Anmerkungen: Besonders heutzutage
ist typisch deutsch, nicht deutsch sein zu wollen; nur es wird nicht bewußt,
daß gerade das Nicht-deutsch-sein-wollen das typisch Deutsche ist. Und früher
war typisch deutsch, deutsch sein zu wollen; nur es wurde nicht bewußt,
wenn man trotzdem nicht deutsch, ja sogar antideutsch war. Beide Fälle sind
aber immer nur dasselbe Problem: Micheltum ()
!
Es
ist eine Spezialität der postfaschistischen Deutschen, bewußt kein
auserwähltes Volk mehr zu sein. Auf diese Weise präsentieren sie sich
erneut als negatives Unikum. (Peter Sloterdijk, Eurotaoismus, 1989,
S. 296 ).
Phase
ist für mich der Inbegriff einer wohltemperierten Abrundung durch geistig-politische
Tätigkeiten in einer bestimmten Zeitspanne, oft ausgedrückt durch
technische und künstlerische Richtungen, aber auch durch ökonomisch-politische
und geistig-metaphysische Richtungen. Sie kann nur 60-80 Jahre andauern, wie im
Falle des Rokoko, oder 200-300 Jahre, die etwa jeweils Karolingik, Romanik
und Gotik ausmachten. Eine Phase umfaßt im Mittel etwa 180 Jahre.
Ein Kulturquartal ()
umfaßt 3 Phasen und damit durchschnittlich 500-600 Jahre, manchmal auch
nur 300-350 Jahre, wie im Falle der abendländischen Jugend (Renaissance,
Barock und Rokoko). Ein Kulturquartal ist eine Jahreszeit in dem Sinne, daß
an ihr erkennbar wird, was sie ist, wenn sie gewissermaßen innehält.
Winter, Frühling, Sommer und Herbst sind wie unterirdisches Wachstum, zarte
Blüten, Hochblüte und Verfall, wie die pflanzliche Welt immer wieder
bezeugt, aber nicht nur sie: die 4 Jahreszeiten ()
sind wie uterines, kindliches, jugendliches und erwachsenes Leben, z.B.
auch vergleichbar mit dem der Säugetiere. Das erwachsene Leben kann mehrere
Quartale umfassen; in dem Falle teilen die Älteren (Elter[e]n)
ihr Leben mit den Kindern, Enkelkindern oder gar Urenkelkindern. In Kulturen
war und ist dies auch möglich: China, Indien und die magische Kultur existieren
als Zivilisationen (Erwachsene) schon länger als das Abendland. Vgl.
dazu auch: Oswald Spengler (28.05.1880 - 08.05.1936), Der Untergang des Abendlandes,
1918 (Band I), 1922 (Band II).Quartal meint
eine Jahreszeit (= 3 Phasen )
oder ein Viertel der Uhrzeit (z. B. 0-6, 6-12, 12-18, 18-24 Uhr).Seelenbild
der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch
und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher
Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild
und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß
der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel Parallelenaxiom
deutlich werden kann: Euklid ()
hat in seinen Elementen (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung
für das antike Beispiel gegeben und Gauß ()
ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie
stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen
Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol
angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1918, S. 155, 227ff., 234,
390 ).
Vgl. dazu auch das Germanentum (). Historische
Pseudomorphosen nenne ich Fälle, in welchen eine fremde Kultur so mächtig
über dem Lande liegt, daß eine junge, die hier zu Hause ist, nicht
zu Atem kommt und nicht nur zu keiner Bildung reiner, eigener Ausdrucksformen,
sondern nicht einmal zur vollen Entfaltung ihres Selbstbewußtseins gelangt.
(Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 784). Auch
eine junge Kultur kann so mächtig sein, daß sie eine alte dort, wo
sie zu Hause ist, überlagert. Das Beispiel zwischen der (alten) apollinischen
Kultur, auch kurz Antike genannt, und der (jungen) magischen Kultur,
auch Persien/Arabien genannt, macht es deutlich: Solange die
Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose darin, daß
alle östlichen Kirchen zu Kulten westlichen Stils wurden. Dies ist eine wesentliche
Seite des Synkretismus. ... Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen
der magischen Seele seit dem zweiten Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis
um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des
Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten
entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen
glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues
Griechentum als magische Nation. (Oswald Spengler, Der Untergang des
Abendlandes, 1918-1922, S. 800-801).Spengler:
Darin liegt die Bedeutung des Kampfes gegen die Fronde, und die Mächte
der großen Stadt konnten für sich zunächst nur einen Vorteil darin
erblicken. Der Herrscher steht hier im Namen des Staates, der Sorge für
alle, und er bekämpft den Adel, weil dieser den Stand als politische
Größe aufrecht erhalten will. (Oswald Spengler, Der absolute
Staat, Fronde und Tyrannis, in: Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922,
S. 1039).Oswald Spengler (28.05.1880
- 08.05.1936), Wallenstein, in: Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922,
S. 1046.Standesstaaten, diese
Tatsache wollte Spengler unzweideutig ausgesprochen wissen: es
gibt nur Standesstaaten, Staaten, in denen ein einzelner Stand regiert.
Man verwechsle das nicht mit Ständestaat, dem der einzelen nur vermöge
seiner Zugehörigkeit zu einem Stande angehört. Das letzte ist
der Fall in der älteren Polis, in den Normannenstaaten von England und Sizilien,
aber auch in dem Frankreich der Verfassung von 1791 und in Sowjetrußland.
Das erste bringt dagegen die allgemeine geschichtliche Erfahrung zum Ausdruck,
daß es stets eine einzelne Schicht ist, von welcher, gleichviel ob verfassungsmäßig
oder nicht, die politische Führung ausgeht. Es ist immer eine entschiedene
Minderheit, welche die welthistorische Tendenz eines Staates vertritt, und innerhalb
dieser wieder eine mehr oder weniger geschlossene Minderheit, welche die Leitung
kraft ihrer Fähigkeiten tatsächlich, und oft genug im Widerspruch mit
dem Geist der Verfassung in Händen hat. Und wenn man von revolutionären
Zwischenzeiten und von cäsarischen Zuständen absieht, die als Ausnahme
die Regel bestätigen, ... - so ist es die Minderheit innerhalb eines Standes,
welche durch Tradititon regiert, weitaus am meisten innerhalb des Adels ... .
(Oswald Spengler, Stand und Staat, in: Der Untergang des Abendlandes,
1918-1922, S. 1016-1017).Sebastian Franck
(1499-1542 )
konverierte als katholischer Geistlicher zum Luthertum und übte das Amt eines
Gemeindepredigers aus, dann überwarf er sich mit den Protestanten, weil er
wegen seiner Ablehnung jeglichen dogmatisch geprägten Christentums in Widerspruch
zu den Lutheranern geriet, und trat verschiedenen Sekten bei. Die Verfolgung zwang
ihn zu einem unsteten Wanderleben. Sein Leben und seine Werke sind von kaum zu
überbietender Vielfalt. Werke u.a.: - Von den greuwlichen laster
der trunckenheit, 1528 - Die Türkenckronik, 1530
- Chronica, Zeytbuch und geschychtbibel, 1531 - Cosmographia
(Weltbuch), 1534 - 280 Paradoxa aus der Heiligen Schrift, 1534
- Germaniae Chronicon, 1538 - Sprichwörtersammlung
(u.a. deutscher Michel), 1541Fürst
(zu althochdeutsch furisto, der Vorderste) ist seit dem Mittelalter die
Bezeichnung für die höchste Schicht des hohen Adels, die durch ihre
besondere Königsnähe an der Herrschaft über das Reich, besonders
in seiner territiorialen Gliederung, teilhatte (Reichsadel), v.a. Herzöge
und Herzogsgleiche sowie Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte der Reichsabteien.
Ihnen stand das Recht der Königswahl zu und die Pflicht, bei Entscheidungen
in Reichssachen mitzuwirken. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
konnten zunächst alle freien, dann alle Reichsfürsten den König
wählen. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kristallisierten sich bei der
Wahl des Königs immer mehr entscheidende Fürsten heraus. Spätestens
aber im 13. Jahrhundert ergab sich aus den Fürsten heraus der engere Kreis
der Königswähler, die Kurfürsten, deren Sonderstellung in der Goldenen
Bulle von 1356 festgelegt wurde. Weltliche und geistliche Reichsfürsten
hatten Sitz und Stimme im Reichstag. Seit dem staufisch-welfischen Thronstreit
(1198) mußten die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie
der Pfalzgraf bei Rhein (die Rheinpfalz) an einer gültigen Wahl beteiligt
sein. Der Sachsenspiegel (1224-1231) zählt 2 weitere Kurfürsten
als Vorwähler oder Erstwähler auf: den Herzog von Sachsen
und den Markgrafen von Brandenburg. Mit der Doppelwahl von 1527 traten zum ersten
mal die 7 Kurfürsten (einschließlich des vom Sachsenspiegel abgelehnten
Königs von Böhmen) als alleinige Wähler auf. Als Rudolf von Habsburg
gewählt wurde (1273 ),
war das Kurfürstenkollegium (Kurkollegium) ein geschlossener Wahlkörper.
Seine Entstehung - vom Sachsenspiegel aus dem Besitz der Erzämter erklärt
- war also letztlich ein Ergebnis des Interregnums ():
eine Verhinderung der erblichen Thronfolge, ein Erwerb von Reichsgut und wichtigen
Reichsrechten durch die Kurfürsten. Das Wahlrecht schränkte sich auf
3 geistliche und 4 weltliche Kurfürsten ein, die vom Kandidaten Sonderrechte
(Kapitulationen) und politisches Mitspracherecht (Willebriefe) forderten, ein
schwaches Königtum wünschten und deshalb die Krondynastie wechselten.
Die Kurfürsten wurden häufig zu Gegenspielern des Königtums. Zur
Gültigkeit der Wahl mußten mindestens 4 Kurfürsten anwesend sein.
Die Mehrheitswahl wurde zuerst im Kurverein von Rhense (1338 )
für rechtsmäßig erklärt und 1356 in der Goldenen Bulle als
Reichsgrundgesetz festgelegt, die auch die Beratung von Reichsangelegenheiten
durch die Kurfürsten auf Kurfürstentagen verbriefte. Im 15. Jahrhundert
wurde das Kurfürstenkollegium zur 1., vom Reichsfürstenrat getrennten
Kurie des Reichstages. Die böhmische Kurwürde ruhte 1519 bis 1708 mit
Ausnahme der Beteiligung an der Königswahl; die Kur des geächteten Pfalzgrafen
bei Rhein wurde 1623 Bayern übertragen, der Pfalz aber 1648 ()
eine 8. Kurwürde zugestanden. Braunschweig-Lüneburg (Hannover) hatte
seit 1692 eine 9. (1708 vom Reichstag bestätigt), nach der Vereinigung Bayerns
mit der Kurpfalz 1777 die 8. Kurwürde inne (seit 1778). 1803 wurden die Kurstimmen
von Trier und Köln aufgehoben, die Mainzer Kur auf Regensburg-Aschaffenburg
übertragen. Neugeschaffen wurden die Kurfürstentümer Salzburg (1805
auf Würzburg übertragen), Württemberg, Baden und Hessen-Kassel.
Am Ende des 1. Deutschen Reiches gab es 10 Kurfürsten. (Vgl dazu die entsprechenden
Phasen 6-8, 8-10, 10-12, 12-14, 14-16, 16-18, 18-20).Kurverein
von Rhense war der Zusammenschluß der Kurfürsten (ohne Böhmen)
am 16.07.1338 in Rhense (Rhens, Rhein-Lahn-Kreis) zur Verteidigung des Reichsrechts
und ihrer Kurrechte besonders gegen päpstliche Ansprüche. In einem Rechtsspruch
setzten die Kurfürsten ()
fest, daß der von ihnen oder ihrer Mehrheit zum Römisch-Deutschen König
gewählte nicht der päpstlichen Anerkennung bedürfe.Der
Partikularismus (Föderalismus, Separatismus, Dualismus )
in Deutschland, erstmals im Interregnum (1254-1273 )
durch die Stärkung der Reichsfürsten (vgl. Kurfürsten )
angekündigt, erreichte seinen Höhepunkt (für Deutschland: Tiefpunkt)
mit dem Westfälischen Frieden (),
der 1648 geschlossen wurde und dessen Bedeutung vor allem darin bestand, daß
mit dem Sieg des fürstlichen Libertätsprinzips die Territorialisierung
des Reiches für bis zu 360 landeshoheitliche Einzelstaaten legalisiert wurde.
Danach erfuhr der Partikularismus erst allmählich eine Schwächung, die
aber während der Befreiungskriege (1806-1814) verstärkt angekündigt
und durch den diese Ankündigung wieder relativierenden Wiener Kongreß
(1814-1815 ;
vgl. Deutscher Bund )
immerhin so realisiert wurde, daß nur noch 10% der landeshoheitlichen Einzelstaaten
übrig blieben. Eine ausgesprochen gefestigte Einheit, wie sie vor dem Interregnum
bestanden hatte, wurde erst wieder mit der Gründung des Zweiten Deutschen
Reiches (1871) erreicht, beibehalten bis zum Ende des Dritten Deutschen Reiches
(1945). Seit 1945 aber hat in Deutschland der partikularistisch-dualistische Separatismus
- Föderalismus ist nur das beschönigende Wort dafür ()
- wieder allmählich zugenommen (vgl. Bundesrepublik Deutschland). Beispielsweise
lag der Anteil der vom Bundestag zu verabschiedenen Gesetze, die auch den Bundesrat
(vgl. Föderalismus) passieren müssen, in den 1970er Jahren noch bei
30%, in den 1990er Jahren aber schon bei über 80% (!). Auch das seit Ende
des 2. Weltkrieg forcierte EU-Projekt ist (neo-) partikularistisch, nämlich
als Ausdruck der Absicht aller nichtdeutschen Staaten, einen möglichst hohen
Anteil am mächtigen Potential Deutschlands zu bekommen, indem sie sich diese
Ausnutzung durch garantierte EU-Rechte sichern. Ohne Deutschland, weil es Europas
Motor ()
war und ist, läuft nichts in Europa. Schon deshalb hätte heute ein in
Deutschland übertrieben praktizierter Partikularismus - Föderalismus,
Separatismus u.ä. Start-Ziel-Austauschbarkeiten - sehr fatale Auswirkungen
auf ganz Europa, wenn nicht sogar auf die ganze Welt. Oder ist der Untergang
des Abendlandes sogar gewollt? Dualismus
bedeutet Doppelherrschaft, und zwar bei Rivalität oder bei Interessenidentität.
Beides betrifft den Deutschen Dualismus ():
im 18 Jahrhundert (v.a. 2. Hälfte) die Rivalität zwischen Österreich
und Preußen, von 1815 bis 1848 die Interessenidentität zwischen Österreich
und Preußen und von 1850 bis 1866 die teilweise Interessenidentität
bzw. teilweise Rivalität zwischen Österreich und Preußen. In gewisser
Weise kann man auch von einem Deutschen Konfessionsdualismus sprechen,
denn unter allen deutschen Regionen repräsentieren ihn wohl am deutlichsten
und am geschlossensten das mehrheitlich katholische Österreich und das mehrheitlich
protestantische Preußen auch die seit der Reformation ()
und bis zum Westfälischen Frieden ()
sich bekämpfenden Katholiken und Protestanten. Auch wenn dabei die konfessionellen
Unterschiede immer weniger eine Rolle spielten und es immer mehr nur noch um Machtpolitik
ging, die im Dreißigjährigen Krieg besonders deutlich wurde, so konnte
seitdem ein wie auch immer gearteter Dualismus in Deutschland sich immer wieder
Bahn schaffen. Insbesondere das Ausland
erkannte seit dem Dreißigjährigen Krieg Deutschlands Kleinstaaterei
als riesige Chance und war seitdem natürlich stets bestrebt, eine andere
Entwicklung vehement zu bekämpfen. Man kann sich leicht vorstellen, welches
Glück vor allem Frankreich und England hierdurch beschert wurde und welches
Unglück sie empfanden, als sich dies änderte. Dies und sonst nichts
ist der Grund für die antideutsche Politik des Auslands ().
Die Tatsache, daß sich die Staaten des europäischen Auslands gegen
die Deutsche Einheit ()
auch 1990 noch vehement wehrten, ist ein Indiz dafür, daß das ausländische
Europa sich Deutschlands Kleinstaaterei bzw. den Deutschen Dualismus immer noch
sehnsüchtig wünscht. Gleiches gilt seit 1968 für Deutschlands
linke Politiker. (Vgl. Partikularismus
& die Tafel zum Dualismus). Der
Wiener Kongreß (1814-1815 ),
die von Ende September 1814 bis Juni 1815 erfolgte Zusammenkunft der europäischen
Monarchen und Staatsmänner zum Zweck der politischen Neuordnung Europas nach
dem Sturz Napoleons I. (),
erarbeitete - ein verhandlungstechnisches Novum - seine Ergebnisse in Kommissionen
und trat formell erst durch seinen Schlußakt ins Leben. Eine herausragende
Rolle spielte vor allem der österreichsiche Staatskanzler Klemens W. von
Metternich (1773-1859 ),
aber auch der britische Außenminister R. S. Viscount Castlereagh (1769-1822),
der preußische Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg (1750-1822),
der russische Zar Alexander I. (1777-1825) und (wie erstaunlich
!) der französische Vertreter C. M. de Talleyrand (1754-1838), dessen
diplomatisches Geschick seinem Land eine nahezu gleichberechtigte Position zurückgewann
(!). Der Wiener Kongreß war besonders gekennzeichnet
durch das Spannungsverhältnis zwischen der grundlegenden Zielvorstellung
des Gleichgewichts europäischer Mächte, das auf einer Restauration ()
vorrevolutionärer Zustände und dem Grundsatz dynastischer Legitimität
beruhen sollte, und den Großmachtrivalitäten sowie den faktischen Beharrungskräften
der politischen Veränderungen im Gefolge Napoleon(ist)ischer Herrschaft.
Im 1. Pariser Frieden (1814) wirkte Metternich im Sinne der europäischen
Gleichgewichtspolitik (also im Interesse der Engländer
!) auf die Schonung Frankreichs hin. Auf dem unter Metternichs Vorsitz
tagenden Wiener Kongreß betrieb er erfolgreich die Wiederherstellung der
politischen und sozialen Ordnung in Europa nach den Grundsätzen der Legitimität.
Die Heilige Allianz (Österreich-Preußen-Rußland)
formte Metternich zu einem Bund der Fürsten gegen die nationalen und liberalen
Regungen der Völker. Als führender europäischer Staatsmann trat
Metternich auch auf den Kongressen der Jahre 1820-22 auf, die er zum Instrument
legitimistischer Interventionspolitik machte. Im Deutschen Bund (1815-1866 )setzte
er in Zusammenarbeit mit Preußen die rücksichtslose Unterdrückung
der freiheitlichen und nationalen Bewegung - vor allem durch die Karlsbader Beschlüsse
(1819 )
- sowie die Festschreibung des monarchischen Prinzips (1820) durch. Als Verfechter
dieses Prinzips war Metternich zu keinem Zugeständnis bereit. Das System
Metternich war ausgerichtet auf die Erhaltung der politischen und sozialen
Ordnung, die auf dem Wiener Kongreß im vorrevolutionären Sinne restauriert
worden war. Die Stabilität dieser auf monarchischer Legitimität gegründeten
Friedensordnung sah Metternich am besten im Gleichgewicht der 5 Großmächte
gesichert, wobei er der Zusammenarbeit der 3 konservativen Großmächte
(Österreich, Preußen, Rußland) einen besonderen Wert beimaß.
Metternichs politisches Denken war geprägt von kompromißloser Ablehnung
der französischen Revolution. Die Mittel seiner Politik waren
u.a. Kongreßdiplomatie ()
und militärische Interventionen, Polizeimaßnahmen und Zensur.Kein
Zufall, daß die Kongreßdiplomatie ein von R. S. Castlereagh
- also für England (!) - 1815 (
Wiener Kongreß )
organisiertes Verfahren war, denn sie diente der Außenpolitik (Zusammenkünfte
der Monarchen und ihrer Minister) zur sozialkonservativen europäischen Friedenssicherung
- nach den Befreiungskriegen (!) -, und deshalb diente sie vor allem der englischen
Außenpolitik.Die Restauration (),
die von 1814/15 (Wiener Kongreß )
bis etwa 1848/52 andauerte, wollte zu vorrevolutionären Verhältnissen
zurückkehren, aber ohne die sozialen, rechtlichen und territorialen Veränderungen,
die die französische Revolution und die Napoleonische Neuordnung
Europas hinterlassen hatten, in vollem Umfang rückgängig zu machen.
Hinter der Restaurationspolitik stand die Gleichgewichtspolitik - als Ablenkungspolitik
eine Politik der Engländer! Metternich (1773-1859
)
wollte mit seiner Politik nicht einfach nur die Gegenwart durch die Vergangenheit
sichern, sondern die Zukunft möglichst weit aufschieben, weil er deren Schrecken
voraussah,: Mein geheimster Gedanke ist, daß das alte Europa am Anfang
seines Endes ist. Ich werde, entschlossen mit ihm unterzugehen, meine Pflicht
zu tun wissen. Das neue Europa ist anderseits noch im Werden; zwischen Ende und
Anfang wird es ein Chaos geben
Der Deutsche Bund (1815-1866), ein
Zusammenschluß der souveränen deutschen Fürsten und freien
Städte zu einem Staatenbund, wurde auf dem Wiener Kongreß (1814-1815
)
gegründet und bestand anfangs aus 38, seit 1817 aus 39 und zuletzt
aus 33 Mitgliedern, die nach innen souverän, jedoch an die Mehrheitsbeschlüsse
des Deutschen Bundes gebunden waren. Organ des Bundes war die in Frankfurt
(Main) unter österreichischem Vorsitz tagende Bundesversammlung aller
Gesandten, deren Arbeitsfähigkeit in der Praxis von der österreichisch-preußischen
Zusammenarbeit abhängig war. Unter dem Einfluß Metternichs
und mit preußischer Zustimmung wurde der Deutsche Bund seit 1819
(z.B. durch die Karlsbader Beschlüsse )
und verstärkt nach 1830, ein Instrument zur Unterdrückung der
Einheits- und Verfassungsbewegung. Als Institution von der Revolution
1848 überrollt, wurde der Deutsche Bund 1850 wiederhergestellt. Nach
Ausbruch der Revolution mußte z.B. Metternich als verhaßter
Exponent der Reaktion am 13.03.1848 zurücktreten und ins Ausland
fliehen, bevor er im September 1851 nach Wien zurückkehrte. Doch
der sich seit 1850 verschärfende österreichisch-preußische
Gegensatz (Deutscher Dualismus )
führte zum Ende des Deutschen Bundes. Nach dem Deutschen Krieg (1866)
wurde er aufgelöst. Mit dem Sieg über Österreich im Deutschen
Krieg erreichte Otto von Bismarck (1815-1898 )
die Gründung des Norddeutschen Bundes (1866), eines Bundestaates
von 22 Mittel- und Kleinstaaten sowie freien Städten, der eine Zwischenstufe
im Prozeß der Entstehung des 2. Deutschen Reiches bildete. Wirtschaftlich
und militärisch stand der Norddeutsche Bund unter preußischer
Vorherrschaft. Über Zollparlament und Zollbundesrat (Deutscher Zollverein)
waren auch die süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bund verbunden.
Er war als Provisorium gedacht, da französischer Widerstand 1866
den Weg zu einer formellen nationalstaatlichen Lösung der deutschen
Frage versperrte. Die liberalen und föderalistischen Elemente des
Norddeutschen Bundes waren ein Entgegenkommen an die süddeutschen
Staaten, seine dahinter sichtbare Tendenz zur Absicherung der preußischen
Vorherrschaft Ausdruck der Reichsgründung von oben. Zu
Beginn des Deutsch-Französischen Krieges (1870-71) schlossen sich
die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen Bund an, der im Dezember
1870 den Namen Deutsches Reich annahm. Der Sieg über Frankreich vollendete
die kleindeutsche Reichsbildung (weil ohne Österreich) als das 2.
Deutsche Reich - mit der Kaiserproklamation am 18.01.1871 in Versailles.
NACH OBEN
© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014).
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