
Plan einer NATO-Reform. Besser als eine NATO-Reform ist nur noch der NATO-Tod
! Die NATO-Reform
muß einhergehen mit der EU-Reform ( ).
Vorsicht bei den USA! Auch England gilt Vorsicht, denn gemäß seiner
Insellage und Tradition neigt es dazu, Europa kontrollieren zu wollen. Obwohl
dies eine völlig überholte Sichtweise ist, kann man nicht davon ausgehen,
daß England sich davon auch überzeugen läßt. Erst mittelfristig
oder sogar erst langfristig könnte es sich anders verhalten. England war
gegenüber Europa immer schon reserviert - egal, ob Diese Tatsache ihm stets
auch bewußt war.Wahrscheinlich wird sich
nicht nur die NATO-Osterweiterung, sondern auch die am 16. April 2003 besiegelte
EU-Osterweiterung als Rammbock gegen die mehr krank als alt gewordene EU erweisen.
(Stich[el]wort: Alt-Europa). Die EU war ja aus Angst vor Deutschland
entstanden, denn allein schon West-Deutschland war wegen seiner ungeheuren Industriepotenz
nicht nur ein Wirtschaftsgigant, sondern auch noch die gefährliche Weltmacht,
die der Rest der Welt zuvor zu fürchten gelernt hatte. Als am 18. April 1951
West-Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Holland und Luxemburg die Montan-Union
- die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) - gegründet
und diese 1957 durch die Römischen Verträge zur Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) verfestigt hatten, konnten am 1. Januar 1958
nicht nur diese Verträge in Kraft treten, sondern auch der eigentliche Zweck
(den Europa wohl noch bereuen wird): das zur Überanpassung ausartende politisch-korrekte
Verhalten der deutschen Zahlmeister, die Bund ( )
nur noch sein wollten. So wie Sparta 192-191 dem Achaischen Bund beitreten
mußte, so trat West-Deutschland adenauerisch-freiwillig der NATO
bei und wurde Hauptgründer der EU; es sprach sich also dadurch deutlich für
die Westintegration aus. Gleiches unternahm das ab jetzt Ost-Deutschland genannte
Mitteldeutschland auf ulbrichtisch-unfreiwillige Weise, indem es auf militärischer
Ebene dem Warschauer Pakt (Ostblock), auf wirtschaftlicher Ebene dem Rat
für gegenseitige Wirtschaftshilfe beitrat. (RGW bzw. COMECON; 1950).Als
der ursprünglich vorgegebene geographische Defensiv-Rahmen der NATO gesprengt
wurde (als sei die Defensive selbst der Kriegsgegner)
und die Expansion in die Steppen und Gebirge Zentralasiens begann, reagierte Deutschland
auf diese neue Situation mit einem Gemisch aus Willfährigkeit gegenüber
der traditionellen atlantischen Führungsmacht, mangelndem Verantwortungsgefühl
gegenüber den eigenen Soldaten und - trotz vorzüglicher nachrichtendienstlicher
Unterrichtung - verbohrter Verkennung der realen Verhältnisse am Hindukusch,
so Peter Scholl-Latour (1924-2014), der sich fragt, wie weit dieser Ritt nach Osten
noch gehen soll: Schon gehört Rußland der »partnership
for peace« an. Wird die Bundeswehr eines fernen Tages, wenn die fortschreitende
Solidarisierung zwischen Washington und Moskau eine konkrete Bündnisform
annimmt, am Ussuri und Amur in Fernost Stellung beziehen und sich in eine gemeinsame
Front gegen die chinesische Volksbefreiungsarmee einreihen? .... Die wirkliche
Allianz der Zukunft wird jedoch nicht zwischen Europa und Moskau, sondern zwischen
Moskau und Washington geschmiedet werden. Der revolutionäre Islamismus einerseits,
die aufsteigende Weltmacht China andererseits, das sind die beiden historischen
Herausforderungen, denen sich der globale Hegemonialanspruch der USA und die Überlebensstrategie
Rußlands ausgesetzt sehen. .... Der globale Vormachtsanspruch, den George
W. Bush vertritt, steuert amerikanischen Analysten zufolge unweigerlich auf eine
weltweite Konfrontation mit dem revolutionären Islamismus und auf eine Kraftprobe
mit der Volksrepublik China zu. In beiden Fällen decken sich die Interessen
Rußlands und der USA. (Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand,
2004, S. 18, 19, 24). Für eine diffuse Gespensterjagd gegen den
»internationalen Terrorismus« wurde das Atlantische Bündnis jedoch
nicht erfunden. Die NATO entartet seitdem zum Instrument angelsächsischer
Bevormundung und Irreführung. ... Schon aus geographischen Gründen kann
die amerikanische Planung weder auf Deutschland noch Frankreich verzichten. Im
extremen Ernstfall, dem die Anrainer des Mittelmeers und des Balkans bedrohlicher
ausgesetzt wären als die durch zwei Ozeane geschützten USA, könnte
nur von Berlin und Paris jene längst fällige Aufstellung einer europäischen
Kernallianz ausgehen, die den Amerikanern als gleichberechtigtre Partner und Entscheidungsträger
weit nützlicher wäre als in der Rolle eines unterwürfigen und zwangsläufig
verbitterten Vasallen. Selbst das stolze Spanien, das an seinen nordafrikanischen
»Presidios« Cëuta und Melilla festhält und in dieser Frage
auf eine unvermeidliche Auseinandersetzung mit dem Scherifischen Königreich
Marokko zutreibt - der Zwischenfall auf der Petersilieninsel vermittelt einen
Vorgeschmack -, wird spätestens zu diesem Zeitpunkt entdecken, daß
der Beistand der »vieja Europa« (des »alten
Europa«) wichtiger sein kann als das Protektorat der auf fernen Kriegsschauplätzen
( )
gebundenen »Estados Unidos del Norte«. (Peter Scholl-Latour,
Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 32, 48).Die
neue NATO-Befehlsstruktur ist falsch. Innerhalb ein und derselben Wertegemeinschaft
müssen andere Regeln gelten, denn seit Beginn der Globalismus-Phase droht
uns ein Krieg zwischen den Kulturen. Dem Westen (Abendland) kann und darf
es demzufolge hauptsächlich nur darum gehen: 1.)
keine Angriffskriege zu führen (gegen dieses Gebot
haben die USA schon beim Angriff auf Vietnam verstoßen); 2.)
den Imperialismus, weil er nicht zu vermeiden ist ( ),
möglichst zu relativieren; 3.) den weiten Vorsprung
in Technik und Wissenschaft auszubauen (diese Regel muß
die heimliche 1. Regel sein); 4.) die Artefakte
aller abendländischen Kunst zu schützen, damit dem Volk auch symbolisch
deutlich gemacht werden kann, daß die Kultur und nicht nur die private Bereicherung
verteidigt wird, denn das Abendland ist die historistischste Kultur von allen,
für Abendländer hat alles Historisierende einen besonderen und deshalb
vergleichsweise hohen Stellenwert. Eine kulturelle Spaltung aber, wie sie zur
Zeit von einigen Imperialisten anvisiert wird, ist die denkbar schlechteste Lösung.
Altes Europa bedeutet also nicht nur, daß die USA mit ihrem
Spaltungsversuch Europa beherrschen wollen, sondern auch, daß nur eine europäische
Kernallianz - das heißt konkret: der EU-Kern ( )
als eine EU-Verteidigungsgemeinschaft - verhindern kann, daß die USA damit
auch Erfolg haben, trotz vieler Fehler, die diesen Nordamerikanern wegen ihrer
Naivität und Unerfahrenheit immer wieder passieren.Besonders dies
ist das Gefährliche: man meint, man könne Fragen oder Probleme des 21.
oder gar 22. Jahrhunderts mit Antworten lösen, die nachweislich immer noch
von denen des 20. oder gar 19. Jahrhunderts dominiert werden! Wenn unser Konkurrenzverhalten
auch in Gegenwart und Zukunft darin bestehen soll, daß wir uns gegenseitig
ausmanövrieren, z.B. nach dem Wenn-ich-dann-auch-du-Motto: Wer ist zuerst
kaputt, wer geht zuerst unter? (Wenn ich schon untergehen soll, dann wirst
auch du untergehen u.s.w.), ja dann: Gute Nacht. Eigentlich
können wir uns ein innerkulturelles Konkurrenzverhalten so überhaupt
nicht mehr erlauben, seit diese unsere Phase begonnen hat, die ich Globalismus
nenne, die Oswald Spengler (1880-1936 )
Cäsarismus genannt hat und die tatsächlich auch einen Kampf oder gar
Krieg der Kulturen beinhaltet, jedenfalls beinhalten kann. Ob aber die naiven
US-Cowboys-und-Revolverhelden diese Phase so meistern werden wie damals die robusten
Rom-Cäsaren-und-Patronen, ist sehr fraglich. Deshalb müssen alle Abendländer
zusammenhalten und dürfen nur da konkurrieren, wo die gemeinsame Kultur nicht
gefährdet wird. Ein solches Verhalten sehe ich zur Zeit überhaupt nicht
- im Gegenteil. Zwar beginnen einige Leute, in diese Richtung zu denken, aber
mehr auch nicht. Jedenfalls noch nicht. Solange Deutschland wenigstens noch das
Potential dazu hat und weil außer Deutschland kein anderes europäisches
Land ein solches Potential jemals entwickeln können wird ( ),
kann man dem Westen nur raten, auf Deutschland zu bauen bzw. zu setzen statt es
abzubauen oder herabzusetzen, wie es momentan immer noch geschieht und von dem
permanent mit Vehemenz eine Selbstverleugnung gefordert wird (mittlerweile sogar
größtenteils von Deutschen selbst). Ein Deutschland, das sich selbst
verleugnet, kann dem Abendland nicht helfen. Das sehen zum Glück auch immer
mehr Leute ein (nur leider nicht die, die dafür wichtig sind). Aber auch
ein Deutschland, das sich nur hier und da verleugnet oder nur noch Europa
sein will, ist nicht hilfreich für die eben erwähnte Aufgabe, weil es
sich belügt, wenn es glaubt, andere Nationen wollten auch statt sie selbst
nur noch Europa sein. So wird es nicht gehen. Denn man muß akzeptieren
und mit Spengler sagen, daß Nationen nun einmal das abendländische
Europa kennzeichnen, so wie auch die Dynastien (weil die schon weg sind, wäre
es doch unsinnig, das andere auch noch wegzuspinnen), und zur Zeit denken die
meisten Nationen in Europa nicht einmal im Traum daran, das Nationale abzuschaffen.
Das gilt besonders für die kleinen Nationen, und die haben bekanntlich in
der EU keinen geringen Einfluß, weil sie überquotiert sind, so wie
im Westen heute fast alles der Quotenregelung unterliegt (Frauenquote, Ausländerquote,
Zuschauerquote u.s.w. - alles Unsinn). Der Westen ist ohne Qualitiät. Jedenfalls
nimmt seine Qualität immer mehr ab. Dies ist leider wahr. Die Minderqualität
ist also lediglich ein Ausdruck des Westens selbst. Das betrifft vor allem seine
Form, sein In-Form-Sein. All diese Probleme hat also leider nur das
Abendland.Neben den USA ist Deutschland
das einzige abendländische Land, das die Potenz dazu hat (sie aber leider
umgekehrt bzw. falsch einsetzt), also potentiell dazu in der Lage ist, unsere
Kultur (wirklich!) zu verteidigen, aber das Gegenteil wird praktiziert; man hält
sich immer noch gegenseitig im Zaum, überwacht sich gegenseitig und merkt
gar nicht, daß es darauf heute gar nicht mehr ankommt, gar nicht mehr ankommen
darf. Wenn wir unsere Kultur verteidigen wollen, müssen wir zusammenhalten,
wirklich zusammenhalten. Doch das ist überhaupt nicht der Fall. Wir verhalten
uns so, als wäre nicht das 21., sondern das 20. Jahrhundert gerade angebrochen.
Wir haben immer noch zu viel Angst vor uns selbst. Daß Deutschland so stark
mit Propaganda bombardiert wird, beweist meiner Meinung nach nicht nur, daß
unsere ehemaligen Feinde offenbar immer noch unsere Feinde sind, sondern auch,
daß wir immer noch über ein unglaubliches Potential verfügen,
das ihnen angst macht, aber nicht angst machen müßte, wenn sie (wirklich
!) Vertrauen zu uns hätten. Haben sie aber nicht. Wir haben es ja selber
nicht (mehr) - und so soll es ja auch sein, so fordert es ja auch die Propaganda
in unseren Medien. Dazu kommt, daß dieses Un- oder Mißvertrauen gerade
jene unserer Friedensprediger erwecken, denen man einfach nichts glaubt, nichts
glauben kann und nichts glauben will. Mit Recht! Wenn beispielsweise Joseph Fischer,
Peter Struck, Günter Verheugen, um nur einige zu nennen (!), einerseits vorgeben,
Idealisten zu sein, andererseits aber Weltpolitik betreiben wollen,
die EU im Sinne eines Neo-Imperialismus erweitern wollen, und zwar bis Afrika
und Wladiwostock, dies alles auch noch lügnerisch mit militärischen
Notwendigkeiten begründen (Fischer) oder aber - mit noch mehr Verlogenenheit
und Dummheit - nur aus idealistischen Gründen (?) Weltpolitik
betreiben wollen (Verheugen), dann frage ich mich, wieso hier eigentlich immer
wieder auf alle Deutsche Vergangenheit geschimpft wird, warum sie verdrängt
und vergessen werden soll. Die 68er führen immer noch jene Zustände
herbei, die sie angeblich bekämpfen wollen. Selbst das ist ja schon eine
Vergeudung: Nicht aus der Geschichte lernen! Hier wird eine Geschichte - und sie
ist, von den Ausnahmezeiten abgesehen, eine einzigartige Erfolgsgeschichte - regelrecht
totgeschwiegen! |
Letztlich
ernähren wir uns von Kohle und Erdöl - nachdem diese in der industriellen
Landwirtschaft zu eßbaren Produkten verwandelt worden sind. (Rolf
Peter Sieferle, Gesellschaft im Übergang, in: Dirk Baecker, Archäologie
der Arbeit, 2002, S. 125). Unter diesen Bedingungen
läßt sich für das kommende Jahrhundert eine wachsende Beunruhigung
der Populationen im großen Treibhaus durch eine schon heute weitgehend ausgeformte,
internationalisierte Tierrechtsbewegung vorhersehen, die den unzertrennbaren Zusammenhang
zwischen Menschenrechten und Tierqualen betonen wird. Diese Bewegung könnte
sich als die Spitze einer Entwicklung erweisen, die den nicht-städtischen
Lebensweisen eine neue Bedeutung zuspricht. Sollte man also die Achse namhaft
machen, um welche die Umwertung aller Werte in der entfalteten Komfortzivilisation
sich dreht, so kann nur der Hinweis auf das Prinzip Überfluß die Antwort
liefern. Ohne Zweifel wird aktueller Überfluß, der stets im Horizont
von Steigerungen und Entgrenzungen erlebt werden will, das prägende Merkmal
der künftigen Verhältnisse bleiben, selbst wenn in einhundert Jahren
oder etwas später der fossilenergetische Zyklus an sein Ende gelangt. Welche
Energieträger eine postfossile Ära ermöglichen werden, ist heute
schon im Umriß erkennbar - es wird vor allem ein Spektrum von Solartechnologien
und von regenerativen Treibstoffen sein. Jedoch ist am Beginn des 21. Jahrhunderts
über deren Ausgestaltung im einzelnen noch nicht entschieden. Sicher ist
nur, daß das neue System - manche nennen es lapidar die kommende »solare
Weltwirtschaft« - über die Zwänge und Pathologien der aktuellen
fossilen Ressourcenpolitik hinausführen muß. Mit dem Solarsystem ist
unvermeidlich eine Umwertung der Umwertung aller Werte gesetzt - und da die Zuwendung
zur aktuellen Sonnenenergie dem Rausch des Konsums vergangener Sonnenenergie ein
Ende bereitet, könnte man von einer bedingten Rückkehr zu den »alten
Werten« sprechen - denn alle alten Werte waren Derivate des Imperativs,
mit der im Jahreszyklus erneuerbaren Energie zu wirtschaften. Daher deren tiefer
Bezug zu den Kategorien der Stabilität, der Notwendigkeit und des Mangels.
In der Dämmerung der zweiten Umwertung zeichnet sich eine zivilisatorische
Weltwetterlage ab, von der sich mit einiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen läßt,
daß sie postliberale Züge aufweist - sie wird eine hybride Synthese
aus technischem Avantgardismus und ökoKonservativer Mäßigung an
die Macht bringen. (In politischer Farbsymbolik gesprochen: Schwarz-Grün).
Dem überschäumenden Verschwendungsexpressionismus der gegenwärtigen
Massenkultur werden die Voraussetzungen mehr und mehr entzogen. Sofern in der
postfossilen Ära die Ansprüche in Kraft bleiben, die das Prinzip ÜberfIuß
im Industriezeitalter geweckt hat, wird sich die technische Forschung vorrangig
um die Quellen einer alternativen Verschwendung zu kümmern haben. Bei den
Überflußerfahrungen der Zukunft wird sich eine Akzentverschiebung zu
immateriellen Strömen unvermeidlich geltend machen, weil ökosystemische
Gründe ein stetiges »Wachstum« im materiellen Bereich verbieten.
Vermutlich wird es zu einer dramatischen Verringerung der stofflichen Flüsse
kommen - und damit zu einer Revitalisierung der Regionalwirtschaften. Unter diesen
Bedingungen dürfte für die heute noch voreiligen Reden von der »globalen
Informations- oder Wissensgesellschaft« die Zeit der Bewährung anbrechen.
Die entscheidenden Überflüsse werden dann vor allem im Bereich der beinahe
immateriellen Daten-Ströme wahrgenommen werden. Nur ihnen wird das Merkmal
Globalität authentisch zukommen. Auf welche Weise die Postfossilität
die aktuellen Begriffe von Unternehmertum und Ausdrucksfreiheit umprägen
wird, läßt sich zur Stunde nur vage vorhersehen. Wahrscheinlich ist,
daß man die Romantik der Explosion, allgemeiner gesprochen: die psychischen,
ästhetischen und politischen Derivate der plötzlichen Energiefreisetzung,
von den künftigen »sanften« Solartechnologien her im Rückblick
als Ausdruckswelt eines massenkulturell globalisierten energetischen Faschismus
beurteilen wird. Dieser ist ein Reflex des hilflosen Vitalismus, der aus der Perspektivenarmut
des fossilenergetisch basierten Weltsystems entspringt. Man versteht vor diesem
Hintergrund, warum der Kulturbetrieb im Kristallpalast eine tiefe Desorientierung
verrät - über die aufgezeigte Konvergenz von Langeweile und Unterhaltung
hinaus. Der fröhliche massenkulturelle Nihilismus der Endverbraucherszene
ist genauso rat- und zukunftslos wie der ... Nihilismus der wohlhabenden Privatleute,
die Kunstsammlungen aufbauen, um sich persönliche Bedeutung zu verschaffen.
(Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 361-363).Was
den spekulativen Kapitalismus als abstraktes invasives Erfolgsprogramm angeht,
so wird man seine aktuellen Exegeten auffordern müssen zu beweisen, daß
sie keine Anhäger einer global operierenden Sekte sind; der Verdacht gegen
den »Kapitalismus als Religion« ist ausgesprochen und wartet auf Kärung.
Die Lebensform »demokratische Nation« überlebt nur, wenn die
Semantik des Eigeninteresses und der Selbstpräferenz mit der Semantik der
Freiheit für anderes und des Etwas-zu-geben-Habens zum Ausgleich kommt. Somit
taucht aus dem entfalteten Begriff des Lokalen eine Gruppe von Merkmalen auf,
die den Abstrakt-Progressiven die Röte ins Gesicht treibt. Was unter dem
Druck des konfusen Universalismus durch Gegendruck geklärt in Sicht kommt
ist das Ausgedehnte des erfolgreich geführten Lebens, das nicht wird, wie
es werden kann, ohne immun, selbstpräferentiell, exklusiv, selektiv, asymmetrisch,
protektionistisch, unkomprimierbar und irreversibel zu sein. Dieser Katalog klingt
wie die Zusammenfassung eines rechtsradikalen Parteiprogramms; in Wahrheit bietet
er die erste Liste der Charakteristika, die der Infrastruktur des Werdens in realen
Humansphären inhärieren. Sie gehören zu den Merkmalen des endlichen,
konkreten, eingebetteten und überlieferungsfähigen Daseins. Um noch
einmal die Redeweise der Ontologie zu bemühen: Das Ausgedehntsein am eigenen
Ort ist die gute Gewohnheit zu sein. Solange die Linke vorhat, eine irdische Linke
zu bleiben oder es zu werden, wird sie sich bei aller Liebe zur Symmetrie mit
diesen Bestimmungen ins Benehmen setzen, es sei denn, sie zieht die Affaire mit
dem Unendlichen vor - was man durchaus verstehen kann, weil irdische Sozialdemokratie
philosophisch langweilt und ästhetisch nicht befriedigt. Von den Werten der
alternativen Liste, genauer von den Forderungen nach einem Metaleben, dessen Weltbezug
immunitätsvergessen, fremdpräferentiell, inklusiv, unselktiv, symmetrisch,
zollfrei sowie beliebig kompressibel und reversibel wäre, lassen sich hin
und wieder einige Aspekte im Realen verwirklichen, jedoch nur diejenigen, die
von der ersten Liste mitgetragen werden. .... Die aspektweise Öffnung der
ersten Liste auf die zweite bezeichnet den Elan der Zivilisation, die sich erhält,
indem sie sich erweitert, steigert, differenziert - allein die aufmerksame Rückbindung
der zweiten an die erste verhindert aber die Gespensterherrschaft. (Peter
Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 412-414). | Der
Globalismus, zeitlich verstanden als Phase der Vollendung abendländischer
Globalisierung, ist auch räumlich zu verstehen: als ein errichtetes exklusives
Komfortgebilde (des Abendlandes), und zwar als ein Auf- und Ausbau eines Weltinnenraums,
dessen Grenzen unsichtbar (eben typisch abendländisch) und trotzdem von außen
nahezu unüberwindbar sind und den ca. 1,3 Milliarden Menschen (Abendländer)
bewohnen, während ihn ca. 5,2 Milliarden Menschen nicht bewohnen können,
weil sie ihn noch nicht einmal betreten können. 20 Prozent glückliche
Gewinner und 80 Prozent unglückliche Verlierer - ist das die Wahrheit oder
nur ein Vorurteil? (Bitte nicht vergessen, daß für viele Ereignisse
- und so wohl auch für dieses - 80% der Wirkungen von 20% der Ursachen ausgehen! )
Ist der Globalraum also nichts anderes als der von Abendländern bewohnte
Weltinnenraum des Kapitals? Und wieviel Prozent beherrschen ihn? Wer
sind diese Wenigen? Wer gehört zu dieser sehr kleinen Minderheit?Globale
Verteilung der Einkommen (Stand: 2008). | | | Bevölkerungszahl |
in % | Einkommen (BNE) in US-$ | in
% | BNE/Kopf in US-$ | Fazit-Bemerkung | | | 1)
Hohes Einkommen | 1 055 797 000 | 15,8 | 42 777 727 000 000 | 79,6 | 40 517 | 15,8%
haben 79,6% an Einkommen | | 2)
Mittleres Einkommen | 3 160 708 000 | 47,3 | 9 424 900 000 000 | 17,5 |
2 982 | 47,3% haben 17,5% an Einkommen | 2a)
obere Kategorie | 828 600 000 | 12,4 | 4 789 700 000 000 | 8,9 |
5 780 | | 2b)
untere Kategorie | 2 332 108 000 | 34,9 | 4 635 200 000 000 | 8,6 | 1 987 | | | 3)
Niedriges Einkommen | 2 465 753 000 | 36,9 | 1 562 300 000 000 | 2,9 | 634 | 36,9%
haben 2,9% an Einkommen | | | WELT | 6 682 258 000 | 100 | 53 764 927 000 000 | 100 | 7 439 | |
Wieviel % des Bruttosozialprodukts landet als Einkommen nach Steuern und Sozialtransfers
bei wem? (Stand: 2008).  | | | Finnland | Deutschland
| USA | Brasilien | | WELT
* | Reichste 20% der Bevölkerung* | ca.
35% vom BSP | ca. 40% vom BSP | ca.
47% vom BSP | ca. 65% vom BSP | | ca.
85% vom BSP | Rest (80% der Bevölkerung) | ca.
65% vom BSP | ca. 60% vom BSP | ca.
53% vom BSP | ca. 35% vom BSP | | ca.
15% vom BSP | | *
Die reichsten 20% der WELT-Bevölkerung sind fast ausnahmslos westliche Menschen
(sie gehören zur abendländischen Kultur oder zu deren Ablegern). |
35%
BSP (Finnland) | 65%
BSP (Finnland) | |
40%
BSP (Deutschland) | 60%
BSP (Deutschland) | |
47%
BSP (USA) | 53%
BSP (USA) | |
65%
BSP (Brasilien) | 35%
BSP (Brasilien) | |
85%
BSP (WELT) | 15%
BSP (WELT) | |
|