren Finanzblasen führten.
Finanzökonomie war nur ein anderes Wort für ungezügelte spekulative
Exzesse, also für einen Prozeß, der seit der ersten Spekulationsblase
der Wirtschaftsgeschichte - dem sogenannten »Tulpenwahn« in Holland
im 17. Jahrhundert - unweigerlich Finanzblasen, und damit das Platzen dieser Blasen,
verursacht hatte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 403 |
Eine
Theorie, die nicht in der Lage war, solche großen und definitionsgemäß
»nichtlinearen« überraschenden Ereignisse vorauszusagen, war
trotz aller Nobelpreise nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben wurde.
Dennoch setzten sich die Direktoren der Federal Reserve - allen voran Alan Greenspan
- sowie die US-Finanzminister, vor allem Robert Rubin, Lawrence Summers und Henry
Paulson, durch und sorgten dafür, daß der Kongreß diesen exotischen
Finanzinstrumenten, die auf der Basis einer Theorie entstanden waren, die in der
Realität vollkommen irrelevant war, niemals gesetzliche Einschränkungen
auferlegte bzw. sie regulierte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 403 |
Am
29. September 1998 berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, daß »selbst
nach dem Zusammenbruch - und der Rettung - von LTCM jeder Vorstoß zur Regulierung
von Derivaten erfolglos geblieben war. Der CFTC (US-Regierungsbehörde, die
nominell den Handel mit Derivaten überwacht - W. E.) wurde untersagt, die
Regulierung von Derivaten zu verschärfen, und zwar mit einer Formulierung,
die am Montagabend von den Verhandlungsführern des Repräsentantenhauses
und des Senats gebilligt worden war. Anfang September hatten die republikanischen
Vorsitzenden der Landwirtschaftausschüsse beider Kammern um diese Fonnulierung
- die auch die Bedenken der Industrie berücksichtigte - gebeten, mit der
die Aufsichtsbefugnis der CFTC über den außerbörslichen Handel
mit Derivaten begrenzt werden soll, womit sie die Sorgen der Industrie zum Ausdruck
brachte.« Mit dieser »Industrie« waren natürlich die Großbanken
gemeint.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 403-404 |
Weiter
hieß es in dieser Meldung von Reufers: »Als die CFTC das Thema Regulierung
anschnitt, verteidigten sowohl Fed-Chef Alan Greenspan als auch Finanzminister
Rubin die (Finanz-)Industrie und behaupteten, daß die Industrie keine Regulierung
benötige und daß die Einführung der Regulierung (us-amerikanische)
Unternehmen ins Ausland treiben würde.«Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 404 |
Die
Kombination dieser unerbittlichen Ablehnung, keinerlei Regulierung der explosiven
neuen Finanzinstrumente - die von Credit Default Swaps (CDS) zu hypothekenbesicherten
Wertpapieren reichten - sowie einer Unzahl ähnlicher exotischer »risikostreuender«
finanzieller Innovationen zuzulassen, bahnte zusammen mit der 1999 erfolgten endgültigen
Außerkraftsetzung des »Glass-Steagall Acts«, der seit 1933 strikt
das Investmentgeschäft und die nonnalen Bankgeschäfte getrennt hatte,
den Weg für das, was im Juni 2007 einsetzte: die zweite Große Depression
in weniger als einem Jahrhundert. Damit aber begann, was künftige Historiker
zweifellos als den Untergang der Vereinigten Staaten als dominierende globale
Finanzmacht beschreiben werden.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 404 |
Die
Lektionen aus dem Staatsbankrott Rußlands im August 1998 und die kurz danach
einsetzende systemische LTCM-Krise verdrängte die Elite des New Yorker Finanz-Establishments
in wenigen Wochen. Unterstützt durch die akademisch gebildeten »Raketenwissenschaftler«,
Normalverteilungskurven und grundfalschen Risikomodellen setzten die Finanzgiganten
der US-Banken eine Welle von Megafusionen in Gang und entwickelten einfallsreiche
Methoden, um ihr Kreditrisiko aus den Büchern zu entfernen. Das öffnete
Tür und Tor für den größten Firmen- und Finanzbetrug in der
Weltgeschichte -»Asset Securitization«, die Verbriefung von Kreditforderungen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 404-405 |
Da
der »Glass-Steagall Act« Ende 1999 auf Drängen von Greenspan
und Rubin endgültig außer Kraft gesetzt worden war, stand es den Banken
jetzt frei, Rivalen aus sämtlichen Bereichen wie Versicherungen, Verbraucherkreditanstalten
oder Finanzierungsgesellschaften aufzukaufen. Die Bankenlandschaft US-Amerikas
veränderte sich radikal und dramatisch. Die » Verbriefungs-Revolution«
konnte beginnen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 405 |
Nach
Außerkraftsetzung des »Glass-Steagall Acts« überwachte
die Federal Reserve direkt nur noch die Bankholdinggesellschaften und untergeordnete
reine kreditgebende Banken. In der Praxis hieß das: Jetzt konnte die Citigroup
ihre (staatlich regulierte) Zweigstelle in einer typischen »Subprime-Gegend«
schließen und statt dessen ihre Geschäfte in dieser (ärmeren)
Gegend durch eine (nicht regulierte) 100-prozentige Tochterfirma namens Citi Financial
abwickeln. Der Vorteil für die Citigroup lag darin, daß diese Citi
Financial, die ein Spezialist für Subprime-Kredite war, ihre Geschäfte
jetzt unter ganz anderen - lascheren - Regulierungsbestimmungen abwickeln konnte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 405 |
Die
Citi Financial stellte unabhängig von der Citigroup Hypotheken aus. Verbrauchergruppen
warfen der Citi Financial vor, Spezialist für »Raubtierkredite«
zu sein, deren Vergabe so vor sich ging, daß skrupellose Hypothekenmakler
oder Verkäufer einer Person oder Familie einen Kredit aufdrängten, der
weit über ihren Möglichkeiten lag oder deren Verständnis in bezug
auf die eingegangenen Risiken überstieg. Außerdem waren diese Darlehensnehmer
oft auch gar nicht in der Lage, diese Kredite zurückzuzahlen. Dabei war die
Citigroup nur ein typisches Beispiel für die meisten großen US-Banken
und Hypothekengeber.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 405 |
Am
8. Januar 2008 verkündete die Citigroup mit großem Pomp die Veröffentlichung
ihres Berichts über ihr konsolidiertes »US-Eigenheimhypothekengeschäft«,
inklusive der Gewährung von Hypotheken, Bedienung der Zinsen und Verbriefung.
Seltsamerweise tauchte in dieser Erklärung die Citi Financial gar nicht auf,
also genau die Tochterfirma mit den meisten Risiken in ihren Büchern.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 405 |
Der
fatale Fehler aller Risikomodelle, die von der Wall Street, von Moody's, von den
Monoline-Versicherern und den Ökonomen der US-Regierung und der Federal Reserve
verwendet wurden, war, daß sie auf der Annahme beruhten, Rezessionen seien
nicht mehr möglich, weil man das Risiko unendlich streuen und über den
gesamten Globus verteilen könnte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 415 |
Der
fatale Fehler aller Risikomodelle, die von der Wall Street, von Moody's, von den
Monoline-Versicherern und den Ökonomen der US-Regierung und der Federal Reserve
verwendet wurden, war, daß sie auf der Annahme beruhten, Rezessionen seien
nicht mehr möglich, weil man das Risiko unendlich streuen und über den
gesamten Globus verteilen könnte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 416 |
Das
Bemerkenswerte an dieser Krise ist, daß ein derart großer Teil des
gesamten us-amerikanischen Finanzsystems darin verwickelt ist.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 417 |
In
der der ganzen us-amerikanischen Geschichte hat es niemals eine Krise dieses Ausmaßes
gegeben.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 417 |
Keiner
der Präsidentschaftskandidaten hatte es im Wahlkampf gewagt, einen ernsthaften
Vorschlag zu unterbreiten, wie man die größte Finanz- und Wirtschaftskrise
in der us-amerikanischen Geschichte lösen könnte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 417-418 |
In
den ersten Tagen des Jahres 2008 wurde allmählich klar, daß die Verbriefung
für die USA der letzte Tango sein würde, den sie als globale Finanz-Supermacht
aufs Parkett legen konnte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 418 |
Inmitten
einer wachsenden Panik im Weißen Haus unter George W. Bush und vor allem
in Henry Paulsons (Wall-Street-)Finanzministerium traf die US-Regierung am 15.
September 2008 mehrere Entscheidungen darüber, welche Finanzinstitute gerettet
werden sollten und welche man bankrott gehen ließ - wie sich herausstellen
sollte, war die Entscheidung über die letzte Maßnahme verhängnisvoll.
Die große Versicherungsgesellschaft AIG, deren Gründer Hank Greenberg
einige Jahre zuvor angeklagt worden war, die Bücher des Unternehmens grob
manipuliert zu haben, rettete die Regierung mit vielen Dutzend Milliarden Dollar.
Außerdem intervenierte die US-Regierung und verstaatlichte de facto
die beiden riesigen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac. Doch mit
Einwilligung von Fed-Chef Ben Bernanke und dem Präsidenten der New Yorker
Federal Reserve, Tim Geithner, der später von Präsident Obama zum neuen
US-Finanzminister ernannt werden sollte, wurde entschieden, die viertgrößte
Investmentbank der Welt, die seit 153 Jahren existierende Bank Lehman Brothers,
bankrott gehen zu lassen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 418 |
Innerhalb
von Stunden stürzten die Märkte auf der ganzen Welt in den Keller, als
sich diese Nachricht verbreitete. Was bis dahin nur eine große Krise in
einem kleineren Segment des us-amerikanischen Subprime-Hypotheken-Verbriefungsmarktes
gewesen war, der vielleicht 800 Milliarden Dollar umfaßte, wurde plötzlich
zu einer globalen Systemkrise, in der die Banken jedes Papier, das sie von einer
anderen Bank akzeptieren sollten, anzweifelten. Eine weltweite Vertrauenskrise
hatte eingesetzt, weil mitten in einer großen Krise die Verantwortlichen
mangelnde Entschlossenheit gezeigt hatten. Ihre Entscheidungen darüber, welche
Banken gerettet werden mußten und warum, waren nicht nachvollziehbar. Diese
Unsicherheit erschütterte auch weltweit das Vertrauen der Banken untereinander,
auch auf internationaler Ebene. Es bedeutete de facto das Ende des Dollar-Systems
von Bretton Woods.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 418 |
Wie
wir bei unserer geschichtlichen Betrachtung des Aufstiegs eines us-amerikanischen
Dollar-Imperiums nach 1865 gesehen haben, beruht die Macht des Geldes nicht auf
einer gesunden und stabilen Wirtschaftspolitik. Sie beruht auch nicht auf Frieden
und Wohlergehen der großen Mehrheit einer Nation. Notwendigerweise beruht
die Macht des Geldes auf den Institutionen, die die Mittel der Macht kontrollieren
- das sind letzten Endes die Militär- und Polizeikräfte eines Staates
samt allen damit zusammenhängenden Institutionen. Diese Macht lag bis zum
August 2007 fest in der Hand der Finanzstrukturen, der relativ kleinen Gruppe
von Banken und Finanzinstituten im Kern des Dollar-Systems.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 421 |
Die
Geldmacht nutzt ihre Überredungskunst sowie Propaganda, verlogene Appelle
an den Patriotismus, Verlockungen der Gier und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft,
um ihre zerstörerische Macht zu festigen. Die Geldmacht schreckt vor nichts
zurück, um das Geheimnis ihrer Macht zu verbergen. Sie will vor allen Dingen
von der Tatsache ablenken, daß das Geld - sei es nun gestützt durch
Gold, durch Öl oder durch Schwadronen von F-16-Kampfflugzeugen oder Atombomben
- letztendlich ein Geschöpf des Gesetzes ist. Mayer Amschel Rothschild, damals
der führende Bankier der Londoner City, erklärte 1790: »Erlauben
Sie mir, das Geld eines Landes zu kontrollieren und in Umlauf zu bringen, dann
ist mir gleichgültig, wer die Gesetze macht.« Diese Kontrolle überließ
ein schwacher US-Kongreß im Jahre 1913 einem Kartell privater internationaler
Banken, als er den »Federal Reserve Act« verabschiedete.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 421 |
Anfang
2009 tobte weltweit ein gigantischer Machtkampf. Nur wenige verstanden, worum
es dabei ging, und die Mainstream-Medien sagten darüber kein Sterbenswort.
In diesem Kampf standen auf der einen Seite diejenigen, die Arbeitsplätze
retten und die Industrie, die Fabriken und Maschinen intakt halten wollten. Im
Vergleich zu dieser überwältigenden Mehrheit stand auf der anderen Seite
eine winzige, oligarchisch-elitäre Minderheit: die im Zentrum von Alan Greenspans
»Finanzrevolution« stehenden Geldinteressen der Wall Street mit ihren
engsten Verbündeten, zu denen hauptsächlich die Londoner City gehörte
sowie etwa drei Dutzend weltweit agierende Banken.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 421 |
Im
Herbst 2008 war der us-amerikanische Kongreß derart unter Druck gesetzt
worden, daß er dem »Public Law 110-343« zustimmte; einem Gesetz,
das US-Präsident George W. Bush am 3. Oktober 2008 unterzeichnet hat. Dieses
Gesetz mit einem Umfang von insgesamt 169 Seiten - die US-Amerikas Kongreßabgeordnete
vor der Abstimmung kaum alle gelesen, geschweige denn sorgfältig studiert
haben dürften - machte den Weg frei für ein 700 Milliarden Dollar schweres
Rettungspaket (Troubled Assel Relief Program, TARP). Dieses Kürzel wurde
auch schon bald zum Spitznamen dieses Gesetzes auserkoren, wobei man wissen muß,
daß TARP zufällig auch die englische Kurzfonn für »tarpaulin«
ist, was man sowohl mit Ölzeug als auch mit Abdeckplane übersetzen kann
- auf jeden Fall beschreibt der Spitzname eine dicke, völlig undurchsichtige
Decke.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 422 |
Unter
dieser dicken, undurchdringlichen Decke von TARP konnte der damalige US-Finanzminister,
der frühere Wall-Street-Banker Henry Paulson, ohne Prüfung oder externe
Aufsicht mehrere hundert Milliarden Dollar an ausgewählte Kumpane unter den
Investmentbanken an der Wall Street und an große internationale Banken,
ja sogar an Versicherungen und Hypothekenfinanzierer wie Fannie Mae und Freddie
Mac verteilen. Auf Anordnung Paulsons sollte die US-Regierung die Banken als Gegenleistung
für diese massive Kapitalspritze nicht kontrollieren. Hier wurden also dreist
Steuergelder an dieselben Männer und Finanzinstitute verteilt, die gerade
die gesamte Welt an den Rand einer Katastrophe gebracht hatten.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 422 |
Trotz,
oder besser wegen der Natur des 700 Milliarden schweren TARP-Rettungspakets für
die US-Banken ging die Vernichtung von Reichtum in den Vereinigten Staaten und
auf der ganzen Welt weiter. Ende Februar 2009, vier Monate nach Beginn der Bankenrettung
durch TARP, hatte der vielbeachtete us-amerikanische Dow Jones Industrial Index
die Hälfte seines Wertes (verglichen mit seinem Höchststand vor gerade
einmal einem Jahr) verloren. Ein Ende der Talfahrt war nicht absehbar. Der Wert
der Immobilien, des wichtigsten Vermögenswertes von 70 Prozent aller us-amerikanischen
Familien, die sich in der Zeit der Greenspan-Blase hatten überreden lassen,
ihre ganze Zukunft auf eine Eigenheimhypothek zu setzen, verfiel in einem Maße,
das es seit den 1930er Jahren nicht mehr gegeben hatte.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 422-423 |
Während
sich der Abwärtstrend der Finanzmärkte auf der ganzen Welt fortsetzte,
wurden auch Fälle von Betrug, Bestechung und Manipulation ruchbar. Einer
der auffälligsten war im Dezember das Eingeständnis des ehemaligen Chefs
der New Yorker NASDAQ-Börse, Bernard Madoff, er habe ein 50 Milliarden Dollar
schweres Schneeballsystem entwickelt - ein finanzielles Betrugssystem, das heute
allgemein als »Ponzi-Schema« bezeichnet wird. Der Betrag, um den es
dabei ging, war zwar nicht gerade »Peanuts«, aber er war doch nichts
im Vergleich zu den vielen Billionen Dollar, die plötzlich dahin waren, als
die Verbriefungsblase platzte. Bemerkenswert war jedoch, daß die regierungseigene
US-Börsenaufsicht SEC deutlich und wiederholt von Außenstehenden sowie
von eigenen Mitarbeitern gewarnt worden war, daß Madoffs angebliche Riesengewinne
purer Schwindel seien.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 423 |
Diese
Korruption hatte das gesamte internationale Finanzsystem erfaßt. Das sollte
niemanden überraschen, der sich mit der Geschichte beschäftigt hat.
Zum endgültigen Abstieg des Römischen Reiches in den ersten drei Jahrhunderten
nach Christi Geburt kam es, weil die Patriarchen im Alten Rom die Staatsmacht
den Geldstrukturen überlassen hatten - und sich selbst dabei ungeheuer bereicherten.
Aufgrund dieser Korruption und Verkommenheit verfiel das Imperium von innen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 423 |
Die
Wahl eines neuen US-Präsidenten der nominellen Oppositionspartei, der Demokraten,
nach acht Jahren der Laissez-faire-Politik von Korruption und Vetternwirtschaft
unter dem Republikaner Bush versprach keinen wirklich grundlegenden Wandel in
den Vereinigten Staaten. Mit seinem Beliebtheitsgrad, der anfänglich buchstäblich
höher war als der von Jesus Christus, bot sich für Präsident Barack
Obama die einmalige Chance, das Schicksal der Nation zu wenden und die Bevölkerung
für ein Programm der radikalen Reorganisation des finanziellen Machtkalküls
zu gewinnen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 423 |
Barack
Obama hatte das Mandat der Öffentlichkeit, wenn er es nur richtig anstellte,
»die Geldwechsler aus dem Tempel zu jagen« und die Verstaatlichung
der privaten Federal Reserve anzuordnen - sowie die von den Banken, die das Federal
Reserve System stützen, gleich mit und dadurch die Kontrolle über die
Geldmacht des Landes zugunsten des Gemeinwohls zu gewinnen und nicht länger
der privaten Gier zu Überlassen. Obama hätte das Mandat der us-amerikanischen
Öffentlichkeit dafür gehabt, die relative Macht der Finanz- und Geldstrukturen
der Wall Street über die wirtschaftliche Zukunft des Landes zu verringern
und im Interesse des Gemeinwohls die Banken zu verstaatlichen, die für das
Debakel verantwortlich sind.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 423-424 |
Anstatt
diese Chance zu nutzen, besetzte er sein »wirtschaftspolitisches Dreamteam«
mit all den schrecklichen alten Gesichtern, die selbst bis zur Halskrause in die
Verbrechen und den Mißbrauch der Geldinteressen verstrickt waren, von Paul
Volcker bis zu Lawrence Summers. Zum US-Finanzminister ernannte der neue Präsident
Timothy Geithner, einen ehemaligen Direktor der mächtigen New Yorker Federal
Reserve, der noch fünf Monate zuvor zusammen mit Henry Paulson und Ben Bernanke,
dem Chef der Federal Reserve, entschieden hatte, die viertgrößte Investmentbank
der Welt, das seit 153 Jahren bestehende New Yorker Bankhaus Lehman Brothers,
bankrott gehen zu lassen, während kleinere Finanzinstitute gerettet wurden.
Falls es sich bei der Entscheidung für einen Bankrott von Lehman Bros. um
den böswilligen Versuch Paulsons und seiner Genossen gehandelt haben sollte,
die Krise auf das gesamte globale Finanzsystem auszuweiten und damit die ganze
Welt so in Angst und Schrecken zu versetzen, daß sie einem Rettungspaket
für die Wall Street zustimmte - dann war Anfang 2009 deutlich, daß
dies sicher nicht passieren würde.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 424 |
Die
Öffentlichkeit wurde durch bewußt verwirrende Argumente getäuscht,
die alle darauf hinausliefen, die Fragestellung unbeantwortet zu lassen, warum
die großen Banken wie die Citibank oder die Bank of America nicht verstaatlicht
werden sollten. In den Finanzmedien wurde das Bild eines schleichenden Kommunismus
- oder noch weit größerer Schrecken (gibt es
denn noch größere Schrecken als den Kommunismus? [HB]) - gemalt.
In Wirklichkeit ging es einzig und allein um die Frage, wer in den USA die Macht
über das Geld kontrollieren sollte: das private Kartell der Finanzinteressen
hinter den Eigentümerbanken der Federal Reserve oder die gewählten Vertreter
des Volkes, deren Renten verzockt, deren Häuser von den Banken beschlagnahmt
und deren Arbeitsplätze abgebaut wurden.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 424 |
Es
ging schlicht um die Zukunft des monetaristischen Putsches von 1979, bei dem die
während der Großen Depression gewährten sozialen Zugeständnisse
einkassiert worden waren. In Großbritannien, dem Heimatland von Thatchers
Monetarismus, kämpfte eine Labour-Regierung für die Verteidigung der
privaten Macht der Banken auf Kosten der Wähler. Labour verwirklichte den
»bankers' socialism« (Banker-Sozialismus):
die Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 424-425 |
In
Deutschland zeigte sich eine konservative Bundeskanzlerin, assistiert von einem
sozialdemokratischen Finanzminister, ebenfalls unwillig, die Macht der Banken
herauszufordern. Kenntnisreiche Finanzinsider in Deutschland meinten, das Problem
liege in der politischen Ignoranz, die Berlin angesichts der oft verwirrenden
finanziellen Verstrickungen der deutschen Banken an den Tag lege. In Wirklichkeit
war die Frage hier genauso einfach zu lösen wie anderswo auch. In Deutschland
hatte man in der Krise von 1931 zugelassen, daß die internationalen Banken
über das Schicksal des Landes entschieden, mit den bekannten fürchterlichen
Folgen. Würden die Politiker des Jahres 2009 eine Wiederholung der tragischen
Sparpolitik von Reichskanzler Brüning wiederholen - und zwar diesmal mit
noch schrecklicheren Folgen -, nur weil sie allein auf die Weisheit ihrer führenden
Banker, nicht aber auf die ihrer eigenen Bevölkerung vertrauten?Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 425 |
Die
Anfang der 1980er Jahre einsetzende neoliberale Revolution unter Thatcher und
Reagan hatte, wie beabsichtigt, zu einer weltweiten Zentralisierung des Kapitals
in einer neuen Dimension geführt. Die finanziellen Aktivitäten
und die damit verbundene Macht wurden in den Händen riesiger Finanzholdings
wie der Citigroup konzentriert. Allein diese Bank, die ursprünglich die Bank
der Rockefeller-Interessen gewesen war, bestand aus über 3000 Unternehmen
in vielen Ländern, die von ihr kontrollierten Vermögenswerte beliefen
sich 2008 auf insgesamt 2,2 Billionen Dollar, weit mehr als das BIP der meisten
Nationen dieser Welt. 1995 hatte Rockefellers Chase Manhattan Bank mit der Chemical
Bank funsioniert, die ihrerseits Manufacturers Hanover übernommen jhatte.
Wenige Jahre später fusionierte die Chase mit J. P. Morgen zur J. P. Morgan
Chase. Die Konzentrierung der Geldmacht war unglaublich. Die US-Regierung blieb
untätig und beförderte all dies sogar noch, weil die Gesetze und Bestimmungen
aus der Zeit der Großen Depression, die damals die Ausweitung dieser
Geldmacht eingedämmt hatten, inzwischen außer Kraft gesetzt worden
waren. Riesige neue Bank- konzerne verknüpften das traditionelle Bank- und
Versicherungsgeschäft mit neuen Funktionen wie der Vermögensverwaltung,
und das in unglaublichen Dimensionen. In den USA wurde der Handel mit Wertpapieren
vor allem von einigen speziellen Finanzinstituten wie den Investment- und Pensionsfonds
abgewickelt.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 425-426 |
Die
Geldmacht - und zwar die Macht über das Geld, das sich auf den US-Dollar
stützte - machte sich auf, die ganze Welt zu kontrollieren. Das Mittel dazu
sollte die finanzielle Globalisierung sein, ihr eigenes Geschöpf, bei dem
sich die Vertreter der Geldmacht die von den Bankern kontrollierten Instrumente
und Institutionen zunutze machen wollten, vom Internationalen Währungsfonds
(IWF) und der Weltbank bis hin zur Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
(BIZ), der Zentralbank der Zentralbanken.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 426 |
Im
Jahre 1910 betrugen die Schulden der Vereinigten Staaten auf Bundesebene eine
Milliarde Dollar - oder 12,40 Dollar pro Kopf. Die Verschuldung auf Landes- oder
kommunaler Ebene war gering bzw. nicht existent. 1920, nur sieben Jahre nach Gründung
der Federal Reserve, belief sich die Verschuldung der US-Regierung nach dem Ersten
Weltkrieg, dem sogenannten »Großen Krieg«, bereits auf 24 Milliarden
Dollar, das waren 228 Dollar für jeden einzelnen US-Bürger. Im Jahre
1960 betrugen die Schulden 284 Milliarden Dollar oder 1575 Dollar pro Kopf, und
1981 überschritt die Verschuldung gar die Billionengrenze. 2009 lag sie bei
über elf Billionen Dollar oder 35 000 Dollar für jeden US-Amerikaner
- vom Säugling bis zum Greis. Allein die Zinsen an die Banken und Gläubiger
dieser Schulden beliefen sich auf über 450 Milliarden Dollar pro Jahr. Übergäbe
man die gesamten Vereinigten Staaten den Bankern zur Rückzahlung der Schulden,
dann betrügen die Schulden noch immer zwei, drei US-Amerikas. Thomas Jefferson,
einer der Gründungsväter der USA, sagte nicht ohne Grund: »Wenn
das amerikanische Volk je zuläßt, daß Privatbanken den Umlauf
ihres Geldes kontrollieren, zuerst durch Inflation und dann durch Deflation, dann
werden die Banken und Unternehmen, die (im Umfeld der Banken) entstehen ..., den
Menschen ihren Besitz rauben, bis ihre Kinder schließlich auf dem Kontinent,
den ihre Väter erobert haben, ohne ein Dach über dem Kopf aufwachen.«Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 426 |
Anfang
2009 wurde allerdings auch deutlich, daß sich die allmächtigen New
Yorker Banker arg verrechnet hatten. Denn selbst in der schlimmsten Krise seit
den 1930er Jahren eilte der Rest der Welt dem Dollar-System nicht zu Hilfe. Nach
acht Jahren Präsidentschaft Bush, die das Vertrauen der ganzen Welt arg mißbraucht
hatte, ist weltweit der Wille, die Vereinigten Staaten als wohlwollenden Gebieter
über ein Weltsystem anzusehen, weitestgehend erschöpft. Von Peking bis
Moskau, von Dubai bis Buenos Aires denkt man jetzt über die Beziehungen zu
US-Amerika und zur Macht US-Amerikas neu nach.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 426-427 |
Zum
ersten Mal seit 1945 hat die restliche Welt jetzt die Chance, einen eigenen Weg
nationaler und regionaler Stabilität einzuschlagen, der nicht mehr nennenswert
vom Dollar dominiert wird. Es ist noch nicht klar, ob diese Freiheit genutzt wird.
Es ist vor allem eine politische, keine finanzielle Entscheidung. Die restliche
Welt steht am Scheideweg. Es ist an ihr, die Lage entweder als neue Chance zu
betrachten oder mit dem Dollar-System unterzugehen.Frederick
William Engdahl, Der Untergang des Dollar-Imperiums, 2009, S. 427 |
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