Kann hier nur die Geschichte
des Glaubens und Denkens helfen?Wissenschaftsgläubige,
ob Physik-Chemie-Biologie-Ökonomie-Semiotik-Linguistik-Mathematiker
oder Mathematik-Linguistik-Semiotik-Ökonomie-Biologie-Chemie-Physiker,
stehen immer vor der unlösbaren Aufgabe, die Quadratur des Kreises
zu zeichnen (z.B. mathematisch), zu bezeichnen (z.B. linguistisch) oder auch sonstwie
zu konstruieren (z.B. religiös-theologisch-philosophisch): Glaube wird Religion,
Religion wird Theologie, Theologie wird Philosophie, Philosophie wird Neu-Theologie,
Neu-Theologie wird Neu-Religion, Neu-Religion wird Neu-Glaube. Es bleibt nur der
Glaube (bzw. das glaubende Denken ).
Wenn z.B. der aus der Religion gekommene Theo-Zentriker zum (heimlichen) Anthropo-Zentriker
geworden ist, macht der (unheimliche) Zweifel aus dem Anthropo-Zentriker einen
(heimlichen) Theo-Zentriker, der zur Religion kommen wird ( ).
Die Quadratur des Kreises ist also doch immer zuerst eine Quadratur
des Machtkreises.  Der
Pantheismus, die heimliche Religion der Deutschen - das meinte jedenfalls der
Idealist und Romantiker Friedrich Schleiermacher (1768-1834; )
-, macht das Weltall oder die Natur zu Gott; und wenn Universum und Natur identisch
sind, dann dürfen auch Galaxien(haufen) und Kultur(kreise) sowie Sternsysteme
(also auch Planetensysteme) und Lebenssyssteme (also auch menschliche Sozialsysteme:
Völker, Nationen) als Analogien angesehen werden. So gilt, daß die
Natur der Lebewesen immer auch eine Kultur beinhaltet und daß das sogenannte
höhere Leben, zu dem Menschen gehören, wahrscheinlich mindestens
so selten ist wie diejenigen Planetensysteme im Weltall, die Leben ermöglichen.
( ).
Was nun aber das Glauben, Wissen und Denken
darüber betrifft, haben es gerade die Spätdenker
in vierfacher Hinsicht schwer: Technologie, Wissenschaft, Philosophie und Theologie
- im Zusammenspiel: der Glaube an die
- veranlassen die konkurrierenden Spätdenker dazu, diese durch die Hochdenker
(vor allem die forschenden Philosophen und Wissenschaftler) dynamisch angestrebte
Neu-Theologie zu einer Neu-Religion zu machen. Spätdenker müssen also
als Neu-Theologen das Spätdenken starten und die als christliche Maxime
ausgegebene Reihenfolge Theologie-Philosophie-Wissenschaft-Technologie umkehren,
die die kirchlichen Vertreter einst festgelegt hatten ( )
- in der Zeit der Frühdenker,
als sich Scholastik und Mystik noch auf dem Weg von der Theologie zur Philosophie
befanden. Aber auch die Frühdenker hatten ja ihre Methoden nicht komplett
erfunden, sondern waren, was die Basis ihres Denkens anging, durch das religiöse
Korsett, d.h. durch die Vorarbeit der Vordenker
an vorgegebene Regeln gebunden. Und die Vordenker waren doch fast ausnahmslos
damit beschäftigt gewesen, sich und ihre Mitmenschen (Mitdenker?)
von den heidnischen Bräuchen abzugrenzen, obwohl und gerade weil
diese die ureigensten Denkweisen sind, nämlich glaubhafte Methoden der Urdenker.
Uns Spätdenkern bleibt wohl nicht anderes übrig, als das Urdenken nicht
nur wissenschaftlich zu behandeln und historisch zu be- und überdenken, sondern
auch auf existenzielle Weise vorzudenken, auch weil wir in ein paar Jahrhunderten
immer mehr auf ein nomadisches Leben zusteuern werden. Nur eine Neu-Theologie
kann uns Spätdenker in die Lage versetzen, die Vordenker der Vordenker
zu werden. Wir würden dann die Neu-Urdenker, d.h. die wirklich zum
Nachdenken gekommenen wahren Denker. Das ist so, als wolle man das
Unmögliche möglich machen. Spätdenker müssen es schaffen,
Retrospektive und Prospektive so in Übereinstimmung zu bringen, daß
sogar das Denken im Uterus vorstellbar, weil vordenkbar, wird. Denken
hat auch viel mit Danken zu tun - und nicht nur mit Gedanken. 
Wahrheit?
Die Wahrheit hat mit
dem Glauben ( )
insofern zu tun, als daß sie auf ihn zurückgeht. Das Glauben
ist ein Für-wahr-Halten (   ).
In der Wissenschaft geht es um Wahrheit, also ist auch die Wissenschaft
voraussetzungsmäßig am Glauben gebunden. Das gilt besonders
für die theoretische Seite der Wissenschaft; für die praktische
Seite der Wissenschaft gilt, daß hier auf die Erfahrung durch Beobachtung,
also auf die Sinne gesetzt wird, mit denen versucht wird, die Wahrheit
- ob sie nun Wirklichkeit, Realität oder
Objektiviät genannt wird - auf emprischem Wege zu finden, wobei der Glaube immer vorausgesetzt ist. Jeder Wissenschaftler muß an die Wissenschaft bzw. Wahrheit glauben.
Dadurch läuft er aber auch Gefahr, an eine andere Welt zu glauben
als die, die ihn in seiner unmittelbaren Existenz umgibt. In dem Fall
stehen sich aber wieder Jenseitigkeit (Wahrheit/Wissenschaft als andere
Welt) und Diesseitigkeit (Leben/Existenz als Dasein in dieser Welt) gegenüber.
Dies hat nicht zufällig Ähnlichkeit mit dem
Christentum, in dem der Wahrhaftige den Glauben
an die Wissenschaft voraussetzt und damit eine andre Welt
als die des Lebens, der Natur und der Geschichte bejaht (vgl.
Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, 1882 S. 243
).
Dieser Glaube selbst ist metaphysisch und für Abendländer deshalb
besonders typisch, weil bei ihnen auch noch das Faustische
hinzukommt. Die Mischung aus dem christlichen Glauben, gemäß
dem Gott die Wahrheit ist, ... die Wahrheit göttlich
ist (Friedrich Nietzsche, ebd.), und dem Faustischen ergab die Grundlage
für ein Phänomen, das es in der Welt zuvor noch nie gegeben
hatte, dessen Wert seit Beginn der industriellen Moderne jedoch immer
mehr herabgewürdigt wird, weil die Vorteile den Nachteilen gegenüber
immer mehr ins Hintertreffen geraten zu sein scheinen, wenn man denjenigen,
die das glauben, glaubt.
Die geschichtliche Wahrheit, wie alle Wahrheit - am siegreichsten
leuchtet hier die mathematische Wahrheit auf, die strengste Form der ewigen
Wahrheit - ist vor dem subjektiven Ich und ohne dasselbe .... So wie das
Ich der Vernunft die Vernünftigkeit der Dinge insgesamt ansieht,
so sind sie nicht in der Wahrheit ... und kein Kant ... wird das Gesetz
abändern, das dem Menschen gebietet, sich nach den Dingen zu richten.
(Carl Braig). Braigs Anspruch - am siegreichsten leuchtet hier die
mathematische Wahrheit auf, die strengste Form der ewigen Wahrheit
- hatte Heidegger die Richtung gewiesen, und gespürt hatte Heidegger
schon als Kind seine Vorliebe für die formale und mathematische Logik:
Als in der Obersekunda der mathematische Unterricht vom bloßen
Aufgabenblösen mehr in theoretische Bahnen einbog, wurde meine bloße
Vorliebe zu dieser Disziplin zu einem wirklichen sachlichen Interesse,
das sich nun auch auf die Physik erstreckte. Dazu kamen Anregungen aus
der Religionsstunde, die mir eine ausgedehnte Lektüre über die
biologische Entwicklungslehre nahelegten. In der Oberprima waren es vor
allem die Platostunden ..., die mich mehr bewußt, wenn auch noch
nicht mit theoretischer Strenge in philosophische Probleme einführten.
(Martin Heidegger, zitiert in: Hugo Ott, Martin Heidegger - Unterwegs
zu seiner Biographie, 1988 S. 86). Wenn Heidegger 1915 in seinem
Lebenslauf seine formallogische Schulung erwähnt, als handle
es sich um Propädeutik, dann untertreibt er. Denn für ihn war
damals die formale und mathematische Logik tatsächlich eine Art Gottesdienst,
von der Logik läßt er sich in die Disziplin des Ewigen nehmen,
hier findet er Halt auf dem schwankenden Grund des Lebens. (Rüdiger
Safranski, Ein Meister aus Deutschland - Heidegger und seine Zeit,
1994, S. 38). 
Subjekt-Objekt
?
Schon der noch junge Heidegger wollte ins grelle Licht
setzen, was da eigentlich vor sich geht, wenn wir uns in eine theoretische, also
üblicherweise wissenschaftlich genannte Einstellung zur Welt
versetzen. In der sogenannten objektivierend-wissenschaftlichen Einstellung
lassen wir nämlich die primäre Bedeutsamkeit, das Umweltliche,
die Erlebnishaftigkeit verschwinden, entkleiden das Etwas bis auf seine nackte
Gegenständlichkeit, was nur dadurch gelingt, daß wir auch das erlebende
Ich herausziehen und ein künstliches neues, sekundäres Ich aufrichten,
das auf den Namen Subjekt getauft wird und das dann in entsprechender
Neutralität dem ebenso neutralen Gegenstand, der nun Objekt
heißt, gegenübersteht. Und in diesem Augenblick wird klar, worauf Heidegger
hinausmöchte: Was die neuzeitliche Philosophie und von ihr ausgehend die
neuzeitliche Wissenschaft als die Ursituation, den voraussetzungslosen Anfang
des Nachdenkens und die letzte Gewißheit ansetzen, nämlich die Gegenüberstellung
»Subjekt-Objekt«, ist gar kein voraussetzungsloser Anfang. Damit fängt
es nicht an. Es fängt vielmehr damit an, daß wir uns in der beschriebenen
weltenden Weise erlebend bei der Welt ... vorfinden. (Rüdiger
Safranski, Ein Meister aus Deutschland - Heidegger und seine Zeit, 1994,
S. 116). Dies war gewissermaßen Heideggers Vorarbeit zur Ausschaltung von
Bewußtseinsbegriff und Subjekt-Objekt-Gegensatz durch das In-der-Welt-Sein.
 Das
Bedeutsame ist das Primäre ... In einer Umwelt lebend, bedeutet es mir überall
und immer, es ist alles welthaft, es weltet (Martin Heidegger, 2 / 1919).
Es weltet: dies die erste der eigenwilligen Heideggerschen Wortschöpfungen,
von denen es später so viele geben wird. Hier kann man beobachten, wie der
Ausdruck gefunden wird, um einen Vorgang zu bezeichnen, der zunächst selbstverständlich
erscheint, beim näheren Zusehen indes eine Komplexität aufweist, für
die es noch keinen Namen gibt. So erfindet er ihn, um das zu bezeichnen, was wir
gemeinhin nicht erkennen, weil es uns zu nahe ist. Denn es ist tatsächlich so .... Der ... Begriff des Urerlebnisses bekommt einen prägnanten
Sinn: er bezeichnet das Wahrnehmen so, wie es sich tatsächlich vollzieht
- jenseits der theoretischen Meinungen darüber. .... Am Anfang ist Bedeutung,
am Anfang weltet es, so oder so. (Rüdiger Safranski, Ein
Meister aus Deutschland - Heidegger und seine Zeit, 1994, S. 114-115).
Man muß das Ur - ... bei Heidegger und seinen präzisen
Sinn (des jeweils situativ Anfänglichen) lebendig nachvollziehen können,
um zu verstehen, warum Heidegger von der Urintention des gelebten
Lebens spricht, die es unterhalb der künstlichen und pseudoanfänglichen
Subjekt-Objekt-Entgegensetzung aufzudecken gilt. Er will, so sagt er, Einspruch
erheben gegen eine ungerechtfertigte Verabsolutierung des Theoretischen
(deren er auch Husserl bezichtigt). Die tief eingefressene Verranntheit ins
Theoretische ist ... ein großes Hindernis, den Herrschaftsbereich des umweltlichen
Erlebens ... zu überschauen (Martin Heidegger, Gesamtausgabe,
2 / 1919, S. 88). Er spricht mit aggressivem Unterton vom Prozeß der fortschreitenden
zerstörenden theoretischen Infizierung des Umweltlichen (Martin Heidegger,
ebd., 1919, S. 89) und findet auch dafür einen neuen Namen: Entleben.
Die theoretische Einstellung, so nützlich sie auch ist und obgleich sie auch
ins Repertoire unserer natürlichen Welteinstellungen gehört, ist entlebend;
später wird Heidegger dafür auch den ... Begriff Verdinglichen
verwenden. In der Vorlesung sagt er: Die Dinghaftigkeit umschreibt eine ganz
originäre Sphäre, die aus dem Umweltlichen herausdestilliert ist. Daß
es weltet ist in ihr bereits ausgelöscht. Das Ding ist bloß
noch da als solches, d.h. es ist real .... Das Bedeutungsshafte ist ent-deutet
bis auf diesen Rest: Real-sein. Das Umwelt-erleben ist ent-lebt bis auf den Rest:
ein Reales als solches erkennen. Das historische Ich ist ent-geschichtlicht bis
auf einen Rest von spezifischer Ich-heit als Korrelat der Dingheit .... (Martin
Heidegger, ebd., 1919, S. 91). Mit dieser Art der theoretischen Einstellung
haben die Menschen schon vor langer Zeit begonnen, das Leben, das eigene und das
der Natur, in einem nutzbringenden, aber auch gefährlichen Ausmaß zu
verändern. Und das war nur möglich, indem man es entlebte, so
Heidegger, oder »entzauberte«, so Max Weber. ( ).
Max Weber hatte als einziges Jenseits zu dieser entzauberten Welt
der Rationalität den privatisierten Bereich der persönlichen und nicht
weiter rationalisierbaren »Wertentscheidungen« übriggelassen.
Aus diesem privaten Asyl sprießen dann auch die Weltanschauungen hervor,
gegen die nichts einzuwenden ist, solange sie nicht wissenschaftliches Prestige
in Anspruch nehmen. (Rüdiger Safranski, Ein Meister aus Deutschland
- Heidegger und seine Zeit, 1994, S. 116-117). Heidegger begann mit der Frage
nach der Urwissenschaft, der Urintention des Lebens, nach dem Prinzip
der Prinzipien. Und, wie gesagt, laut Heidegger ist am Anfang immer schon
Bedeutung - es weltet am Anfang. Doch wozu diese ganze Vertiefung
ins Erleben und in dieses Welten? Zunächst einmal deshalb:
Wir sollen uns bewußtmachen, wie es eigentlich zugeht, wenn wir uns in der
Welt ... vorfinden. (Rüdiger Safranski, ebd., 1994, S. 115-116).
Und diese Worte sprach Martin Heidegger zu Beginn des Jahres 1919, also in einer
Zeit lange vor seinen großen Werken ( ).
In Heideggers bohrender Intensität seines Philosophierens gibt es einen eigenartigen
Überschuß - und der macht sein Denken so faszinierend, schon zu diesem
frühen Zeitpunkt. Der Überschuß steckt in der Frage, die er ...
später geradezu rituell wiederholen wird: die Frage nach dem Sein. ( )
Heidegger vertieft sich in das Erleben, um unserem Sein in Situationen
auf die Spur zu kommen, und ... er ... weiß ... genau, daß wir es
im wissenschaftlichen Theoretisieren und in den Al-fresco-Gemälden der Weltanschauungen
regelmäßig verfehlen. (Rüdiger Safranski, ebd., 1994,
S. 121-122).Das Entleben oder die Beziehung
zwischen dem unmittelbaren Erleben und seiner Vergegenständlichung geschieht
so: Die Einheit der Situation löst sich auf, aus dem Erleben wird die
Selbstwahrnehmung eines Subjektes, dem Objekte gegenüberstehen. Man ist aus
dem unmittelbaren Sein herausgefallen und findet sich als jemand vor, der Gegenstände
hat, unter anderem auch sich selbst als einen Gegenstand, Subjekt genannt. Diese
Objekte und auch das Subjekt können dann nach ihren weiteren Merkmalen, Zusammenhängen,
Verursachungen u.s.w. abgesucht werden; sie werden analytisch bestimmt und schließlich
auch bewertet. In diesem sekundären Vorgang werden die neutralisierten Objekte
wieder in einen Weltzusammenhang eingebaut, oder ihnen wird, wie Heidegger sagt,
ein Kleid angezogen, damit sie nicht so nackt herumstehen. Diese theoretische
Weltkonstruktion hat einen abstrakten Fluchtpunkt. Was hier gemeint ist, demonstriert
Heidegger wieder an seinem Umwelterlebnis des Katheders. In theoretischer Einstellung
kann ich dieses Katheder wie folgt analysieren: Es ist braun; braun ist eine
Farbe; Farbe ist echtes Empfindungsdatum; Empfindungsdatum ist Resultat von physischen
oder physilologischen Prozessen; die physischen sind die primäre Ursache;
diese Ursache, das Objektive, ist eine bestimmte Anzahl von Ätherschwingungen;
die Ätherkerne zerfallen in einfache Elemente, zwischen ihnen als einfache
Elemente bestehen einfache Gesetzlichkeiten; die Elemente sind letzte; die Elemente
sind etwas überhaupt (Martin Heidegger, Gesamtausgabe, 2 / 1919,
S. 113). Auf diesem Wege gelangt man zu einem etwas überhaupt als
eine Art Kern oder Wesen der Dinge. Dieser vermeintliche Kern des Etwas läßt
die ganze Stufenfolge als bloße Abstufungen von Erscheinungen erscheinen.
Das braune Katheder ist nicht das, als was es erscheint. Es ist zwar nicht nichts,
aber auch nicht dieses Etwas, als das es erscheint. Diese Auffassungsweise läßt
Heisenberg davon sprechen, daß im modernen naturwissenschaftlichen Weltbild
die antike Naturphilosophie wiederauflebt, wonach die Atome (oder sogar die subatomaren
Teilchen) das »eigentlich Seiende« seien. ( ).
Heidegger zeigt, daß bei dieser analytischen Reduktion das Rätsel,
daß da überhaupt etwas ist, mikrokosmisch auf die subatomaren Verhältnisse
verschoben wird (genausogut könnte man sie übrigens makrokosmisch auf
das Ganze des Weltraumes verschieben), daß dabei aber übersehen wird,
wie dieses Rätsel des Etwas auf jeder Reduktionsstufe erhalten bleibt ....
Im Unterschied zu jenem Etwas, das die Wissenschaft am Ende ihrer Reduktionen
übrig behält, bezeichnet Heidegger dieses Etwas, das an
jedem Punkt des Erlebens seine staunenswerte Präsenz offenbart, als etwas
Vorweltliches (Martin Heidegger, ebd., 1919, S. 102). .... Der Ausdruck
vorweltlich für dieses Staunen ist von Heidegger auch deshalb glücklich
gewählt, weil darin jenes Staunen anklingt, wenn man sich wie eben erst zur
Welt gekommen in ihr vorfindet. (Vgl. Vorweltlichkeit,
Zur-Welt-Kommen, In-der-Welt-Sein ).
Zu Beginn hatte Heidegger seinen Versuch, ein Erleben zur phänomenologischen
Selbsttransparenz zu bringen, als Sprung in eine andere Welt, oder genauer:
überhaupt erst in die Welt (Martin Heidegger, ebd., 1919, S. 63)
bezeichnet. Diese ursprüngliche Erfahrung des Staunens ist für Heidegger
der theoretischen Entlebung genau entgegengesetzt. Sie besagt nicht absolute
Unterbrochenheit des Lebensbezuges, keine Entspannung des Entlebten, keine theoretische
Fest- und Kaltgestelltheit eines Elebbaren, sondern sie ist der Index für
die höchste Potentialität des Lebens. Sie ist ein Grundphänomen,
das gerade in Momenten besonders intensiven Erlebens (Martin Heidegger,
ebd., 1919, S. 115) sich ereignet. (Rüdiger Safranski, Ein
Meister aus Deutschland - Heidegger und seine Zeit, 1994, S. 124-125). Gegen
das Entleben als den Prozeß der Zerstörung der Umwelt durch die Wissenschaft
stellt Heidegger das Leben als den Prozeß des Erlebens der Welt durch das
menschliche Lebe-Wesen.  Naturwissenschaft-Geisteswissenschaft
?
Wenn überhaupt, dann können Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft
nur gemeinsam zu Lösungen komplexer Probleme kommen. Im Bezug auf
seine geistige Tätigkeit ist der Naturwissenschaftler immer auch
Geisteswissenschaftler, und im Bezug auf die Phänomene ist der Geisteswissenschaftler
immer auch Naturwissenschaftler. Alle Wissenschaften
entstehen aus dem Glauben (Fürwahrhalten
),
der zur Religion, zur Theologie, zur Philosophie bzw. Wissenschaft wird
und danach über den umgekehrten Weg (=> Neu-Theologie => Neu-Religion)
neu in Form kommt, also ein Neu-Glaube wird ( ).
Löste sich die Naturwissenschaft von der Geisteswissenschaft (also:
von der Bevormundung durch Glaube, Religion, Theologie), indem sie sich
zunächst an die Philosophie (Naturphilosophie bzw. Astrologie, woraus
Physik bzw. Astronomie hervorgingen) klammerte und dann auch von ihr trennte,
so begann mit diesem Erreichen einer Neu-Theologie die Geisteswissenschaft
damit, die Naturwissenschaft zu kopieren (z.B. im Abendland seit der Romantik
( ).
Die Abendländer befinden sich also immer noch auf dem Weg von der
Neu-Theologie (hier: Vorrang von Technik und Wissenschaft, z.B. im Bund
mit dem Kategorischen
Imperativ oder dem Pantheismus)
zur Neu-Religion (ein Beispiel wäre die Planetare
Verantwortungsethik). ( ).
Und weil die Naturwissenschaft seit Max Planck
(1858-1947) ihre Grenzen kennt, wartet sie auf die Geisteswissenschaft
als Antwortgeber auf ihre unlösbaren Probleme. Die Physiker verstehen
das Universum nicht, weil sie, wie Harald Lesch einmal sagte, zu
blöd sind! ( )
- er meinte vor allem Anfang und Ende des Universums. Die Genetiker wissen
nichts von der Gen-Ethik und fragen deshalb die Philosophen. Die Philosophen
sagen, sie hätten nicht viel zu sagen und geben den Schwarzen
Peter (Wilhelm Vossenkuhl) zurück an die Naturwissenschaftler.
Das ist auch keine Lösung, oder?
Böse Kritiker behaupten
sogar, die Naturkonstanten seien nicht konstant. Für Naturwissenschaftler
ist das natürlich die Ketzerei schlechthin. Konstanten sind das bei
Veränderungen oder Rechnungen unverändert Bleibende. Viele Naturkonstanten
können auf allgemeinere, die universellen Naturkonstanten zurückgeführt
werden, zu denen vor allem die atomaren Grundkonstanten zählen; die Atomkonstanten
werden nämlich unterschieden: 1.) atomare Grundkonstanten, zu denen die Elementarladung
e,
die Ruhemassen von Elektron (me)
und Proton (mp),
das Plancksche Wirkungsqauntum h
und die Boltzmann-Konstante k
zählen; 2.) die abgeleiteten atomaren Konstanten, resultierend aus den atomaren
Grundkonstanten, einigen allgemeinen physikalischen Konstanten (zum Beispiel:
die Avogadro-Konstante NA, die elektrischen und magnetischen
Feldkonstanten eo
und µo sowie
die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit co) und den Kernmassen
- zu diesen gehören die Rydberg-Konstante Rµ
und die Sommerfeld-Konstante a ( Feinstrukturkonstante).
Die Gravitationskonstante G
ist möglicherweise in kosmisch langen Zeiträumen nicht konstant, doch
diese Vermutung kann experimentell oder auf anderem Wege noch nicht definitiv
untermauert werden. Manche Ketzer bestreiten auch die Lichtgeschwindigkeit
c (= 299792,458 km/s) als Konstante. Die Bedeutung der Konstanten wird
von Physik und Metaphysik untersucht - z.B. wird die Bedeutung der
Konstanten auch darin gesehen, daß sie zueinander in einer für das
Weltgeschehen entscheidenden Beziehung stehen, etwa nach der Formel c
h / e² und daß sie die Dimensionen formal zu einem vierdimensionalen
Kontinuum verknüpfen. Diese Theorie faßt die drei Raum-Dimensionen
und die eine Zeit-Dimension zu einem Gebilde von vier Dimensionen zusammen. Eine
andere Theorie spricht von 11 Dimensionen. Die String-Theorie
macht wieder die Musik zur Göttlichkeit. Es wird auch behauptet, es gäbe
nicht ein Universum, sondern Universen, ein Multiversum (!?!?).
Die Suche nach der Weltformel
ist typisch faustisch (abendländisch), und Abendländer sind immer auch
Esoteriker. Lichtgeschwindigkeit
Plancksches Wirkungsquantum
---------------------------------------------------------------------------
= ? Elementarladung
² Diese esoterische
Formel (c h / e²) ist nur ein Beispiel unter vielen !
Man
betrachte ... unsere Wissenschaften, die alle, ohne Ausnahme, neben elementaren
Anfangsgründen »höhere«, dem Laien unverständliche
Gebiete haben - auch dies ein Symbol des Unendlichen
und der Richtungsenergie. Es gibt bestenfalls tausend Menschen auf der Welt, für
welche heute die letzten Kapitel der theoretischen Physik geschrieben werden.
Gewisse Probleme der modernen Mathematik sind nur einem noch viel engeren Kreis
zugänglich. Alle volkstümlichen Wissenschaften sind heute von vornherein
wertlose, verfehlte, verfälschte Wissenschaften. Wir haben nicht nur eine
Kunst für Künstler, sondern auch eine Mathematik für Mathematiker,
eine Politik für Politiker - von der das profanum vulgus der Zeitungsleser
keine Ahnung hat, während die antike Politik niemals über den geistigen
Horizont der Agora hinausging - eine Religion für das »religiöse
Genie« und eine Poesie für Philosophen. Man kann den beginnenden Verfall
der abendländischen Wissenschaft, der deutlich fühlbar ist, allein an
dem Bedürfnis nach einer Wirkung ins Breite ermessen; daß die strenge
Esoterik
der Barockzeit als drückend empfunden wird, verrät die sinkende Kraft,
die Abnahme des Distanzgefühls, das diese Schranke ehrfürchtig anerkennt.
Die wenigen Wissenschaften, die heute noch ihre ganze Feinheit, Tiefe und Energie
des Schließens und Folgerns bewahrt haben und nicht vom Feuilletonismus
angegriffen sind - es sind nicht mehr viele: die theoretische Physik, die Mathematik,
die katholische Dogmatik, vielleicht noch die Jurisprudenz -, wenden sich an einen
ganz engen, gewählten Kreis von Kennern. Der Kenner aber ist es, der mit
seinem Gegensatz, dem Laien, der Antike fehlt, wo jeder alles kennt. Für
uns hat diese Polarität von Kenner und Laie den Rang eines großen
Symbols, und wo die Spannung dieser Distanz nachzulassen beginnt, da erlischt
das faustische Lebensgefühl. - Dieser Zusammenhang gestattet für die
letzten Fortschritte der abendländischen Forschung - also für die nächsten
zwei Jahrhunderte (* = 21. und 22. Jh.; bis 2230
?) - den Schluß, daß, je höher die weltstädtische Leere
und Trivialität der öffentlich und »praktisch« gewordenen
Künste und Wissenschaften steigt, desto strenger sich der postume Geist der
Kultur in sehr enge Kreise flüchten und dort ohne Zusammenhang mit der Öffentlichkeit
an Gedanken und Formen wirken wird, die nur einer äußerst geringen
Anzahl von bevorzugten Menschen etwas bedeuten können. (Oswald
Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1917,
S. 422-423).Die faustische Naturwissenschaft und diese
allein ist Dynamik, gegenüber der Statik der Griechen und der Alchymie der
Araber. Nicht auf Stoffe, sondern auf Kräfte kommt es an. Die Masse selbst
ist eine Funktion der Energie. Die erste Kultur mit einer (wirklichen) Wissenschaft
- das Abendland, genauer: der von der nordischen Landschaft mit dem
Pathos der dritten Dimension, dem Streben ins Unendliche,
der faustischen Dynamik und dem geschärften Geist ausgestattete Menschenschlag
- brauchte nicht viel Masse, sondern viel Energie, um zur größten und
letzten Erkenntnis von der Unveränderbarkeit und Endgültigkeit der Tragödie
des Menschen zu kommen, denn die Natur ist stärker. Der Mensch
bleibt abhängig von ihr, die trotz allem auch ihn selbst, ihr Geschöpf,
umfaßt. Alle großen Kulturen sind ebenso viele Niederlagen. Ganze
Rassen bleiben, innerlich zerstört, gebrochen, der Unfruchtbarkeit und geistigen
Zerrüttung verfallen, als Opfer auf dem Platze. Der Kampf gegen die Natur
ist hoffnungslos, und trotzdem wird er bis zum Ende geführt werden.
... Die faustische, westeuropäische Kultur ist vielleicht nicht die
letzte, sicherlich aber die gewaltigste, leidenschaftlichste, durch ihren inneren
Gegensatz zwischen umfassender Durchgeistigung und tiefster seelischer Zerissenheit
die tragischste von allen. Es ist möglich, daß noch ein matter Nachzügler
kommt, etwa irgendwo zwischen Weichsel und Amur und im nächsten Jahrtausend,
hier aber ist der Kampf zwischen der Natur und dem Menschen, der sich durch sein
historisches Dasein gegen sie aufgelehnt hat, praktisch zu Ende geführt worden.
(Oswald Spengler, Der Mensch und die Technik - Beitrag zu einer Philosophie
des Lebens, 1931, S. 67, 35-36, 63 ;
vgl. ).Daß
... der Wissenschaftsglaube
auf breiter Front im Verblassen ist, läßt sich zum Teil auf die endogene
Korruption des Expertentums zurückführen. Die so peinlichen wie unbeendbaren
Expertenkämpfe auf dem Feld der vorgeblich externen Wahrheiten geben einem
größeren Publikum das Gefühl, daß auch die Wahrheit nicht
mehr das ist, was sie einmal war. Der psychosoziale Gebrauchswert des Experten:
die Möglichkeit, sich seinem Spruch zu unterwerfen und dadurch den Zweifel
abzuschließen, ist unleugbar in Verfall begriffen. B. F. Skinners lapidare
These: »Das Volk ist nicht in der Lage, Experten zu beurteilen«
(Futurum Zwei, 1972, S. 238), klingt längst ... unglaubwürdig
(...). Selbst wenn der Satz zuträfe, änderte dies nichts daran, daß
wir zu einem eigenen Urteil über die Experten verdammt sind. Nicht wenige
Zeitgenossen haben verstanden, daß sie selbst mit der Wahl des Experten
das Ergebnis der Expertise wählen. Damit wird die unvordenkliche Illusion,
die wahrhaft Wissenden seien die Deputierten externer Wahrheiten, in sozialen
Interessenkonflikten (um von den allzu menschlichen nicht zu reden) zerrieben.
Nicht zufällig wird die Öffentlichkeit immer öfter auf wissenschaftliche
Fälschungen aufmerksam (nach Schätzungen sind 75% aller publizierten
Forschungsergebnisse manipuliert). .... Ende des 20. Jahrhunderts begann
sich eine Art von epistemologischer Bürgerrechtsbewegung zu artikulieren,
deren Ziel es ist, die Experten aus ihrem längst dementierten goldenen Exil
bei den externen Wahrheiten zurückzuholen (...). Ob dies bei wachsender Esoterik
der Forschung - und zunehmender Privatisierung der Resultate - gelingen kann,
ist eine offene Frage. .... Dieser Wandel, der die Wahrheiten wie ihre Überbringer
von ihrer Exzentrik gegen ihre Wirtsgesellschaften befreite, wäre zugleich
nichts anderes als der überfällige Nachvollzug des Wissens vom wirklichen
Leben der Wissenschaften durch die Wissenschaften. (Peter Sloterdijk, Sphären
III - Schäume, 2004, S. 438-439 und S. 440).* Die
Wissenschaft denkt kaum, die Wissenschaft glaubt - z.B. an Naturbeherrschung und
Fortschritt. Die Philosophie glaubt kaum, die Philosophie denkt - z.B. an die
Wissenschaft und deren Glauben. Beide bleiben religiös-theolgisch - die
Wissenschaft mehr religiös, die Philosophie mehr theologisch. Die meisten
Philosophen erzielen Weisheit durch reine Logik - also meistens durch logische
Theorie. Die meisten Wissenschaftler erzielen Wissen durch Experimente - also
meistens durch religiöse Praxis. Die meisten Wissenschaftler wissen aber
gar nicht, daß ihre Wahrheit immer auch Philosophie beinhaltet. Die
meisten Wissenschafler wissen nicht, daß sie z.B. ihre Physik auch über
die Metaphysik wahr machen. *Erst
die Rückwendung zur Metaphysik und die Anwendung ganzheitlicher Betrachtungsweisen
auf allen Wissensgebieten scheinen die Krisis der Wissenschaften ( )
überwinden zu helfen, und die könnte in Zukunft vielleicht die Einzelwissenschaften
und die Philosophie zu einer Wissenschaft im eigentlichen Sinne wieder zusammenführen.
(Nachdem nämlich der Positivismus sich durchgesetzt und die Abdankung der
Metaphysik verlangt hatte, war in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts der
Stellenwert der Metaphysik stark gesunken oder vielfach zur Lehre von den Erkenntnisprinzipien
und den Methoden der Einzelwissenschaften geworden, bevor in der 1. Häkfte
des 20. Jahrhunderts eine allmähliche Rückwendung zur Metaphysik begann).
Das menschliche Denken zielt ja bekanntlich auf das Einfache, Einheitliche und
Ganzheitliche. Die Wirklichkeit jedoch, um die sich die vielen Einzelwissenschaften
bemühen, ist aber nur eine, und an sie in ihrer Einfachheit, Einheitlichkeit
und Ganzheit ist nur durch die Metaphysik heranzukommen. Von der Mathematik, der
Physik, der Biologie, aber auch von anderen Einzelwissenschaften aus wurden ja
längst Vorstöße in das Reich der Metaphysik unternommen, um die
für alle Wissenschaft gemeinsame Ebene zurückzugewinnen und von
ihr aus wieder mehr den Versuch für den Entwurf eines einheitlichen und widerspruchsfreien
Weltbildes zu wagen. Für die Metaphysik selbst ist die unbefangene Hingabe
(Liebe, denn Philosophie ist Liebe zur Weisheit) des erkennenden
Menschen an da Wirkliche die Voraussetzung jeder Wahrheitserforschung. Weil die
Metaphysik wissenschaftliche Ergebnisse sorgsam berücksichtigt, wenn sie
die Erfüllung ihrer umfassenden Aufgabe in der beschreibenden Erklärung
der rätselvollen Tiefen des Seins und seiner reichen Mannigfaltigkeit sucht,
wirkt sie im Zweikammersystem (Oberhaus und Unterhaus) jeder
Wissensrepublik ( )
viel effektiver als im Exklusivsystem (Individuelle und Unteilbarkeitsduldende)
jeder Wissensdiktatur - z.B. in der typisch abendländischen Esoterik
( ).
Die Tendenz, möglichst alle von allem auszuschließen, führt gerade
bei den Abendländern mit ihrem Problem der Unendlichkeit
letztlich zu zwei Grenzwerten: dem esoterischen Grenzwert Null und dem
ursymbolischen Grenzwert Unendlich. Wenn annähernd niemand
annähernd alles weiß und annähernd alle annähernd
nichts wissen, dann hat das Abendland sein Ziel erreicht. Doch sollten wir vorerst
hinsichtlich unserer Kultur und ihren Teilen, zu denen ja Wissenschaft
und Philosophie gehören, optimistisch bleiben, solange sie versuchen, aus
den unzählig vielen kleinen Einzelteilen (Einzelwissenschaften) wieder zählbar
wenig größere Teile werden zu lassen. (Und warum nicht nur zwei Teile,
ein Paar, eine Dyade - wie ein Dividuum? ).
Als Bindeglied ( )
zwischen Wissenschaft (Einzelwissenschaften) und Philosophie (Metaphysik) erweisen
sich ja gerade heute einzelne in verschiedenen Wissensbereichen geltende Prinzipien
der kybernetischen Betrachtungsweise. (Zum Beispiel: Sloterdijks Konzept einer
Kybernetik
[ ]).
Das Sein ist die Lichtung, das das Seiende entbirgt

Die Wissenschaft denkt nicht,
so Heidegger in einer Freiburger Vorlesung. Laut Heidegger bedeutet das:
Die Wissenschaft bewegt sich nicht in der Dimension der Philosophie,
sie ist aber, ohne daß sie es weiß,
auf deren Dimension angewiesen. Zum Beispiel: Die Physik bewegt sich im
Bereich von Raum, Zeit
und Bewegung; was Bewegung, was Raum, was Zeit ist, kann die Wissenschaft
als Wissenschaft
nicht entscheiden. Man kann nicht mit physikalischen Methoden sagen, was
die Physik ist.
Das kann man nur philosophierend sagen. (Heidegger, Die Seinsvergessenheit
 ).
Den
Einzelwissenschaften gegenüber kommt der Philosophie die besondere Aufgabe
zu, die Gebiete real zusammengehörender Objekte abzustecken. Die Absteckung
der Objektgebiete ist kein schematisch-fachliches Einteilen, sondern ist zugleich
begründender Entwurf, auf dem die ganze konkrete begriffliche Arbeit und
Fragestellung der Wissenschaft ruht. .... Und was wir hier als wichtigstes betonen
müssen: dieser gebietsabsteckende Entwurf der Realität und ihrer Seinsverfassung
läßt erst das Seiende, das er bestimmt, zur Sicht kommen (Heidegger)
und zwar deshalb, weil die Philosophie zunächst die Denkinstrumente erarbeiten
muß, bevor ein bestimmter bzw. ein neuer Realitätsbereich überhaupt
sichtbar werden kann. Technik wurde auch erst möglich, als die metaphysischen
Voraussetzungen einer Naturbeherrschung (im Sinne des heutigen Abendländers
)
gegeben waren. (Vgl. ).Welche
Art von Objektivität man auch wählt, der Rahmen, der unsere Beobachtungen
bestimmt, wird dennoch geschaffen. Entschließe ich mich zum Beispiel zu
den Verdachtstheoretikern zu gehören, die aus der Mondfahrt der
US-Amerikaner nur eine geniale Medieninszenierung der NASA und CIA machen wollen
und im Übrigen den Wahrheitsgehalt der Ereignisse abstreiten, dann habe ich
schon eine Vorentscheidung über meine Wahrnehmungsinterpretation getroffen
und der kognitive Gehalt meiner Datenauswahl und Bewertungen bekommt ein anderes
Kolorit. Diese nicht zu ändernde Relativität aller Erkenntnisse ist
zur herrschenden Bewußtseinslage aller Wissenschaften geworden, außer
bei einigen unbelehrbaren fundamentalistischen und marxistischen oder sonstigen
religiösen Wissenschaften.  Die
Bewußtseinslage der Moderne ist eben die, daß alles von Interpretation
und Konstruktion geprägt und bestimmt ist. Zu Wahrheit und Objektivität
oder einer zu erkennenden Natur der Sache führt kein Weg der
VIA MODERNA mehr und das haben alle Wissenschaften
mehr oder minder resignativ zur Kenntnis genommen. Selbst die erkenntnisabstinenteste
aller Wissenschaften, die Rechtswissenschaft, hat neuerdings durch einen bemerkenswerten
Aufsatz in der theoriefreundlichsten aller Zeitungen, der F.A.Z., zu dem Ergebnis
geführt, daß der Jurisprudenz die Standhaftigkeit eines festen Menschenbildes
abhanden gekommen ist. Die lange Theoriearbeit von Männern wie Feyerabend,
Watzlawick, Luhmann ( ),
um nur einige zu nennen, hat zu einer nicht mehr aufhebbaren Verflüssigung
aller Gewißheit geführt. Auch Sloterdijk reiht sich in die Reihe derer ein,
die die Sicherheit verloren haben, jemals einen archimedischen Punkt finden zu
können, der Wahrheit und Objektivität garantiert.Die Wissenschaft
ist weniger ein Mittel zur neutralen Aufhellung der Wirklichkeit geworden, sondern
stellt vielmehr ein Wettrüsten in Interpretationen dar. Insgesamt bilden
sie weniger einen intellektuellen Schatz oder eine Enzyklopädie allen Wissens,
sondern eher ein Waffenlager oder Arsenal intelligenter Geschosse. Sloterdijk
spricht daher von den Erkenntnistheorien,
als hätten sie zwei
verschiedene Kulturen entworfen! Die erste glaubt an den Vorrang von Methode,
Prozedur und Forschungsverfahren, die zweite an den Vorrang der Subjektivität,
einem Primat des Subjektes (Peter Sloterdijk ).
Und die doch wohl gefählichste Entwicklung im heutigen kognitiven Wettbewerb
ist das geo-ökonomische Wettrüsten zwischen den Wirtschaftsmachtblöcken
(Deutschland/Europa, USA/Nordamerika, Japan/Ostasien).Insbesondere die
Postmoderne
betont die Selbstverständlichkeit, daß das Subjekt keine Wissensautorität
besitzt, wiel es auch keine Beobachtungsautorität besitzt. Die Postmoderne,
die eindeutig Fortsetzung und Begleiterscheinung der Moderne ist,
setzt auf den Skeptizismus
und will gegen die Moderne vor allem mit dem Beobachtungsschema argumentieren.
Wer Beobachter oder gar letzter Beobachter sein möchte, muß
sich nicht wundern, wenn er selbst beobachtet wird. Seine Kritik an dem, was er
beobachtet, wird mit Sicherheit ebenfalls kritisiert werden. Postmodern kann wohl
nur sein, was vervielfältigend, reproduzierend, simulierend, imitierend,
d.h. ohne Autorität ist. Die erste Kritik, die man als postmodern
bezeichnen kann, stammt aus dem 19. Jahrhundert, insbesondere von Nietzsche
(1844-1900). Seitdem und vor allem in unserer heutigen Welt (vgl. Globalismus:
z.B. dessen Medienrealitäten, Internet u.s.w.) meint man, auch in der alltäglichen
Erfahrung eine Fundierungsfunktion und Wissensautorität des Subjekts bezweifeln
zu können. Ist also die Sprache
selbst der eigentliche Beobachter? Beobachten Subjekte oder beobachtet die
Sprache, wo beobachtet wird? Bleibt nicht Sprache, die ohne Bewußtsein,
ohne Intention, ohne Willensäußerung gebraucht wird, bedeutungslos
? Sprache ohne Subjekt und Subjekt ohne Sprache - geht das überhaupt
? Die moderne Theorie geht davon aus, daß Individuen autonome Beobachter
seien, die sich auf die Autorität des Bewußtseins berufen und die
Sprache den Intentionen dieses Bewußtseins unterordnen können, doch
die postmoderne Tradition geht von Kommunikationsbedingungen aus, die gerade nicht
individuell sein können und also auf kein Bewußtsein, auf kein bestimmtes
Subjekt oder Individuum hin reduziert werden können. Im zweiten Fall denkt
- sprich: beobachtet - also die Sprache gerade dort, wo sie sich dem Bewußtsein
und seinen Intentionen entzieht, dort wo sie kommuniziert. ( ).
Ohne daß deswegen bewußtes Beobachten ausgeschlossen werden müßte,
versteht dieser Perspektivenwechsel Beobachtung als primär soziale Kategorie,
als etwas, das keinem einzelnen Individuum oder Subjekt allein, keinem Einen mehr
zugeschrieben werden kann. Ist die Beobachtung an
ihre Kommunikationsbedingung gebunden, kann sie tatsächlich erst mit Zweien
beginnen. (Vgl. Nietzsches Ein
mal eins).Wenn das Paar gegenüber
dem Individuum die wirklichere Größe darstellt ( )
und wenn vorausgesetzt werden darf, daß die Sprache selber spricht ( )
und beobachtet ( ),
ist es, sagt die postmoderne Skepsis,
mit der Wissensautorität eines Einen vorbei.Die Vorstellung, daß
alle Wissenschaft am Ende nur noch eine Theorie für alles besitzen könnte,
wie sie von der Physik geträumt wird, bedeutet z.B. nach Sloterdijk, daß
die Forschungsgemeinschaft eines Tages nur noch zu einer homogenen Armee von Subjekten
zusammenwachsen würde, die alle eine gemeinsame Vor- oder besser Verstellung
der Objekte besäßen. Daher muß, solange der Primat des Subjektes
gilt, gemäß Sloterdijk eine agonale Theorie entstehen. Eine zweite
oder neue Kultur, wenn sie denn kommen sollte (!), kann sich nur entwickeln, wenn
der Eros des Künstlers die Objekte wahrnimmt und erkennt,
daß diese nicht von ihm festzustellen seien, sondern sich im Fluß
der Ereignisse befinden und ständig ändern. Der Künstler nähert
sich ihnen daher nicht als Forscher, sondern als Nachbar und Freund. ( ).
Diesen Werde- und Entwicklungsgang von der Objektivität zur Intimität
faßt Sloterdijk zusammen unter dem Begriff Heraklitische Meditationen.
 Der
Wissenschaftstheorie
fehlen zur Fruchtbarkeit nicht Fragen, sondern adäquate Antworten. Jedenfalls
ist auch für Sloterdijk gewiß, daß die beiden kuranten
Beantwortungen der Frage nach der Seinsweise des Entdeckten vor der Entdeckung
nicht nur unzulänglich, sondern geradewegs falsch sind: Die erste Antwort
stammt vom (transzendentalen und konstruktivistischen) Idealismus, der die Behauptung
aufstellt, entdeckte Sachen besäßen keinerlei Präexistenz vor
ihrer Wahrnehmung in einem Bewußtsein und ihrer Aussagung in einer Rede.
Der Irrtum dieser These beruht auf der Suggestion, daß die klassische Annahme
der Identität von Sein und Wahrgenommenwerden als absolute Abhängigkeit
der Objekte von einem denkenden Subjekt verstanden werden dürfe. Von hier
aus ist es nicht weit zu der hypnotischen Absurdität des subjektiven Idealismus,
wonach Objekten, denen zufällig ein menschlicher Beobachter abgeht, auch
schon ihr Sein als solches fehle. Dem komplementären Irrtum begegnet man
in der zweiten Antwort, die eine objektive und erkenntnisunabhängige Präexistenz
des Entdeckten vor jeder Entdeckung in Ansatz bringt, indem sie das Sein der Sache
als etwas vorstellt, wovon das Bemerktwerden durch eine Intelligenz mühelos
weggedacht werden kann, ohne daß ihrem Bestand das Geringste verlorenginge.
In dieser dem naturwissenschaftlichen Alltagsbetrieb naheliegenden Auffassung
feiert der Objektivismus einer unzulänglichen Ontologie trügerische
Erfolge: Ihr zufolge ist Seiendes stets eindeutig so und nur so, wie es »an
sich« vor aller Wahrnehmung besteht, während dem Denken die Rolle des
kontingent Hinzukommenden zufällt, das ebensogut fernbleiben könnte
- wie es ja offenbar auch vor der Entdeckung noch nicht bei der Sache war - und
das sich zudem durch Irrtumsanfälligkeit und Wandelhaftigkeit der Deutungen
verdächtig macht. Hier ist es die Entdeckung, die vorgeblich dem Entdeckten
fehlen darf, ohne daß dieses an seiner Eigenfülle Schaden nähme.
Die Symmetrie der Fehlschlüsse liegt auf der Hand: Während der Irrtum
der ersten Art darin besteht, die Entdecktheit des Entdeckten bewußtseinsabsolutistisch
zu übertreiben, zeigt sich das Verfehlte der zweiten Art darin, daß
die Entdeckung objektivistisch untertrieben wird, als käme es für eine
aus sich selbst seiende »Substanz« oder Entität nicht darauf
an, wann, wo und wie sie in ein Wissen eintritt und unter welchen symbolischen
Formen und welchen logischen Nachbarschaften sie in einer Gesellschaft von Kenntnisnehmern
zirkuliert. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004,
S. 216-217).Der Stoff des Seins wird von diesem selbst her gewissermaßen
vorschlagsförmig präsentiert - man könnte sogar vorwurfsförmig
sagen, sofern man den Ausdruck vom griechischen Verbum proballein: hinwerfen,
vorwerfen, her versteht, aus dem das Nomen problema abgeleitet ist. In
Problemen reden die Dinge zur Intelligenz; in Vorsätzen öffnen sie sich
der menschlichen Partizipation. Durch Relevanzdruck verleihen sie der Kreativität
Flügel. Als nicht-redende konnten Dinge, Sachlagen, Naturen nur erscheinen,
wenn und solange sie zuvor von einem Intellekt, der die Sprache für sich
reserviert, zum Verstummen gebracht wurden. Der ursprüngliche Modus der Gegebenheit
von Dingen ist ihre Interessantheit fürAnderes: Das Eine geht das Andere
an; Seiendes ist stets in ein Relevanzbad getaucht, in dem es sich gemeinsam mit
Intelligenzen bewegt. Die problem-ontologische Betrachtungsweise - Sein heißt
Sich-Vorschlagen - bietet den Vorzug, die angebliche Kluft zwischen den Wörtern
und den Dingen erst gar nicht mehr aufklaffen zu lassen, in der so viel metaphysisch
engagierte Intelligenz verschwand bei überflüssigen Versuchen, sie zu
überbrücken. Wenn die Welt alles ist, was der Fall ist, und alles der
Fall ist, was vorgeschlagen oder einem wissenden Anteilnehmen vorgeworfen wird,
dann ist das Entdecken als Vorschlagsentfaltung zu verstehen, bei dem ein spürbar
höherer Grad an Artikuliertheit erreichbar ist. Dasselbe drückt die
Falten-Metapher aus: Wo eine Falte oder etwas Eingerolltes vorliegt, kann ein
Entbreiten oder Auseinanderrollen (explicare) ansetzen. Falten sind die Vorschläge
oder Propositionen, an denen eine Explizitmachung angreift. Wo man die Falte sieht,
nimmt man den Hinweis auf ein Falteninneres wahr, das noch nicht ausgebreitet
wurde. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004,
S. 219-220).
Also:
Der einzige Ausweg aus dem Dilemma, zwischen alternativen Irrtümern
wählen zu sollen, zeigt sich im Nachweis, daß ein dritter Pfad offensteht,
so Sloterdijk, der sich auf Heideggers Untersuchungen über das »Wesen
der Wahrheit« bezieht (vgl. Peter Sloterdijk, Sphären
III - Schäume, 2004, S. 217 bzw. 221ff. und Martin Heidegger, Vom
Wesen der Wahrheit, 1930 ):Wissenschaft
und Technik haben Heidegger zufolge von sich her den Charakter eines organisierten
Attentats auf die Verborgenheit. Den maßgeblichen Wink für die Entwicklung
dieser Ansicht entnahm Heidegger dem griechischen Wort für Wahrheit, alethéia,
das er mit Un-Verborgenheit übersetzte - in einer Hinsicht wohl zu Recht,
da es sich nahelegt, den Ausdruck als Kompositum aus dem Wort lethe, Verhüllung,
Verbergung, Vergessen, und dem Negationspräfix a - zu analysieren.
Demnach beruhte der Begriff auf der Vorstellung, daß »wahr«
ist oder besser: in den Wahrheitsbereich eintritt, was aus einer Verhüllung,
Verbergung, Vergessenheit in die Enthüllung, Entbergung, Erinnerung »herüberkommt«.
Nicht allein durch das Urteil, das einen Satz als wahr oder falsch bestimmt, wird
die Wahrheit als Wahrheit gestiftet; sondern daß eine Erscheinung, ein Vorschlag,
eine Phänomen-Falte in den Bereich des Offenliegenden ragt und das Urteil
(das naturgemäß auch falsch sein kann) herausfordert, hält das
Wahrheitsgeschehen in Gang. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume,
2004, S. 221-222).Wahrheit ist also nicht bloß eine Eigenschaft
von ausgesprochenen Sätzen, die dann und nur dann wahr heißen dürfen,
wenn »im Realen« »tatsächlich« der Fall wäre,
was in den Sätzen behauptet oder »abgebildet« wird; vielmehr
stellte die Physis ... ein selbstpublizierendes Geschehen dar, in dessen Verlautbarungen
die spürenden und sätzebildenden Intelligenzen einbezogen sind. Man
darf sich durch die allegorische Redeweise nicht verschrecken lassen - wenn man
von der Natur wie einer handelnden Person spricht, sind stets mediale Prozesse
gemeint. In ihrem Erscheinen, so läßt sich der Gedanke umformulieren,
gibt die Natur sich selbst zu verstehen - sie erteilt Winke, sie zeigt ein Bild
von sich, sie läßt sich hören und sehen, sie teilt sich in ihrem
Aufgehen, ihrem Ertönen mit. Die Natur ... ist eine Autorin, die im Selbstverlag
publiziert (wobei sie wohl auf ein menschliches Lektorat angewiesen ist).
(Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 222-223).Die
tragische Ironie der Fehlauslegung von Naturerkenntnis durch die Metaphysik
sowie ihre Fortsetzer in den modernen Naturwissenschaften und Technologien besteht
nun Heidegger zufolge darin, daß ihre extrem reduktionistischen, das Wahrheitsgeschehen
entstellenden und verarmenden Begriffe so erfolgreich waren, daß sie im
Modus einer sich selbst wahrmachenden Prophezeiung über mehr als zweitausend
Jahre hin für die europäische Rationalitätskultur bestimmend wurden.
Dieser Zeitraum wäre daher ausdehnungsgleich mit der Ära der Seinsvergessenhait.
Man erinnere sich, daß eine verwandte Sicht der Dinge mit dem Satz: »das
Ganze ist das Unwahre« ausgesprochen wurde - was historisch bedeutet: Auch
das Unwahre hat schon ein Altertum. Wer dessen Anfänge fassen will, um vor
sie in unverzerrte Zustände zurückzugehen, muß sich mit Platons
Verformelung der Wahrheit zur »Idee« oder noch früher zu Demokrits
Aufspaltung der menschlichen Realität in Körper und Seele befassen.
Fehlbeschreibungen dieser Größenordnung gehen, wie Heidegger sah, über
die Bezeichnungskraft des gewöhnlichen Irtumsbegriffs hinaus; sie zwingt
den Betrachter, zu Ausdrücken wie »Geschick«, vielleich sogar
»Verhängnis« zu greifen. (Peter Sloterdijk, Sphären
III - Schäume, 2004, S. 222-223).Heidegger ließ laut Sloterdijk
das Offenbarwerden des Offenbaren ursprünglich aus einer Selbstpublikation
des Seins hervorgehen - als Verlagsort der Publikation wird bei ihm die Lichtung
( )
angegeben. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004,
S. 226).Das durch Forschung und Erfindung erzeugte Wissen ist Neonlichtwissen.
An die Stelle der Selbstlichtung des Seins tritt die Zwangslichtung des »Gegebenen«,
an die Stelle der organischen Wahrnehmung die organisierte Beobachtung. Unter
solchen Prämissen ist es unvorstellbar, daß Menschen je wieder in ein
»Wahrheitsgeschehen« sich einordnen könnten, das von der alten
Natur samt ihrem »Aufgehen«, ihrem »Gebären«, ihrem
Verhüllen und Zurücktreten in die Unscheinbarkeit abgelesen würde
- ein Geschehen, in dem die Dinge von ihnen selbst her ungenötigt zeigen,
was und wieviel sie von Ihrem zu sehen geben, um den dunklen Rest als ihr Geheimnis
zu wahren. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004,
S. 227-228).Das Menschenrecht auf Naturenthüllung und Kulturrekonstruktion
wird so selbstverständlich und über-selbstverständlich vorausgesetzt,
daß keine Menschenrechtserklärung es explizit zu machen bisher für
nötig hielt. Nirgendwo ist das klarer formuliert worden als in Heideggers
Diktum: »Technik ist eine Weise des Entbergens« .... (Peter
Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 228). Und: Heideggers
Lichtung ist nicht ohne ihre technogene Herkunft zu denken. (Peter
Sloterdijk, Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger, 2001, S. 224 ).
 Nur
abendländische Menschen konnten mit ihrem faustischen
Wissens- und Forschungswillen auf die Idee kommen zu behaupten, daß der
Unendliche
Raum das biete, mit dem ein Faust alles erklären können
müsse: Der Unendlichkeitsraum begann unendlich klein und wird unendlich groß
und unendlich alt werden. Das anthropische Prinzip ( )
bestätigt diesen Glauben und verleiht ihm noch mehr Subjektivität:
Es muß mindestens einen Beobachter (Menschen) geben, um mit den Mitteln
der Wissenschaft zu beweisen, daß es einen Beobachter (Menschen) überhaupt
geben kann. Gott ist während der abendländischen Geschichte mehr und
mehr dem Subjekt namens Faust gewichen. Für Menschen der magischen Kultur
mit ihrem strengen Monotheismus ist so etwas Gotteslästerung. Für sie
zählt nur der eine Gott, und es ist ihnen egal, ob der wissenschaftlich erforschbar
und erklärbar ist oder nicht. Für Morgenländer ist nämlich
das, was die Abendländer den Unendlichen Raum nennen, Gottes
Gesetz und nicht ein Naturgesetz, hinter dem ja doch nur wieder das Gesetz eines
Menschen steht oder eine wie auch immer von ihm naturwissenschaftlich konstruierte
Selbstorganisation. Aber alle Menschen scheinen einverstanden zu sein mit der
These, daß es so etwas wie ein Baumeister (ob Natur, Gott, Selbst oder einfach
nur ein Prinzip u.s.w.) gewesen sein muß, der als Haupt-Techniker
nicht nur alle Schrauben, sondern die Technik
überhaupt und alle anderen Techniken so eingestellt hat, daß es das
Universum, das Leben und uns Menschen überhaupt geben kann.
Nanoforscher bedienen sich heute der Fähigkeit zur Selbstorganisation, indem
sie sich von der Natur inspirieren lassen: in jeder lebenden Zelle setzen sich
effektiv und pausenlos einzelne Moleküle nach einem festgelegten Bauplan
zu Proteinen und komplexen Erbgutsträngen zusammen. Die inspirierten Nanoforscher
konstruieren mit Hilfe von Strängen aus Erbmaterial DNS und Eiweißstoffen
winzige Transistoren. Die halb leitenden Herzstücke dieser Schaltkreise bilden
nur ein Nanometer dünne Röhrchen aus Kohlenstoff. Die Forscher knüpfen
z.B. ein bestimmtes Protein (RecA) der Escherichia-coli-Bakterie an die Kohlenstoff-Hülle
des halb leitenden Hohlkörpers und bringen die Röhrchen in direkten
Kontakt mit einem Gerüst aus DNS-Ketten. Sie docken über das Bakterien-Protein
biochemisch an den Erbgutstrang an und können so in einer gewünschten
Ausrichtung und Position fixiert werden. Weil Schaltkeise auch einen elektrischen
Kontakt benötigen, werden die DNS-Moleküle, die das Nano-Röhrchen
an beiden Seiten fest halten, z.B. mit einem hauchdünnen, leitenden Goldfilm
überzogen. So kann ein Spannungsimpuls bis zum Röhrchen geleitet werden.
Diese Kombination aus beschichteten Biomolekül und hohler Kohlenstoff-Röhre
kann also wie ein Transistor geschaltet werden. Weil diese Srategie auch auf komplexe
Netzwerke von Schaltkreisen anwendbar ist, werden Biomoleküle wohl bald ganze
Computerchips zusammenbauen.
Der
Computerbau zeigt vielleicht schon jetzt an, wie weit wir mit bestimmten Beispielen
aus der Technik kommen könnten: Mathematiker haben ausgerechnet, wann die
Computerbauer spätestens an ihre Grenzen stoßen werden. Sollten sie
mit derselben Geschwindigkeit fortfahren wie bisher, dann wird dieses Limit etwa
im Jahre 2230 erreicht sein, dann nämlich, wenn die Computer 5,4 x 1050
Operationen pro Sekunde ausführen und dabei 1031 Bit an Informationen
speichern können. Dann tritt ein physikalischer Zustand ein, der unser heutiges
Vorstellungsvermögen sprengt: alle Materie des Rechners wird dann in Energie
umgewandelt - d.h. er verschwindet! Bis zum
Beginn des 23. Jahrhunderts wird sich die abendländische Kultur auf die anderen
Umstände vorbereitet haben - auch weil dann der letzte, vollendende Zivilisationshöhepunkt
erreicht sein wird.  Unser
eigenes Bewußtsein wird wohl lernen müssen, sich als Bewußtsein
einer Maschine, als gemachtes und doch in seinem faktischen Sein unhintergehbares,
in sich geschlossenes Dasein zu verstehen. Bereits heute werden Organe (auch Gehirne)
mit nicht-biologischer Intelligenz aus- und aufgerüstet oder repariert. In
Zukunft werden Kleinstcomputer (Nanobots) von der Größe einer Zelle
unsere Gehirnfunktionen verbessern. Man wird mit ihnen das Gehirn erkunden, Synapse
für Synapse abtasten, Transmitter für Transmitter, und ein Gehirn kopieren
können. Ray Kurzweil prognostizierte dies bereits 1999 in seinem Buch Homo
S@piens - Leben im 21. Jahrhundert. Mit solchen Kleinstcomputern wird man
virtuelle Realität erzeugen. Milliarden von Nanobots werden dann als künstliche
Neuronen in unser Gehirn geschickt, die sich an jedem einzelnen, von unseren Sinnesorganen
herkommenden Nervenstrang festsetzen. Wenn wir reale Realität erleben
wollen, dann halten die Nanobots still. Für das Erlebnis virtueller Realität
unterbrechen sie die Zufuhr realer Reize und setzen künstliche Signale an
ihre Stelle. Wahrscheinlicwird bald schon das World Wide Web ( )
aus virtuellen Begegnungsstätten bestehen, die genauso real sind wie jeder
Ort der Welt. Wir sind, ob wir es wollen oder nicht, auf dem Weg zu einer neuen
Existenz.
Oder doch schon auf dem Weg zum Wärmetod?Der Industrialismus,
der die von der Natur akkumulierte Materie in Energie umwandelt (zum Verbrauch),
wird er das Schicksal der Entropie
erleiden? Der 1. Hauptsatz der Wärmelehre sagt noch nichts über
die Entropie aus, denn er besagt erst einmal nur, daß Wärme eine besondere
Form der Energie ist, daß sie in festen Verhältnissen in andere Energieformen
umgewandelt werden kann und auch umgekehrt. In einem geschlossenen System bleibt
die Summe aller Energiearten konstant. Der 2. Hauptsatz der Wärmelehre ist
der sogenannte Entropiesatz, denn er betrifft die Entropie, die Zustandsgröße
thermodynamischer Systeme und das Maß für die Irreversibilität
der in ihnen ablaufenden Prozesse, konkreter: das Maß für den nicht
in mechanische Arbeit umwandelbaren Energiegehalt, das Maß für Unordnung,
das Maß für Chaos! Die Gesamt-Entropie kann niemals abnehmen, und sie
kann bei reversiblen Vorgängen (im Idealfall) konstant bleiben, weil der
Entropiesatz besagt, daß die Entropie eines abgeschlossenen thermodynamischen
Systems sich nur durch Austausch mit der Umgebung ändern oder aber sich nur
von selbst vermehren kann (also: Entropie kann nicht vernichtet werden). Damit
ist gleichzeitig der Richtungscharakter ausgedrückt: Wärme kann nicht
von selbst von einem kälteren auf einen wärmeren Körper übergehen.
Mechanische Arbeit kann zwar vollständig in Wärme umgewandelt werden,
aber eben niemals umgekehrt. Aus der im Entropiesatz formulierten Gesetzmäßigkeit
folgt, daß in einem abgeschlossenen System die Wahrscheinlichkeit für
einen Zustand um so größer ist, je größer seine Unordnung
ist. Das Maß für diese Unordnung ist die Entropie. Ein Chaos-Maß
! Die Entropie läßt sich genau bestimmen durch mathematische Formelberechnung,
die für jedes System eine entsprechende Zustandsgröße der gebundenen
Energie feststellt. Besonders deutlich läßt sich die Entropie an thermodynamischen
Vorgängen dann ablesen, wenn man zwischen umkehrbaren und nichtumkehrbaren
Abläufen unterscheidet: bei umkehrbaren Abläufen bleibt die Entropie
unverändert, bei nichtumkehrbaren Abläufen nimmt die Entropie zu, und
diese Zunahme geht auf Kosten der mechanischen Energie - sie ist der Verlierer
und die Wärme-Energie der Gewinner -, der Verlust mechanischer
Energie ist es also, der einhergeht mit der Zunahme der Entropie. Bei allen nichtumkehrbaren
Vorgängen in der Natur nimmt die Energie der thermodynamischen Geschehnisse
- also: die Wärme (!) - ständig zu und die Energie der mechanischen
Geschehnisse ständig ab, was schließlich zu einem Stillstand, zum Wärmetod
(!) führen müßte. Dagegen spricht jedoch die kosmologische Unmöglichkeit
einer abgeschlossenen empirischen Erkenntnis von der Totalität des
Weltalls, denn ohne begründete Anwendung bleibt auch die Auffassung
von der Entropie reine Theorie, reine Mathematik, reine Logik, reines Denken,
reiner Glaube. Aber all das brauchen wir ja, also brauchen wir nicht nur den Tod,
um das Wissen vom Leben zu haben, sondern auch das Leben, um den Tod vom Wissen
zu haben. Das Kälteleben ist der Verlierer und der Wärmetod
der Gewinner - jedenfalls beim Wissen vom Schicksal der Entropie,
dem Chaos-Maß!Wenn
es richtig ist, daß in der unbelebten Welt die natürliche Tendenz herrscht,
sich hin auf einen Zustand immer größerer Unordnung (z.B. gleichmäßige
Durchmischung zweier Gase) zu bewegen, dann bedeutet doch aber Gleichgewicht
Unordnung (Chaos) und Ungleichgewicht Ordnung, oder?In
der Physik ist der einfachste Zustand, den ein System erreichen kann, ein Gleichgewichtszustand.
Ist das Gleichgewicht hergestellt, so geht nichts mehr, denn es ist ja alles ausgeglichen.
... Prinzipiell gilt: Je näher ein System am Gleichgewicht ist, desto weniger
tut sich in ihm. Ist das Gleichgewicht schließlich erreicht, so sind alle
treibenden Kräfte erlahmt, und das System ist tot. Daß alle Systeme
einem Gleichgewicht zustreben, ist eine der wichtigsten Grundregeln der Physik.
... Die unterschiedlichen Energieformen haben unterschiedliche Auswirkungen. Ein
Körper mit kinetischer Energie ist in Bewegung. Ein Körper mit potentieller
Energie kann von einem Tisch herabfallen und dabei Bewegungsenergie gewinnen.
Doch letztendlich haben alle Energieformen das Bestreben, sich in Wärmeenergie
umzuwandeln. .... Materie versucht immer ins Gleichgewicht mit ihrer Umgebung
zu kommen, indem sie alle Energieformen letztlich in Wärme verwandelt. Dieses
Bestreben, sich so unordentlich wie möglich zu strukturieren, begegnet uns
im Alltag ständig. Eine vom Tisch heruntergefallene Tasse, nun in tausend
Scherben, bleibt zersprungen. .... Alle Prozesse im Universum haben die Tendenz,
die Unordnung zu erhöhen, indem sie Wärme austauschen. Diese erstaunliche
Erkenntnis ist als zweiter Hauptsatz der Thermodynamik
bekannt geworden . Sie muß uns als Lebewesen unweigerlich beschäftigen,
denn offenkundig zeichnen sich Lebewesen ja gerade dadurch aus, daß sie
nicht im Gleichgewicht mit ihrer Umgebung sind. Oder anders ausgedrückt:
Wenn sie sich im Gleichgewicht mit ihrer Umgebung befinden, sind sie tot. Irgendetwas
in einem Lebewesen sorgt also dafür, daß das Ungleichgewicht aufrechterhalten
wird, sich andauernd erneuert, ja sich sogar verstärkt. Lebende Organismen
bauen Ordnung auf. Der Mensch zum Beispiel repariert sich ständig selbst.
.... Wir bekommen alle fünf Tage eine neue Magenschleimhaut, die Leber wird
alle zwei Monate komplett erneuert. Unser größtes Organ, die Haut,
regeneriert sich alle sechs Wochen. In jedem Jahr werden 98 Prozent der Atome
in unserem Körper durch andere ersetzt. Dieser ununterbrochene chemische
Austausch, Stoffwechsel genannt, ist das Zeichen von Leben. Alle Lebewesen sind
gewissermaßen Inseln der Ordnung in einem Meer von Unordnung. Sie sind in
der Lage, sich selbst zu strukturieren, obwohl die Erfahrung zeigt, daß
sich die Materie im allgemeinen nicht selbst ordnet. Wie kann das sein?
Ist das nicht ein Verstoß gegen die Regeln der Physik, gegen die Theorien
über den Ablauf der Welt? Auf diese Frage kann man mit einem entschiedenen
»Nein« antworten! (Harald Lesch, Big Bang, zweiter
Akt, 2003, S. 35-38). Für die Physiker ist das Leben ein sich selbst
organisierendes, dissipatives Nichtgleichgewichtssystem (ebd., S.
34, 42, 47). Oder so formuliert: Leben ist ein sich selbst organisierendes
Nichtgleichgewichtssystem, das mit seiner Umgebung Energie und Materie austauscht.
Dies ist die physikalische Definition von Leben (ebd., S. 225). Wie
schon gesagt: Gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik enthält
ein abgeschlossenes System im thermischen Gleichgewicht ein höchstmögliches
Maß an Entropie. In einem geschlosseben System kan die Entropie zwar gleich
bleiben oder zunehmen, aber niemals abnehmen. Also nimmt jegliches makroskopische
Geschehen im System zwangsläufig dann ein Ende, wenn alle möglichen
Prozesse vollendet sind, die Temperatur überall gleich ist und eine maximale
Entropie erreicht ist. Dies impliziert natürlich, daß lange vor dem
letzten makroskopischen Geschehen bereits alles Leben im Universum beendet sein
wird. Der Wärmetod des Universums wird von nicht wenigen Philosophen
als Beweis für die Unvermeidbarkeit des Weltuntergangs angeführt. Vergessen
wird dabei aber nicht selten die Annahme, daß daß unser Universum
ein abgeschlossenes System ist. Wir wissen aber gar nicht, ob das
wirklich so ist. Es ist nämlich auch gemäß der gegenwärtigen
Physik immer noch offen, ob das uns bekannte Universum überhaupt ein abgeschlossenes
System ist.
GUT
zur Wiederholung:
Der Bauplan des Universums soll zukünftig
endlich entschlüsselt werden - mit der Weltformel,
und die beinhaltet natürlich auch eine Menschheitsformel.
Faust ist weiterhin auf der Suche nach dem Ur-Gesetz, in dem alles Dasein zu einem
Ganzen verschmilzt - oder auch nicht. Die Weltformel soll beschreiben, wie sich
alle Teilchen und somit alle Kräfte der Natur in einer einzigen Kraft zusammenfassen
lassen. (Vgl. Große Vereinheitlichte Theorie: GUT).
Und: Seit Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es z.B. einen neuen Teilchenbeschleuniger
im europäischen Kernforschungszentrum CERN. Die Experimente, die dort möglich
sind, ermöglichen vielleicht tatsächlich, der Weltformel wieder einen
Schritt näher zu kommen. In diesem Teilchenbeschleuniger lassen sich Bedingungen
herstellen, wie sie beim Urknall
geherrscht haben müssen. Das behaupten jedenfalls die Wissenschaftler. Ebenfalls
seit Anfang des 21. Jahrhunderts gelingt es auch, mit Hilfe superschneller Rechner
im Computer bestimmte Phänomene darzustellen,
von denen sich die Forscher letztendlich eine Antwort auf uralte Fragen erhoffen,
z.B.: Wie ist das Universum entstanden? Warum sind wir hier? Hat die
Zeit einen Anfang gehabt, hat es sie immer gegeben, kann man sie in immer kleinere
Einheiten aufteilen? Geht die Zeit tatsächlich immer nur nach vorne?
Menschen empfinden das so, aber die Quantentheorie (Planck)
sagt ihnen, daß es keineswegs so sein muß. Die beiden großen
Theorien - die Quantentheorie (-mechanik), die den Mikrokosmos im Universum beschreibt,
und die Relativitätstheorie, die das Zusammenspiel von Sternen und Galaxien
erklärt - haben ihre Gültigkeit; sie lassen sich aber nicht oder noch
nicht miteinander vereinen. Manche Physiker versuchen dies mit der String-Theorie
zu erklären. Die faszinierenden Erklärungsmuster der Superstring-Theorie
kommen der Wahrheit der Schöpfung ganz gefährlich nahe,
nur: sie können nichts beweisen. Aber Spaß beiseite: Materie besteht
bekanntlich aus Atomen, die ihrerseits aus winzigen Teilchen wie Elektronen, Protonen,
Neutronen und Quarks u.s.w. zusammengesetzt sind (vgl. Elementarteilchen)
zusammengesetzt sind. Die Grundidee der String-Theorie ist, daß sie sich
nicht punktartig (wie die Tradition glaubt), sondern jeweils aus einer winzigen
eindimensionalen Schleife bestehen. Die String-Theoretiker vermuten, daß
jedes Teilchen aus einem schwingenden Faden besteht, der einem Gummiband gleicht.
String bedeutet Faden oder Saite: Pythagoras läßt grüßen.
Die String-Theorie behauptet also, die Bauelemente des Kosmos seien winzige Fädchen
aus Energie und wie unaufhörlich vibrierende Saiten. Aus ihren Schwingungen
bestünden alle Elementarteilchen und physikalischen Kräfte. Die Strings
brächten das Universum wie eine riesige Äolsharfe zum Klingen. Auch
Pythagoras glaubte, die bewegten Himmelskörper tönten in Intervallen
(Sphärenharmonie); diese Harmonie sei aber nicht wahrnehmbar, weil sie unaufhörlich
auf uns einwirke. Von den Befürwortern wird die String-Theorie als Weltformel
bezeichnet. Die Physiker erwarten von dieser Theorie eine Erklärung für
die Eigenschaften der Elementarteilchen und die Eigenschaften der Grundkräfte,
die die Teilchen wechselseitig beeinflussen.Der Physiker Steven Weinberg
(*1933) lieferte bedeutende Arbeiten zur Quantentheorie (Planck),
zur Theorie der Elementarteilchen und ihren Wechselwirkungen sowie zur Gravitationstheorie
und Kosmologie. Er formulierte 1968 eine einheitliche Theorie der schwachen und
elektromagnetischen Wechselwirkung der Leptonen. Die Große Vereinheitlichte
Theorie (GUT)
erhielt durch Weinberg also einen erneuten Auftrieb, und für diesen Beitrag
zur Vereinheitlichung der Naturkräfte bekam er 1979 den Nobelpreis für
Physik. Wie kam er darauf? Ich hatte über ganz andere Dinge nachgedacht
- über die ... starke Wechselwirkung, die die Atome zusammenhält - und
... kam nicht so recht weiter. Dann fiel mir plötzlich ein, daß meine
Ideen sich auf ein ganz anderes Phänomen anwenden ließen, nämlich
auf die schwache Wechselwirkung, die für den radioaktiven Zerfall verantwortlich
ist. .... Es funktionierte tatsächlich, und sogar auch für die Kraft,
die zwischen elektrisch geladenen Teilchen wirkt. So hatte ich eine einheitliche
Theorie für zwei Kräfte gefunden, die im Universum wirken. (Schwache
Kernkraft und Elektromagnetismus). Ich bin nicht sicher, ob der Mensch
klug genug ist, um eine physikalische Weltformel zu finden. Aber ich habe in meinem
Forscherleben immerhin einen starken Trend zur Einfachheit erlebt. Nicht weil
die Mathematik einfacher geworden wäre, im Gegenteil - sie wird immer schwieriger,
immer esoterischer. (Esoterik).
... Wir sind verdammt, wenn wir die Weltformel nicht finden, aber wir sind auch
verdammt, wenn wir sie finden. (Steven Weinberg, 2001).Einerseits
sind wir kurz davor, die Gesetze des Universums zu verstehen - wenn wir wissen,
nach welchen Regeln es funktioniert, können wir es kontrollieren ... -, andererseits
sind wir an einen Punkt angelangt, an dem wir unsere eigene biologische Entwicklung
mit der Gentechnologie kontrollieren können. .... Vielleicht werden in Zukunft
die Computer die Herrschaft übernommen haben. Ich hoffe aber, das wird nicht
so sein. Ich glaube an den Menschen! (Steven W. Hawking, 2001). Leben
gehorcht den quantenmechanischen Gesetzen der Physik. (Johnjoe McFadden,
2001).
Biologen entschlüsseln nicht den Atomkern, sondern den Zellkern;
trotzdem ist auch für sie der Atomkern wichtig, denn neuerdings sehen gerade
die Molekularbilologen das Lebendige als Teil des physikalischen Mikrokosmos,
und das führt in der Konsequenz zum künstlichen Leben, weil die Forscher
kein Hindernis mehr sehen (wollen), seit sie verstehen, wie das Leben auf der
Ebene der kleinsten Teilchen funktioniert. Wer im Erbgut nichts anderes sieht
als einen gigantischen Baukasten mit ca. 150000 verscheidenen Teilen mit jeweils
ca. 25000 Einzelteilen, der sieht in ihnen kleine Fabriken, die auf der Ebene
der Moleküle irgend etwas aufnehmen und ein wichtiges Produkt herstellen
- z.B. hochspezialisierte Eiweißstoffe. Damit kann man wirklich schon Schöpfer
spielen. Das Lebendige ist also heute verfügbar, und es wird genutzt. Auf
längere Sicht wird so auch der Mensch nach Maß entstehen, nämlich
so wie man ihn braucht (Martin Heidegger), entworfen am Reißbrett.
Ich bin nicht Gott, weil ich den Code
entschlüsselt habe, sagte der Physiker J. C. Venter am 20.02.2001 zum
Philosophen Peter Sloterdijk. Venter hatte zuvor eine Sequenz des menschlichen
Genoms veröffentlicht: beim Wettlauf um die Entschlüsselung des menschlichen
Erbguts hatte er alle überholt; seitdem laufen in der Schaltzentrale seiner
Firma (!) die Daten zusammen, mit denen das menschliche Genom erfaßt ist.
Wir haben tatsächlich den Anspruch, das Leben der Menschen grundsätzlich
zu verändern. Das ist unser Ziel für die Zukunft. In unserem Körper
gibt es 100 Trillionen Zellen, mindestens 50000 Gene, vielleicht eine Million
verschiedener Eiweißstoffe. Bisher kennen wir nur ein bis zwei Prozent dieser
Informationen. (J. C. Venter, 2001). Denn wir haben die Sequenz des
menschlichen Genoms noch nicht vollständig. Und jetzt geht die Arbeit erst
los. Wir müssen herausfinden, was diese Sequenz wirklich bedeutet und wie
die darin enthaltenen Informationen die Funktionen eines Organsimsus steuern.
(Hubert Markl, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft). Das war der Biologie-Wissensstand
des Jahres 2001. ª ¨
----------- =
§ ?
© ²
Wirtschaft Kunst
----------------------------- = Kultur ?
Technik ² Wie
schon gesagt: Bis zur Mitte des 21. oder vielleicht auch des 22., spätestens
aber bis zum Beginn des 23. Jahrhunderts wird sich die abendländische Kultur
auf die anderen Umstände vorbereitet haben. Ob mit oder
ohne Weltformel,
Lebenskulturformel, Menschheitsformel. Vgl.

© Hubert Brune, 2001 (zuletzt aktualisiert: 2014).
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