Im
Verlauf der letzten 100 Jahre vervierfachte sich die Weltbevölkerungverzwanzigfachte
sich die Weltwirtschaftsleistung und vervierzigfachtesich der Primärenergieverbrauch.
| »Als ich einmal mit Max Weber
über die Zukunftsaussichten sprach und wir die Frage aufwarfen: wann
wohl der Hexensabbat ein Ende nehmen würde, den die Menchheit in den kapitalistischen
Ländern seit dem Beginne des 19. Jahrhundets aufführt, antworte er:
Wenn die letzte Tonne Erz mit der letzten Tonne Kohle verhüttt
sein wird.« (Werner Sombart, Das Wirtschaftsleben im Zeitalter
des Hochkapitalisus, 1927, S. 1010). |
Ein Blick auf die entsprechenden Funktionsgraphen belehrt jedenneutralen
Betrachter darüber, daß da keine »Entwicklung«, sondern
eine Explosion stattgefunden hat - und daher bei nachlassendem Expansionsdruck
mit herunterkommenden Trümmerteilen zu rechnen ist. Der Scheitelpunkt ist
erreicht.Energiekrise: Bergab geht's schnellerDie These
vom knapp hinter uns liegenden Ölfördermaximum wird nur noch von Politikern
bestritten. Die Fördermenge vervierfachte sich seit 1960 von 20 auf 80 Millionen
Barrel/Tag und stagniert seit etwa fünf Jahren auf diesem Niveau. Im Jahre
2010 hat der Verbrauch mit 87 Millionen Barrel/Tag die Förderung von 82 Millionen/Tag
überschritten. Die Lager wurden angegriffen.Die Internationale Energie
Agentur (IEA) prognostizierte 2009 nach einer erstmaligen Inspektion aller wichtigen
Ölfelder einen globalen Fördermengenrückgang von 6,7 Prozent jährlich.
Den weiteren Verlauf zeichnet die regierungsamtliche U.S. Energy Information Administration
(EIA) als eine sich öffnende Schere: Noch während dieses Jahrzehnts
erleben wir einen Rückgang des Primärenergieangebots aus fossilen Vorräten
um etwa 20 Prozent - bei weiterhin steigender Nachfrage. Wer entschlossen ist,
amtliche Daten grundsätzlich für gefälscht zu halten, kann den
Ernst der Lage ersatzweise auch an den derzeitigen geostrategischen Ränkespielen
in Nordafrika und im Nahen Osten ablesen.Energie und ÖkonomieDie
Energie ist ein blinder Fleck in der an blinden Flecken ohnehin nicht armen Optik
der Ökonomen: Es gibt sie eigentlich nicht. Zwischen Öl alsKraftstoff
und Öl als Schmierstoff gibt es ökonomisch keinen Unterschied.
| Neue Wachstumsgleichungen zeigen,
daß die »Restgröße« der neoklassischen Wachstumstheorie
sich vollständig auföst, wenn der Energieeinsatz nicht nur monetär
zu Faktorkosten, sondern mit seinem tatsächlichen Produktionsbeitrag und
damit als das bewertet wird, was er ist: Arbeitsleistung. | Nach der neoklassischen Wachstumstheorie trugen
die Produktionsfaktoren zu der himmelsstürmenden Wirtschaftsentwicklung im
20. Jahrhundert exakt im Verhältnis ihrer jeweiligen Faktorkostenanteile
mit 65 Prozent (Arbeit), 30 Prozent (Kapital) und fünf Prozent (Energie)
bei. Leitet man unter dieser Prämisse das Wirtschaftswachstum der letzten
100 Jahre nur aus der Veränderung des Inputs dieser Produktionsfaktoren ab,
dann bleibt eine Restgröße, das sogenannte »Solow-Residium«,
das etwa für die Entwicklung der US-Wirtschaft in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts den (für eine »Restgröße« durchaus
ungewöhnlichen) Wert von 87,5 Prozent annahm.Eine Billion Barrel
Öl - und damit das Äquivalent von 15 Billionen Menschenarbeitsjahren
- hat die Weltwirtschaft in etwas mehr als einem Jahrhundert in sich aufgesogen,
doch das Ergebnis wird von den Ökonomen als technischer Fortschritt verbucht
und damit als Kompliment an die Kreativität und den Erfindungsgeist des Menschen
weitergereicht. Diese Umdeutung einer gewaltigen Erbprasserei in eine gewaltige
Leistung hat Folgen: Zum einen bewirkt sie, daß heute jeder Friseurlehrling
mit mit so viel Herablassung auf das Postkutschenzeitalter guckt, als habe er
ganz Wesentliches zu seiner Überwindung beigetragen. Und zum anderen nährt
sie die fortdauernde Illusion, der »Menschheit sei noch immer etwas eingefallen
- und das werde auch so bleiben«. Mit dem Einbruch in die fossilen Langzeitspeicher
der Sonnenenergie ist der Menschheit weniger etwas ein- als vielmehr etwas zugefallen
- alles, was danach kam (Kernenergie, Photovoltaik), waren abgeleitete Techniken,
insofern sie den Rückgriff auf diesen gutgefüllten Energietank zur Voraussetzung
haben.Alles liquide. Energie und GeldFür die 60
Jahre des voll strömenden Öls (ab 1950) war die Kernfrage der Wirtschaft
und des Lebens nicht mehr »Woher die Energie nehmen?«, sondern deren
glatte Umkehrung: »Wohin mit der Energie?« Die Antwort ist bekannt:
eine in immer neuen Wellen anbrandende, schwindelerregende Mobilisierung, Motorisierung
und Elektrifizierung des Lebens und eineErsetzung aller kurzgeschlossenen, energiearmen
Kreisläufe durch technisch arrangierte und energieintensive Prozesse. Verbunden
war das mitzwei menschheitsgeschichtlich überaus markanten Kehren:
Zum ersten wurde der Mensch von einer (produktiven) Energiequelle zu einer konsumtiven
Energiesenke - ein Vorgang, der anthropologisch und seelenkundlich noch gar nicht
richtig gewürdigt wurde, obwohl sich seine Folgen seit drei Jahrzehnten in
den psychosomatischen Praxen und Kliniken deutlich bemerkbar machen.Zum
zweiten: Der Kapitalismus war vor seiner Petroleumflutung eine sparsamkeitsgetriebene
Veranstaltung: Investitionen mußten aus Ersparnissen finanziert werden,
die ihrerseits nur durch Konsumverzicht gebildet werden konnten (sei es aus eigenem
Konsumverzicht oder aus dem anderer Leute, die dann als Kreditgeber fungieren
konnten). Das war der »asketische« Kapitalismus Max Webers - eine
in vieler Hinsicht neue Formation, aber immer noch tief verbunden mit den Knappheitserfahrungen
der ... Menschheitsgeschichte. Die Antwort auf die Frage »Wohin
mit der Energie?« verlangte freilich eine andere Mentalität als Webers
»protestantische Ethik«, andere Allokationsmechanismen als »Investition
aus Ersparnis und Ersparnis aus Verzicht« und vor allem eine volle Mobilisierung
der - unter en vorherigen Knappheitsbedingungen quantitativ noch völlig unausgeloteten
- menschlichen Konsumkraft. Die Mittel zur Finanzierung der investiven und der
konsumtiven Seite der ungeheuren Wirtschaftsexpansion waren nun nicht mehr dem
Vergangenheits- und Gegenwartskonsum abgespart, sondern wurden der Zukunft entnommen,
die gar nicht mehr anders vorgestellt werden könnte als eine um weitere »Zuwächse«
jedweder Art aufgespeckte Gegenwart.Die Industriegesellschaften
gingen - in betriebswirtschaftlicher Terminologie - von einer »Innenfinanzierung«
(aus thesaurierten Überschüssen) zu einer »Fremdfinanzierung«
(aus zukünftigem Sozialprodukt) über. Die Mittel dazu waren:
Das Ende der stofflichen Deckung der Währungen mit der Kündigung von
Bretton Woods im August 1971. Die Entgoldung des Geldes und seine Verwandlung
in frei schöpfbares Schaumgeld. **
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Die Loslösung des »Kredits« vom »Geld«,
indem die Kreditvolumina sich in steiler Kurve von den Bankeinlagen »emanzipierten«.
Moritz Schularick (FU Berlin) und Alan Taylor zeigen in einer vor kurzem erschienenen
wirtschaftsgeschichtlichen Studie, daß die Periode von 1870 bis zum Ende
der Weltkriege noch eine Periode des »Geldes« war, die in den späten
1950er Jahren von einer Epoche des Kredits abgelöst wurde. Von da an: Ölschleusen
offen, Kreditschleusen offen - also volle Schußfahrt in den hedonistischen
Kapitalismus, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Ausbruch
kam.Das Scharnier für diesen Umschlag waren die 1960er/1970er Jahre,
in denen die Kohle- von der Olförderung abgelöst wurde, wobei die noch
während des Kohlezeitalters brutal präsente Tatsache, daß die
Energiegewinnung Energie erfordert, dank der Ferne der Förderstätten
und automatisierter Transport- und Veredelungsprozesse gnädig verblaßte.
Dies war die materielle Grundlage für das Aufkommen jener merkwürdig
lebensfremden Weltanschauungen, wie sie sich in der hedonistischen Kulturrevolution
der 68er durchsetzten. Die dadurch angestoßenen Veränderungen der Mentalitäten
sind in der Nachfolge von Robert Ingleharts Silent Revolution (1977) in
der Debatte über neue, nämlich »postmaterielleWertorientierungen«
verhandelt worden.Die »postmaterielle« Orientierung der neuen,
ergrünenden Milieus kam vor allen Dingen darin zum Ausdruck, daß bei
ihnen die »Sorge um etwas« (z.B. das tägliche Brot) völlig
von der »Lust auf etwas« (z:B. die täglich Bruschetta) ersetzt
worden war. Ansonsten pflegt das »postmaterielle« Milieu den ressourcenverschwenderischsten
Lebensstil und die größte Umweltsensibilität mit der gleichen
Innigkeit. Verständlich ist auch,daß es den Wechsel von den schmutzigen
fossilen zu den »erneuerbaren Energien« (Anführungstriche
von mir, denn »erneuerbare Energien« gibt es nicht [**]!
[HB]) mit Nachdruck fordert, denn es verbindet mit lezteren in schöner
Einfalt vor allem die Vorstellung von sehr viel Sonne, wenig Arbeit und schierer
Unerschöpflichkeit.Gewiß: Die ganze Formation hatte sich über
mehr als ein Jahrhundert vorbereitet, ineinem Prozeß, der allerdings immer
wieder krisen- und kriegsbedingt zurückgeworfen und durch hartnäckigen
kulturellen Widerstand gebremst worden war. Erst jetzt, bei vollem Zustrom scheinbar
unbegrenzter Energiequellen und unbegrenzten Kredits, brachen die ämme, und
karnevalistische Endphase der Moderne konnte sich rein entfalten: mit ihren verblüffen-den
Neuarrangements von Individuum und Gesellschaft, Ich und Es, Mann und Frau, oben
und unten, Trieb, Triebverzicht und Triebverzichtverzicht, in der fieberhaften
Atmosphäre eines wirtschaftlich hochgeheizten Treibhauses, in dem der letzte
verbliebene Rest an gesundem Menschenverstand und an nüchternem, über
Jahrtausende aufgebautem Sinn für die irdischen Realitäten verdampfen
konnte. | »Und
wenn die Revolution in den Metropolen stattfindet, ist alles möglich. Man
kann sich fast ausdenken, was man will, weil die Produktionskräfte es
ja hergeben.« (Bernd Rabehl, in: »Ein Gespräch über die
Zukunft. H. M. Enzensberger mit Rudi Dutschke, Bernd Rabehl und Christian
Semler, in: Kursbuch 14, 1968). |
Klar ist, daß diese Atmosphäre die Ewige Linke in
beträchtliche Euphorie versetzte: denn nun konnte anscheind »der materialistische
Bann, der biblische Fluch der notwendigen Arbeit technologisch gebrochen werden«
(Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse, 1969, S. 80). Ebenso klar
ist, daß das konservative Motiv - zu leben aus dem, was immer gilt - in
eine völlige, bis heute anhaltende Betäubung geraten mußte.Der
1. Teil der Wand: Der Nettoenergiefaktor
| Die Begriffe »Nettoenergiefaktor«,
Erntefaktor, EROI oder EROEI, Payback- oder Amortisationszeit
beschreiben mit jeweils leichten Perspektivenverschiebungen mathematisch das
grundlegende Verhältnis der aufgewendeten zur geernteten Energeimenge
oder Arbeitsleistung. Die Methodiken der Ermittlung solcher Kennzahlen sind nicht
normiert, entsprechend unterschiedlich sind die Ergebnisse, je nachdem, welche
Energielobbygruppe gerade rechnen läßt. | Die Energiegewinnung kostet Energie, und mittlerweile
immer mehr. Bei allen Rettungsszenarien - gleich ob in Richtung Atom- oder »erneuerbare
Energien« (**)
oder »Wasserstoffwirtschaft« - wird die folgende Grundfrage regelmäßig
abgedunkelt: Wie ist der Nettoenergiefaktor als das Verhältnis von gewonnener
zu aufzuwendender Energie?Bei konventionellen Olförderung hat sich
aufgrund sinkender Ergiebigkeit der Felder dieses Verhältnis schon von 100:1
auf 8:1 verschlechtert. Bei der unkonventionellen Öl- und Gasförderung
(Teersande und Schiefergas) sackt es weiter ab und wird bei voller Berücksichtigung
aller Energieaufwendungen zur Beseitigung von Folge- und »Ewigkeitslasten«
bei entsprechend ausgedehntem Betrachtungszeitraum negativ. Die diversen Lobbygruppen
der Wind- bzw. Solar- oder Atomenergie rechnen sich die Verhältnisse regelmäßig
schön, und zwar dadurch, daß sie den Aufwand nur innerhalb einer sehr
engen Grenze um den eigentlichen Kernprozeß der Energieumwandlung ansetzen.
Der energetische Aufwand zur Gewinnung von Windstrom z.B. startet aber nicht mit
der Installation der Anlage, sondern mit der Erschließung des Erzbergwerkes
als Voraussetzung der Stahlproduktion für die Turbinen, und er endet nicht
mit der Netzübergabe, sondern hat anteilig auch die bei Bau und Unterhalt
der Netze und der Speicherkapazitäten anfallenden Energiedienstleistungen
zu decken. Die Betreiber von Windkraftparks und Photovoltaikanlagen machen es
sich hinsichtlich der in ihre Anlagen eingeflossenen Energievorleistungen so einfach
wie der grüne Weltenbummler, der sich die Peinlichkeit, auf seinem Flug in
die USA ebensoviel Energie verbrannt zu haben wie ein Sportwagen während
eines ganzen Betriebsjahres, durch die Erwägung mildert: »Den Flieger
gab's doch schon, und geflogen wäre der auch ohne mich.«Die
Problematik des Nettoenergiefaktors ist der entscheidende Punkt: Der Aufwand für
die Gewinnung von Energiedienstleistungen und für den Unterhalt der entsprechenden
Infrastruktur wird in allen Szenarien zu Lasten des konsumtiv oder investiv verwendbaren
Anteils immer weiter steigen, bis es an einem logischen Endpunkt (der in Charles
Halls »Cheese-Slicer-Modell« spätestens 2050 eintritt) kein disponibles
Energieeinkommen mehr gibt, das für konsumtive oder investive Zwecke verfügbar
wäre.Der 2. Teil der Wand: Die stets erneuerbaren HoffnungenDie
konventionellen fossilen Energiequellen sind im Niedergang, der bein Öl schnell,
beim Erdgas etwas langsamer spürbar werden wird. Und der fossile Energieträger
mit der größten Reichweite (bis 150 Jahre), die Kohle, ist durch das
CO2-Dogma aus dem Spiel gebracht. Die »erneuerbaren Energien«
(Anführungstriche von mir, denn »erneuerbare
Energien« gibt es nicht [**]!
[HB]) - also Wasser, Wind, Solarthermie, Photovoltaik - leisten derzeit
einen Beitrag von 6 Prozent zum Primärenergieverbrauch und 16 Prozent zur
Stromerzeugung in Deutschland. Dieser Beitrag ist wirtschaftlich an hohe Subventionen
und Marktstützungen und energetisch und stofflich an massive Vorleistungen
aus »fossilen« Quellen gebunden (vorausgesetzt,
sie sind alle wirklich fossil - das wissen wir nicht
in jedem Fall-, daher die Anführingsstriche von mir [HB]). Sie sind
derzeit nur lebensfähig mit den »fossilen« Energieträgern
als großzügigem Sponsor.Das gilt in ähnlicher Weise für
die Kernkrafttechniken, die ohne gesetzliche Haftungsfreistellungen schon allein
an versicherungsmathematischen Kalkülen scheitern würden. Im übrigen
ist die Energiegewinnung aus Kernspaltungsprozessen (oder gar Kernfusionsprozessen,
bei denen kosmische Temperaturen zu handhaben sind) ein Unternehmen, auf das sich
nur Gesellschaften einlassen, die ihre Kräfte wachsen, nicht aber solche,
die sie schwinden fühlen. Das wird schon in Kürze offenbar werden, wenn
bei enern großflächigen Netzausfall das immense Problem entsteht, die
Kühlung der Reaktoren im dann erzwungenen Inselbetrieb sicherzustellen.Es
ist geradezu abenteuerlich, anzunehmen, daß die derzeit diskutierten Techniken
der »erneuerbaren Energien« (**)
den Verfall der »fossilen« Energiequellen ausgleichen, den nötigen
Umbau der in mehr als hundert Jahren gewachsenen Infrastruktur tragen und dabei
noch einen positiven Gesamt-EROI liefern könnten.Um die Größenordnungen
des Bedarfs noch einmal klarzumachen: Um den von der IEA prognostizierten Fördermengenrückgang
aus konventionellen Feldern (von jährlich 6,7 Prozent) auszugleichen, müßte
alle zwei Jahre die gesamte Leistung Saudi-Arabiens - des mit zwölf Millionen
Barrel Förderkapazität zweitgrößten Erdölproduzenten
der Welt - neu an den Markt kommen. Um den gleichzeitig erwarteten Nachfragezuwachs
nach Primärenergie von 2,5 Prozent p.a. (auf einen gegebenen Welttagesverbrauch
von 80 Millionen Barrel/Tag) zu befriedigen, müßte alle fünf Jahre
ein weiteres Saudi-Arabien entdeckt, erschlossen und produktiv gemacht werden.
Das wird selbstverständlich nicht passieren. Nirgendwo sind Projekte von
auch nur annähernder Größenordnung geplant, geschweige denn in
Arbeit.Zudem können die »erneuerbaren Energien« (Anführungstriche
von mir, denn »erneuerbare Energien« gibt es nicht [**]!
[HB]) derzeit nur einen Beitrag zur Stromversorgung leisten, nicht aber
die immensen stofflichen Leistungen des Erdöls in der chemischen Industrie
und für die Landwirtschaft substituieren, und die Frage, auf welchem (Um-)Weg
sie die Wärmekraftmaschinen des »fossilen« Zeitalters befeuern
sollen, ist gleichfalls ungeklärt. Es gibt keine Idee, wie mit Wind- und
Sonnenstrom Erzbergwerke, Stahlhütten und Großschmieden betrieben werden
sollen, die aber allesamt Voraussetzungen für die Produktion von Wind- und
Solarenergieanlagen sind. Um wenigstens die Stromversorgung sichern zu können,
brauchen die stark fluktuierenden Wind- und Photovoltaik-Kraftwerke unvorstellbare
Speicherkapazitäten, zu denen es bisher nur stark techno-delirische Entwürfe
gibt.Und: Wer, wie die Bundesregierung, bis zum Jahre 2050 die Hälfte
unseres Primärenergiebedarfs aus »erneuerbaren Energien« (**)
decken will, sollte sich zunächst mal die Frage stellen, ob die andere, die
»fossile« Hälfte dann überhaupt noch zur Verfügung
steht - falls nicht, kann er die zweite Hälfte nämlich auch vergessen.Die
Vorstellung jedenfalls, daß wir den derzeitigen »Wohlstand«,
die derzeitige Energieintensität des Lebens erhalten könnten, indem
wir die schmutzigen, aber energiedichten Energieträger Öl, Kohle und
Gas durch Sonne, Wind, Wasser und andere urlaubsbunte Garnituren substituieren,
ist nichts anderes als eine gutgelaunte Kritzelei auf einer hübschen Ansichtskarte
aus dem grünen Utopia.Der 3. Teil der Wand: Landwirtschaft und
NahrungEin politisch völlig ausgeblendetes Poblem ist das der
Nahrungsmittelversorgung im Falle einer Energieverknappung. Die Steigerung der
Arbeits- und Flächenproduktivität der europäischen Landwirtschaft
seit 1950 ging nicht nur einher mit einem völligen Verfall ihrer Energieproduktivität,
sondern war geradezu bedingt durch diesen. Jede Kalorie auf jedem Teller beinhaltet
zehn bis 20 Kalorien an »fossilen« Energien.Das heißt:
Der Urproduzent Landwirtschaft ist kein Energieproduzent mehr, sondern ein Energiekonsument.
Die genauesten Daten zur Energieintensität der heutigen Landwirtschaft stammen
aus den USA von den Forschergruppen um Charles Hall und David John Pimentel. Danach
überschüttet die US-Landwirtschaft auf dem Umweg über Ihre Nahrungsmittelproduktion
jeden Bürger der USA mit 1500 Litern Öl jährlich (Düngemittel,
Kraft- und Treibstoffe). Das führte bei den US-Amerikanern zu der Erkenntnis:
»We are eating fuels«, was sie aber bei etwas feinerem Geschmacksempfinden
auch ohne aufwendige Input-Output-Analysen hätten feststellen können.
Ein Liter Öl hat einen Energiegehalt von 8800 kcal, 1500 Liter repräsentieren
demnach 13 200 000 kcal. Das heißt: Mit der täglichen Einverleibung
von 2000 bis 3000 kcal werden energetisch etwa 36000 kcal beansprucht, wobei der
Energieaufwand für die »Veredelungsleistungen« der Lebensmittelindustrie
und jene 30 bis 40 Prozent des Stromkonsums, die im Privathaushalt mittlerweile
fürs Tiefkühlen, Auftauen und Garen von Lebensmitteln verausgabt werden,
noch gar nicht eingerechnet sind.In Deutschland mögen die Daten
etwas weniger extrem sein; abera uch wir essen Öl. Und jede Ölknappheit
wird das System dieser völlig ölabhängigen Nahrungsmittelproduktion
sofort kollabieren lassen. Dies ist eine völlig neue Situation: Unter den
katastrophischsten Umständen - nach Kriegen und extremen Klimaereignissen
- hat die landwirtschaftliche Produktion, wenn auch mit Einschränkungen und
Notbehelfen, wieder anspringen können. Das kann sie diesmal, nach unserem
kurzzeitigen Ausflug ins Schlaraffenland, nicht mehr. Sie steht ebenso still wie
alles andere.Die Klemme: Kein AuswegDas
»Wachstum, das wir brauchen«, brauchen wir, damit die Zinslasten aus
der öffentlichen, gewerblichen und privaten Verschuldung bedient werden können.
Dieses Wachstum werden wir aber durch den kommenden Energieengpaß in der
physischen Wirtschaft nicht hindurchtreiben können. Mit sich verengenden
Wachstumsperspektiven verliert aber das »Zukünftige Sozialprodukt«
als der letzte Großbürge für all die Schuldenmassen seine Bonität.
Banken oder auch Staaten in den »verdienten« Bankrott zu schicken,
ist keine Lösung, denn deren Schulden sind auf irgendeinem anderen Konto
als Vermögen gebucht. Jede durch Insolvenz auf Null gestellte Verbindlichkeit
nimmt einen gleich großen Vermögenstitel mit in den Orkus - und keineswegs
nur die Bankguthaben der Geldeliten, sondern ebenso Spareinlagen, Lebensversicherungen
und Rentenansprüche. Selbst die wölfischen Hedgefonds sind ja auch im
Auftrag ganzer Dackelpopulationen unterwegs, die sich von deren Beutelust ein
Zubrot im Rentenalter versprechen. Aus dem Bankrott (von Banken oder Staaten)
wird also ab einem bestimmten kritischen Punkt ein mit Kettenreaktion und Dominoeffekt
um den Globus rasender Gesamtbankrott. Um das zu vermeiden, nimmt gerade der deutsche
Staat - ohnehin völlig ausgelaugt, seit er vom »Vater Staat«
zur Mutterkuh gegendert wurde - die Schulden der halben Welt auf seine gebeugten
Schultern.Der Weg in eine »Steady-State«-Ökonomie, eine
Nachwachstums- oder eine Nachkohlenstoffgesellschaft ist zwar durch die kommende
Energieverknappung definitiv vorgezeichnet, aber es gibt keine Idee, wie er ohne
ein Stück »Freien Falls« aus der Schuldenfalle hinaus zu erreichen
wäre. Das System ist also, um das Mindeste zu sagen, hoch gestreßt
und balanciert äußerst mühsam und mit unsicheren Schritten auf
dem Grat eines nach allen Seiten steil abfallenden Gipfels. Es wird nach unten
gehen - sei es im Stürzen, im Rutschen oder doch, im besten Falle, mit einer
heiklen, größte Umsicht erfordernden Kletterpartie. ---Der
Weltenlauf ist offenbar auch eine regulative Veranstaltung zur Behebung von Störungen.
Wo ein Zuviel sich aufbaut, da kommt die Hemmung, und wo eine Ermüdung eingetreten
ist, da wird befeuert. Die Amplituden schießen manchmal ein sehr weites
Stück nach außen. (Und es ist hart, wenn der eigene Lebenskreis ausgerechnet
auf diesem Kurvenstück verläuft.) Doch irgendwann, weit früher,
als man's merkt und hört, öffnen sich die Ventile, damit die Rückstellkräfte
wirksam werden. Und dann - nach welchen Wirren auch immer - kann man wieder aus
dem leben, was immer gilt. Und dazu zählt, ganz einfach, daß Bäume
niemals in den Himmel wachsen. (Ebd., Februar 2012). |