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- Kulturenvergleich -
Antike und Abendland
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Sommer / Nachmittag
12 Uhr
18 Uhr
Hochkultur
Rathaus in Osnabrück, 1487-1512Renaissance, 16. Jh.Renaissance-Giebel, 16. Jh.Escorial
12-14 Uhr
Reformation oder Kulturschrifterwerb

Was die letzte Phase der phonologischen Kultursprache vorbereitet hat, erfährt jetzt eine graphologische Konsequenz. Das Kind beginnt, seine sprachlichen Ausdrücke auch schriftlich der Umwelt mitzuteilen, nämlich so, daß sie den Schriftkonventionen der Erwachsenenwelt immer mehr angeglichen werden. Aus dem ersten konstruktiven Malen wird ein erster Versuch, den eigenen Namen zu schreiben. Dank der Vernetzungen im Gehirn, die bei einem etwa 3jährigen Kind abgeschlossen sind (vgl. 10-12), wird auch das Langzeitgedächtnis trainiert. Die Erinnerungen beginnen. Die symbolischen Möglichkeiten, die durch die genetische Befruchtungsphase programmiert (vgl. 22-24), durch die Materialisations-, Organisations- und Organfunktionsphasen intaruterin weiterverarbeitet (vgl. 0-2, 2-4, 4-6) und dann durch die umweltlichen Bezugspersonen in die entsprechenden konventionellen Formen gebracht wurden (vgl. 6-8, 8-10, 10-12), sind für das Kind die Grundlage für die nun folgenden Phasen des Lernens. Säugetiere, aber insbesondere Menschen, müssen aus evolutionären Gründen das Programm des schulischen Lernens durchmachen, bevor sie ihre eigenen Gene weitergeben und im Existenzkampf überstehen können. Die psychoanalytische Literatur hat dafür den Begriff der Latenz gewählt, weil während dieser Zeit die sexuellen Regungen im Kinde ruhen und somit die großartige Fähigkeit des Lernens nicht gestört werden kann. In den nächsten drei Phasen geht es also primär um den Wissenserwerb, den insbesondere die vergangene Phase bereits vorbereitet hat. (Vgl. 10-12). Von nun an beginnt also eine neue Zeit, eine Neuzeit.

Es ist kein Zufall, daß ein 3jähriges Kind seine ersten Erinnerungen mit den sogenannten Baby-Spielen verbindet und auch bereits die Babysprache nicht nur spielerisch, sondern auch im konkreten Umgang mit Babys praktizieren kann. Dies ist eine spielerische Erziehungssituation mit enorm wichtigen sozialen und pädagogischen Qualitäten: von hohem Wert also. Wenn Kulturen solche Verhaltensweisen zeigen, haben sie dabei ähnliche Motive wie ein Kind im Alter von etwa 3 bis 6 Jahren. Auch Kulturen spielen ebenfalls experimentell und aufgrund ihrer Erinnerungen die früheren Zeiten durch. Sie beziehen sich auf ihre Zeit der Vor- und Frühkultur. Das Abendland trainierte beispielsweise sein Langzeitgedächtnis, indem es sich an Antike und frühmittelalterlichem Christentum orientierte, was die jetzt auftauchenden Begriffe wie Renaissance und Reformation bereits mehr oder weniger verraten. Jedes Vorwärtskommen, und sei es durch Rückwärtsbewegungen herbeigeführt, bedeutet eine Reaktion auf vergangene Phasen, insbesondere aber auf die vorhergegangenen. Die Renaissance war eine antikisierende Reaktion auf die Gotik, wie die Schriftsprache eine Reaktion auf die Lautsprache ist. Aber man mache sich nichts vor: spielerische Rückschritte sind nicht nutzlos, sondern das genaue Gegenteil. Solche Reaktionen sind, trotz ihres merkwürdigen Rückwärtsverhaltens erforderlich für die weitere Persönlichkeitsentwicklung und die damit verbundene Frage nach der eigenen Herkunft. Sie sind eine Art Vorbilanz und Stellungnahme zur eigenen Persönlichkeit, weil deren Kontrollgene nicht als solche erkannt werden können. Eine Kultur hinterfragt dabei z. B. erstmalig das ganze bisherige Warum und Wieso des Werdens. So wie bei kleinen Kindern das Baby-Spiel und ihr Baby-Talk inhaltlich rückwärts gerichtet zu sein scheinen und dennoch eine Fortsetzung des abzuwickelnden und durchzuspielenden Programms darstellen, so bedeuten auch die in allen Kulturen vorkommende Renaissance und Reformation einen wichtigen Schritt in die Richtung, die zuvor einmaldurch die Kulturgenese festgelegt und durch die Kulturgesellschaft auf mehr oder weniger variable Weise eingerahmt worden ist. Mit anderen Worten: die Renaissance war zwar vom Selbstverständnis her antigotisch, in Wirklichkeit war sie es jedoch nicht und führte das abendländische Programm genauso weiter wie alle anderen Kunstrichtungen vor und nach ihr. Die Reformation war zwar ihrem Selbstverständnis zufolge eine gegen die päpstlich-kirchliche Willkür gerichtete Bewegung, aber eine, die durch ihre Rückwärtsschau und Orientierung an Urkirche und Evangelien nicht zu einer neuen, sondern zu einer gereinigten Kirche führen sollte. Die Reformation war demzufolge eine auf Tradition sich verpflichtende und ihr treu bleibende Bewegung, die Neues bewirkte, obwohl sie rückwärts gerichtet war. Renaissance und Reformation sind deshalb auch nur geographisch oder geopolitisch voneinander zu trennen, nicht aber der Zeiterscheinung nach, derzufolge sie ein- und dasselbe bedeuten. Weil die Künstler der Renaissance fast ausnahmslos für ihre Kirchenherren bauten, die ihrerseits zu Renaissanceherrschern wurden, so standen sie alle im Dienst der eigenen abendländischen und nicht der antiken Kultur, die ihr reines Wunschdenken blieb. In der antiken Kultur gab es diese Erscheinungen natürlich auch, denn die orphischen Reformatoren waren ebenfalls eine Bewegung, die sich an uralte Herkünfte erinnerte und auf diese Weise dafür sorgte, daß Dionysos als letzter Gott, der schon zu Urzeiten der Protogriechen der Gott der Bauern gewesen war, im Olymp aufgenommen wurde. Die orientalisierende Renaissance der Antike war ebenfalls eine Reaktion auf die Zustände der eigenen vergangenen Zeit und der Versuch, die Kunstrichtungen einer älteren Kultur zu kopieren, doch am Ende kamen dabei nur die Fortführung der eigenen Kultur und des ihr immanenten Kunststils heraus. Die Orientrenaissance der Antike wurde durch die griechische Kolonisation hervorgerufen, weil durch sie z.B. der Kontakt zu den Babyloniern intensiviert wurde. Im Abendland kam man einen Weltmonat später auf auffällig ähnliche Weise zur Renaissance, nämlich durch die Berührungen mit den vor den Osmanen geflohenen Griechen und den vor der spanischen Reconquista und Inquisition geflohenen Arabern. Seit dem Fall von Konstantinopel, 1453, war das gesamte ehemalige Byzantinische Reich zum Osmanischen Reich geworden und seit der Eroberung der letzten maurischen Bastion Granada durch die Spanier, 1492, war das ganze ehemalige arabische Kalifat zurückerobert und im spanischen Königreich vereint. Dazu kamen die Entdeckungen und ersten Handelsstützpunkte in überseeischen Gebieten durch die portugiesischen Seefahrer, die den Beginn der abendländischen Kolonisation andeuteten. (Vgl. 10-12 und Karte).

Zum Anfang des Krebses Karte

ZURÜCK Entwicklungen im 15. und 16. Jahrhundert bzw. von 750 bis 550 v. Chr. WEITER

Zum Anfang des Krebses Die Ionier, der älteste der vier großartigen Bestandteile des griechischen Volkes, waren seit der ionischen Wanderung begünstigt durch die Lage am Ende der Handelswege ins Innere Asiens. (Vgl. 10-12). Dadurch waren die ionischen Städte früh zu Blüte und intensiven Handelsbeziehungen gekommen, freilich auch zu sozialen Konflikten, deren Folge die griechische Kolonisation war. Milet war eine der führenden Städte dieser Kolonisation, die an der nördlichen Schwarzmeerküste um 750 v. Chr. begann und sich danach über das Mittelmeer verbreitete. Analog hierzu ist das portugiesische Unternehmen zu sehen, das mit der Gründung einer Seefahrerschule durch Heinrich den Seefahrer 1416 begann und mit der Entdeckung des gesamten Globus enden sollte. (Vgl. 14-16, 16-18). Für beide Kulturen gilt ebenfalls, daß in dieser Phase ein gemeinsames Kulturgefühl entstand, das noch treffender mit der Verbindung aus dem jeweiligen Seelenbild und dem dazugehörigen Ursymbol zu beschreiben ist. Die Griechen entwickelten aufgrund der Kolonisation ein Hellenengefühl und begannen zu hellenisieren. Die Europäer, zunächst nur Portugiesen und Spanier, entwickelten aufgrund der Kolonisation ein Europäergefühl und begannen zu europäisieren. Beide taten dies zuerst in dem Land, das später die einzig übrig bleibende Weltmacht werden sollte: die Griechen im Süden Italiens und die Spanier und Portugiesen im Süden und in der Mitte Amerikas. Die spätere Weltmacht sollte weiter nördlich zu finden sein.


Geistig leuchtete der Humanismus dem Zeitalter der Renaissance voran. Dieser Anthropozentrismus, vom menschlichen Bewußtsein ausgehend und die Wertsetzung des Menschen objektivierend, überwand das Mittelalter, weil er der Scholastik und der geistigen Vorherrschaft der Kirche entgegentrat. Durch die wiederentdeckten Werke der Antike sollte das Ideal der rein menschlichen Bildungs und Haltung erreicht werden. Somit war der Humanismus, neben der Mystik, der Wegweiser in die Neuzeit. Vermittler des Humanismus waren aus Byzanz nach Italien gekommene oder geflüchtete Griechen. Sie lieferten die zuvor im Abendland kaum erhältliche griechische Literatur und Bildung, insbesondere die begehrte Ideenwelt des Platon. Die Philosophie der Renaissance wandte sich sogar weitgehend von dem in der Scholastik verchristlichten Aristoteles ab und dem Platonismus, seiner Skepsis und Naturphilosophie, zu und versuchte sich in der Wiedergeburt Platonischer Akademien. (Vgl. 18-20). Die Schriften Platons - bis dahin war im Abendland fast nur sein Timaios bekannt - wurden vollständig herausgegeben und ins Lateinische übersetzt. Frühe Humanisten waren Giovanni Boccaccio (1313-1375) und Francesco Petrarca (1304-1374). Es folgten Eneo Silvio Piccolomini (Papst Pius II., 1405-1464), Rudolf Agricola (1443-1485), Johannes Reuchlin (1455-1522), Konrad Celtis (1459-1508), Konrad Peutinger (1465-1547), Willibald Pirckheimer (1467-1532), Konrad Muth (Mutianus Rufus, 1470-1526), der Reichsritter Ulrich von Hutten (1488-1523), Thomas Morus (1478-1535) und Erasmus von Rotterdam (1466-1536).
Karl Martell
Martin Luther
Humanistisches Gedankengut vertraten in ihrer Frühzeit auch die Reformatoren Martin Luther (1483-1546), Ulrich Zwingli (1484-1531), Philipp Schwarzert (Melanchthon, 1497-1560) und Johannes Calvin (1509-1564), zumindest aber waren sie auch Repräsentanten der Renaissance. Martin Luther rezipierte mit Augustinus (354-430) auch dessen Platonismus (Neuplatonismus) und stand deutlich unter dem Einfluß des Nominalismus und des Humanismus. „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ ist, als Heilsegoismus gesehen, typisch für den Individualismus der Renaissance. Doch dem Humanismus machte die Reformation ein Ende oder nahm ihn religiös in sich auf. Der Beginn der Reformation war zwar eindeutig durch Martin Luther zu einem Faktum geworden, doch genau datieren kann man ihn nicht. Es hatte auch schon vor 1517, vor Luthers Veröffentlichung der 95 Ablaßthesen, Bestrebungen zu kirchlichen Reformen gegeben. Sie waren eine vorbereitende Bewegung zur Reformation, besonders seit durch das 2. Große Schisma von 1378-1417 das Abendland in zwei Lager geteilt war. Die politische Festigung des römischen Papsttums nach dem Ende des Abendländischen Schismas (1417) und die Stabilisierung der päpstlichen Finanzen führten auch zur Verlagerung des Schwerpunkts humanistischen und künstlerischen Wirkens von Florenz nach Rom. Bereits mit Papst Nikolaus V. (reg. 1447-1455) hatte der Humanismus in Rom eine bedeutende Stellung erringen können, und es wurde die Vatikanische Bibliothek gegründet. Ein Papst trat selbst als Humanist, besonders mit geographisch-historischen Werken, hervor: Pius II. (Eneo Silvio Piccolomini, reg. 1458-1464). Die Förderung der Künste und der Bauten in Rom, z.B. der sixtinischen Kapelle (Sixtus IV., reg. 1471-1484), fand mit dem Großprojekt der Peterskirche ihren Höhepunkt unter Papst Julius II. (reg. 1503-1513). Die Kunst sollte der Verewigung des Ruhms hervorragender Persönlichkeiten dienen, und Julius II. verstand seine Großprojekte wohl auch so. Diese Verwurzelung der Päpste im Geist der Renaissance und ihr eifriger Einsatz in der Förderung der Künste ließ sie allerdings die eigentlichen, geistlichen Aufgaben ihres Amtes weitgehend vergessen. Sie zeigten kaum Verständnis und Interesse für die religiös und kirchengeschichtlich folgenschweren Vorgänge in der Kirche, besonders in Deutschland, so daß das Renaissancepapsttum auch als eine der Ursachen der Reformation anzusehen ist. Die Reformation in Deutschland wurde nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben durchgesetzt. Selbstverständlich spielten dabei auch politische Faktoren eine Rolle. In den ersten Anfängen der Reformation konnte die Kurie nicht die gewohnten Mittel gegen die Ketzerei benutzen, weil sie Rücksicht auf den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen nehmen mußte, der ihr Kandidat für die Kaiserwahl war. Als dann 1519 Karl V. gewählt wurde, sah dieser sich an der Ausrottung der Reformation immer wieder durch die politische Lage gehindert: die in vier Kriegen ausgetragene Auseinandersetzung mit Frankreich um die Vorherrschaft in Europa (bis 1544) und der Angriff der Osmanen, zu deren Abwehr er die Unterstützung der evangelischen Stände brauchte. Diese nahmen dafür die Freiheit zur Durchführung der Reformation in Anspruch, so z.B. auf dem Reichstag zu Speyer 1526, der das Signal zum Ausbau der evangelischen Landeskirchen gab, die im Streben des Territorialfürstentums und der niederen Stände nach Eigenständigkeit eine wesentliche Stärkung erfuhren. (Vgl. Fürsten).

Der in Rom kulminierende Höhepunkt der Renaissance wurde in Italien nicht zuletzt dank der Politik des von 1503 bis 1513 regierenden Papstes Julius II. (reg. 1503-1513) als ein patriotisches Ereignis empfunden. Die auch von analytischen Theoretikern der Politik wie Niccoló Machiavelli (1469-1527) und Francesco Guicciardini (1483-1540) gehegten Erwartungen auf eine nationale Wiedergeburt scheiterten jedoch. Gleichwohl gewann der von Machiavelli entwickelte Ansatz einer politischen Analyse, die Idee der Staatsräson, nachhaltigen Einfluß auf das moderne Staatsdenken. Machiavellismus

Im Deutschen Reich kam es unter Maximilian I. (1493-1519) zu Reformen. Kaiser Maximilian I. besaß als Herr aller habsburgischen Erblande eine europäische Schlüsselstellung, die ihm in Burgund und Oberitalien die Gegnerschaft Frankreichs eintrug. Er war beliebt als Führer der Landsknechte und Meister der Geschütze, auch als letzter Ritter und Mäzen der Humanisten. Der ungeduldig sprunghafte Politiker erstrebte jedoch teilweise irreale Ziele, z.B. die französische, schwedische und päpstliche Krone. Trotzdem war er ein erfolgreicher Vertreter der habsburgischen Familienpolitik: sein Sohn Philipp der Schöne heiratete die Erbtochter von Spanien. Die Voraussetzungen für das habsburgische Weltreich wurden mit den Heirats- und Erbverträgen erreicht.



Deutschland, 1512


Die Reichsreformen waren das Werk der ständischen Reichsopposition gegen den Kaiser, geführt vom Erzbischof von Mainz. Die Reichstage zu Worms (1495), Augsburg (1500), Köln (1512) und Worms (1521) waren zwar reichsreformerisch, aber die Ansätze zu einer Reichsverfassung entwickelten sich wegen der unregelmäßigen Zusammenkunft der Reichstage nicht weiter. 1512 wurde auf dem Reichstag zu Köln beschlossen, daß 10 Reichskreise, unter dem Direktorium von je 2 Fürsten zur Wahrung des Landfriedens eine Zersplitterung verhindern sollten. Dazu kamen die Herrschaften der Reichsritter, Reichsdörfer, die Territorien ohne Reichskreisbildung wie die Lausitz, Schlesien, Böhmen, Mähren, Preußen und der durch den 2. Thorner Frieden von 1466 erstmals geschwächte Deutsche Orden: Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach (1490-1568), der von 1510 bis 1525 Hochmeister des Deutschen Ordens war, entschloß sich, seit 1523 mit Luther persönlich in Verbindung, zur Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum. Er machte 1525 aus dem Deutschmeisterstaat das erbliche Herzogtum Preußen. Entstanden durch die im Krakauer Vertrag zwischen ihm und Polen vereinbarte Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum, war der 8. April 1525 der Beginn des preußischen Staates. Der Markgraf war nun Herzog. Er trat zum evangelischen Bekenntnis über, führte die Reformation ein und gründete 1544 die Universität Königsberg. 1618 kam dieses Herzogtum an die brandenburgische Linie der Hohenzollern, die bis 1660 die Souveränität in Preußen erlangten und 1701, mit der Krönung des Kurfürsten Friedrich III. zum König Friedrich I. in Preußen, aus dem ehemaligen Herzogtum dann den Preußen genannten brandenburgischen Gesamtstaat machten. (Vgl. 14-16).

Jede vierte nachgeburtliche Phase einer Kultur ist gekennzeichnet durch Reanaissance bzw. durch Reformationen, die damit verbundenen revolutionären Weltbilderneuerungen und die Kolonisation der entdeckten Welt. Eine stark komprimierte Tabelle der Parallelen in Antike und Abendland hätte lediglich diese Phänomene zu berücksichtigen. Ein detailierteres Bild jedoch sollte schon einige Daten mehr bieten. In der folgenden Tabelle sind antike Analogien rot gefärbt:
                                                                                                                  um -750) Apollonkult in Delphi
                                                                                 Beginn der Eisenzeit in Mitteleuropa (Hallstatt-Zeit)
                                Der gesunde nackte Körper wird zum beherrschenden Thema der griechischen Kunst
                                                              Lykurgos erläßt eine sagenhaft strenge Gesetzgebung in Sparta

um 1400) Brügge wird zur führenden Handelsstadt im westlichen Abendland
                Aufstieg der Familie Medici in Florenz
                Deutsche Mystik: Theologia Deutsch (vgl. Mystik), Geert Groote, später: Wessel Gansfort u.a.
1401) Die Führer der Vitalienbrüder, Klaus Störtebeker und Godeke Michels, die als
          Freibeuter und Seeräuber die Handelsschiffahrt in der Nord- ind Ostsee schädigten, werden
          in Hamburg hingerichtet
1402) Universität Würzburg (6)
1409) Universität Leipzig (7)
          Papst Alexander V. wird auf dem Schismakonzil zu Pisa zum Papst gewählt, und die
          Gegenpäpste in Rom und Avignon werden abgesetzt (vgl. Päpste)
1410) Schlacht bei Tannenberg (1. Niederlage des Deutschen Ordens)
1411) Der Deutsche Orden verliert im Frieden von Thorn Westlitauen
1414) Heinrich von Plauen wird als Hochmeister des Deutschen Ordens abgesetzt
1414-1418) (05.11.1414-22.04.1418) Konzil (16) von Konstanz:
                  Verurteilung der Lehre Wyclifs; Todesurteil über J. Hus;

                  Beilegung des Abendländischen Schismas (von 1378): Resignation Gregors XII.;
                  Absetzumg Johannes' XXIII. und Bendedikts XIII.; Wahl Martins V. (vgl. Päpste);
                  Konziliarismus
                                                                        um -740) Gründung griechischer Kolonien in Süditalien
                                       Beginn des 1. Messenischen Krieges (Sparta erobert die Bergfestung Ithome)
1415) Der Burggraf von Nürnberg Friedrich VI. von Hohenzollern wird von
          Kaiser Sigismund (vgl. Tafel: Wittelsbacher) zum Markgrafen von Brandenburg ernannt
          und erhält 1417 als Friedrich I. die Kurwürde für Brandenburg
          (Stammvater der brandenburgischen Hohenzollern)
1416) Heinrich der Seefahrer gründet eine Seefahrerschule und errichtet eine Sternwarte
          Heinrich der Seefahrer legt durch seine Entdeckungsfahrten den Grundstein für
          Portugals Welthandel und Kolonialmacht
                                                                               um -720) Ende des 1. Mesenischen Krieges:
1419) Universität Rostock (8)                                               Sparta ist Vormacht in Griechenland

1419) Portugiesische Seefahrer erreichen die Madeiragruppe
um 1420) Frührenaissance in der Malerei:
                Hubert und Jan van Eyck, Rogier van der Weyden, Konrad Witz
1422) Konstantinopel wird erstmalig von den Türken belagert
1423) Markgraf Friedrich von Meißen, aus dem Hause Wettin, erhält das Kurfürstentum Sachsen
          Humanistische Schule in Mantua
1426-1428) Malerei: Einführung der Zentralperspektive durch Masaccio („Dreifaltigkeitsfesko“)
1429) Jeanne d'Arc wird von der Inquisition als Ketzerin verurteilt
um 1430) Johannes Gutenberg erprobt die Buchdruckkunst (mit beweglichen Lettern)
1431-1448) Konzil (17) von Basel: Entscheidungskampf zwischen Papsttum und Konziliarismus
                  Basel I (23.07.1431-07.05.1437) : Sieg des Papsttums; Union mit den Griechen, Armeniern, Jakobiten
                  Basel II (08.01.1438-25.04.1448) -
in Ferrara (1438), in Florenz (1439)
                                                                                    um -720) Weitere griechische Städtegründungen
                                                                                                       (Polis) auf Sizilien und in Unteritalien
                                                                                                       Tarent entsteht als Gründung
                                                                                                        unwürdiger Bürger aus Sparta

1431) Portugiesische Seefahrer erreichen die Azoren
1434) Portugiesische Seefahrer gelangen an der Westküste Afrikas bis zum Kap Bojador
1441) Portugiesische Seefahrer gelangen an der Westküste Afrikas bis zum Kap Blanco
          Portugiesen beginnen mit dem Handel von Negersklaven
1445) Johannes Gutenberg erfindet den Buchdruck (Druck mit beweglichen, gegossenen Lettern)
          Höhepunkte der Rheinischen, Kölnischen und Oberrheinischen Malerschule
          Portugiesische Seefahrer erreichen Kap Verde
um 1450) Anfänge mathematischer Naturerkenntnis. Nikolaus von Kues: Unendlichkeit der Welt
                und das Prinzip des Zusammenfallens der Gegensätze gibt es eigentlich nur in Gott
                (Cincidentia oppositorium). N. von Kues ist das personifizierte geistige Bindeglied zwischen
                Scholastik und Humanismus, zwischen Mittelalter und Neuzeit:
                (Spät-)Scholastik wechselt zum Humanismus
                Musik: Beginn derNiederländerzeit: Johann Okeghem, Guillaume Dufay; Gille Binchois
                                                            um -700) Beginn der orientalisierenden Zeit (Renaissance)
                                                                           Griechische Kolonien an den Ufern des Schwarzen Meeres
                                                                       Griechen führen die Triere (Dreiruderer) als Kriegsschiff ein
                                                                                           Verfassung Spartas (Große Rhetra)
                                                                    Hesiod, griechischer Dichter aus Böotien, verfaßt seine Werke
                                                                        Theogonie (Entstehung der Götter und der Welt) und
                                                                        Werke und Tage. Er spricht von 5 Zeitaltern und 9 Musen
1452) Johannes Gutenberg druckt in Mainz die 42zeilige Bibel
          Musik:
          Aufkommen der Instrumentalmusik: Konrad Paumann (ein Improvisator und Orgelmusiker)
1453) Fall Konstantinopels: Türken erobern Konstantinopel
          Ende des Byzantinischen Reiches (Oströmischen Reiches)
          Griechische Gelehrte fliehen aus dem besiegten Konstantinopel nach Italien und bringen
          das griechisch-antike Kulturerbe von Byzanz mit: Auslösung der Renaissance
1454) Johannes Gutenberg druckt Ablaßbriefe
1455) Universität Freiburg (9)
1459) Cosimo de Medici gründet in Florenz eine Platonische Akademie
1460) Hamburg wird freie Reichsstadt
          1. deutsche Sternwarte in Nürnberg durch Johannes Müller (Regiomontanus), der auch die
          „Moderne Trigonometrie“ schuf. Die Ortsbestimmung auf See und damit die nun folgenden
          Entdeckungfahrten wurden durch seine berechneten und publizierten Ephemeriden möglich
1464) Der 1. Druck einer Bibel in deutscher Sprache erscheint in Straßburg
                                                                 - 682) In Athen wird das Königtum durch das Archontat ersetzt
                                                                            Die Archonten (Beamte) für jeweils ein Jahr sind
                                                                            Dionysos-Kult-Führer, Stadtvorsteher oder Heerführer 

1469) Heirat: Ferdinand II. von Aragonien und Isabella von Kastilien
          Beginn des Einheitsstaates Spanien
1470/1471) Portugiesen entdecken die Goldküste (Westafrika) / Portugiesen überqueren den Äquator
1472) Universität Ingolstadt (10)
1473) Universität Trier (11)
           Universität Löwen (12)
           Mit dem Bau der Sixtinischen Kapelle in Rom wird begonnen
           Das Bankhaus der Fugger in Augsburg tritt mit den Habsburgern in Geschäftsverbindung
           Die Familie der Fugger erhält ein Wappen
           Die Hildesheimer Didrik Pining und Hans Pothorst (und vielleicht auch João Vaz Corte-Real)
            entdecken (davon ist jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit auszugehen) Amerika

1474) England anerkennt die Vorherrschaft der Hanse
          Der Arzt und Astronom Paolo Toscanelli aus Florenz zeichnet eine Karte, die den
          westlichen Weg nach Indien beweisen soll, der wesentlich kürzer als der bekannte sein müsse
          Kolumbus gelangt in den Besitz dieser Karte und sucht daraufhin Kontakt zu Toscanelli
          Mögliche Entdeckung Brasiliens durch die Portugiesen, die aber nicht bekannt wird
1476) Universität Tübingen (13)           Universität Mainz (14)
                                                                                  um -670) Terpander, Erfinder der 7seitigen Lyra,
                                                                                                hat eine Musikschule in Sparta gegründet

1480) Zur Bekämpfung der Ketzer wird in Spanien die Inquisition eingeführt
1482) Portugiesische Seefahrer gelangen zur Kongo-Mündung
1483) Der Dominikaner Thomas de Torquemada wird Großinquisitor in Spanien
          Kolumbus' Vorschlag, den Seeweg nach Indien zu suchen, lehnt König Jahann II. von Portugal ab
          Kolumbus wendet sich daraufhin an den spanischen Hof
          In dem niederdeutschen Volksbuch werden die Geschichten von Till Eulenspiegel aufgezeichnet
1484) Papst Innozenz VIII.: Hexenbulle (die päpstliche Inquisition soll den Hexenhammer verfassen)
1485) Universität Bisanz (Besançon) (15)
1486) Der Hexenhammer, ein Gerichtsbuch der Hexenprozesse, wird in Straßburg gedruckt

1487) Der portugiesische Seefahrer Bartolomeo Diaz umsegelt die
          Südspitze Afrikas (Kap der guten Hoffnung)
          Spanier erobern Malaga von den Arabern (Mauren)

1488) Im Schwäbischen Bund schließen sich die Städte mit dem Adel zusammen - zum Schutz des
          Landfriedens. An ihrer Spitze steht Graf Eberhard V. von Württemberg
          Erste Apotheke in Berlin
                                                                                         - 660) Aufstand der Messenier gegen Sparta:
                                                                                           Beginn des 2. Messenischen Krieges (bis 640)

1490) Der Gartenpalast Belvedere wird fertiggestellt
          Erfindung der doppelten Buchführung
                                                                                                         um -660) Griechen gründen Byzanz
1491) Der erste Erdglobus wird in Nürnberg vom Seefahrer und Geographen Martin Behaim hergestellt
1492) Erste gedruckte Weltchronik von Hartmann Schedel (erschienen bei Anton Koberger, Nürnberg).
          Granada wird von den Spaniern erobert. Der letzte maurische König flieht nach Afrika. Damit wird

          Spanien zur Großmacht. Die Inqusition zwingt Mauren und Juden, die nicht bereit sind,
          zum Christentum überzutreten, Spanien zu verlassen.
          Der Genuese Christoph Kolumbus entdeckt auf der Suche nach einem Seeweg nach Indien am
          12. Oktober 1492 Amerika
                                                                         um - 660) Im Kampf zwischen Korinth und Korfu wird die
                                                                                       erste historisch belegte Seeschlacht ausgetragen
1493) Hartmann Schedel veröffentlicht seine illustrierte Weltchrouik
1494) Amerika erhält seinen Namen nach dem Florentiner Amerigo Vespucci
          Der Elsässer Sebastian Brant verfaßt das gesellschaftskritische Buch Das Narrenschiff
          Die Häuser Habsburg und Bourbon beginnen den Kampf um Italien. 1. Objekt: Neapel
          Schließung des (Hanse-) Peterhofs in Nowgorod
1495) Reichstag zu Worms: Reichsreform
          (Ewiger Landfriede, Reichssteuer, Reichskammergericht, Annahme des römischen Rechts)
                                                                       um - 657) Beginn der Tyrannis in Korinth (bis 580)
                                             
                                Größte Blüte Korinths als 1. Seemacht Griechenlands
1496) Der Sohn Kaiser Maximilians I. (Vgl. Tafel: Habsburger),
          Philipp der Schöne von Burgund, heiratet Johanna die Wahnsinnige von Spanien,
          Erbin Spaniens. Der spätere Kaiser Karl V. (Vgl. Tafel: Habsburger), beider Sohn, erbt damit
          sowohl Spanien als auch Burgund, die Niederlande und die habsburgischen Erblande
1498) Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama findet mit 3 Schiffen und 150 Matrosen den
          Seeweg nach Indien (rund um das Kap der Guten Hoffnung)
          Kolumbus erreicht auf seiner 3. Reise das Festland Südamerikas am Orinoko
          In Nürnberg entsteht das erste deutsche Leihhaus
          Die Welser in Augsburg (Handelsgesellschaft) betreiben europäischen Großhandel
          Die Fugger in Augsburg, deren Vermögen sich in 20 Jahren verzehnfacht hat, kontrollieren den
          europäischen Kupfermarkt
          In Lübeck wird das Teirepos Reinke de Vos (Hinrek von Alkmar) gedruckt
um 1500) Neuhochdeutsch (Früh-NHD) hat sich durchgesetzt
                 (Vgl. AHD, Früh-MHD, Klassisches MHD, Spät-MHD, Klassisches NHD, Spät-NHD)

                 Beginn der Hochrenaissance                                    um - 650) Hochblüte der Orient-Renaissance
                                                                                   Asurbanipal gründet in Ninive eine große Bibliothek
                                                                           Dionysos wird (als letzter Gott) im Olymp aufgenommen
                 Wirken und Werke von Leonardo da Vinci, Michelangelo (Buonarotti), Donato Bramante,
                 Raffael, Hans Holbein d.Ä., Tilman Riemenschneider, Sebastian Brant, Hartmann Schedel,
                 Albrecht Dürer, Peter Vischer (d.Ä), Veit Stoß, Matthias Grünewald, Lucas Cranach (d.Ä),
                 Adam Kraft u.a.
                 Musik: Erstes Musiklexikon von Johann Tinctoris
                 Erste Schienenwagen in deutschen Bergwerken
                 Das Buch Deutsche Geschichte, von dem Humanisten Jakob Wimpheling, wird veröffentlicht
                 1. ständige Postverbindung wird eingerichtet: Wien - Brüssel
                 Kolumbus, am spanischen Hof in Ungnade gefallen, wird in Ketten nach Spanien gebracht
                 Kolumbus kann sich aber bald rehabilitieren und weitere Reisen nach Amerika unternehmen
                 Das Gemälde Mona Lisa wird von Leoanrdo da Vinci vollendet
                 Das Jahr 1500 wird von der Kirche als Großes Jubeljahr gefeiert
                 Seit der von J. Gutenberg erfundenen Buchdruckerkunst (1430/1445) sind
                 1000 Druckereien entstanden (Stand des Jahres 1500)
                 Neben den Burgen gewinnen Stadtbefestigungen an Bedeutung
                 Musik: Heinrich Finck, Jakob Obrecht, Paul Hofhaimer, Jean Mouton, Heinric Isaac,
                              Josquin Desprès, Adrian Willaert, Ludwig Senfl
                 Peter Henlein erfindet die Taschenuhr
                                                 um - 650) Als Handelsstützpunkt gründen Griechen Naukratis im Nildelta
                                                                  Etrusker gründen Ostia (an der Mündung des Tibers)
                                                                 Archilochos, griechischer Dichter aus Paros, schreibt Tierfabeln
                                                   seit -650) Verdrängung des Geburtsadels durch Großhandelsfamilien
                                                                    im Verlauf sozialer und politischer Unruhen, v.a. in Ionien
                                                                    Wachsender Einfluß des Volkes, oft geführt von Tyrannen
                                                                    Kunst: Ende des Geometrischen Stils (Geometrik)

                                                                                                     = Übergang zum Dorischen Stil (Dorik)
1506) Luther tritt in den Augustinerorden ein
           Kolumbus stirbt (in Genua) in dem Glauben, Indien erreicht zu haben
1507) Portugiesen legen Stützpunkte an der Ostküste Afrikas an
1508) Jakob Fugger wird geadelt
           Luther wird Professor der Theologie in Wittenberg
1509) Beginn des Handels mit Negersklaven zwischen Afrika und Amerika
           Jakob Fugger finanziert den Krieg Kaiser Maximilian I. gegen Venedig
           Portugal beherrscht den Indischen Ozean
1510) Portugal erobert Goa, das zum Mittelpunkt seiner Besitzungen in Südostasien ausgebaut wird
                                                                           - 640) Niederwerfung der Messenier durch die Spartaner
1512) Das von dem Astronomen Nikolaus Kopernikus entwickelte (heliozentrische) Weltsystem
           löst das des Ptolemäus ab. (Vgl. 0-2). De revolutionibus orbium coelestium.
           Portugiesen erobern die Molukken
           In England werden Zweideckerschiffe gebaut, die bis zu 70 Kanonen haben
1512-1517) (03.05.1512-16.03.1517) Konzil (18) von Rom (Lateran V) :
                  Lehre von der Individualität und Unsterblichkeit der Seele

1513) Florida wird durch Juan Ponce de Léon für Spanien in Besitz genommen
           Die gotische Schrift wird zur Fraktur weiterentwickelt
1514) Portugiesen dringen nach Ostasien vor
           Der Erzbischof von Mainz verpfändet den Fuggern seinen Ablaß-Gewinn
           Niccoló Machiavelli: Il principe. Verbindung des Humanismus mit politischen Spekulationen.
1515) Auf Kuba wird die Stadt Habana (Havanna) gegründet
           Till Eulenspiegel wird erstmals in Straßburg gedruckt
1516) Thomas More: Utopia. Verbindung des Humanismus mit britischer Staatsphilosophie.
1517) Luther schlägt am 31. Oktober 95 Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg
           In Europa wird erstmalig Kaffee eingeführt
           Kaiser Maximilian I. krönt Ulrich von Hutten zum Dichterkönig
1518) Adam Ries (Riese) schreibt seine einflußreichen Rechen-Lehrbücher:
           Rechenung auff der linihen und federn und (einige Jahre später) Rechenung nach der lenge
           Porzellan kommt aus China nach Europa
1519) Luther bricht mit Rom
           Spanische Expedition unter Hernando Cortés - sie führt zur Vernichtung der Azteken-Kultur (1520)
           Einfuhr von Kakao nach Europa
           Jakob Fugger stiftet eine Armensiedlung, die Fuggerei, in Augsburg
1520) Türken greifen erneut Europa an
           Sozialrevolutionäre Bewegung der Wiedertäufer unter Thomas Münzer (enthauptet 1525)
           3 reformatorische Schriften von Luther: An den christlichen Adel deutscher Nation,
           Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche, Von der Freiheit eines Christenmenschen
1521) Der Reichstag zu Worms ächtet Luther und verbietet die Reformation im Wormser Edikt
           Beendigung der ersten Weltumsegelung des Portugiesen Fernão de Magalhães (Ausfahrt 1519)
           Nach Magalhães' Tod (Philippinen) gelingt Juan Sebástian Elcano die Rückreise nach Spanien
           Die Kugelgestalt der Erde ist damit bewiesen
           Auf der Wartburg übersetzt Luther das Neue Testament ins Deutsche und schafft damit die
           Grundlage für die neuhochdeutsche Schriftsprache. (Vgl. Lautsprache des NHD seit 1350/1500)
           Neuscholastik (Protestantische Scholastik). Begründer: Philipp Schwarzert (Melanchthon)
1522) Die von Franz von Sickingen geführte Rittererhebung scheitert:
           Die Ritterschaft büßt endgültig ihren politischen Einfluß ein
           Luthers Bibelübersetzung wird gedruckt
1523) Kaiser Karl V. unterdrückt einen Prozeß gegen die Fugger wegen Monopolbildung und Preisdiktat
           Bücherzensur in Deutschland
           Johannes (Aventinus) Turmayr: Deutsche Chroniken (1. deutschsprachiges Geschichtswerk)
           Hans Sachs verfaßt das Spruchgedicht Die Wittenbergische Nachtigall
           Die Hanse finanziert Gustav Wasa, den König von Schweden, das sich von
           Norwegen und Dänemark trennt (Ende der Kalmarer Union)
1524) Luther gibt mit dem Komponisten Johann Walther ein geistliches Gesangbuch heraus.
           Dadurch regt er ein Volksschulwesen an. Kontroversen mit Erasmus von Rotterdam
           Neue Bauernunruhen in Oberdeutschland bedeuten den Beginn des Bauernkrieges
                                                                 um -625) Beginn des dorischen Baustils in Griechenland (Dorik)
                                                                                 Dorische Säulenordnung (Dorisches Kapitell)
1525) Deutscher Ordensstaat wird weltliches Herzogtum Preußen,
           Herzog wird der Hochmeister und Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach
                                                                         - 624) Drakon erläßt in Athen harte (drakonische) Gesetze,
                                                                                          die die Interessen des Adels vertreten

           Die Führer des Bauernkrieges in Oberdeutschland, Tirol und Salzburg fordern in 12 Artikeln
           soziale Reformen. Ihr Aufstand wird von den Fürsten niedergeschlagen
           Luther heiratet die ehemalige Nonne Katharina von Bora. Er verfaßt die Schrift
           Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern,
           womit er im Bauernkrieg Partei zugunsten der Fürsten ergreift und an Popularität einbüßt
           Der schweizerische Reformator Ulrich Zwingli nimmt mit der Schrift
           Über die wahre und falsche Religion gegen Luther Stellung
           Ende der Hochrenaissance (um 1520/1530) Beginn der Spätrennaissance (bzw. des Manierismus)
1526) Spanier entdecken Neuguinea
          Der Reichstag zu Speyer beschließt, daß das Problem der Reformation und die Anwendung des
          Wormser Ediktes (von 1521) den einzelnen Landesfürsten überlassen bleiben soll
1527) Gegen Kredite räumt Kaiser Karl V. dem Augsburger Handelshaus der Welser die Ausbeutung
          Venezuelas ein. A. Dalfinger, N. Federmann, G. Hohermuth, P. von Hutten und andere deutsche
          Eroberer, Goldsucher und Entdecker gründen als Statthalter die 1. deutsche Kolonie in Amerika
          Argentinien wird spanische Kolonie
          Reformation in Schweden
          Gründung einer protestantischen Landesuniversität in Marburg
1529) Kaiser Karl V. verzichtet zugunsten Frankreichs im Frieden von Cambrai auf Burgund.
          Karls Einfluß auf Italien bleibt bestehen.
          Der Papst (Klemens VII.) verpflichtet ihn zum Kampf gegen die Ketzer in Deutschland
          Erste Belagerung Wiens durch die Türken
          Aus Amerika kommt die Tabakpflanze (zunächst als Ziergewächs) nach Europa
          Gegen den Protest der Lutheraner (daher protestanten) verbietet der
           Reichstag zu Speyer alle kirchlichen Neuerungen
           Luther schreibt den Großen und Kleinen Katechismus
1530) Letzte Krönung eines Kaisers (Karl V.) durch den Papst (Klemens VII.) in Bologna
           Der Reichstag zu Augsburg setzt das Wormser Edikt (von 1521) wieder in Kraft,
           Melanchthon (Philipp Schwarzert) legt die Augsburger Konfession vor
           Neubegründung der Naturwissenschaft (Verbindung von Experiment und Spekulation als
           Grundsatz der Forschung): Bombast von Hohenheim (Paracelsus):
           Die Natur als lebende und und individuell bildende Kraft.
           Geschichtsphilosophie und Kulturkritik der Reformation:
           Sebastian Frank: Chronica. Die Geschichte als die eigentliche buchstabenlose Bibel,
           buchstabiert in Leben und Geschehnissen der Wirklichkeit (Geschichtsbibel).
1531) Der Spanier Pizarro erobert Peru - die Eroberung führt zur Vernichtung der Inka-Kultur (1533)
           Die Börse in Antwerpen besitzt Weltgeltung
1532) Angesichts der Türkengefahr kommt es zum Nürnberger Religionsfrieden:
           Bis zu einem allgemeinen Konzil wird von Kaiser Karl V. freie Religionsausübung zugesichert
           Brasilien wird durch die Portugiesen kolonialisiert
1533) Gründung der Anglikanischen Staatskirche durch König Heinrich VIII., als der Papst (Klemens VII.)
           dessen Scheidung von seiner Frau Katharina von Aragon nicht zustimmt
           Heinrich VIII. heiratet Anna Boleyn. Ihre Tochter Elisabeth wird später Königin von England
1534) Beginn der Gegenreformation mit der
           Gründung des Jesuitenordens durch den Spanier Ignatius von Loyola
           In Münster führen die Wiedertäufer ein sozialrevolutionäres Reich mit Wiedertaufe ein, das
1535) von fürstlichen Truppen blutig niedergeschlagen wird
           Im Kampf gegen mohammedanische Seeräuber erobert Karl V. Tunis und befreit
           20000 christliche Sklaven
           Die Kolonie Neu-Frankreich wird von Jacques Cartier am St.-Lorenz-Strom gegründet
1536) In London entsteht eine Börse
           Baubeginn: Habsburger-Schloß Belvedere in Prag
1537) Reformation in Dänemark
1538) Die katholischen Reichsstände vereinigen sich in einer Liga
                                                   um - 612) Hängende Gärten auf dem Dach des Königspalastes in Babylon
                                                                In Rom werden die Sümpfe zwischen den 7 Hügeln trockengelegt
           Der Reformator Calvin, der in der Schweiz wirkte, wird wegen seiner Sittenstrenge
           aus Genf ausgewiesen
1539) Reformation in Brandenburg und Sachsen
1540) Reformation in Schottland
um 1540) Tod des etwa 60jährigen Arztes, Astrologen, Schwarzkünstlers Johannes Faust
1541) Erste Börse in Hamburg
           Nach der Eroberung Ofens beherrschen die Türken Ungarn
1542) Reformation in Braunschweig-Lüneburg
           Japan wird von dem Portugiesen Pinto entdeckt
           Karl V. erläßt auf Veranlassung des Dominikaners Bartholomé de Las Casas ein
           Gesetz gegen die unmenschliche Behandlung der Indianer
           Ein spanischer Vizekönig regiert von Lima aus die südamerikanischen Besitzungen Spaniens
1543) Gründung von protestantischen Fürstenschulen (Schulpforta, Meißen, Grimma)
           Luther schreibt Von den Juden und ihren Lügen
1544) Luther weiht die erste protestantische Kirche Deutschlands in Torgau
           Friede von Crépy: Der 4. Krieg zwischen Karl V. und Franz I. (Haus Valois, Kapetinger)
           wird beendet. Frankreich verzichtet noch einmal auf Mailand und Neapel
           Auf dem Reichstag zu Speyer setzen die Protestanten eine Verlängerung des
           Religionsfriedens durch
           Sebastian Münster veröffentlicht die Cosmographia universalis, die Beschreibung aller Länder,
           die trotz ihrer Irrtümer als Grundlage der modernen Geographie angesehen wird
1545-1563) (13.12.1545--04.12.1563) Konzil (19) von Trient:
                   Lehre von Schrift und Tradition, Erbsünde, Rechtfertigung, Sakramente,
                   Meßopfer, Heiligenverehrung; Reformdekrete (über Priesterausbildung, Domkapitel,
                   Residenzpflicht der Bischöfe) - ein „Konzil der Gegenreformation
                   (!!!) Erst in 306 Jahren wird das nächste Konzil beginnen (!!!)
1546) Der Schmalkaldische Krieg (bis 1547) wird von den Fuggern finanziert
           Begründung der Gesteins- und Bergbaukunde durch Georg Bauer (Agricola)
1549) Jesuitische Missionare stellen sich in Südamerika schützend vor die Indianer
1550) Durch die Ausbeutung peruanischer Silberminen gesundet die europäische Geldwirtschaft:
           Silber kann nach Ostindien exportiert werden
           Sanduhren werden als transportable Reiseuhren eingeführt
           Aus Südamerika kommt erstmals die Kartoffel nach Europa
           Albrecht der Großmütige wird Herzog von Bayern (bis 1579) und vernichtet mit Hilfe der
           Jesuiten den Protestantismus
           Ausklang der Renaissance       um -600) Ausklang der orientalisierenden Zeit (Renaissance)
           (Beginn des Manierismus)                     Karthager gründen Handelsniederlassungen in
            
Musik: Martin Agricola                      Spanien, Südfrankreich, Sizilien, Sardinien, N.-W.-Afrika
                         Benedikt Ducis                        Griechische Buchstabenschrift wird in Italien übernommen
                           u. a.                                         Erste römische Steinbrücke
                                                                           Tyrannis des Kleisthenes von Sikyon (bis 570)
                                                                           Sappho verfaßt Natur- und (lesbische) Liebeslieder
                                                                           In Italien wird der griechische Ölbaum eingeführt
1551) Ferdinand von Habsburg, Enkel Maximilians I., Bruder des Kaisers Karl V. und dessen Nachfolger,
           beruft Jesuiten nach Wien
           Der Reichstag verabschiedet ein Aktiengesetz
           Giovanni Pierluigi Palestrina wird Kapellmeister an St. Peter in Rom
1552) Konrad Gesner begründet mit seiner Geschichte der Tiere die neuere Zoologie
                                                                um - 600) In Rom verdrängen Jupiter, Juno und Minerva
                                                                               als Dreiergruppe von Staatsgöttinen die vormaligen
                                                                               Jupiter, Mars und Quirinus

1555) Augsburger Religionsfriede:
           Auf dem Reichstag zu Augsburg wird ein Religionsfrieden zwischen dem Kaiser Karl V. und den
           Anhängern der Augsburger Konfession geschlossen. Die Landesherren bestimmen die Konfession
           ihrer Untertanen. Andersgläubige können auswandern. Die Protestanten bleiben von dieser
           Regelung ausgeschlossen
           Der Protestantismus (Lutherismus) breitet sich in Norddeutschland und Skandinavien aus,
           der Calvinismus in Nordwesteuropa
                                                                           - 595) Athene-Tempel (aus Kalkstein) auf der Akropolis
1556) Kaiser Karl V. dankt zugunsten seines Bruders Ferdinand I. ab. Er teilt die letzte Universalmacht
           des Abendlandes zwischen Bruder Ferdinand I., der Kaiser im Deutschen Reich wird (1619), und
           Sohn Philipp II., der König von Spanien, Neapel-Sizilien, Mailand und den Niederlanden ist (1555).
           Der Niederländer Orlando di Lasso, Komponist von über 2000 geistlichen und weltlichen Werken,
           wird Kapellmeister in München
                                                          um - 595) Phönizier umschiffen Afrika (Dauer: 3 Jahre)
                                                                          (im Auftrag des Königs Necho von Ägypten

1557) Die Silbergewinnung durch Quecksilber-Amalgation erhöht die Bedeutung der Silberproduktion
           in Südamerika
                                                          - 594) Solon erläßt in Athen eine Verfassung, die die
                                                                    Gesetzgebung des Drakon abändert
                                                                    Währungsreform in Athen (Angleichung an Nachbarstaaten)
                                                                    Erster Heiliger Krieg der griechischen Stämme um die
                                                                    politische Unabhängigkeit des gemeinsamen Heiligtums Delphi
1558) Universität Jena
           Habsburger-Schloß Belvedere in Prag (vollendet)
           Johann Brenz, schwäbischer Reformator, gründet kirchliche Elementarschulen
1559) Papst Pius IV. gibt den ersten Index verbotener Bücher heraus
1560) Die Spitzenklöppelei wird im Erzgebirge von Barbara Uttmann heimisch gemacht
1561) Ende des Deutschordenstaates im Baltikum:
           Estland wird schwedisch, Livland polnisch-litauisch und Kurland weltliches (deutsches) Herzogtum
1562) Beginn des Hugenottenkrieges in Frankreich (bis 1598)
                                                               um - 590) Turmbau zu Babel (92m-Tempel für Stadtgott Marduk)
1563) Der Holländer Pieter Brueghel d.Ä . malt den Turmbau zu Babel
           Beginn der Gegenreformation in Bayern
           Baubeginn: Schloß und Kloster Escorial in Spanien
           In England wird Einkommensschwachen staatlicheSozialhilfe gewährt
           Im Ärmelkanal werden 600 französische Schiffe von englischen Seeräubern gekapert
1564) Baubeginn: Il Gesù in Rom. Beginn des italienischen Barock (G. B. Vignola)

            Im Handelskrieg zwischen Spanien und England läßt Philipp II.
            alle englischen Schiffe in spanischen Häfen beschlagnahmen
            England revanchiert sich, indem es seine Häfen für spanische Schiffe sperrt
1565) Die protestantischen Niederländer erheben sich unter Führung von
            Wilhelm von Oranien und Graf Egmont gegen die spanisch-katholische Herrschaft
                                                                    um - 585) Thales von Milet sagt eine Sonnenfinsternis vorher
1566) Gründung von Börsen in London und Köln
           Die Augsburger Münzordnung soll die Reichswährung regeln
1567) Portugiesen gründen Rio de Janeiro
1568) Die Hanse verliert an Bedeutung. Engländer gründen eine Handelsniederlassung in Hamburg
                                       - 582) Verfassung von Korinth (Anschaffung weiterer Sklaven wird verboten)
                                                     Pythische Spiele in Delphi (4-Jahre-Rhythmus)

1569) Herzog Alba, spanischer Generalkapitän in den Niederlanden, läßt die
            Führer der Protestanten, die Grafen Egmont und Hoorn, hinrichten
            Wilhelm von Oranien kann nach Deutschland fliehen
1571) Der Betrieb einer Buchdruckerei ist durch Erlaß des Reichstags genehmigungspflichtig
            Unter Befehl von Johann von Österreich besiegen Spanien und Venedig die osmanischen Türken bei
            Lepanto (Naupaktos) und beenden dadurch deren Seeherrschaft im Mittelmeer

1572) Spanien erobert die Philippinen
            Die protestantischen Geusen in den Nordprovinzen Holland und Seeland beginnen den
            Freiheitskampf der Niederlande gegen Spanien. Sie wählen Wilhelm von Oranien als Führer
            Francis Drake, englischer Seefahrer und Pirat, überfällt spanische Niederlassungen in Amerika
            Der Führer der Hugenotten, Gaspard de Coligny, wird mit ca. 15000 seiner Glaubensgenossen
            in der Bartholomäusnacht ermordet
            Neue Kriegstechniken durch Geschütze. Sie verdrängen endgültig die Steinschleudern
            Braun und Hogenberg veröffentlichen die ersten Städtebeschreibungen (Civitas orbis terrarum)
                                                                   um - 580) Thales von Milet entdeckt den Magnetismus. Der
                                                                                    Satz des Thales gilt als ältester (antiker) Lehrsatz
1574) In Straßburg vollenden die Gebrüder Hobrecht die astronomische Kunstuhr des Münsters
            In Augsburg arbeitet die erste deutsche Rohrzuckermühle
1576) Zweiter Staatsbankrott in Spanien
            In London entstehen die ersten Schauspielhäuser
1577) Theoretische Grundlagen für den Absolutismus: Begriffsbestimmung der Souveränität (Jean Bodin)

1579) Beginn der Gegenreformation in Österreich
            Die nördlichen Provinzen der Niederlande vereinigen sich in der Utrechter Union unter
            Wilhelm von Oranien und sagen sich von Spanien los (1581),
            während die südlichen (belgischen) Provinzen zum Katholizismus zurückkehren
            Francis Drake ist der Zweite (nach Magalhães, 1521), der die Erde umsegelt
1580) Portugal gelangt durch Erbschaft (bis 1640) mit seinen Kolonien an Spanien:
            Spanien erreicht dadurch den Höhepunkt seiner Macht
            Musik: 1. Ansätze einer echten Fuge (mit Zwischenspielen und formgerechter Antwort),
            verstanden als eine kontrapunktisch-polyphone Setzweise (A. Gabrieli)
            Das Konkordienbuch, eine Sammlung lutherischer Bekenntnisschriften, ist Grundlage der
            orthodoxen Lutheraner in ihrer Auseinandersetzung mit dem Calvinismus
                                                                 um - 570) Anaximander (aus Milet) zeichnet eine Erdkarte,
                                                                                derzufolge die Erde eine Insel im Ozean ist
            Schöpfer des Essays als literarische Gattung: Michel Montaigne (Erneuerung der antiken Skepsis)
            Modernes Unendlichkeitsgefühl: Giordano Bruno (Vom unendlichen All und den Welten)
                                                               um - 570) Artemis-Tempel in Ephesos mit 128 Säulen vollendet
                                                                                           Erste Ionische Säulen (Beginn der Ionik)
1582) Universität Würzburg (als Mittelpunkt der Gegenreformation) von Fürstbischof Echter gegründet
            Papst Gregor XIII. führt den Gregorianischen Kalender ein
            Rußland erobert mit den Kosaken (entflohene Leibeigene) unter Hetman Jermak und im Auftrag
            der Kaufmannsfamilie Stroganov Westsibirien bis zum Irtysch
1583) Kölner Krieg:
            Erzbischof Truchseß wird daran gehindert, die Reformation in seinem Erzbistum einzuführen
            Neuer Erzbischof wird Ernst von Wittelsbach
            In Frankfurt (Main) erscheint habjährlich eine Meßzeitung
1584) Engländer unter Walter Raleigh besiedeln Virginia in Nordamerika
            Bauvollendung: Il Gesù in Rom. Beginn des italienischen Barock (G. B. Vignola)
            Giordano Bruno erweitert die Lehre des Kopernikus und veröffentlicht:
            Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen und Vom unendlichen All und den Welten
            Wilhelm von Oranien wird durch einen Katholiken ermordet
            Schloß und Kloster Escorial in Spanien (vollendet)
1585) Krieg zwischen England und Spanien führt zu 2 Lagern:
            England unterstützt die Niederländer im Kampf gegen die Spanier
            Spanien und der Papst unterstützen die französische Liga im Kampf gegen die Hugenotten
            John Davis entdeckt die Straße zwischen Grönland und Nordamerika (Davis-Straße)
            Beginn des schöpferischen Höhepunktes von William Shakespeare und Lope F. de Vega Carpio
1587) Das Volksbuch vom Dr. Faust erscheint erstmalig in Frankfurt (Main)
1588) Christopher Marlowe verfaßt das Drama Tragische Geschichte des Doktor Faust
            England schlägt unter Sir Francis Drake im Kanal die spanische Flotte (Armada)
            vernichtend durch Artillerie-Fernkampf statt des üblichen Nahkampfes mit Enterung
            Aufstieg der englichen Seemacht
1589) Heinrich III., König von Frankreich (Haus Valois der Kapetinger) wird ermordet
            Ihm folgt Heinrich IV. von Navarra als erster Bourbone. Er tritt vom Protestantismus
            zum Katholizismus über, sichert jedoch die Rechte der Hugenotten
            Galileo Galilei erhält in Pisa den Lehrstuhl für Mathematik
            Die russische Kirche wird unabhängig. Das Patriarchat in Moskau wird gegründet
                                                         um - 560) Tyrannis des Peisistratos
                                                                          Er wird nach Solon alleiniger Herrscher in Athen

                                                                          Ionien gerät unter lydische Herrschaft (Kroisos), bis - 546
                                                                          Thales von Milet lehrt, daß die
                                                                          Erde eine Scheibe ist, die der Himmels-Halbkugel aufsitzt.
                                                                          Wasser ist der Urstoff alles Wirklichen; der Mensch
                                                                          stammt von einem fischähnichen Urwesen ab

1591) Mikroskop (H. und Z. Janssen)
1592) Schulpflicht im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken
            John Davis entdeckt die Falkland-Inseln

1594) Der Reichstag zu Regensburg bewilligt dem Kaiser Unterstützung gegen die Türken
            Der erste Bücherkatalog erscheint auf der Leipziger Messe
1595) Niederländische Kolonisation in Ostindien
1596) Willem Barents, erster Überwinterer in der Arktis, entdeckt die Bäreninsel und Spitzbergen
            Frankreich, England und die Niederlande verbünden sich gegen die
            gegenreformatorischen Versuche Spaniens, in Frankreich Einfluß zu nehmen
1597) In Augsburg erscheint die erste Monatszeitschrift
1598) Das Volksbücher über die Schildbürger wird gedruckt
            Die Hanse verliert an Bedeutung. England hebt die (Hanse-) Vorrechte des Stalhofs in London auf
1600) In England wird die Ostindische Handelskompanie gegründet (mit Handelsmonopol)
            Erste Aktiengesellschaften ermöglichen Ansammlungen von Kapital
            Gründung der Niederländisch-Ostindischen Kompanie als moderne Aktiengesellschaft
            Blüte der Kunst und Wissenschaft in den Niederlanden
            Erfindung des (astronomischen) Fernrohrs (Johannes Kepler)
            In Rom wird Giordano Bruno als Ketzer öffentlich verbrannt
            Peter Paul Rubens auf Schulungsreisen. Er wird später einer der Hauptmeister des Barock
            Musik: Hans Haßler (verbindet in vollendeter Weise deutsche und italienische Musik)
            Mystik: Jakob Böhme. Sein Erleuchtungszustand führt ihn zur innersten Geburt der Gottheit
            Johannes Kepler: 3 Gesetze über die Planetenbewegung
            Galileo Galilei: Fall- und Pendelgesetze (Begr. der quantitativ messenden Naturwissenschaft)
            Neue Teutsche Gesänge und Lustgarten. Haßler wirkt in Augsburg, Nürnberg und Dresden
                                                         um - 550) Beginn der Blütezeit in Bildhauerkunst und Vasenmalerei
                                                                        in Griechenland (z.B. Löwenplastik aus Milet)
                                                         um - 550) Südgriechenland schließt sich in dem von
                                                                        Sparta gegründeten Peloponnesischen Bund zusammen
                                                       Knabenliebe der Spartaner verbreitet sich über ganz Griechenland und
                                                                                                wird von den Römern übernommen

                                                       - 546) Ionien: Beginn der persischen Herrschaft (Dareios). Eine Folge:
                                                              Abwanderung der ionischen Narurphilosophen nach Unteritalien
um 1600) 50% der Erde (33% ihrer Landfläche) sind bekannt (vgl. 10-12, 18-20, 22-24)
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Die Reformation sah, weil sie eine Protestbewegung gegen die religiös-politischen Umstände der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit war, in der reinen Urform des Christentums und den Evangelien eine Möglichkeit zur Erneuerung der Kirche. Sie rief dadurch aber auch die Gegenreformation auf den Plan, die spätestens 1534 mit der Gründung des Jesuitenordens durch den Spanier Ignatius von Loyola gegeben war. Begleiterscheinungen der Reformation waren Verfolgungen, Hexenwahn und überstiegene Inquisitionsprozesse. All diese Erscheinungen und Prozesse gab es aber auch in sozialrevolutionären Formen, z. B. durch die Bewegung der Wiedertäufer, die in Münster von 1534 bis 1535 ein Reich errichten und erst nach einem blutigen Kampf besiegt werden konnten. Soziale Unruhen führten aber auch zu Bauernkriegen, und zwar sowohl im Abendland als auch in der Antike. Der Einfluß des Volkes wuchs in dieser Phase in beiden Kulturen. Aufgrund ihrer gewachsenen wirtschaftlichen Macht wurden Großhandelsfamilien und andere Bürgerliche auch politisch immer mehr zu Konkurrenten der Alleinherrscher und zu Fürsprechern des Volkes. In der Antike geschah dies unter Führung von Tyrannen, im Abendland nicht selten unter mehr oder minder tyrannische Führung von Reformatoren und Gegenreformatoren, die einen politischen Ausgleich erzwingen oder abwehren konnten. In Spanien führte dies z. B. zu einem Frühabsolutismus und in England zu einer frühen konstitutionellen Monarchie, zu einer Oligarchie.

Einige Reformatoren standen auch der Mystik nahe, und Luther selbst veröffentlichte 1518 die mystische Erbauungsschrift Theolgia Deutsch. (Vgl. 8-10 und 10-12). Sie wurde nach der Reformation weitergeführt von Sebastian Franck (1499-1542) und Bombast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus (1493-1541). Auf ihn berief sich auch der nachreformatorische Mystiker Valentin Weigel (1533-1588). Dieser verstand Gott als den unbegreiflichen Gegenwurf des Menschen und die Welt als den begreiflichen. Nach ihm trägt der Mensch in sich das Gute aus Gott, das Böse aus sich selbst, bleibt aber in seinem Wesen immer gut, da nur sein Wille böse werden kann. Aus Weigels Schriften lernte der Mystiker und dialektische Philosoph Jakob Böhme (1575-1624) den Gehalt der bisherigen Mystik kennen. Durch Jakob Böhme erfuhr die Mystik einen weiteren, vielleicht den Höhepunkt überhaupt, weil dieser Philosophus Teutonicus, nicht zuletzt durch seine Sprachgewalt, gleichermaßen auf einfache Gemüter wie auf differenzierteste Geister wirkte. Was Francis Bacon (1561-1626) für den methodologischen Empirismus, Galileo Galilei (1564-1642) für die Naturwissenschaft und Johannes Kepler (1571-1630) für die Astronomie bewirkten, das bewirkte Jakob Böhme für die mystisch orientierte deutsche Philosophie. Nicht nur durch seine barocke Sprache, sondern auch durch den Tiefeninhalt seiner Werke bereitete er den geistigen Boden der nächsten Phase vor. Böhme war also, wie Galilei und Kepler, bereits ein Vertreter des Barock, und sein Denken beeinflußte mindestens 3 ganze Phasen, also nach dem Barock auch noch Rokoko und Klassizismus, hier insbesondere die deutschen Romantiker. Die jetzige Phase der Renaissance und Reformation brachte durch seine Rückwärts- und Vorwärtsgerichtetheit gewissermaßen eine neue Kulturschriftart, die einerseits durch die Kultursprechart der Gotik ermöglicht worden war und andererseits durch die Loslösung von althergebrachten Mutterkulturbindungen zu neuen Bindungen führen konnte: das heliozentrische Weltbild galt der Kirche natürlich als ketzerisch und war nicht geduldet. Das neue Weltbild war in erster Linie das Verdienst der naturwissenschaftlich orientierten Vertreter dieser Phase, z. B. Nikolaus Kopernikus (1473-1543), Paracelsus (1493-1541), Andreas Vesal (1515-1564), Tycho Brahe (1546-1601), Giordano Bruno (1548-1600), Galileo Galilei (1564-1642) und Johannes Kepler (1571-1630). Hierbei spielte auch eine große Rolle, was sich schon im Nominalismus entwickelt hatte: der Empirismus, dessen methodologische Variante Francis Bacon (1561-1626) begründete und später durch eine erkenntnistheoretische Variante von John Locke (1632- 1704) erweitert werden sollte. (Vgl. 14-16).

Die auch Gutenbergs Buchdruck zu verdankende rasche Verbreitung der Wende beinhaltete die sogenannte Kopernikanische Wende zum Heliozentrischen Weltbild, die Reformation, die Eroberung der Welt durch die ozeanischen Seefahrer, die Entdeckung Amerikas, die Kolonisation der globalen Welt, die Weltumsegelung mit ihrem Beweis für die Kugelgestalt der Erde, das ebenfalls symbolträchtige Genie Leornado da Vinci (1452-1519) und den Kapitalismus, für den die Namen der Medici, Fugger und Welser stehen. Sie repräsentieren wirklich den Beginn einer neuen Zeit, die sich auch fortan Neuzeit nennen sollte. Diese Wende, der Sprung in die Neuzeit, geschah mit zwei Schritten nach vorn und einem Schritt nach hinten.

Philosophie Analoge Philosophien
(12-14): 700-550 und 1450-1600
(12-14, 14-16, 16-18, 18-20, 20-22, 22-24)
1) Ionische Naturphilosophen Urstoff seit -650/-6001) Naturwissenschaft/Heliozentrik seit 1500/1550
Theologie Analoge Theologien Philosophie
- PURITANISMUS -
24) Orientalistische Renaissance seit - 8. / - 7. Jh.; Wende
25) Reformation (Orphiker) Renaissance seit - 7 Jh.; Wende
26) Dionysos als „letzter Gott“ im Olymp; seit - 7. Jh.; Wende
27) Zeus-Götterwelt; Theogonie von Hesiod; seit - 7. Jh.; Wende
28) Gegenreformation (6) Zeus-Götterwelt seit - 7. / - 6. Jh.
24) Humanistische Renaissance seit 14. / 15. Jh.; Wende
25) Reformation (Luther) Renaissance seit 15. / 16. Jh.; Wende
26) Neuscholastik (5) Reformation seit 15. / 16. Jh.; Wende
27) Neumystik (4) Paracelsus, Franck u.a. seit 16. Jh.; Wende
28) Neuscholastik (6) Gegenreformation seit 16. Jh.

1453 hatte diese Bewegung mit dem Fall von Konstantinopel, dem Tod des Byzantinischen Reiches, begonnen: durch ihn kam die griechische Antike in Mode, aber der alte Seeweg nach Indien nicht mehr in Frage. Christoph Kolumbus (1451-1506) glaubte bis zu seinem Tode, daß er über den Weg nach Westen Indien erreicht und nicht einen neuen Kontinent entdeckt hätte. In Wirklichkeit hatte er am 12. Oktober 1492 Amerika entdeckt und Indien nicht erreicht. (Mehr). Der Portugiese Vasco da Gama (1468-1524) umfuhr 1498 das Kap der Guten Hoffnung und fand den gesuchten alternativen, den neuzeitlichen Weg nach Indien. Die Ozeanfahrten der abendländischen Seefahrer waren für jeden einzelnen Teilnehmer verbunden mit dem Risiko, nie mehr in den heimatlichen Hafen zurückzukehren, aber sie lernten, die Ostwinde über dem Atlantik so zu nutzen, daß die Rückkehr gelang und deshalb auch die Hoffnung wachsen konnte, den Seeweg nach Westen zu meistern und am Ende den gesamten Globus umsegeln zu können. Dem Portugiesen Fernão de Magalhães gelang die erste Weltumseglung von 1519 bis 1521. Kaiser Karl V. hatte ihm 5 Schiffe für eine Westfahrt zu den Gewürzinseln bewilligt. Die Rückreise unternahm Juan Sebastián Elcano von den Philippinen aus, nachdem Magalhães dort verstorben war. Mit dieser ersten Weltumsegelung war die Kugelform der Erde erwiesen.

Antike Menschen trauten sich nicht, über die Säulen des Herkules hinwegzusegeln. Was Ägypter und Phönizier ihnen an Seefahrerkompetenz vorführten, beeindruckte sie offenbar nicht sonderlich. Sie blieben auch in Bezug auf das Meer polisorientierte und den geographischen Raum körperhaft abschirmende Grenzgänger. Als maritime Eroberer segelten sie an den Küsten entlang, als ob sie die sichernden Ufer nie verlassen dürften. Aus dem Grunde blieb die antike Kolonisation eine reine Eroberung der Küstenstreifen, die auf typisch antike Weise mit wohlgeformten und abgegrenzten Punkten versehen wurden; diese einzelnen Handelsstützpunkte wurden dann zu neuen Stadtstaaten. Aber auch in der Antike ergaben sich durch die Kolonisation neue Sichtweisen und intensivere Kontakte mit fremden Kulturen, etwa der sumerisch-babylonischen. Ihre Renaissance orientierte sich am Orient, wo gerade Assurbanipal (668-626) die große Bibliothek in Ninive gegründet hatte und unter Nebukadnezar (604-562) der Turmbau zu Babel zu Ehren des Stadtgottes Marduk vollzogen wurde und die Hängenden Gärten auf dem Dach des Königspalastes in Babylon gepflanzt waren. Zu dieser Zeit übernahm man in Rom die griechische Buchstabenschrift (um 600).

Thales von Milet (650-570), Philosoph und Mathematiker, war der Begründer der ionischen Naturphilosophie und frühester Vertreter des Hylozoismus. Er gilt als der erste griechische Philosoph und galt schon in Griechenland als einer der Sieben Weisen. Thales nahm als Seinsgrund des Kosmos nicht mythische Kräfte, sondern das Wasser an. Der nach ihm benannte geometrische Lehrsatz (Satz des Thales) war bereits den Babyloniern bekannt: alle Winkel, deren Scheitel auf einem Halbkreis, dem sogenannten Thales-Kreis, liegen und deren Schenkel durch die Endpunkte eines Durchmessers gehen, sind rechte Winkel. Über die Natur schriebAnaximander (611-545), ein Schüler des Thales von Milet (650-570). Es ist die erste aus der antiken Kultur schriftlich überlieferte philosophische Abhandlung. Durch die mesopotamische Renaissance wurden die Griechen Schüler babylonischer Weisheit. Sowohl die Antike als auch das spätere Abendland erinnerten sich mittels ihrer Renaissance also an einen Teil ihrer Kultureltern: Sumer einerseits, Antike andererseits. Als liturgische und wissenschaftliche Sprachen wurden tote Sprachen wiederentdeckt und konserviert: Sumerisch in der Antike, Latein und Griechisch im Abendland. Auch die Kolonisation begann hier (750/700) wie dort (1400/1450) durch Bildung von Stützpunkten an den entfernt liegenden Küsten - hier mit der Mutterpolis Milet, dort mit dem Mutterland Portugal verbunden. Die Kolonisation brachte auch ein neuartiges, elementar hervorbrechendes Lebensgefühl, ausgelöst durch den Aufschwung des Handwerks, die Ausweitung des Seehandels und des Bevölkerungsüberschusses. Hesiod (um 700) soll geraten haben, sich auf ein Kind zu beschränken, was zur Folge gehabt haben soll, daß immer mehr Neugeborene ausgesetzt wurden. Weitere Gründe waren die Verschuldung der Bauern, die politische Emigration und die sozialen Gegensätze. Diese Gründe lassen sich auch für das Abendland anführen, wenn auch in einem anderen Maßstab, der sich aber durch das Ursymbol und das faustische Seelenbild erklären läßt. Ein auf Abenteuer und Wissen abzielender Abendländer emigrierte damals nicht über das Mittelmeer, sondern über den Atlantik. In beiden Kulturen sollte die erste große Auswanderungswelle aber erst in der nächsten Phase erfolgen. So wanderten z. B. die Ionier, unter ihnen auch die ionischen Naturphilosophen, wegen der 546 v. Chr. beginnenden persischen Herrschaft in Ionien nach Unteritalien und die puritanischen Pilgerväter mit der Mayflower 1620 nach Nordamerika aus. (Vgl. 14-16).

In Griechenland begann um etwa 625 v. Chr. der dorische Baustil, der vielen späteren antiken Baustilen als Vorlage dienen sollte und dem wohl selbst der mykenische Baustil als Vorlage gedient haben dürfte. Die dorische Säulenordnung spricht jedenfalls auch dafür.

Dorische Säulenordnung

Dorische Ordnung bedeutet, daß die dicke, kurze und stark verjüngte Säule - mit einem ausladenden und flachen Kapitell, aber ohne Basis - die Spannung zwischen Tragen und Lasten in sich austrägt. Auf dem Abakus des Kapitells ruht das Gebälk: zunächst der Aritrav (Tragebalken), auf dem der Fries mit Triglyphen und Metopen liegt. An der Unterseite des Geison (Dachgebälk) ist über jeder Metope und Tryglyphe ein Mutulus (Hängeplatte) mit Guttae (Tropfen, Stäbchen) angebracht, darüber der Giebel mit Sima (Blende) und Akroter (Schmuckglied). Einer der schönsten dorischen Tempel ist der sogenannte Poseidon-Tempel (eigentlich: Hera-Tempel). Mit 2 anderen bildet er das Zentrum der Stadt Paestum, einer griechischen Kolonie in Süditalien.


Dorische Säulenordnung. Das Kapitell ist ein Zwischenglied zwischen Stütze und Last


Während der Zeit des dorischen Baustils hielt die orientalisierende Renaissance zwar noch an, doch kann man die Dorik als die eigentlich griechische Entwicklung ansehen, nämlich als Gegenbewegung zu orientalisierenden Renaissance. Was die Dorik für die Antike war, war die Spätgotik für das Abendland: eine eigene Bewegung zur fremdelnden Renaissance-Bewegung. So gesehen waren die Renaissancen Zwischenspiele. Demzufolge führte die Dorik zur Ionik, die Gotik zum Barock. (Vgl. 10-12 und 14-16). Die dorischen Säulen waren mit der Zeit immer höher und schlanker geworden, bei den ionischen, die von Anfang an eine grazilere Gestalt besaßen, schritt dieser Prozeß fort. Frühestens um 570 v. Chr. wechselte die ionische Säulenordnung die dorische ab. (Vgl. Ionik).

Als in Babylonien der sagenhafte Turm um 590 v. Chr. gebaut wurde, konnte natürlich noch niemand ahnen, daß einen platonischen Weltmonat später, um 1563, Pieter Brueghel d. Ä. sein Bild Turmbau zu Babel vollenden würde. Der Athene-Tempel auf der Akropolis in Athen wurde 595 v. Chr. erbaut, 2150 Jahre später vollendeten die Habsburger ihr Schloß Belvedere in Prag (1536-1558). Solch eine Schöne Aussicht bezog sich wahrscheinlich auf den im Vatikan zuerst angelegten und mit Bildwerken zusätzlich versehenen Gartenpalast Belvedere von 1490. Jedenfalls hatten diese später zu hohem Bekanntheitsgrad gelangenden Lustschlösser namens Belvedere ihre Hochkonjunktur noch vor sich. Die meisten von ihnen sollten also erst in den nächsten Phasen gebaut werden. (Vgl. 14-16 und 16-18).

Von einem Renaissance-Baustil kann im eigentlichen Sinne kaum gesprochen werden, da sich die italienische Renaissance von der übrigen, nordischen Renaissance zu stark unterscheidet. Eine auf das Gebiet von Ober- und Mittelweser beschränkte Einzigartigkeit wurde mit der norddeutschen Renaissance-Baukunst erreicht. Diese Schlösser, Rathäuser, Bürgerhäuser und andere Bürgerbauten entstanden fast ausnahmslos im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts. Kirchliche Bauten im Stil der Renaissance entstanden hauptsächlich in Italien, und zwar zunächst als Zentralbauten, die die bisherigen Langhäuser ersetzen sollten. Versehen mit einer Kuppel, sollten sie auch die Steilheit der Gotik verdrängen. Wenn man sich solche Bauten ansieht, fragt man sich, ob der Renaissance wirklich an einer Wiedergeburt der Antike oder mehr an der Eifersucht auf die Gotik gelegen war. Eine Wiedergeburt gab es durch sie jedenfalls nicht. Auch die Renaissance-Musik ist ein schwer einzugrenzender Stilbezirk, denn die Gotik der Niederländer und Niederrheiner ging hier fast unmittelbar in den Barock über. Der Humanismus fand seinen musikalischen Niederschlag in der Odenkomposition: Paul Hofhaimer (1459-1537), der berühmte Orgelmeister am Hofe Maximilians I. und einer der größten Liedkomponisten der deutschen Humanismus-Renaissance-Zeit, Martin Agricola (1486-1556), ein Freund Luthers, der sich um den deutschen Choral bemühte und interessante Werke über die Musikpraxis seiner Zeit schrieb, Benedictus Ducis (1480-1544) und Ludwig Senfl (1490-1543), der Kammerkomponist am Hofe Maximilians I. und nach dessen Tode (1519) am Münchener Hof tätig war.

Diese Phase der Rückschau und Reformen brachte in der Antike tatsächlich so etwas wie einen kulturellen Schrifterwerb hervor, wenn man darunter versteht, daß der antiken (griechischen) Kultur der Vorteil bewußt wurde, schriftlich Wertvolles zu hinterlassen, wie die ersten griechischen Philosophen beweisen: Thales, weil er der Lehrer Anaximanders war, und Anaximander, weil seine Abhandlungen schriftlich überliefert werden konnten. Sie waren die ersten antiken Philosophen und, als ionische Naturphilosophen auf der Suche nach dem Urstoff, wegweisend für den weitern philosophischen Verlauf der Antike. Die Antike war mit dieser schriftlichen Überlieferung schulreif geworden. Wer auf Konevention beruhende Kulturschriften sicher überliefern (lesen und schreiben) kann, der ist für die nächste Phase, die Wissensschulung und Rationalisierung, gerüstet. (Vgl. 14-16). Mit dem Ende der griechischen Kolonisation (um 540 v. Chr.), das Karthago und Etrurien durch die Vertreibung der Griechen aus Korsika und Sardinien herbeiführten, mit der ab jetzt zur Routine werdenden Knabenliebe der Spartaner, die sich in Folge über den gesamten antiken Raum verbreitete, und mit der Einführung öffentlich aufgeführter Tragödien in Athen durch Thepsis (534 v. Chr.), sehen wir bereits den Beginn der nächsten Phase. (14-16). Hier folgte auf die griechische Seevorherrschaft eine karthagische, dort auf eine spanisch-portugiesische eine englisch-niederländische. Im Abendland wurde die nächste Phase eingeleitet durch den Sieg der Engländer über die Spanier bzw. deren Armada (1588), durch berühmte Geister wie Francis Bacon (1561-1626), Galileo Galilei (1564-1642), Johannes Kepler (1571-1630), Jakob Böhme (1575-1624), Miguel de Cervantes Saavedra (1547-1616) und William Shakespear (1564-1616), aber auch durch die von Papst Gregor XIII. eingeführte Kalenderreform (1582) und durch die das Deutsche Reich unmittelbar betreffende Gegenreformation in Bayern (1563) und Österreich (1579). In dieser Zeit wurde in Italien der für den barocken Stil prägende Kirchenbau von Vagnoli begonnen (1564) und vollendet (1584): Il Gesù in Rom. Im Barock sah die durch die Gegenreformation gestärkte katholische Kirche ihre offizielle Kunst und dami auch wohl ihren Sieg über die Reformation. Weltweit setzte die Gegenreformation allerdings schon früher ein, weil die protestantische Spaltung die katholische Restauration herausgefordert und damit gefördert hatte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Abendland aber noch mitten im spanischen Zeitalter:

Ignatius von Loyola (1491-1556) gründete 1534 den Jesuitenorden, die Societas Jesu (S.J.), und wollte mit seinen 7 Gefährten missionieren oder sich dem Papst bedingungslos zur Vefügung stellen. 1540 wurde der Orden durch Papst Paul III. bestätigt. Die Verfassung des Ordens sah einen gewählten General vor (Schwarzer Papst), der die Provinzen und Häuser des Ordens militärisch-absolutistisch leitete. Hier herrschte Kadavergehorsam, und das einzige Ziel war die Bekehrung der Ketzer und Heiden. Deshalb wurden die Jesuiten gezielt an Fürstenhöfen als Prinzenerzieher und Beichtväter, an Schulen und Universitäten als Lehrer, Prediger und Missionare eingesetzt. Der Jesuitenorden war der wichtigste Orden zur Erneuerung der Papstkirche, zur Ketzerbekämpfung und Weltmission, besonders in Amerika, Indien, Japan und China.

So wie im antiken 7. Jahrhundert v. Chr. die ersten Tyrannen in Sparta und Drakon in Athen auftraten, so bekam das abendländische 16. Jahrhundert in Spanien bereits einen Vorgeschmack auf den Absolutismus. Was die deutschen Habsburger in Spanien vormachten, das sollten im 17. Jahrhundert viele anderer abendländische Herrscher nachmachen. Machtpolitisch vertraten diese erste Phase der Neuzeit die habsburgisch-spanische Weltmacht und ihre Gegenspieler, die reformatorisch-protestantischen Staaten. Die nächste Phase sollte diese machtpolitischen Verhältnisse umkehren: reformatorisch-protestantische Mächte wie die Seemächte England und Holland, aber auch die Skandinavier und die Protestantenfürsten in Deutschland (Union) gegenüber katholisch-gegenreformatorischen Mächten wie die Seemacht Spanien (in Personalunion mit Portugal seit 1580), aber auch Frankreich und die katholische Liga des Deutschen Reiches. Doch der Mittelpunkt der Politik blieb Spanien, mit dem Barock und Absolutismus in Schwung kamen. (Vgl. 14-16).

 

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Anmerkungen:

 

„Die kleine Baham-Insel Guanahaní, deren Küste Kolumbus am 12. Oktober 1492 als erste in der Neuen Welt betrat, erhielt von ihm den Namen San Salvador, eine Bezeichnung, die im Geist der Bringer-Ideologie das Höchste repräsentierte, was die Eroberer mit sich führen konnten. ... Jene Insel, die heute Kuba heißt, hatte von Kolumbus den Namen Santa Maria de la Concepción erhalten - womit die Heilige Familie karibisch etabliert war. Das spätere Haiti genoß eine Weile den Vorzug, als Klein-Spanien, Hispaniola, apostrophiert zu werden. ... Freilich heißt auch der Kontinent, den Kolumbus entdeckte, der mittel- und südamerikanische, nicht nach ihm selbst, wie es sich nach den Regeln des Globalisierungsspiels gebührte, sondern nach einem seiner Rivalen im Wettlauf um die Erschließung der Neuen Welt. Infolge einer problematischen Tauf-Hypothese des deutschen Kartographen Martin Waldseemüller aus dem Jahr 1507 blieb der feminisierte (weil Kontinente -Gefäße des Lebens - weiblich sein müssen) Vorname des Kaufmann-Entdeckers Amerigo Vespucci an dem Kontinent hängen, dessen Ostküste der Florentiner nach unsicheren Quellen im Jahr 1500 bis zur Amazonasmündung erforscht haben soll. In diesem Benennungserfolg spiegelt sich die Durchsetzungskraft einer von Waldseemüller publizierten, annähernd herzförmigen planisphärischen Weltkarte, die zugleich die älteste im Holzschnitt-Verfahren gedruckte Karte darstellt. Zu ihrer Durchsetzung - sie soll eine Auflage von eintausend Stück gehabt haben, von der sich nur ein einziges bekanntes Exemplar erhalten hat - trug eine Begleitschrift bei, die noch im Jahr ihres Erscheinens dreimal nachgedruckt werden mußte. Aus derselben Zeit stammt der Waldseemüller-Globus, der für die Südhälfte der Neuen Welt denselben Benennungsvorschlag - America - aufweist. Es bleibt zu erwägen, ob nicht die Herzförmigkeit der Karte zu dem Triumph von Waldseemüllers kosmographischem Bravourstück Entscheidendes beigesteuert hat, denn was konnte für die weltvorstellende Einbildungskraft ergreifender sein als der Gedanke, den gesamten Flächeninhalt der irdischen Kugel auf einem großem Herzen abzubilden?  Daß sich Waldseemüller später von seiner Vespucci-Hypothese abwandte, konnte den Siegeszug des von ihm (und Matthias Ringmann) lancierten Namens nicht mehr aufhalten. Auf dieser Grundlage sollten sich die Länder der Neuen Welt zu den Vereinigten Staaten der Falschbenannten entwickeln.“ (Peter Sloterdijk, Sphären II - Globen, 1999, S. 922-925).

Johannes Faust (um 1480 - um 1540), deutscher Arzt, Astrologe und Schwarzkünstler, war nach seinem Theologiestudium in Heidelberg u.a. in Erfurt (1513), in Bamberg (1520), in Ingolstadt (1528) und in Nürnberg (1532). Er stand in Verbindung mit humanistischen Gelehrtenkreisen und hatte anscheinend Kenntnisse auf dem Gebiet der Naturphilosophie der Renaissance (magia naturalis). Schon zu seinen Lebzeiten setzte die Sagenbildung ein, besonders durch Übertragung von Zaubersagen auf ihn, in denen er vor allem als Totenbeschwörer auftrat. Sein plötzlicher (gewaltsamer?) Tod gab Anstoß zu Legenden, der Teufel habe ihn geholt. Diese Stoffe wurden Grundlage eines Volksbuches. Das erste Faustbuch erschien 1587 bei J. Spies in Frankfurt (Main). Mit einer um 1575 niedergeschriebenen Wolfenbüttler Handschrift des Faustbuches geht diese Fassung auf eine gemeinsame, nicht erhaltene Vorlage zurück. Das Spies'sche Faustbuch wurde 1599 in Hamburg neu bearbeitet von G. Widmann, dessen Fassung später (1674) von J. N. Pfitzer gekürzt wurde. Das älteste überlieferte Faust-Drama ist The tragical history of Doctor Faustus (entstanden 1588) von C. Marlowe. Es schließt sich eng an das Spies'sche Faustbuch an. Den Anfang bildet der Faustmonolog, ein nächliches Selbstgespräch des Faust, in dem dieser die einzelnen Universitätswissenschaften, einschließlich der Theologie gegeneinander abwägt, sie alle verwirft und sich der Magie verschreibt. Dieser Faustmonolog wurde ein festes Bauelement fast aller späteren Faustdramen. Faustspiele waren bei den englischen Komödianten in Deutschland (zuerst 1608 in Graz bezeugt) und später den deutschen Wandertruppen beliebt, worauf dann das Puppenspiel vom Doktor Faust, das seit 1746 bezeugt ist, fußt. (Vgl. 16-18 und Goethe).

Johann Wolfgang Goethe (28.08.1749 - 22.03.1832): Urfaust (1772-1775), Faust (Fragment, 1790), Teil I, 1806, Teil II, 1831.

Johann Wolfgang Goethe (28.08.1749 - 22.03.1832), „Faust“ (I), 1806, S. 27, „Faust“ (II), 1831, S.113ff.

Oswald Spengler (1880-1936), Der Untergang des Abendlandes, 1918 (Band I), 1922 (Band II).

Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel „Parallelenaxiom“ deutlich werden kann: Euklid hat in seinen „Elementen“ (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.

Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. (Vgl. Spengler, 1922, S. 847f.).

Carl Friedrich Gauß (1777-1855) veröffentlichte seine nicht-euklidischen Geometrien nicht, weil er das Geschrei der denkfaulen, schwerfälligen und unkultivierten Menschen fürchtete. Er nannte sie Böoter, weil die Einwohner dieser antiken Landschaft (Hauptstadt: Theben) von den Einwohnern anderer Griechenstädte als denkfaul und schwerfällig beschrieben worden waren. Gauß meinte zu Recht, daß man die Menschen nicht wirklich würde überzeugen können. Die erste der nichteuklidischen Geometrien entdeckte Gauß nach Vollendung seines Hauptwerkes Disquisitiones arithmeticae (1801), durch deren in sich widerspruchslose Existenz bewiesen wurde, daß es mehrere streng mathematische Arten einer dreidimensionalen Ausgedehntheit gibt, die sämtlich a priori gewiß sind, ohne daß es möglich wäre, eine von ihnen als die eigentliche Form der Anschauung herauszuheben. (Vgl. 18-20).

Römisch-katholische Interpretationen attestieren dem Abendland zumeist, daß in ihm die Dominanz des Christlichen überwiege. Diese Meinung teilen vor allem kirchliche und vornehmlich christlich orientierte Vertreter. Theodor Heuss (31.01.1884 - 12.12.1963) soll einmal gesagt haben, daß Europa von 3 Hügeln ausgegangen sei: von der Akropolis, von Golgatha und vom Kapitol. Diese Sichtweise würde eher, wenn vielleicht auch nicht beabsichtigt, auf eine Dominanz der Antike verweisen. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß aus einem antik-apollinischen Einzelkörper und einer magisch-seelengeistigen Welthöhle ein abendländisch-faustischer Unendlichkeitsraum entstehen kann, dann muß unbedingt ein dritter Faktor hinzukommen, den ich die Kulturpersönlichkeit nenne: das Germanentum. Ohne das Germanentum versteht man die Willensdynamik eines Faust nicht, und ohne das germanische Element ist die Raumtiefe, aber auch die in jeder Hinsicht sowohl ins Mikrokosmische als auch ins Makrokosmische gehende Unendlichkeit nicht als distinktives Merkmal der abendländischen Kultur zu identifizieren. Diese Merkmale treffen auf keinen antiken Menschen zu, aber insbesondere auf die Abendländer, die germanischen Ursprungs sind. Scharfe Gegensätze, wie die zwischen Antike und Abendland, sind zwar unbedingt ein Indiz für Verwandtschaft, weil beide Kulturen so auffallend gegensätzlich sind: aktiv und reaktiv. Offenbar hat die Antike auf das Abendland aber nicht persönlichkeitsstiftend gewirkt und konnte auch erzieherisch nicht tätig werden, weil sie so früh verstarb. Die Biogenetik und Sozialisation geraten nicht selten so weit auseinander, wenn ein Elternteil früh verstirbt, d.h. nicht wirklich erlebt wird. Dem Abendland scheint es auch so ergangen zu sein. Die Auseinandersetzungen mit der magischen Mutter hat beim Kind jedoch zu einer enormen, fast schon verdächtigen Erinnerung bis hin zur Vergötterung des antiken Vaters Beitrag geleistet. Aber liegt deshalb immer auch schon ein Vaterkomplex vor?  Es bleibt zunächst festzuhalten, daß auch kulturell zwischen Genetik und Sozialisation, zwischen Anlage und Umwelt, zwischen angeboren und anerzogen ganz klar unterschieden werden muß. Dazwischen bewegt sich die Persönlichkeit. Man kann sie nicht isolieren, folglich auch nicht isoliert betrachten, aber man kann sie beschreiben, und ich beschreibe die Kulturpersönlichkeit des Abendlandes als germanisch, weil dieser Raum zwischen Anlage und Umwelt für die Kulturpersönlichkeit zwanghaft unendlich werden muß, wenn sie die verlorene Vaterkultur zurückholen will. Der unendliche Raum und Wille sind auch deshalb Ursymbol und Urwort des Abendlandes. Wenn der Mensch eine Grundlage von etwa 60 Billionen Zellen hat und einer Umwelt von praktisch unendlicher Vielfalt ausgesetzt ist, so gilt für eine Kultur, daß sie Völker, Staaten oder Nationen zur Grundlage hat und einer Umwelt von unendlichen Möglichkeiten, aber auch gähnender Leere gegenübersteht. Mit dem Germanentum fiel eine faustische Entscheidung zugunsten der unendlichen Möglichkeiten. Die Eltern des Abendlandes waren also antik-magisch, ihre gentragenden Chromosomen römisch-christlich, aber die Kontrollgene germanisch. (Vgl. 22-24).

Fürst (zu althochdeutsch furisto, der Vorderste)ist seit dem Mittelalter die Bezeichnung für die höchste Schicht des hohen Adels, die durch ihre besondere Königsnähe an der Herrschaft über das Reich, besonders in seiner territiorialen Gliederung, teilhatte (Reichsadel), v.a. Herzöge und Herzogsgleiche sowie Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte der Reichsabteien. Ihnen stand das Recht der Königswahl zu und die Pflicht, bei Entscheidungen in Reichssachen mitzuwirken. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation konnten zunächst alle freien, dann alle Reichsfürsten den König wählen. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kristallisierten sich bei der Wahl des Königs immer mehr entscheidende Fürsten heraus. Spätestens aber im 13. Jahrhundert ergab sich aus den Fürsten heraus der engere Kreis der Königswähler, die Kurfürsten, deren Sonderstellung in der Goldenen Bulle von 1356 festgelegt wurde. Weltliche und geistliche Reichsfürsten hatten Sitz und Stimme im Reichstag. Seit dem staufisch-welfischen Thronstreit (1198) mußten die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie der Pfalzgraf bei Rhein (die Rheinpfalz) an einer gültigen Wahl beteiligt sein. Der Sachsenspiegel (1224-1231) zählt 2 weitere Kurfürsten als Vorwähler oder Erstwähler auf: den Herzog von Sachsen und den Markgrafen von Brandenburg. Mit der Doppelwahl von 1527 traten zum ersten mal die 7 Kurfürsten (einschließlich des vom Sachsenspiegel abgelehnten Königs von Böhmen) als alleinige Wähler auf. Bei der Wahl Rudolfs von Habsburg (1273) war das Kurfürstenkollegium (Kurkollegium) ein geschlossener Wahlkörper. Seine Entstehung - vom Sachsenspiegel aus dem Besitz der Erzämter erklärt - war also letztlich ein Ergebnis des Interregnums: eine Verhinderung der erblichen Thronfolge, ein Erwerb von Reichsgut und wichtigen Reichsrechten durch die Kurfürsten. Das Wahlrecht schränkte sich auf 3 geistliche und 4 weltliche Kurfürsten ein, die vom Kandidaten Sonderrechte (Kapitulationen) und politisches Mitspracherecht (Willebriefe) forderten, ein schwaches Königtum wünschten und deshalb die Krondynastie wechselten. Die Kurfürsten wurden häufig zu Gegenspielern des Königtums. Zur Gültigkeit der Wahl mußten mindestens 4 Kurfürsten anwesend sein. Die Mehrheitswahl wurde zuerst im Kurverein von Rhense (1338) für rechtsmäßig erklärt und 1356 in der Goldenen Bulle als Reichsgrundgesetz festgelegt, die auch die Beratung von Reichsangelegenheiten durch die Kurfürsten auf Kurfürstentagen verbriefte. Im 15. Jahrhundert wurde das Kurfürstenkollegium zur 1., vom Reichsfürstenrat getrennten Kurie des Reichstages. Die böhmische Kurwürde ruhte 1519 bis 1708 mit Ausnahme der Beteiligung an der Königswahl; die Kur des geächteten Pfalzgrafen bei Rhein wurde 1623 Bayern übertragen, der Pfalz aber 1648 eine 8. Kurwürde zugestanden. Braunschweig-Lüneburg (Hannover) hatte seit 1692 eine 9. (1708 vom Reichstag bestätigt), nach der Vereinigung Bayerns mit der Kurpfalz 1777 die 8. Kurwürde inne (seit 1778). 1803 wurden die Kurstimmen von Trier und Köln aufgehoben, die Mainzer Kur auf Regensburg-Aschaffenburg übertragen. Neugeschaffen wurden die Kurfürstentümer Salzburg (1805 auf Würzburg übertragen), Württemberg, Baden und Hessen-Kassel. Am Ende des 1. Deutschen Reiches gab es 10 Kurfürsten. (Vgl dazu die entsprechenden Phasen 6-8, 8-10, 10-12, 12-14, 14-16, 16-18, 18-20)

Kurverein von Rhense war der Zusammenschluß der Kurfürsten (ohne Böhmen) am 16.07.1338 in Rhense (Rhens, Rhein-Lahn-Kreis) zur Verteidigung des Reichsrechts und ihrer Kurrechte besonders gegen päpstliche Ansprüche. Die Kurfürsten setzten in einem Rechtsspruch fest, daß der von ihnen oder ihrer Mehrheit zum Römisch-Deutschen König gewählte nicht der päpstlichen Anerkennung bedürfe.

Die Kurie ist (seit dem 11. Jh.) die Gesamtheit der in der Leitung der röm.-kath. Kirche tätigen Organe des Apostolischen Stuhls in Rom.

Landsknechte waren vom Ende des 15. bis Ende des 16. Jhs. die in kaiserlichen Landen geworbenen Fußsöldner unter und seit Maximilian I. (König seit 1486, Kaiser von 1493-1519) bzw. dessen erfolgreichen Landsknechtsführer Georg von Frundsberg (1473-1528).

Humanismus ist ein reflektierter Anthropozentrismus, der vom Menschen ausgeht und die Wertsetzung des Menschen zum Objekt hat - unter Ausschluß dessen, was ihn selbst sich entfremdet, entweder indem es ihn übermenschlichen Mächten und Wahrheiten unterwirft oder indem es ihn untermenschlichen Zwecken nutzbar macht. Auf die vorhistorischen Hominiden folgte der historische Hominide namens Homo sapiens sapiens, auf den vormodernen Humanismus folgt der moderne Hominismus. Damit schließt sich vorerst der Kreis. Schon im 13. Jahrhundert sollen Alchimisten erste Experimente unternommen haben, um einen künstlichen Menschen im Reagenzglas zu erzeugen. Goethe ließ im 2. Teil des Faust den Famulus Wagner einen Homunkulus nach Anleitung des Paracelsus erzeugen. Heute scheinen sich die Möglichkeiten zur Erschaffung des Menschen nach eigenen Wünschen konkretisiert zu haben. Vgl. hierzu: 22-24.

Leonardo da Vinci (15.04.1452 - 02.05.1519), Maler, Bildhauer, Baumeister, Zeichner und Naturforscher. Er wurde beim Bildhauer und Maler Verrocchio (1436-1488) ausgebildet, kehrte nach langjähriger Tätigkeit (1482-99) am Mailänder Hof des Herzogs Ludwig von Mailand nach Florenz zurück, ging dann (1596) jedoch auf Einladung des französischen Statthalters wieder nach Mailand. 1513 begab er sich in Erwartung päpstlicher Aufträge nach Rom und folgte 1516 einer Einladung des ihn verehrenden Königs Franz I. nach Frankreich. Von der überraschenden Vielseitigkeit Leonardos legen v.a. seine Zeichnungen (in Silberstift, Feder, Kreide, Kohle, Rötel oder Tusche) Zeugnis ab. Sie beziehen sich nicht nur auf vollendete oder geplante Werke in Malerei, Plastik und Architektur, sondern weisen Leonardo als Wegbereiter einer anschaulichen Naturforschung auf dem Gebiet der Anatomie, Botanik, Zoologie, Geologie, Hydrologie, Aerologie, Optik und Mechanik aus. Als Naturforscher und Techniker war Leonardo ein typischer Empiriker.

Der Deutsche Nikolaus Kopernikus (1473-1543), Astronom und Domherr in Frauenburg (Ostpreußen), studierte neben allgemeinen Fächern auch Medizin und Jura (er schrieb in lateinischer und deutscher Sprache [vgl. Quellen]). Seine Mutter hieß Barbara Watzenrode, sein Vater hieß Nicolai Koppernick (Kopernikus), der aus Köppernig bei Neiße (Schlesien) stammte, seine Geschwister hießen Andreas, Barbara und Katharina. Die Familie Kopernikus gehörte zur Bürgerschaft der Hansestadt Thorn an der Weichsel und wohnte dort in der St.-Annen-Gasse. Der Vater war ein wohlhabender Kupferhändler und Regierungsbeamter. Nikolaus war zehn Jahre alt, als sein Vater 1483 starb. Sein Onkel Lucas Watzenrode (1447-1512), der Bruder seiner Mutter Barbara Watzenrode, sorgte für die Ausbildung der vier Waisen und wurde 1489 Fürstbischof im Ermland. Der ältere Bruder Andreas schlug den gleichen Lebensweg wie Nikolaus ein, erkrankte aber um 1508 an Aussatz, wurde später ausgeschlossen und starb vermutlich um 1518. Die ältere Schwester Barbara wurde Äbtissin im Kulmer Kloster, die jüngere Katharina heiratete Barthel Gertner. Nikolaus Kopernikus hielt stets seine Familienkontakte aufrecht. So sorgte er später für Kinder des Reinhold Feldstett, der mit der Tochter eines Onkels von Kopernikus, Tilman von Allen, verheiratet war. Im Danziger Dokument erschien als gemeinsamer Vormundt der „Frauenburger Domherr vor Burgermeister und Rathman der stadt Dantzick ... Hern Nicolai Koppernick, des wirdigen gstichts zur Frauenborck thumherrn im jare tawsent funfhundert sechs und dreysick.“ (Leopold Prowe, Nicolaus Copernicus, 1883-1884, S. 265). Nikolaus Kopernikus hatte als Administrator die Regierungsgeschäfte zu regeln. In den Verhandlungen über die Reform des preußischen Münzwesens erarbeitete er die Position der preußischen Städte. Er gab dazu ein Schreiben heraus, das noch Jahrhunderte später als wegweisend für die Geldtheorie angesehen wurde. Die Astronomie war seine private Hauptbeschäftigung. Er erkannte, daß das „geozentrische System“ für die Vorhersage der Planetenpositionen über längere Zeiträume ungeignet war. Etwa 1507 schon griff er deshalb auf die Idee des Aristarchos von Samos (320-250) zurück, statt der Erde die Sonne als ruhendes Zentrum des Planetensystems anzunehmen und erarbeitete das „heliozentrische System“, in dem er die jährliche Bewegung der Erde um die Sonne beschrieb und die tägliche Umdrehung des Fixsternhimmels als Rotation der Erde um die eigene Achse erklärte. Kopernikus veröffentlichte sein Hauptwerk („Von den Kreisbewegungen der Himmelskörper“, 1543) kurz vor seinem Tod. Ob es Zufall war, daß die Bücher von Vesal und Kopernikus im selben Jahr - 1543 - erschienen? Jedenfalls kam Kopernikus' Hauptwerk im Jahre 1616 auf den Index.

Paracelsus (1493-1541), der eigentlich Bombast von Hohenheim hieß, wurde schon zu seinen Lebzeiten Luther der Medizin genannt. Für Paracelsus war Medizin die allumfassende Gesamtwissenschaft, fußend auf Physik, Chemie Physiologie, mündend in Philosophie und Theologie. Er lehrte: All unser Wissen ist Selbstoffenbarung, all unser Können ist Mitwirkung mit der aus Gott stammenden Natur. Alle Wesen bestehen aus einem elementaren, irdischen, sichtbaren Leib und einem himmlischen, astralen, unsichtbaren Lebensgeist (Archeus bzw. Archaeus). Beim Menschen, dem Mikrokosmos, kommt dazu noch die dualische (göttliche) Seele, die Quelle des Erkennens, der Sittlichkeit, der Seligkeit. Demgemäß ist ein kranker Mensch stets 3fach: leiblich, seelisch, geistig erkrankt und muß 3fach kuriert werden. Der Mensch (Mikrokosmos) ist Abbild des Makrokosmos.

Andreas Vesal (Silvesternacht 1514/1515 - 1564), deutsch-flämischer Mediziner, Prof. der Chirurgie und Anatomie in Padua. Zusammen mit dem Maler J. S. van Kalkar, der die anatomischen Tafeln anfertigte, schuf er das erste vollständige Lehrbuch der menschlichen Anatomie („Vom Bau des menschlichen Körpers“, 1543) . Später war er u.a. auch Leibarzt des deutschen Kaisers (Karl V.).„Was eine »Revolution« wirklich bedeutet, läßt sich am ehesten im Blick auf die Durchbrüche der Anatomen im 16. Jahrhundert erläutern, die sich vorgenommen hatten, das menschliche Körperinnere durch Schnitte zu öffnen und mittels deskriptiv adäquater Abbildungen zu publizieren. Mag sein, daß die vesalische »Revolution« für die Selbstverhältnisse westlicher Menschen viel folgenreicher war als die seit langem überzitierte und mißdeutete kopernikanische Wende.“ (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S.70).

Den eigenen Leib-Innenraum von der Möglichkeit seiner anatomischen Veräußerlichung her verstehen: dies ist das primäre kognitive »Revolutions«resultat der Neuzeit - vergleichbar nur mit der weltbildverändernden Gewalt der ersten Erdumsegelung durch Magellan und del Cano.“ (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S.72).

Tycho (Tyge) Brahe (14.12.1546 - 24.10.1601), dänischer Astronom. König Friedrich II. von Dänemark ermöglichte ihm den Aufbau eines Observatoriums auf der Insel Ven. Seit 1599 war Brahe Astronom des deutschen Kaisers (Rudolf II.) in Prag und steigerte durch Verbesserung der Beobachtungsverfahren die Meßgenauigkeit. Er hinterließ Kepler (1571-1630) Aufzeichnungen über genaue Positionen des Mars, aus denen dieser die Gesetze der Planetenbewegungen ableitete; Brahe selbst blieb Anhänger eines von ihm modifizierten geozentrischen Weltsystems.

Giordano Bruno (1548-1600) wurde 1563 Dominikanermönch und entfloh 1576 aus dem Kloster. Er lehrte an vielen Universitäten und war 16 Jahre lang auf Wanderschaft, vor allem durch Deutschland, Frankreich und England. In Venedig wurde er schließlich verhaftet, acht Jahre eingekerkert und wegen Ketzerei zum Tode verurteilt. Er vertrat, von Kues, Kopernikus und Paracelsus beeinflußt, das heliozentrische Weltbild und den Gedanken eines unendlichen Weltalls mit einer sich selbst enthaltenden Materie (im Sinne der „aristotelischen Linken“). In Bruno zuerst verbanden sich die naturwissenschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit mit epikuräischen, stoischen und neuplatonischen Elementen zu einer genialen pantheistischen Weltschau, die er mit dichterischer Kraft und Begeisterung verkündete: Das All ist Gott, es ist unendlich, und zahllose Sonnen mit ihren Planeten folgen in ihm ihrer Bahn. Dieses unendliche Universum ist das einzig Seiende und Lebendige, von inneren Kräften bewegt, das seiner Substanz nach ewig und unveränderlich ist; die Einzeldinge haben am ewigen Geiste und Leben je nach der Höhe ihrer Organisation teil, sind jedoch dem steten Wechsel unterworfen. Die elementaren Teile alles Existierenden, die nicht entstehen und nicht vergehen, sondern sich nur mannigfach verbinden und trennen, sind die Minima, die materiell und psychisch zugleich sind. Nichts in der Welt ist also leblos, alles ist beseelt. Gott kann von uns nicht würdiger verehrt werden, als indem wir die Gesetze, welche das Universum erhalten und umgestalten, erforschen und ihnen nachleben. Jede Erkenntnis eines Naturgesetzes ist eine sittliche Tat. Wie Bruno von den großen deutschen Denkern stark beeindruckt und von der Weltmission des deutschen Geistes überzeugt war (Rede in Wittenberg, 1588), so sollte er umgekehrt auf Leibniz, Herder, Goethe, Schelling wirken. Die Inqusition aber verurteilte seine pantheistische Naturreligion und verbrannte ihn 1600 bei lebendigem Leibe auf dem Campo dei Fiori in Rom.

Galileo Galilei (15.02.1564 - 08.01.1642), Mathematiker und Physiker. Seine Entdeckung der Fallgesetze war für die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Methode von so überragender Bedeutung, weil sie sich auf reine Erfahrung beschränkte, d.h. nicht auszudrücken versuchte, „warum“ der Stein falle, sondern „wie“ er es tut. Das wahre Buch der Philosophie war für Galilei das Buch der Natur, das nur in anderen Buchstaben geschrieben sei als in denen des Alphabets, nämlich in Dreiecken, Quadraten, Kreisen, Kugeln u.s.w. (vgl. Polyeder). Zum Lesen desselben könne nicht Spekulation dienen, sei vielmehr Mathematik nötig. Für die wissenschaftliche Forschung forderte Galilei: Verwerfung der Autorität in Fragen der Wissenschaft, Zweifel, Gründung der allgemeinen Sätze auf Beobachtung und Experiment, induktives Schlußverfahren. Galilei huldigte einem Rationalismus, der glaubt, die Welt rein auf mechanistische Weise, mit Hilfe von Mathematik, Mechanik und Vernunft, begreifen zu können.

Johannes Kepler (27.12.1571 - 15.11.1630), Astronom und Mathematiker. Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Tübingen war Kepler ab 1594 Mathematiker in Graz, bis 1612 Assistent des Astronomen Tycho Brahe in Prag. 1604 kam Kepler zu der bedeutsamen Erkenntnis, daß die Marsbahn kein Kreis (wie Kopernikus annahm), sondern eine Ellipse ist. Aus einer mystischen Naturphilosophie und einer pantheistischen Stimmung entwickelte Kepler den Gedanken einer Weltharmonie und fand in dem Bemühen, diesen Gedanken induktiv zu begründen, u.a. die drei nach ihm benannten Gesetze der Planetenbewegung, die ersten Naturgesetze in mathematischer Form; sie drückten für ihn eine gottgewollte Harmonie aus; er veröffentlichte sie in seinen beiden Hauptwerken „Astronomia nova“ (1619) und „Harmonices mundi“ (1619). Die Zahl der Planeten konnte nach Kepler keine andere als fünf sein, weil es nur fünf regelmäßige Polyeder gibt. (Vgl. auch Galilei). Keplers Lehren waren für die Gestaltung des modernen Weltbildes von größter Bedeutung. Auch in der Optik leistete Kepler Bahnbrechendes (1604 „Astronomiae pars optica“, 1611 „Dioptrice“). Er entwickelte darin die Theorie der Linsen und des Fernrohrs (mit zwie Konvexlinsen). Nach dem Tod des deutschen Kaisers (Rudolf II.) erarbeitete Kepler als Mathematiker in Linz einen umfassenden „Abriß der kopernikanischen Astronomie“ (1618-22) und veröffentlichte 1627 die Rudolphinischen Tafeln. Um Obligationszinsen einzutreiben, begab sich Kepler, der ab 1628 in Wallensteins Diensten in Sagan stand, 1630 auf die Reise nach Linz. Er erkrankte in Regensburg, wo er kurz nach seiner Ankunft verstarb.

Konzililiarismus ist die Bezeichnung für die Auffassung, daß das Konzil und nicht der Papst allein die höchste Instanz in der Kirche sei. Im Abendländischen Schisma erlangte der Konziliarismus apraktische Bedeutung, die auf dem Konstanzer Konzil (1414-1418) bestätigt wurde, obschon die Päpste den Konziliarismus immer wieder verurteilten. Auch der Philosoph Nikolaus von Kues (1410-1464 Nikolaus von KuesNikolaus von KuesNikolaus von Kues), der Cusaner, vertrat die Ansicht, daß das Konzil über dem Papst stehe. Die Gedanken des Konziliarismus wurden bis zum 1. Vatikanischen Konzil (1869/1870) permanent vertreten.

Die Reichsreform im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation wurde zunächst auf den Reichstagen von 1434 bis 1438 unternommen und in der Publizistik viel dikutiert. Es waren Bemühungen um eine Umgestaltung der Reichsverfassung, die den Reichsständen ein Mitregierungsrecht in Reichsangelegenheiten sichern sollte (Reichsregiment). Ein erstes Reichsreformgesetz scheiterte an den organisatorischen Voraussetzungen. Kaiser Friedrich III. (Habsburger, 1440-1493) verhinderte in den folgenden Jahrzehnten weitere Reformversuche. Kaiser Maximilian I. (Habsburger, 1493-1519) sah sich dann gezwungen, auf den Reichstagen von Worms (1495) und Augsburg (1500) wesentliche Zugeständnisse zu machen. Ein Ewiger Landfriede sollte die Grundlage für die Reichsreform schaffen; als allgemeine Reichssteuer sollte der Gemeine Pfennig erhoben werden (1. Reichsregiment). Neben den fehlenden organisatorischen Voraussetzungen waren der Widerstand des Reichsoberhauptes und das Mißtrauen der auf die Wahrung ihrer Rechte pochenden Reichsfürsten der Grund für das am Ende scheiternde Projekt dieser Reichsreform. auch wenn Karl V. (Habsburger, 1519-1556) sie fortsetzte (2. Reichsregiment).

Die Reichsstände im 1. Deutschen Reich (Hl. Röm. Reich) waren die Reichsfürsten (vgl. Fürsten), Reichsgrafen, Reichsprälaten und Reichsstädte, die das aus der Reichsunmittelbarkeit erwachsene Recht zur Führung einer fürstlichen Einzelstimme (Virilstimme) oder zur Beteiligung an einer Gesamtstimme (Kuriatstimme) im Reichstag besaßen (Reichsstandschaft). Die Reichsstände repräsentierten damit neben dem Kaiser das Reich. Auf dem Konzil zu Basel (1431-1449) vertrat Kardinal Nikolaus von Kues (Nikolaus von KuesNikolaus von KuesNikolaus von Kues) in seiner Schrift De Concordantia Catholica (Von der Einheit der Kirche) die naturrechtlich begründete Ansicht vom politischen Zusammenwirken der Reichsstände mit dem Kaiser in Gesetzgebung und Regierung. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts gab es auf den Reichstagen Reformforderungen, z.B. durch die Gravamina (Beschwerden) der deutschen Nation oder auch in deren Reformatio Sigismundi, einer weitverbreiteten anonymen Flugschrift. Die Reformen begannen auf dem Reichstag zu Worms (1495): Verkündung des Ewigen Landfriedens. Zur Beseitigung des Fehderechts wurde das ständig tagende Reichskammergericht in Frankfurt (seit 1527 in Speyer) als oberste Rechtsinstanz geschaffen und der Gemeine Pfennig (erste Reichssteuer, ohne Bestand) erhoben. Die Eidgenossen lehnten die Beschlüsse ab und forderten im Schwabenkrieg (1499) ihre Unabhängigkeit. Auf dem Reichstag zu Augsburg (1500) wurde ein ständiges Reichsregiment eingerichtet, das 1502 wieder aufgelöst und 1521 erneuert wurde. Seit dem Reichstag zu Köln (1512) stand dem Reichstag die oberste Reichsgewalt zu, der die Vorschläge der kaiserlichen Regierung in 3 Kollegien (Kurfürsten, Fürsten und Reichsstädte) beriet. Seine Beschlüsse wurden als Reichsabschiede (ab 1633 Reichsschlüsse) verkündet. Es wurden 10 Reichskreise unter dem Direktorium von je 2 Fürsten zur Wahrung des Landfriedens gebildet, eine Reichssteuer und das Reichsheer (unter Kreisobersten) erhoben. Ein Verzeichnis über Einkünfte der Territorien als Grundlage ihrer Truppen- und Steuerleistungen sah die Reichsmatrikelordnung vor, die auf dem Reichstag zu Worms (1521) verabschiedet wurde. Weil aber die Reichstage nur unregelmäßig zusammenkamen, entwickelten sich die Ansätze zu einer Reichsverfassung und zur Überwindung der territorialen Zersplitterung auf der Grundlage der alten Stammes-Herzogtümer nicht weiter.

Diese 10 Reichskreise hießen: 1) Burgundischer Kreis (Niederlande, Belgien, Luxemburg, Burgund), 2) Niederrheinisch-Westfälischer Kreis (Nordwestdeutschland), 3) Niedersächsischer Kreis (Mittelnorddeutschland), 4) Obersächsischer Kreis (Pommern, Brandenburg, Kursachsen), 5) Kurrheinischer Kreis (Erzbistümer Köln, Mainz, Kurpfalz), 6) Oberrheinischer Kreis (Lothringen, Elsaß, Pfalz, Hessen), 7) Fränkischer Kreis (Franken), 8) Schwäbischer Kreis (Baden, Württemberg), 9) Bayrischer Kreis (Bayern, Oberpfalz), 10) Österreichischer Kreis (Österreich) sowie Reichsdörfer, Herrschaften der Reichsritter und Territorien ohne Reichskreisbildung wie Preußen, Lausitz, Böhmen, Mähren, Schlesien. (Vgl. Karte).

Der Calvinismus, anfangs ein antischolastischer Humanismus, machte die Prädestination zu seinem Inhalt und Mittelpunkt. Diese Prädestination, die man auch Prädetermination nennt, meint die Vorbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschbaren Willen. und zwar entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit ohne Verdienst oder als Prädamnation zur Verdammnis ohne Schuld. Sie wurde schon von Augustinus (354-430) gelehrt und nach ihm von Luther (1483-1546), Zwingli (1484-1531), Calvin (1509-1564) und dem Jansenismus (nach Cornelius Jansen, 1585-1638), der 1730 verboten wurde. Auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus, besonders aber dem aus ihm entwickelten Puritanismus, und dem modernen Kapitalismus der abendländischen Kultur hat vor allem Max Weber (1864-1920) hingewiesen.

Der Puritanismus ging aus der Reformation, insbesondere aus dem Calvinismus hervor. Der Calvinismus, anfangs ein antischolastischer Humanismus, machte die Prädestination zu seinem Inhalt und Mittelpunkt. Diese Prädestination, die man auch Prädetermination nennt, meint die Vorbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschbaren Willen, und zwar entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit ohne Verdienst oder als Prädamnation zur Verdammnis ohne Schuld. Sie wurde schon von Augustinus (354-430) gelehrt und nach ihm von Luther (1483-1546), Zwingli (1484-1531), Calvin (1509-1564) und dem Jansenismus (nach Cornelius Jansen, 1585-1638). Auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus, besonders aber dem aus ihm entwickelten Puritanismus, und dem modernen Kapitalismus der abendländischen Kultur hat vor allem Max Weber (1864-1920) hingewiesen. (Max Weber und seine Religionssoziologie). Die Puritaner (die „Reinen“) sind die Vertreter einer Reformbewegung, die besonders in England seit etwa 1570 die Reinigung der englischen Kirche von katholisierenden Elementen in Verfassung, Kultus und Lehre betrieben. Strenger Biblizismus, eine Gewissenstheologie und die konsequente Sonntagsheiligung beeinflußten das englische Geistesleben bis in die Gegenwart. Die Puritaner brachten eine ausgedehnte Erbauungs- und Predigtliteratur hervor. 1604 wurden sie durch die Ablehnung ihrer „Millenary Petition“ enttäuscht, wandten sich der politischen Opposition zu oder emigrierten in großer Zahl nach Nord-Amerika. Mit dem Sieg Oliver Cromwells (1599-1658) 1648 zur Herrschaft gelangt, beseitigten die Puritaner das „Common Prayer Book“ und das Bischofsamt, vertrieben anglikanische Pfarrer, entfernten die Orgeln aus den Kirchen u.a.. Nach der Restauration der Stuarts wurden die Puritaner ihrerseits rigoros aus dem öffentlichen Leben zurückgedrängt - bis zur Toleranzakte von 1689. Die englischen Puritaner waren und sind also Vertreter eines speziellen Puritanismus. Diesen „Insel-Puritanismus“ der Engländer kann man auch „Angelsachsen-Puritanismus“ nennen. Für den Puritaner ist das genaue Gegenteil der „Weltfreude“ charakteristisch. Die „Weltfremdheit“ gehört zu den wichtigsten Charakterzügen des Puritanismus. Max Webers Beispiele „zeigen alle das eine: »der Geist der Arbeit«, des »Fortschritts« oder wie er sonst bezeichnet wird, dessen Weckung man dem Protestantismus zuzuschreiben neigt, darf nicht, wie es heute zu geschehen pflegt, als »Weltfreude« oder irgendwie sonst im »aufklärerischen« Sinn verstanden werden. Der alte Protestantismus der Luther, Calvin, Knox, Voët hatte mit dem, was man heute »Fortschritt« nennt, herzlich wenig zu schaffen. Zu ganzen Seiten des modernen Lebens, die heute der extremste Konfessionelle nicht mehr entbehren möchte, stand er direkt feindlich. Soll also überhaupt eine innere Verwandtschaft bestimmter Ausprägungen des altprotestantischen Geistes und moderner kapitalistischer Kultur gefunden werden, so müssen wir wohl oder übel versuchen, sie ... in seinen rein religiösen Zügen zu suchen.“ (Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, 1904, S. 37-38). Laut Weber ist im Abendland nämlich vor allem die Frömmigkeit (der Pietismus) das „rein religiöse“ Glied - als Berufung (Beruf) - zwischen dem alten Protestantismus bzw. Puritanismus und dem modernen Kapitalismus: Abendländischer Kapitalismus ist laut Weber nämlich eigentümlich, hat ein eigentümliches Ethos. Allgemein ist Kapitalismus kein Charakteristikum einzelner (Historien-)Kulturen, sondern der Menschen-Kultur überhaupt: „Aber eben jenes eigentümliche Ethos fehlte ihm ... In der Tat: jener eigentümliche, uns heute so geläufige und in Wahrheit doch so wenig selbstverständliche Gedanke der Berufspflicht: einer Verpflichtung, die der Einzelne empfinden soll und empfindet gegenüber dem Inhalt seiner »beruflichen« Tätigkeit, gleichviel, worin sie besteht, gleichviel insbesondere, ob sie dem unbefangenen Empfinden als reine Verwertung seiner Arbeitskraft oder gar nur seines Sachgüterbesitzes (als »Kapital«) erscheinen muß: - dieser Gedanke ist es, welcher der »Sozialethik« der kapitalistischen Kultur charakteristisch, ja in gewissem Sinne für sie von konstitutiver Bedeutung ist. - ... - Arbeit als Selbstzweck, als »Beruf«, wie sie der Kapitalismus fordert ... Die kapitalistische Wirtschaftsordnung braucht diese Hingabe an den »Beruf« des Geldverdienens: sie ist eine Art des Sichverhaltens zu den äußeren Gütern, welche jener Struktur so sehr ädaquat, so sehr mit den Bedingungen des Sieges im ökonomischen Daseinskampfe verknüpft ist ....“ (Max Weber, ebd., 1904, S. 43, 45, 53, 61). Innerweltliche Askese bedeutet bei Max Weber die Verwendung der durch Ablehnung der religiösen Askese frei gewordenen Energie in der Berufsarbeit, wie eben besonders gefordert und gefördert durch den Puritanismus.  Puritanismus

„Beruf“ (NHD; aus MHD: „beruof“, „Leumund“) - die neuhochdeutsche Bedeutung hat Martin Luther (1483-1546) geprägt! In der Bibel benutzte er es zunächst als „Berufung“ durch Gott für klesis (griech.) bzw. vocatio (lat.), dann auch für Stand und Amt des Menschen in der Welt, die schon Meister Eckhart (1250-1327) als göttlichen Auftrag erkannt hatte. Dieser ethische Zusammenhang von Berufung und Beruf ist bis heute wirksam geblieben, wenn das Wort jetzt auch gewöhnlich nur die bloße Erwerbstätigkeit meint. „Nun ist unverkennbar, daß schon in dem deutschen Worte »Beruf«, ebenso wie in vielleicht noch deutlichere Weise in dem englischen »calling«, eine religiöse Vorstellung: - die einer von Gott gestellten Aufgabe - wenigstens mitklingt und, je nachdrücklicher wir auf das Wort im konkreten Fall den Ton legen, desto fühlbarer wird. Und verfolgen wir nun das Wort geschichtlich und durch die Kultursprachen hindurch, so zeigt sich zunächst, daß die vorwiegend katholischen Völker für das, was wir »Beruf« (im Sinne von Lebensstellung, umgrenztes Arbeitsgebiet) nennen, einen Ausdruck ähnlicher Färbung ebenso wenig kennen wie das klassische Altertum, während es bei allen vorwiegend protestantischen Völkern existiert. Es zeigt sich ferner, daß nicht irgendeine ethnisch bedingte Eigenart der betreffenden Sprachen, etwa der Ausdruck eines »germanischen Volksgeistes« dabei beteiligt ist, sondern daß das Wort in seinem heutigen Sinn aus den Bibelübersetzungen stammt, und zwar aus dem Geist der Übersetzer, nicht aus dem Geist des Originals. Es erscheint in der lutherische Bibelübersetzung zuerst an einer Stelle des Jesus Sirach (11,20,21) ganz in unserem heutigen Sinn verwendet zu sein.“ (Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, 1904, S. 66). Seit Luther also gibt es das Wort „Beruf“ in der noch heute gültigen Bedeutung: die hauptsächliche Erwerbstätigkeit des Einzelnen, die auf dem Zusammenwirken von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten beruht (also auf Bildung bzw. Ausbildung) und durch die er sich in die Volkswirtschaft eingliedert. Der Beruf dient meist der Existenzbasis. Es war vor allem der Protetestantismus mit seiner Askese (vgl. Puritanismus), der die sittliche Leistung der Arbeit stark betonte und den Beruf zum Gebot der Pflichterfüllung steigerte. Diese Haltung hat sich als Berufsethos, als innere, enge Verbundenheit des abendländischen Menschen mit seinem Beruf erhalten. Moderne Antriebe zur Verweltlichung gingen vom Deutschen Idealismus aus, der im Beruf das Postulat der Persönlichkeitsentfaltung entdeckte.

„Es ist bewunderungswürdig, mit welcher Sicherheit der englische Instinkt aus der ... ganz doktrinären und kahlen Lehre Kalvins sein eignes religiöses Bewußtsein formte. Das Volk als Gemeinschaft der Heiligen, das englische insbesondere als das auserwählte Volk, jede Tat schon dadurch gerechtfertigt, daß man sie überhaupt tun konnte, jede Schuld, jede Brutalität, selbst das Verbrechen auf dem Wege zum Erfolg ein von Gott verhängtes und von ihm zu verantwortendes Schicksal - so nahm sich die Prädestination im Geiste Cromwells und seiner Soldaten aus. Mit dieser unbedingten Selbstsicherheit und Gewissenlosigkeit des Handelns ist das englische Volk emporgestiegen.“ (Oswald Spengler, Preußentum und Sozialismus, 1919, S. 41 Spengler). Wenn in England die Tat oder die Arbeit „für sich“ und daher der persönliche Erfolg als göttliches Zeichen der Erlösung heilig ist, so in Preußen die Tat oder die Arbeit „für andere“. So formuliert es Ehrhardt Bödecker. „Die Bezeichnung Pietismus, ursprünglich ein akademischer Spitzname für Streber und Pedanten, haben die Calvinisten in Halle von den orthodoxen Lutheranern in Leipzig erhalten.“ (Ehrhardt Bödecker, Preußen und die Wurzeln des Erfolgs, 2004, S. 113). Halle fiel 1680 an Brandenburg-Preußen (Preußen), August Hermann Francke (1663-1727) wurde zum Hauptvertreter des Pietismus in Halle und dadurch auch in Brandenburg-Preußen - seit der Königskrönung (1701) hieß es nur Preußen. Nicht der englische Kapitalismus, sondern der preußische Pietismus - der soziale Gemeingeist - führte zur modernen Sozialversicherung. Nicht England mit seinem eigenbrötlerischen Parlamentarismus, sondern Deutschland mit seinem sozialen Gemeingeist hatte die weltweit erste soziale Versicherungsgesetzgebung. Was wir heute als Soziale Marktwirtschaft oder etwas ungenau als Rheinischen Kapitalismus bezeichnen, ist nur sekundär rheinisch und primär preußisch (Preußen), also insgesamt als deutsch zu bezeichnen: Deutscher Kapitalismus ist Deutsche Marktwirtschaft, weil sozial! Gerechtigkeit ohne Gemeingeist gibt es nicht.

Die Ägypter, die auch Seefahrten nach Indien unternahmen, waren ähnlich eifrig wie später die Abendländer, ihre Kulturenkel. Schon um 3300 v. Chr stellten die Ägypter aus der Papyrusstaude Papyrus als Schreibstoff her. Um 3000 v. Chr. gab es in Ägypten Landkarten, Wasseruhren, und der Himmel wurde bereits genauestens beobachtet (ähnlich übrigens bei Chinesen und Sumerern). Um 2850 entwickelten die Ägypter ihre Bilderschrift, Großplastiken, einen 365tägigen Kalender, einen von Beamten verwalteten Einheitsstaat und stellten Glas her. 2700 v. Chr. folgten die ersten Cheops-Pyramiden, als die Sumerer gerade anfingen, ein auf 6 und 12 basierendes Zahlensystem zu entwickeln. Um 2500 v. Chr. begann auf Kreta die frühminoische Zeit; um 2000 v. Chr. entstanden hier die ersten Städte, mehrstöckige Häuser und Paläste, unter ihnen auch der bekannte von Knossos. Wenig später entwickelten die zum ägyptischen Kulturkreis zu rechnenden Kreter ein Dezimalsystem, und Kreta (Könige von Knossos) beherrschte das östliche Mittelmeer. Ägypten unterhielt Auslandsbeziehungen nach Syrien und Somaliland. Für Spengler ist das ägyptische Ursymbol der Weg: „Die ägyptische Seele sah sich wandernd auf einem engen und unerbittlich vorgeschriebenen Lebenspfad, über den sie einst den Totenrichtern Rechenschaft abzulegen hatte. Das war ihre Schicksalsidee. Das ägyptische Dasein ist das eines Wanderers in einer und immer der gleichen Richtung; die gesamte Formensprache seiner Kultur dient der Versinnlichung dieses einen Motivs. Sein Ursymbol läßt sich, neben dem unendlichen Raum des Nordens und dem Körper der Antike, durch das Wort 'Weg' am ehesten faßlich machen.“ (Vgl. Spengler, 1917, S. 242 und unten: China bzw. Tao).

Spengler schreibt zum Verhältnis der beiden Kulturen Ägypten und China: „Trotzdem gab es eine Kultur, deren Seele bei aller tiefinnerlichen Verschiedenheit zu einem verwandten Ursymbol gelangte: die chinesische mit dem ganz im Sinne der Tiefenrichtung empfundenen Prinzip des Tao. Aber während der Ägypter den mit eherner Notwendigkeit vorgezeichneten Weg zu Ende schreitet, wandelt der Chinese durch seine Welt; und deshalb geleiten ihn nicht steinerne Schluchten mit fugenlos geglätteten Wänden der Gottheit oder dem Ahnengrabe zu, sondern die freundliche Natur selbst. Nirgends ist die Landschaft so zum eigentlichen Stoff der Architektur geworden. ... Der Tempelbau ist kein Einzelbau, sondern eine Anlage, in welcher Hügel und Wasser, Bäume, Blumen und bestimmt geformte und angeordnete Steine ebenso wichtig sind wie Tore, Mauern, Brücken und Häuser. Diese Kultur ist die einzige, in welcher die Gartenkunst eine religiöse Kunst großen Stils ist. Es gibt Gärten, die das Wesen bestimmter buddhistischer Sekten widerspiegeln. Aus der Architektur der Landschaft erst erklärt sich die der Bauten, ihr flaches Sich-erstrecken und die Betonung des Daches als des eigentlichen Ausdrucksträgers. Und wie die verschlungenen Wege durch Tore, über Brücken, um Hügel und Mauern doch endlich zum Ziel führen, so leitet die Malerei den Betrachter von einer Einzelheit zur anderen, während das ägyptische Relief ihn herrisch in eine strenge Richtung verweist.' Das ganze Bild soll nicht mit einem einzigen Blick umfaßt werden. Die zeitliche Abfolge setzt eine Folge von Raumteilen voraus, durch die der Blick vom einen zum anderen wandern soll.' Die ägyptische Architektur überwältigt das Bild der Landschaft, die chinesische schmiegt sich ihm an; in beiden Fällen aber ist es die Tiefenrichtung, die das Erlebnis des Raumwerdens immer gegenwärtig erhält.“ (Spengler, 1917, S. 244f.)

Um 595 v. Chr. umschifften die Phönizier Afrika. Sie benötigten dafür etwa 3 Jahre. (Vgl. Tabelle).

Jean Bodin (1530-1596) war französischer Publizist und Staatsrechtslehrer. Er trat in der Zeit der Hugenottenverfolgung für Toleranz ein und gab in seinem Hauptwerk De la république (1576) eine Begriffsbestimmung der Souveränität, die durch kein verfassungsrechtliches Gesetz eingeschränkt werden dürfe. In seinem Colloquium heptaplomeres (1587) begründete er das gleiche Recht aller Religionen und nannte als Grundlagen einer einzigen natürlichen Religion: die Einheit Gottes, ein moralisches Bewußtsein, den Glauben an die Freiheit, die Unsterblichkeit und Vergeltung im Jenseits. 1572 entging Bodin nur knapp dem Massaker der Bartholomäusnacht. In seiner Staatstheorie ordnete er im Begriff der Souveränität ihrem Träger die absolute, unteilbare Staatsgewalt zu, die der Gerechtigkeit dienen soll und auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Er lieferte damit dem Absolutismus das theoretische Fundament. (Vgl. Hobbes).

Für etwa 3 bis 6 Jahre alte Kinder ist eine solche erste Phase der Neuzeit diejenige Zeit, die sie zum ersten Mal, außerhalb der Familie, zu Mitgliedern in Institutionen werden läßt: Kindergarten und Vorschule werden im Alter von etwa 3 bis 6 Jahren besucht. Auch in Kulturen, die keine Kindergärten, Schulen oder andere Institutionen kennen, ist diese Tatsache bedeutsam. Sie ist halt nur durch das distinktive Merkmal des Nichterfülltseins gekennzeichnet und ändert an der durch die Evolution hervorgerufenen Kulturfähigkeit dieser Kinder überhaupt nichts.

 

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