Die
Herrschenden aus Politik, Medien und Lobby vergrößern ihre Macht, ihren
Einfluß durch Mißbrauch, um das Volk noch mehr ausbeuten und noch
gefügiger machen zu können; sie bringen z.B. Hysterie, Angst, gesetzliche
Verbote und Tabus in die Welt, hetzen Volksgruppen gegeneinander auf, zerstören
dadurch jedes Vertrauen und jede Solidarität - und das alles nur, weil ihnen
das Ausbeuten und Kleinmachen des Volkes wichtiger ist als das Versprechen zu
Volksloyalität und Volksvertretung, das sie ja eh nicht halten (können).
Politik und Glaube (Religion, Theologie) sollen ja angeblich im Westen getrennt
sein, doch: was Buße und Ablaß angeht, so scheinen wir gar nicht in
der Spätmoderne, sondern im Spätmittelalter zu leben und auf die Neuzeit,
auf die Erlösung durch Martin Luther
zu warten (z.B. auf die von Luther 1517 veröffentlichten 95 Thesen gegen
den Ablaß); denn es ist ja egal, ob die Ablaßzahlungen (Zahlungen
zum Ablaß von Strafen für begangene Sünden!) moderner
geworden sind und z.B. Ökosteuer, Klimasteuer
u.s.w. heißen. Sie sind: Ablaßzahlungen!
Hochwasserkatastrophen
Gleich
mehrere Hochwasser der letzten Jahre wurden »Jahrhundertfluten« genannt.
Sie scheinen nun in größerer Stärke und in gesteigerter Häufigkeit
als in früheren Zeiten zu kommen: Pfingsthochwasser 1999 am Alpennordrand,
die Elbflut vom August 2002 und ein weiteres, sehr starkes Hochwasser Ende August
2005, das gewaltige Schäden und großflächige Überschwemmungen
von der Schweiz bis in den Osten Österreichs verursachte. Unmittelbar davor
hatte es in den 1990er Jahren gleichfalls drei sehr starke Hochwasser an Rhein
und Oder gegeben. Drei Katastrophenhochwasser in den sechs Jahren von 1999 bis
2005 erwecken zwangsläufig den Eindruck, daß sich gegenwärtig
die Hochwasser in noch nie dagewesenem Maße häufen. Doch solche »Eindrücke«
haben mit Zeit und Vergessen zu tun. Die Angaben der Versicherungen bestätigen
die Häufung allerdings nur höchst vordergründig, weil sie auf (versicherte)
Schäden bezogen sind. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 107).
|

Hochwassermarken am unteren Inn in Schärding/Oberösterreich
(Foto: Reichholf). Linke Seite vom Innufer aus, rechte Seite landseitig
oben anschließend. Der Pfeil verweist auf die Position des Hochwassers
1954 in der landseitigen Fortsetzung auf die jeweils gleiche Höhe. |
Das stärkste Hochwasser im ganzen 20. Jahrhundert, das Julihochwasser
von 1954, liegt noch nicht einmal ein volles durchschnittliches Menschenalter
zurück, und dennoch wird es in der Öffentlichkeit kaum noch
einmal erwähnt. Am Inn bei Passau, dem zusammen mit dem Rhein wasserreichsten
Alpenfluß Mitteleuropas, erreichte dieses Hochwasser 6000 Kubikmeter
pro Sekunde. Die Menge ließ sich recht genau bestimmen, weil der
untere Inn in eine Kette von Stauseen aufgegliedert und in Dämme
gefaßt ist, die kein Ausufern der Fluten mehr zulassen. Das Hochwasser
von 1954 übertraf alle seitherigen bei weitem, das schon zur »Jahrhundertflut«
ernannte vom 23. August 2005 mit eingeschlossen. In der Rangfolge wurde
es schon vom Hochwasser 1899 jedoch ganz klar an Pegelstandshöhe
und noch viel mehr an Menge des Wassers übertroffen. Weitaus größere
Überschwemmungen gab es 1786, und die höchste im letzten halben
Jahrtausend über Wasserstände an Gebäuden verzeichnete
Flut fand 1598 statt. Zahlreiche weitere Katastrophenhochwasser hatte
es in den vier Jahrhunderten von 1500 bis 1900 gegeben. Sie wurden längst
nicht alle an Gebäuden vermerkt, wenn sie unterhalb der früheren
Spitzenwerte geblieben sind. Aber aus anderen Quellen lassen sich Häufigkeiten
und ungefähre Höhe der Hochwasser ermitteln. (Josef H.
Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 107-108).
Für den Rhein und seine
süddeutschen Nebenflüsse sowie für die obere Donau werteten R.
Glaser, J. Jacobeit, M. Deutsch, H. Stangl ( )
die Daten aus. Sie konnten zeigen, daß es gut erkennbare Phasen unterschiedlicher
Häufigkeit und Stärke der Hochwasser gegeben hat. So ist für den
Niederrhein bei Köln und Koblenz die markanteste und stärkste Hochwasserperiode
in den 100 Jahren zwischen 1350 und 1450 ausgebildet. Von 1500 bis 1650 folgt
eine breitere und von 1700 bis etwa 1770 eine Zeit geringer Häufigkeit. Danach
steigt die Hochwasserhäufigkeit steil an und erreicht um 1800 einen neuen
Höchstwert, der 1900 zu einem fast historischen Tiefstand absinkt und seither
wieder kontinuierlich auf das bislang dritthöchste (!) Niveau des ganzen
letzten Jahrtausends angestiegen ist. (Josef H. Reichholf, Eine kurze
Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 108).
Für die obere
Donau ergeben die historischen Daten jedoch einen ganz anderen Verlauf. Der große
»Rheingipfel« von 1350 bis 1450 ist hier nur schwach ausgeprägt.
Erst nach 1500 steigt die Hochwasserhäufigkeit stark an und erreicht zwei
markante Gipfel zwischen 1650 und 1680 sowie 1750 bis 1800. Ab dem frühen
19. Jahrhundert liegen für alle größeren Flüsse Messungen
vor, die sowohl die Häufigkeit als auch die Stärke der Hochwasser hinreichend
genau dokumentieren. Ganz allgemein besagen sie, daß die Fluten im 20. Jahrhundert
weder häufiger gekommen noch stärker ausgefallen sind als in den Jahrhunderten
davor. Im Gegenteil: Für die beiden wasserreichsten Flüsse Süddeutschlands,
den Rhein und den Inn, der beim Zusammenfluß mit der Donau in Passau mehr
Wasser und erheblich stärkere Hochwasser als diese bringt, ergibt sich für
die vergangenen 100 Jahre eine Abnahmetendenz. Das zeigen die genauen Aufzeichnungen
für den Oberrhein und die Auswertungen zur Wasserführung des Rheins
von J. Karl ( )
sowie die zahlreichen Hochwassermarken an Ufergebäuden. Dabei ist nämlich
zu berücksichtigen, daß die großen Flüsse erst im 19. Jahrhundert
reguliert und in Dämme oder Deiche gefaßt worden sind. Die Verminderung
des Durchflußquerschnitts erzwingt einen Anstieg der Fluthöhe bei gleicher
Wassermenge. So hatte sich etwa das stärkste Hochwasser des 20. Jahrhunderts
am Inn im Juli 1954 praktisch nicht mehr über die früheren Talweitungen
ausbreiten können, die noch den starken Hochwassern vom August 1897, Juni
1940, September 1920 und September 1899 zur Verfügung standen, denn die Stauseen
wurden erst ab 1942 gebaut. Die Abfolge der Jahreszahlen gibt die Stärke
der Hochwasser wieder (vgl. Abbildung ).
1954 rückte die Fluthöhe bis auf etwa einen Meter an den letzten Höchstwert
von 1899 heran. Damals waren aber bereits erste »Abflußbeschleunigungen«
über Durchstiche und Längsverbau des außeralpinen Inn getätigt
worden. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 109-110). |

Die Entwicklung der Wasserführung des Rheins im hydrologischen Sommerhalbjahr
seit 1810 anhand der 10-jährigen Mittelwerte läßt keinen Rückgang
erkennen, obwohl die Gletscher so stark abgeschmolzen sind. (Daten: J. Karl, 1997 ). |
Am
Rhein fing die Regulierung mit der Tulla'schen Korrektur Anfang des 19. Jahrhunderts
an, am Inn dagegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Hochwasser zeigen dennoch das
gleiche Bild größerer Höhe im 19. als im 20. Jahrhundert. Aus
den Höhenlinien im Flußtal kann man einigermaßen verläßlich
abschätzen, wie groß die Wassermengen gewesen sein dürften, die
im Zustand des gänzlich unverbauten Wildflusses mehrere Meter höhere
Anstiege der Flutspitzen als nach der Regulierung verursachten. Die Inn-Hochwasser
von 1786 und vor allem das ganz gewaltige von 1598 müssen demnach noch ein
Mehrfaches der Wassermenge gebracht haben als die mit 6000 Kubikmeter pro Sekunde
gemessene Flut von 1954. Größenordnungen von 20000 Kubikmeter pro Sekunde
und darüber hinaus erscheinen realistisch, denn damals konnte sich die Überschwemmung
auf fünf bis sieben Kilometer Breite im Tal ausdehnen. Der Vergleich mit
dem Rhein vermittelt einen weiteren Aufschluß. Während sich im Donausystem,
zu dem der Inn gehört, der spätmittelalterliche Gipfel um 1400 noch
nicht abzeichnet, steigt die Hochwasserintensität nach 1500 stark an, obgleich
der Rhein nur eine mittlere Hochwasserhäufigkeit erreicht und dessen zweithöchster
Gipfel um 1800 deutlich verzögert auf die besonders großen und häufigen
Hochwasser im System der oberen Donau zwischen 1730 und 1800 folgt. Das Spitzenhochwasser
von 1786 am Inn deckt sich zeitlich recht gut mit dem Extremhochwasser an Main
und Neckar von 1784, das wohl in Zusammenhang mit dem Ausbruch des Vulkans Laki
auf Island in den Jahren 1783/84 steht und gleichfalls mit »alpiner
Verzögerung« den Inn und das Stromsystem der oberen Donau erfaßte.
Denn die wahrscheinlichste Erklärung für die in der Zeit verschobenen
Verläufe der Hochwasser an Niederrhein und Donau/Inn ergibt sich aus der
Zwischenspeicherung großer Mengen an Niederschlagswasser im Eis der Alpengletscher.
Diese wuchsen, wie die Untersuchungen von C. Pfister ( )
für die Schweiz gezeigt haben, im Spätmittelalter sehr stark, allerdings
um nach nur einem Jahrhundert Gletschervorstoß schon wieder zu schrumpfen.
Erst nach 1500 setzte ein anhaltendes Gletscherwachstum ein, das im 19. Jahrhundert
den Höchststand erreichte und danach rasch zu Ende ging. Seither ziehen sich
die Gletscher zurück. Auf die Jahreswasserführung der Alpenflüsse
hat das so gut wie keinen Einfluß, denn der Anteil des Gletscherwassers
macht darin nur wenige Prozent aus ( ).
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 109-111).Aber die Extremhochwasser müssen im Zusammenhang
mit den alpinen Gletschern, den winterlichen Schneemassen und der Eisbildung auf
den Flüssen gesehen werden. Viele der Katastrophenhochwasser der letzten
Jahrhunderte, die zweite Hälfte des 20. ausgenommen, waren spätwinterliche
Eisstoß-Hochwasser gewesen. Sie führten dazu, daß der Rhein über
die Mainmündung hinaus in manchen Jahren noch im April oder sogar Anfang
Mai Eisschollen abtrieb. Damit taucht ein noch komplexerer Zusammenhang zwischen
Hochwasser und klimatischer Änderung auf. In grober Bilanzierung läßt
sich feststellen, daß die warmen Jahrzehnte und Jahrhunderte auch die »guten«
gewesen sind, während die kalten und niederschlagsreichen die schlimmsten
Hochwasser gebracht hatten. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 111).Werfen wir vor der
Behandlung der Kältewinter und ihrer Auswirkungen auf die Natur Mitteleuropas
noch einen etwas genaueren Blick auf den Zustand der Flüsse in den Jahrhunderten
vor Beginn der Regulierungen durch den Wasserbau. Was kennzeichnete sie damals,
und worin unterschieden sie sich von den heutigen Verhältnissen? (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 111-112).Zunächst gilt es, ein weitverbreitetes Mißverständnis
auszuräumen. Die Flüsse Mitteleuropas waren im 19. Jahrhundert
vor den ersten Begradigungen und Ausbaumaßnahmen sicher nicht »im
Naturzustand«, wenn damit jener Zustand gemeint sein sollte, in dem ein
Fluß vom Menschen tatsächlich nicht nennenswert verändert ist.
Ihr Fließen war zwar nicht wesentlich reguliert und ihre Hochwasser auch
nicht gelenkt oder gebändigt. Aber dennoch waren längst so gut wie alle
größeren Fließgewässer und die meisten Bäche nicht
mehr »Natur«, auch wenn sie »natürlich« aussehen
mochten. Seit Jahrhunderten waren sie vielfältigen Einwirkungen der Menschen
ausgesetzt. Die Auen wurden genutzt zur Gewinnun von Brennholz und als Weide für
Rinder, Ziegen und Schafe. Sand und Kies wurden entnommen, Uferwege waren angelegt
und als sogenannte Treppelwege auch dazu benutzt worden, mit Pferdegespannen Lastkähne
gegen die Strömung flußaufwärts zu ziehen. Holz wurde geflößt,
und die Flößerei stellte in früheren Zeiten das dar, was heutzutage
die von starken Motoren getriebenen Lastkähne der Binnenschiffahrt sind:
Verkehrsmittel auf Wasserstraßen. Natürlich wurde gefischt. Reusenanlagen
sperrten ganze Flußarme ab. Es gab Korb- und Netzfischerei, Jagd und eine
Wasserverschmutzung, von der wir uns kaum eine Vorstellung machen können.
Aller Unrat, Schmutz und die Fäkalien aus den Städten gingen an den
Flüssen einfach »ins Wasser«. Auch das Vieh, das zur Tränke
kam, hinterließ Exkremente. Wenn wir die heutige Fischproduktion von Flüssen,
die aus den Alpen kommen, und die schon seit Jahrzehnten kein ungeklärtes
Abwasser mehr erhalten, mit den früheren Angaben zum Fischreichtum vergleichen,
scheint etwas grundsätzlich nicht zusammenzupassen. Wo seit geraumer Zeit
ein erwerbsmäßiger Fischfang nicht mehr lohnt und für das Sportangeln
immer wieder neuer »Besatz« aus Fischzuchtanstalten nachgesetzt werden
muß, wimmelte es »früher« nur so von Fischen unterschiedlichster
Arten. Die Fischerei war so einträglich, daß »Fischrechte«
auf Uferstrecken bezogen vergeben worden waren wie Rechte der Flur- und Waldnutzung
an Land. Auch noch die kleinsten Bäche wurden von Fischereirechten erfaßt.
Man faßte sie vielfach als »Verbundrechte« in den sogenannten
Koppelfischereirechten zusammen. Das Privileg zum ausschließlichen Fischfang
auf bestimmten Strecken konnte an Häuser gebunden sein, und es fiel automatisch
den jeweiligen Bewohnern zu, weil diese die dem Haus zugedachte Funktion, etwa
eine Fähre zu betreiben oder einen Uferbereich für das Anlanden von
Schiffen instand zu halten, zu erfüllen hatten. Unterließe man heute
in unseren sauber gewordenen Flüssen und Bächen den Besatz, würden
lange Strecken etwa von Inn oder Isar kaum zum Sportangeln locken. Großartige
Erträge lassen sich auch mit intensiven Besatzmaßnahmen nicht erzielen.
Schuld daran sind keinesfalls die fischefressenden Wasservögel, denn solche
hatte es in früheren Zeiten auch und wahrscheinlich sogar in weitaus größeren
Mengen gegeben als in der Gegenwart. Wo es in unserer Zeit außerordentlich
fischreiche Flüsse gibt, kommen auch Wasservögel in großen Mengen
und eindrucksvoller Vielfalt vor. Wie soll man aber die Chroniken verstehen, die
von Fischzügen solcher Stärke berichten, daß das Wasser schwarz
geworden war, weil die Fische Rücken an Rücken daherkamen? Raubfische,
wie die großen Huchen (Hucho hucho) in der Donau und ihren Nebenflüssen,
erreichten nach heutigen Standards wahre Rekordgrößen. Wanderfische
müssen durch viele Flüsse gezogen sein wie Heringsschwärme im Meer.
Im Hohen Mittelalter war es angeblich den Bürgern in Köln zeitweise
untersagt, den Dienstboten mehr als fünfmal die Woche Lachs zu essen zu geben.
Ob übertrieben oder nicht, daß damals Lachse den Rhein in Mengen hochgezogen
kamen, steht außer Zweifel. Kaum etwas anderes fällt für die früheren
Jahrhunderte so übereinstimmend aus wie die Angaben zum Fischreichtum in
den Gewässern. Kein Fluß, kein See ist davon anscheinend ausgenommen.
Die Chroniken berichten von großartigen Ergebnissen der Netzfischerei. Fisch
als Nahrungsmittel war so begehrt, daß im späten Mittelalter große
Fischteiche und Teichanlagen angelegt wurden, in denen vor allem Karpfen gezüchtet
wurden. Die Aischgründer und die Oberpfälzer Karpfenteiche, die riesigen
Teichanlagen von Mähren und in der Brenne Ostfrankreichs und viele weitere
Fischteiche wurden damals angelegt. Die meisten davon gehen auf Klöster zurück.
Bezeichnungen in der Teichwirtschaft wie »Mönch« zeugen davon.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 112-114).In unserer Zeit halten Ringkanalisationen die
meisten Seen sauber. Die menschlichen Abwässer werden über hochwirksame
Kläranlagen gereinigt, und wenn irgendwo Giftstoffe in einen Fluß gelangen,
berichten sogleich die Medien von dieser Umweltkatastrophe. Die Teichwirtschaft
sichert ihre (hohen) Erträge mit massivem Einsatz von Futtermitteln für
die Fische. Ohne diese würde sich heutzutage kaum noch eine rentieren.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 114-115). Die Paradoxie dehnt sich sogar noch weiter aus,
wenn wir auch anderes Wassergetier betrachten, das einstens (große) Bedeutung
hatte. Zum Beispiel die Krebs- und die Perlmuschelfischerei. Flußkrebse
gab es bis in das späte 18. Jahrhundert reichlich. Eine Fülle von speziell
auf den Krebsfang ausgerichteten Geräten gibt davon ebenso Zeugnis wie umgangssprachliche
Begriffe. »Krebsrot« zu werden benutzen wir als Zeichen für einen
starken Sonnenbrand. Das wirkliche »Krebsrot«, den nach dem Fluß-
oder Edelkrebs Astacus benannten Farbstoff »Astaxanthin«, kennt
aber kaum jemand aus eigener Erfahrung. Zwar erholen sich in manchen Bächen
die Flußkrebsvorkommen gegenwärtig wieder etwas, aber von früheren
Verhältnissen kann dennoch überhaupt nicht die Rede sein. (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 115). Noch schlechter steht es um die Flußperlmuschel
(Margaritifera margaritifera). Allen Bemühungen des Artenschutzes
zum Trotz, die letzten Restvorkommen zu erhalten, sieht es nicht gut aus für
sie. Die Muschelbänke erzeugen kaum noch Jungmuscheln, oder sie haben überhaupt
keinen Nachwuchs mehr. Nun waren aber in früheren Jahrhunderten, als zum
Beispiel im Bayerischen Wald die Glashüttenindustrie Einzug gehalten und
das Gebiet von weit mehr Menschen als heute besiedelt war, die hochgradig giftigen
Abwässer keineswegs geklärt worden. All das, was andernorts Gerbereien
oder Färbereien an Abwässern erzeugten, lief gleichfalls als stinkende
Giftsoße in die Bäche oder Flüsse. Dennoch hatten diese, von örtlichen
Schäden abgesehen, offenbar nicht nur keine geringere Produktivität
als gegenwärtig nach so gründlicher Abwasserreinigung, sondern eine
sehr viel höhere. Fische, Krebse und Muscheln lebten in den Bächen,
Flüssen und Seen in Hülle und Fülle, aber aus hygienischer Sicht
herrschten darin katastrophale Verhältnisse. Warum das so war, wird klar,
wenn man die Vorstellung von »unregulierten Flüssen im Naturzustand«
aufgibt. Zwar hatten die Menschen seit dem Mittelalter wenig sichtbaren Einfluß
auf die Struktur der Wasserläufe genommen, dafür aber umso mehr das
Leben in den Flüssen verändert. Denn die Abwässer von Mensch und
Tier düngten die Fließgewässer ununterbrochen und versetzten von
Natur aus »magere« Flüsse in hochproduktive Zustände. Was
Menschen und Haustiere ausscheiden, steckt voller verwertbarer Nährstoffe,
die keineswegs nur den Böden auf den Fluren als Biodünger zugutekommen
und ihre Erträge heben, sondern auch den Gewässern. Von den organischen
Reststoffen und den Massen von Bakterien, welche die Exkremente durch- und zersetzen,
leben die Kleintiere des Bodenschlammes und der flachen, wenig durchwirbelten
Uferzonen der Gewässer. Voraussetzung für ihr Wirken ist allerdings,
daß reichlich Sauerstoff vorhanden ist oder nach dessen Zehrung durch die
Wasserwirbel rasch genug wieder nachgeliefert wird. Der unregulierte, »offene«
Fluß hatte diese Struktur. Ihre Wirkung wurde sogar noch verbessert, weil
so viele und weitläufige Uferbereiche offen gehalten worden waren. Die Flußauen
dienten seit Jahrhunderten als Weideland. Die uralte Bezeichnung »Aue«
meint »Wasserwiese«. Das Vieh konnte bei drohendem Hochwasser vergleichsweise
rasch auf sicheren Grund herausgeführt werden. Denn die Siedlungen legte
man nicht in den von Überschwemmungen gefährdeten Niederungen, sondern
an deren Rändern an. Heute werden die meisten Flußauen als Ackerland
genutzt. Bei Überschwemmung geht die Ernte buchstäblich zugrunde. Ungleich
besser paßte die Weidewirtschaft zur Wasserdynamik in der Flußaue;
Besiedlung und feste Felder gab es kaum oder nur an solchen Stellen, die selten
genug vom Hochwasser heimgesucht wurden. Die alten Karten zeigen, daß die
Dörfer und Städte im allgemeinen den Flutgrenzen folgten und nicht in
die Überschwemmungsbereiche hineingelegt worden waren. Weidevieh und die
Abwässer der Siedlungen stellten also die Grundlage für die hohe Produktivität
der Flüsse an Fischen und Krebsen, an Muscheln und auch an Insekten dar.
Diese schwärmten in früheren Zeiten in solchen Mengen, daß sich
manchmal zentimeterdicke Schichten von toten Leibern bestimmter Arten von Eintagsfliegen
bildeten. »Uferaas« wurden diese Wasserinsekten genannt, deren Larven
im nahrungsreichen Flachwasser leben und zusammen mit anderen Arten der Gruppen
von Köcherfliegen, Eintagsfliegen und Steinfliegen die wichtigste Nahrung
für viele Fische darstellen. Sie selbst verbrauchen die organischen Reststoffe,
die ins Wasser hineinkommen. Im echten Naturzustand wäre dies der Abfall
an Blättern und anderen Pflanzenteilen aus dem Auwald gewesen, der die Ufer
dicht gesäumt und vor zu starken Abtragungen und Uferverlagerungen geschützt
hatte. Beweidung und Holznutzung degradierte frühzeitig die Auwälder
zu lückigem Buschwerk. Ganz entsprechend sind die Flüsse auf den Bildern
der Landschaftsmaler dargestellt. Es gibt weitflächige Kiesbänke und
vielfach einzeln stehende Baumgruppen, unter denen Hirten und Kühe Schatten
fanden. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 115-117). Gewiß, die Flüsse, zumal die größeren,
machten unreguliert einen »wilderen« Eindruck als die begradigten
des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In diesen sollte das Wasser möglichst
schnell und ungehindert abfließen. Natürlicher waren sie jedoch dadurch
nicht geworden. Der Wasserbau des 20. Jahrhunderts führte sie dann von einem
bereits menschengemachten Zustand in einen anderen über. Unsere heutigen
Vorstellungen von Sauberkeit entziehen den Flüssen die letzten Möglichkeiten,
biologische Produktivität zu entfalten, denn mit dem Säubern des Abwassers
von organischen Reststoffen wird ihnen die Nahrung genommen. Früher gab es,
auf den »Naturzustand« bezogen, viel zu viel davon, jetzt aber zu
wenig. Hieraus erklärt sich sowohl der frühere Reichtum an Fischen und
Krebsen, Perlmuscheln und Massenschwärmen von Eintagsfliegen als auch ihr
heutiger Rückgang oder das weitgehende Fehlen trotz (wegen!HB) »sauberen Wassers«. Die organischen Reststoffe hatten den
Fischen eine so überreiche Nahrungsgrundlage an Insektenlarven und schlüpfenden
Wasserinsekten geboten, daß sie nicht in der Lage waren, die Schwärmflüge
erkennbar zu dämpfen. Von den organischen Resten lebten auch die Muscheln,
die Perlmuscheln in den Waldbächen zumal, weil die Täler von Ziegen
und auch von Rindern beweidet worden waren. Das hielt die Ufer der Bäche
offen, sonnig und verhinderte, daß wie gegenwärtig fast nur Nadeln
als pflanzlicher Abfall in die Bäche fallen und diese versauern lassen. Wo
Muscheln leben können, gibt es auch Wasserschnecken, große Würmer
und anderes Kleingetier im Wasser, von dem sich die Krebse ernähren. Sie
dürften auch von zahlreichen Tierkadavern profitiert haben, die früher
ins Wasser gelangten. Frösche gab es an den flachen Buchten, an die das Vieh
zur Tränke kam, in großen Mengen. In den früheren Jahrhunderten
kannte man das Phänomen der »Krötenzöpfe«. Diese entstehen,
wenn mehrere Männchen der Erdkröte (Bufo bufo) ein großes
Krötenweibchen klammern und so lange unter Wasser drücken, bis dieses
stirbt und daher keine Abwehrlaute mehr von sich geben kann. Immer mehr Männchen
kommen nun hinzu und klammern ebenfalls, bis ein Gebilde entsteht, das wie ein
aus Kröten gemachter Zopf aussieht. Wo sich Erdkröten zum Laichen zu
Hunderten oder gar zu Tausenden einfinden, kann so etwas geschehen. Abends schallten
dann im Mai und Juni die Chöre der Laubfrösche aus diesen flachen Ufergewässern
kilometerweit übers Land. Die alten Angaben zu Vorkommen und Häufigkeit
sowie über Merkwürdigkeiten allgemein bekannter Tierarten lassen sich
gemäß den heutigen Verhältnissen oft kaum noch verstehen. Erst
wenn wir die früheren Verhältnisse in der Landnutzung berücksichtigen,
ergeben sich sinnvolle Zusammenhänge. (Josef H. Reichholf, Eine
kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 117-118).
Eine weitere bedeutsame Veränderung in der Wasserführung der Flüsse
ergab sich natürlich auch aus anhaltenden Trockenperioden. Solche können
kalte Winter mit Dauerfrost, aber auch heiße, trockene Sommer verursachen.
Vor wenigen Jahren hatte der so niederschlagsarme Hitzesommer von 2003 gleichsam
einen späten Nachtrag aus der Frühzeit des 2. Jahrtausends vorgeführt.
Im warmen Hochmittelalter gab es deswegen kaum Hochwasser, die für wert befunden
wurden, in den Chroniken vermerkt zu werden, weil die Flüsse insgesamt viel
weniger Wasser führten. Dieser Zustand zeigte sich im Hoch- und Spätsommer
2003, als Rhein und Donau und andere Flüsse in Mitteleuropa auf »Rekordtiefs«
abgesunken waren. Wie schon erwähnt, war der Trockenbau der berühmten
Steinernen Brücke in Regensburg deswegen möglich, weil die Donau damals
so wenig Wasser führte. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatten sich die »üblichen«
Verhältnisse der Wasserführung in der Wärmezeit des Hochmittelalters
im Vergleich zur Gegenwart regelrecht umgedreht: Viel Wasser kam im Winter und
wenig im Sommer. Der Wechsel auf ungefähr heutige Verhältnisse kam mit
dem großen Umschwung der Witterung zu Beginn der Kleinen Eiszeit, als Schnee
und Eis dominant wurden und langer, tiefer Frost das Wasser zurückhielt.
Seither führen viele Flüsse im Winter am wenigsten Wasser. Im Frühjahr
steigt mit der Schneeschmelze und dem Eisaufbruch die Menge rasch wieder an, und
zwischen 1500 und 1900 gab es viele sehr schwere »Winterhochwasser«.
Die Chroniken zeigen erstaunlicherweise während der Kleinen Eiszeit auch
vermehrt Extremhochwasser im Spätsommer und Herbst. Die in den letzten 100
bis 150 Jahren gemessenen Werte für den Jahresgang der Wasserführung
unserer Flüsse müssen deshalb keineswegs »typisch« sein.
Die Hochwasser weisen mit Lage und Stärke auf andere Abflußverhältnisse
in früheren Jahrhunderten hin, deren ökologische Folgen in den Flüssen
wir nicht abschätzen können. Die Wasserbaumaßnahmen änderten
auch diese »Vorgaben« der jüngsten Vergangenheit schon wieder.
Das Niederschlagswasser kommt nun immer schneller aus dem Einzugsgebiet zum Hauptlauf,
wo die Scheitelwellen eines Hochwassers entsprechend steiler auf- und durchlaufen
als in früheren Jahrhunderten. Was im 16. und 17. Jahrhundert noch gar nicht
als Hochwasser angesehen worden wäre, kann nun bereits zum mittleren Hochwasser
anschwellen und am Unterlauf Schäden verursachen. Wo vor den Regulierungen
in weit auseinandergezogenen und verzweigten Flußläufen das ganze Spektrum
der Fließgeschwindigkeiten zwischen Stillstand oder sogar rückwärts
gerichteter Strömung bis hin zu mehreren Metern pro Sekunde vorhanden war,
schießt nun der allergrößte Teil des Wassers durch einen engen
Schlauch mit stark überhöhter Geschwindigkeit. Das hat Folgen für
Stärke und Häufigkeit der Überschwemmungen und für die Sicherheit
von Dämmen und Deichen, aber auch für die ökologischen Vorgänge
im Fluß. Die früheren Verhältnisse sagen uns aber nicht einfach,
wie der Fluß seiner Natur nach sein soll(te). Vielmehr geht aus ihnen nur
hervor, wie er einmal (auch) war. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 118-120). Flüsse sind
allerdings von Natur aus auch nicht »festgelegt« auf bestimmte Zustände,
die »richtig« sind. Sie verändern sich beständig von den
Quellen bis zur Mündung und über die Jahreskreise und die Zeiten. Es
gibt keinen Sollwert für die Wasserführung des Rheins oder der Elbe
und auch keinen idealen Verlauf der Jahresgänge, so wenig, wie es die ideale
oder die richtige Witterung gibt. Anders als die viel beständiger erscheinenden,
weil träger reagierenden Wälder oder die Menschenwelt mit ihren Zielvorgaben
drücken die Flüsse aus, wie sehr die Natur »in Fluß«
ist. Darin gleichen sie der Witterung und dem Klima. Ob sie unnatürliche
Extreme bringen, hängt davon ab, was wir für Vorstellungen damit verknüpfen.
Doch genauso unnatürlich wäre es anzunehmen, daß die Flüsse
immer gleich fließen würden und das Wetter alle Jahre auf dieselbe
Weise verlaufen sollte. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 120).
Was wieder einmal stark beschleunigt
zunimmt, ist der Katastrophismus.
Sein Einschüchterungspotential wird gegenwärtig wieder hemmungslos
ausgenutzt. Längst sind ganz natürliche und häufig wiederkehrende
Wetterereignisse zu Katastrophen gemacht worden. In früheren Jahrhunderten
hätte man sie nicht für wert befunden, wie Geburten und Sterbefälle
in die Kirchenbücher eingetragen zu werden. Die Medien nutzen unseren merkwürdigen
Hang zu Katastrophen bekanntlich höchst umfänglich aus und übertreiben
in aller Regel bis an die Grenzen des Zumutbaren und darüber hinaus. Vielleicht
äußert sich darin unsere kindliche Sehnsucht nach Sicherheit, die eine
Gesellschaft nicht mehr bietet, weil sie überaltert ist. Mangels Kinder möchten
(zu) viele selbst kindlich bleiben. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 185).
Justus von Liebig und der Kunstdünger
Die große Wende löste im Stillen ein herausragender,
bis in die Gegenwart hoch geehrter deutscher Chemiker aus, als er das
zugrundeliegende Prinzip für die Produktivität der Natur erkannte.
Justus von Liebig formulierte es als das (sein) »Minimum-Gesetz«.
Danach begrenzt jener Nährstoff die (landwirtschaftliche) Produktion,
der im Verhältnis zu den anderen benötigten Stoffen im Minimum
ist. Das kann etwas so Einfaches sein wie das fehlende Wasser in der Wüste
oder der Mangel an Wärme in den polaren Regionen. Letztere lassen
sich schwerlich heizen. In zu kalten Gebieten können nur Glashäuser
eine gewisse Lösung sein. Die Wüste kann man bewässern.
Das ist seit Jahrtausenden bekannt und vielfach gemacht worden. Liebigs
Leistung lag nun darin, den Schlüssel für die Produktionsverbesserung
gleichsam für das normale Land gefunden zu haben. Die chemische Analyse
kann feststellen, ob der Boden genug Stickstoff- oder Phosphorverbindungen,
Kalium oder Eisen enthält, oder wieviel ihm davon, bezogen auf den
Bedarf der Nutzpflanzen, fehlt. Der Mangel läßt sich bestimmen
und direkt im Verhältnis zu den anderen Mineralstoffen messen. Das
ermöglicht die richtige Versorgung mit Kunstdünger. Das Zauberwort
zur nachhaltigen und außerordentlich starken Anhebung der Produktion
lautete alsbald »Nitrophoska«. In diesem Kunstdünger
wurden die drei mengenmäßig bedeutendsten Wirkstoffe, nämlich
Stickstoff (Nitro), Phosphor (Phos) und Kalium (Ka), in ziemlich genau
den Verhältnissen geboten, in denen sie von den Kulturpflanzen für
Wachstum und Fruchtbildung benötigt werden. Entsprechend nachhaltig
ließ sich die Produktion, gemessen an Hektarerträgen, in kurzer
Zeit steigern. Sobald Kunstdünger preiswert genug zur Verfügung
stand, merkten die Landwirte, daß sie auch ohne aufwendige Analysen
nach dem einfachen Prinzip »viel hilft viel« ihre Erträge
steigern konnten. Großtechnische Erzeugung senkte die Preise für
den Kunstdünger. Die Landwirtschaft wurde zu einem der Hauptabnehmer
von Produkten der chemischen Industrie. Deutsche Firmen stiegen in die
Weltspitze auf, weil in Mitteleuropa bei ziemlich guten Böden ein
Mißverhältnis zwischen Produktionsflächen und Bedarf zustande
gekommen war. Die Bevölkerung brauchte weit mehr Nahrungsmittel,
als das Land in der herkömmlichen Weise erzeugen konnte. (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 187-188).
Die großtechnische Erzeugung und der großflächige
Einsatz von Kunstdünger veränderten die Lage, aber richtig zur
Wirkung kam dieser erst, als nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Flurbereinigung
ein ganz neuer Anfang gemacht werden konnte. Die beiden Weltkriege hatten
die Entwicklung weitgehend unterbrochen und gleichsam auf den Anfang zurückversetzt.
Noch zwischen den Kriegen bestand die Vollwertdüngung deutscher Flur
in einer Menge von 30 bis 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr.
Soviel gelangt seit rund 20 Jahren allein auf dem sogenannten Luftweg
als Dünger flächig übers Land. Die Quellen davon sind die
modernen Großfeuerungsanlagen, die bei hohen Betriebstemperaturen
Luftstickstoff mitverbrennen und so zu Dünger aus der Luft werden
lassen, aber auch der Autoverkehr, wenn die Motoren in hohen Drehzahlen
laufen. Der direkte Einsatz von Düngemitteln stieg unabhängig
von dieser »Düngung nebenbei« produktionsbezogen stark
an. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts übertraf die Bilanz zwischen
Ernteentzug und Düngung fast überall in Mitteleuropa die Grenze
von 100 Kilogramm Stickstoff (als Reinstickstoff gerechnet) je Hektar
und Jahr. In den agrarischen Intensivgebieten verdoppelte sich dieser
Überschuß und wurde zur Hauptbelastung für Boden, Grundwasser
und auch der Luft, weil immer größere Mengen organischen Düngers
nicht mehr, wie früher, als Festmist auf die Fluren gebracht wurde,
sondern in Form von flüssiger Gülle. Diese Entwicklung veränderte
das Grundwasser, die Nährstoffgehalte der Böden und über
diese Lebensgrundlagen auch die Artenzusammensetzung und -vielfalt der
Fluren weit stärker als alle früheren »Eingriffe«.
Denn nun trat genau das auf, was der Mangel verhindert hatte. Einzelne
Pflanzen, die sehr »wüchsig« sind und dafür auch
reichlich Nährstoffe brauchen, wucherten und erdrückten die
genügsameren und zarteren Arten. Der Stickstoff wurde zum »Erstick-Stoff«
für die Artenvielfalt. Die Vegetation wächst nun seit Jahrzehnten
schon aufgrund dieser Düngung im Frühjahr viel früher und
viel dichter auf als in den »mageren Zeiten«. Bodennah wird
es daher im Frühsommer und Sommer feucht und kühl. Je dichter
die Vegetation, desto stärker wird dieser Abkühlungseffekt.
Die wärmebedürftigen Arten nehmen ab und verschwinden, obgleich
»offiziell« das Klima im genau gleichen Zeitraum wärmer
wurde. Doch für die Pflanzen und für die meisten Tiere zählen
nicht die meteorologisch standardisierten Meßwerte, sondern die
tatsächlichen Bedingungen in ihren Lebensräumen. Für die
Grille oder für die Raupe am Wiesenboden bleibt das Mikroklima kalt
und feucht, auch wenn einen Dreiviertelmeter darüber, wo die Pflanzendecke
endet, schönster Sonnenschein frühsommerliche Wärme liefert.
Nicht das schmelzende Eis der Gletscher ist, als rein physikalischer Vorgang,
maßgeblich für die Auswirkungen leichter Erhöhung der
Durchschnittstemperaturen, sondern die Art und Weise, wie die Pflanzendecke
reagiert. Sie bestimmt in ausgeprägter Weise die thermischen Lebensbedingungen
und damit Mikro- und Mesoklima auf den kleinen und mittleren Ebenen der
Natur. In unserer Zeit drehte die übermäßige Versorgung
des Landes mit Pflanzennährstoffen somit die Verhältnisse des
19. Jahrhunderts geradezu ins Gegenteil um. Damals wurden, wie schon ausgeführt,
die Fluren schnell aufgewärmt und abgetrocknet, weil sie weithin
offen und intensiv genutzt waren. Jetzt sind sie »zugewachsen«,
weil weder Ziegen noch Schafe oder fleißige Hände jeden Streifen
und alle Ränder frei halten. (Josef H. Reichholf, Eine kurze
Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 189-190).
Die Städte sind seit
Jahrzehnten »magerer«, artenreicher und vielfältiger als »die
Natur« draußen auf den Fluren. Denn in Städten, Siedlungen und
Industrieanlagen enthalten die Böden inzwischen vielerorts weit weniger Nährstoffe
für das Pflanzenwachstum als die anhaltend überdüngten Felder und
Wiesen. Die Bodenversiegelung mit Pflaster, Beton und Teer leitet das Niederschlagswasser
schnell in die Kanalisationen, so daß sich an vielen Stellen trockenwarme
Verhältnisse halten können. Die Aufwärmung der Gebäude durch
die Heizungen im Winter und die Aufnahme und (nächtliche) Speicherung von
Sonnenwärme im Sommer verstärkt diese Effekte und macht die Städte
zu »Wärmeinseln«. Entsprechend groß ist der Kontrast in
der Artenvielfalt geworden. Das Land verliert sie, während die Städte
umso mehr Arten gewinnen, je größer sie sind. Diese Entwicklung stellt
das Leitbild Artenvielfalt im Naturschutz seit geraumer Zeit grundsätzlich
infrage. Denn es stammt, wie ausgeführt, aus dem 19. Jahrhundert. Die damaligen
Verhältnisse werden jedoch auf absehbare Zeit sicherlich nicht wieder nachzuahmen
(und anzustreben) sein. Das geht allein schon darum nicht mehr, weil der erreichte,
sehr hohe Grad der Selbstversorgung mit den Grundnahrungsmitteln ohne Not nicht
wieder aufgegeben werden wird - und auch nicht mehr aufgegeben werden soll. Zurück
dreht sich das Rad der Zeit ohnehin nicht. Wie groß die Unterschiede zwischen
Stadt und Land in der jüngsten Vergangenheit geworden sind, illustrieren
die nachfolgenden Abbildungen. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 191). |

Blick auf München über die Isar um 1820. Gemälde
von Ernst Kaiser. Das Bild zeigt, wie offen und wie intensiv genutzt
das Isartal war; wo heute der Englische Garten und die Hirschau
dicht bewachsen und eigentlich Hochwald geworden sind.
 Verteilung
des Artenreichtums von Vogelarten in Mitteleuropa, die in den betreffenden Lebensräumen
brüten, von den Innenstädten übers Land bis zu den für besonders
artenreich zu erachteten Flußauen. Die Befunde zeigen, wie reichhaltig die
Städte im Vergleich zur offenen Flur in unserer Zeit geworden sind.
 Ähnliche
Verteilungen im Artenreichtum wie bei den Brutvögeln ( )
ergeben sich bei den nachtaktiven Schmetterlingen. Die Verödung der Fluren
kommt noch deutlicher zum Ausdruck.
 Flächenbilanzierung
der von der modernen Landwirtschaft ausgelösten Veränderungen im Artenreichtum
der Natur Mitteleuropas. Die Werte sind auf die Anteile der jeweiligen Lebensräume
an der gesamten Landfläche Deutschlands bezogen.
 Rückgang
der Artenvielfalt im Donautal von Regensburg in die offene Feldflur des »Gäubodens«.
Die Befunde (Zahl der Brutvogelarten) sind darin den Erwartungswerten gegenübergestellt,
die sich aus den Größen der untersuchten Flächen errechnen lassen.
Hieraus ergeben sich die Defizite. |
Die Defizite können direkt berechnet werden, wenn der allgemeine
Landesdurchschnitt zugrunde gelegt wird. Für die Vögel gibt
es genügend Befunde, aus denen ein solcher berechnet werden kann
(
).
Danach sind pro Quadratkilometer Landfläche in Mitteleuropa rund
43 Vogelarten zu erwarten, die auf dieser Fläche auch brüten.
Mit Hilfe einer Formel kann berechnet werden, wie viele Arten von Brutvögeln
auf Flächen unterschiedlicher Größe zu erwarten wären,
wenn diese durchschnittlichen Verhältnissen entsprechen. Die tatsächlichen
Befunde ergeben nun im Vergleich mit den Erwartungswerten das Ausmaß
an erhöhtem oder vermindertem Artenreichtum. Wo die Minderung unter
die Grenze zufälliger Schwankungen abfällt, handelt es sich
um echte Defizite. Solche treten, wie die Abbildung ( )
zeigt, ganz besonders auf den großflächig landwirtschaftlich
genutzten Fluren auf, während die Städte allgemein über
dem Durchschnitt liegen und oft einen Artenreichtum erreichen, wie er
in hochwertigen Naturschutzgebieten auftritt oder erwartet wird. Da nun
aber der gesamte Siedlungsraum, einschließlich der Industrieflächen,
mit seinem beträchtlichen Artenreichtum in Mitteleuropa nur rund
10 Prozent der Landesfläche einnimmt, die Wälder mit geringen
Defiziten an Diversität gut 30 Prozent und die agrarisch genutzte
Flur aber 55 Prozent ausmachen, während Naturschutzgebiete und die
besonders artenreichen Truppenübungsplätze oder weitere »Restflächen«
geringer Nutzungsintensität die restlichen 5 Prozent stellen, kommt
insgesamt der in »Roten Listen gefährdeter Arten« dokumentierte,
so starke Artenschwund zustande. Hauptverursacher ist die quasiindustrielle
Landwirtschaft mit ihrer Überdüngung und der zu ihrer Leistungssteigerung
durchgeführten Vereinheitlichung der strukturellen Verhältnisse
auf den Fluren. Die in den Abbildungen (
)
dargestellten Befunde drücken dabei gar nicht einmal den Vergleich
mit dem 19. Jahrhundert aus, sondern lediglich die relativen Verhältnisse
in der Gegenwart. Sofern zu Vorkommen und Häufigkeit der Arten vor
150 Jahren brauchbare Angaben vorliegen, ergibt sich ein gewaltiger Artenschwund
für die Fluren. Denn diese waren damals die besonders artenreichen
Lebensräume gewesen und nicht die Städte. Pflanzen und Tiere
der Fluren stellen daher auch die weitaus höchsten Anteile in den
»Roten
Listen«. Sie schwanken zwischen gut 50 und über
90 Prozent bei den Rückgängen. Die »Roten Listen der gefährdeten
Arten« wurden auch immer länger, weil die Intensität der
agrarischen Bewirtschaftung zunahm, und nicht kürzer, weil Maßnahmen
des Artenschutzes wirksam geworden wären. Solche kamen nur wenigen
Arten zugute, und zwar fast ausnahmslos solchen, die früher intensiv
verfolgt worden waren und nun geschützt sind. Diese Zusammenhänge
sind vielfach schon ausführlich beschrieben worden (
).
Hier geht es darum, eine Gesamtbilanz zu ziehen ( ).
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 191-194).
Diese Gesamtbilanz ergibt für den flächengrößten
Anteil der mitteleuropäischen Landschaften, die Flur, die ganz starken Rückgänge
der Artenvielfalt und die größte Belastung des Landes. Die Entwicklung
führte in weniger als einem halben Jahrhundert vom Mangel zur massiven Überdüngung.
Diese, im internationalen Fachjargon Eutrophierung genannte Überversorgung
von Böden und Gewässern mit mineralischen und organischen Nährstoffen
stellt eines der wichtigsten Kennzeichen der Natur des 20. Jahrhunderts europaweit
dar. Doch auch in weiten Regionen der übrigen Welt schreitet die Eutrophierung
fort. Sie ist eine der Hauptquellen für klimawirksame Gase wie Methan und
Ammoniak, und sie wird im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen aus anderem
Blickwinkel wieder aufgegriffen. Ausgelöst wurde sie von der Erfindung des
Kunstdüngers. Dieser machte Deutschland (später auch einige weitere
große Staaten Europas) zum Exporteur von landwirtschaftlichen Produkten
auf dem Weltmarkt. Die davon entscheidend mitdiktierten Preise nehmen Einfluß
auf die weitere Intensität der Produktion in Europa wie auch auf die übrigen
Produktionsgebiete global - mit ganz gewaltigen Folgen für die Natur und
für das Klima. Umgekehrt bedeuteten Kunstdünger und Ertragssteigerungen
natürlich die ungleich bessere Lösung der ... vorhandenen Versorgungsproblematik.
.... Verbesserte landwirtschaftliche Produktion und Zurückdrängung des
Hungers stabilisierten so dann die Weltlage ... gewiß mehr als alle politischen
Aktivitäten. Eine Zunahme der Nahrungsproduktion in diesem Ausmaß und
in so kurzer Zeit hatte es vorher noch nie gegeben ( ).
.... Nichts veränderte im ganzen letzten Jahrtausend die Natur in Europa
und darüber hinaus weltweit so sehr wie die industrialisierte Landwirtschaft.
Der globale »Impakt« der Industrie bleibt weit hinter dem der Landwirtschaft
zurück. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten
Jahrtausends, 2007, S. 191-197).Die Pflanzen
benötigen mehr als nur Kohlendioxid, Wasser und Sonnenlicht zum Wachstum.
Auch wir können wie alle Lebewesen nicht nur von Energie leben. Die Stoffe,
um die es wirklich geht, das sind die Proteine, die essentiellen Aminosäuren,
die lebenswichtige Verbindungen sind. (Josef H. Reichholf, Stabile Ungleichgewichte,
2008, S. 47-48).Das erkannte Anfang
des 19. Jahrhunderts der deutsche Chemiker Justus von Liebig - und revolutionierte
mit seiner Erkenntnis die Landwirtschaft. Die Felder und Fluren Mitteleuropas
waren und blieben trotz Sonnenlicht, Wasser und zumindest einigen Sommern mit
ausreichender Wärme ertragsschwach, weil die Böden ausgelaugt und an
Mineralstoffen verarmt waren. Liebig ermittelte das richtige Verhältnis der
Mineralstoffe und erfand den Kunstdünger. Seine Hauptbestandteile sind Stickstoff,
Phosphor und Kaliumverbindungen, und eine lange Zeit benutzte Abkürzung lautete
demzufolge Nitrophoska (Nitro für Stickstoff). Das »richtige Verhältnis«
führte ihn auch auf die richtige Spur. Liebig formulierte den Befund als
Gesetzmäßigkeit: Die Höhe der (pflanzlichen) Produktion hängt
von jenem Stoff oder Faktor ab, der im Vergleich zu den anderen im Minimum ist.
Als »Liebigsches Minimumgesetz« ist es bekannt geworden . Die Landwirtschaft
nahm ... daraufhin einen ungeahnten Aufschwung zu gänzlich unerwarteten Produktionshöhen.
(Josef H. Reichholf, Stabile Ungleichgewichte, 2008, S. 48).
Die jüngste Erwärmung
In den
100 Jahren seit dem letzten markanten Minimum der Mitteltemperaturen ergibt sich
rein rechnerisch eine Erwärmung um gut ein halbes Grad Celsius. Ob diese
leichte Erhöhung des Durchschnittswertes, die kurz vor Ende des 20. Jahrhunderts
nach Schönwiese ( )
gerade wieder die anfängliche Höhe ausgangs des 18. Jahrhunderts erreichte,
für unsere Natur von Bedeutung war, ist nach den Darlegungen im letzten Kapitel
fraglich. Wahrscheinlich ist sie das nicht. Doch seit dem letzten großen
Kältewinter 1962/63 stiegen die Globaltemperaturen in einem, wie es
bei den meisten Klimaforschern heißt, »noch nie dagewesenen Ausmaß«
und mit »einzigartiger Geschwindigkeit« an (z.B. Graßl, 2005;
vgl. a.a.O.). Zwar widerlegen die Eisbohrkerne aus Grönland und die Befunde
zum Ende der letzten Eiszeit beide Ansichten ganz klar, weil es damals in ähnlich
kurzen Zeiten sogar Temperaturanstiege von 7 Grad Celsius und mehr gegeben hatte,
aber das hält offenbar nicht davon ab, daß die »noch nie dagewesene
Geschwindigkeit der Erwärmung« in unserer Zeit öffentlich verbreitet
und vielfach wiederholt wird. Unbeschadet der klimageschichtlichen Fragwürdigkeit
solcher Feststellungen, die auf komplexen Annahmen und Umrechnungen, nicht aber
auf direkten Messungen, etwa der Temperaturentwicklung im letzten Drittel des
20. Jahrhunderts, beruhen, wirft die jüngste Erwärmung die Frage auf,
welche Auswirkungen sie tatsächlich hatte. Es ist hierzulande üblich
geworden, bei der Diskussion der Folgen der Erwärmung, wie auch in anderen
Fällen, in denen es um den »globalen Wandel« geht, die angeblichen
oder tatsächlich vorhandenen konkreten Beispiele von möglichst fernen
Orten heranzuziehen, während das, was vor Ort, in der Region, geschah, ausgeblendet
bleibt. Denn das örtliche Geschehen sei ja unbedeutend. Nun sollte zwar die
gleiche Argumentation auch für das örtliche Geschehen andernorts gelten,
aber auch dies wird in der Regel ignoriert, weil sich das Ferne, falls überhaupt
nur wenigen Bekannte leichter aufbauschen und übertreiben läßt
als das in der Nähe Liegende, zu dem es jede Menge direkter Erfahrungen und
Befunde gibt. Die Wirbelstürme in der Karibik oder in Ostasien gelten sodann
als Kronzeugen für den Klimawandel, der bei uns stattfindet. Aber auch die
jüngsten Überschwemmungen in Mitteleuropa schiebt man nunmehr ganz selbstverständlich
auf den Klimawandel, auch wenn die sachverständigen Hydrologen klar feststellten,
daß die Ursachen in der Verbauung der Bäche und Flüsse und in
der viel zu schnellen Ableitung des Niederschlagswassers aus der Landschaft liegen
und darin, daß unseren Flüssen keine Überschwemmungsflächen
mehr zur Verfügung stehen. Mit dieser Vorgehensweise entledigt man sich vor
Ort ganz bequem der Verantwortung, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen,
denn der Klimawandel sei eben ins Laufen gekommen, nicht mehr zu stoppen, höchstens
noch im Ausmaß der Erwärmung zu begrenzen, aber nicht »dingfest
zu machen«. Verursacher sind nun alle und nicht mehr diejenigen, für
die man die Flüsse so eingeschnürt hat, daß jeder mittlere Niederschlag
schon zu einem Hochwasser führt. Es kann auch den Kommunen keine Schuld zugewiesen
werden, wenn sie Baugebiete in den früheren (und als solchen bekannten) Überschwemmungsgebieten
der Bäche ausgewiesen hatten und damit Geld verdienten. Die alten Siedlungen
hielten sich an die Überschwemmungsgrenzen. Ganz normale Wetterereignisse,
wie längere Zeiten niederschlagsreichen und kühlen Sommerwetters oder
trockenheißer Wochen, werden nun als Naturkatastrophen erfolgreich beklagt,
weil die davon Beeinträchtigten ihre Einbußen an den günstigsten
Erträgen von Ernten bemessen und sich vom Steuerzahler »ausgleichen«
lassen. Global tatsächlich ablaufende Vorgänge werden so für eigennützige
Zwecke benutzt und mißbraucht. Denn die zahlende Allgemeinheit glaubt sich
schuld daran, daß das Wetter so verlief, wie es verlaufen ist. Der Naturschutz
bedient sich der ganz gleichen Art der Argumentation. Gerdezu begierig schlachtet
er Katastrophen aus, die gar nicht stattgefunden haben. (Josef H. Reichholf,
Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 215-217).
Die meisten der auffälligen und eine besondere »Besorgnis«
hervorrufenden Naturereignisse beruhen aller Wahrscheinlichkeit nach gar
nicht auf der globalen Klimaerwärmung, sondern auf der in etwa 11-jährigem
Rhythmus schwankenden, dabei sich aber verstärkenden oder sich abschwächenden
Aktivität der Sonne. Gemessen wird sie am Ausmaß der Sonnenflecken
(   ).
|

|
Mit diesem Zyklus verbinden sich direkt oder über die ökologischen
Vorgänge, die Zeit in Anspruch nehmen, etwas verzögert die markanten
Schwankungen in Vorstößen oder Häufigkeit vieler Tiere,
vor allem solcher, die in höheren Breiten leben. Auch Zyklen massenhafter
Fruchtansätze bei Bäumen und Sträuchern gehören dazu.
Der gegenwärtig, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, festgestellte Rückgang
der Sonnenaktivität hat offenbar auch den Erwämungstrend seit
der Jahrtausendwende zumindest gestoppt, wenn nicht sogar wieder etwas
rückläufig werden lassen. Darüber zu urteilen, wäre
verfrüht, denn erst wenn ein neuer Aktivitätszyklus der Sonne
beginnt ( ),
wird sich zeigen, ob eine nennenswerte Minderung des globalen Temperaturanstiegs
zustande gekommen ist. Die »Kleine Eiszeit«, insbesondere
ihre besonders kalten Abschnitte, fallen demnach genau in Phasen stark
verminderter Sonnenfleckenaktivität, während das mitelalterliche
Klima-Optimum wie unsere letzten Jahrzehnte von hoher Aktivität gekennzeichnet
ist. ( ).
Nun soll damit keineswegs der globale Klimawandel infrage gestellt werden.
Vielmehr geht es darum, weil die Veränderung des Klimas ein großes
Problem ist, das ganz erhebliche Folgen nach sich ziehen wird, die Diskussion
zu versachlichen und auf die wesentlichen Vorgänge zu konzentrieren.
Falsche oder unsinnige »Zusammenhänge«, die konstruiert
worden sind und für die nur ein Zweck erkennbar ist, nämlich
den Menschen Angst zu machen, müssen unbedingt vermieden werden,
um die Glaubwürdigkeit zu wahren. Darin liegt auch die tiefe Verpflichtung
der Forschung. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 229-233).
Schutz(-Mißbrauch) und Fehlschutz(-Mißbrauch)
Zur Wiederholung: Auf fast allen Gebieten und also auch auf dem Gebiet
der Klimatologie und Ökologie operiert und agiert unsere Obrigkeit mit
Angst und Schuld ( ).
»Wir sind / ihr seid schuld, daß sich dieses oder jenes Schlimme ereignet
hat oder kommen wird!« Das wirkt ..., weil Fernwirkungen am wenigsten
nachprüfbar sind. Nichtfaßbares wie Klimawandel und »Global Change«,
Themen also, in die alles hineingepackt werden kann, was sich auch nur in irgendeiner
Weise verändert, bieten die besten Möglichkeiten, Ängste zu schüren
und Schuldgefühle zu erzeugen. ( ).
Das war in alten Zeiten nicht anders als heute. Natur- und Umweltschutz nutzen
Zukunftsängste umfänglich. Die Anfälligkeit der Menschen für
Drohungen ist offenbar seit Urzeiten ziemlich gleich geblieben. Und wie im späten
Mittelalter werden auch heute »Ablaßzahlungen« ( )
eingefordert und fast ohne Gegenwehr geleistet. Sie reichen von den Spenden für
den Naturschutz und der (nicht selten ganz klammheimlich privaten) Unterstützung
aggressiver Umweltaktivisten bis hin zu den Umwelt- und Klimasteuern ( ),
auch wenn deren völlige Unwirksamkeit offensichtlich ist. Aber das schlechte
Gewissen wird beruhigt. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 234-235).Im Hintergrund
bleiben die tatsächlichen Ursachen der Artengefährdung unbeachtet, die
zu Rückgängen oder gar zum Aussterben geführt haben. Doch um diese
sollte es, zumindest im Artenschutz, vorrangig gehen. Im allgemeinen Natur- und
Landschaftsschutz kann man trefflich streiten, welche Veränderung auf jeden
Fall schlecht, weil vom Menschen gemacht oder ausgelöst, und welche gut ist,
weil sie »von der Natur selbst« verursacht wurde, auch wenn im Endeffekt
die gleiche Änderung des Landschaftsbildes zustande kommt. So zum Beispiel,
wenn geschützte Flächen zuwachsen und die seltenen Arten, um derentwillen
sie unter Schutz gestellt wurden, deswegen verschwinden. Ein »Naturschutzmanagement«
muß die früheren »Eingriffe« wieder ersetzen, allerdings
umdeklariert als Pflegemaßnahme. Die Ergebnisse, da sie sich in Bildern
ganz unmittelbar festhalten lassen, können so mit den Leitbildern verglichen
und an ihnen gewertet werden. Die Streuwiese, die als solche entstand, weil sie
früher gemäht worden war, ist nun unter Schutz und muß wieder
gemäht werden, weil sie sonst das werden würde, was sie »natürlicherweise«
wäre, nämlich Wald mit recht feuchtem Untergrund. Als Vorgehensweise
mag dies in Ordnung sein, denn nicht anders wird bei Bebauungsplänen und
-vorhaben oder bei sonstigen behördlich zu genehmigenden Veränderungen
vorgegangen. Bewähren müssen sich die Maßnahmen hinterher in aller
Regel nicht mehr, denn sie sind ja formal richtig abgelaufen, d.h. auf der Basis
vorhandener Gesetze und Verordnungen abgewickelt worden. Es gilt auch als völlig
normal, daß später wieder verändert oder geflickschustert wird,
weil eben doch bei weitem nicht alles perfekt vorauszuplanen ist und zukünftige
Vorstellungen sich von vergangenen Leitbildern durchaus auch unterscheiden können.
Gerade solche in Bilder gefaßte Zielvorstellungen erlauben kaum die nötige
Flexibilität. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des
letzten Jahrtausends, 2007, S. 235).Der Naturschutz kann trotz seiner
gerade in der jüngeren Vergangenheit gemachten Fehler immer noch auf seine
Erfolge verweisen. Nur fällt es dem staatlichen, noch mehr aber dem
in Verbänden organisierten Naturschutz sehr schwer, die vielen und höchst
beachtlichen Erfolge zu verkünden, obgleich es sie gibt und obwohl der private
Naturschutz wirklich stolz auf das unter solch widrigen Rahmenbedingungen Erreichte
sein kann. Viele Arten haben kräftig zugenommen, vor allem größere
Säugetiere und Vögel, die früher verfolgt worden waren und nun
seit Jahrzehnten geschützt sind. In Mitteleuropa leben gegenwärtig mehr
Großvögel und größere Säugetiere als seit vielen Jahrhunderten.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 237).Der Bevölkerung wird ein ziemlich verzerrtes
Bild vom tatsächlichen Zustand unserer Natur vermittelt. In weiten Bereichen
Mitteleuropas gibt es inzwischen, abgesehen von wenigen, mit gewisser Berechtigung
als gefährlich eingestuften Großraubtieren (Braunbär, Wolf), wieder
das nahezu gesamte Spektrum an Säugetieren wie vor 200 oder 250 Jahren. Die
meisten kommen sogar erheblich häufiger vor als in früheren Jahrhunderten.
Neue Arten kamen hinzu, so daß auch bei den Säugern, wie bei den Vögeln,
die Gesamtbilanz nach 100 Jahren positiv aussieht. Mit den paar noch fehlenden
»Großen« würden wir durchaus auch leben können ....
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 243).Zusammengefaßt bedeutet dies, daß für
die größere Tierwelt, insbesondere für Säugetiere und Vögel,
unsere Zeit nicht die schlechteste ist. Viele Arten treten viel häufiger
auf als früher. Manche, die am Rand der Ausrottung waren, kommen ... bei
uns in Deutschland längst wieder in gut gesicherten Beständen vor. Anzuführen
sind hierzu neben den fast überall so erfolgreich wiedereingebürgerten
Bibern und den »an den Grenzen im Osten stehenden« Elchen, die wohl
bald, wie schon nach Österreich, auch nach Deutschland kommen werden, insbesondere
Großvögel wie Kranich (Grus grus), Schwarzstorch (Ciconia
nigra), Seeadler (Haliaaetus albicilla) und Fischadler (Pandion
haliaetus). Die beiden letzteren kommen nach weltweiten Maßstäben
in Ostdeutschland inzwischen in den größten örtlichen Beständen
überhaupt vor. Ihre Brutvorkommen weiten sich aus. Bei See- und Fischadler
ist zu erwarten, daß sie in naher Zukunft in Deutschland schon mit jeweils
500 Brutpaaren vertreten sein werden. Der Niedergang des Weißstorchs (Ciconia
ciconia) konnte in den letzten beiden Jahrzehnten erfolgreich gestoppt und
offenbar in eine Wiedererholung des Bestandes umorientiert werden. Steinadler
(Aquila chrysaetos) besiedeln den deutschen Alpenrand Revier an Revier,
und auch die größte Eule, der Uhu (Bubo bubo )
gehört zu den Gewinnern im Artenschutz. Mancher Fluß hat wieder Lachse
(Salmo salar) oder Huchen (Hucho hucho) und an der deutschen Nordseeküste
entwickelte sich nach Einstellung der Jagd der Bestand des Seehundes (Phoca
vitulina) im Wattenmeer steil aufwärts. Ausflügler können die
zunehmend vertrauter werdenden Robben nun wieder an zahlreichen Stellen bewundern.
Der Naturschutz hat sich gelohnt. Er war erfolgreich, und die Anstrengungen, das
Erreichte zu erhalten, müssen fortgesetzt werden. Die Nutzungsinteressen
anderer bedrängen die meisten der häufiger gewordenen Arten schon wieder.
Die tatsächlich starken Rückgänge bei vielen kleinen Arten, die
... von sonnigen, trockenen und »mageren« Lebensräumen abhängen
oder denen die Moore und Sümpfe trockengelegt und in fettes Agrarland umgewandelt
wurden, bilden die Verlustseite in der Entwicklung im Artenspektrum der Tiere
und Pflanzen in Mitteleuropa. Die Bestandserholungen und Zugewinne gerade bei
den größeren und auffälligeren Arten schlagen als Gewinne zu Buche.
Die Natur Mitteleuropas ist im 20. Jahrhundert, vor allem in dessen zweiter Hälfte,
sicherlich sehr stark verändert worden. Aber unsere Tier- und Pflanzenwelt
stellt keinen hoffnungslosen Fall dar. Wir kennen die Gründe der Gefährdung
und könnten diese daher, anders als das Wetter und das Klima, an geeigneten
Orten und im nötigen Umfang durchaus gezielt ändern. (Josef H.
Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S.
243-244).
Waldvernichtungen! Wofür?
Die
tropischen Regenwälder waren nach dem nordischen Nadelwald, der Taiga, die
sich über den borealen Bereich von Eurasien und Nordamerika erstreckt, bis
in die jüngste Vergangenheit die größten Wälder der Erde.
Noch um die Mitte des 20. Jahrhunderts bedeckten
die tropischen Regenwälder, fast unangetastet, eine Fläche von rund
12 Millionen Quadratkilometern ( ).
Zur Jahrtausendwende, also nur 50 Jahren später, war davon bereits etwa die
Hälfte vernichtet. Satellitenaufnahmen, die seit den 1990er Jahren mit guter
Auflösungsqualität vorliegen, belegen, daß seit 1994 allein im
Regenwald Amazoniens pro Jahr zwischen 1,5 und 3 Millionen Hektar abgeholzt und
abgebrannt worden sind. Eine derart hohe Entwaldungsrate hatte es nur während
der Vernichtung der Wälder in den heutigen USA etwa zwischen 1750 und 1900
gegeben. Dieser Waldvernichtung fiel der Laubwald der gemäßigten Klimazone
Nordamerika bis auf wenige Prozent Restvorkommen zum Opfer. Die jährliche
Rodungsrate bewegte sich damals im Durchschnitt zwischen 0,7 und 1 Prozent pro
Jahr; in Brasilien liegt sie für die letzten 50 Jahre bei 2,2 Prozent pro
Jahr. Europa hatte seine bewaldeten Landschaften im Verlauf von 1500 Jahren mit
einer Geschwindigkeit von 0,1 bis höchstens 0,3 Prozent pro Jahr verändert.
Die größten historischen Rodungen fanden ... im frühen Mittelalter
statt. Der gegenwärtige Waldbestand macht in Mitteleuropa rund ein Drittel
der Landesfläche aus. Dieser Wert liegt höher als in Brasilien, das
mit dem größten Anteil an den amazonischen Regenwäldern auch der
Hauptakteur in der Tropenwaldvernichtung ist. Von 1990 bis 1995 rodete Brasilien
allein 128000 Quadratkilometer .... (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 245-246). |
 Bevölkerungswachstum
pro Jahr und Fläche der Waldvernichtung pro Jahr (in 1000 km²) in den
12 Ländern mit der größten Tropenwaldvernichtung Ende des 20.
Jahrhunderts.  Die
Wachstumsraten der Bevölkerung und die Raten der Waldbevölkerung ergeben
für die 12 bedeutendtsen Tropenländer keinen statistischen Zusammenhang..
|
Amazonien
enthält (enthielt) mit etwa 55 Prozent mehr als die Hälfte aller Regenwälder
der Tropen. Der Fläche nach folgt Afrika mit dem Kongobecken. Teile der südostasiatischen
Inselwelt bedeckt gleichfalls (noch) Regenwald. Die bedeutendsten Flächen
finden sich auf Neuguinea und Borneo. Die südasiatischen Regenwaldreste sind
hingegen so klein, daß sie in der globalen Bilanz in den Schwankungsbereichen
der regionalen Angaben für die großen Regenwaldgebiete verschwinden.
Von den 12 Ländern mit den größten Verlusten an Tropenwäldern
seit den 1990er Jahren liegt mit Brasilien, Bolivien, Venezuela, Mexiko und Paraguay
die Mehrzahl im tropischen Amerika. In Afrika trugen nur der Kongo und der (südliche)
Sudan stark zur Tropenwaldvernichtung bei; in Südostasien Indonesien, Malaysia
und Thailand. Doch während in diesen Ländern der asiatischen Regenwaldzone
durchschnittlich fast 100 Menschen pro Quadratkilometer leben, sind es in den
amazonischen Regenwaldländern, wo die größte Waldvernichtung stattfindet,
nur 16 und in Afrika 21 Menschen pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Deutschland
leben lm Durchschmtt 233 Menschen je Quadratkilometer, im südasiatischen
Bangladesch 825 und in Indien derzeit etwa 300. Damit entfielen pro Brasilianer
0,75 Hektar vernichteter Regenwald von 1990 bis 1995, aber nur 0,25 Hektar pro
Einwohner in Indonesien und 0,08 im Kongo im selben Zeitraum. Der Kongo hatte
aber einen Bevölkerungszuwachs von 3,2 Prozent pro Jahr, Indonesien von 1,7
Prozent und Brasilien von 1,4 Prozent. Somit stehen Bevölkerungszuwachs und
Bevölkerungsdichte in keinem (positiven) Zusammenhang zur Rate der Waldvernichtung.
.... Aus diesen Daten geht somit klar hervor, daß kein Zusammenhang besteht
zwischen der Bevölkerungszunahme und dem Ausmaß der Waldvernichtung.
Das Land mit der mit weitem Abstand größten Vernichtungsrate, Brasilien,
hat mit nur 20 Menschen pro Quadratkilometer zudem bloß ein Fünftel
der Besiedlungsdichte der Nummer 2, lndonesien, mit über 100 Menschen pro
Quadratkilometer. Mit der üblichen Ansicht, die Tropenwälder würden
dem Bevölkerungswachstum der Menschheit zum Opfer fallen, weil sich diese
seit 1950 von 2,5 Milliarden auf nunmehr schon 6,4 Milliarden vergrößert
hat ( ),
stimmen diese Befunde also nicht überein. (Josef H. Reichholf, Eine
kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 246-247).Welche
Gründe gibt es dann? Bevor diese Frage behandelt wird, sollte jedoch geklärt
werden, warum man sich überhaupt so sehr über die Tropenwaldvernichtung
sorgt, wo doch, wie oben ausgeführt, die USA in den beiden vorletzten Jahrhunderten
in noch viel größerem Umfang ihre Wälder (abgesehen von Alaska)
vernichtete und in Europa sowie anderen Regionen der Erde die Entwaldung längst
Geschichte ist. Eine häufig vorgebrachte Begründung, die tropischen
Regenwälder seien die Lungen der Erde, die dafür sorgen, daß wir
genügend Sauerstoff haben, stimmt so nicht. Tatsächlich erzeugt ein
ausgewachsener Tropenwald wie jeder andere Wald auch, der keinen Zuwachs mehr
hat, kein bißchen Sauerstoff. Denn dieselbe Menge, die tatsächlich
bei der Photosynthese von den Blättern oder Nadeln abgegeben wird, verbraucht
der ausgewachsene Wald wieder für Atmung und Zersetzung der erzeugten Stoffe
im Boden. Nur wachsende Wälder können in der Nettobilanz Sauerstoff
freisetzen und im Gegenzug Kohlenstoff aus der Atmosphäre (in Form von CO2)
aufnehmen und binden. Ansonsten gibt der Wald auch wieder das CO2 ab,
das er aufgenommen hat. Insofern stimmt der Vergleich mit der Lunge nur halb.
Diese atmet letztlich dieselbe Menge Kohlendioxid aus, wie sie Sauerstoff aufnimmt.
In anderer Hinsicht spielt der Vergleich aber durchaus eine Rolle. Da in nur 50
Jahren etwa die Hälfte der Tropenwälder vernichtet worden ist und davon
der weitaus größte Teil ihrer pflanzlichen Masse (Biomasse) verbrannt
wurde und in Rauch aufgegangen ist, ohne daß entsprechende Mengen durch
nachwachsende Vegetation wieder der Luft entnommen worden wären, trug ihre
Vernichtung sehr stark zur Zunahme von CO2 und Ruß in der Atmosphäre
bei. Wie schon ausgeführt, übertrifft die Verbrennung von Tropenwäldern
und Savannen jedes Jahr den gesamten Umsatz von Energie in Deutschland ganz erheblich.
Die Vernichtung der Tropenwälder trägt gleich in dreifacher Weise zur
Belastung der Erdatmosphäre bei, nämlich durch die direkte Aufheizung
mit der von den Bränden freigesetzten Wärme, durch die CO2-Abgabe
und durch die Erzeugung von riesigen Mengen Methan (CH4) durch die
Rinder und Termiten, die auf den solcherart geschaffenen oder »verbesserten«
Weideflächen leben. Rinder und Termiten liefern mehr als die Hälfte
des Methans, das als Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt und dort über
20-mal stärker als das Kohlendioxid wirkt. Im Gegensatz zu diesem, das bekanntlich
Hauptnährstoff für die Pflanzen ist, wird Methan nur von wenigen spezialisierten
Bakterien verwertet, die für den Menschen keine Rolle spielen. (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 247-249).Hinzuzufügen ist weiterhin, daß sich großflächige
Rodungen in den Tropen selbstverständlich auch weit stärker aufheizen
als die Wälder, die es vorher an ihrer Stelle gegeben hatte. Man kennt dies
aus eigener Erfahrung von der Kühlwirkung des Waldes an heißen Tagen.
Die Verdunstung von Wasser, die Transpiration, durch die Bäume bewirkt eine
starke Kühlung. In den Tropen kann sie mehr als l0°C ausmachen. Gleichzeitig
erzeugt dieses transpirierte Wasser immer wieder Wolken und Niederschläge,
so daß sich große tropische Regenwälder zu einem Gutteil selbst
mit Wasser versorgen. In Oberamazonien stammen bis über 80 Prozent des Niederschlagwassers
aus diesem sogenannten kleinen Kreislauf. Er setzt das vom Atlantik mit den Passatwinden
antransportierte Wasser mehrfach um, bis es wieder über den Amazonas zum
Ozean zuruckfließt. Werden zu große Waldflächen vernichtet und
in Weideland oder Sojafelder umgewandelt, nehmen infolgedessen die Niederschläge
ab, während sich gleichzeitig die Atmosphäre weit stärker als über
Wald aufheizt. Es scheint zwar noch nicht ganz geklärt zu sein, ob die Vermutung
zutrifft, daß die Häufigkeit der Tropenstürme und Hurrikane in
der Karibik mit der zunehmenden Aufheizung der inneren Tropen mit den großflächigen
Waldrodungen zusammenhängt. Zahlreiche gute Indizien sprechen jedoch dafür.
So wie wir umgekehrt inzwischen auch wissen, daß die Tropenwälder Amazoniens
deshalb existieren und ihre unvermeidbaren Verluste an mineralischen Nährstoffen
ausgleichen können, weil die Passatwinde Nährstoffe aus der Sahara herüberwehen.
Die amazonischen Wälder wachsen nämlich fast überall auf äußerst
unfruchtbaren Böden, die außer Sand und Kaolinit kaum weitere Mineralien
enthalten. Globale Zusammenhänge gibt es also sehr wohl in den Tropen - wie
auch in außertropischen Regionen. Wo die natürlichen Transportwege
nicht ablaufen können, hat der Mensch inzwischen neue geschaffen. Gegenwärtig
fließt ein gewaltiger Strom von Nährstoffen aus den südamerikanischen
Tropen nach Europa und ernährt das Vieh in den Ställen ( ).
Europäische, vor allem auch deutsche und französische Rinder »fressen
Tropenwälder auf«, weil für unser Stallvieh dort die Futtermittel
angebaut werden, die hier nicht zur Verfügung stehen. Denn unsere Viehbestände
sind viel zu hoch für eine Selbstversorgung auf mitteleuropäischem Weideland
oder mit heimischem Futtergetreide. Die Mast von Geflügel kommt mit weit
über 100 Millionen Hähnchen allein in Deutschland hinzu. Der Nutzviehbestand
übertrifft hierzulande das Lebendgewicht aller Menschen um das Drei- bis
Fünffache. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten
Jahrtausends, 2007, S. 249-250).Unsere Massentierhaltung könnte
ohne die Importe von Futtermitteln, die auf ehemaligen Tropenwaldflächen
erzeugt werden, nicht existieren. Deshalb trifft uns der zweite Vorwurf, der mit
der Tropnewaldvernichtung verbunden wird: Vernichtung der Biodervisität.
Schon die ersten Naturforscher, die sich intensiver mit den Tieren und Pflanzen
der Tropenwälder befaßten (allen voran: Alexander
von Humboldt; HB), waren von deren Artenfülle beeindruckt. Sie
schien unerschöpflich, weil überall, wo sie genauer suchten, neue Arten
zu entdecken waren. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Denn auch
heute kann nicht einmal eine ungefähre Abschätzung vom Artenreichtum
der Tropen vorgenommen werden. Verschiedene Hochrechnungen ergaben Werte zwischen
5 und mehr als 30 Millionen unterschiedlicher Arten. Bekannt und wissenschaftlich
beschrieben sind aber bislang nur 1,8 Millionen Arten. Wenn auch in gemäßigten
Breiten, die auf jeden Fall viel artenärmer als die Tropen sind, Jahr für
Jahr neue Arten erkannt werden, so weiß man doch hier ganz gut Bescheid.
In den Tropen gibt es jedoch zehn- bis hundertmal mehr als in unseren Breiten.
In mitteleuropäischen Wäldern wachsen pro Quadratkilometer zwischen
5 und 20 verschiedene Arten von Holzgewächsen (Bäume und sträucher),
sofern es sich um Mischwälder handelt und nicht um gepflanzte Einheitsforste.
In tropischen Regenwäldern können auf dem Hundertstel eines Quadratkilometers,
einem Hektar, aber mehrere hundert verschiedene Arten von Holzgewächsen vorkommen.
In Amazonien und in Südostasien wurden über 500 Arten von Bäumen
und Lianen auf einem Hektar ermittelt. Vogelarten gibt es doppelt bis viermal
so viele pro Quadratkilometer wie in unseren Wäldern, Schmetterlingsarten
aber hundertmal mehr. Doch diese Vielfalt verbindet sich ... mit Seltenheit. Die
meisten Arten der Tropen sind nach europäischen oder nordamerikanischen Standards
selten bis sehr selten. Schon die frühen Naturforscher stellten zu ihrer
Verwunderung in unberührten Regenwäldern fest, daß es viel leichter
ist, zehn verschiedene Arten von Schmetterlingen zu sammeln als zehn Exemplare
einer einzigen solchen Art. In dieser Seltenheit liegt die Verletztlichkeit des
tropischen Artenreichtums. Die seltenen Arten sterben viel schneller aus als die
häufigen, und sie sind, was noch bedeutsamer ist, oft sehr kleinflächig
verbreitet. Vielfach bilden die Arten so etwas wie ein höchst kompliziertes
Mosaik, in dem jedes Steinchen eine Art mit winzigem Verbreitungsgebiet repräsentiert.
Wird so ein Steinchen entfernt, kommt diese Art unter Umständen nirgendwo
mehr vor. Die Forscher, die sich mit der tropischen Biodiversität intensiv
befassen, rechnen deshalb mit immensen Artenverlusten, weil auf den gerodeten
Flächen viele Arten vorgekommen sein dürften, die nun nicht mehr existieren.
Man hat mit den örtlichen Waldflächen auch ihren Lebensraum vernichtet.
Hieraus kann man die schon angedeuteten Hochrechnungen anstellen. Sie ergeben
für die derzeitige Vernichtungsrate tropischer Wälder Größenordnungen
von einer aussterbenden Art pro Stunde bis zu 500 Arten täglich. Wie viele
es wirklich sind, weiß niemand, weil die ausgerotteten Arten nicht bekannt
sind. Ihre Anzahl hängt entscheidend da von ab, welche Größenordnung
für den globalen Artenreichtum insgesamt zugrunde gelegt werden muß.
Die Angaben aus dem internationalen Naturschutz sind somit keine wilden, grundlosen
Schätzungen oder gar haltlose Vermutungen, sondern Rechenergebnisse auf einer
nicht hinreichend bekannten Basis. Sicher können wir nur sein, daß
es ein großes Artensterben in unserer Zeit gibt. Wie groß es ist,
könnten wir rasch erfahren, wenn ein paar Prozent der Geldmengen, die in
den Weltraum geschossen werden, der Erfassung der Lebensvielfalt der Erde zur
Verfügung gestellt würden. (Josef H. Reichholf, Eine kurze
Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 251-253).Bei
diesem errechneten Artensterben in den Tropen handelt es sich daher um etwas grundsätzlich
anderes als bei den »Rote
Liste«-Arten in Deutschland und anderen Gebieten Europas. Die
allermeisten Pflanzen- und Tierarten kommen weit verbreitet in Europa und Asien
vor. Der Artenschutz beklagt ihr örtliches oder regionales Verschwinden,
nicht ihr generelles Aussterben, wie es den großen Walen drohte oder dem
Großen Panda, allen noch lebenden Arten der Nashörner und den fast
2000 verschiedenen Vogelarten, die vor allem in Amazonien und Südostasien
direkt vom Aussterben bedroht sind. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 253).In einer anderen Weise
stehen die Tropenwälder in bemerkenswertem Zusammenhang mit Mitteleuropa.
Denn eine Form der Ausbeutung ist noch nicht aufgeführt worden: Tropenholznutzung.
Tatsächlich gibt es vier Hauptursachen der Tropenwaldvernichtung. (1)
Die erste und am besten bekannte ist der Eigenbedarf der Menschen in den betreffenden
Ländern. Roden, um Siedlungsland zu gewinnen, das war überall das primäre
Ziel der Umwandlung von Wäldern. Kleinflächig und ohne nennenswerte
Auswirkung auf die Größe der Tropenwälder und auf ihren Artenreichtum
wurden die Rodungen als Brandrodung schon seit Urzeiten der Besiedlung durch Menschen
betrieben. Die kleinflächige Nutzung im Wanderfeldbau hatte die Regenwaldbewohner
auch mit den Eigenschaften der Waldböden vertraut gemacht. Daher kommt es
nicht von ungefähr, daß bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die amazonischen
Regenwälder fast unangetastet geblieben sind, obwohl Brasilien und Peru schon
erheblich länger als etwa Nordamerika von Europäern besiedelt und kultiviert
worden sind. (2) Die zweite Ursache war und ist die
Holznutzung. In den Tropenwäldern wachsen Edelhölzer mit sehr hartem,
gegen Termiten und Pilze widerstandsfähigem Holz. Die Holzhärte weist
übrigens darauf hin, daß diese Bäume ziemlich langsam wachsen
und nicht einfach unter tropischer Wärme und Feuchtigkeit in die Höhe
schießen. Sie gleichen mehr unseren Eichen, die sie allerdings an Holzhärte
noch weit übertreffen, als den schnellwüchsigen Kiefern oder gar den
Pappeln. Die mageren Böden der Regenwälder lassen kein stürmisches
Wachstum zu, außer sie sind jungen vulkanischen Ursprungs und enthalten
entsprechend reichlich mineralische Pflanzennährstoffe. Härte und Formstabilität
machen Tropenhölzer begehrt - auch in den außertropischen Gebieten
sowie für den Schiffsbau. Daher wurde in Zentralafrika weit mehr Tropenwald
gerodet, als die dortige Bevölkerung brauchte, um Bananen oder Cassava anzupflanzen.
Die tropischen Edelhölzer waren und sind das Ziel des Holzeinschlags. Weltfirmen
haben sich Konzessionen dazu gesichert. Auch in Indien, wo es zwar seit gut 100
Jahren Plantagen für die Erzeugung von Teakholz gibt, und in Südostasien
bildet die meist raubbauartige Gewinnung tropischer Edelhölzer den Hauptgrund
der Waldzerstörung. Dort hat jedoch eine andere Nutzungsform (3)
als dritter Grund in den vergangenen Jahrzehnten an Gewicht gewonnen: die Errichtung
von Ölpalmenpflanzungen. Palmöl wird von den Industrienationen für
chemische und pharmazeutische Zwecke gebraucht. (4)
Der vierte Grund schließlich ist die Umwandlung der Regenwälder in
Rinderweiden und Sojafelder. Die mittel- und südamerikanischen Tropenwälder
sind davon bei weitem am stärksten betroffen. Mit Ausnahme des ersten Grundes,
der sich ausschließlich auf die örtlichen, bedürftigen Bevölkerungen
bezieht, sind die Industrienationen an allen anderen massiv beteiligt. Sollten
sie nicht in ihren Wäldern genügend Ressourcen haben, um den Holzbedarf
zu decken?! Der Verbrauch ist aber so groß, daß das Holz aus den eigenen
Wäldern nicht annähernd ausreicht, obgleich es bis in die letzten Jahre
kaum noch zum Heizen verwendet wurde. Zunehmend werden in unserer Zeit Wälder
des Nordens, in Nordwestrußland und in Ostsibirien, für die Holzgewinnung
genutzt. Schutzorganisationen befürchten, daß nach den großen
Kahlschlägen in den Tropen nun noch größere in den borealen Wäldern
bevorstehen, weil diese pro Quadratkilometer weit weniger Bäume tragen als
die dicht bewachsenen Tropenwälder. Noch scheint
die Taiga unerschöpflich mit ihren 15 Millionen Quadratkilometern Nadelwald
( ).
Doch das Schicksal der Laubwälder im östlichen Drittel der USA mahnt
zur Vorsicht. Was dort mit damals noch technisch primitiven Mitteln in eineinhalb
Jahrhunderten vollzogen wurde, wäre gegenwärtig schon in einigen Jahrzehnten
möglich. Die Maschinen stehen dafür zur Verfügung -und die Abnehmer
auch. Denn Holz ist ein gefragter Naturstoff. Den nordischen (borealen) Nadelwäldern
wird zwar weniger Aufmerksamkeit zuteil, weil sie recht einförmig aussehen
und im Vergleich zu den Tropenwäldern auch nicht mit eindrucksvoller Biodiversität
aufwarten können, aber mit den in deutschen Forsten vorherrschenden Fichtenmonokulturen
sind sie keinesfalls gleichzusetzen. Auch die Taiga hat ihren spezifischen, unersetzbaren
Artenreichtum. Und sie bedeckt in riesigen Bereichen Sibiriens insbesondere Bodenschichten,
die weder das in ihnen gebundene Kohlendioxid noch das Methan in den Sümpfen
freigeben sollten. Denn die dortigen Massen an potentiell klimabeeinflussenden
Gasen sind so groß, daß sie alle Anstrengungen zum Klimaschutz bedeutungslos
werden ließen, so sie in den kommenden Jahrzehnten in die Atmosphäre
gelangten. Winterfrost und ununterbrochen kalte Klimaverhältnisse speicherten
Massen von organischem Material und entziehen so den Kohlenstoff, der darin gebunden
vorliegt, dem Gaskreislauf der Atmosphäre. In den Tropen wachsen die Bäume
fast überall auf Böden, die kaum Humus haben und die daher auch nichts
freisetzen können. In den Tropenwäldern ist es der Wald selbst, der
in die Berechnungen zu den Belastungsfolgen mit einbezogen werden muß, während
in den nordischen Nadelwäldern die Böden und die teilweise sehr tiefgründigen
Sümpfe dazukommen. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 254-256).In einer Hinsicht
ähneln die nordischen Wälder aber denen in den feuchten Tropen: Auf
den weitaus größten Flächen ihres Vorkommens lassen sie sich kaum
oder nur sehr schwer nachpflanzen. Bei den Tropenwäldern geht das Pflanzen
besonders schlecht. Deshalb scheiterten auch die mit vielen Millionen Dollar ausgestatteten
Plantagenprojekte in Brasilien, wie »Fordlandia« (vom Autokönig
Henry Ford in den 1930er Jahren) und am Jarí mit den Gmelina- und
Pinus(caribaea)-Pflanzungen des Milliardärs Ludwig. Die Tropenwaldverluste
bleiben daher in der Flächenbilanz unserer Zeit Verluste, weil sie nicht,
wie bei unseren Wäldern geschehen, in großem Umfang wieder aufgepflanzt
werden können. Kaum besser gedeihen gepflanzte Forste allerdings auch in
der borealen Waldzone. Sie lassen sich daher gleichfalls nicht mit dem vergleichen,
was die europäische Forstwirtschaft in den mittleren Breiten während
der zwei oder drei letzten Jahrhunderte erreichte. Unsere tatsächlich von
deutschen Forstleuten begründete nachhaltige Forstwirtschaft konnte sich
auf zwei besonders günstige Gegebenheiten stützen. Die eine liegt in
den Böden, die viel besser für den Waldbau als die tropischen und borealen
Böden geeignet sind. Der zweite Vorteil kam dadurch zustande, daß einige
ziemlich robuste Baumarten vom so wechselvollen Klimaverlauf der vergangenen Jahrtausende
ausgelesen worden waren, die sich durch eine vergleichsweise große Bandbreite
an Toleranz gegenüber den Faktoren der Umwelt auszeichnen. Die in dieser
Hinsicht beiden wichtigsten Baumarten wurden auch die »Brotbaumarten«
der europäischen Forstwirtschaft, die Fichte (Picea abies) und die
Waldkiefer (Pinus silvestris). Mit ihnen konnten im späten 18. und
im 19. Jahrhundert regelrechte Monokulturen begründet werden, die sogar leicht
in sogenannten Altersklassen aufwachsen und häufig aus einem einzigen Klon
sind. Ein Klon bedeutet, daß es sich um die Samen eines Baumes handelt,
so daß alle gepflanzten Jungbäume »Samengeschwister« sind
und sich folglich genetisch wenig voneinander unterscheiden. Die große genetische
Vielfalt der europäischen Baumarten, die, wie oben schon betont, den Härtetest
starker Umweltveränderungen in den letzten Jahrtausenden hinter sich haben,
ermöglichte es der Forstwirtschaft, besonders schnellwüchsige oder ertragreiche
Sorten und Klone zu wählen. Unsere Wälder entsprechen daher weit mehr
dem auf ähnliche Weise strenger Selektion des Saatgutes unterworfenen Getreide
als einem Naturwald mit hoher innerer Vielfalt an Arten und genetischen Linien.
Das macht sie anfällig. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 256-257).Europas Forste sind zwar
produktiv, aber zu einheitlich, um den Angriffen gewachsen zu sein, die seitens
der Insekten, Pilze oder auch von der Witterung auf sie einwirken. Besonders deutlich
wurde dies um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und in dessen ersten Jahrzehnten,
als auf Hunderten oder Tausenden von Quadratkilometern Insektenkalamitäten
die jungen Forste heimsuchten. Es gab Massenvermehrungen von Kiefernspinnern (Dendrolimus
pini), Kiefernspannern (Bupalus piniarius) und sogar von den großen
Kiefernschwärmern (Hyloicus pinastri), der auch Tannenpfeil genannt
wurde. Riesige Schäden richteten Nonnenfalter (Lymantria monacha)
und in den Eichenwäldern die Eichenwickler (Tortrix viridiana) an.
Kiefern-, Fichten- und Eichenforste waren jeweils am stärksten betroffen.
Die Schäden reichten von Beeinträchtigungen des Holzzuwachses bis hin
zu so intensivem Kahlfraß, daß die Bestände abstarben und der
Wald nachgepflanzt werden mußte. In Laubwald- und Obstbaugebieten kamen
in den 1930er und ganz besonders stark wieder in den warmen Sommern Ende der 1940er/Anfang
der 1950er Jahre Maikäferkalamitäten hinzu. Auslöser waren sowohl
die braunen Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) als auch die gewöhnlichen
Feldmaikäfer (Melolontha melolontha). Viele weitere Insektenarten
und dazu diverse Pilze wie die schon für die Kartoffelkrise im 19. Jahrhundert
verantwortliche Kartoffelfäule durch Phytophthora-Pilze traten massiv
als Schädlinge auf. Borkenkäfer (Ipidae, insbesondere Ips
typographus) sorgen bis in die Gegenwart für Schlagzeilen, weil sie rasch
ganze Bestände befallen und die Bäume bis zu deren Absterben schädigen
können. In Mitteleuropa entwickelte sich ein besonderer Zweig der Forstkunde,
genannt Waldhygiene. Zum Schutz des Waldes wurden besonders die Großen Roten
Waldameisen (Formica rufa) geschützt; Lockstoffallen (Pheromonfallen
mit dem artspezifischen Sexuallockstoff) wurden entwickelt, um rechtzeitig Bestandszunahmen
bei den Schädlingen zu bemerken. Ab einer Häufigkeitsschwelle wurde
dann Gift angewandt. Es kam zum großen, aber recht kurzen
Siegeszug von DDT (Dichlordiphenyltrichloräthan), das als umfassendes Insektizid
wie ein Wundermittel zur Vernichtung der Malariamücken in den Tropen, der
Obstbauschädlinge in den Gärten, der Läuse, Flöhe und Wanzen
in den Häusern und eben auch der Schadinsekten in den Wäldern eingesetzt
wurde. Schon in den 1950er Jahren traten die verheerenden Nebenwirkungen deutlich
zutage. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 257-259). Der Einsatz von DDT mußte (besonders wegen seiner gefährlichen
Abbauprodukte, zu denen v.a. das Erstabbauprodukt DDD gehört) verboten werden;
viele Tiere, auch nicht wenige Menschen, waren daran erkrankt, ein nicht geringer
Teil der Vogeleier waren dadurch sogar so zerbrechlich geworden, daß die
Eltern sie nicht ausbrüten konnten und ihre Nachwuchs sterben mußte.Am
Grundproblem, an den Monokulturen, änderte man fast nichts. Vielartige Mischwälder
wären weit weniger schädlingsanfällig. Auch gegen Stürme,
Waldbrände und jene neue Gefährdung, die im letzten Drittel des 20.
Jahrhunderts zu einer Großkatastrophe aufgebauscht worden war, waren sie
widerstandsfähiger: das Waldsterben. (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 260).In den 1970er und 1980er Jahren traten in den mitteleuropäischen
Wäldern an vielen Bäumen Schäden auf, die große Besorgnis
bei den Waldbesitzern und Staatsforsten auslösten. Bei den Fichten lichteten
sich die Kronen, die Zweige hingen lamettaartig nach unten, die Nadeln verbräunten
vorzeitig und fielen ab. Solcherart stark geschädigte Bäume hatten geringen
Holzzuwachs oder gar keinen mehr, bevor sie dem Eindringen von Borkenkäfern
zum Opfer fielen und vollends starben. Ein System der Ermittlung der sogenannten
neuartigen Waldschäden wurde von den Forstdiensten eingerichtet und danach
alljährlich ein Waldschadensbericht vorgestellt. Verursacher war, darüber
herrschte schnell Einigkeit, die Luftverschmutzung. Merkwürdigerweise war
sie zwar viel schwächer als im 19. Jahrhundert geworden, als noch überall
die Schlote rußten und schwarzer Rauch den Himmel über England oder
dem Ruhrgebiet verdüsterte. Aber der Autoverkehr hatte zugenommen. Die Natur-
und Umweltschützer erklärten ihn zum Feind Nr. 1. Das Waldsterben bestätigte
ihre schlimmsten Befürchtungen. Bei der raschen Zunahme der Schadensgrade,
was allerdings hauptsächlich darauf beruhte, daß immer mehr und immer
»genauer« beurteilt wurde, prognostizierten einige Waldschadensforscher
öffentlich ein Ende des deutschen Waldes zum Ende des 20. Jahrhunderts. Denn
dann würde, so die damals in den Medien bereitwilligst verbreitete Befürchtung,
in Deutschland kein Wald mehr stehen. Viele Millionen D-Mark Forschungsgelder
flossen in die Waldschadensforschung. Kritiker, wie der renommierte Münchner
Botaniker Prof. Otto Kandler, fanden kein Gehör, denn der Tod des (deutschen)
Waldes war längst beschlossene Sache. (Josef H. Reichholf, Eine
kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 260-261).Der
Reihe nach hielt man das Schwefeldioxid (S02), stickstoffverbindungen
(NOx) und Ozon (03) für die Hauptschuldigen, verursacht
vom Autoverkehr. Aus allen Anschuldigungen wurde nichts, denn der deutsche Wald
geruhte nicht zu sterben. Vielmehr hatte er Ende der 1990er Jahre, als es um sein
Sterben allmählich stiller wurde, je näher der vorausgesagte Tod heranrückte,
massiv an Holzvorrat und sogar auch an Fläche zugelegt. Die Düngung
aus der Luft, die jahrzehntelang mit 30 bis 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar
und Jahr auf ihn niederging, ließ ihn schneller wachsen und machte manche
Bäume wohl auch wegen der erhöhten Wachstumsgeschwindigkeit anfälliger.
Trockenheit und Kälte waren dazugekommen. Die ganze Palette von Widrigkeiten
stand der Wald durch, verstärkt umsorgt von der Forstwirtschaft, die natürlich
Verluste befürchtete (und auf öffentliche Unterstützung hoffte).
Inzwischen kümmert sich in der Öffentlichkeit jedoch kaum noch jemand
um die alljährlichen Waldschadensberichte. Der Bevölkerung war offenbar
auch mit der Zeit aufgegangen, daß die Bäume in den Städten mit
ihrer schlechten Luft recht gut wuchsen und daß selbst der extrem trockene
und heiße Sommer 2003 den meisten Bäumen und den Wäldem nicht
sehr viel hatte anhaben können. Damit geriet der Umweltschutz als äußerst
erfolgreiche Bewegung ... zunehmend in Bedrängnis. Die Zeit des sich Erfüllens
vieler Prognosen war gekommen, aber die Befürchtungen traten nicht ein. Tiefes
Mißtrauen ist aufgekommen. Verhält es sich wirklich so mit der Natur
und mit unserer Umwelt, wie die Umweltaktivisten das behaupten und in ihren Weltuntergangsszenarien
immer wieder und immer schlimmer herbeibeschwören? War das 20. Jahrhundert,
zumal seine zweite Hälfte, wirklich die schlechteste Zeit, die überwunden
werden mußte oder die jetzt in eine noch viel schlimmere Zukunft überleitet,
weil mit dem globalen Wandel und der Klimaerwärmung nichts mehr kaIkulierbar
sein wird? (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten
Jahrtausends, 2007, S. 261-262).
Prognosen und Fehlprognosen
Wie
die persönliche und häusliche Hygiene zu den besonders fortschrittlichen
Leistungen des 19. Jahrhunderts gehört, so kennzeichnet der Umweltschutz
als Hygiene unserer Umwelt das 20., insbesondere die zweite Hälfte davon.
Zwar rauchten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Fabrikschlote schon nicht
mehr so stark wie zu Beginn der Industrialisierung, aber die Luft wurde dennoch
rasch wieder schlechter, nachdem sich der Rauch der Bomben und der Staub aus dem
Schutt der im Krieg vernichteten Städte wieder verzogen hatte. Höhere
Kamine schickten nun die Rauchfahnen in höhere Luftschichten und verteilten
die Belastungen. Doch ging das nur bei den großen Fabriken und Heizkraftwerken,
nicht aber bei den Kaminen der Häuser, aus denen während der Heizperiode,
vor allem bei winterlicher Kälte mit Hochdruckwetterlagen, stinkender Kohlerauch
hervorquoll und mit dem Nebel Smog bildete. Wo schwefelreiche Braunkohle verheizt
wurde, wie insbesondere in der DDR, schädigte dieser saure Rauch, aus dem
sich »saurer Regen« entwickelte, die Atmungsorgane der Menschen. In
der Natur draußen zerstörte er die Flechten und stellenweise die Bäume
und die ganze übrige Vegetation. Dennoch war es nicht die Luftbelastung mit
ihren offensichtlichen Folgen für Menschen und Natur, die Anlaß zum
Umweltschutz gab und diesen zu einer weltumspannenden Bewegung werden ließ,
sondern die Vergiftungen, die von Produkten der Chemie ausgingen. Der Fall des
DDT wurde ... bereits angeführt.
Schließlich löste er die Abkehr vom naiven Glauben an die Wundermittel
der Chemie aus. Rasch zeigten die eingeleiteten Untersuchungen, wie allgegenwärtig
vom Menschen freigesetzte Giftstoffe in den Böden, im Wasser und auch in
der Nahrung geworden waren. Die Chemie hatte sich in wenigen Jahrzehnten zu einer
globalen Gefahr entwickelt. Plötzlich wurde klar, daß es um ernsthafte
Bedrohungen und nicht mehr um Kurioses ging, wie man solches in England entdeckt
und auch in den westdeutschen und belgischen Industriegebieten bestätigt
gefunden hatte. Dort war, beginnend im 19. Jahrhundert, eine seltene Form (eine
Mutante) des häufigen Birkenspanners (Biston betularius) immer öfter
aufgetreten. Schließlich war die grauweiße, nur fein schwarz gesprenkelte
Normalform die Rarität. In Experimenten konnte gezeigt werden, daß
Vögel die schwarze Form auf verrußten Stämmen bei weitem nicht
so leicht entdecken wie die sich stark abhebende helle Form und umgekehrt, wenn
die normalfarbenen Birkenspanner auf dem ihrer Flügelgrundfarbe entsprechenden
Bewuchs aus Flechten ruhen. Damit zeigte eine eklatante Umweltveränderung
erstmals in der Natur die Wirkung der von Charles Darwin entdeckten natürlichen
Selektion. Als 100 Jahre später, gegen Ende des 20. Jahrhunderts, die Luft
fast keinen Ruß mehr enthielt und die starke Verminderung von Schwefeldioxid
das Flechtenwachstum nicht mehr hemmte, nahm die ursprüngliche Form des Birkenspanners
wieder zu und verdrängte die schwarze Mutante. Diese hatte auf geänderte
Umweltbedingungen genauso reagiert, wie das nach Darwin zu erwarten gewesen war.
Aber ausgestorben ist der Birkenspanner deswegen nicht. Als Art hatte er sich
lediglich an die neuen Verhältnisse angepaßt. Solche Erkenntnisse beunruhigten
daher nicht allzu sehr. Sie waren etwas für die Lehrbücher und die Evolutionsbiologen.
Die Öffentlichkeit brauchte sich nicht betroffen zu fühlen. Erst als
immer mehr Gifte an immer ungewöhnlicheren Stellen, bis hin zur Muttermilch,
wie oben ausgeführt im Fall des DDT,
festgestellt wurden, weil die Analysetechniken entsprechend verfeinert worden
waren, reagierten breite Kreise in der westlichen Bevölkerung. Auf anfängliche
Irritationen und frühe Proteste folgte eine politische Umweltbewegung, an
der weder die Industrie noch die Politiker vorbeikamen. Doch hier geht es nicht
um eine Kurzfassung der Geschichte der Umweltbewegung, sondern um die Frage, wie
stark Technik, Chemie und motorgetriebener Verkehr tatsächlich die Natur
verändert und beeinträchtigt hatten. Merkwürdigerweise gibt es
dazu nur wenige Befunde, die eindeutig genug sind. Deshalb werden die bekannten
Fälle wiederholt, wie das DDT, während
andere Umweltbelastungen vielfach in der Grauzone blieben, die sich zwischen »möglich«,
»wahrscheinlich« und »sicherlich« ausbreitet, jedoch bei
genauerer Betrachtung eigentlich nur Messergebnisse geliefert hatten. Was besagten
aber so und so viele (wenige) »ppm« oder »ppt« wirklich?
Ppm steht für Teile pro Million (parts per million), ppt entsprechend
pro Trillion. Als Mengen sind sie so unvorstellbar winzig, daß sie die eindrucksvolle
Kleinheit der Zahl wieder groß macht. Die Anreicherung über die Nahrungsketten
wurde zum Paradebeispiel für die Wirkung solcher Stoffe in der Natur, die
nach ihrer Freisetzung keineswegs verschwinden, sondern irgendwo in unvorhersagbarer
Weise weiterwirken und ihr Unwesen treiben. Das Grundschema ist einfach: DDT
(oder Reste polychlorierter Biphenyle, abgekürzt PCB genannt) gelangt ins
Wasser (oder in den Boden). Dort wird es von Mikroorganismen aufgenommen oder
einfach an deren Oberfläche angelagert. Winzig, wie diese sind, benötigen
größere Lebewesen, die sich davon ernähren, Tausende solcher Feinstteilchen.
Damit reichern sie deren Konzentration schon auf das Tausendfache oder noch stärker
an. Zu Tausenden werden die Kleinlebewesen nun von größeren, etwa von
Klein- oder Jungfischen, verzehrt. Von diesen ernähren sich, wiederum Hunderte
benötigend, größere Fische. So geht es weiter bis zu großen
Raubfischen, Fisch- und Seeadlern, Robben oder den Menschen, die sich von Fischen
ernähren. Am Ende kommt eine millionenfache Anreicherung zustande. Die Stoffe
haben nun eine Konzentration erreicht, von der echte Gift- oder Schadwirkungen
ausgehen. Der biologische Verstärkermechanismus der Nahrungskette hat das
bewirkt. Die starke Abnahme zahlreicher Tierarten, vor allem großer Säugetiere
und Vögel, wurde auf diese Giftanreicherung zurückgeführt. Doch
es war schwer, ihre Bestandseinbrüche oder ihr regionales Verschwinden allein
damit zu begründen, weil andere Veränderungen abliefen und das Ausmaß
der direkten Verfolgung oft die größere Rolle spielte. Hilfreich erwiesen
sich Vergleiche zwischen den Kontinenten. So wurden in Nordamerika große
Greifvögel wie die Weißkopfseeadler (Haliaaetus leucocephalus),
der Wappenvogel der USA, und die Fischadler oder die Pelikane praktisch nicht
bejagt. In weiten Teilen ihres Vorkommens waren und sind diese Großvögel
daher ähnlich vertraut wie in Europa die Weißstörche. Auch bei
Großsäugern gibt es entsprechende Unterschiede zwischen anhaltend starker
Bejagung mit dem Zweck des »Kurzhaltens« oder nur kurzzeitiger, an
der Bestandsentwicklung orientierter Nutzung oder gar keiner jagdlichen Verfolgung.
Diese Vergleiche zeigten, daß häufig die direkten Verfolgungen weitaus
entscheidender als die Umweltgifte waren, weil sie die gesunden, kräftigen
und Überschüsse produzierenden Bestände (auch) betroffen hatten
und nicht nur die ohnehin schon geschädigten Tiere. Daher erholten sich nach
dem DDT -Verbot die davon tatsächlich
stark betroffenen Arten in Nordamerika viel schneller als in Europa. Hier wurde
insbesondere bei der »Wieder«(?)-Vereinigung
Deutschlands und dem Fall des Eisernen Vorhangs deutlich, wie groß der Unterschied
zwischen »West« und »Ost« geworden war. Denn die Länder
des Ostblocks, besonders auch die ehemalige DDR, litten immer noch unter sehr
starker, gebietsweise regelrecht katastrophaler Umweltverschmutzung, während
der Westen längst schon ziemlich sauber geworden war. Die Luft war zu Beginn
der 1990er Jahre von den schlimmsten, von jedem Menschen beim bloßen Atmen
spürbaren Belastungen gesäubert. In den Flüssen und Seen konnte
man nahezu uneingeschränkt wieder baden, in den Wäldern wurden kaum
noch Gifte zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt und zwischen den Maisfeldern
wollte man ohnehin nicht spazieren gehen. Doch der Kontrast hätte kaum größer
ausfallen können. Wo nach wie vor die Schlote ungereinigt rauchten oder gerade
erst geschlossen worden waren, wo die Flüsse geschäumt hatten und ihre
Giftfracht dem Meer zuführten, wo in flache Seen die gänzlich ungeklärte
Brühe von Schlachtereien oder die Abwässer von VEB-Betrieben mit Tausenden
von Tieren liefen, gab es alles an Großtieren, was im Westen zum Feinsten
und zum auf das sorgsamste gehüteten Artenschatz gehörte. Sogar die
so empfindlichen Fischotter, denen die Waschmittelrückstände die Isolationswirkungen
ihres Fells genommen hatten, überlebten. Die Biber an Elbe und Mulde schienen
mit der schrecklichen Umweltverschmutzung fertiggeworden zu sein. Störche
gab es mehr als zehnmal mehr als im Westen. Hier standen einzelne Brutpaare der
Seeadler im direkten Grenzbereich zur DDR unter Sonderbewachung durch den Naturschutz,
speziell durch den WWF Deutschland. »Drüben« lebten Hunderte
Seeadler, und es wurden immer mehr. Die Fischadler (Pandion haliaetus)
hatten sich dort zum Großteil Hochspannungsmasten als sichere Nistplätze
ausgewählt. Von diesen Masten, die niemand während der Brutzeit erstieg,
fiel kaum jemals ein Horst herunter. Das hochgradig belastete Land, wo fast an
jedem größeren Wasserloch in den weiten Fluren mit Erfolg Graukraniche
(Grus grus) nisteten, erwies sich als reich an seltenen Arten und großartigen
Lebensräumen. Die Wiedervereinigung schenkte der alten Bundesrepublik plötzlich
Schutzgebiete, wie man sie sich im Westen kaum erträumen konnte. Ganz ähnlich
sah es in Polen, Ungarn, Tschechien und den anderen, nun frei und voll souverän
gewordenen Staaten des ehemaligen Ostblocks aus. Seit der Öffnung zum Westen
ist ihre Natur viel stärker bedroht als vorher, und zwar durch genau jene
Maßnahmen und Veränderungen, die dem Westen den Reichtum an Natur gekostet
hatte. Das Fazit ist eindeutig: Weit mehr als die Umweltverschmutzung hatte die
moderne Landwirtschaft den Artenreichtum der europäischen Landschaften beeinträchtigt
und zu starken Rückgängen bei vielen Arten sowie zu flächigen Verlusten
von besonderen Biotopen geführt. Im Osten ging es leidlich gut mit dem Nebeneinander
von Vergiftung und Belastung landwirtschaftlich genutzter Flächen und solchen,
die keiner Intensivnutzung unterlagen. Der Artenschutz hatte sich auf die großen
Arten konzentriert und war entsprechend erfolgreich. Wo sich Biber ansiedelten,
war nicht zu befürchten, daß sie gleich wieder vertrieben oder getötet
würden. Bären und Wölfe, Elche und Luchse überlebten in den
Wäldern, in denen nicht wie in Westdeutschland und Österreich private
Jagdrevierinhaber möglichst keine Verluste an »ihrem« Wild hinnehmen
wollten. Auf stark belasteten, nach westlichen Maßstäben vergifteten
Flächen, deren Boden unter die Sondermüllverordnung gefallen wäre,
entwickelten sich besondere Gesellschaften seltenster Pflanzen. Kleintiere, allen
voran die Insekten und die Kriechtiere, profitierten von der Tatsache, daß
solche belasteten Flächen von Intensivnutzungen frei waren. Im Westen gab
es zwei Parallelen. Die eine bilden die Bahnhöfe mit ihren Gleisanlagen,
die andere die Truppenübungsplätze. Wo die Natur wohl am stärksten
denaturiert worden war, auf den Gleiskörpern und ihrem Umfeld in den (Groß-)Städten,
und wo auf den Truppenübungsplätzen regelmäßig »Krieg
gespielt« wurde, ging es vielen ansonsten bedrängten Arten am besten.
Es war zwar folgerichtig und im Interesse der Menschen notwendig, die Belastungen
von Nahrung, Luft und Wasser mit Schadstoffen zu vermindern und möglichst
ganz auszuschalten, aber diese Vorgehensweise des Umweltschutzes bedeutete keineswegs
automatisch, daß damit alle Probleme in der Natur gelöst worden wären.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 262-267).So teilte sich die Welt in der Anfangszeit der
Ära des Umweltschutzes global gesehen in zwei Großbereiche. Der fortschrittliche
Westen, der dank seiner Wirtschaftskraft zumindest partiell die Belastungen nachhaltig
vermindern konnte, und der große Rest, von dem manche geradezu das Recht
auf Umweltverschmutzung einforderten, um in der Entwicklung nachziehen zu können.
Die Wirkungen auf die Natur, auf die Lebensräume von Tieren und Pflanzen,
standen - und stehen - dabei so gut wie nie zur Debatte. Wir stünden sonst
ziemlich schlecht da. Denn unsere Erfolge im Umweltschutz schlagen sich bei weitem
nicht so in der Umwelt nieder, in der nicht nur wir, sondern auch Pflanzen und
Tiere leben, wie sie das sollten und wie es von der Bevölkerung, die für
all diese Verbesserungen sehr viel gezahlt hat, erwartet wird. Wie bereits ausgeführt,
gehen die Hauptbelastungen in den mitteleuropäischen Landschaften von der
Landwirtschaft aus. Es sind die von ihr ausgelöste Überdüngung
und die Hilfsstoffe, die ins Grundwasser und in die Oberflächengewässer
gelangen, an denen der Umweltschutz nicht angreifen kann, weil die Landwirtschaft
von den Einschränkungen und Gegenmaßnahmen ausgenommen blieb. Zwei
Hinweise sollen dies verdeutlichen. So müssen alle 83 Millionen Menschen
in Deutschland ihr persönliches Abwasser einer höchst kostspieligen
Reinigung in modernsten Kläranlagen unterziehen lassen, während die
drei- bis fünffache Menge, die von den Schweinen, Rindern und anderen Nutztieren
erzeugt wird, gänzlich ungeklärt auf die Fluren gelangen darf und dort
als »Wertstoff« eingestuft wird. Wenn, wie in den letzten Jahren immer
wieder einmal geschehen, von einem chemischen Betrieb ein paar Kubikmeter eines
»die Atemorgane reizenden Gases« austreten oder eine chemische Substanz
gar in den Rhein gelangt, wird dies in den Hauptnachrichten im Fernsehen der Öffentlichkeit
als Umweltkatastrophe kundgetan. Daß Mitteleuropa mehrfach im Jahr mit drei
Schwerpunkten im zeitigen Frühjahr, im Hochsommer und im Spätherbst,
fürchterlich zum Himmel stinkt, weil die Gülle ausgebracht wird, ist
keiner Erwähnung wert. Ein halbes Jahrhundert Umweltschutz ging einher mit
einer Entwicklung der Landwirtschaft zu industriebetriebsgleicher Bewirtschaftung.
Die traditionell als Industrien eingestuften Betriebe wurden strengen Auflagen
unterworfen, die industrialisierte Landwirtschaft jedoch nicht, obgleich sie mit
Abstand am stärksten in der Fläche wirkt. Wer immer das für sinnvoll
oder unumgänglich halten mag, muß umgekehrt begründen, warum die
Einschränkungen für die klassischen Industrien und für die Bevölkerung
insgesamt zumutbar gewesen sind. Auf welcher Basis wird geurteilt? An dieser Frage
drückt sich das Kernproblem des Umweltschutzes aus. Die Standards sind menschengemacht.
Sie ergeben sich nicht von selbst aus der Natur. Denn diese ist nicht, wie von
der großen Mehrzahl der Natur- und Umweltschützer angenommen wird,
ein geschlossenes, wohlgeordnetes Haus der Natur, sondern offen und veränderlich.
Urteile von vorgestern stellen sich häufig genug als Vorurteile heraus. Das
wäre nicht weiter schlimm, könnten wir die Vorurteile im Bedarfsfall
rasch wieder korrigieren. Doch dem ist nicht so. Der Umweltschutz liefert zu dieser
gänzlich ungelösten Problematik jede Menge Beispiele. So war es nicht
möglich, bei der »Wieder«(?)-Vereinigung
Deutschlands westliche Standards schnell und realitätsbezogen an die ostdeutschen
Verhältnisse anzupassen. Ostdeutschland, Tschechien und Polen waren uns offenbar
zu nah. Sie sollten durch Umweltstandards »werden wie wir«. Was China
macht, interessiert viel weniger. Sicher ist es richtig, daß Umweltschutz
in manchen Bereichen einen globalen Ansatz nötig hat. Die Luft zirkuliert,
ohne sich an Grenzen zu halten. Die Reichweite beim Wasser ist schon beschränkter,
wenn es sich um ein Flußsystem handelt, oder bleibt lokalisiert, wie im
Fall von Seen. Am stärksten orts- oder nahbereichsbezogen sind Einwirkungen
auf den Boden oder der Lärm. Infolgedessen wurde am meisten in diesen Nahbereichen
erreicht, gleichwohl gespickt mit Ausnahmen, etwa wenn riesige Traktoren zu den
Ruhezeiten betrieben werden, obwohl es nicht um das Einbringen von Ernte vor einem
nahenden Unwetter, sondern um das Ackern in der Nacht oder am Sonntagvormittag
geht. Für die »Natur« bleiben jedoch solche Belastungen, die
zweifellos viele Menschen stören, ärgern oder gesundheitlich beeinträchtigen,
zumeist reichlich bedeutungslos. Wiederum demonstrieren dies Erfahrungen aus den
Truppenübungsplätzen, wo auch scharf und vor allem sehr laut geschossen
wird, wo Panzer und Geländefahrzeuge umherrasseln - und beim Wild nicht einmal
mehr ein Anheben des Kopfes verursachen. Die Sicherheit, dabei selbst nicht erschossen
zu werden, ist ungleich wichtiger als der Lärm. Der hohe Artenreichtum und
die vielfach auch sehr hohe Siedlungsdichte der Vögel in den Großstädten
bestätigt dies in vergleichbarer Weise. Wenn mitten in Berlin am Rande des
brausenden Verkehrs die Nachtigall singt, so drückt dieses Vogellied, wie
andernorts die Gesänge der Amseln, deutlich genug aus, daß ihre Umwelt
nicht unserer gleichzusetzen ist. Umweltschutzmaßnahmen »dienen«
daher nicht automatisch der Natur. Der Naturschutz muß, sofern er die Erhaltung
und Förderung freilebender Tiere und Pflanzen als eines seiner Hauptziele
betrachtet (also Lebensschutz sein will; HB),
auch Umweltschutzmaßnahmen kritisch betrachten und auf ihre » Naturverträglichkeit«
hin überprüfen dürfen. Nicht alles ist gut, was uns gut dünkt.
Ein verdeckter, höchst bedeutsamer Zug im modernen Umweltschutz besteht darin,
mit den auf Menschen bezogenen Umweltzielen gleich auch festgelegt zu haben, was
»für die Natur gut« ist. Die Natur wurde dazu aber nicht befragt.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 267-270).Das beginnt bei so Unverdächtigem wie sauberem
Wasser von Trinkwasserqualität, in dem die allermeisten Lebewesen des Süßwassers
gar nicht leben könnten, und endet bei solch althergebrachten Vorurteilen,
daß das Wild »wild«, also scheu sein müsse, sonst sei es
kein Wild. Daß die Scheuheit den größeren Säugetieren und
Vögeln aber sehr viel möglichen Lebensraum nimmt, wird dabei nicht mehr
berücksichtigt. Die Naturfreunde fahren in ferne Länder, wo sie vertraute
Großtiere derselben Arten, die auch in Mitteleuropa vorkommen, in aller
Ruhe beobachten und photographieren können, weil dort der Mensch nicht als
Feind der Tierwelt empfunden wird. Das 20. Jahrhundert brachte global viele Nationalparks
und Naturschutzgebiete, aber keines in Mitteleuropa, wo wir die Natur so erleben
können wie in fernen Reservaten. In der Zeit des Natur- und Umweltschutzes
hat man uns durch eine Fülle von Verboten und Einschränkungen geradezu
naturentfremdet. Ihr Sinngehalt mag zwar nachvollziehbar sein, aber an Nachprüfung
ihrer Notwendigkeit und Wirksamkeit mangelt es. Vielleicht sollte verhindert werden,
daß die Natur in ihrer Vielfalt und Dynamik allzu direkt erlebt wird. Denn
wer sich der Veränderungen, die in Jahrzehnten ablaufen, bewußt ist,
wird nicht so leicht auf wohlfeile, aber falsche Argumente hereinfallen. Dann
sind die Silberreiher, die allmählich wieder häufiger geworden sind,
kein Zeichen einer Klimaerwärmung mehr, sondern der Beweis dafür, daß
früher zu viele um ihrer Schmuckfedern willen unmittelbar zu Beginn der Brutzeit
abgeschossen worden waren. Niemand wird die Zunahme der zweifellos »nordischen«
Seehunde im Wattenmeer auf das kältere Klima seit den 1970er Jahren zurückführen.
Denn das würde nicht »passen«. Warum dennoch immer wieder so
offensichtlich Falsches verbreitet wird, liegt auf der Hand. Es geht um die »gute
Sache«. Dafür ist (fast) jedes Mittel recht. Der uninformierten Gesellschaft
kann man nahezu alles erzählen, wenn es nur irgendwie zu passen scheint.
Daß damit das Anliegen selbst in Mißkredit gezogen werden könnte,
wird billigend in Kauf genommen. Die Vertreter der Warnergilde hoffen auf das
Vergessen. Es wird ihnen fast immer gnädig sein. Denn neue Nachrichten verdrängen
die alten Vorhersagen, so daß diese ungestraft dem Vergessen anheimfallen
können. Wen kümmert es, daß für 2005 in Mitteleuropa ein
heißer Sommer vorhergesagt wurde und die Prognose total falsch war. Die
Tageszeitungen, die diese Prognose aus Expertenmund in die Öffentlichkeit
trugen, haben längst andere Themen. Gleichgültig, wie das Wetter wird,
es wird immer »extrem« sein. An eine mehr als dreitägige Wettervorhersage
glaubt ohnehin kein vernünftiger Mensch. Die Sucht nach Zukunftswissen, das
Propheten zu haben behaupten, steckt offenbar so tief in uns Menschen, daß
sich die Wahrsager leichttun. Das habe ich in meinem Buch »Die
falschen Propheten« (2002) ausführlich dargelegt. Drei Prognosen,
die von den 1970er Jahren bis in die Gegenwart die Umweltdiskussion beherrschten,
verdeutlichen Vorgehensweise und Fehlschläge. Das »Waldsterben«
ist bereits behandelt worden. Der Fehler, der gemacht worden war, lag in der Nennung
eines Termins für das Ende (des deutschen Waldes). Die von Kennern vorgebrachte
Kritik, sich doch erst einmal mit der Vergangenheit der Wälder und der Waldschäden
genauer zu befassen, um die Vorgänge in der Gegenwart besser beurteilen zu
können, blieb unberücksichtigt. Der Blick in die Vergangenheit und auf
die allgemeinen Entwicklungen in den Landschaften Mitteleuropas, ihre Überfrachtung
mit Nährstoffen, die auch das Wachstum der Waldbäume fördern, eingeschlossen,
hätte die Problematik relativiert. Das Waldsterben hätte womöglich
von Anfang an von einer Katastrophe zur Krise und schließlich zu einer Übergangszeit
im ausgehenden 20. Jahrhundert zurückgestuft werden müssen, was allerdings
auch mit Einbußen an Forschungsmitteln verbunden gewesen wäre. Die
Forschungen ergaben zwar sehr viel Interessantes, aber keinen schlüssigen
Zusammenhang mit dem Autoverkehr. Der Wald existiert seit seiner »Todeszeit«
weiter - und wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch weiterhin tun, selbst
wenn sich das Klima erwärmt. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte
des letzten Jahrtausends, 2007, S. 270-272).Einen ganz ähnlichen
Fehler, das »Ende« vorherzusagen, machten Dennis Meadows und der »Club
of Rome« mit den höchst spannenden Computermodellen und ihren Ergebnissen
in den »Grenzen des Wachstums«, Die wesentlichsten Ressourcen der
Menschheit sollten danach bereits in den (späten) 1990er Jahren verbraucht
worden sein. Die Vorhersage trat nicht ein. Es wurden weit mehr neue Vorräte
und Lagerstätten entdeckt, als in den Hochrechnungen angenommen werden konnte.
Ein für die Frühzeit solcher Modelle hervorragender Forschungsansatz
geriet in Mißkredit und führt dazu, daß nun auch andere, neuere
und »bessere« entsprechend kritisch betrachtet werden »sollten«.
Denn völlig unerwartet kam es im Prognosezeitraum der »Grenzen des
Wachstums« zu Ereignissen von weltpolitischer und europäischer Bedeutung:
zum Zusammenbruch des Sowjetimperiums, zur Wende in China und zur »Wieder«(?)-Vereinigung
Deutschlands. Innerhalb von nur 30 Jahren hatten sich damit die globalen Rahmenbedingungen,
zudem auf ein Jahrzehnt konzentriert, grundlegend geändert. Der »siegreiche«
Westen stieg in Form des Hauptvertreters, der USA, zwar zur alleinigen Weltmacht
auf, blieb aber globalwirtschaftlich vomunterlegenen Rivalen Rußland im
Hinblick auf die Energieversorgung abhängig. Im Grunde genommen wurde der
Westen sogar noch abhängiger, weil mit der Wende in China ein Wirtschaftsaufschwung
ohne Beispiel einsetzte, der dieses bevölkerungsreichste Land zum Hauptkonkurrenten
um die globalen Ressourcen gemacht hat. Auch das war in den Prognosen nicht enthalten
und offenbar von niemandem (in einflußreichen Kreisen) vorausgeahnt worden.
Die neuen Rahmenbedingungen am Beginn des 21. Jahrhunderts sehen daher erheblich
anders als zu Beginn der 1970er Jahre aus. Trotz des Versuchs zwischenzeitlicher
Korrektur in den »Neuen Grenzen des Wachstums« blieb Meadows auf der
vorgegebenen Bahn. Das Ziel war offensichtlich zeitlich zu kurz gewählt und
ließ daher keine Kurskorrektur ohne grundsätzlichen Vertrauensverlust
in die Zukunftsberechnungen zu. Es wäre zu wenig übrig geblieben von
den Warnungen vor der schlimmen Zeit, die uns schon zum Ende des 2. Jahrtausends
ereilt haben sollte. Besser, viel besser steht es um das dritte Prognosemodell.
Es ist letztlich wohl auch der wichtigste Teil aller Zukunftsszenarien. Es geht
um die Entwicklung der menschlichen Bevölkerung auf der Erde. Vor Ende des
20. Jahrhunderts war die 6. Milliarde erreicht ( ).
Die Bevölkerungsexplosion der Menschheit fand also hauptsächlich in
jenen drei Jahrzehnten statt, von denen die »Grenzen des Wachstums«
handelten. Die Zunahme der Zahl der Menschen war weitgehend richtig prognostiziert
worden ( ).
Daß sich das Anwachsen der Menschheit abschwächt, wird nicht nur nicht
verheimlicht oder als zu geringfügig abgetan, sondern der Weltöffentlichkeit
möglichst wahrheitsgetreu dargelegt. Inzwischen ist ersichtlich, daß
auch der Mensch als biologische Art mit seiner »Bestandsentwicklung«
dem allgemeinen biologischen Grundmuster folgt, das mit einem nahezu ungebremst
exponentiellen Wachstum beginnt und nach Überschreiten der etwa halben Tragkraft
der Umwelt (Umweltkapazität) abflacht und auf einen Grenzwert einschwenkt,
der dieser entspricht. Daß die Höchstzahl der Menschen wohl erheblich
niedriger liegt als ursprünglich befürchtet, gehört gleichfalls
zu den guten Nachrichten in dieser Entwicklung, denn das Leben von 10 bis 12 Milliarden
Menschen zu sichern eröffnet weitaus bessere Zukunftsaussichten als bei 20
Milliarden oder mehr. Warum aber lief es ,bei den Prognosen zur Bevölkerungsexplosion
besser? Der fachliche Grund ist klar. Die statistische Zuwachsrate hängt
von der Altersstruktur der Bevölkerung ab. Diese war in den 1970er Jahren
gut genug bekannt. Sie bestimmte das Wachstum für die nächsten Jahrzehnte.
Die Verfolgung der globalen Bevölkerungsentwicklung unterlag auch keinen
politischen Einschränkungen. Die UN-Fachleute konnten so gut arbeiten, wie
die Daten waren, die aus den Entwicklungsländern kamen. Diese wurden immer
besser und daher auch die permanent korrigierten Prognosen immer zuverlässiger.
Schon die Ausgangsbasis war als Teilstück eines Entwicklungsprozesses angesetzt
und nicht als feste Ausgangsgröße, bei der noch alles (einigermaßen)
in Ordnung gewesen war. Den Grundfehler, letzteres anzunehmen, machten die meisten
Natur- und Umweltschützer bis hin zu manchen Klimaforschern, die anhand ihrer
Modelle die Zukunft bewerten, ohne ausreichend die Vergangenheit berücksichtigt
zu haben. Bei der Erfassung der globalen Bevölkerungsentwicklung gab es keine
Einschränkungen, wer berücksichtigt werden darf und wer nicht, wie beim
Klimawandel und dem Kioto-Prozeß. Wie immer die jeweiligen Zwischenergebnisse
ausfallen, sie blieben unverdächtig und neutral. Solche Prognosen tragen
die Selbstkorrektur gleichsam fest eingebaut in sich. Sie tragen auch keine Verpflichtungen
in sich, denn jedem Land bleibt seine eigene Bevölkerungsentwicklung von
anderen unbenommen. Solche Prognosen werden für die Zukunft gebraucht!(
)
Nicht »verbesserte« Vorhersagen, die einen für uns Lebende nicht
mehr nachkontrollierbar fern in der Zukunft liegenden Weltuntergang verkünden.
Vielmehr sollten wertungsfreie Verläufe, die beständig mit realen Messungen
justiert werden, die Grundlagen für die Beurteilung und für das Mitverfolgen
der bevorstehenden oder angelaufenen Entwicklungen liefern. Wo aber von vornherein
in gut und schlecht, richtig und falsch unterschieden wird, geraten die Modelle
in den Verdacht, zu einer Weltdiktatur zu führen. Die tatsächlichen
Entwicklungen, die Prognosen bestätigen, sollten die falschen von den zuverlässigen
Propheten scheiden, und nicht die Absichten zur Weltverbesserung, die vorgegeben
werden. Daß wir Prognosen nötig haben, steht außer Frage. Die
Welt ändert sich. Es wäre absurd, die Fortdauer eines festen Zustandes
annehmen zu wollen. Vielleicht ist das Tempo der Veränderungen gegenwärtig
tatsächlich besonders hoch; vielleicht dünkt es uns auch nur so, weil
wir hier und jetzt und nicht mehr im 19. Jahrhundert leben, in dem sich so vieles
so unfaßbar schnell verändert hatte. (Josef H. Reichholf, Eine
kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 272-275).Europa
fand ... den »Ausweg« der Importe von Futtermittel für ... Viehbestände.
An ihnen, an den vielen Millionen Rindern, Schweinen und Hühnern in den Mastställen
Europas, wird sich die Zukunft der Natur auf den tropischen und subtropischen
Kontinenten entscheiden. Die Haustiere sind wirksamer als Veränderungen von
Wetter und Klima. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des
letzten Jahrtausends, 2007, S. 298-299).Auf rund 40 Prozent
der Landfläche nimmt die Menschheit gegenwärtig starken Einfluß.
Doch auch die übrigen drei Fünftel bleiben nicht frei von Auswirkungen
menschlicher Tätigkeiten. .... Unberührte Natur im strengen Sinn der
Bezeichnung gibt es nicht mehr. An kaum einem noch so entlegenen Ort wird ein
Mensch, der dorthin gelangt, annehmen dürfen, noch nie vor ihm hätte
ein Mensch seinen Fuß darauf gesetzt und seinen »ökologischen
Fußabdruck« direkt oder indirekt hinterlassen. (Josef H. Reichholf,
Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 299).Die
Natur verliert nichts, weil sie keine Person im Sinne des Menschen ist.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 300). Sicherlich ist es auch nicht übertrieben zu
behaupten, daß in den Wohnungen der Menschen in Deutschland oder in anderen
Ländern weitaus deren Ländern weitaus mehr Tiere unterschiedlichster
Arten gehalten werden, als in öffentlichen zoologischen Gärten zur Schau
gestellt sind. Tierfutter, nicht nur für solche besonderen Haustiere wie
Hund und Katze, wird in einer Vielfalt und Menge angeboten, daß das Angebot
in entsprechenden Abteilungen von Kaufhäusern in manchen westlichen Ländern
das für Menschenbabys bestimmte Angebot übertrifft. Somit braucht eigentlich
gar keine besondere Begründung für Schutz und Erhaltung der Artenvielfalt
vorgebracht zu werden. Die Menschen stellen selbst die lebendige Praxis des Interesses
an Tieren und Pflanzen dar. Insofern verwundert es nicht, daß in unserer
Zeit, dank des uneingeschränkten Austausches von Information, dem Artenschutz
großes Interesse entgegengebracht wird. Die Arten, um deren Schutz es geht,
sollten nur möglichst »ansprechend« sein. Dann finden sie rasch
eine entsprechend große Schar von Verteidigern, die auch bereit sind, Geld
für ihre Erhaltung auszugeben. In den erstaunlichen Summen, die für
den Artenschutz gespendet werden, kommt auch vom utilitaristischen Standpunkt
aus betrachtet klar zum Ausdruck, daß wesentliche Teile der Menschheit die
Vielfalt der Arten erhalten möchten. Umso befremdlicher muten mitunter die
stümperhaften Versuche an, die Unentbehrlichkeit einer Art für »den
Naturhaushalt« mit sogenannten ökologischen Argumenten zu rechtfertigen.
Offenbar mangelt es den betreffenden Menschen selbst an einer wirklichen Zuwendung
zu diesen Arten. Es fehlt ihnen jene Empathie, die aus innerer Überzeugung
heraus ganz selbstverständlich und ohne sachliche Begründung wirkt.
Aus der Art der Begründung kann man oft ganz leicht erkennen, daß es
gar nicht um die betreffende »Rote-Liste-Art«
geht, sondern um die Verhinderung eines Bauvorhabens oder um die Hinauszögerung
einer sonstigen Änderung, die ihnen aus ganz anderen, zumeist sehr persönlich-eigennützigen
Gründen nicht paßt. Die Natur dient dann als Vorwand, um eigene Interessen
zu verschleiern. Wollen wir versuchen, zur Beurteilung der Lage der Artenvielfalt
solche Vorgehensweisen ,öglichst auszuschließen, was bleiben dann für
»Fakten«?. Die europäische Landwirtschaft
ließ bisher nicht die geringste Bereitschaft erkennen, auf Futtermittel
aus Tropenländern zu verzichten oder auch nur die Mengen, die von dort importiert
werden, zu vermindern. Nach wie vor werden die Tropen in kolonialistischer Weise
ausgebeutet. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten
Jahrtausends, 2007, S. 308).Im 19. Jahrhundert herrschten mehr
geistige Freiheiten und viel größere Beweglichkeit als im ausgehenden
20. und beginnenden 21. Jahrhundert. (Josef H. Reichholf, Eine kurze
Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 300).Als
bloße vermittlung von Fakten ist die Aufklärung gescheitert. Viel zu
wenige Menschen richten sich nach diesem Prinzip. Sie brauchen Vertrauen, um vom
Wissen zur Gewißheit zu kommen. Nachprüfbarkeit allein vermittelt dieses
Vertrauen. Die zweite Säule gründet sich in der Verantwortung. Das Übernehmen
von Verantwortung ist unserer Zeit fast vollständig abhanden gekommen. Für
falsche Prognosen steht niemand mehr gerade. Für falsche Entscheidungen auch
nicht. Die Folgekosten haben stets die »Gläubigen« zu tragen.
Sollte es tatsächlich einmal dazu kommen, daß die Verantwortlichen
zur Verantwortung gezogen werden, bleibt das, von den Ausnahmefällen gestürzter
Diktatoren mit schrecklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit abgesehen, in
aller Regel dennoch ziemlich folgenlos. Was Wunder, wenn sich die große
Masse nicht bewegen möchte und den Status des Erreichten behalten will. Es
kommen doch nur schlechte Nachrichten auf sie zu. Gutes ist kein Thema.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 318).Somit bleibt der Hoffnung nur das Eigeninteresse.
Man mag das Egoismus nennen. Aber was den Menschen unmittelbar zugutekommt, werden
sie eher bereit sein zu tun als das, was zwar notwendig wäre, sich aber erst
in der Zukunft, in der nächsten oder übernächsten Generation, auszahlen
wird. Vielleicht! Sicher ist das auch dann nicht, wenn die besten Argumente dafür
sprechen. Das zeigte sich in der jüngsten Vergangenheit bei der Einführung
des Katalysators. Als es nach langen Widerständen der Autohersteller endlich
so weit war, boomten die Dieselfahrzeuge. Denn Diesel war (erheblich) billiger
als das bleifreie (Super-)Benzin. Wären die »Benziner« in den
Fahreigenschaften nicht schneller gewesen und wären die von einem Großteil
der Bevölkerung geforderten Geschwindigkeitsbegrenzungen gleichzeitig eingeführt
worden, wären damals vielleicht schon nach wenigen Jahren fast alle Autofahrer
auf Diesel »umgestiegen«, obgleich bestens bekannt war, worum es eigentlich
ging: um die Verbesserung der Luftqualität und um unsere Lungen. Aber die
Politik hat die 3-Wege-Kat-Fahrer mit den erheblich höheren Spritpreisen
für rückstandsarmes Superbenzin bestraft. Ähnlich ging es mit der
Energiesteuer ( ),
die zunächst angeblich das Weltklima retten sollte, dann aber für ganz
andere Zwecke eingesetzt wurde. Die Nachbarländer machten gewaltige Profite,
weil sie ihren Treibstoff nicht mit dieser Steuer belasteten. Wo sie das können,
fahren seither viele Menschen zum Tanken über die Grenzen. Es ist den Mitbürgern
auch kaum zu vermitteln, daß beim Pro-Kopf-Energieverbrauch die Anteile
der Heizkosten nicht berücksichtigt werden, die nun einmal aus Gründen
der klimatischen Lage nicht zu umgehen sind. Skandinavier oder die Menschen in
Sibirien und Kanada brauchen nun einmal viel mehr Energie in den langen kalten
Monaten als Tropenbewohner. Wer seine privaten Energiekosten betrachtet, wird
in der Regel feststellen, daß Ausgaben für die Heizung die Hälfte
oder mehr ausmachen. Wie hoch die Kosten werden, darüber befinden die Energieversorger
und nicht die Privatverbraucher, und natürlich auch die Dauer und Härte
des Winters. Milde Winter senken den Energieverbrauch in den kalten Regionen ungleich
mehr als die besten Sparmaßnahmen in anderen Bereichen. Eine grobe Bilanz
zur globalen Verteilung des ProKopf-Energieverbrauchs drückt diese Gegebenheit
ganz klar aus. Deutschlandliegt, seiner mittleren Position entsprechend, ganz
gut in der Mitte. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des
letzten Jahrtausends, 2007, S. 318-320).Beispiele dafür,
daß vorhandene Gegebenheiten nicht zu umgehen sind und daß stets nach
Schlupflöchern gesucht wird, wenn Nachteile in Kauf zu nehmen wären,
aber damit vermieden werden können, gibt es so erdrückend viele, daß
die Hoffnung, auf das Gute im Menschen zu bauen, geradezu eine Zumutung für
die wirklich Gutwilligen geworden ist. Deshalb nochmals: Zukunft muß sich
lohnen! Sie ist zu wichtig, um die Menschen der Gegenwart damit abzustrafen.
(Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends,
2007, S. 318-320).Verzicht zu üben mag moralisch anerkennenswert
sein. Die Nutznießer des Verzichts sitzen jedoch anderswo und werden sich
bemühen, das Moralische in uns hochzuhalten, für sich selbst aber, aus
welchen Gründen auch immer, die Ausnahme in Anspruch nehmen.. (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 322).Würde jede Generation so lebe, daß sie der nächsten
das erhält, was sie selbst vorgedunden hat, und nichts davon unwiederbringlich
verbraucht. wäre das Ziel der nachhaltigkeit erfüllt. Wir solten danach
streben denn es gibt wahrscheinlich kein besseres Ziel. Aber je mehr nachgemacht
wird, desto mehr muß auch »nachgelebt« werden, und umso weniger
Individualität bleibt übrig und kann sich entfalten .... (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 324).Was wir, was die Menschheit brauchen würde, sind im
evolutionären Sinn überlebensfähige Ungleichgewichte. (Josef
H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007,
S. 324).
Lügen und Diktatur  Die
angeblichen Klimaschützer (auch dieses Wort ist unsinnig! )
leugnen, daß erstens die entscheidende Rolle für Klimaveränderungen
der Sonnenaktivität zukommt, daß zweitens der Anteil des anthropogenen,
d.h. von Menschen verursachten Kohlendioxids in der Erdatmosphäre gegenüber
dem des dort naturbedingt vorhandenen CO2 ohnehin verschwindend gering
ist, daß sich drittens das Klima mit dem Verringern des anthropogenen CO2-Ausstoßes
überhaupt nicht schützen läßt. Dies ist aber leider zu wenigen
Menschen bekannt, denn es dringt nicht durch, soll es auch nicht; die politischen,
fiskalischen und ökonomischen Interessen von Medien, Politik, Verbänden
und Wirtschaft sind zu groß, zu einflußreich und (noch) zu mächtig,
als daß die gegenteiligen Stimmen der bedachtsam-kundigen Nichtangepaßten
in der breiten Öffentlichkeit Gehör finden und diesen Interessen dann
schaden. In Wirklichkeit wird der Klimaschutz als Vorwand genutzt,
den Bürgern für den Fiskus und die anderen Nutznießer noch mehr
Geld abzupressen. Ein Vorwand, gegen den sich die Bürger mangels Information
und Macht nicht wehren können - oder (noch) nicht zu wehren wagen. Dieser
Klimaschutz gebärdet sich wie eine Ersatzreligion samt heiliger
Inquisition gegen die Unbotmäßigen. ( ).
Die Auseinandersetzung ist eine zwischen Schwindlern und Aufklärern. Einst
durfte die Erde nur als Scheibe gelten. Nun reden sich Menschen ein, sie könnten
die Erde vor einem Klimawandel schützen. Welch ein Wahnsinn!Erst
stimmt man die Menschen auf eine schreckliche Erderwärmung ein und darauf,
daß sie selbst Schuldige seien, weil sie (angeblich zuviel) Kohlendioxid
erzeugen. Diese Treibhaus-Schuld ( )
soll durch ständige mediale Bearbeitung in den Köpfen immer stärker
verankert werden. Dahinter steckt eine Mischung aus geschäftlichen und fiskalischen
Interessen: Man sagt den Menschen, sie müßten das Klima schützen,
den CO2-Ausstoß verringern - doch damit zwingen ihnen jene, die
sich mit Inbrunst als Klimaretter darstellen, vor allem immer mehr
Investitionen und Abgaben auf ( ).
Das Geschäft läuft wie geschmiert ( ).
Was aus Eigeninteresse global losgetreten wurde - nämlich von einer überaus
mächtigen Mischung von Leuten aus Politik, Wirtschaft, Finanzwelt, Wissenschaft
und Verwaltung -, ist für die Profiteure ein gewaltiges Beschäftigungspaket,
für die Bürger eine weitere Ausbeutung und Umverteilungslast. Was scheinbar
harmlos begann, hat sich gemausert zu einer Ökodiktatur. Der Klimaschutz
ist nur ein Vorwand. Zahlreiche Wissenschaftler nennen den vorgeblichen Treibhauseffekt
Unsinn, sehen die Rolle des anthropogenen CO2 und die Zusammenhänge
ganz anders. Aber sie bekommen kein Gehör, werden mit ihren Erkenntnissen
unterdrückt. All das ist Wahnsinn mit Methode, ist Diktatur! 
Wissen und Freiheit statt Unwissen und Unfreiheit  Abgesehen
davon, daß die Sonne mit ihrem System während ihres rd. 250 Mio. Jahre
dauernden Milchstraßenzentrumsumlaufs ( )
unterschiedlichen Störungen ausgesetzt ist, gilt folgendes: Wenn die Sonnenaktivität
steigt, sinkt die Kosmische Strahlung (denn heliosphärisch kann die
Sonne sie ja mehr abwehren), folglich der Anteil an Radiokohlenstoff, folglich
der Anteil an Wolken in der Erdatmosphäre, wodurch die Temperatur in der
Erdatmosphäre steigt. Umgekehrt gilt: Wenn die Sonnenaktivität sinkt,
steigt die Kosmische Strahlung (denn heliosphärisch kann die Sonne
sie ja weniger abwehren), folglich der Anteil an Radiokohlenstoff, folglich der
Anteil an Wolken in der Erdatmosphäre, wodurch die Temperatur in der Erdatmosphäre
sinkt.Sonnenaktivität (Sonnenflecken) | Kosmische
Strahlung im Sonnensystem | Radiokohlenstoff in der Erdatmosphäre | Wolken
in der Erdatmosphäre | Temperatur in
der Erdatmosphäre | + | | | | + | | + | + | + | |
+
= s t a r k b z w . z u n e h m e n
d ; = s c h w a c h bzw.
a b n e h m e n d |
Sonnenflecken-Erdtemperatur-Korrelation von 1865 bis 1985 

Die an der Erdoberfläche gemessene Lufttemperatur (dicke Kurve) der
nördlichen Atmosphäre von 1865 bis 1985 zeigt eine
enge Korrelation mit der Variation der Intensität der Sonnenfleckentätigkeit
im säkularen Gleißberg-Zyklus (dünne Kurve).
(Vgl. Eigil Friis-Christensen und Knud Lassen, in: Nigel Calder, Globale
Erwärmung?, in: WWW.KONSERVATIV.DE
).
Falls es seit der Industriellen Revolution einen Treibhauseffekt
gegeben hat, so muß er viel geringer sein, als behauptet wird. Die
Erwartungen einer künftigen Erwärmung müssen entsprechend
gedämpft und mit der Möglichkeit in Einklang gebracht werden,
daß die Sonne ihre Laune wieder ändern und das Klima wieder
abkühlen kann. Unter mehreren möglichen Gründen dafür,
daß die Treibhaustheorie irreführend war, wäre der peinlichste
eine Umkehrung der ursprünglichen Annahme: Es ist vorstellbar, daß
der Anstieg des Kohlendioxids überhaupt nicht auf die menschliche
Aktivität zurückgeht, sondern vielmehr die Folge der globalen
Erwärmung und nicht deren Ursache ist. Die große Stärke
der Wissenschaft liegt darin, daß sie ihre Fehler korrigiert. Tatsächlich
sind alle großen Entdeckungen im Grunde Korrekturen früherer
Fehler oder Versehen. Aber bis eine Entdeckung akzeptiert wird, können
Jahre vergehen. (Nigel Calder, Globale Erwärmung?,
in: WWW.KONSERVATIV.DE ).
Erst recht dann, wenn die Akzeptanz einen Geld- und Machtverlust bedeutet,
was auch und gerade beim Thema Klima in der heutigen Zeit
der Fall ist. Wirtschaft (vor allem die Banken, Versicherungen u.s.w.)
und Politik werden versuchen, ihre Interessen gegen die Akzeptanz wissenschaftlicher
Entdeckungen durchzusetzen, um Macht, Geld und Ansehen nicht zu verlieren.
Dafür sind sie bereit, nahezu jeden Preis zu zahlen,
und gerade heute zeigt der sich in seinem Anstieg als zunehmende Diktatur.
Einflüsse
auf das Klima der Erde:Sonne.
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Anteil der von der Heliosphäre der Sonne durchgelassenen Kosmischen Strahlung.
**Sonne-Erde-Abstand - zwischen
147,1 Mio. km (Perihel) und 152,1 Mio. km (Aphel). **
Zeitpunkt, an dem die Erde der Sonne am nächsten (Perihel) bzw. fernsten
(Aphel) ist. **Dauer, Geschwindigkeit
der Erde bei ihrer Drehung um ihre Achse und um die Sonne. **Bahnexzentrizität
(des Radius der Umlaufbahn) der Erde - zwischen 0,005 und 0,058. **Schiefe
(Neigungswinkel) der Erdachse - zwischen 22,1° und 24,5°. **
**Präzession der
Erdrotationsachse (trudelnder Kreisel). **
**Nutation (Schwankung
während der Präzession). **
**Plattentektonik
(Kontinentalverschiebung). **
**Lage der Erdteile (Kontinente).
** **Vulkane.
** **Luftströmungen.
** **Meeresströmungen.
**
**Gebirgsbildungen.
**Lebewesen. **Meteoriten.
**Innere und
äußere Planeten (v.a. Jupiter). **
** **
** Mond. **
**Die
Kombination der hier genannten Faktoren soll nicht unerwähnt bleiben. Jedenfalls
ist klar, daß v.a. die Sonne das Klima der Erde bestimmt und der rd.
250 Mio Jahre dauernde Milchstraßenzentrumsumlauf (**), des
Sonnensystem diesem verschiedene Störungen beschert! |
Um
es hier noch einmal deutlich zu sagen: Ich bestreite überhaupt nicht, daß
die Menschen das Klima beeinflussen (siehe Text), aber ich bestreite vehement,
daß diese neue Schuld - diese neue Erbsünde
- der Menschen auch wissenschaftlich bewiesen werden kann.
Nichts können sie beweisen - unsere angeblichen Experten.
Sie können ihre Theorie nicht verifizieren und die ihrer
Gegner nicht falsifizieren. Also sind sie gar keine Wissenschaftler,
sondern Pseudowissenschaftler, Priester(helfer), hörige Funktionäre,
folglich: Wissenschaftsfeinde. Sie stecken mit der Wirtschaft, den Lobbyisten
und der Politik unter einer Decke. Wenn sie nicht kuschen, werden sie mit Berufsverbot
bestraft. Das ist nicht neu. Neu ist aber, daß nicht mehr die Großindustrie
in Zusammenarbeit mit der Finanzwirtschaft, sondern die Finanzwirtschaft allein
das Sagen hat. Neu ist, daß dieser mächtigste Zweig der Wirtschaft
ein Interesse am Klima, an der neuen Schuld - der neuen
Erbsünde - der Menschen hat, und zwar deswegen, weil er sich
dadurch noch mehr bereichern kann. Auch diese Geldeinnahmen, diese neuen
Buß- und Ablaßgeschäfte, die den Menschen mit dieser neuen
Schuld - dieser neuen Erbsünde - extreme Belastungen,
Bestrafungen durch Besteuerungen und andere Bußen auferlegen, zeigen deutlich,
daß auch Klimapolitik (vgl. z.B. das nur rhetorisch relevante
und ansonsten unsinnige Wort Klimaschutz )
nur Mißbrauch bedeutet, daß dadurch die Mehrheit der Menschen von
ihrer Herrschaftskaste ausgebeutet wird, daß also die politische und ökonomische
Einflußnahme auf die Mehrheit der Menschen viel schlimmer ist als die Einflußnahme
des Menschen auf das Klima. Wir brauchen keine Klimahysterie, kein Neuestes
Testament! |