3) Die Diskursutopie
Im
Rückblick war die Neuzeit die Epoche, in der mit zunehmendem empirischen
Wissen die Glaubensgewißheiten nachließen. Zwar hatte sich der Horizont
geweitet: Das geozentrische Weltbild wurde durch ein kosmologisches ersetzt. Doch
warf jede beantwortete Frage drei neue auf und trug vielen Menschen mehr Verunsicherung
ein als Gefühle der Geborgenheit. Die Diskursutopie bildet die vorerst letzte
Nachwehe der Epochen voller Erlösungshoffnungen und Glaubensgewißheiten.
In der mittelalterlichen Scholastik hatte die certitudo obiecti geherrscht:
der Glaube an die sichere Erkennbarkeit des unwandelbar Feststehenden. Für
ewig feststehende Objekte hatte man die abstrakte Ideen und vor allem deren höchste
gehalten: Gott. Die frühe Neuzeit ersetzte diese Gewißheit durch die
certitudo modi procedendi, die ihre letzte Ausprägung in der Diskursutopie
gefunden hat. Inhalt dieser neuen Lehre war die Vorstellung, durch bestimmte Verfahrensweisen
sichere Gewißheit zu erlangen: Wenn nur die richtige Prozedur des Erkenntnisgewinns
eingehalten werde, stehe am Ende die Erkenntnis der Wahrheit. »Dem Axiom,
die Gewißheit der Erkenntnis würde von der Beständigkeit des Erkenntnisgegenstandes
abhängen, wurde entgegengehalten, daß die Zuverlässigkeit der
Erkenntnis auf die Stichhaltigkeit der dabei angewandten Erkenntnismethode angewiesen
sei.« (Panajotis Kondylis, Die neuzeitliche Metaphysikkritik, 1990,
S. 49 u.a.; ders, Die Aufklärung im Rahmen des neuzeitlichen Rationalismus,
1981, S. 185). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung,
1995, S. 133).Diese certitudo modi procedendi beseelt alle
modernen »prozeduralistischen« Rechts-, Gerechtigkeits- und Morallehren.
Sie sind einig in der Glaubensgewißheit: Es könne Gewißheit über
ein universalisierbares Recht überhaupt geben, ebenso über die eine
Gerechtigkeit und die eine Moral. Dieser Glaube an einen Modus procedendi
als sicherer Weg zur Erkenntnis ist in seinem Kern metaphysisch. Erst hatte der
Glaube an feste ideale Erkenntnisgegenstände abtreten müssen.
Später brachten uns moderne Physiker wie Heisenberg selbst um die Gewißheit,
über alle realen physischen Vorgänge sichere Aussagen treffen zu können.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 133).Mit
dem prozeduralistischen Glauben, durch Anwendung diskursiver Verfahrenstechniken
wenigstens im zwischenmenschlichen Leben so etwas wie Sicherheit über allgemeingültige
Werte oder Prinzipien gewinnen zu können, wird die vorerst letzte Illusion
abtreten, der teleologische Glaube nämlich: Das Prozedurale selbst sei die
endgültige Antwort und der Königsweg zur Erkenntnis von irgend etwas
Absolutem. Wenn die letzte »Wahrheit« aus dem Feld geschlagen und
die Illusion der Erkennbarkeit von irgend etwas zwischenmenschlich endgültig
»Wahrem« begraben sein wird, werden wir frei sein. (Klaus Kunze,
Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 133-134).
3.1)
Keine Legitimität durch Verfahrenstechnik
Alle
Kommunikationstheorien sieht Habermas »unter den Bedingungen nachmetaphysischen
Denkens« in einem spezifischen Dilemma, in das sich jede Ethik verstricken
muß, die allgemeine Gültigkeit beansprucht. »Solange sie nämlich
substantielle Aussagen macht, bleiben ihre Prämissen dem Entstehungskontext
bestimmter historischer oder gar persönlicher Selbst- und Weltdeutungen verhaftet;
sobald sie hinreichend formal ist, besteht ihre Substanz aber nur noch darin,
das Verfahren ethischer Selbstverständigungsdiskurse zu erläutern.«
Habermas Diskurstheorie erhebt den Anspruch, »nachmetaphysisch«
ohne amtlich zu verordnende Wertsetzungen auszukommen: Ausschließlich das
prozedurale Zustandekommen von Gesetzen ohne irgendwelche inhaltliche apriorische
Rechtsprinzipien könne so etwas wie Gerechtigkeit erzeugen. Ganz richtig
erkennt er zunächst an: wer für seine höchsten Güter und Werte
universale Geltung beanspruche, vergegenständliche sie zu »ansichseienden
Entitäten«, die wir uns ja dank Ockhams Rasiermesser vom Halse halten.
(Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 87f.,
232, 312). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995,
S. 134).Nur »die Verfahrensbedingungen der demokratischen
Genese von Gesetzen sichert die Legitimität des gesatzten Rechts.«
Alle inhaltlichen Wertsetzungen stehen angeblich zur Disposition. Sie müssen
das sogar und dürfen weder staatlich vorgegeben noch etwa durch ein staatliches
Gericht judikativ aufgezwungen werden, sonst verwandelt sich das Verfassungsgericht
»dadurch, daß es sich von der Idee der Verwirklichung verfassungsrechtlich
vorgegebener materialer Werte leiten läßt, in eine autoritäre
Instanz.« Die Wertordnungslehre des Bundesverfassungsgerichts, die von vorgegebenen
Verfassungsentscheidungen für Werte wie der Menschenwürde ausgeht, berge
die Gefahr »irrationaler Urteile«. Unter den »Bedingungen des
kulturellen und gesellschaftlichen Pluralismus« dürfe die Verfassung
nicht als eine »konkrete Gesamtrechtsordnung begriffen werden, die der Gesellschaft
a priori eine bestimmte Lebensform überstülpt.« - Habermas
steigert sich geradezu in einen kommunikativen Begeisterungstaumel und schwärmt
von einem »Pluralismus der Überzeugungen und Interessen«, der
im »Verfahren vollständig prozeduralisierter Vernunft« zur Geltung
komme. Kein Verfahrensergebnis - hier vermeidet er das verpönte Wort Entscheidung
- sei legitim, das sich nicht unter »fallibilistischem Vorbehalt und auf
der Grundlage anarchisch entfesselter kommunikativer Freiheit« eingespielt
habe. »Im Taumel dieser Freiheit gibt es keine Fixpunkte mehr außer
dem des demokratischen Verfahrens selber.« (Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität
und Geltung, 1992, S. 315, 316, 320, 228f.). Nähmen wir diese Utopie
zum Nennwert, spräche nichts gegen ein formal ordnungsgemäß zustandegekommenes
Gesetz, in dem mit demokratischer Mehrheit allen »Faschisten« das
Lebensrecht abgesprochen und sie auf die Guillotine geschickt werden würden.
Warum auch nicht, wenn es keine »Fixpunkte« mehr gibt? Sokrates war
schließlich auch in demokratischer Abstimmung zum Schierlingsbecher verurteilt
worden. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S.
134-135).Tatsächlich gleicht Habermas Utopie der Quadratur
des Kreises, und seine kommunikative Rechtstheorie verstrickt sich in unauflösliche
Selbstwidersprüche. Der zentrale Widerspruch besteht darin, daß sie
die Voraussetzungen eines faktisch bestehenden politischen Systems, in dem sie
gelten könnte, nicht erzeugen kann, ohne gegen ihre eigenen Prämissen
zu verstoßen. Entgegen ihrem Anspruch muß sie nämlich mehr sein
als ein abstraktes Verfahren »vollständig prozeduralisierter Vernunft«;
und zwar muß sie ihre eigenen Wirksamkeitsvoraussetzungen als ethische Tugenden
postulieren und durchsetzen. Denjenigen, die nicht an sie glauben, werden die
kommunikativen Tugenden notfalls eingetrichtert: »in der Regel kein repressionsfreier
Vorgang.« (Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung,
1992, S. 91). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995,
S. 135).Nicht nur ihre Anwendungsvoraussetzungen, auch sich selbst
muß die kommunikative Vernunft entweder metaphysisch begründen - Diskurs
ist einfach gut, basta - oder mittels eines klassischen Zirkelschlusses. Dieser
könnte etwa lauten: Die Theorie der kommunikativen Vernunft stimmt, wie sich
sofort ergibt, wenn man ihre Richtigkeit mit den Mitteln kommunikativer Vernunft
nachprüft. Entgegen solchem Zirkelschluß kann sich die zur normativen
Regel erhobene Vernunft genausowenig an sich selbst legitimieren wie jede andere
Norm: Keine nämlich »kann sich an sich selbst legitimieren.«
(Carl Schmitt, Verfassungslehre, 1928, S. 90) Auf die skeptischen Fragen:
»Warum eigentlich vernünftig sein - und wer entscheidet darüber,
was konkret als vernünftig gelten darf?«, vermag sie nur treuherzig
im Zirkel schließend zu antworten: »Vernünftig müssen wir
sein, weil das vernünftig ist; und was konkret vernünftig ist, überlassen
wir dem Walten der kommunikativen Vernunft.« Bereits das ist aber eine »substantielle
Aussage, deren Prämissen dem Entstehungskontext einer bestimmten historischen
und persönlichen Selbst- und Weltdeutungen verhaftet« ist,wie Habermas
- bezogen auf andere - selbst formuliert. ( ).
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 135).Ohne
es offen einzugestehen, geht Habermas von allen denjenigen Wertprinzipien aus,
ohne die man in der zwischenmenschlichen Wirklichkeit gar keinen Diskurs führen
kann: Konsensfähigkeit, Rationalität, Friedfertigkeit und andere mehr.
In der Wirklichkeit findet er eine willkürliche Fülle von ethisch Relativem
vor. Dieses ethisch Kontingente »schickt er durch die formenden Prozesse
des Diskurses, an deren Ende zufällig genau das herauskommt, was in den Augen
einer materialen Wertethik vorgegeben ist. Sollte ein Diskurs etwas anderes, weniger
Wertvolles ergeben, so erklärt Habermas das damit, daß der Diskurs
fehlerhaft war. Nur der ideale Diskurs erzeugt richtige Ergebnisse, sagt er -
und gelangt so durch die Hintertür denn doch in die Sphäre des Idealen,
die unter den Bedingungen nachmetaphysischen Denkens eigentlich tabu
ist. ( ).
Hysteron proteron nannten die Griechen solche Schlüsse - das Abgeleitete
als erstes.« (Sibylle Tönnies, Der leere Wertehimmel über Karlsruhe,
in: FAZ, 22.11.1996). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung,
1995, S. 136).Die Diskurstheorie erhebt konkret den Geltungsanspruch
derjenigen Menschen, die ihre Identität im kommunizierenden Diskurs finden
und deren gesellschaftlicher Einfluß unter den Bedingungen des immerwährenden
Gesprächs wächst. Nur scheinbar ersetzen sie die konkrete Wertentscheidung
und die Normsetzung durch eine sich selbst steuernde kommunikative Vernunft. Es
gibt nämlich überhaupt keine kommunikative Vernunft als wirklich existierende
oder steuernde Person. Die Vernunft oder die Kommunikation oder den Diskurs gibt
es nicht - sie sind nichts als Begriffe, ein Hauch der Stimme, eine Fiktion. Es
gibt nur Menschen, die ein bestimmtes Tun für vernünftig halten, es
gibt Menschen, die miteinander sprechen und so ihren Einfluß gegeneinander
mehr oder weniger erfolgreich geltend machen. Der »ideale Diskurs«
ist »nur ein Denkprozeß«, der »sich allein in den Köpfen
der Diskursethiker abspielt und prinzipiell keine Inhalte hat.« (Arthur
Kaufmann, Grundprobleme der Rechtsphilosophie, 1994, S. 227). (Klaus
Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 136).In
der Nachfolge Rousseaus und seiner Idee des Gesellschaftsvertrages fingiert das
Vertragsmodell, zwischenmenschliches Recht komme durch freie Übereinkunft
aller Rechtsgenossen zustande. Das »bedeutet keineswegs eine Beschreibung
dessen, wie Recht und Staat wirklich entstanden sind, sondern sie stellt ein fiktives
Gedankenexperiment dar«, durchschaut Kaufmann. Ebenso gehe das Diskursmodell
vor: »Auch hier werden die Regeln in einer fiktiven Situation, der idealen
Sprechsituation, gewonnen, auch hier ist der Konsens nur ein gedachter.«
(Vgl. Arthur Kaufmann, Grundprobleme der Rechtsphilosophie, 1994, S. 182,
213). Aus Fiktionen können aber immer wieder nur Fiktionen oder schlimmeres
folgen, nicht Realitäten. Eine aus einer Fiktion gewonnene Norm kann ihrerseits
nicht mehr als eine Fiktion sein. Schon Platon hatte uns mit den Ideen und den
Ideen von den Ideen gequält. Auf jeder erklommenen Abstraktionsebene meinte
er der Wirklichkeit näher zu kommen. Tatsächlich entfernen wir uns aber
mit zunehmender Abstraktion von der Realität und gelangen in ein Wolkenkuckucksheim,
in dem die Fiktionen, die Utopien und die Geister der historischen Götter
spuken. So bleibt auch die Diskurstheorie entweder eine Utopie mit sozialem Sollwert,
oder aber, wenn eine konkrete Rechtsordnung wirklich auf ihr beruhen würde,
ginge sie ausschließlich auf den existentiellen Willen derjenigen Menschen
zurück, die sie zu ihrem Nutzen erlassen haben. Bisher hat es noch niemanden
gegeben, der die Überzeugung, diese Theorie sei ihm nützlich, mit der
für ihre praktische Durchsetzung nötigen sozialen Macht verbinden konnte.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 136-137).Die
tatsächlich menschliche Entscheidung über die Letztgeltung einer Norm
hinter Verfahrensfragen zu verbergen, heißt seine Umwelt zum Narren halten.
Eine Rechtsordnung, in der als Norm nur gilt, was durch allseitige Kommunikation
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch die führenden Rationalisten
rechtsförmig für vernünftig und zustimmungsfähig erklärt
wurde (vgl. Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S.
162), muß gestiftet werden wie jede andere Rechtsordnung auch. Wie jede
Ordnung gilt sie nicht von allein, sondern kraft Entscheidung derjenigen Personen,
die ihr durch ihren übereinstimmenden Rechtssetzungswillen Geltung verschaffen.
Sie gelten also nicht allein aufgrund der Unterstellung eines rational erzielten
Einverständnisses als legitim, sondern - mit den Worten Max Webers ( )
- auch »kraft Oktroyierung aufgrund einer als legitim geltenden Herrschaft
von Menschen über Menschen - und Fügsamkeit.« (Max Weber, Wirtschaft
und Gesellschaft, 1920, S. 26). Dagegen kann nicht eingewandt werden, das
Kriterium der inhaltlichen Richtigkeit und damit Maßstab der Legitimation
einer Norm sei der im Verfahren gewonnene Konsens. (So aber: Reinhold Zippelius,
Recht und Gerechtigkeit in der offenen Gesellschaft, 1994, S. 68-78). Fragen
der materiellen Normrichtigkeit können eben nicht dadurch beantwortet werden,
wobei noch dazu verschwiegen wird, wer über das konkrete anzuwendende Verfahren
entscheidet, in dem der Konsens gebildet werden soll. Darauf allein kommt es aber
an. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 137).Der
Denkfehler der Kommunikationstheorie wird sichtbar, wenn Habermas die prozedurale
Offenheit, die normative Neutralität und die Unparteilichkeit des Diskurses
beschwört: »In einer pluralistischen Gesellschaft wird die Theorie
der Gerechtigkeit nur dann auf Akzeptanz rechnen dürfen, wenn sie sich auf
eine Konzeption beschränkt, die im strikten Sinne nachmetaphysisch ist, nämlich
vermeidet, im Streit konkurrierender Lebensformen und Weltanschauungen Partei
zu ergreifen.« (Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung,
1992, S. 83). Habermas erkennt nicht, daß sich seine Ratio nur immer selbst
bestätigt und daß er mit seinen Zirkelschlüssen selbst Partei
ist, als Herold einer mit anderen konkurrierenden, der kommunikativen, Lebensform
auftritt und sich entsprechend verbissen aufführt: Nicht unparteiisch und
neutral, sondern mit metaphysischem Pathos verkündet er sein Gut und Böse,
seine Moral, seine Vernunft. »Der Feind ist das prä-, post-, gar anti-moderne
Denken. Die Moderne, zu Habermas Leidwesen unvollendet, ist ihm identisch
mit der Aufklärung und beide wiederum mit dem okzidentalen Rationalismus.
Bei solch ungenauer Optik ist die Zahl der feindlichen Monster groß, auf
die Habermas immer blindwütiger einschlägt.« (Günter Maschke,
Sankt Jürgen und der triumphierende Drache, in: Ders., Der Tod
des Carl Schmitt, 1987, S. 151). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit -
Ruf zur Ordnung, 1995, S. 137-138).Günter Maschke hat
bereits 1987 das wesentliche zu Habermas Theorie der kommunikativen Vernunft gesagt:
»Es ist ... offenkundig, daß Habermas' gesamte Theorie auf der Illusion
beruht, die auf ein relativ homogenes und eng begrenztes Publikum bezogenen Diskussionsprinzipien
ließen sich, wie mit dem Storchenschnabel, auf die gesamte Gesellschaft
übertragen ... und auf der noch stupenderen Illusion, in diesem Prozeß
könne und müsse es dann um Wahrheit gehen.« Wer die inhaltliche
Legitimität einer Norm vollständig auf die Frage ihres prozeduralen
Zustandekommens reduziert, muß gegenüber allem Wert inhaltlich gleichgültig
werden. Wenn allein die Methode des kommunikativ erzielten Konsenses die Richtigkeit
der Norm verbürgte, »wäre jede aufgrund korrekter Prozeduren gefällte
Mehrheitsentscheidung demokratisch, unter Umständen auch der Entschluß,
alle Rothaarigen hinzurichten.« (Günter Maschke, Sankt Jürgen
und der triumphierende Drache, in: Ders., Der Tod des Carl Schmitt,
1987, S. 146f.). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung,
1995, S. 138).Habermas möchte diesem Dilemma entgehen, indem
er das beliebige prozedurale Diskursergebnis unter den Vorbehalt der Nachprüfung
durch die eigene, wertgebundene Vernunft stellt. Dieses Vorgehen ähnelt
im Ergebnis demjenigen Kants: Auch der von diesem aufgestellte kategorische Imperativ
ist »offenbar noch nicht das Moralprinzip selbst, sondern erst eine heuristische
Regel dazu, d.h. eine Anweisung, wo es zu suchen sei.« (Arthur Schopenhauer,
Über das Fundament der Moral, in: Werke, Band 7, § 7,
S. 183). »Allerdings nimmt er nicht, wie dieser, eine vernunftrechtliche
Grundnorm an, die - rechtsstaatliche Minimalbedingungen vorausgesetzt - gebietet,
den positiven Gesetzen Folge zu leisten, wie ungerecht immer sie seien.«
(Rald Dreier, Diskurstheorie und Rechtsphilosophie. Bemerkungen zu Jürgen
Habermas' »Faktizität und Geltung«, in: Zeitschrift für
philosophische Forschung, 1994, S. 141). Habermas' »Verfahren legitimer
Rechtsetzung ... besagt nämlich, daß nur die juridischen Gesetze legitime
Geltung beanspruchen dürfen, die in einem ihrerseits rechtlich verfaßten
diskursiven Rechtsetzungsprozeß die Zustimmung aller Rechtsgenossen finden
können.« (Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung,
1992, S. 141). Indem er die Normengeltung unter den Vorbehalt stellt, daß
diese vernünftigerweise die Zustimmung der Vernünftigen finden können,
katapultiert er sich als rationalistischer Norminterpret wieder an den nervus
rerum: Die Herrschaft der Vernunft auszurufen, indem auf die Zustimmungsfähigkeit
seitens aufgeklärter Bürger abgestellt wird, unterwirft die konkrete
Entscheidung über das, was ein aufgeklärter Bürger in concreto
für zustimmungsfähig halten darf, der Entscheidung des Rationalisten.
Die Geltung einer »transzendenten Vernunftautorität« weist Habermas
weit von sich (vgl. Jürgen Habermas, ebd., 1992, S. 347), und mit
Recht: in Wahrheit herrschen unter Geltung der Vernunft konkrete Menschen.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 138-139).Die
Habermas'sche Herrschaft der zustimmungsfähigen Normen führt,
wie die der Vernunft nach Carl Schmitts scharfsinniger Bemerkung, in letzter
Konsequenz nur zur Diktatur der führenden Rationalisten. (Vgl. Carl Schmitt,
Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, 1923, S.
66). Eine derartige Vernunftdiktatur hat es im Verlauf der französischen
Revolution zeitweilig gegeben, und namens der Göttin Vernunft herrschten
diejenigen Menschen, die verbindlich zu bestimmen hatten, was konkret als vernünftig
gelten durfte. Ihre intellektuelle Ausformung hatte diese Lehre von Mercier de
la Rivière erfahren, der 1767 aus »allgemeinsten Vernunftprinzipien«
die Forderung nach einer Vernunftsdiktatur offen erhob: »Die Vernunft diktiert.
Ihr Despotismus hat nicht den Zweck, die Menschen zu Sklaven zu machen, sondern
im Gegenteil ihnen wahre Freiheit und culture zu bringen. .... Aber es
bleibt trotzdem ein persönlicher Despotismus, nämlich desjenigen, der
die evidente Wahrheit erkennt. Wer die richtige, natürliche und wesentliche
Einsicht hat, darf gegenüber jedem, der sie nicht hat oder sich ihr verschließt,
Despot sein.« (Carl Schmitt, Die Diktatur, 1921, S. 111). Weil er
sich mit der Vernunft in vertrauter Einigkeit weiß, duldet er keinerlei
Widerspruch. Dazu neigen besonders Theoretiker der Vernunft, die noch nie einen
tatsächlichen zwischenmenschlichen Konflikt lösen mußten. »Besonders
befällt diese Krankheit die Männer im Dämmer der Studierstube,
die im Bücherstaub der Scholastik aufgewachsen sind und einsam ihren Spekulationen
nachhängen. Bei denen gilt als Todfeind, wer ihre Überzeugungen nicht
als Orakelsprüche nimmt.« (Samuel von Pufendorf, Über die Verfassung
des Deutschen Reiches, 1667, S. 249). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit -
Ruf zur Ordnung, 1995, S. 139).
3.2) Die Paradoxa
der Dikursutopie
Die Kommunikationstheorie ist eine Variante des
Vernunftglaubens. Ihre nicht hinterfragbare Voraussetzung ist es, daß Anwendung
von Vernunft immer vernünftig ist. Die verabsolutierte Vernunftstheorie kann
nicht die Frage beantworten, warum es nicht im Einzelfall vernünftig sein
kann, unvernünftig zu sein. Zweifellos ist das Leben ohne Vernünftigsein
manchmal viel lustiger. .... Wer sich zum Dogmatiker und zum Gefangenen seiner
eigenen Wertentscheidungen macht, ist nicht frei, auch einmal fünf gerade
sein zu lassen. Normativistische Dogmatiker sind aber nicht nur für sich
selbst gefährlich, weil sie dem Käfig ihrer eigenen Hypothesen nicht
entkommen können. Ihr moralischer Machtrausch bildet eine Gefahr für
ihre Mitmenschen. Ihr Dogmatismus verkleidet sich heute als Kritik (vgl. Odo Marquard,
Abschied vom Prinzipiellen, 1981, S. 32): In der Nisthöhle seiner
Moral durfte er nur Gewissen haben, hat sich aber daraus emporgeschwungen
und will nichts weniger als das Gewissen selbst sein. (Klaus Kunze,
Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 139-140).Für
die Kommunikationstheorie sind alle Grundwerte aller Menschen, die nicht die Kommunikationstheorie
vertreten, disponibel. Sie behauptet grundsätzlich von sich, nur eine neutrale
Verfahrenstechnik darzustellen, so daß sie keine anderen Wertsetzungen beinhaltet
als den einzigen des Diskurses. Damit ordnet sie also alle axiomatischen Werte
derjenigen Menschen ihren eigenen Werten unter, die nicht den Diskurs als obersten
Wert haben. Folglich erklärt sie aber die zentralen Grundwerte der Nichtdiskursgläubigen
für disponibel, womit sie deren metaphysische Todfeindschaft auf sich zieht:
Weder wird der religiöse Mensch ein Bedürfnis verspüren, über
seinen Gott zu diskutieren - er wird ihn vielmehr verkünden! - noch
wird der fundamentalistische Ökologe über die Berechtigung der Artenvielfalt
oder die metaphysisch transzendierte Natur diskutieren, oder aber ein ausgesprochener
Patriot sein Leben, das Leben seiner Familie oder seine Existenz zur diskursiven
Disposition stellen. Wer sich also darauf einläßt, handelt töricht,
denn man verhandelt nicht über seine eigene Identität oder sein eigenes
Leben. Indem die Diskurstheorie andere Weltanschauungen dazu einlädt, ihren
Wahrheitsanspruch aufzugeben, verlangt sie ihnen nichts weniger ab als ihre Selbstaufgabe
zugunsten des Glaubens an den Diskurs. Religiöse und andere metaphysische
Weltbilder verlieren ihren fundamentalistischen Charakter nur in der Wunschvorstellung
des Diskurstheoretikers Habermas. (Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität
und Geltung, 1992, S. 32). Würden sie seinem Rat folgen und sich »auf
die fallibilistischen Voraussetzungen des säkularisierten Denkens einlassen,«
würden sie ebenso ihren Wahrheitsanspruch aufgeben wie ein Diskurstheoretiker,
der die Existenz einer göttlichen Wahrheit anerkennt. (Klaus Kunze,
Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 140-141).Alle anderen
Grundwerte anderer Menschen können sich nicht auf den Anspruch der Kommunikationstheorie
einlassen, ohne sich selbst aufzugeben. Indem sie beginnen, über sich selbst
oder ihren obersten Wert zu diskutieren, haben sie bereits den Diskurs als übergeordneten
Wert akzeptiert. Damit befinden sich alle diese Fundamentalisten aber in guter
Gesellschaft des Diskurstheoretikers, der auch über alles diskutieren möchte.
Nur daß die Vertreter des totalen Diskurses über die Berechtigung der
Diskussion im allgemeinen oder des diskursiven Verfahrens im besonderen diskutieren
oder dieses argumentativ in Frage stellen lassen, wurde bisher nicht berichtet.
Damit teilt die Kommunikationstheorie das Schicksal, das dem Liberalismus und
seiner pluralistischen Theorie in allen seinen Anwendungsbereichen widerfährt:
Sie hebt sich in ihren Konsequenzen selbst auf. Beginnen wir also über ihre
Berechtigung zu diskutieren! (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf
zur Ordnung, 1995, S. 141). Auch halten es weder die Kommunikationstheoretiker
noch die Kommunikationspraktiker in den Massenmedien für nötig, sich
etwa durch Diskurs mit jenen unreinen Geistern zu beflecken, die nicht dem Kultus
des neuen Diskursgottes angehören. Man redet nicht mit jenen, sondern allenfalls
noch über sie wie über unheilbar Kranke, deren Gebrechen durch die Kunst
der Gesellschaftsveränderung allmählich aussterben sollen. Auch die
umgekehrte Vorstellung ist utopisch: Selbst die Kommunikationsfreudigsten reden
durchaus nicht mit jedem; es gibt vor allem viele, die überhaupt nicht kommunizieren
wollen, um ihre Konflikte zu lösen, und schon gar nicht mit Kommunikationsaposteln.
Wenn also die Antagonisten der sprachlosen Massengesellschaft wieder mit Keulen
aufeinander losgehen? Wer redet denn heutzutage miteinander, um zu gemeinsamen
Normen zu kommen? Geredet wird nur jeweils innerhalb eng umgrenzter Lager, nicht
aber zwischen den politischen Lagern. Die kommunikative Theorie kann sich nur
selbst erklären, also die internen Abläufe innerhalb derjenigen Gruppen,
die den Gesetzen des Diskurses gehorchen. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 141).Ihre Behauptung, sie kenne
keine inhaltlichen Wertvorgaben und sei weltanschaulich neutral, ist zwar Bestandteil
ihres eigenen ideologischen Selbstverständnisses. Wäre sie aber wirklich
wertneutral und würde sich auf die Verfahrensfragen beschränken, würde
sie das Risiko ihrer eigenen Abschaffung eingehen. Dagegen sträubt sie sich
aber »intuitiv«: »Eingegrenzt wird das ins kommunikative Handeln
eingebaute Risiko durch jene intuitiven Gewißheiten, die sich fraglos von
selbst verstehen, weil sie von allen kommunikativ verfügbaren und mit Absicht
mobilisierbaren Gründen entkoppelt sind. .... Indem die kommunikative Verfügung
über Gründe und die Mobilisierung von Gründen angehalten und damit
Kritik stillgestellt wird, bilden die autoritativ ausgezeichneten Normen und Werte
für die kommunikativ Handelnden einen Datenkranz, der dem Problematisierungssog
ihrer Verständigungsprozesse entzogen bleibt.« (Jürgen Habermas,
Faktizität und Geltung, 1992, S. 55). (Klaus Kunze, Mut zur
Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 141-142).War das klar
genug ausgedrückt? Dieses kommunikationsfeindliche Kauderwelsch soll bedeuten,
daß auch die Diskurstheorie ohne »einen Datenkranz« verordneter
Normen nicht auskommt, an die man einfach glauben muß - »intuitiv«
eben. Carl Schmitt hat sie einmal als die gemeinsame, nicht diskutierte Grundlage
bezeichnet, auf der die Diskussion zur Wahrheitsfindung beruht. (Vgl. Carl Schmitt,
Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, 1923, S.
58). Es muß über alles diskutiert werden, nur die Diskussion selbst
darf nicht zur Diskussion stehen. Im übrigen sind die intuitiven Gewißheiten
der Kommunikationstheorie mit dem verwandt, was das historische Naturrecht für
a priori vernünftig hielt. Mit der Naturrechtstheorie teilt die Theorie
der kommunikativen Vernunft das Dilemma, daß unterschiedlichen Erfahrungssubjekten
ganz unterschiedliche Grundgewißheiten als a priori vernünftig
oder als intuitiv gewiß erscheinen. Was in concreto als intuitiv
gewiß oder a priori vernünftig erscheint, ist eine Frage vorausgehender
wertender Entscheidung. Über ihre ideologischen Prämissen läßt
auch die Theorie der kommunikativen Vernunft offenkundig keine Diskussion zu,
sondern stattet sie mit autoritativer Geltung aus. Es herrscht in der Konsequenz,
wer darüber entscheidet, welche konkreten Fragen nicht zur Diskussion stehen.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 142).Diese
Entscheidungen trifft Habermas, indem er sie als »intuitive Gewißheiten
dem Problematisierungssog entzieht.« Nur vordergründig läßt
er es »dabei bewenden, daß es für jeden Diskurs aufgrund des
besten Arguments eine Lösung gibt, ohne uns aber Hinweise darauf zu geben,
wie diese Lösung aussehen kann, das heißt genauer, welche individuelle
Meta-Ordnung die höchste Priorität erhält.« (L. Kern). Wer
die hinter Habermas nur angeblich inhaltlich »leeren« Verfahrenskriterien
stehenden apriorischen Wertsetzungen nicht sieht, geht seiner funktionalistischen
Fiktion auf den Leim, und genau das soll er ja auch. So wendet Kaufmann gegen
das Diskursmodell nur ein: Um seine Unbestimmtheit und inhaltliche Leere zu beheben,
wäre eine Theorie der Priorität erforderlich, die Habermas aber nicht
vorlege. (Vgl. Arthur Kaufmann, Grundprobleme der Rechtsphilosophie, 1994,
S. 215). Tatsächlich aber gibt es eine solche Priorität für Habermas
doch: seine letzten metaphysischen Gewißheiten. Diese bestehen - typisch
liberal - im Diskurs selbst und einem Naturrecht, das ihn bis in alle Ewigkeit
beschützen soll. Der Diskurs setzt sich selbst als letzten Zweck. Darum ist
es zwecklos, die Diskursutopie nach materiellen Wertinhalten zu befragen. Sie
schämt sich ihrer, weil sie ihrem Selbstverständnis widersprechen. Offiziell
möchte die Diskurstheorie die reine Lehre der Vernunft selbst sein. Das Prinzip
der Dezision aus Furcht vor ihren Konsequenzen ad infinitum zu suspendieren,
ist letztes Motiv aller prozeduralen Theorien und genügt sich selbst als
Wert vollständig. »Religion wird zu einer Frage der diskursiven Überredung,
der Diskurs dagegen zur Glaubenssache.« (Christian Geyer, Dezentriert
- Unbedingtes bei Habermas, in: FAZ, 01.07.1998, S. N5). (Klaus Kunze,
Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 142-143). Zitate aus der 2.
Auflage (1998).Habermas' »intuitive Gewißheiten«
aber haben es in sich: Wer von einer erschaubaren Wertordnung spricht, von seiner
Intuition, der Wesenserkenntnis oder der Ideenschau, läßt dahinter
immer die platonische Ideenlehre erkennen, die jedem normativen Naturrechtssystem
zugrunde liegt. (Vgl. Hans Welzel, Naturrecht und materielle Gerechtigkeit,
1951, S. 227). Wie subjektiv alles angeblich objektive Naturrecht ist, entlarvt
sich kraß, wenn es eingestehen muß: »Diese letzte rechtliche
Ordnung kann nicht wissenschaftlich zwingend bewiesen werden. .... Wohl kann sie
durch die redliche Anspannung der Vernunft und des Gewissens ... mit verhältnismäßig
großer intuitiver Sicherheit ergriffen werden. .... Das Kriterium ihrer
Wahrheit ist das Gefühl innerer Gewißheit, das sie vermitteln.«
(Hermann Weinkauff, Der Naturrechtsgedanke in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes,
in: Neue Juristische Wochenschrift, 1960). - Dieses wohlige Gefühl dürfen
wir den Naturrechtlern gerne lassen. Sie teilen es mit Habermas, aber auch mit
Stalin oder Goebbels, die sich ihrer Wahrheit mindestens so gewiß waren
wie alle, die ihr Wertgefühl als Inbegriff einer objektiven Ordnung ausgeben.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 143).Der
metaphysische Kern der Diskurstheorie begründet den liberalen Glauben: Die
pluralistische Konkurrenz verschiedener Normen und Lebensentwürfe führe
zum Gemeinwohl, nämlich zu einem Idealzustand, in dem »die privaten
Rechtssubjekte« in den »Genuß gleicher subjektiver Freiheiten
gelangen«, weil sie sich »selbst, in gemeinsamer Ausübung ihrer
politischen Autonomie, über ihre berechtigten Interessen und Maßstäbe«
klargeworden sind und sich »auf die relevanten Hinsichten« geeinigt
haben, »unter denen Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden
soll« (Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S.
13): So will Habermas der herrschaftslosen Gesellschaft freier Rechtsgenossen
nahekommen, in der sich »die einzelnen Adressaten der Rechtsnormen zugleich
in ihrer Gesamtheit als vernünftige Urheber dieser Normen verstehen dürfen.«
(Jürgen Habermas, ebd., 1992, S. 52). Die Konzeption ist in ihrem
utopischen Ansatz verwandt mit Rousseaus Fiktion eines Gesellschaftsvertrags,
der am Anfang der Staatsbildung gestanden haben soll. Der in dieser Idee vorausgesetzte
freie Kommunikationsprozeß, ohne den sich gerade nicht »jeder Aktor«
als Miturheber fühlen darf, setzt die zunächst freie Konkurrenz der
Gemeinwohlkonzeptionen voraus. Wenn diese aber mehr sein soll als die Freiheit
zum Bürgerkrieg, muß sich die Idee der diskursiven Einigung über
Grundfragen zwangsläufig als alleinige Gemeinwohlkonzeption empfehlen.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 143).Darin
sieht Huba mit Recht einen Selbstwiderspruch. Ihn suche die Pluralismuskonzeption
mit der These zu verschleiern, sie gebe lediglich Strukturprinzipien vor. Habermas
hält diese Fiktion strikt durch, indem er die Wertsetzungen, ohne die der
aus der Pluralität sich speisende Diskurs nicht funktionieren kann, mit Euphemismen
wie »intuitive Gewißheiten« und täuschenden Bildern wie
dem vom einem »dem Problematisierungssog entzogenen Datenkranz« verbirgt.
Andere Pluralismustheoretiker sind da offenherziger. Huba hat den Fundus solcher
Glaubensgewißheiten bei anderen Pluralismustheoretikern gesichtet und bemerkt,
daß sich der normative »Minimalkonsens immerhin nicht
nur auf »die grundlegenden Menschenrechte« erstrecken, sondern auch
auf politische Demokratie und Sozialstaatlichkeit, überhaupt auf einen »allgemein
anerkannten Wertkodex«, der offensichtlich auch das »direkte Wahlrecht,
das Prinzip der Sozialversicherung, ... die Unentgeltlichkeit des Schulunterrichts
... u.a.m.« umfassen soll. (Vgl. Hermann Huba, Zur Verfassung der Theorie
des Pluralismus, 1994, S. 584; Hans Kremendahl, Pluralismustheorie in Deutschland,
1977, S. 456; Ernst Fraenkel, Strukturanalyse, o.J., S. 356, 355). - Kurzum,
Für die pluralistische Demokratie ist »die Geltung eines Naturrechts
unentbehrlich.« Dessen Früchte muß sie sich vom Baume der Transzendenz
pflücken oder ganz auf sie verzichten. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 144).Hier setzt sich die Kette
der Paradoxien der Kommunikationstheorie fort: Diese Theorie will neutral sein
und nur ein Verfahren zur vernünftigen Lösung von Dissensen zur Verfügung
stellen, bedarf für ihr Funktionieren aber materieller Normen und ist insoweit
doch nicht neutral. Diese materiellen Normen sind konkret diejenigen diskursiven
Primärtugenden, deren Anwendung als Verfahrensbedingung des totalen Diskurses
unerläßlich sind: Habermas nennt die »vollkommene Zwanglosigkeit«,
die »unbegrenzte Teilnehmerschaft«, die Neigung, das eigene Wohl dem
Ergebnis eines Diskurses unterzuordnen, die Bereitschaft, dem anderen zuzuhören
und andere mehr. - Die zweite unaufhebbare Paradoxie besteht darin, daß
die ganze Theorie nur sich selbst erklären kann und unfähig ist, sich
aus ihren eigenen Voraussetzungen sozial zu etablieren: Einerseits will die Diskurstheorie
»unter den Bedingungen nachmetaphysischen Denkens« keine normativen
Inhalte verkünden, vielmehr sollen sich »die Aktoren selbst«
auf normative Regelungen »verständigen«. (Vgl. Jürgen
Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 282, 281, 44). Andererseits
gibt sie keine Antwort für den zu erwartenden Fall, daß sich überhaupt
nicht alle Aktoren auf die Lösung von Normkonflikten verständigen
wollen. Hier bleibt der Diskurstheorie die Wahl, für alle Zeiten prinzipientreue
graue Theorie zu bleiben oder sich durchzusetzen, indem sie das Diskursprinzip
als Primärnorm verkündet, an welches die Aktoren sich halten müssen,
und unter dessen Geltung die Aktoren sich dann auf Sekundärnormen frei verständigen
dürfen. Und: Warum sollen sich die »Aktoren« überhaupt
einigen, wenn nicht, weil der Diskurstheoretiker das will? Wer außer
ihm legitimiert den Konsens? Nach der Diskursutopie müßte die Antwort
lauten: »ein Konsens über den Konsens. Da dies jedoch zu einem infiniten
Regreß führen würde« (Arthur Kaufmann, Grundprobleme
der Rechtsphilosophie, 1994, S. 214), muß Habermas unterstellen, was
doch erst zu beweisen wäre: die Kraft seines »besseren Arguments,«
das eben darum das bessere sein soll, weil es aus dem Diskurs gewonnen wurde.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 144-145).Die
Diskurstheorie ist als Variante des Pluralitätsglaubens stolz auf sich, weil
sie ein Rezept gegen das unfriedliche Austragen fundamentaler Konflikte zu haben
glaubt. Leider gebe es ja noch eine ganze Reihe zurückgebliebener Staaten,
in denen die Macht noch nicht durch liberale »Sozialisationsmuster«
gezähmt sei und die Menschen die entsprechende politische Kultur noch nicht
verinnerlicht haben. »Erst im Rahmen einer solchen politischen Kultur können
nämlich die konfliktreichen subkulturellen Spannungen zwischen konkurrierenden
Lebensformen, Identitäten und Weltbildern toleriert und gewaltlos ausgetragen
werden.« (Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, 1992,
S. 385). Doch woher nimmt die Diskurstheorie noch die Pluralität der Lebensentwürfe,
über die sie konfliktfrei diskutieren möchte, wenn sie die konfliktfreie
Austragungsmöglichkeit von Dissensen doch gerade erst dadurch herbeigeführt
hat, daß alle Bürger durch »liberale Sozialisationsmuster«
imprägniert wurden, also konkurrierende Lebensformen und Weltbilder gar nicht
mehr da sind? Eine konfliktfreie Gesellschaft durch Einimpfen derselben Sozialisationsmuster
schaffen kann jeder: Im katholischen Staat gibt es auch keine gewalttätige
Austragung von Fundamentalkonflikten, denn wenn alle Menschen katholisch sind,
gibt es keine Fundamentalkonflikte, ebensowenig wie in der Monarchie, wenn allen
Bürger monarchische »Sozialisationsmuster« anerzogen worden sind
u.s.w.. Eine liberale Theorie, die sich selbst ernst nimmt und die Voraussetzungen
ihrer faktischen Geltung erzwingen will, gerät in den altbekannten Sog pädagogischer
Zwangsbeglückung durch Erziehungsdiktatur. (Klaus Kunze, Mut zur
Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 145).Wie zu jeder Utopie
gelangt ihr Erfinder durch eine normative Gedankenkonstruktion: Aus der Fülle
der vorgefundenen Phänomene sucht er sich ein ihm besonders passendes heraus,
um es zum Eckstein eines Systems zu machen. Bei der Diskursutopie ist dieses Realitätssplitterchen
die Beobachtung, daß zuweilen zwei Menschen miteinander reden und sich auf
ein Resultat einigen, das ihnen beiden vernünftig erscheint. Dieses Bruchteilchen
der Realität gibt es tatsächlich, so daß dieser Schritt noch ein
empirischer ist. Im zweiten Schritt löst der Utopist es aus seinem sozialen
Zusammenhang und transzendiert es zum alleinigen ethischen Wert. Er heftet ihn
wie einen Stern an sein Ideenfirmament, himmelt sein strahlendes Werk an und betet:
»Wie schön du bist! Dir will ich künftig dienen!«
Aus der Höhe metaphysischer Gefilde läßt der Utopist seine fixe
Idee dann deduktiv herniederstrahlen, und in seinem Lichte sieht er die Wirklichkeit
mit anderen Augen: Alles glänzt in demselben Lichte und denselben Farben
wie seine Idee. In einem dritten Schritt muß der Utopist denjenigen Elementen
der Realität zu Leibe rücken, die sich noch sperren und verweigern.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 145-146).Bei
Habermas liest sich das dann so: Seine höchstpersönlichen Vorlieben
und Abneigungen erklärt er zur »normsetzenden und prüfenden Vernunft«,
die »eine prozedurale Gestalt angenommen« hat. (Vgl. Jürgen Habermas,
Faktizität und Geltung, 1992, S. 349). Nachdem er seine privaten Normsetzungen
so zur Vernunft an sich erklärt und sie als normsetzende Gestalt
hypostasiert hat, konfrontiert er sie in ihrer Pracht mit der von ihm ungeliebten
Wirklichkeit. Die »Gegenüberstellung von Ideal und Wirklichkeit«
ergibt leider, daß »empirische Untersuchungen« die »Politik
in erster Linie als eine Arena von Machtprozessen begreifen.« Über
dieser häßlichen Arena zündet Habermas nun das Licht seines Fixsternes
an: »Eine rekonstruktiv verfahrende Soziologie der Demokratie muß
deshalb ihre Grundbegriffe so wählen, daß sie in den politischen Praktiken,
wie verzerrt auch immer, bereits verkörperte Partikel und Bruchstücke
einer »existierenden Vernunft« identifizieren kann.« Wohlgemerkt:
Im Lichte seiner fixen Idee betrachtet erscheint nicht etwa die Idee selbst verzerrt,
sondern die Wirklichkeit! Indem Habermas die »Grundbegriffe so wählt«,
daß die Realität in ihrem Lichte als verzerrt erscheint, kann er in
der Lebenswirklichkeit immer nur diejenigen Phänomene als unverzerrt und
der Idee gehorchend akzeptieren, die den Voraussetzungen folgen, die er selbst
willkürlich gesetzt hat. Mit anderen Worten: Die Diskurstheorie hat den zweifelhaften
Wert einer jeden Theorie, die nur das erklären kann, was sie selbst schon
voraussetzt. Sie erklärt nur sich selbst und ihren Anwendungsbereich: also
diejenigen Lebenslagen, in denen im Gespräch Einigung erzielt wird, sonst
nichts. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S.
146).Geistesgeschichtlich greift Habermas auf Gedanken des 18.
Jahrhunderts zurück: Er benutzt nämlich den normativ hoch geladenen
Vernunftbegriff der aufklärerischen Hauptströmung. Für deren Rationalismus
war Vernunft nämlich nicht ein formales Instrument der Erkenntnis
ohne mitgebrachten Inhalt. Sie wandte sich polemisch gegen den cartesianischen
Intellektualismus und setzte dessen »kaltem« Intellekt ihre werthafte
Ratio entgegen. (Vgl. Panajotis Kondylis, Die Aufklärung im Rahmen des
neuzeitlichen Rationalismus, 1981, S. 336). Descartes hatte die Moral retten
wollen, indem er ein dualistisches Weltbild mit Trennung von Diesseits und Jenseits
vertrat. Was sich intellektuell nicht erschließen ließ wie die Moral,
wurde ins Jenseits gerettet. Dagegen wendet sich ganz im Stile der rationalistischen
Aufklärung Habermas: Im Rahmen seines monistischen Weltbildes muß er
ohne Jenseits auskommen und ist daher gezwungen, die Geltung seiner Moral aus
»dem wahren Wesen« des Diesseits abzuleiten. Er schreibt daher »der
menschlichen Natur« selbst normative Inhalte zu. Diese kristallisieren sich
um die optimistische Behauptung, das »wahre« Wesen des Menschen bestehe
darin, Konflikte vernünftig zu lösen. Wer sich anders verhält,
handelt nicht »wahrhaft human« und folglich unmoralisch. Die Aufgabe
der Ratio kann dann nur noch darin bestehen, dieses a priori geglaubte
Menschenbild deduktiv zu rationalisieren (wie Kondylis am Beispiel Rousseaus zegt;
vgl. Panajotis Kondylis, ebd., 1981, S. 342). Solcher aufklärerischer
Rationalismus tritt also nicht für eine Erkenntnis durch reines Denken ohne
Rücksicht auf die Folgen für Werte und Moral ein; vielmehr liegt ihm
ein Bekenntnis zu einer bestimmten Wertskala zu Grunde. Aus seiner »Sicht
kann eigentlich niemand wahrer Rationalist bzw. wahrhaft
vernünftig sein, wenn er sich nicht zu den fraglichen Werten bekennt.«
(Panajotis Kondylis, ebd., 1981, S. 330). (Klaus Kunze, Mut zur
Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 146-147).Habermas
diskursiver Vernunftbegriff ist also unlösbar an sein Vorurteil vom Wesen
des Menschen gebunden. Die Vernunft wird nur benutzt, um vorgegebene Werte nachträglich
zu rechtfertigen. Sie darf sich erst nach bestimmten normativen Vorgaben betätigen,
um diese im nachhinein zu stützen, und sie darf sich nur im Gehäuse
des vorgegebenen Werterahmens einrichten. Diesen Rahmen für seine »diskursiv
gefilterte Normsubstanz« zieht Habermas um die Ideale »von Selbstbestimmung
und Selbstverwirklichung.« Wie weit die Selbst-Verwirklichung im Einzelfall
gehen darf, ergibt sich wieder aus Habermas' normativem Vorurteil über das
»wahre Wesen« des Menschen: Weil dieses in der Anwendung von »Vernunft«
besteht, liegt die Grenze der erlaubten »Selbstbestimmung« dort, wo
die Grenze diskursiver Auseinandersetzung überschritten wird. Die diskursive
Vernunft ist also nicht inhaltsleer, sondern hat die dienende Aufgabe, bestimmte
normative Wertvorgaben zu transportieren: Die »Kommunikationsform diskursiver
Meinungs- und Willensbildung« hat den »normativen Gehalt eines Modus
der Ausübung politischer Autonomie« zu sichern, der inhaltlich dem
entspricht, was Habermas sich unter »Volkssouveränität und Menschenrechten«
vorstellt. Die Menschenrechte sind »der demokratischen Selbstbestimmungspraxis
der Bürger eingeschrieben«, und nur innerhalb ihres Geltungsanspruches
darf die diskursive Vernunft walten. (Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität
und Geltung, 1992, S. 129, 133, 136). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 147).
3.3) Erlösung
durch Diskurs
Der Liberalismus ... möchte ... die
genuin menschliche Tragik, die Feindschaft, den Kampf und den Tod aufheben. Mit
dem Sozialismus verbindet ihn gegenüber dem Katholizismus die Vorstellung
des an sich guten Menschen, wobei die spezifische Güte des liberalen Menschen
seine Vernunftbegabung ist. ( ).
Dieser gilt es nur zum Durchbruch zu verhelfen. Der Katholizismus hatte das Scheitern
des Menschlichen am Menschen auf die sündhafte Abkehr des Menschen von Gottes
Ordnung zurückgeführt. Er verspricht Erlösung des Menschen durch
seine Rückwendung zu dieser Ordnung. Die göttliche Ordnung selbst wird,
nach treffender Beobachtung Kondylis, als Fixpunkt ins Jenseits verlegt und so
unangreifbar gemacht. Nur unter dem Walten dieser Ordnung auf Erden kann der Mensch
und kann die Gesellschaft sich auch im Diesseits der Erlösung nähern,
woraus sich notfalls die Diktatur derjenigen Menschen rechtfertigen läßt,
die diese Ordnung auf Erden durchsetzten. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 148).Demgegenüber setzen der
Sozialismus und der Liberalismus als profane Heilsideologien nicht einen persönlichen
Gott oder eine göttliche Ordnung an den Himmel eines vorgestellten Jenseits,
sondern verlegen okkulte Prinzipien ins Diesseits. Diese erfüllen für
sie denselben Zweck wie für den Christen die Maximen der göttlichen
Ordnung. Für den Christen ist die Seele das wesentliche am Menschen. Sie
hat sich dem göttlichen Geiste entfremdet und im Diesseits verfangen. Gott
erlöst den vom bösen Irdischen gefesselten Sünder, indem er seinen
Geist davon emanzipiert und in die himmlische Freiheit entläßt. Christlich
verstanden ist Freiheit das Freisein des Geistes vom empirischen, körperlichen
Diesseits. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995,
S. 148).Die Aufklärung gebar zwei Kinder: Das eine ging den
empiristischen Weg zum Positivismus und kehrte sich von jeder Metaphysik ab. Das
andere versetzte die alten metaphysischen Illusionen bloß in die idealisierte
Natur eines abstrakten Menschen an sich. Die wirklichen Menschen erschienen im
Lichte solcher fixen Ideen als unvollkommene, erlösungsbedürftige Kreaturen,
als von ihrem eigentlichen Wesen entfremdet. Ihnen versprechen unterschiedliche
Ideologien die Aufhebung dieser Entfremdung, die Emanzipation vom unvollkommenen
konkreten Menschen und die Schaffung eines neuen. Hier liegt die gemeinsame Wurzel
von Liberalismus und Sozialismus. Bis zu diesem Punkt bleiben sie im Wesenskern
identisch; und an diesem Punkt müssen Linke und Liberale sich zwangsläufig
wieder treffen, wie das Beispiel Habermas' exemplarisch zeigt: Als Vertreter einer
neuen Linken zu Einfluß gekommen, endete sein geistiger Weg folgerichtig
in idealtypisch liberalen Positionen wie dem Glauben an die Wahrheit durch ewigen
Diskurs. Der innerste Beweggrund ist aber die Sehnsucht nach einem Ende von »Entfremdung«
und »Herrschaft.« Die Entfremdung von einem idealen Sein und die nötige
Emanzipation von der ungeliebten Realität sind der gemeinsame Ausgangspunkt
der großen normativen Entwürfe: des theologischen und der modernen
Ersatzreligionen. Auf der anderen Seite der Barrikade dagegen ist es einsam. Hier
streiten immer nur wenige. Sie sind ohne Hilfe und frei von Göttern und Geistern
wie dem der Humanität. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur
Ordnung, 1995, S. 148-149).In einem unüberbrückbaren
Gegensatz zueinander stehen Liberalismus und Sozialismus nach Beobachtung Carl
Schmitts aber, weil das liberale Einzelmenschbewußtsein und das soziale
Gemeinschaftsbewußtsein miteinander logisch unvereinbar sind. Hintergrund
dieser Beobachtung ist die Doppelnatur des Menschen als »Individuum«
und »Gemeinschaftswesen«. Für den reinen Verstand handelt es
sich dabei um einen nicht aufhebbaren, kontradiktorischen Gegensatz. Eine auf
wirkliche Menschen zugeschnittene politische Theorie muß beide Gesichtspunkte
berücksichtigen, sonst hat entweder der Mensch unter alleiniger Geltung der
Rousseau'schen volonté générale keine individuelle
Freiheit mehr, oder unter alleiniger Geltung individueller Autonomie löst
sich die Gemeinschaft auf, welcher das Individuum zur nachhaltigen Sicherung seiner
individuellen Freiheit aber bedarf. Gemeinschaft und Gesellschaft sind also Gegenpole
nur in der Idee. Tatsächlich bilden alle konkreten Kollektive eine Gemeinschaft
und eine Gesellschaft zugleich: Gemeinschaft sind sie von außen als Ganzheit
betrachtet, und Gesellschaft sind sie bei Betrachtung ihrer Innenlebens.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 149).An
dieser Stelle setzen die Gedanken Habermas an. Er möchte beide miteinander
in Widerspruch stehenden anthropologischen Grundbedürfnisse des Menschen
in einer einheitlichen politischen Theorie zusammenfassen und die Widersprüchlichkeit
aufheben. Das soll dadurch gelingen, daß er gegenüber den anthropologischen
Konstanten der »individuellen« Autonomie und der Gemeinschaftsbezogenheit
eine abstrakt konstruierte und als moralisches Postulat verabsolutierte neue Sicht
gewinnen will: den Diskurs. Die beiden unvereinbaren Prinzipien sollen in ihrer
Unvereinbarkeit aufgelöst werden durch den übergeordneten Gesichtspunkt
des kommunikativen Diskurses und schließlich des diskursiven Konsenses.
Ein immerwährendes Gespräch soll die beiden antagonistischen Prinzipien
auflösen oder neutralisieren. Es soll den Mensch erlösen von der Entfremdung:
der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Die Herrschaft menschlicher
Befehle oder Normen über Menschen soll dadurch aufgehoben werden, daß
alle Normen in einem diskursiven Verfahren zustande kommen. Am Ende steht der
Konsens aller oder wenigstens ein fiktiver Konsens: Es müsse praktisch ausreichen,
in einem formalisierten Diskurs Normen zu entwickeln, welche die Zustimmung aller
Vernünftigdenkenden finden könnten. Dann dürfe sich jedermann gleichzeitig
als Normunterworfener und als Normsetzer fühlen, womit tatsächlich die
demokratische Utopie der Selbstherrschaft des Menschen über sich selbst und
die Versöhnung der antagonistischen Prinzipien autonomer Selbstbestimmung
und Gemeinschaftsbezogenheit erreicht wäre. (Klaus Kunze, Mut zur
Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 149).Um eine Utopie handelt
es sich, weil die Realität bekanntermaßen der kommunikativen Theorie
nicht folgt und auch noch nie gefolgt ist. Sie ist eine Ideologie, weil formell
der Diskurs und materiell eine Reihe für das Funktionieren der Diskurstheorie
unentbehrlicher und daher eigenem Eingeständnis nach nicht zu diskutierender
Werte normativ voraus- und absolut gesetzt wird. Ein Erlösungsglaube ist
die Diskursutopie, weil sie die Herrschaft des Menschen über den Menschen
als angebliche Ursache für allerhand Verdruß endgültig aufheben
will. Zugleich werden alle Interessengegensätze und wird mit ihnen die Freund-Feind-Beziehung
als solche im Konsensmodell aufgehoben. Damit will Habermas seinem Erzschurken
Schmitt und einem Begriff des Politischen den intellektuellen Todesstoß
versetzen, der in gerade diesem Gegensatz das Kriterium des Politischen sieht.
Die beabsichtigte Aufhebung des Politischen als menschliches Phänomen überhaupt
ist Kern der utopischen Idee, auf die Habermas Theorien von Anbeginn hinauslaufen.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 149-150). Gegenüber
der auf die Wahrheitsfindung im ewigen Diskurs gestützten Erlösungshoffnung
wird zum Erzteufel, wer das Gegenprinzip der Entscheidung vertritt. Die definitive
Entscheidung und der ewige Diskurs sind antagonistische Prinzipien. Wer wie Carl
Schmitt einen aus religiösem Glauben gespeisten Wahrheitsbegriff vertritt,
für den kann und muß es eine Entscheidung für oder gegen diese
Wahrheit geben. Weil es nur Wahrheit und Falschheit gibt, ist jede Diskussion
darüber von vornherein sinnlos, und das ewige Gespräch über den
Glauben an evidente Wahrheiten ist eine gespenstische und absurde Veranstaltung.
Wer dagegen gerade den Verzicht auf ein definitives Resultat im immerwährenden
Diskurs für die Voraussetzung hält, so etwas wie eine Wahrheit zu finden,
dem wird jede Entscheidung, die das Gespräch beendet, als entsetzlicher Fehler
erscheinen: Er muß zum Verlust des ewigen Wahrheitsfindungsprozesses führen.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 150).
Die Diskursutopie muß allerdings immer mit dem Widerstand derjenigen
rechnen, die nicht den Diskurs und den Konsens sondern andere Kampfarten bevorzugen.
Diesen Gegnern gegenüber kann sie sich entweder unter Verzicht auf ihre eigenen
Voraussetzungen mit autoritativen Mitteln durchsetzen und sich insoweit selbst
aufgeben, oder sie bleibt eben Utopie. Die Diskurstheorie kann nur zur allgemeinen
Menschheitsharmonie führen, wenn sie diese mit gar nicht diskursiven Waffen
zu erzwingen sucht und sich so selbst negiert. Solange sie das nicht geschafft
hat, muß sie mit der Existenz ihrer Gegner rechnen und leben. Vorläufig
ist, mit den Worten Donosos, die liberale Schule darum emsig damit »beschäftigt,
alle einander widerstreitenden Theorien und alle Widersprüche der Welt zu
verpflichten, miteinander Frieden zu schließen« (Juan Donoso Cortés,
Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus,
1851, S. 126) und diskursiv zu besänftigen. (Klaus Kunze, Mut zur
Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 149-150).Wer gesellschaftliche
Vorgänge auf Selbstregulierung reduzieren möchte und darauf vertraut,
es werde sich die gewünschte Balance der Kräfte von selbst einstellen,
hebt die Politik nicht auf, wen n er das auch gern möchte. Das könnte
er auch nicht, weil Politik immer der Inbegriff des konkurrierenden Wettstreits
konkreter Menschen ist. Den wird es geben, solange es Menschen gibt. Als Inbegriff
der Auseinandersetzung von Menschen gegeneinander hat die Politik einen jedem
Domestizierungsversuch widerstrebenden Kern. Dieser ist dem Liberalen unheimlich,
und er möchte gern die Politik als Phänomen und mit ihr die agonale
Auseinandersetzung von Menschen an sich abschaffen. So gibt Habermas offen zu,
worauf seine Utopie hinauslaufen soll: Die »Zähmung naturwüchsiger
politischer Gewalt« in einem diskursiven Gesetzgebungsverfahren darf nicht
nur »als Disziplinierung einer in ihrer Substanz unbeherrschbar kontingenten
Willensmacht begriffen werden. Sie löst vielmehr diese Substanz auf und überführt
sie in eine »Herrschaft der Gesetze«, in der sich allein die politisch
autonome Selbstorganisation der Rechtsgemeinschaft ausdrückt.« (Jürgen
Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 231) - Da lacht Carl Schmitt
und antwortet mit Hobbes: Ein geschlossenes Legalitätssystem ist eine normativistische
Fiktion, die in auffälligem und unabweisbaren Gegensatz zu der Legitimität
eines wirklich vorhandenen Willens steht. (Vgl. Carl Schmitt, Legalität
und Legitimität, 1932, S. 10f.). Herrschaft des Rechts kann daher
nie etwas anderes bedeuten als Herrschaft derjenigen Menschen, die dieses Recht
setzen. [ (Vgl. Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1932, S. 66).
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 150-151).Wenn
Habermas die gesetzgebenden Menschen hinter einer fingierten Herrschaft der Gesetze
verstecken möchte, bewegt er sich argumentativ in klassisch liberalen Denkgewohnheiten.
Diese können nur immer wieder auf dieselbe überholte Begriffsmetaphysik
zurückgreifen: »Man suchte zu Ehren der Entität, die mit dem Namen
Gesetz geziert wurde, eine Art metaphysischen Kultus zu errichten,
der zur Herrschaft der Juristen geführt hat« war schon Comte aufgefallen.
(Vgl. Comte, Die Soziologie, 1830, S. 338). Sein Zeitgenosse Stirner hatte
sich über die Neigung der Liberalen belustigt, lieber Fiktionen und Begriffen
zu gehorchen als wirklichen Menschen, und er hatte auf seinen Entstehungszusammenhang
aus dem Protestantismus hingewiesen: »Du sollst Gott mehr gehorchen als
den Menschen!« So gehorcht auch der Liberale lieber einer Idee: »Was
will das Bürgertum damit,« fragte Stirner, »daß es gegen
jeden persönlichen, d.h. nicht in der Sache, der Vernunft
u.s.w. begründeten Befehl eifert? Es kämpft eben nur im Interesse der
Sache gegen die Herrschaft der Personen. Sache des Geistes
ist aber das Vernünftige, Gute, Gesetzliche u.s.w.; das ist die gute
Sache. Das Bürgertum will einen unpersönlichen Herrscher.«
(Max Stirner, Der Einzige und sein Eigentum, 1844, S. 119). So möchte
der Liberale die Existenz des persönlichen Befehlshabers wie die des persönlichen
Feindes leugnen oder aus der Welt schaffen. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 151-152).Unsichtbare Feinde und
stets imaginierte Gegner sind alle Realisten. Sie setzen nämlich existentielle
Feindschaft, Tragik und konkrete Entscheidung als Elemente unserer erlebten Realität
voraus oder begrüßen sie gar. Ihr Wirklichkeitssinn sperrt sich gegen
»die utopische Komponente der westlichen Verheißung. .... Die heutige
westliche Zukunftsvision ist von ihrem universalen Umfang und ihrem materiellen
Gehalt her an Radikalität kaum zu überbieten. Wer sich ihr verschrieben
hat, hat sich einer geschichtsphilosophisch getragenen Utopie verschrieben.«
(Panajotis Kondylis, Blühende Gestzesgeschäfte, in: FAZ, 28.12.1995).
Kondylis zufolge besteht ihr Kern in jenen »universalistisch-menschenrechtlichen
Prinzipien, die allen Individuen als Individuen gleiche Autonomie und Würde
zusprechen.« Sie können aber nur gedeihen, wo »eine hochdifferenzierte
Arbeitsteilung das Kollektiv atomisiert« und wo »Massenproduktion
und -konsum auf vollen Touren laufen. Entfallen diese Voraussetzungen, dann müssen
die Freiräume zusammenschrumpfen, in denen sich individuelle Selbstverwirklichung,
Toleranz und Konsens entfalten.« Die kommenden Jahrzehnte werden weltweite
Verteilungskämpfe um Land, Bodenschätze, Arbeit und ökologische
Lebensgrundlagen mit sich bringen. Wir sollten uns dafür mit den angemessenen
normativen Waffen eindecken und die philanthropischen Blütenträume der
Love-and-Peace-Generation schnell vergessen. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 152).
3.4) Der Diskurs
als Waffe
Im zwischenmenschlichen Ringen gibt es so viele unterschiedliche
Waffengattungen, wie es unterschiedliche menschliche Fähigkeiten gibt. Menschen
haben mit den Kräften roher Gewalt gegeneinander gekämpft und mit List,
mit Waffen des Geldes und der Intrige, mit Waffen der Medien und der Justiz. Im
Vorteil ist, wer die Waffen wählen kann. Die verbindliche Entscheidung über
die Wahl der erlaubten Waffen und das Verbot über unerlaubte Methoden entscheiden
die Auseinandersetzung. Die Macht behält, wer die Regeln regelt. Das möchte
auch die Diskurstheorie. Alle politischen Beziehungen möchte sie in kommunikative
Beziehungen auflösen, so daß an die Stelle des Konflikts die Kommunikation
tritt: Es soll ein für beide Seiten »vernünftiges« Ergebnis
gefunden werden. Der Diskurs soll den Feind in einen Diskussionsgegner verwandeln
und damit das Phänomen des Politischen austilgen. - Sofern ein realer Feind
über stärkere Waffen verfügt als der Nur-Diskutant, ist es tatsächlich
vernünftig, ihn lieber in ein Gespräch zu verwickeln als ihn seine Waffen
ausspielen zu lassen. Aus seiner Sicht ist aber unter Umständen durchaus
unvernünftig, auf das Diskussionsangebot e inzugehen. Eine beide Kontrahenten
übergreifende Vernunft, welche den Diskurs als alleiniges Kampfmittel gebietet,
gibt es nur im Ausnahmefall: wenn beide Gegner ausschließlich über
solche Waffen verfügen, deren beiderseitige Anwendung beide vernichten würde.
So erweist sich der Diskurs wieder einmal als konkrete Strategie, als Waffe der
Diskussionsstarken im menschlichen Konkurrenzkampf. (Klaus Kunze, Mut
zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 152-153).In einer
archaischen Umwelt roher Gewalt herrschten die Stärksten und Brutalsten.
Sie wären nie auf eine andere Idee gekommen, als daß der Starke zu
Recht herrscht. Zu Zeiten des Odysseus machte ihnen aber schon die Schläue
Konkurrenz. Sie konnten ihre Anwendung nicht hindern, und so unterlagen sie. Die
Allerschlausten der Schlauen kamen auf die pfiffige Idee, Rohheit und Gewalt für
immer aus dem Arsenal der erlaubten Waffen zu verbannen und durch Schläue
zu ersetzen. Platon forderte einen durch Philosophen regierten Staat, womit er
natürlich sich selbst und seine Zunftbrüder meinte. Er konnte sich allerdings
nicht durchsetzen und landete sogar vorübergehend auf dem Sklavenmarkt von
Syrakus. Dort mußte er die bedrückende Erfahrung machen, daß
seine geistigen Waffen nicht zählten. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 153).Daß gegen die überlegene
Gewalt keine Schläue hilft und keine Moral, mußten die Bewohner der
mit Sparta verbündeten Insel Melos in der Ägäis im Jahre 415 v.
Chr. lernen. Die athenische Flotte landete auf Melos und wollte die Melier zu
einem Bündniswechsel im Peloponnesischen Kriege erpressen. Diese zogen die
Athener in Verhandlungen. Sie beriefen sich verzweifelt auf die Götter, die
Ehre, die Treue, das Recht und die Moral. Ungerührt antworteten die Athener:
Daß alles dieses auf Seiten der Melier ist, bestreiten wir überhaupt
nicht. Doch wißt ihr ebenso gut wie wir, »daß das Recht im menschlichen
Verkehr nur bei gleichem Kräfteverhältnis zur Geltung kommt, die Stärkeren
aber alles in ihrer Macht Stehende durchsetzen und die Schwachen sich fügen.
... Wir glauben nämlich, daß der Gott wahrscheinlich, der Mensch ganz
sicher allezeit nach dem Zwang der Natur überall dort, wo er die Macht hat,
herrscht. Wir haben dieses Gesetz weder aufgestellt noch als bestehendes zuerst
befolgt. Als gegeben haben wir es übernommen und werden es als ewig gültiges
hinterlassen.« (Thukydides, Der Peleponnesische Krieg, 3. Buch, Ziff.
89, 105). Als sich die Melier trotzdem nicht fügten, wurden nach heftigem
Kampf alle Männer getötet und die Frauen und Kinder in die Sklaverei
verkauft. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995,
S. 153).Über solch abgebrühtes Machtdenken mag ein Moralist
bitter räsonieren. Wichtig für uns ist aber, daß die Berufung
auf diskursives Verhandeln, auf Moral und Recht nicht nur in der Antike demjenigen
gegen einen Stärkeren nichts nützt, der seinerseits seine Existenz auf
dem Spiel stehen sieht und sein Handeln gar nicht von vernünftigem Verhandeln
abhängig machen will. Wie wir in jeder beliebigen Nachrichtensendung an jedem
beliebigen Tage nachvollziehen können, pflegen auch heute noch allerorten
in der Welt die Stärkeren den Sieg entschieden dem Verhandeln vorzuziehen
. Diese menschliche Neigung muß eine politische Theorie in Rechnung stellen,
die den Anspruch erhebt, sich mit der Realität dieser Welt und dieser Menschen
zu befassen und nicht nur mit der Welt, wie wir sie lieber hätten, wie schon
Machiavelli süffisant bemerkt hatte. (Vgl. Niccoló Machiavelli, Der
Fürst [Il Principe], XV, S. 119). (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 153-154).Die meisten Menschen bedienen
sich, bewußt oder unbewußt, derselben uralten und erfolgreichen Strategie:
Sie bauen sich um ihre Fähigkeiten herum ein Weltbild auf, das ihnen die
Anwendung ihrer spezifischen Talente erlaubt und die Waffen der Konkurrenten verbietet.
Der Jurist packt Streitigkeiten justizförmig an, der Lehrer pädagogisch,
der Kaufmann ökonomisch, und der Pfarrer empfiehlt gehöriges Beten.
Sie alle suchen sich mit einem Wall von Tugenden und Normen zu umgeben, die, konsequent
angewandt, alleinigen Gebrauch ihrer spezifischen Talente erlauben und die Anwendung
aller anderen Waffen verbieten. Die Grundidee jeder Konfliktstrategie besteht
immer darin, die eigenen Waffen zur Anwendung und die gegnerischen in Verruf zu
bringen. Diesen Verruf leistet die Moral. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 154).Um Wertschätzungen herum
baut der Mensch eine spezifische Tugend- und Untugendlehre, eine Religion oder
Philosophie, die aber bei allem angewandten Scharfsinn immer nur auf das eine
hinausläuft: Rechtfertigung der eigenen angewandten Stärken und Tabuisierung
der gegnerischen. Die eigenen Fähigkeiten schätzt nämlich jeder
hoch ein und fürchtet die seiner Feinde. So sind Ideen und Ideologien stets
Symbole und Waffen im zwischenmenschlichen Ringen um Einfluß, Anerkennung
und Wohlstand. Sie dürfen nicht zum Nominalwert ihres Selbstverständnisses
genommen werden. Vgl. Panajotis Kondylis, Die Aufklärung im Rahmen des
neuzeitlichen Rationalismus, 1986, S. 120; Hans Welzel, Naturrecht und
materielle Gerechtigkeit, 1951, S. 243). Dagegen hält die idealistische
Geisteshaltung ihre jeweiligen Ideen für wirklich seiende Gebilde, die an
sich selbst zu messen sind und aus sich selbst eigenberechtigte Wirksamkeit entfalten.
Es sind aber immer Menschen, die Gedanken denken und zu ihrem Nutzen Ideen erzeugen.
Ohne die soziologische Frage, wem eine Philosophie, Religion oder Ideologie im
realen Konkurrenzkampf wirklicher Menschen gegen wen nützt, kann sie nicht
verstanden werden. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung,
1995, S. 154).Jede Ideologie hat einen verborgenen Zweck. Sie hat
ihre Nutznießer und Gegner, die sich für ihre Zwecke einer Gegenideologie
bedienen. Jede Ideologie nennt diejenige gesellschaftliche Herrschaftsordnung
legitim, in der sich ihre Normgeltungsansprüche verkörpern, und alle
abweichenden illegitim. So nennen es die Liberalen legitim, formulierte Donoso
schon 1851 unübertrefflich, «daß die Gesellschaften sich regieren
durch Vernunft, die auf eine allgemeine Weise den wohlhabenden Klassen anvertraut
ist und auf eine besondere Weise den Philosophen, welche diese unterrichten und
leiten.« (Juan Donoso Cortés, Essay über den Katholizismus,
den Liberalismus und den Sozialismus, 1851, S. 119). Damit kommen die Liberalen
den Neigungen dieser Philosophen entgegen, weil sie ihrem Dünkel schmeicheln.
«Eine Rechtsordnung kann nur legitim sein,« nickt Habermas zustimmend,
»wenn sie moralischen Grundsätzen nicht widerspricht.« (Jürgen
Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 137). Gern sind Philosophen
bereit, ihr moralisches Rüstzeug für eine Welt zu liefern, in der, wer
Geld hat, die Welt regiert, weil er alle Waffen erfolgreich tabuisiert hat, mit
denen man dagegen ankämpfen könnte. Erst muß natürlich der
Starke entwaffnet werden, der Kämpfer, indem die Gewalt dem Staat vorbehalten
bleibt. Als nächstes muß der Staat als Gewaltinhaber gebändigt
werden. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S.
154-155).Dazu liefert die systematische Theorie des Liberalismus
eine Reihe von Methoden, um die Staatsgewalt zum Schutz der individuellen Freiheit
und des Privateigentums zu hemmen und zu kontrollieren. (Vgl. Carl Schmitt, Die
geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, 1923, S. 69). Ihre
Krönung erfährt sie, wenn der Staat vollständig dem jeweils stärksten
privaten Interessendruck folgt. Damit dieser Interessendruck auch wirklich rein
ökonomischen Prinzipien gehorcht, müssen selbstverständlich auch
alle anderen menschlichen Eigenschaften als soziale Waffen ausgeschaltet werden,
mit denen die reine Geldherrschaft überwunden werden könnte: Der Entmachtung
des erblichen Adels und seiner Vorrechte folgt die systematische Gleichschaltung
aller Talente: Dem Klugen nimmt man seinen Vorteil in einem gleichmachenden Bildungssystem,
dem Priester durch Säkularisierung, dem Soldaten durch den Primat des Zivilen,
bis wirklich alle, aber auch alle gleich sind bis auf einen letzten Punkt: Sie
haben unterschiedlich viel Geld. Wo aber »eine gleichgültige, ohne
das Korrelat einer Ungleichheit gedachte Gleichheit ein Gebiet des menschlichen
Lebens tatsächlich erfaßt, verliert auch dieses Gebiet selbst seine
Substanz und tritt in den Schatten eines anderen Gebietes, auf welchem dann die
Ungleichheiten mit rücksichtsloser Kraft zur Geltung kommen.« (Carl
Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus,
1923, S. 18).Weil eine Gleichheit in allen Lebensbereichen nicht herzustellen
ist - das schafften noch nicht einmal die Schweine in Orwells »Farm der
Tiere«, in der sie noch »gleicher waren als die anderen« -,
läuft angebliche »Gleichheit« immer darauf hinaus: dem Konkurrenten
die Anwendung seiner Fähigkeiten und Waffen zu nehmen, um die Bedeutung der
eigenen zu erhöhen. Wenn nur noch der Diskurs erlaubt ist, siegt, wer am
besten diskutieren kann. Doch nur sehr dumme Gänse werden sich mit dem schlauen
Fuchs auf einen voraussetzungslosen Diskurs darüber einlassen, wer auf die
Speisekarte gesetzt wird. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung,
1995, S. 155).Der Liberalismus möchte die Entscheidung ersetzen
durch das ewige Gespräch. Ehrliche Liberale erkennen das durchaus und geben
zu, daß der Liberalismus keine andere Sinnstiftungen kennt außer der
einzigen: der immerwährenden Debatte selbst. In deren Retorte wabert - ewig
im Flusse - die Wahrheit. Das bedeutet den endgültigen Verzicht auf die Entscheidung
selbst, also auf ein definitives Resultat. (Vgl. Carl Schmitt, Die geistesgeschichtliche
Lage des heutigen Parlamentarismus, 1923, S. 46). Habermas nennt das die »Idee
eines unendlichen Argumentationsprozesses, der einem Limes zustrebt«, gerade
als nähere sich eine Kette von Argumenten wie eine gerade Linie einem idealen
Grenzwert. (Vgl. Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, 1992,
S. 278 ). Diese Vorstellung erhöht vordergründig die Bedeutung derjenigen
Menschen, die ihre Stärke im Argumentieren erblicken. Hintergründig
führt sie aber zur ideologischen Verankerung der Herrschaft derer, die Geld
haben, über alle anderen, die bloß noch ihre Meinung sagen dürfen
und sonst nichts mehr. Wie jede Utopie entwickelt die Diskurstheorie eine Sollensidee
und reduziert die komplexe Wirklichkeit auf die Ursachen und Wirkungen, die sich
in die eigene Theorie eingliedern und ihren Denkkategorien entsprechen. Dabei
muß sie zwangsläufig die soziologische Fragestellung vernachlässigen,
wem es konkret nützt, wenn man den Diskurs zum alleinigen Prinzip erhebt.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 156).Die
Wahnidee, durch immerwährendes Gespräch ließe sich irgendeine
Art von Wahrheit finden oder ließen sich reale Interessengegensätze
aufheben, dient als Beruhigungspille für alle, die als Denker viel klüger,
als Kämpfer viel stärker, als Kavaliere viel edelmütiger, als Philosophen
viel moralischer, als Priester viel gläubiger oder als Künstler viel
schöpferischer wären als diejenigen, die alle anderen durch einen einfachen
Trick von Denkern, Kämpfern, Kavalieren, Philosophen, Priestern oder Künstlern
zu Verbrauchern herabgewürdigt haben. Sie alle zählen jetzt nichts mehr
in ihren besten Anlagen und gehorchen der Alleinherrschaft des schnödesten
aller Machtmittel: des Geldes. Wo der zahnlose Diskurs zur alleinigen Moral erhoben
wird, die finanzielle Beherrschung anderer aber erlaubt bleibt, herrschen diejenigen,
die finanziell zubeißen können. Darum ist die Habermas'sche Diskurstheorie
die »Rechtsphilosophie für den moralisierenden Handelsstaat.«
(Christoph Schönberger, in: Der Staat, Band 33, 1994, Heft 1, S. 124).
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 156).
3.5) Der Große
Kommunikator
Wenn das ganze Volk eine einzige große Diskursgesellschaft
wird, in der durch totale Kommunikation aus der Quersumme der Ideen die geltenden
Normen gebildet werden, herrschen in Wahrheit nicht die Kommunikation oder der
Diskurs; es herrscht vielmehr »Der Große Kommunikator«, also
letztlich diejenigen konkreten Personen, die am diskurs- und kommunikationsfähigsten
sind. Sie empfehlen wärmstens den Diskurs als alleinige Methode und artikulieren
damit »in sublimierter Form die Hoffnung der Kleinbürger des Geistes,
sie könnten härteren Kampfformen ausweichen, denen sie nicht gewachsen
sind und in denen ihre Stimme und Existenz bedeutungslos wäre.« (Panajotis
Kondylis, Macht und Entscheidung, 1984, S. 78). So ist es kein Wunder,
wenn die Geltung gerade dieser Normen der totalen Diskursgesellschaft anempfohlen
wird vom selbsternannten Großmeister der von ihm so genannten Kommunikationstheorie:
Jürgen Habermas. Aber auch er und seinesgleichen herrschen natürlich
nur insoweit, als sie tatsächlich über die Massenkommunikation verfügen.
Wem ein Privatsender gehört, der braucht nicht lesen und schreiben zu können.
Er entscheidet aber, wer was zu Gehör bringen darf. Wer sich nicht den Optionen
der Medienmogule und Fernsehintendanten unterordnet, für den bleiben die
Mikrophone abgeschaltet. Keiner fragt dann mehr nach seiner Diskursfähigkeit.
Diskurstheoretiker stehen ebenso unter Gesetz und Diktat des Geldes und seiner
Inhaber wie wir wehrlosen Zuschauer, die in mitternächtlichen Talkschauen
mit immerwährenden Diskursen beglückt werden. (Klaus Kunze, Mut
zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 156-157).Aus Sicht
des Kommunikationstheoretikers besteht der Hintersinn der Diskurstheorie also,
wie bei jeder Theoriebildung, in der Verabsolutierung des eigenen Machtanspruchs:
Allgemein dient philosophische Theoriebildung denen, die als Theoretiker ihre
Machtansprüche vornehmlich durch das Entwerfen von Theorien erheben und befriedigen
(Panajotis Kondylis, Macht und Entscheidung, 1984, S. 111f.). Im besonderen
die Kommunikationstheorie hat nicht zum Zweck, aufgrund empirischer Beobachtung.
gesellschaftliche Realität zu beschreiben, sondern den Machtanspruch des
Kommunikationstheoretikers zu befriedigen, der innerhalb organisierter Gesellschaften
als Norm oder Wert auftreten muß. (Panajotis Kondylis, ebd., 1984,
S. 79). So bleibt auch ihrem Hauptvertreter Habermas nach einem Seufzer über
das Absterben der Metaphysik und des Normativismus nichts anderes übrig,
als das zum Sollensprinzip erhobene immerwährende Gespräch selbst normativ
zu verklären: Idealisiert und als behaupteter Inbegriff der Vernunft an sich
wird die Prozedur selbst zur Norm. Einerseits habe man mit dem Normativismus gebrochen,
andererseits bewahre »der Nachfolgebegriff der kommunikativen Vernunft sich
noch idealistische Erbteile, die im veränderten Kontext einer auf Erklärung
verpflichteten Theoriebildung keineswegs nur von Vorteil sind.« (Jürgen
Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 24). (Klaus Kunze,
Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 157).Die Methode,
einen Geltungsanspruch normativ vorzutragen, bleibt sich aber gleich, ob man den
Geltungsmodus inhaltlich oder prozedural bestimmt: Wenn die katholische Kirche
Kardinäle durch Papstentscheidung beruft, die Kardinäle einen Papst
wählen und dessen Wort für unfehlbar wahr erklärt wird, hängt
auch von einer bestimmten Prozedur ab, was demnächst für wahr erklärt
werden wird. Dieselbe Argumentationstaktik finden wir beim leninistischen Glauben
daran, daß die Partei immer Recht hat, wenn prozedural richtig durch das
Politbüro entschieden wurde. Der formelle Ausweis zum Besitze der materiellen
Wahrheit war von alters her mit der Anwendung geregelter Prozeduren untrennbar
verbunden. Ohne bindende inhaltliche Vorgabe galten als berufene Verkünder
von Wahrheit Päpste, zum König Gesalbte ebenso wie Vorsitzende von Politbüros.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 157-158).An
anderer Stelle muß Habermas die Paradoxie seiner Theorie selbst eingestehen:
»Unter modernen Bedingungen komplexer Gesellschaften, die in weiten Bereichen
ein interessegeleitetes, mithin ein normativ neutralisiertes Handeln erfordern,
entsteht jene paradoxe Situation, in der das entschränkte kommunikative Handeln
die ihm zufallende Bürde der sozialen Integration weder abwälzen noch
ernstlich tragen kann. Aus eigenen Ressourcen kann es das in ihm angelegte Dissensrisiko
allein durch Risikosteigerung zähmen, nämlich dadurch, daß Diskurse
auf Dauer gestellt werden.« (Jürgen Habermas, Faktizität und
Geltung, 1992, S. 51). Da ist es also, jenes immerwährende Gespräch
als die zentrale neue Normativität. Ihr müssen Werte funktional zugeordnet
werden, ohne deren Geltung dieses immerwährende Gespräch nicht stattfinden
könnte: die freie Meinungsäußerung, die allgemeine Kommunikationsfähigkeit
und andere. Die Schlußfolgerung, wer interessegeleitet handele, verhalte
sich normativ neutral, verkennt den typischen Vorgang, jedes interessegeleitetes
Handeln normativ zu überhöhen, um es so gerade nicht als interessebedingt
und willkürlich erscheinen zu lassen. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 158).Das Ausweichen vor einer Entscheidung
durch immerwährendes Gespräch ist aber für sich genommen auch bereits
eine Entscheidung: Es stabilisiert die gegenwärtigen Verhältnisse. Ausgerechnet
ein Habermas vernebelt mit seiner kommunikativen Rechtstheorie deren Urheber und
Nutznießer, dessen Jünger so stolz auf ihren Meister waren. Der junge
Habermas hatte den herrschaftsfreien Diskurs gefordert und immer wieder verschleierte
Herrschaftsstrukturen aufgedeckt. Alt geworden hat ihn der emanzipatorische Elan
offenbar verlassen: Statt auf die Medienpraktiker und ihre Geldherren hinzuweisen,
beeilt Habermas sich heute, seine kommunikative Vernunft »nicht länger
dem einzelnen Aktor oder einem staatlich-gesellschaftlichen Makrosubjekt«
zuzuschreiben. Dahinter steht offenbar die Idee, nicht einzelne Menschen oder
Verbände seien die Lenker und Nutznießer der modernen Kommunikationsgesellschaft,
sondern es herrsche gewissermaßen die Kommunikation bzw. die Vernunft selbst.
So verschleiert der große Kommunikator nur seine tatsächliche Normierungsmacht,
um den Diskursunterworfenen die Illusion der Herrschaftsfreiheit zu schenken.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 158-159).Die
Bediener der großen Kommunikationsmaschine möchten gern so weit im
Hintergrund bleiben, weil sie gerade aus ihrer Tarnung und der Illusion, es gebe
gar keine Herrschaft mehr, ihren Vorteil ziehen. Der unsichtbare Machthaber ist
unangreifbar. Sie reden daher dem Publikum ein, wenn alle nur immerfort miteinander
reden würden, bis sie sich einig sind, gebe es überhaupt keine entscheidende,
also normsetzende und damit herrschende Person oder Gruppe mehr. Es herrsche nur
noch die kommunikative Vernunft selbst, und die könne keinem »einzelnen
Aktor« oder »staatlich-gesellschaftlichem Makrosubjekt« mehr
zugeschrieben werden: »Es ist vielmehr das sprachliche Medium, durch das
sich Interaktionen vernetzen und Lebensformen strukturieren, welches kommunikative
Vernunft ermöglicht.« (Jürgen Habermas, Faktizität und
Geltung, 1992, S. 17). Wir dürfen uns demzufolge freier fühlen,
wenn wir nicht mehr von Menschen beherrscht werden, sondern von einem «Medium«!
Leider ist die Herrschaft solcher normativistischer Fiktionen die allergefährlichste:
Sie verbirgt ihre Urheber hinter einem inhaltslosen Wortschwall. (Klaus
Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 159). Nur
diejenigen juridischen Gesetze könnten «legitime Geltung beanspruchen,
die in einem ihrerseits rechtlich verfaßten diskursiven Rechtsetzungsprozeß
die Zustimmung aller Rechtsgenossen finden können«, weil sie mit anderen
Worten »im Lichte rational gerechtfertigter und daher universalistischer
Grundsätze konstruiert und fortgebildet werden können«. (Vgl.
Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 141, 97). Damit
nährt Habermas erneut die schon von Carl Schmitt widerlegte Fiktion, in einem
rechtlich verfaßten diskursiven Prozeß könnte in jedem Fall so
etwas wie ein allen widerstreitenden Interessen genügendes Ergebnis erzielt
werden. Es gibt eben Fragen und existentielle Interessengegensätze, die sich
nicht in rationaler Entscheidung allein diskursiv lösen lassen. Typisch liberal
ist es Carl Schmitt zufolge, den Begriff des Feindes von der wirtschaftlichen
Seite her zum ökonomischen Konkurrenten und von der ethischen Seite in einen
Diskussionsgegner aufzulösen. Daß es in der Realität unvereinbare
Interessengegensätze bis hin zur existentiellen Feindschaft geben kann, paßt
nicht ins Konzept - schlimm für die Wirklichkeit. Daß es auch unter
Rechtsgenossen und Bürgern widerstreitende Interessen gibt und daß
sogar in jedem Einzelnen das Integritätsinteresse am Ganzen und das unmittelbare
Eigeninteresse widerstreiten (vgl. Klaus Kunze, Der totale Parteienstaat,
1994, S. 186f.), hat Habermas vergessen. Dabei war gerade er »sich einmal
völlig bewußt, daß das Parlament zu einer Stätte wurde,
an der sich weisungsgebundene Parteibeauftragte treffen, um bereits getroffene
Entscheidungen registrieren zu lassen. Und er war so frei, hinzuzufügen:
Ähnliches hatte schon Carl Schmitt während der Weimarer Republik
beobachtet.« (Günter Maschke, Sankt Jürgen und der triumphierende
Drache, in: Ders., Der Tod des Carl Schmitt, 1987, S. 146). (Klaus
Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 159-160).Im
wirklichen »rechtlich verfaßten Rechtsetzungsprozeß« befinden
sich aber nicht philosophierende Kommunikatoren miteinander in immerwährendem
Gespräch auf Wahrheitssuche. Tatsächlich treffen im Parlament als dem
Forum, in dem Recht gesetzt wird, verschiedene fraktionierte Interessen aufeinander.
Hier setzen sie sich mit Mehrheit durch oder schließen, wenn eine Fraktion
allein keine Mehrheit hat, auf Grundlage vorhandener Interessen Kompromisse ab.
Was für das Parlament im Kleinen gilt, gilt für die Gesellschaft im
Großen. Einen gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß zwecks
rationaler Findung allgemeiner Normen gibt es in der Realität ganz einfach
nicht. Vielmehr stoßen Interessen aufeinander, und aus ihrem Konflikt gehen
Resultate hervor. Habermas' Neuauflage der altbackenen liberalen Harmonielehre
nimmt diese Konflikte, Interessengegensätze und Entscheidungszwänge
aus der Perspektive des konsensstiftenden Diskurses nur noch mit Argwohn wahr.
(Christoph Schönberger, in: Der Staat, Band 33, 1994, Heft 1, S. 126).
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 160).Die
Kommunikationstheorie hat eine idealistische Note, die gespenstisch anmutet: Sie
geht vom Sollensprinzip des totalen Diskurses aus und will dadurch die herrschaftsfreie
Gesellschaft erzielen: Das heißt die Gesellschaft, bei der die einzelnen
Personen möglichst frei sind, womit wiederum gemeint ist: keinen Normen unterworfen,
an deren Geltung sie nicht als Normgeber mitgewirkt haben. Das Irreale an dieser
Theorie besteht darin, daß sie fingiert, tatsächlich seien alle Mitglieder
einer Gesellschaft diskursfähig, diskurswillig, und vor allem, bereit, auch
alle anderen am Diskurs teilnehmen zu lassen. Davon kann natürlich in der
Wirklichkeit keine Rede sein. Es fehlt schon praktisch an der für das wirkliche
Funktionieren der Theorie nötigen allgemeinen Diskurs- und Kommunikationsfähigkeit.
Diskurstheoretiker wie der Amerikaner Parsons betonen »im Zusammenhang mit
der Herausbildung einer Zivilgesellschaft als der Basis für die öffentlichen
und inklusiven Meinungs- und Willensbildungsprozesse freiwillig assoziierter Rechtsgenossen
schließlich die Bedeutung der Egalisierung von Bildungschancen, überhaupt
der Entkoppelung des kulturellen Wissens von Klassenstrukturen.« (Jürgen
Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S. 102 über Talcott Parsons,
The System of Modern Societies, 1971, S. 97). (Klaus Kunze, Mut
zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 160).Damit versucht
die Diskurshypothese ihr spezifisches Dilemma, also das Paradoxon des eigenen
inneren Widerspruchs zu lösen: Weil sie ihren eigenen Voraussetzungen nach
nur unter der Prämisse wirklich funktionieren kann, daß alle Diskursteilnehmer
kommunikationsfähig sind, muß sie diese Kommunikationsteilnehmer im
Zweifelsfall durch entsprechende Bildung erst kommunikationsfahig machen. Sie
sieht sich vor die funktionale Aufgabe der Gesellschaftsveränderung und Egalisierung
gestellt, um ihren Normen das Bett zu bereiten. Sie hebt sich so mit ihren Voraussetzungen
selbst wieder auf: Die erforderliche Egalisierung zur Herstellung der Kommunikationsfähigkeit
aller Rechtsgenossen steht nämlich im Widerspruch zum Anspruch normativer
Wertfreiheit und zum Pluralismusanspruch, beides zentrale Postulate zum Beispiel
der Habermas'schen Diskurstheorie. Ihr Paradoxon und unentrinnbares logisches
Dilemma wird deutlich durch die Frage: Wenn schon Wertneutralität: Warum
nicht auch Menschen, die nicht kommunizieren? (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 160-161).
3.6) Die funktionalisierte
Kommunikationsmacht
Die Diskurstheorie scheitert aber nicht nur
theoretisch an inneren Widersprüchen, sie scheitert auch praktisch daran,
daß Menschen die Kommunikationsmacht gnadenlos funktionalisieren wie jedes
Herrschaftsinstrument. Gerade die allgegenwärtige Mediengesellschaft mit
ihren technisch fast perfekten Kommunikationsmöglichkeiten zeigt die systemischen
Grenzen kommunikativen Verhaltens und die jedem kommunikativen Verhalten eigenen
Herrschaftsmechanismen auf: Wer kommuniziert und die Verfügungsmacht über
die Kommunikationsmittel besitzt, hat gewöhnlich kein Interesse mehr daran,
unbeschränkt viele andere an dieser Verfügungsmacht über die Kommunikationsmittel
und damit am Diskurs teilhaben zu lassen. Der bekannte Topos der Verfügungsgewalt
über die Produktionsmittel wich der modernen Verfügungsgewalt über
die Kommunikationsmittel. Heute ist die Medienwelt mit ihrer perfekten Technizität
und Fähigkeit umfassender Kommunikation vor allem eine Einbahnstraße:
Die Verfügungsgewaltigen über die Kommunikation entscheiden darüber,
wer aktiv mit kommunizieren darf und wer der Kommunikation nur passiv als Zuschauer,
Zuhörer oder Leser unterworfen ist. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 161).Die Zunft der Kommunikatoren
sitzt an den Hebeln der Medienmacht und entscheidet im wesentlichen schrankenlos
über die Inhalte der nur angeblich totalen Kommunikation. Von Kommunikation
kann aber hier tatsächlich nicht die Rede sein, weil der Begriff Wechselseitigkeit
voraussetzt. Je umfassender die technischen Kommunikationsmöglichkeiten werden,
um so einseitiger wird die Kommunikation tatsächlich: Der Diskurs zwischen
dem Podium und den Zuschauern in der ersten Reihe ist eine Einbahnstraße.
Resonanz und Diskurs sind nicht gefragt und unerwünscht. Die totale Kommunikationsgesellschaft
trägt heute eher die Züge des Orwell'schen großen Bruders als
die eines universitären Kolloquiums. Lassen wir uns nicht von einer Scheinpluralität
täuschen, wenn in endlosen Talkschauen oder Studiodiskussionen Nurliberale
mit Linksliberalen gegen Altliberale für libertäre Liberale streiten.
Über die weltanschaulichen Grundfragen ist man sich allemal einig. Wann immer
solche Diskurskomödien aufgeführt werden, bleibt man unter sich. Wer
auftreten darf, ist eine hinter den Kulissen vorentschiedene Machtfrage.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 161-162).Nach
Robert Dahl besteht die Hauptgefahr aber »in der technokratischen Variante
eines durch Wissensmonopole begründeten Paternalismus. Der privilegierte
Zugang zu den Quellen des relevanten Steuerungswissens ermögliche eine unauffällige
Herrschaft über das mediatisierte, von diesen Quellen abgeschnittene, mit
symbolischer Politik abgespeiste Publikum.« (Robert Dahl, Democracy and
its Critics, 1989, 2. 252). Wie in Orwells Roman 1984 entscheidet über
die vom Zuschauer gebildete Meinung, wer ihm über Jahre und Jahrzehnte hinweg
immer dieselbe Sorte von Informationshäppchen serviert. Volkspädagogisch
Unerwünschtes wie die Nationalität von Straftätern wird am liebsten
ausgeblendet. Ein diffuser Brei von Teilinformation und Moralpredigt hilft vorsichtshalber
nach, wo begriffsstutzige Zuschauer die Moral von der Geschicht' vielleicht nicht
von allein begreifen. Wie sich das Bild auf der Mattscheibe aus Tausenden von
Bildpunkten zusammensetzt, so fügen unsere Fernsehsender ein Weltbild zusammen
aus unzähligen sorgfältig ausgewählten Meldungen. Abgerundet wird
es durch ein politisch korrektes Medien-Neudeutsch: Es blendet Störendes
aus, indem es Worte tabuisiert und neue Euphemismen bildet. Wer das Böse
schließlich nicht mehr sprechen darf, soll es am Ende auch nicht mehr denken
können. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995,
S. 162).Die Kaste der Kommunikationsmächtigen bildet bereits
ein innergesellschaftliches Subsystem, das selbstreferentiell ist und nur noch
seinen eigenen Gesetzen gehorcht. Man kommuniziert untereinander und reagiert:
Wenn heute ein Artikel in der taz steht, folgt morgen ein Kurzbeitrag in der Frankfurter
Rundschau; ein heutiger Artikel im Spiegel wird morgen ausgewalzt in Monitor.
Epizentrisch verbreiten sich Skandale und Stories nach medieneigenen Gesetzen,
die von der Realität weitgehend abgekoppelt sind und in ihrer medialen Scheinbedeutung
nichts mehr mit dem wirklichen Geschehen zu tun haben müssen. Wenn, mit den
Worten Schrenck-Notzings, für den Medienzuschauer die Ikone Fernsehen die
Realität ersetzt - wer vor dem Kanzleramt auffährt, ist wirklich, wer
nicht auffährt, den gibt es einfach nicht (vgl. Caspar von Schrenck-Notzing,
Abschied vom Dreiparteiensystem, in: Gerd Klaus Kaltenbrunner [Hrsg.],
Herder-Initiative, Band 73; 1988, S. 121) - dann ist dies das Gegenteil
von Diskurs. Es gibt die Diskurstheorie, jedenfalls wenn man sie als Beschreibung
der Realität verstanden wissen wollte, der Lächerlichkeit preis. Nichts,
aber auch gar nichts, deutet darauf hin, daß das irreale und letztlich utopische
Moment der Kommunikationstheorie jemals von der Wirklichkeit eingeholt werden
könnte. Technik, Kommunikation und Diskurs sind heute Mittel der Herrschaftssicherung,
und solche Mittel haben sich die Herrschenden nach aller Erfahrung noch nie freiwillig
aus der Hand nehmen lassen. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur
Ordnung, 1995, S. 162).So ist es ein gezieltes Politikum, wer
mit wem redet - reden darf! Anders als nach den Voraussetzungen der Kommunikationstheorie
ist der umfassende Diskurs jedes mit jedem keineswegs selbstverständlich.
Die Verfügungsmacht über die Massenmedien wird instrumentiert, um mißliebige
Meinungen auszuschließen und die Schlagkraft der eigenen dadurch zu erhöhen,
daß der Zuschauer keine grundsätzlich abweichende Ansicht erfährt.
Man redet zwar über prinzipielle Dissidenten, aber nicht mit ihnen. Das gilt
für alle politischen Lager: Daß autonome Antifaschisten in ihren Broschüren
die Losung ausgeben, mit »Faschisten« nicht zu reden, ist noch allgemein
bekannt. Aber auch staatlich bestallte Hüter der Demokratie und Toleranz
wie Jesse empfehlen ungeniert, sogenannte Extremisten »notfalls von der
Diskussion auszuschließen.« (Uwe Backes / Eckhard Jesse, Politischer
Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, S. 174). (Klaus
Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 163).Nach
weitgehender Auflösung oder Denaturierung aller staatlichen Institutionen,
in denen ein gesamtgesellschaftlicher Willensbildungsprozeß durch Diskussion
wirklich stattfindet, fehlt es auch praktisch an einem Ort, an dem gesamtgesellschaftlicher
Diskurs sich fokussieren, bündeln und zu einer von allen tatsächlich
getragenen Entscheidung verdichten kann. Empirische Evidenzen drängen den
Systemtheoretiker »Teubner zu Annahmen, welche die Theoriearchitektonik,
um die es ihm geht, zerstören. In einer vollständig dezentrierten Gesellschaft
bleibt ja für eine gesamtgesellschaftliche Kommunikation, für die Selbstthematisierung
und Selbsteinwirkung der Gesellschaft im ganzen, kein Ort übrig, weil sie
zentrifugal in Teilsysteme auseinandergefallen ist, die nur noch in ihrer eigenen
Sprache mit sich selbst kommunizieren können.« (Jürgen Habermas,
Faktizität und Geltung, 1992, S. 76). Damit muß Habermas sich
zwangsläufig auseinandersetzen, weil die Richtigkeit der kommunikativen Theorie
die Grundannahme Habermas' zu Fall bringt, nach der es so etwas wie eine gesamtgesellschaftliche
Kommunikation und daraus folgend eine Legitimierung auf demokratisch-kommunikativer
Grundbasis gibt. Habermas' Behauptung ist eine Chimäre, es gebe einen gesamtgesellschaftlichen
Diskurs, aus dem Vernunft, Wahrheit oder Recht hervorgehen. (Klaus Kunze,
Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 163).In den
ausweislich aller Meinungsumfragen die Öffentlichkeit bewegenden Fragen findet
tatsächlich ein offener, das heißt allen potentiellen Diskutanten zugänglicher
Diskurs nicht statt. Die etablierten Kräfte des Parteienstaates und der Mediengesellschaft
haben nicht im geringsten die Absicht, ihre gesellschaftlichen und staatspolitischen
Grundentscheidungen von irgend jemandem in diskursiven Zweifel ziehen zu lassen.
Unbequeme Ansichten werden systematisch unterdrückt, stigmatisiert und wo
möglich mit Strafe bedroht. Dies gilt beispielsweise für an sich nachprüfungsfähige
Fakten der jüngeren Zeitgeschichte. Eine Diskussion über den Vertrag
von Maastricht mit dem Ziel einer Entscheidung über das Ob der Ratifizierung
hat ebenso wenig stattgefunden, wie keine Diskussion über die Frage der Aufenthaltsberechtigung
für Millionen Ausländer in Deutschland mit dem Ziel stattfindet, über
das Ob dieses Aufenthaltes auch nur ein Wort zu verlieren. Die Entscheidungen
sind alle längst getroffen, und es gibt allenfalls noch eine Diskussion über
das Wie innerhalb der selbstreferentiellen Entscheidungsgremien des Innenlebens
des Parteienstaates: Das ewige Selbstgespräch ersetzt das ewige Gespräch
- immer dasselbe gespenstische Murmeln und Raunen der unendlich sich drehenden
staatlichen und medialen Gebetsmühlen. (Klaus Kunze, Mut zur Freiheit
- Ruf zur Ordnung, 1995, S. 163-164).Tatsächlich nehmen
große Bevölkerungsgruppen an Habermas' gesamtgesellschaftlicher Kommunikation
nicht teil. Sie können sich daher in die gesamtgesellschaftlich entstehende
Vernunft nicht einbringen. Im Endeffekt erzeugt auch der Liberalismus mit seinem
immerwährenden Gespräch in der totalen Kommunikationsgesellschaft eine
Art von Ordnung. Es handelt sich dabei um keine Ordnung der Ausgewogenheit, sondern
um eine Ordnung, in der - wie in jeder Ordnung - die einen oben sind und die anderen
unten; und die dritten sind am Ende überhaupt nicht vorhanden. Kein ungeborenes
Kind kann sein Leben in die Waagschale der totalen Kommunikationsgesellschaft
werfen, kein altes Mütterchen, keine alten Kranken und Schwachen, nicht die
vielen Sprachlosen und Dummen, die weder die Fähigkeit noch Lust haben, überhaupt
mit einem anderen zu kommunizieren. Alle sie sind ausgegrenzt und kommen mit ihrem
Bedürfnissen in der Kommunikationstheorie überhaupt nicht vor.
(Klaus Kunze, Mut zur Freiheit - Ruf zur Ordnung, 1995, S. 164). |