Erkenntnis
und Erkenntnislehre
(Wissenschaftslehre, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie) 
Erkenntnis
Erkenntnis bedeutet das Sichaneignen des Sinngehalts von erlebten bzw.
erfahrenen Sachverhalten, Zuständen, Vorgängen, mit dem Ziel
der Wahrheitsfindung. Erkenntnis heißt sowohl (ungenau) der Vorgang,
der genauer als Erkennen bezeichnet werden muß, als auch dessen
Ergebnis. Im Sinne der Philosophie ist Erkennen immer etwas als
etwas erkennen, so wie man z. B. sagt: Er hatte ihn als Lügner
erkannt. In der Erkenntnis ist also ein Beurteilen enthalten, das
sich auf Erfahrungen stützt. Wer nicht weiß, was ein Lügner
ist und daß es Lügner gibt, kann niemals einen Menschen als
Lügner erkennen. In der Erkenntnis ist stets auch ein Wiedererkennen
enthalten. Neue, von innerer und äußerer Erfahrung unabhängige
Erkenntnisse können nur durch die schöpferische Phantasie entstehen.
Die Erkenntnis wird seit der griechischen Philosophie untersucht nach
den Gesichtspunkten von (objektiver) Quelle bzw. Herkunft, (subjektiver)
Fähigkeit, d. h. Vermögen dazu, Ziel und Zweck, Kennzeichen
und Maßstäben, Grenzen und Hindernissen (Aporien und Antinomien)
in einer Erkenntnislehre, die erst seit Kant
als philosophisches Sondergebiet unter dem Namen Erkenntnistheorie auftritt
und dann mitunter beinahe die ganze übrige Philosophie überwuchert.
Seit Leibniz
und Wolff
bedeutet Erkenntnis sowohl Prozeß als auch Ergebnis der spezifisch
empirisch-wissenschaftlichen Wahrheitsfindung. Kant unterschied in seiner
Kritik der reinen Vernunft (1781) die Prozesse bei der Erkenntnis
(a) des Verstandes, (b) der Vernunft und (c) der Sinne - alle drei müssen
zusammenwirken, um die Erkenntnis im engeren Sinne als systematisch geordnetes
Wissen hervorzubringen. Schopenhauer
machte aus Kants drei Erkenntnisprozessen vier ( ).
Innerhalb der Erkenntnis wird unterschieden zwischen der (uneigentlichen)
formalen oder abstrakten Erkenntnis und der (eigentlichen) inhaltlichen
oder konkreten Erkenntnis. Diese zerfällt ihrerseits in so viele
Erkenntnisarten, wie es wichtige Sachgebiete gibt.
Subjekt |
Objekt |
|
real |
ideal
(z.B. Zahlen,
geometrische
Objekte, logische Begriffe und ihre
Zusammenhänge) |
|
|
|
Bei der Erkenntnis stehen sich Subjekt und Objekt als Erkennendes und
Erkanntes gegenüber. Das Subjekt erkennt, das Objekt ist erkennbar
(es sei denn, dieses gehört zum Bereich des Unerkennbaren [Transintelligiblen]).
Das Erkennen geschieht dadurch, daß das Subjekt gleichsam in die
Sphäre des Objekts hinübergreift und es in seine eigene hereinholt,
genauer dadurch, daß die Bestimmungsstücke des Objektes an
seinem, im Subjekt entstehenden Abbild wiederkehren. Auch dieses Abbild
ist objektiv, d.h. das Subjekt unterscheidet es, an dessen Aufbau es selbst
beteiligt ist, von sich selbst als ein Gegenüberstehendes. Das Abbild
ist nicht identisch mit dem Objekt, aber ihm kommt Objektivität
zu. Das Objekt ist unabhängig vom Subjekt. Es ist mehr als nur ein
Gegenstand der Erkenntnis und in diesem Mehr-als-bloßes-Objekt-Sein
ist es das Transobjektive. Neben dem Gegenstand-Sein besitzt
das Objekt An-sich-Sein. Wird das Objekt unabhängig von der Erkenntnisbeziehung
gedacht, so wird es zum Ding. Das Subjekt aber kann auch für sich
selbst Subjekt sein, d.h. es kann ein Bewußtsein für seine
Fähigkeit des Erkennens haben, es besitzt über seine Eigenschaft
als eines Erkennenden hinaus noch ein Für-sich-Sein. Das An-sich-Sein
des Objektes bedeutet, daß neben dem am Objekt Erkannten noch ein
unerkannter Rest übrig bleibt. Die Tatsache, daß wir den Erkenntnisgegenstand
nie vollständig und ohne Rest, nie in der Fülle seiner Bestimmtheit
erkennen können, spiegelt sich wider in der Nichtübereinstimmung
zwischen Objekt und Abbild. Sofern das Subjekt von diesem Unterschied
weiß, ergibt sich das Phänomen des Problems, das den weiteren
Erkenntnisvorgang mit Spannung lädt und auf immer weitere Erkenntnisbemühungen
drängt. Der Ausgleich einer solchen Spannung liegt in der Richtung
eines Erkenntnisprogresses, durch den die Grenze zwischen dem, was bereits
erkannt wurde, und dem, was erkannt werden sollte, auf das Transobjektive
hin verschoben wird. Der Erkenntnisdrang des Bewußtseins, dessen
Wirkung der Erkenntnisprogreß ist, ist ein fortschreitendes Sich-empfänglich-Machen
für die Bestimmtheiten des Objekts. Für den Erkenntnisdrang
ist das, was erkannt werden soll, unerschöpflich, für ihn ist
es ein Unendliches.
In aller Erkenntnis
stehen einander Erkennendes und Erkanntes gegenüber.
Das Gegenüber beider Glieder ist unaufhebbar und trägt den Charakter
gegenseitiger Ungeschiedenheit oder Transzendenz.
(Nicolai Hartmann
).
Zu Erkennendes
(Objiciendum) |
Unerkanntes
(Transobjektives) |
Unerkennbares
(Transintelligibles) |
Vier Schichten der Transzendenz
gemäß Nicolai Hartmann
 |
|
Der Erkenntnisprogreß findet seine Schranke an der selten verschiebbaren
Grenze der Erkennbarkeit. Dahinter beginnt das Unerkennbare, das Transintelligible
(irreführend oft das Irrationale genannt). Wie das Transobjektive
in der verlängerten Richtung des Erkannten liegt, so liegt innerhalb
des Transobjektiven das Transintelligible in der verlängerten Richtung
des Erkennbaren (Nicolai Hartmann
).
Die Existenz des Transintelligiblen ist es, die den Erkenntnisvorgang
nicht zur Ruhe kommen läßt. Der Bereich des Transintelligiblen,
dem An-sich-Sein und Für-sich-Sein zugehören, ist das Medium,
das den Wirkungszusammenhang zwischen Objekt und Subjekt ermöglicht.
In welcher Weise die Übertragung der Bestimmungsstücke des Objekts
auf das Subjekt erfolgt, ist im wesentlichen unbekannt. Geht man aber
davon aus, daß alles Seiende, da der gemeinsamen Sphäre des
Unerkannbaren angehörend, sich gegenseitig irgendwie bedingt und
bestimmt, bedenkt man ferner, daß das Subjekt das reaktionsfähigste
und empfindsamste unter allem Seienden ist, so ergibt sich, daß
das ganze System des Seienden vom Transobjektiven her über das Objekt
und das Abbild vor dem Subjekt in Erscheinung treten muß. Erkenntnis
ist, so gesehen, ein Wahrnehmen der dem Subjekt zunächst gelegenen
Glieder der Beziehungen zwischen Objekt und Subjekt.
Die Erkenntnisprinzipien, d.h. die Art und Weise, in der Erkenntnis
stattfindet, müssen also für alle Subjekte die gleichen sein.
Andererseits ergibt sich, z.B. aus der (innerhalb der bekannten Fehlerbereiche
möglichen) Berechenbarkeit physikalischer Vorgänge, daß
die Gesetze der mathematischen Logik (und somit die Gültigkeit apriorischer
Einsichten) die logisch-mathematische Sphäre überschreiten und
darüberhinaus Gültigkeit haben. Die Anwendung eines mathematischen
Satzes auf ein Naturgeschehen bedeutet ein Übergreifen der logischen
Sphäre auf die reale. Es gibt logische Zusammenhänge und Beziehungen,
die mit denen des Realen übereinstimmen. Die logische Sphäre
vermittelt demnach zwischen der Welt der Abbilder und der Welt des Realen.
Die Erkenntnisprinzipien sind also nicht nur für alle Subjekte dieselben,
sondern sie treten auch in der Welt der Objekte auf, und zwar als die
Kategorien.
Erkenntnis ist möglich, weil Erkenntniskategorien und Seinskategorien
identisch sind. Aber weder sind alle Erkenntniskategorien zugleich Seinskategorien,
noch sind alle Seinskategorien zugleich Erkenntniskategorien. Träfe
das erstere zu, so würden alle Erkenntnisse die reine Wahrheit zum
Inhalt haben, träfe das letztere zu, so wäre alles Seiende ohne
Rest erkennbar. Die Bereiche der Seins- und der Erkenntniskategorien decken
sich teilweise, und nur so ist es zu verstehen, daß sich das Naturgeschehen
nach mathematischen Gesetzen zu richten scheint: daß z.B. die Planetenbahnen
auch tatsächlich elliptisch sind. Seit dem Ende des 18.
Jahrhunderts wird Erkenntnis hauptsächlich mit empirischer Erkenntnis
der Naturwissenschaften gleichgesetzt, während Geisteswissenschaften
über die rationale Erkenntnis hinauszugreifen gezwungen sind.
In seiner Kritik der reinen Vernunft (1781) unterschied Kant
die Prozesse bei der Erkenntnis der Sinne, des Verstandes und der Vernunft.
Alle drei müssen zusammenwirken, um die Erkenntnis im engeren Sinne
als systematisch geordnetes Wissen hervorzubringen. Alle unsere
Erkenntnis hebt von den Sinnen an, geht von da zum Verstande
und endigt bei der Vernunft, über welche nichts Höheres
in uns angetroffen wird, den Stoff der Anschauungen zu bearbeiten und
unter die höchste Einheit des Denkens zu bringen. (Ders., Kritik
der reinen Vernunft, in: Werke in zwölf Bänden, S.
311). Gemäß Kant besteht die Erkenntnis aus Anschauungen
(Sinnlichkeit und Verstand) und Begriffen (Vernunft). Die
Erkenntnis durch Begriffe heißt diskursiv, die in
der Anschauung intuitiv; in der Tat wird zu einer Erkenntnis beides
miteinander verbunden erfordert, sie wird aber von dem benannt, worauf
als den Bestimmungsgrund desselben ich jedesmal vorzüglich attendiere.
(Ebd., Beilage, 2. Absatz, V 3, 156 f.). Als Hauptsatz des (seines!) Kritzismus
gilt daher auch: Anschauungen ohne Begriffe sind blind, Begriffe ohne
Anschauungen leer. Alle unsere Erkenntnis hat eine zwiefache
Beziehung: erstlich eine Beziehung auf das Objekt, zweitens
eine Beziehung auf das Subjekt. In der ersteren Rücksicht
bezieht sie sich auf Vorstellung, in der letzteren auf das Bewußtsein,
die allgemeine Bedingung aller Erkenntnis überhaupt. (Ebd.,
Einleitung, V). Alle Erkenntnisse, das heißt: alle mit Bewußtsein
auf ein Objekt bezogenen Vorstellungen sind entweder Anschauungen oder
Begriffe. (Ebd., Transzendentale Logik, § 1, IV, 98).
Sinnlichkeit, Verstand und Vernunft arbeiten also während unserer
Erkenntnis zusammen, beziehen sich auf Objekt und Subjekt, auf Vorstellung
und Bewußtsein.
Sinnlichkeit
(gemäß Kant) |
Verstand
(gemäß Kant) |
Vernunft
(gemäß Kant) |
|
- V e r s u c h
e i n e r A n a l o g i s i e r u n g
- |
Ikone
(gemäß Peirce) |
Indizes
(gemäß Peirce) |
Symbole
(gemäß Peirce) |
Auch Schopenhauer
( )
zufolge ist alles, was für die Erkenntnis da ist - also diese ganze
Welt - Objekt in Beziehung auf ein Subjekt, ist Anschauung des Anschauenden,
mit einem Wort: Vorstellung. Also: kein Subjekt ohne Objekt, kein Objekt
ohne Subjekt. Zum Bewußtsein, mit dem sich das Subjekt auf ein Objekt
bezieht, also Vorstellungen (Anschauungen [durch Sinnlichkeit und Verstand]
und Begriffe [durch Vernunft]) hat, fügte er das Selbstbewußtsein
hinzu (vgl. in der folgenden Tabelle).
Die Erkenntnis, daß die Welt Vorstellung sei, genügte Schopenhauer
nicht. Wir fragen, ob diese Welt nichts weiter als Vorstellung sei, und
was, wenn sie noch etwas anderes ist. Wir erkennen nun: das als Individuum
erscheinende Subjekt des Erkennens findet als sein innerstes Wesen den
Willen, und zwar aus der Erfahrung seines Leibes; er ist auf zwei ganz
verschiedene Weisen gegeben: als Vorstellung, als Objekt unter den Objekten,
zugleich aber auch als das jedem unmittelbar Bekannte, welches das Wort
Wille bezeichnet. Also: Der Leib ist die Objektivation des Willens: der
Wille ist das Ansich des Leibes. Diese Erkenntnis ist der Schlüssel
zum Wesen jeder Erscheinung in der Natur; alle Objekte müssen ihrem
inneren Wesen nach dasselbe sein, was wir an uns Wille nennen. Der Wille
ist das Ding
an sich, also ist er auch das innerste Wesen des Menschen. Raum
und Zeit allein sind es, mittels welcher das dem Wesen und dem Begriff
nach Gleiche und Eine doch als verschieden, als Vielheit neben- und nacheinander
erscheint. Der Wille als Ding an sich liegt außer allem Raum und
aller Zeit, wie auch außer aller Kausalität: er ist grundlos,
ursachlos, ziellos und erkenntnislos. Sobald er sich der objektiven Erkenntnis
darstellt, zeigt er sich in Raum und Zeit dem Individuationsprinzip (principium
inidividuationis) unterworfen und wird dadurch Wille zum Leben. Die
durch Raum und Zeit bestimmten Objekte (Vorstellungen) betrachtet die
Wissenschaft am Leitfaden der Kausalität. Darüber hinaus vermag
allein das Genie in der Kunst durch reine Kontemplation und ungewöhnliche
Kraft der Phantasie die ewigen Ideen aufzufassen und darzustellen, in
der Poesie, der bildenden Kunst, der Musik. Die Musik nimmt eine besonders
hohe Stellung ein, da sie nicht wie die anderen Kunstgattungen die Ideen
abbildet, sondern die unmittelbare Objektivation des Weltwillens in uns
ist.
Der Wille muß immer streben, weil Streben sein alleiniges Wesen
ist, dem kein erreichtes Ziel ein Ende macht, das daher keiner endlichen
Befriedigung. d.h. keines Glückes, fähig ist. Laut Schopenhauer
ist jede Lebensgeschichte Leidensgeschichte: Der Lebenslauf des
Menschen besteht darin, daß er, von der Hoffnung genarrt,
dem Tod in die Arme tanzt. Die ganze Natur ist ein unbarmherziger
Kampf ums Dasein. Sie ist ein Tummelplatz gequälter und geängstigter
Wesen, welche nur dadurch bestehen, daß eines das andere verzehrt,
wo daher jedes reißende Tier das lebendige Grab tausend anderer
und seine Selbsterhaltung eine Kette von Martertoden ist. Was alles
Wirkliche kennzeichnet, ist der endlose, aus dem Leben wesentlich
entspringende Schmerz, davon die Welt übervoll ist. So zeigt
sich: Diese ist an allen Enden bankrott. Sie ist, entgegen
Leibniz,
der sie für die bestmögliche hielt, die schlechteste aller möglichen
Welten (**).
In summa: Die Welt ist etwas, was nicht sein sollte. Mitleid ist nach
Schopenhauer das Fundament der Moral. Das Gefühl des Mitleids bezieht
sich nicht nur auf Menschen, sondern, was für Schopenhauer besonders
wichtig war, ebenso auf Tiere. Aus Egoismus entspringt das Böse,
aus Mitleid das Gute. Das ist das Grundprinzip der Ethik Schopenhauers.
Ihr gemäß wird der das Leiden schaffende Wille durch die Tat
des Mitleids verneint. Die Verneinung des Willens zum Leben kann also
in letzter Konsequenz nichts anderes sein als die Aufhebung des Individuationsprinzips
(principium inidividuationis) oder gar der Übergang ins Nichtsein,
ins Nichts (Nirwana). Diese Verneinung geht aus der Durchschauung des
Individuationsprinzips hervor, aus dem Sich-wieder-Erkennen (Sichwiedererkennen)
in der fremden Erscheinung.
Erkenntnislehre (Wissenschaftslehre, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie)
Die Erkenntnislehre, auch Erkenntnistheorie, Wissenschaftslehre (einschließlich
Wissenschaftstheorie und -praxis), Epistemologie oder Erkenntniswissenschaft
genannt, ist die spezialisierteste Lehre der Erkenntnis und gliedert
sich in (a) Erkenntniskritk, die von einem
vorher bestehenden Erkenntnistypus ausgeht, an dem sie die vorhandenen
Kenntnisse kritisch mißt, so Kant
in seine Kritik der reinen Vernuft (1781), und (b)
Erkenntnismetaphysik, die das Wesen der Erkenntnis erforscht und dabei
meist von den im Sein des Erkennenden und im Sein des Erkannten beschlossenen
Möglichkeiten des Erkennens ausgeht.
Mitunter, so bei Nicolai Hartmann,
wurde die Erkenntnislehre in die Metaphysik einbezogen. Hartmann wählte
den Titel Metaphysik der Erkenntnis (1921) ganz gezielt, um
auszudrücken, daß die Grundannahme über die Relation von
Erkenntnissubjekt und objekt rational nicht zu erklären ist.
Das unlösbare Rätsel der Beziehung von Erkenntnis und Sein führt
nach Hartmann notwendig in Aporien. Gegen Kant war Hartmann der Auffassung,
daß man keine voraussetzungsfreie Erkenntnistheorie aufstellen kann.
Jede Erkenntnistheorie hat metaphysische Voraussetzungen. Erkenntnis bedeutete
für Hartmann ein Erkennen von etwas schon Vorhandenem. Dieses beschrieb
Hartmann als einen Vorgang in drei Phasen. Am Anfang steht eine (a)
Phänomenologie der Erkenntnis. Hierzu gehören Vorgänge
der Wahrnehmung ebenso wie Vorgänge des Bewußtseins, wie die
Bildung von Repräsentationen, und der Erkenntnisfortschritt. In der
phänomenologischen Betrachtung versucht man ein Maximum an
Gegebenheit zu erreichen. (Vgl. Nicolai Hartmann, Grundzüge
einer Metaphysik der Erkenntnis, 1921, S. 43). Allerdings zeigt sich,
daß es Grenzen der Erkenntnis gibt. Der Mensch kann das Wesen der
Wirklichkeit, von dem er und seine Erkenntnisleistung selbst lediglich
ein Teil sind, nie vollständig erfassen. Bestenfalls kann er die
Grenzen verschieben und seinen Erkenntnishorizont erweitern. Im zweiten
Schritt erfolgt eine (b) Analyse der gegebenen
Phänomene. Diese Analyse zeigt eine Grundaporie, die Grundlage für
alle weiteren Probleme der Erkenntnis ist. Einerseits ist das Subjekt
in den Grenzen seines Bewußtseins gefangen, andererseits bezieht
es sich auf ein Seiendes außer sich selbst. Die Erkenntnis ist abhängig
von der Beziehung auf einen Gegenstand außerhalb ihrer selbst. Hartmann
suchte für diesen Widerspruch keine Lösung, sondern betrachtete
ihn als gegeben. Die Auffassung von der Existenz ist Ergebnis der phänomenologischen
Betrachtung. Hartmann versuchte im dritten Schritt, diese (c)
Auffassung zu rechtfertigen. Sein wesentliches Argument ist, daß
von der Annahme des Realismus, der sowohl die natürliche als auch
die wissenschaftliche Weltsicht widerspiegelt, nur aus guten Gründen
abgewichen werden darf. In Wirklichkeit fällt also die Beweislast
gerade dem Idealismus zu, eben weil er es ist, der sich vom natürlichen
Gegenstandsbewußtsein und von der Sachlage des Erkenntnisphänomens
entfernt und eine Behauptung aufstellt, die von vorn herein den Stempel
der Widernatürlichkeit trägt. (Ebd., 1921, S. 229)
Martin Heidegger
ersetzte mit seiner Existenzphilosophie die Subjekt-Objekt-Beziehung durch
das In-der-Welt-Sein
des Menschen. Heideggers Existenz(ial)ontologie (Fundamentalontologie)
und Hartmanns Neue Ontologie entwickleten sich zum Teil aus
denselben Wurzeln. Die alte Seinslehre hing an der These, das Allgemeine,
in der essentia zur Formalsubstanz verdichtet und im Begriff faßbar,
sei das bestimmende und gestaltgebende Innere der Dinge. Neben die Welt
der Dinge, in der auch der Mensch eingeschlossen ist, tritt die Welt der
Wesenheiten, die zeitlos und materielos ein Reich der Vollendung des höheren
Seins bildet. (Nicolai Hartmann, Systematische Philosophie,
1942, S. 240). Im Gegenbsatz zu Heidegger klammerte Hartmann jedoch die
Frage nach dem Sein an sich, nach der speziellen Metaphysik,
aus und beschränkte seine Ontologie auf die Untersuchung des Seienden
als Seienden, auf die Welt der Wirklichkeit. Die Kategorien dieser neuen
Ontologie werden Zug um Zug den Realitätsverhältnissen
abgelauscht (ebd., 1942, S. 209) Aufgrund der Grenzen der Erkenntnisfähigkeit
des Menschen faßte Hartmann seine gesamte Ontologie als Hypothese,
als weiterzuentwickelndes Konzept auf. Bei der phänomenologischen
Untersuchung der Kategorien des Seienden unterschied Hartmann die intentio
recta als Untersuchung der natürlichen und wissenschaftlichen
Einstellungen zu einem Gegenstand. Mit diesem Vorgehen können
anders als bei Kant oder im Neukantianismus keine Ergebnisse a
priori gewonnen werden. Den Gegenpol bildet die intentia obliqua,
die sich apriorisch-deduktiv und reflektorisch mit dem Akt der Erkenntnis
in Logik, Psychologie oder Erkenntnistheorie befaßt. Gemäß
Hartmann ist die Wirklichkeit in allem Seienden. Das Sein des Seienden
ist eines, wie mannigfaltig dies auch sein mag. Alle weiteren Differenzierungen
des Seins sind aber nur Besonderungen der Seinsweise. (Nicolai Hartmann,
Zur Grundlegung der Ontologie, 1935, S. 38) Sein ist ein
Letztes, nach dem sich fragen läßt. Ein Letztes ist niemals
definierbar. Definieren kann man nur aufgrund eines anderen, das hinter
dem Gesuchten steht. (Ebd., 1935, S. 43). Diese Undefinierbarkeit
bedeutete für Hartmann, daß man vom Begriff des Seins kein
Gegenteil bilden kann. Daher lehnte er auch eine dialektische Gegenüberstellung
von Sein und Nichts (gegen Hegel und Heidegger)
ab. Für ähnlich verfehlt hielt er auch Heideggers Frage nach
dem Sinn von Sein. Die Untersuchung des Seienden als Seiendem
gehe auf die Wirklichkeit und nicht auf Begriffe, so Hartmann (vgl. ebd.,
1935, S. 42). Seiendes sei nicht mit Gegenständen gleichzusetzen,
denn ein Gegenstand bestimme sich durch seine Beziehung zu einem Subjekt,
während Seiendes subjektunabhängig sei.
Die phänomenologische Analyse führte Hartmann zu verschiedenen
Unterscheidungen:
|
Seinsmomente sind Dasein und Sosein
 |
|
Seinsweisen sind Realität und
Idealität  |
|
Seinsmodi sind Möglichkeit, Wirklichkeit
und Notwendigkeit  |
Jedes Seiendes hat sowohl Dasein als auch Sosein. Beide Aspekte sind untrennbar
miteinander verbunden (vgl. Nicolai Hartmann, Zur Grundlegung der Ontologie,
1935, S. 86). Dasein und Sosein haben sowohl reale als auch ideale Entitäten
wie mathematische Gegenstände. Jedes Dasein hat ein Sosein. Und jedes
Sosein ist stets ein Sosein eines Daseienden. Realität und Idealität
schließen sich hingegen aus. Ein Daseiendes ist entweder real oder
ideal. Ideales ist nicht etwas nur Gedachtes, sondern nicht-gegenständliches
Seiendes. Hierzu zählte Hartmann Mathematisches, Wesenheiten, Logisches
und Werte. Ideales Seiendes ist zeitlos, allgemein und unveränderlich.
Reales Seiendes ist dagegen zeitlich, konkret und vergänglich. Realität
ist aufdringlich. Man erfährt sie in einem Widerstandserlebnis. Ideales
ist in Realem als Struktur oder Gesetzmäßigkeit enthalten.
So ist eine geometrische Kugel ein ideales Gebilde, das die Struktur einer
materiellen Kugel beschreibt. Empirische Urteile beziehen sich stets auf
reale Entitäten, mathematische Urteile auf ideales Seiendes. Beide
Arten von Urteilen sind ein Erfassen von etwas An sich-Seiendem.
Zwar konnte auch die im 1. Drittel des 20. Jahrhunderts entstandene (sogenannte!)
wissenschaftstheoretische Wende die Erkenntnistheorie ein
bißchen bereichern, doch das Verhältnis der Wissenschaftstheorie
zur Wissenschaft blieb ambivalent. Jede Wende (Beispiele: Linguistische
Wende, scheinbar neue anlytische Philosophie,
kritischer Rationalismus u.s.w.) konnte dieses Verhältnis
nur leicht verbessern. Da vor allem die Entwicklung der formalen Logik
(bzw. Logistik) und der Sprachphilosophie sowie die im Rahmen der damaligen
Denkgewohnheiten nicht erfaßbaren Vorstellungen der Quantentheorie
(Max Planck)
und Relativitätstheorie (Albert Einstein)
zur Entstehung einer neueren Wissenschaftstheorie geführt hatten,
blieb sie zunächst auch wesentlich bestimmt vom Neopositivismus und
logischen Empirismus; dagegen begründete z.B. Karl Popper
die zweite Grundrichtung dieser neueren Wissenschaftstheorie, den sogenannten
kritischen Rationalismus, nach dem sich Wissenschaftstheorie auf
die Untersuchungen der Bedingungen für eine Falsifikation der als
Hypothesen aufgefaßten wissenschaftlichen Theorien beschränken
muß. (Anti-Test). Der begründungstheoretische Ansatz wird,
gefördert z.B. durch die analytische Philosophie, zum einen von der
analytischen Wissenschaftstheorie, zum anderen in der operationalistisch
orientierten und von Paul Lorenzen
begründeten konstruktiven Wissenschaftstheorie fortgeführt.
Aber trotzdem: das Verhältnis der Wissenschaftstheorie zur Wissenschaft
ist ambivalent. Faktische wissenschaftliche Forschung steht eben oft unter
anderen Bedingungen als ihre in der Wissenschaftstheorie analysierten
Strukturen und Normen. Die Frage nach den Grenzen der Erkenntnis wird
wissenschaftstheoretisch immer noch als Abgrenzungsproblem zwischen wissenschaftlichen
und nicht-wissenschaftlichen Aussagen oder - wie bei Kant - als Kritik
der reinen Vernunft behandelt. Als theoretische Fundamentaldisziplin
hat die Erkenntnistheorie damit die Stelle der Metaphysik, d.h. ihren
ersten Platz übernommen, denn in der transzendentalen Erkenntnistheorie
Kants erfuhr die Erkenntnistheorie ihre (wirklich) entscheidende Wende.
(Kant als Vater
der Moderne  ).
Das scheinbar ewige Subjekt-Objekt-Problem führte, indem unter
Erkenntnistheorie nicht mehr nur primär Methodologie naturwissenschaftlichen
Wissens verstanden wurde, zu der auch heute noch fundamentalen Unterscheidung
zwischen Realismus und Idealismus. (Übrigens konnte auch Heideggers
In-der-Welt-Sein trotz enormen Willens und grandioser Versuche
das Subjekt-Objekt-Problem nicht tilgen  ).
Zugleich wurde die Erkenntnistheorie aus der Einsicht in die historische
Bedingtheit des Erkennens (vgl. Historismus)
durch die Hermeneutik ergänzt, d.h. wissenschaftstheoretisch um die
Unterscheidung von Verstehen und Erklärung. Die erkannte Bedeutung
der Sprachphilosophie gilt angesichts der sprachlichen Verfaßtheit
aller Erkenntnis auch für die Begründung des sogenannten exakten
Wissens (Mathematik, Naturwissenschaft).
Herrschaftsformen in der Erkenntnistheorie
- müssen die sein?
In der Erkenntnistheorie darf es keine Herrschaftsformen geben. Die
jeweils herrschende bzw. vorherrschende Erkenntnis ergibt sich sowieso
schon aus der Natur der Macht. Also muß da nicht auch noch mit Formen
der Herrschaft nachgeholfen werden. Die Geschichte der
Wissenschaft zeigt jedoch seit dem Ende des 2. Weltkriegs und verstärkt
seit dem Ende des sogenannten Kalten Krieges, daß die
je nach Bedarf gewählten Herrschaftsformen sich immer mehr durchgesetzt
haben.
Zum Verständnis dessen, was ich meine, sei aus meinem E-Brief vom
04.01.2012 ( )
zitiert:
Eine Theorie muß falsifizierbar sein. Aber wir können
ja nicht abstreiten, daß die Theorien solcher Wissenschaftler
schwer zu widerlegen oder, um es wissenschaftlicher bzw. erkenntnistheoretischer
auszudrücken, schwer zu falsifizieren sind. Solange sie gelten,
gelten sie auch als nicht widerlegt, nicht falsifiziert.
Poppers Aussagen betreffen ja die wissenschaftliche Erkenntnis, genauer:
die Erkenntnistheorie als Teil der Erkenntnislehre. .... Wir müssen
uns darüber natürlich im klaren sein, daß Popper mit
seiner Falsifikationsthese die Naturwissenschaft einerseits nicht sicherer,
sonderen unsicherer, aber andererseits nicht unsicherer, sondern sicherer
gemacht hat. Für wen jeweils? Darauf kommt es an! Denn (nicht
nur, aber) auch dank Popper können sich zwar alle diejenigen Naturwissenschaftler,
deren Theorien als nicht falsifiziert gelten, sicher sein, daß
sie es ziemlich lange bleiben werden, während alle anderen Naturwissenschaftler
unsicher bleiben müssen darüber, ob ihre vielleicht
bessere bzw. erkenntnistheoretisch wertvollere Theorie jemals akzeptiert
werden wird (denken Sie nur daran, wie lange Alfred Wegener ausgelacht
worden ist - gerade auch in dem englischsprachigen Teil der Erde -,
obwohl auch damals schon die vorherrschenden Theorien in der Geologie
falsifiziert werden konnten, aber eben nicht wurden [warum wohl?]).
Die anderen Wissenschaftler sind gegenüber den etablierten Wissenschaftlern
aber immer eine riesige Mehrheit und könnten sich unter anderen
Bedingungen als den geltenden viel leichter durchsetzen. Es ist ähnlich
wie in der Evolution bzw. Geschichte. Manchmal setzt sich die Minderheit
aufgrund ihrer Qualität (Intelligenz, Leistung u.s.w.) durch und
manchmal die Mehrheit aufgrund ihrer Quantität (Masse, Anzahl).
Wenn es nur die Qualität wäre, dann gäbe es - übrigens
- auch keinen Untergang des Abendlandes; denn leider ist es die Quantität,
z.B. die Zahl der Migranten aus fremden Kulturen (weil sie schlicht
mehr Nachkommen haben!), die zuletzt dem Abendland den Todesstoß
versetzen wird. Wenn es in der (Natur-)Wissenschaft auch noch exakt
so wäre - seit Poppers These Doktrin ist, ist das aber immer seltener
so -, dann wären Theorien, dann wäre z.B. Einsteins Relativitätsheorie
mehr Druck seitens der Konkurrenz ausgesetzt, als es tatsächlich
der Fall ist. (Übrigens: Ich bin nicht gegen Einstein oder
dessen Relativitätstheorie!).
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H a l l i g
S ü d f a l l |
Dadurch, daß politisch nachgeholfen wird, können
sich Theorien und Erkenntnisse nicht oder zumindest nicht mehr
so durchsetzen, wie es in der Wissenschaft eigentlich üblich
ist, wie es gemäß des freien Spiels in der Wissenschaft möglich
zu sein hat. Statt dessen wird also politisch selektiert, d.h. nach Machtverhältnissen
selektiert, was durchaus nicht der Evolutionstheorie ( )
widerspricht, aber es wird dadurch die Wissenschaft zerstört, denn
die Wissenschaft ist eine Insel im Meer der Evolution und
war ursprünglich auch so erdacht, weil sie anders auch nicht existieren
kann. Schon Lebewesen und ganz besonders die Menschen sind solche Inseln
bzw. suchen sie auf, um sich gegen die Regeln der Natur zu wehren - und
sei es auf so gefährliche Weise, wie es die Bewohner auf den Halligen
in der Nordsee oder den Malediven im Indischen Ozean tun.
Nun wird aber, wenn ich nur die Falsifikation im Sinne Poppers
gelten lasse, natürlich versucht, die Falsifikation zu verhindern.
Das heißt: Das ganze Wissenschaftliche erhält eine politische
Komponente, und daß dies heute längst immer mehr der Fall ist,
läßt sich schon seit dem Ende des 2. Weltkrieges sagen.
( ).
Daß also auch z.B. so Leute wie Popper erst seit dem Ende des 2.
Weltkrieges vermehrt im Sinne der Mächtigen argumentieren
und dadurch die Wissenschaft zur Nicht-Wissenschaft machen, ist
kein Zufall, sondern gewollt.
Es gibt mittlerweile so viele
sogenannte Theorien von sogenannten Experten,
die in Wirklichkeit alles andere als das sind, so daß ohne Gehirn
sein muß, wer immer noch nicht weiß, worauf das alles hinauslaufen
soll. Die angeblich naturwissenschaftliche Urknalltheorie
geht konform mit dem Kreationismus bzw. der angeblichen Schöpfungsgeschichte
aus dem angeblich Alten Testament des angeblich auserwählten
Volkes. ( ).
Die angeblich physikalischen, die angeblich chemischen
die angeblich biologischen, die angeblich ökonomischen,
die angeblich soziologischen, die angeblich psychologischen,
die angeblich semiotischen, die angeblich linguistischen,
die angeblich philosophischen und die angeblich mathematischen
uns diktierten Theorien sollen wir ihren, uns ebenfalls
diktierten Experten überlassen, und - zur Krönung
- sollen wir auch noch das eventuelle Falsifizieren dieser Theorien
ihren Experten überlassen. Was hier geschieht, ist die
Dekonstruktion, der rücksichslose Abbau bzw. Rückbau, die bewußte
Zerstörung bzw. Vernichtung unserer Tradition, wozu u.a. eben auch
unsere in Jahrhunderten aufgebaute Wissenschaft gehört. Dabei ist
das Ziel, aus Freiheit wieder Sklaverei zu machen - über den Weg
von einer Neu-Theologie zu einer Neu-Religion. ( ).
Wenn erst die Globalisten diese Neu-Religion etabliert haben werden,
werden sie keine Ausnahme mehr zulassen - die ersten Ansätze dazu
erkennt man jetzt bereits (vgl. Klimahysterie
u.v.a.) -, aber daß ihre bereits seit dem Übergang vom 18.
zum 19. Jahrhundert etablierte Neu-Theologie, deren Idealismen
bzw. Nihilismen anfangs wenigstens noch mehr Gut- als Bösartiges
in sich hatten, seit ungefähr der Mitte des 20. Jahrhunderts, als
deren Idealismen und Nihilsimen erstmals mehr Bös- als Gutartiges
in sich hatten, stärker als zuvor danach streben muß und auch
wirklich immer mehr - weil immer bösartiger werdend - danach strebt,
zur Neu-Religion zu werden, scheinen viele noch gar nicht begriffen
zu haben. Diese Neu-Religion muß wegen seines Anspruches
auf Gültigkeit in der gesamten Welt Elemente aus den größten
bzw. bedeutendsten Religionen integrieren, also synkretistisch ( )
sein - dabei helfen ihr eben auch diejenigen Elemente aus allen Wissenschaftsdisziplinen,
die sich für den Synkretsimus eignen, und da, wo sie fehlen, müssen
sie kreiert werden. Also, Leute, zieht euch lieber jetzt schon warm an,
denn die Globalisten haben längst alles, was sie für ihre für
die Ewigkeit geplante Macht brauchen, aus dem Nichts
geschöpft.          
Die Wissenschaft braucht keine Gesetze, Vorschriften, Regularien, Regeln
darüber, wie lange eine Theorie Theorie bleiben darf. Wenn dies aber
in der Wissenschaft der Fall ist, dann ist sie im Fall. Sie geht dann
unter. Wenn bestimmt wird, wie lange eine Theorie überleben
darf, dann wird auch bestimmt, was als Theorie überhaupt gelten
darf. Was die Wissenschaft - also: die abendländische Wissenschaft,
denn sie ist die einzige, die diesen Namen wirklich verdient hat - für
ihre jeweilige Theorie und Praxis braucht, sind Logik und Empirie.
Für sie dürfen, ja müssen Regeln aufgestellt werden - das
ist klar -, aber doch nicht dafür, was wie lange Theorie und Praxis,
was wie lange Logik und Empirie sein darf und was nicht. Alle Wissenschaftler
sollen, ja müssen streiten dürfen darüber, was in
der Wissenschaft gelten soll und was nicht, aber kein Wissenschaftler
soll bestimmen dürfen darüber, was in der Wissenschaft
gelten soll und was nicht. Da, wo diktiert wird, ist keine Freiheit, keine
Wissenschaft möglich. Die z.B. auch von Lerner angesprochene wissenschaftliche
Methode besagt: »Prüfe die Theorie anhand intensiver
Beobachtungen.« Wenn die Beobachtung der Theorie widerspricht, verwirf
die Theorie. Auf dieser Basis hätte die Urknalltheorie schon vor
Jahrzehnten verworfen werden müssen. Diese Abwendung von der wissenschaftlichen
Methode und die Wiedereinführung der Vorstellung, daß man sich
in Sachen Wissen auf die Experten verläßt, ist sehr verhängnisvoll.
( ).
Wer diktiert, wie lange wer oder was in der Wissenschaft überleben
darf, wird auch bald diktieren, wer oder was in der Welt überleben
darf, wird also wie ein Evolutionsgott selektieren und dadurch
Gott herausfordern. Das nannte man früher Sünde!
Kulturmorphologische Erkenntnistheorie, existenzialistische
Erkenntnistheorie, kybernetisch-systemische Erkenntnistheorie, Quadrialistische Erkenntnistheorie
Die Mathematik kann problemlos mit irrationalen und
imaginären Zahlen arbeiten, denn sie kommt mit ihnen zu widerspruchsfreien
Aussagen. Spengler
ging von der Mathematik aus - das ist auch der Grund, weshalb das 1. Kapitel
seines Hauptwerks ein mathematisches ist: Vom Sinn der Zahlen
(**).
Hier also startete Spengler. Von hier aus bewegte er sich allmählich
auf die für sein lebensphilosophisches Thema relevanten Phänomene
zu, z.B. auf die Phänomene Zeit und Raum,
weil sie prägend auf das erste Erwachen, die Weltanschauung,
das Ursymbol der Subjekte wirken. Das von Koktanek erwähnte
Modell der Kybernetik (**)
ist ebenfalls geeignet, das auch in der Lebensphilosophie enthaltene Irrationale
und Imaginäre zu integrieren und zu differenzieren. Nach meinem Dafürhalten
müssen wir aber unbedingt mehrere Ebenen oder Schichten bzw. Kategorien
berücksichtigen, weil für kulturelle Phänomene nicht dieselben
Wertmaßstäbe angelegt werden können wie für natürliche
Phänomene, und innerhalb des Kulturellen wie auch des Natürlichen
ebenfalls unterschiedliche Wertmaßstäbe bzw. Kategorialkomplexe
und Determinationstypen (vgl. N. Hartmann
[**])
gelten. Mein Modell ist ebenfalls ein Kybernetikmodell, nämlich eines,
das von einer für die Erkenntnislehre fast unabdingbaren Schichten-
oder Kategorienlehre ausgeht und auf diese Weise auch Integrierungen,
Differenzierungen und Relativierungen ermöglicht sowie die Bedingungen
dafür erfüllt, daß Kulturen
als hochkomplexe, überstabile dynamische Systeme mit doppelter
Rückkoppelung gelesen werden (**)
können.
Naturwissenschaften |
|
|
Kulturwissenschaften |
(auch
genannt: Empirie-, Erfahrungswissenschaften) |
|
|
(auch
genannt: Sozial-, Geisteswissenschaften) |
|
...
Ü b e r g ä n g e
... |
|
|
Wenn man eine Kultur an sich - als Phänomen - beschreiben will, dann
kann der gesamte Bereich der Naturwissenschaften (im Modell: N)
ignoriert werden; will man sie jedoch aufgrund ihrer Zugehörigkeit
zur Natur beschreiben, dann muß der gesamte Bereich der Naturwissenschaften
(im Modell: N) mitberücksichtigt werden. Genau genommen
muß in allen im Schema erwähnten Bereichen oder Schichten ebenfalls
differenziert werden. Wenn Kulturen Organismen sein oder zumindest
ähnlich wie sie sein sollen, dann müssen sowohl der Kategorialkomplex
als auch der Determinationstyp der organischen Schicht berücksichtigt
werden, in der zwar die anorganischen Kategorien der Materie und die Determiniertheit
durch Kausalität wiederkehren, aber eben abgewandelt durch das spezifische
Novum der Kategorie des Lebendigen (Organischen). Das jeweilige kulturelle
Urymbol wäre wie das jeweilige Seelenbild
auf der nächsthöheren Schicht, nämlich der des Seelischen,
zu untersuchen. Die Schichten sind dadurch charakterisiert, daß
die jeweils höhere (und leichtere) von der/den niederen (und stärkeren)
zwar getragen wird, der/den niederen gegenüber aber relativ frei
ist (soweit die Freiheit nicht durch das Getragenwerden beschränkt
ist), besonders deshalb, weil sie im Vergleich zu dieser/diesen neue Eigenschaften
aufweist. Jede Seinsschicht hat ihren eigenen Kategorialkomplex,
und zu jedem solchen gehört ein eigener Determinationstyp. Und wie
die Kategorien jeder niederen Schicht in der höheren abgewandelt
und um ein spezifisches Novum verstärkt wiederkehren, so natürlich
auch die niederen Determinationstypen in den höheren. (Nicolai
Hartmann,
Ethik, 1925).
|
(IV) |
(8) |
Mathematik |
Geistiges |
Kultur-Natur |
(7) |
Philosophie |
|
(III) |
(6) |
Linguistik |
Seelisches |
Kultur |
(5) |
Semiotik |
|
(II) |
(4) |
Ökonomie |
Organisches |
Natur-Kultur |
(3) |
Biologie |
|
(I) |
(2) |
Chemie |
Anorganisches |
Natur |
(1) |
Physik |
|
|
Die Seinsschichten sind dadurch
charakterisiert, daß die jeweils höhere (und leichtere)
von der/den niederen (und stärkeren) getragen wird, der/den
niederen gegenüber aber
frei ist (soweit die Freiheit nicht durch
das Getragenwerden beschränkt ist [**|**]),
besonders deshalb, weil sie im Vergleich zu dieser/diesen neue Eigenschaften
aufweist. |
Meine Schichten- oder Kategorienlehre unterscheidet sich zwar ein wenig
von der Hartmanns, ist aber grundsätzlich mit ihr vereinbar. Die
Schicht des Geistigen verfügt über die meiste relative Freiheit,
ist also am weitesten entfernt von dem Anorganischen, dem um den Begriff
der Materie gruppierten Kategorialkomplex und dem Determinationstyp Kausalität.
Wir müssen hier nicht zu sehr in die Einzelheiten gehen, um zu erkennen,
daß Phänomene wie die Kulturen weniger durch Kausalität
determiniert sind als beispielsweise Planeten, Sonnen und Galaxien oder
auch Moleküle und Kristalle. Jedoch kann auch nach meinem Modell
kein Phänomen wirklich völlig frei von der untersten Ebene mit
dem Determinationstyp Kausalität sein. Dies ist auch einer der Gründe,
warum ich Kulturen nicht wie Spengler als Monaden verstehe. Doch es bedeutet
noch lange nicht, daß Spenglers Kulturtheorie und speziell seine
Kulturmorphologie falsch oder belanglos wäre für die Erkenntnislehre.
Für die Erkenntnis von Kulturen an sich ist Kausalität, obwohl
sie ansonsten durch sie determiniert sind, mehr hinderlich als förderlich.
Welche Ursache auch immer den Menschen bewirkt hat: der Mensch will selber
Ursachen setzen, Finalursachen nämlich, also seine eigenen Zwecke
oder Ziele. So ist es auch bei Kulturen. Dabei kommen Triebe, Motive und
Gründe in Frage, während die Ursache ja gerade ausgetrickst
werden soll, gehört sie doch zum Determinationstyp Kausalität
der untersten Schicht, die alles trägt und bestimmt, worüber
sich ihr Empörer doch gerade immerzu empören
und wehren will - und eben auch kann (!). In dem Sinne sind auch die folgenden
Sätze Spenglers zu verstehen:
Der »freie Wille«
schon ist ein Akt der Empörung, nichts anderes. Der schöpferische
Mensch ist aus dem Verbande der Natur herausgetreten, und mit jeder
neuen Schöpfung entfernt er sich weiter und feindseliger von
ihr. Das ist seine »Weltgschichte«, die Geschichte einer
unaufhaltsam fortschreitenden, verhängnisvollen Entzweiung
zwischen Menschenwelt und Weltall, die Geschichte eines Empörers,
der dem Schoße seiner Mutter entwachsen die Hand gegen sie
erhebt. Die Tragödie des Menschen beginnt, denn die Natur ist
stärker. Der Mensch bleibt abhängig von ihr, die trotz
allem auch ihn selbst, ihr Geschöpf, umfaßt. Alle großen
Kulturen sind ebenso viele Niederlagen. Ganze Rassen bleiben, innerlich
zerstört, gebrochen, der Unfruchtbarkeit und geistigen Zerrüttung
verfallen, als Opfer auf dem Platze. Der Kampf gegen die Natur ist
hoffnungslos, und trotzdem wird er bis zum Ende geführt werden.
** |
Man wird den Menschen niemals völlig verstehen bzw. erkennen können,
wenn man dies immer nur von der Natur, dem um den Begriff der Materie
gruppierten Kategorialkomplex und dem Determinationstyp Kausalität
aus versucht.
|
 |
|
Er beobachtet nur, wie ein anderer beobachtet, wie
ein anderer beobachtet, wie ein anderer
beobachtet, wie ... u.s.w.; aber er sieht nicht, wie er
selbst beobachtet; denn das kann nur ein anderer
beobachten, der auch nicht beobachten kann, wie
er selbst beobachtet ... u.s.w.: Jeder hat seinen
blinden Fleck. Und nur den gibt es zu sehen! |
Es wurde ja schon gesagt (**),
daß gemäß Schopenhauer
(**|**)
alles, was für die Erkenntnis da ist - also diese ganze Welt - Objekt
in Beziehung auf ein Subjekt ist, also Anschauung des Anschauenden, mit
einem Wort: Vorstellung. Schopenhauer sah in der Vorherrschaft
des Rationalismus auch ein Hindernis für die Erkenntnis. Rund 100 Jahre später wurde diese Aussage von Spengler
(**)
sogar noch verstärkt, denn er wollte mehr als Rationalismus:
Goethe
hatte der aufklärerischen Differenzierung in vernunftgeleitetes Sinnes-,
Denk- und Handlungsvermögen als »vierte Kraft« die Phantasie
abgepreßt. (Es muß dahingestellt bleiben,
ob Goethes [bzw. Spenglers an Goethe anknüpfender] Anspruch, damit
auch die von Kant
dargestellten Vermögen, Kräfte [der drei berühmten erkenntniskritischen
Hauptwerke] zu übersteigen, eingelöst werden konnte ...); jene
»exakte sinnliche Fantasie«, welche Spengler bereits
seinem Heraklit
zuschreibt (gegen den späteren Aristoteles,
gegen viele Spätere); auf ein Vermögen, das »auf Gestalten
und Gedanken, nicht deren abstrakte Folgerungen, Begriffe und Gesetze«
(**)
gerichtet sein soll. Im Widerstreit von Ratio und Sinnlichkeit, aber auch
von Verstand umd Empfindsamkeit, vor allem, will Spengler Goethe folgen
.... (Jürgen Naeher, Oswald Spengler, 1984, S. 57.)
Es wurde auch schon gesagt (**),
daß Heidegger
(**)
die Subjekt-Objekt-Beziehung durch das In-der-Welt-Sein des Menschen
ersetzte. Wenn nun Spenglers Kulturen wie Organismen
(**)
sind und sie ihre Weltanschauung gemäß der Art und Weise ihres
Erlebens der Raumtiefe bzw. Ausdehnung beim Erwachen ihrer Seele, also
gemäß dem Ursymbol erhalten - denn: die Wahl des Ursymbols
in jenem Augenblick, wo die Seele einer Kultur in ihrer Landschaft zum
Selbstbewußtsein erwacht, die für jeden, der Weltgeschichte
so zu betrachten vermag, etwas Erschütterndes hat, entscheidet alles
(**)
-, dann ist nicht nur jede einzelne Person, sondern ebenfalls jede einzelne
Kultur auch erkenntnistheoretisch ein Subjekt, also ein jedes Objekt auf
subjekive Weise erkennendes und somit bestimmendes Subjekt. Wenn wir dieses
Subjekt objektiv erkennen wollen, dann müssen wir zuletzt zur Kenntnis
nehmen, daß das zu Luhmanns
selbstreferentielle, rekursive Beobachtung führt: Beobachtung der
Beobachtung der Beobachtung der Beobachtung der Beobachtung der Beobachtung
der Beobachtung der Beobachtung ... u.s.w. (siehe Abbildung), also zur
selbstreferentiellen, rekursiven Beobachtung. Luhmanns Beobachter des
Beobachters des Beobachters ... u.s.w. ist eine tragische Figur, deren
blinder Fleck die Relativität der Erkenntnis symbolisiert.
(Günter Schulte sieht in Luhmanns Theorie eine umgestülpte Subjekttheorie,
eine schlichte Umstellung von Subjekt auf System [vgl. Günter Schulte,
Der blinde Fleck in Luhmanns Systemtheorie, 1993, S. 12 und 22
] **).
Wenn aber - abgesehen von Ausnahmen (die allerdings früher die Regel
waren) - jede Einzelperson immer schon in einer Welt ist (und dies
ab einem bestimmten Alter auch weiß) und immer schon in einer
Kultur ist (und dies ab einem bestimmten Alter auch weiß) sowie
ihre Weltanschauung bzw. Welt als Vorstellung aufgrund des
kultuellen Ursymbols abhängig von eben dieser Kultur ist, dann könnten
wir ja vielleicht den Subjekt/Objekt-Dualismus so ersetzen, wie es Heidegger
uns mit dem In-der-Welt-Sein vorgemacht hat, und es durch ein jeweiliges
In-der-Kultur-Sein (gemäß Spengler) oder durch ein System-Sein
bzw. dessen Beobachter-Sein oder auch ein An-der-(Welt-)Gesellschaft-irritativ-beteiligt-Sein
bzw. ein In-der-Welt-als-Einheit-der-Differenz-von-Umwelt-und-System-Sein
(gemäß Luhmann) ergänzen oder sogar ersetzen. Wir sind
dann keine Subjekte mehr, weil wir immer schon in einer Welt oder
in einer Kultur sind oder irritativ an einer (Welt-)Gesellschaft teilhaben
bzw. in einer Welt als der Einheit der Differenz von Umwelt und System,
jedenfalls von der Welt gar nicht getrennt sein können, und
die Welt ist dann für uns aus denselben Gründen auch kein Objekt
mehr. Heideggers In-Sein ist Mitsein mit Anderen. Das innerweltliche
Ansichsein dieser ist Mitdasein. (**).
Auf dem Grunde dieses mithaften In-der-Welt-seins ist die
Welt je schon immer die, die ich mit den Anderen teile. Die Welt des Daseins
ist Mitwelt. (**).
Die Weisen des In-Seins haben die ... Seinsart des Besorgens.
(**).
In-Sein ist ein Existenzial.
In-Sein ... meint eine Seinsverfassung
des Daseins und ist ein Existenzial. Dann kann damit aber
nicht gedacht werden an das Vorhandensein eines Körperdings
(Menschenleib) »in« einem vorhandenen Seienden. Das
In-Sein meint so wenig ein räumliches »Ineinander«
Vorhandener, als »in« ursprünglich gar nicht eine
räumliche Beziehung der genannten Art bedeutet (vgl. Jacob
Grimm, Kleinere Schriften, Band VII, S. 247); »in«
stammt von innan-, wohnen, habitare, sich aufhalten; »an«
bedeutet: ich bin gewohnt, vertraut mit, ich pflege etwas; es hat
die Bedeutung von colo im Sinne habito und diligo. Dieses Seiende,
dem das In-Sein in dieser Bedeutung zugehört, kennzeichneten
wir als das Seiende, das ich je selbst bin. Der Ausdruck »bin«
hängt zusammen mit »bei«; »ich bin«
besagt wiederum: ich wohne, halte mich auf bei ... der Welt, als
dem so und so Vertrauten. Sein als Infinitiv des »ich bin«,
d.h. als Existenzial verstanden, bedeutet wohnen bei ..., vertraut
sein mit .... In-Sein ist demnach der formale existenziale Ausdruck
des Seins des Daseins, das die wesentliche Verfassung des In-der-Welt-seins
hat. Das »Sein bei« der Welt, in dem noch näher
auszulegenden Sinne des Aufgehens in der Welt, ist ein im In-Sein
fundiertes Existenzial. ** |
Erkennen ist ein Seinsmodus des Daseins als In-der-Welt-sein
.... Erkennen ist ein im In-der-Welt-sein fundierter Modus des Daseins.
(**).
Natur ist - ontologisch-kategorial verstanden - ein Grenzfall des
Seins von möglichem innerweltlichen Seienden. Das Seiende als Natur
in diesem Sinne kann das Dasein nur in einem bestimmten Modus seines In-der-Welt-seins
entdecken. Dieses Erkennen hat den Charakter einer bestimmten Entweltlichung
der Welt. (**).
Das Ent-fernen ist zunächst und zumeist umsichtige Näherung,
in die Nähe bringen als beschaffen, bereitstellen, zur Hand haben.
Aber auch bestimmte Arten des rein erkennenden Entdeckens vom Seienden
haben den Charakter der Näherung. Im Dasein liegt eine wesenhafte
Tendenz auf Nähe. (**).
Im Seinsverständnis des Daseins liegt schon, weil das Sein
Mitsein ist, das Verständnis Anderer. Dieses Verstehen ist, wie Verstehen
überhaupt, nicht eine aus Erkennen erwachsene Kenntnis, sondern eine
ursprünglich existenziale Seinsart, die Erkennen und Kenntnis allererst
möglich macht. Das Sicherkennen gründet in dem ursprünglich
verstehenden Mitsein. (**).
Eine Erkenntnis im Sinne der Subjekt-Objekt-Beziehung ist so gar
nicht möglich, denn der Einzelne als das Subjekt kann von außen,
also außerhalb seiner Welt, gar nicht wirklich eine Erkenntnis über
die Welt als Objekt bekommen, weil er immer schon in ihr ist. Dies gilt
nach meinem Dafürhalten auch für die Kultur, und zwar sowohl
dann, wenn sie erkennendes Subjekt sein will, als auch dann, wenn sie
zu erkennendes Objekt sein soll. Gemäß Heidegger ist Verstehen
als eine ursprünglich existenziale Seinsart zu verstehen,
die Erkennen und Kenntnis allererst möglich macht; also
ist es unerläßlich, bei jeder Art von Erkenntnis
oder Kenntnis vom ursprünglich verstehenden Mitsein
auszugehen.
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Zurück zum Kybernetikmodell. - Ein Regelkreis
besteht aus zwei Hauptteilen: der Regelstrecke bzw. dem zu regelnden Objekt
und dem Regler. Der Regler hat die Aufgabe, eine bestimmte veränderliche
Größe, die Regelgröße (den Istwert), gegenüber
störenden Einwirkungen aus der Systemumwelt oder aus dem System selbst
gemäß einer ihm vorgegebenen Funktion, der Führungsgröße
oder dem Sollwert (Zielwert) zu variieren. Seine Maßnahmen
erfolgen über die Stellgröße. Auf diese Weise kann der
Regler (aufgrund der ihm selbst vorgegebenen Zielwerte) die Regelstrecke
mittels der Stellgröße bestimmen, die Ergebnisse der Regelstrecke
über die Regelgröße auswerten (z.B. Störungen erkennen)
und wiederum regulierende Maßnahmen einleiten. Die Regelgröße
wird mit der Führungsgröße verglichen. Die Regelabweichung
(= Sollwert Istwert) wird dem Regler zugeführt, der daraus
entsprechend der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine neue Stellgröße
bildet. Die Störgröße wirkt meistens auf den Ausgang der
Regelstrecke, sie kann aber auch auf verschiedene Teile der Regelstrecke
Einfluß nehmen. Rückkoppelung bedeutet das allgemeine Steuerungsprinzip
kybernetischer Regelkreise, bei dem die Wirkung einer auf ein bestimmtes
Reaktionssystem einwirkenden Ursache wieder auf die Ursache zurückwirkt.
Negative Rückkoppelung wird ein Effekt genannt, durch den
die Stabilität des Funktionensystems im Zeitablauf erhalten und jede
störende Einwirkung paralysiert wird. Bei positiver Rückkoppelung
verstärkt die Rückwirkung des Systemeffekts die erzeugenden
Ursachen. Das philosophische Interesse für die Kybernetik rührt
daher, daß diese die Möglichkeit eröffnet, den Begriff
Zweck rekursiv zu begreifen (Beispiel einer rekursiven Regel:
AB(A)):
Der Zweck eines komplexen Systems, etwa auch eines Lebewesens, ist es
selbst. Ein Zweck bräuchte keine vom System getrennte Instanz mehr,
die ihn setzt. Wenn das auch für menschliche Zwecke gilt, gewinnt
die Autonomie der Person und damit ihre Verantwortung für ihre Handlungen
sehr stark an Bedeutung. Man könnte nun einen Regelkreis entwerfen,
in der die Rollen folgendermaßen verteilt sind: Führungsgröße:
Wille bzw. Seele von Mensch(en) bzw. Kultur(en); Regler: Ursymbol-und-Seelenbild-Komplex;
Stellgröße: Stellform; Regelstrecke: Geschichte;
Regelgröße: Regelform. In diesem Regelkreis bestehen
die beiden Hauptteile also aus dem Ursymbol-und-Seelenbild-Komplex und
der Geschichte. Demnach hat der Ursymbol-und-Seelenbild-Komplex die Aufgabe,
eine bestimmte veränderliche Größe, die kulturgeschichtliche
Regelform (den Istwert), gegenüber Störungen aus der Umwelt
dieses Regelkreises oder aus dem Regelkreis selbst gemäß einer
ihm vorgegebenen Funktion, der Führunsgröße (dem menschlichen/kulturellen
Willen bzw. der menschlichen/kulturellen Seele) oder dem ursymbolischen
Sollwert (Zielwert) zu variieren. Seine Maßnahmen erfolgen
über die kulturgeschichtliche Stellform. Auf diese Weise kann der
Ursymbol-und-Seelenbild-Komplex, und zwar aufgrund der ihm selbst vom
Willen bzw. von der Seele des Menschen bzw. der Kultur vorgegebenen ursymbolischen
Sollwerte die Geschichte (Verwirklichung der Seele) mittels der kulturgeschichtlichen
Stellform bestimmen, die Ergebnisse der Geschichte über die kulturgeschichtliche
Regelform auswerten (z.B. Störungen erkennen) und wiederum regulierende
Maßnahmen einleiten. Die kulturgeschichtliche Regelform
wird mit dem Willen bzw. der Seele des Menschen bzw. der Kultur verglichen.
Die Regelabweichung (= ursymbolischer Sollwert Istwert [Regelform])
wird dem Ursymbol-und-Seelenbild-Komplex zugeführt, der daraus entsprechend
der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine neue kulturgeschichtliche
Stellform bildet, es sei denn, daß es keine Regelabweichung
gibt (ursymbolischer Sollwert Istwert [Regelform] = 0). Die Störgröße
wirkt meistens auf den Ausgang der Geschichte, sie kann aber auch auf
verschiedene Teile der Geschichte Einfluß nehmen. (Die Geschichte
ist hier nicht nur im allgemeinen, sondern auch im besonderen, z.B. bezüglich
Epochen, Phasen u.s.w. zu verstehen.) - Setzen wir nun an die Stelle des
übergeordneten Systems das Leben bzw. Lebewesen (Organismus,
Kultur), an die des zielsetzenden Systems die Seele mit
ihren Erlebnissen (vor allem ihrem Tiefenerlebnis XK,
das auch als Herausforderung zu verstehen ist), an die des Reglers
den aus Ursymbol (Sollwerteinstellung) und Seelenbild (Meßeinrichtung)
bestehenden Komplex für den Vergleich und die Entscheidung,
an die der Stellgröße Y die Stellform Y, an die
der Regelstrecke die Geschichte (Verwirklichung der Seele)
und an die der Regelgröße X die Regelform X (siehe
Abbildung).
Ich weiß, daß Spengler auch jedem noch so perfekt funktionierenden
Kybernetikmodell skeptisch bis ablehnend gegenüber eingestellt war.
Spengler zufolge sind Phänomene wie Leben, Kultur, Seele, Geschichte
u.ä. für die Erkenntnis auf rein systematischem Wege
nicht ergiebig. Ich habe es hier dennoch versucht und hoffe, daß
mein auf Spenglers Kulturmorphologie bezogenes Kybernetikmodell von der
Erkenntnistheorie schon bald dankenswerterweise begrüßt werden
wird.
Nach meinem Dafürhalten ist Spenglers Kulturtheorie auch in Luhmanns
Systemtheorie integrierbar. Spengler ging davon aus, daß eine Kultur
sich von seiner Umwelt unterscheidet, und zwar so sehr, daß sie
ähnlich wie das ist, was sehr lange vor Spengler schon bei Leibniz
Monade hieß und lange nach Spengler bei Luhmann System
heißen sollte, was auch bedeuten sollte, daß ein System
die Differenz ist - die Differenz zwischen System und Umwelt
(**|**).
Leibniz Monaden, Spenglers Kulturen und Luhmanns Systeme haben vor
allem die Selbstbezüglichkeit gemeinsam, wozu auch die Tatsache gehört,
daß sie keinen direkten Kontakt zu ihrer Umwelt haben, obwohl sie
von ihr abhängen und auch von ihr beeinflußt werden, allerdings,
wie gesagt, nicht über den direkten Kontakt. Sie reagieren auf ihre
Umwelt, aber haben keinen, jedenfalls keinen direkten Kontakt zu ihr.
Spenglers Kulturen sind auf Grund von Ursymbol und ihr Seelenbild nicht
in der Lage, ihre Umwelt zu verstehen, und da auch andere Kulturen zu
dieser Umwelt gehören, können sie auch diese nicht verstehen.
Erkenntnistheoretisch sind also Spenglers Kulturen durch ihr jeweiliges
Ursymbol und ihr jeweiliges Seelenbild und Luhmanns Systeme durch den
blinden Fleck des Beobachters eingeschränkt (**),
also in beiden Fällen eben durch die Selbstreferenz, und zwar auch
dann, wenn sie versuchen, sich selbst von außen zu beobachten und
zu beschreiben oder als zweiter Beobachter einen ersten Beobachter beobachten,
wenn also die Fremdreferenz zwar eine Rolle spielt, aber letztlich doch
wieder in Selbstreferenz mündet. Luhmanns Systeme sind wie zuvor
schon Spenglers Kulturen unwahrscheinliche Gebilde, die durch Zufall wahrscheinlich
werden: Mit anderen Worten:
es wird geringe Entstehenswahrscheinlichkeit in hohe Erhaltungsswahrscheinlichkeit
transformiert (**).
Luhmanns Systeme sind wie zuvor schon Spenglers Kulturen Formen. Also
geht es in beiden Theorien um Formanalyse.
Spenglers Kulturen sind selbstbezügliche Monaden
- ähnlich wie später Luhmanns Systeme. Sie kreisen um sich selbst,
verstehen einander nicht, können nicht, jedenfalls nicht direkt miteinander
kommunizieren. Darum kann auch jede auf sie bezogene Beobachtung nur eine
Selbstbeobachtung sein, aber immerhin in einem Als-ob-Modus einer Fremdbeobachtung,
also so, als ob diese Selbstbeobachtung jene wäre, die von außen
auf dieses Selbst gerichtet ist. Deshalb war es Spengler und Luhmann zumindest
indirekt möglich, über den Weg der Selbstbeobachtung, der Als-ob-Fremdbeobachtung
also, und Selbstbeschreibung, der Als-ob-Fremdbeschreibung also, mehr
über Kulturen und Gesellschaften zu wissen als beispielsweise jene
Selbstbeobachter und Selbstbeschreiber vor ihnen, denn diese früheren
Selbstbeobachter und Selbstbeschreiber wurden ja als Beobachter erster
Ordnung von Spengler bzw. Luhmann als Beobachter zweiter Ordnung
ebenfalls beobachtet, also mitbeobachtet (**).
Spengler und Luhmann hatten also den Vorteil, diejenigen Beobachter mitzubeobachten,
die das noch nicht konnten.
Die Wissenschaft bleibt als Beobachter
der aus sich selbst ausgeschlossene Dritte. Die
erkenntnistheoretische Reflexion nimmt mit ihrer Frage nach den »Bedingungen
der Möglichkeit« nur sehr begrenzt auf, was in den Wissenschaften
selbst geschieht. Die Einstellung der Natuwissenschaften auf »Materie«,
der Biologie auf »Population« und der Humanwissenschaften
auf »Subjekt« lassen immerhin erkennen, daß es um
zukunftsoffene Forschungsprogramme geht, die eine Festlegung auf Wesen,
ja sogar auf invariante Gesetze, die das Vergangene mit dem Zukünftigen
verbinden, nach Möglichkeit vermeiden oder doch immer weiter
aufzulösen suchen. Das entspricht einer Gesellschaft, die ihr
eigenes »Wesen« nicht mehr bestimmen kann, ihre Geschichte
als vergangen behandelt und auf eine selbstbestimmte Zukunft setzt.
Die erkenntnistheoretische Konsequenz lautet zunächst: Pragmatismus,
dann Konstruktivismus ** |
So wie Spenglers Kultur, so ist auch Luhmanns Gesellschaft ihren eigenen
Bemühungen um Erkenntnis wehrlos ausgesetzt. Dies bedeutet jedoch
nicht, daß Erkenntnis sinnlos wäre. In einem Gesamtunternehmen
namens Sinn
(Luhmann) muß es immer auch um Erkenntnis gehen.
Man kann sagen, daß Luhmanns Systemtheorie
die funktionale Analyse als Methode reflektiert (also eine
Theorie dieser Analyse liefert), die zentral an die Stelle zwischen Theorie
und (Re)Konstruktion des Phänomenbereiches Sozialität
platziert wird unter Einschluß der Rekonstruktion der dies rekonstruierenden
Theorie. Funktionale Analyse ist, so gesehen, eine Theorietechnik,
durch die das wissenschaftliche Abtasten von Differenzen, das der Informationsgewinnung
dient, in eine besondere Form gebracht wird. (Als
Technik sei sie, sagt Luhmann, mit der Mathematik vergleichbar [vgl. ders.,
Soziale Systeme, 1984, S. 83 {**}].)
Mit anderen Worten (bezogen auf ein häufig vorzufindendes Mißverständnis):
Die Theorie der Methode ist nicht identisch mit der Methode der Theorie.
(In gewisser Weise kann man sagen, daß die
funktionale Analyse die Methode ist, mit deren Hilfe die Theorie die »Erzählungen«
generiert, die sich [im Unterschied zu ihr selbst] testen lassen.)
Die Rekonstruktion nicht beliebiger, sondern de-arbitrarisierter, spezifischer
Ereignisverkettungen setzt funktionale Analyse als Methode voraus.
Dabei geht es kaum darum, »wirkliche« Kausalitäten zu
ermitteln (das ist eigentlich seit Kant ausgeschlossen), sondern darum,
verschiedene, funktional äquivalente Kausalattributionen zu vergleichen,
mithin die Schemata Problem/Problemlösung, Kontingenz/Notwendigkeit
und Ursache/Wirkung im Schema des Vergleichs zu kombinieren. (Siehe
dazu schon früh Luhmann, N., Funktion und Kausalität,
in ders., Soziologische Aufklärung, Bd.1, 1970, S. 9-30.)
(Peter Fuchs, Die Theorie der Systemtheorie erkenntnistheoretisch
[**].)
Gemäß Luhmann ist also die funktionale Analyse, wenn
man sie als eine Theorietechnik versteht, mit der Mathematik vergleichbar
(vgl. ders., Soziale Systeme, 1984, S. 83
[**]),
und wenn man Erkenntnis und Gegenstand als Zusammenhang oder Einheit eines
Problems begreift, dann geht die funktionale Methode über eine
bloße Methodenentscheidung hinaus und beansprucht, Theorie der Erkenntnis
zu sein (ebd., S. 90 [**]).
Dem Luhmann-Schüler Peter Fuchs zufolge ordnet sich die funktionale
Analyse als Methode dem systemtheoretischen (und durch Luhmann forcierten)
Grundzug der De-Ontologisierung von Erkenntnis zu und insoweit dem weiteren
Paradigma des Konstruktivismus. De-Ontologisierung ist aber nicht gleichbedeutend
damit, Erkenntnismöglichkeiten im klassischen Sinne schlechthin zu
bestreiten. Damit würde sich diese Theorie aus der Wissenschaft katapultieren.
Stattdessen wird eine Minimalontologie eingeführt, ... nämlich
die der dezidiert naiven Präsupposition der Existenz von realen Systemen
in einer realen Welt, die nachdem mit ihr gestartet wurde
einer Post-festum-Entnaivisierung unterzogen wird. (Vgl.
dazu Luhmann, N., Erkenntnis als Konstruktion, a.a.O., S. 218-239.)
Dieser Ausgangspunkt führt zu der verblüffend einfachen Konsequenz,
daß Erkenntnis zurückgebunden wird an Beobachter (eben: informationsverarbeitende
Systeme), die exklusiv Beobachtungen und Beschreibungen anfertigen, von
denen einige als erkenntnisorientierte Beobachtungen und Beschreibungen
imponieren. (Peter Fuchs, ebd. [**].)
Erkenntnis als Operation wird ... in den Anschluß (Beobachtung
als Erkenntnis durch weitere Beobachter, für die dasselbe gilt) »verschoben«.
(Und zwar auf immer und ewig, also abschlußfrei,
solange es sinnorientierte Beobachter gibt.) Sie justiert sich
nicht an »Gültigkeiten«, die durch Approximation an »Sachverhalte«,
an ein Wesen oder Sein gewonnen werden, wie es Assimilations-, Korrespondenz-
und Repräsentationstheorien versucht haben, indem sie Erkenntnis
und ihren Gegenstand prinzipiell trennten. Darin koinzidieren systemtheoretische
Überlegungen mit epistemologischen Einsichten, die die Konstruktion
der Welt an die Vernetzung von Beobachtungen binden, die keinen Außenhalt
haben. Beispiele dafür wären die Saussuresche Linguistik, die
Dekonstruktion Derridas oder die Quantenphysik, die ersichtlich angesiedelt
ist auf der Beobachtungsebene zweiter Ordnung. (Peter Fuchs, ebd.
[**].)
Fremdreferenz (das Außen) wird, so könnte man
diese Entwicklung bündeln, im System erwirtschaftet. Außenhalte
sind Konstrukte systemischer Beobachter, die Fremdreferenz auf der Innenseite
des Schemas Fremd-/Selbstreferenz bezeichnen. Sobald diese Unterscheidungs-
und Bezeichnungsleistung erkenntnisorientiert vollzogen wird, erscheint
das Ausgangsschema (Fremd/Selbst) als das Schema Erkennen/Erkanntes
(wobei es sich schickt, daß diese Unterscheidung
baugleich solchen Schemata ist wie signifiant/signifié oder Bezeichnendes/Bezeichnetes
etc.), dessen Raffinesse darin besteht, daß die Einheit des
Schemas (Erkennen) im Schema auftaucht. (Das
Schema ist also der System/Umwelt-Unterscheidung isomorph, für die
ja auch gilt, daß die Einheit des Schemas das System ist.)
Erkennen ist die Projektion dieser Differenz oder in etwas anderer Formulierung:
die Einheit von Erkenntnis und Gegenstand. Und wie beim Zeichen (signifiant/signifié
oder Bezeichnendes/Bezeichnetes) ist die Seite des Bezeichneten (des Erkannten,
des Gegenstandes) keine schema-externe Größe, die in der Welt
darauf wartet, benannt oder erkannt zu werden. (Peter Fuchs, ebd.
[**].)
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Meine Quadrialistische Erkenntnistheorie, auf die ich oben schon
einleitend eingegangen bin (**),
ist mit Nicolai Hartmanns Kategorien- bzw. Schichtenlehre (**|**)
verwandt. Die vier Schichten, die Hartmann Anorganisches,
Organisches, Seelisches und Geistiges
genannt hat, habe ich übernommen, sie aber auch mit vier anderen
Begriffen verbunden:
(1)
Anorganisches (Natur) |
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Dieses Schichten- bzw. Stufenmodell wird zu einem zyklischen, genauer
zu einem spiralzyklischen Modell, wenn man sowohl die Richtung von
unten nach oben als auch die Richtung von oben nach unten auf sonst
gleiche Weise berücksichtigt. Wenn wir anstelle von unten
links und anstelle von oben rechts
sagen, dann ergibt sich folgendes Bild:
Naturwissenschaften |
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Kulturwissenschaften |
(auch
genannt: Empirie-, Erfahrungswissenschaften) |
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(auch
genannt: Sozial-, Geisteswissenschaften) |
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Es ist nicht nur so, daß alles durch die anorganische Natur
determiniert ist, sondern auch, daß alles von der geistigen
Kultur-Natur ausgehend in die entgegengesetzte Richtung (<==)
beeinflußt werden kann, nur eben nicht die Determiniertheit
selbst, die ja in die andere Richtung (==>)
geht. Mit anderen Worten: Wenn ich weiß, wie man Atomkerne
spaltet, und anschließend dann auch tatsächlich Atomkerne
spalte, bedeutet das nicht, daß für mein Leben keine
Atomkerne mehr notwendig sind. Die beiden Richtungen sind nicht
austauschbar. Determination und Indetermination schließen
sich gegenseitig aus. Auch deswegen hat Kant von zwei Welten
gesprochen: einerseits der empirischen, andererseits
der intelligiblen. Die Frage ist nun, wo genau
die Grenze zwischen diesen beiden Welten liegt. Und
da sie nicht eindeutig festzulegen ist, weil es sich bei ihr um
fließende Übergänge handelt, ist es ratsam, aus
diesen zwei vier oder gar acht Welten zu machen, auch
wenn dann die jeweiligen Hälften nur aus Übergängen
bestehen. Wir müssen sowieso davon ausgehen, daß wir
letztlich nur noch Übergänge erkennen werden. (Alles
fließt [Heraklit].) Ich habe aus jenen zwei erst vier,
dann acht Welten (Disziplinen) gemacht - wohlwissend,
daß es trotzdem eigentlich nur zwei sind.
Der Relativismus wird von den in diesem Abschnitt erwähnten
anderen drei Theorien - der kulturmorphologischen, der existenzialistischen
und der kybernetisch-systemischen - noch verstärkt. Beispielsweise
ist jeder Angehörige einer Spenglerschen Monade Kultur
durch sie auch in der Erkenntnisfähigkeit eingeschränkt,
aber deswegen bezüglich der Erkenntnis trotzdem nicht weniger
erfolgreich, sondern ganz im Gegenteil. Gleiches gilt für jeden
Menschen des Heideggerschen In-der-Welt-Seins und für
jeden Menschen, der über Irritation bzw. Interpenetration oder
strukturelle Kopplung an der Luhmannschen Gesellschaft teilhat.
Sie sind entweder immer schon in den jeweiligen Begrenzungen oder
Räumen, ob sie nun Kultur, Welt oder
Gesellschaft heißen, oder doch zumindest, wie
im Falle der Luhmannschen Gesellschaft, an ihnen so
beteiligt, daß der Luhmannsche blinde Fleck auch
sie (und nicht nur das System!) betrifft. Den kulturmorphologisch,
existenzialistisch und kybernetisch-systemisch begründeten
Relativismus berücksichtigt meine Quadrialistische Erkenntnistheorie
ebenfalls.
Wir setzen uns selbst Beschränkungen, Bedingungen, Werte
und Normen, oft Gesetz genannt, das dann kulturell fast
genauso funktioniert wie die ebenfalls Gesetz genannte
natürliche Kausalität. Wir können z.B. unsere Lebensart
oder unseren Wohnort unter bestimmten Bedingungen zwar wechseln,
aber diese bestimmten Bedingungen sind genau das, was
ich meine: relative Determination durch kulturell nur zu erklärende
Beschränkungen, Bedingungen, Werte und Normen, oft Gesetz
genannt, das dann kulturell fast genauso funktioniert wie die ebenfalls
Gesetz genannte natürliche Kausalität. Kulturelle
Errungenschaft setzt u.a. voraus, daß die Kulturangangehörigen
wissen, daß es auch anders kommen kann, setzt also das Wissen
von Kontingenz voraus. Je mehr Wissen sie davon haben, desto wahrscheinlicher
wird es, daß ihr System erweitert und komplexer wird. Wäre
unsere Erkenntnisfähigkeit nicht relativiert, sondern absolut,
wäre alles, also auch das Ende, bekannt und die eben beschriebene
Entwicklung obsolet. Da diese Entwicklung aber stattfindet, kann
unsere Erkenntnisfähigkeit nicht absolut (göttlich), sondern
nur relativ oder auf dem Wege sein, die absolute (göttliche)
Erkenntnisfähigkeit zu erreichen - wie Hegels absoluter Geist
(göttlicher Geist) das absolute Wissen.
Ob Menschen nun durch ihr zunächst kontingent, dann aber
spezifisch werdendes kulturelles Schlüsselerlebnis, das ihnen
die für sie ganz speziell emergierenden Phönomene wie
das kukturelle Ursymbol und das kulturelle Seelenbild beschert,
oder durch ihr In-der-Welt-Sein oder durch ihr durch Irritation
bzw. Interpenetration oder strukturelle Kopplung Mit-der-Gesellschaft-verbunden-Sein
eine zusätzliche Einschränkung ihrer ohnehin, nämlich
durch ihre Natur schon eingeschränkten Erkenntnisfähigkeit
haben, ändert nichts an der grundsätzlichen Möglichkeit
und Fähigkeit, sich zumindest von allen nicht-rein-natürlichen
Einschränkungen wieder zu lösen, z.B. durch das Ende ihrer
je spezifischen Kultur, die einen Neubeginn bedeuten kann, wenn
auch nicht muß, oder durch eine Kehre oder aber durch Kommunikation,
die rein theoretisch alles Mögliche konstruieren und in Erkenntnis
umsetzen kann, in eine Richtung des neuen Erkenntnisgewinns. Aber
die von Kant zuerst behauptete rein-natürliche Einschränkung
der menschlichen Erkenntnisfähigkeit ist davon natürlich
nicht betroffen. Also geht es tatsächlich kaum darum,
»wirkliche« Kausalitäten zu ermitteln (das ist
eigentlich seit Kant ausgeschlossen), sondern darum, verschiedene,
funktional äquivalente Kausalattributionen zu vergleichen,
mithin die Schemata Problem/Problemlösung, Kontingenz/Notwendigkeit
und Ursache/Wirkung im Schema des Vergleichs zu kombinieren. (Siehe
dazu schon früh Luhmann, N., Funktion und Kausalität,
in ders., Soziologische Aufklärung, Bd.1, 1970, S. 9-30.)
(Peter Fuchs, Die Theorie der Systemtheorie erkenntnistheoretisch
[**].)
Allerdings will ich mich hier nicht allein auf eine funktionale
Analyse als Methode, die ja beansprucht, Theorie der Erkenntnis
zu sein (Niklas Luhmann, Soziale Systeme, 1984, S.
90 [**])
beschränken, sondern auch und zuvor fragen, wie aufgrund der
Einschränkungen und ganz besonders der nicht-rein-natürlichen
Einschränkungen die Erkenntnis relativiert wird.
Meine Unterscheidung von Natur und Kultur ist
durchaus zu vergleichen mit der systemtheoretischen Unterscheidung
von Umwelt und System (**).
Aus Sicht des Systems ist der gesamte Rest immer Umwelt. Aus Sicht
der Kultur ist der gesamte Rest Natur. In der Systemtheorie geht
es stets um das System, nicht aber um die Umwelt, die unberücksichtigt
bleibt. In meiner Theorie geht es nicht immer nur, aber doch meistens
sowohl um Kultur als auch um Natur, also bleibt nur selten eine
der beiden jeweils unberücksichtigt, wenn es nur um die jeweils
andere geht. Meine Theorie berücksichtigt auch systemtheoretische
Aspekte und Begriffe wie z.B. Autopoiesis, Selbstreferenz,
operative Geschlossenheit. In der Systemtheorie sind
Grenzziehungen auf binäre Unterscheidungen bezogen und sehr
wichtig. In meiner Theorie ist dieser Aspekt leider nicht so stark
berücksichtigt, wie ich mir es manchmal doch wünsche.
Gerade als Sprachwissenschaftler, der ich ja auch bin, müßte
ich innerhalb meiner Theorie viel mehr binäre Unterscheidungen
berücksichtigen, als ich das tue; aber ich bin eben auch Historiker
und Ökonom, so daß die historischen und ökonomischen
Aspekte die sprachwissenschaftlichen nicht selten zurückdrängen.
Das Historische spielt hierbei sogar eine ganz besondere Rolle,
da es für den zeitlichen Aspekt innerhalb der Kultur (einschließlich
der kulturellen Hälfte der Natur-Kultur und einschließlich
der Kultur-Natur) steht, während die Evolution zusätzlich
den zeitlichen Aspekt innerhalb der natürlichen Hälfte
der Natur-Kultur und die Kosmogenese zusätzlich den zeitlichen
Aspekt innerhalb der Natur repräsentiert.
Gemäß meiner Allgemeinen Entwicklungstheorie
(**)
sind, wie schon mehrfach angedeutet, zwei entgegengesetzte Richtungen
zu beachten, denn einerseits bestimmt zwar die Kosmogenese, so daß
Evolution und Geschichte sich nicht ohne Kosmogenese ereignen können,
aber andererseits können sie die Kosmogenese beeinflussen,
weil sie ihr gegenüber relativ frei sind. Aus meinem
Schichtenmodell geht ja hervor, daß die Leichteren von den
Schwereren abhängen, getragen werden, und sie trotzdem, wegen
der relativen Freiheit, beeinflussen können, daß
es also eingeschränkte Einwirkungsmöglichkeiten in umgekehrter
Richtung gibt. So kann es passieren, daß die Macht der Kosmogenese
als die der Entropie bzw. des Zerfalls durch die Evolution vorübergehend
erfolgreich und diese ebenfalls vorübergehend erfolgreich durch
die Geschichte bekämpft wird. Geschichte ist zwar abhängig
von Evolution, und Evolution ist zwar abhängig von der Kosmogenese,
aber Evolution ist gegenüber der Kosmogenese freier als diese,
und Geschichte ist gegenüber Kosmogenese und Evolution
freier als diese beiden. Deswegen ist Geschichte aber nicht absolut
frei. Absolute Freiheit gibt es ohnehin nicht. Aber Geschichte
kann etwas, was die anderen beiden Entwicklungsdimensionen nicht
können: sie kann mit ihnen im Rahmen der eben erwähnten
zusätzlichen relativen Freiheit spielen und deren
Synthese bilden - trotz der Tatsache, daß sie von beiden abhängig
ist. Geschichte muß nicht, aber kann die Synthese aus Evolution
und Kosmogenese bilden. Außerdem ist Geschichte eine Erweiterung
der Evolution, die eine Erweiterung der Kosmogenese ist. Wenn Geschichte
auf eine oder beide Einfluß nimmt, dann nenne ich dieses Ereignis
auch Metagenese (**),
die, wie schon gesagt, in die entgegengesetzte Richtung (**)
geht.
Am ehesten eignet sich gemäß meiner Theorie die Kultur
dafür, ein System im Sinne der Luhmannschen Systemtheorie zu
sein, so daß dann logischerweise die Natur der gesamte Rest,
also Umwelt wäre. Gemäß meiner Kulturtheorie besteht
die Kultur aus mehreren Teilen (systemtheoretisch: Teilsystemen),
und ich wähle jetzt die Historienkulturen und unter ihnen die
abendländische Historienkultur aus, um zu zeigen, daß
auch jede Historienkultur nicht wählen kann zwischen irgendwelchen
Erkenntnissen, sondern genau die immer wieder wählt, die sie
von Anfang an gewählt hat, nämlich im abendländischen
Falle solche, die den unendlichen Raum als das Tiefenerlebnis am
Anfang dieser faustischen Abendlandkultur symbolisieren. Sie kann
zwar innerhalb ihrer Selbstbezüglichkeit (systemtheoretisch:
Selbstreferenz) wählen, also entsprechend ihrem Alter und ihrer
jeweiligen Situation, aber sie kann nicht wirklich über sich
selbst hinaus, folglich auch nicht wirklich sich selbst von außen
beschreiben, sondern immer nur so tun, als könne sie das, und
hoffen, daß sie dabei immer mehr Erkenntnisse gewinnt, was
auch möglich ist, jedoch immer im Rahmen ihres kulturellen
Eingeschränktseins (siehe oben). Also funktioniert dies auf
ähnliche Weise wie in Luhmanns Systemtheorie beschrieben, gemäß
der die zu Erkenntnissen führende Beobachtung (einschließlich
Selbstbeobachtung) immer besser gelingt, weil sie von immer mehr
Beobachtern auf immer mehr Ebenen vollzogen wird, was Luhmann Beobachter
erster Ordnung, Beobachter zweiter Ordnung u.s.w.
genannt hat. Es sind aber - jedenfalls gemäß meiner Theorie
- nur bestimmte Erkenntnisse, nämlich diejenigen, die immer
wieder gewählt werden aufgrund der erwähnten Einschränkungen.
Gewählt wird also - und zwar im spiralzyklischen Geschichtsrahmen
- immer Gleiches oder Ähnliches, was als Neues erkannt
wird, obwohl es das nur innerhalb der erwähneten Rahmenbedingungen
ist. Vorgegeben sind diese Rahmenbedingungen bezüglich der
Kultur z.B. gemäß Spenglers und auch meiner Kulturtheorie
durch das Ursymbol und das Seelenbild der jeweiligen Kultur, bezüglich
der Welt z.B. gemäß Heidegger durch das In-der-Welt-Sein
oder das In-dem-Sinngeschehensbereich-Sein, bezüglich der Gesellschaft
z.B. gemäß Luhmanns Systemtheorie durch die Autopoiesis
(Selbsterschaffung, Selbsterhaltung und Selbstreproduktion) und
die Selbstreferenz der auf Sinn basierenden kommunikativen Systeme.
Wenn ich Physik und Chemie der Natur, Biologie
und Ökonomie der Natur-Kultur, Semiotik und Linguistik der
Kultur, Philosophie und Mathematik der Kultur-Natur zuordne, dann
hauptsächlich wegen der größtmöglichen Referenz
und Unterscheidbarkeit. Hierfür sind Unterdisziplinen wie Demographie,
Soziologie und Psycholgie, um nur drei von mehreren Beispielen zu
nennen, nicht geignet. Disziplinen, Unterdisziplinen, Unterunterdisziplinen
u.s.w. verhalten sich ähnlich wie Subsysteme, Subsubsysteme,
Subsubsubsysteme u.s.w., die ja wie alle anderen Systeme der Systemtheorie
fast genau wie Monaden oder Spenglers Kulturen funktionieren. Die
Kommunikation der Systeme untereinander ist kaum möglich, d.h.
nur Organisationsysteme sind dazu fähig, weil Organisationen
die einzigen Sozialsysteme sind, die mit Systemen ihrer Umwelt kommunizieren
können (Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft,
1997, S. 842-843 **)
- ansonsten gibt es unter Systemen nur gegenseitige Einflüsse
durch Irritationen, z.B. als jeweilige Interpenetration oder strukturelle
Kopplung. Meine Disziplinen, die ich auch Welten nenne
und damit die Heideggerschen Bereiche eines Sinngeschehens
(Otto Pöggeler, Der Denkweg Martin Heideggers, 1963,
S. 54) meine, sind nicht so streng voneinander getrennt wie die
Systeme gemäß der Systemtheorie, mit denen sie aber dennoch
sehr viel Ähnlichkeiten haben; denn auch sie kommunizieren
eigentlich nur mit Organisationen und werden beeinflußt auch
nur durch Irritationen, z.B. als jeweilige Interpenetration oder
strukturelle Kopplung; also kann eine Interdisziplinarität
aufgrund der Unmöglichkeit, direkt miteinander zu kommunizieren,
nicht wirklich zustande kommen; und da ich diese Disziplinen ja
auch als Welten bzw. Bereiche eines Sinngeschehens
verstehe, befinden sich deren Teilnehmer sozusagen auf
jeweils einer dieser sinnhaften Inseln, zwischen denen
sie gelegentlich mit den Segelbooten der Organisationen
hin und her pendeln. 
Je komplexer diese Disziplinen (Welten, Sinngeschehensbereiche)
werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, daß
sie zu solchen Phänomen werden (sich ausdifferenzieren,
wie Luhmann jetzt sagen würde [**]),
die Luhmann zufolge Funktionssysteme (**)
heißen und besondere, nämlich funktionale Teilsysteme
sind.
Es könnte dann auch zur Gewohnheit geworden sein, daß
die oben erwähnten Segelboote der Organisationen
nur noch zu solchen Inseln fahren, die von ihnen und
den Funktionssystemen selbst bevorzugt werden. Und genau das ist
der Fall in unserer abendländischen Moderne. Zum ersten Mal
in der Geschichte gibt es eine den gesamten Globus beherrschende
Kultur - die abendländische -, die Weltkultur,
Weltgesellschaft oder sonstwie genannt werden mag; diese
ist aber als Gesamtsystem zu funktional differenziert, zu schwach,
um seine funktional ausdifferenzierten Teilsysteme wirklich beherrschen
zu können, und es fehlt ihr ein äußerer Beobachter,
so daß sie diesen Fremdbeobachter selber spielen muß,
also so, als wäre sie einer, obwohl sie nur ein Selbstbeobachter
ist.
Es gibt keinen Gott oder einen sonstigen Beobachter von außen
mehr, also muß sich dieses Gesamtsystem ohne äußeren
Beobachter selbst beobachten, selbst beschreiben, selbst erkennen,
während es ansonsten nur hoffen kann, daß seine Teilsysteme
alles richtig machen. Doch ein Teilsystem ist eben kein Gesamtsystem.
Wenn aber die Kultur, wie ich sie verstehe, auch als ein Gesamtsystem
im Sinne Luhmanns verstanden werden kann, dann bedeutet diese Schwäche,
diese zu geringe Macht, daß in dieser Kultur die Zivilisation
dominant geworden ist, was gleichbedeutend mit Untergang ist, der
sich z.B. politisch und rechtlich als Zunahme von Anarchie, wirtschaftlich
und künsterisch sowie technisch und wissenschaftlich als Zunahme
der Bedeutung von Geld und Reichtum bzw. Wohlstand äußert
mit der Konsequenz, daß z.B. erkenntnistheoretisch kaum noch
anderes hinzugewonnen werden kann als eine Erkenntnis, die auf fatale
Weise mit eben jener Zunahme von Anarchie bei gleichzeitiger Zunahme
an Gier nach Geld, Reichtum bzw. Wohlstand zu tun hat. Der die Erkenntnisfähigkeit
eingrenzende Rahmen eröffnet durch eben jene Eingrenzung auch
Chancen, weil er spezielle Erkenntnisse enorm zu steigern vermag.
Außerdem können diese speziellen Erkenntnisse, allerdings
erst nach relativ langer Zeit, nämlich durch einen Neubeginn
bewirkt, andere, vielleicht sogar wirklich neue Erkenntnisse befruchten.
Die Finalursache für die Schließung könnte sogar
die spätere Öffnung sein, so daß sich sagen läßt,
daß die durch den Rahmen gesetzte Einschränkung nur geschieht,
weil durch sie Energie in Form von Erkenntnis gespeichert wird,
die in der Folge freigesetzt werden kann, um der Erkenntnis Leben
einzuhauchen. Dieser Mechanismus ähnelt nicht zufällig
einem Muskel, besonders dem Herzmuskel, d.h. einem Muskel des Zeichens
von Leben und Liebe ( ).
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Ja, auch eine geneigte Achse und einen Äquator
sowie ein Magnetfeld muß meine Quadrialistische Erkenntnistheorie als Himmelskörper beachten,
auch und besonders dann, wenn sie nicht ohne meine Allgemeine Entwicklungstheorie (**)
auskommt. So wie die drei anderen Theorien (**)
ist auch sie einem gesamttheoretischen Zentralgestirn
untergeordent, mit dem diese vier mehr oder weniger synchronisiert
sind, um in der kosmologischen Methaphorik zu bleiben. Sie zeigen
diesem Zentralgestirn immer dieselbe Seite - mehr oder
weniger. Um bei dem Beispiel meiner quadrialistischen Erkenntsnistheorie
zu bleiben , läßt sich sagen, daß aufgrund der
geneigten Achse, die besonders für diese
Theorie eine große Rolle spielt, ihre zwei kalten Zonen
sowohl in der West- als auch in der Ost-Hemisphären und ihre
zwei tropischen Zonen sowohl in der Nord- als auch in
der Südhemisphäre wandeln, vorübergehend
zuhause sein können. Das ist auch darum wichtig,
weil - durch die Synchronisation bedingt - ursprünglich
nur die sich dem Zentralgestirn zeigende eine Seite
von der Entwicklung betroffen war und erst aufgrund der wegen der
geneigten Achse entstehenden Kreiselbewegung
für eine solche Abwechslung sorgen kann, daß die dunkle
Seite auch, allerdings nur auf ihre Art zur Entwicklung kommt.
Mit anderen Worten: Die Kultur war anfangs nicht
selbständig, sondern identisch mit der Biologie, also der Natur
direkt ausgeliefert, entwickelte dann aber aufgrund der entstandenden
Achsneigung die Ökonomie (Wirtschaft), wodurch
dann alle weitere Entwicklung bis dahin gehen konnte, wo wir heute
sind. Gleichzeitig verlief der Prozeß auf ähnliche Art,
nur waren hier die betroffenen Bereiche nicht Biologie (mit dem
Zwischenschritt Kultur) und Ökonomie, sondern Physik
und Mathematik und die Richtung die entgegengesetzte. Diese Parallelität
sorgte dafür, daß von der natürlichen Seite die
Genese auf den Bereich Ökonomie-Semiotik-Linguistik-Philosophie-Mathematik
und die Metagenese auf den Bereich Mathematik-Philosophie-Linguistik-Semiotik-Ökonomie
erweitert werden konnte. Einfacher gesagt. Vorher gab es z.B. Amöben
und deren Kultur war noch rein natürlich, doch als die Ökonomie
durch eben jene Achsneigung mit einer Hälfte hinzukam,
waren bereits erste komplexere Kulturen entstanden; denn gleichzeitig
kam ja die Mathematik aus demselben Grund hinzu, sodaß der
Geist Einzug halten konnte und mit seiner Komplexität beide
- Mathematik (Geist, Kulturnatur) und Ökonomie (Wirtschaft,
Naturkultur) - so aufeinander zugehen und sich erstmals am Revier
der Kultur (Sprache), nämlich an der östlichen
Hemisphäre des Äquators, treffen konnten,
daß dabei die erste von der Natur relativ unabhängige
Kultur geboren werden konnte; denn, wie gesagt, vorher
war jede Kultur absolut abhängig von der Natur.
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Die in den Darstellungen angegebenen Begriffe sind als Disziplinen
nicht etwa universitär zu verstehen, sondern bedeuten
Welten bzw. Systeme mit ihren jeweiligen Subbereichen. Ich
gehe von zwei ursprünglichen Welten aus: Natur und Kultur, wobei
die Natur nicht eher da war, sondern die Kultur von Anfang an beherrscht
hat, bis eben zu jenem oben angesprochenen Zeitpunkt (**),
an dem die Kultur ihre erste relative Freiheit erhielt und also
die Natur sie nur noch relativ beherrschen konnte. Natur und Kultur
sind also nicht wie Adam und Eva entstanden, sondern waren von Anfang
an da. Aber eine von ihnen war von Anfang an mächtiger. Ob das ewig
so bleiben wird, ist möglich und wahrscheinlich, aber es kann auch
sein, daß sich das irgendwann umdreht. Steht nun aber diese eingeschränkte
Freiheit mit der eingeschränkten menschlichen Erkenntnisfähigkeit
im selben Zusammenhang?
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U r s a c h e n
o d e r G r ü n d e
f ü r d i e e i n g e s c h r ä n k t
e m e n s c h l i c h e
E r k e n n t n i s f ä h i g k e i t
|
Quadrialismus => |
Natur
(Anorganische Ursachen)
|
Natur-Kultur
(Organische Triebe)
|
Kultur
(Seelische Motive)
|
Kultur-Natur
(Geistige Gründe)
|
Kant |
Sinne, Verstand und Vernunft des Menschen sind nicht
in der Lage, das Ding an sich zu erkennen. Es gibt also Unerkennbares
(Transintelligibles).
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Spengler |
Wegen eines auf die Raumtiefe
bezogenen Erlebnisses schränken das Ursymbol und das Seelenbild
einer Kultur die Erkenntnisfähigkeit kulturell ein.
|
Heidegger |
Die Geworfenheit als Faktizität,
d.h. als unentrinnbares Überantwortetsein des Daseins an sein
eigenes In-der-Welt-Sein, schränkt die Erkenntnisfähigkeit
ein.
|
Luhmann |
Die Selbstreferenz der Systeme schränkt die Erkenntnisfähigkeit
ein. Der blinde Fleck des Beobachters kann zwar korrigiert, aber nicht
vernichtet werden.
|
Luhmanns
Systemtheorie => |
Physikalisch-chemische
Systeme
(Nicht-sinnhafte Systeme) |
Lebende Systeme (autopoietisch)
(Nicht-sinnhafte Systeme)
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Psychische Systeme (autopoietisch)
(Sinnsysteme)
|
Soziale Systeme (autopoietisch)
(Sinnsysteme)
|
|
D i e
L u h m a n n s c h e
G e s e l l s c h a f t
u n d i h r e U m w e l t e n . |
|
 |
|
S y s t e m e ( a u f
a c h t E b e n e n
u n d i n v i e r
Q u a d r i a l i s m e n ) g e m ä ß
m e i n e m M o d e l l . |
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Die sozialen Systeme und die psychischen
Systeme Luhmanns kommen in meinem Modell nicht vor bzw., weil
sie gemäß Luhmann Sinnsysteme sind, stecken
sie gemäß meinem Modell in den sinnhaften Systemen,
genauer sowohl in den ökonomischen Systemen als
auch in den sprachlichen Systemen und in den letzteren
wiederum sowohl in den semiotisch-linguistischen Systemen
als auch in den logisch-mathematischen Systemen. Beispielsweise
gilt das Geld Luhmann zufolge als ein symbolisch-generalisiertes
Medium (**)
des Funktionssystems Wirtschaft, eines Subsystems
der Gesellschaft, also der kommunikativen Systeme
bzw. der sozialen Systeme; doch in meinem Modell gehört
das Geld als Symbol zum semiotischen System,
innerhalb dessen es ebenfalls sowohl ein Funktionssystem Wirtschaft
als auch ein zu ihm gehöriges symbolisch-generalisiertes
Medium namens Geld gibt. Der Unterschied zwischen
Luhmanns und meinem Modell besteht nur in der Begrifflichkeit, die
allerdings auch zu unterschiedlichen Konsequenzen führt. |
Kants Erklärung dafür, warum die menschliche
Erkenntnisfähigkeit eingeschränkt ist, ist garantiert richtig
und das Fundament für alle weiteren Erkärungen, die nur noch
Ergänzungen zu Kants 1781 veröffentlichte Feststellung und darum
auch mehr auf die Kultur als auf die Natur bezogen nur noch sein können.
Alle hier erwähnten vier Begründungen für die Einschränkung
der menschlichen Erkenntnisfähigkeit beziehen sich nicht direkt auf
die anorganische Natur (sie ist also nicht die Ursache für
die Einschränkung), sondern auf das Organische, die Sinne, die Neurologie
von Verstand und Vernunft (**),
auf das Tiefenerlebnis, das kulturelle Seelenbild, das kulturelle Ursymbol
(**),
auf das unentrinnbare Überantwortetsein an das eigene In-der-Welt-Sein
(**),
auf die Autopoiesis und die Selbstbezüglichkeit der Beobachter (Stichwort:
Blinder Fleck), der Gesellschaft (**).
Wahrscheinlich kennt jeder von uns auch eigene Erlebnisse, Sinngeschehnisse
oder Selbstbezüglichkeiten, die bestimmte Erkenntnisse verhinderten,
wenn auch vielleicht nur vorübergehend: es war eine Einschränkung.
In diesem Sinne sind auch die Begründungen, die Spengler, Heidegger
und Luhmann für die Einschränkung der menschlichen Erkenntnisfähigkeit
uns über ihre literarischen Werke (im Falle Heideggers und Luhmanns
sogar auch über Filme) vermittelt haben, zu verstehen. Übrigens
läßt sich besonders aus Spenglers und Luhmanns Begründungen
herauslesen, daß auch das jeweilige Interesse wichtig für
Erkenntnis und Erkenntnisfähigkeit ist. Im Falle Spenglers geht das
u.a. zurück auf den unergründlichen Willen gemäß
Schopenhauer und speziell auf den Willen zur Macht gemäß Nietzsche.
Im Falle Luhmanns geht das zurück auf die Autopoiesis gemäß
Maturana, womit nämlich nicht nur die Selbstproduktion, sondern auch
die Selbstreproduktion der Systeme angesprochen ist, was Peter
Mersch dazu veranlaßt hat, das Reproduktionsinteresse so
sehr zum Hauptmotiv oder gar zum alleinigen Motiv, und zwar auch und besonders
im Hinblick auf Erkenntnis und Erkenntnisfähigkeit, zu machen (**),
daß er sich hierbei ebenfalls auf den Willen bei Schopenhauer und
speziell den Willen zur Macht bei Nietzsche zu beziehen scheint.
Der in der Tabelle (**) angestrengte
Versuch einer Analogiebildung zwischen meinem auf Hartmanns Kategorien-
bzw. Schichtenmodell (**)
zurückgehenden und mit diesem dennoch nicht völlig deckungsgleichen
Modell eines Quadrialismus (**)
einerseits und Luhmanns Modell der Systeme (**)
andererseits kann nur dann als gelungen gelten, wenn man absieht von der
nicht ganz zutreffenden Analogie zwischen Hartmanns, Luhmanns und meinem
Modell. Außerdem sind die Begrifflichkeiten und deren Relationen
jeweils anders. Für mich sind sowohl die sozialen als auch die psychischen
Systeme sprachliche (im umfassendsten Sinne!) Systeme, weshalb
ich also auch z.B. das sogenannte Handeln und Verhalten
als semiotisch-linguistische Zeichen und die Kommunikation als semiotisch-linguistische
Sprache und somit auch als reine Kultur deute, was nach meinem Dafürhalten
wissenschaftlich und also auch erkentnistheoretisch viel ergiebiger ist
als jede andere Deutung. Außerdem dienen Wörter wie z.B. sozial
und psychisch subjektiven Schuldzuweisungen (**|**|**),
Schlechtes-Gewissen-Machen, Ausbeutungen (auch und besonders im Zusammenhang
mit eben jenen Schuldzuweisungen, Schlechtes-Gewissen-Machen, also bis
hin zur Selbstausbeutung [**]),
Zwangskonsensualismus und anderen modernen Negativismen bzw. zivilisationistischen
Nihilismen, mit denen wir es zunehmend zu tun haben. Leider hat auch Luhmann
Wörter wie sozial und psychisch verwendet
und natürlich nicht ihre eigentliche Bedeutung genannt, auch darum
nicht, weil er, wenn er es versucht hätte, die mit den beiden Wörtern
im Zusammenhang stehenden Wörter, Terme, Begriffe, Begrifflichkeiten
aus eben diesem Zusammenhang hätte herausreißen müssen.
Allein schon auf die Frage, was das Wort soziales in dem Term
soziales System bedeutet oder was das Wort psychisches
in dem Term psychisches System bedeutet, hat Luhmann nie eine
Antwort gegeben - aus verständlichen Gründen. Aus diesen und
noch einigen anderen Gründen können Luhmanns und mein Modell
nicht völlig problemlos analogisiert werden. Das ist aber im Hinblick
auf die obige Tabelle (**) deswegen
nicht schlimm, weil es mir bei ihr insbesondere um die Verdeutlichung
geht, daß es verschiedene organische Triebe, verschiedene seelische
Motive und verschiedene geistige Gründe für die Einschränkung
der Erkenntnisfähigkeit geben kann und auch gibt, ja geben muß.
Das im Hinblick auf die organische Evolution Entscheidende für die
Einschränkung der Erkenntnisfähigkeit hat Kant schon gesagt;
die seelischen Motive und die geistigen Gründe für die Einschränkung
der Erkenntnisfähigkeit, die nach meinem Dafürhalten ebenfalls
berücksichtigt werden sollten, können verschiedene sein, sind
verschiedene, ja müssen verschiedene sein.
Das zu meinem Modell entworfene Schema (**)
ist nicht vollständig, weil es sich hauptsächlich auf die zum
Teil problematische Analogie zu Luhmanns Modell, also auf die Sinnsysteme
(siehe: Sinnhafte Systeme auf den Ebenen 5 bis 8) bezieht
und darum nicht alle Platzierungen auf den Ebenen berücksichtigt
sind, denn eigentlich sind auch die Ebenen 6 , 7 und 8 vollständig
mit Systemen belegt.
Das sogenannte Soziale und das sogenannte
Psychische werden erst durch Interpretationen und vor allem
Interesse oder Desinteresse (vgl. Macht) an diesen Interpretationen zu
Sozialem und Psychischem; und besonders in diesen
beiden Bereichen ist die Mißbrauchsrate wegen der Machtinteressen
stets sehr hoch. Luhmanns Beobachter ist ja ein Entscheider und Bezeichner
und deswegen auch ein Interpret. Aber wenn er sich nicht mehr auf nahezu
willkürliche Deutungen sehr abstrakter Begrifflichkeiten, sondern
auf rein sprachliche (im weitesten Sinne!) Formen, wie sie in der Semiotik,
Linguistik, Logik (Philosophie) und Mathematik vorherrschen, beziehen
muß, ist von vornherein klar, daß es eben um solche Formen
geht und nicht um angeblich durch Empirie ermittelte, also
in Wirklichkeit durch gefälschte Statistiken und Medienpropaganda
vermittelte Wahrheiten (mit diesem Wort soll ebenfalls, zusätzlich
das Ziel durch Propaganda erreicht werden, neuerdings auch mit Wendungen
wie wissenschaftlich bewiesen oder Forscher haben herausgefunden,
daß ... oder Experten sagen, daß ...), die
ja dennoch nur mittels Formen mitgeteilt werden können. Es ist außerdem
nicht möglich, Soziologie und Psychologie zu Chemie und Physik zu
machen, nicht einmal das Ähnlichmachen funktioniert. Soziologie und
Psychologie sind keine Naturwissenschaften und auch keine Geisteswissenschaften,
sondern etwas dazwischen (oft Sozialwissenschaften, selten
Seelenwissenschaften genannt); ihnen fehlt das wissenschaftliche
Objekt; nicht zuletzt deshalb sind sie gemäß meinem Modell
keine wissenschaftlichen Disziplinen, sondern Unterdisziplinen.
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Da sie also ohnehin einen niedrigen Wissenschaftswert und eine um so höhere
Mißbrauchsrate haben, sollten sie im Status der Unterdisziplinarität
bleiben oder/und wieder mehr dem Formalen untergeordnet werden. Wenn es
um Formen geht, die von anderen Formen bewiesen oder widerlegt werden,
also nicht oder kaum (je weniger, desto besser) auf etwas anderes als
Formen sich beziehen müssen, dann ist die Mißbrauchsrate niedriger.
Das ist evident. Aber Beweise durch Statistik, also Fälschung?
Nein, danke! Es geht ja um die Menschen, wenn von Sozialem
und Psychischem die Rede ist, also wird dann
am meisten gelogen, denn die Machthaber wollen nicht irgendwelche, sondern
ihre Menschen, wollen also Menschen, die in ihrem
Sinne funktionieren. Ich aber sage, daß wir den Formen und also
auch der Wissenschaft als Vernunft wieder so viel Macht zukommen lassen
sollten, wie es das Zeitalter der Vernunft so vehement gefordert
hat; die Vernunft als unsere Zweitreligion wird entweder den Endsieg über
unsere Erstreligion davontragen, oder wir werden sowohl auf natürliche
als auch auf kulturelle Art aussterben. Die Vernunft ist für
das Abendland das, was für das Morgenland der Islam ist. Ich finde,
daß Luhmann sich für die Vernunft sehr, sehr stark gemacht
hat (wie Hegel es viel früher schon getan hatte) und einen hohen
Beitrag dazu geleistet hat, jene Mißbrauchsrate zu senken. Aber
er hätte einen noch höheren Beitrag dazu geleistet, wenn er
auf leider mittlerweile typsich gewordene soziologische und psychologische
Begriffe bzw. das, was heute als typisch für Psychologie
und Soziologie zu gelten hat, nicht nur teilweise, sondern
ganz verzichtet hätte - vorausgesetzt, die Machthaber hätten
das geduldet (hätten sie aber nicht!). Auch im Funktionssystem
Wissenschaft gibt es Diktatur, z.B. durch politische Korrektheit,
also Zwangskonsensualismus, oder durch scheinbare und in Wirklichkeit
ebenfalls gelenkte Revolte. Auch eine Abweichung von Luhmanns
Systemdenken ist wahrscheinlich schon zur Wirklichkeit geworden: Wenn
Luhmann wirklich, wie manchmal behauptet wird, der Hegel des 20. Jahrhunderts
gewesen ist, dann wird sich das nicht zuletzt durch das Auftreten von
Jungluhmannianern bewahrheiten, die sich mit einer erneuten existentialistischen
Abweichung vom Systemdenken bemerkbar machen. (Peter Sloterdijk,
Nicht gerettet - Versuche nach Heidegger, 2001, S. 140-141 **).
Wenn diese Analogie ganz genau zutrifft, dann dürften die ersten
Jungluhmannianer ab 1960 geboren worden sein.
Der 1949 geborene Peter Mersch gehört also noch zu den artigen
Luhmannianern. Die Luhmannsche Systemtheorie weist einige Ähnlichkeiten
zur Systemischen Evolutionstheorie auf, da es sich bei beiden Ansätzen
letztlich um Systemtheorien handelt. Allerdings bestehen in einigen entscheidenden
Punkten (Begriff der Autopoiesis, Evolutionsprinzip, Zugehörigkeit
von Menschen zu sozialen Systemen etc.) so große Differenzen, daß
die beiden Ansätze als nicht miteinander kompatibel bezeichnet werden
müssen. (**).
Ist Peter Mersch also vielleicht gar nicht so sehr ein Luhmannianer? Er
meint ja auch, daß der Luhmannschen Systemtheorie aufgrund
der vollständigen Auslagerung des Menschen aus den sozialen Systemen
in deren Umwelten etwas ganz Entscheidendes verlorengegangen ist
(**),
während ich diese Auslagerung des Menschen aus den sozialen
Systemen wie auch den psychischen und organischen Systemen als einen
Gewinn verbuche, weil es für den Menschen nur gut sein kann, wenn
er hier nicht im Mittelpunkt steht, und zwar wegen der erwähnten
hohen Mißbrauchsrate seitens der Machthaber, die ein Interesse daran
haben, den Menschen zunächst in den Mittelpunkt zu stellen, um ihm
anschließend Schuld zuzusprechen, ein schlechtes Gewissen zu machen,
den Zwangskonsensualismus und andere diktatorische Maßnahmen durchzusetzen
(**). Mersch hat außerdem
nicht verstanden, was die Auslagerung des Menschen aus den sozialen
Systemen bedeutet. Sie bedeutet nicht, daß der Mensch gar
nichts mit den sozialen Systemen zu tun hat, denn gemäß Luhmanns
Systemtheorie ist der Mensch über Irritation, z.B. als Interpenetration
oder strukturelle Kopplung, mit den sozialen als den kommunkativen (für
mich also: sprachlichen) Systemen verbunden, obwohl er ansonsten
mit ihnen nichts zu tun hat - und das ist auch gut so (**).
Darum kann man auch die Namen dieser Systeme problemlos ändern, so
wie ich es getan habe (**|**|**|**).
Mersch muß auf sein Akteurbasiertheits-Konzept aber
trotzdem nicht verzichten, sondern es nur relativieren - schließlich
ist der Mensch einerseits viel zu komplex, um nur in eines der autopoeitischen
Systeme gepreßt zu werden, und andererseits als einzelner Evolutions-Akteur
sowieso ziemlich überschätzt, denn er ist so etwas wie ein Rudeltier,
jedenfalls ein Gemeinschaftswesen, tut also meistens sowieso nur das,
was man so tut (vgl. Heideggers Man).
Der Mensch ist nicht mehr Maß der Gesellschaft (**)
und gehört aus der Sicht aller autopoietischen Systeme zur
Umwelt. 
Also gehört der Mensch auch sogar von seinem Organismus her gesehen
zur Umwelt. Denn mit dem Wort Mensch ist ja mehr gemeint als
nur ein Organismus. Und was das Wort sozial angeht, so läßt
sich mit absoluter Sicherheit sagen, daß nicht alle und jede Kommunikation
sozial im Sinne der semantischen Verwendung dieses Wortes
ist. Nicht nur für Luhmann geht es bei der Kommunikation um Information,
Mitteilung und Verstehen. Kommunikation ist Sprache im Sinne einer sowohl
semiotisch-linguistischen als auch logisch-mathematischen Sprache. Wörter
wie z.B. Mensch, sozial, psychisch
sind wissenschaftlich und also auch erkenntnistheoretisch Hindernisse.
Denn sie deuten bereits an, wohin die Semantikreise gehen soll. Mit ihnen
ist etwas ganz anderes bezweckt, als der erste Eindruck vermitteln soll.
Das Wort Mensch ist immer mehr zu einer rhetorischen Waffe
geworden, diejenigen Wörter, die mit dem Begriff des Sozialen
zu tun haben, sind sogar schon seit ihrem erstmaligen Gebrauch rhetorische
Waffen (sie sind ja eben moderne Wörter), und
genauso verhält es sich mit denjenigen Wörtern, die mit dem
Begriff des Psychischen zu tun haben.
Der Unterschied zwischen der Kybernetik und der Systemtheorie
ist der zwischen der innerhalb bestimmer Variationsgrößen
(Differenzen) sich ereignenden Stabilisierung des zu steuernden Systems
(Regelkreises) und dem grundsätzlich bis in Unendliche reichenden
Abweichungsverhalten als der Differenzierung von Stabilisierung. Gemäß
der Kybernetik bezieht sich die Stabilisierung auf einen innerhalb eines
relativ geringen Ausmaßes zwar veränderbaren und ansonsten
eher als gleichgewichtig zu bezeichnenden Zustand, während es gemäß
der Systemtheorie eher umgekehrt ist, weil in ihr eher eine Instabilisierung
vorherrscht oder zumindest ständig droht, jedenfalls insofern, als
ein ständiges Abweichungsverhalten als eine ständige Differenzierung
von der Stabilisierung stattfindet, eine Stabilisierung also nur sehr
kurzfristig erreicht werden kann (ständig folgt auf Zerfall Neuaufbau,
auf Entropie Negentropie, auf Chaos Ordnung). Die Temporalisierung der
Systemkomplexität bedeutet die laufende Wiederherstellbarkeit und
Wiederherstellung der reduzierten Systemkomplexität. Systeme sind
basal unruhig und strukturell ruhig und unruhig zugleich. Die Zunahne
der Komplexität führt Beschränkungen der Erweiterung des
Systems mit sich: Kein System kann eine willkürliche und unbestimmte
Zunahme seiner Komplexität aushalten. Darum werden Grenzen gezogen,
die Teilsysteme erzeugen. Die heutige Gesellschaft erzeugt wegen ihrer
Differenzierungsform sehr viel höhere Komplexität als die früheren
Gesellschaften. Gerät ein System an einen Zufall, der stärker
ist als die Kapazität der Komplexitätsreduktion, geht es im
Zufall zugrunde.
Wahrscheinlich könnten wir mehr bzw. besser erkennen, wenn wir
mehr bzw. bessere Sinne sowie mehr bzw. besseren Verstand und mehr bzw.
bessere Vernunft hätten, wenn wir nicht durch kulturelle Monaden,
nicht durch ein Sein im Unentrinnbaren, nicht durch eine auf Irritation
bzw. Interpenetration oder strukturelle Kopplung beruhende Vernetzung
mit dem blinden Fleck eines Systems (Beobachters) in unserer Erkenntnisfähigkeit
eingeschränkt wären. Aber auch das können wir aufgrund
mangelnder Erkenntnisfähigkeit nicht ganz genau wissen, sondern nur
tendenziell. Wir können unsere Erkenntnisse erweitern, ob wir es
tun, hängt von vielem ab, aber ganz sicher nicht von einem linear
oder gar progressiv verlaufenden Fortschritt. Meine starke Vermutung ist,
daß im bisherigen Verlauf der Evolution unserer Erkenntnis die meiste
Zeit damit verbracht worden ist, höhere Erkenntnis zu vermeiden oder
gar zu bekämpfen. Ich unterstütze Heideggers Aussage, daß
man dem Man (**),
das die Seinsart des Alltäglichkeit (**)
vorschreibt, verfallen ist, mehr Zeit dem alltäglichen Selbstsein
(**)
widmet als der Erkenntnis, jedenfalls der des höheren Grades, wo
das Man seine eigentliche Diktatur (**)
nicht entfalten kann, weil es doch z.B. Unauffälligkeit und
Nichtfeststellbarkeit (**)
diktiert. Trotzdem oder sogar deswegen hat die Welteroberung funktioniert.
Man ist in der Welt, die man erobert hat. Jedenfalls gilt das für
den Abendländer. Auf die Welteroberung folgt unweigerlich die Weltherrschaft.
Luhmanns Aussage, daß unsere moderne Gesellschaft als die
funktional differenzierte Gesellschaft (**)
eine Weltgesellschaft (**)
ist, unterstütze ich ebenfalls, allerdings nur bei gleichzeitigem
Verweis auf die historische Tatsache, daß es diese moderne, funktional
differenzierte, weltliche Gesellschaft nur wegen der abendländischen
Kultur gibt, von ihr auch immer noch beherrscht wird, also eine abendländische,
ja sogar eine typisch abendländische Weltgesellschaft
ist. Darum unterstütze ich besonders Spenglers Aussage, daß
es kein Wunder ist, wenn eine Kultur, deren Seelenbild faustisch
(**)
ist und deren Ursymbol den unendlichen Raum (**)
bedeutet, die Welt erobert hat, frei nach dem Motto Ausdehnung ist
alles (**).
Hat es ihr erkenntnistheoretisch viel genützt? Auch dann, wenn die
Welt von den mit weitem Abstand intelligentesten und folglich auch erkenntnisfähigsten
Menschen - den Abendländern - beherrscht wird, spricht das nicht
unbedingt dafür, daß dies immer so weitergeht, kein Ende hat;
denn es ist doch schon seit langem erkennbar, daß besonders die
intelligentesten Abendländer, also die intelligentesten der intelligentesten
Menschen, immer weniger Kinder haben, sich also dem Aussterben nähern.
Warum reicht die menschliche Erkenntnis auch hier nicht aus, um dem entgegenzuwirken?
Oder ist das gar nicht nötig? Ist ein Leben ohne Intelligenz vielleicht
besser? Oder ist das doch nur das öde Leben linker Menschen? Wenn
auch die intelligentesten Menschen aussterben, dann bedeutet das doch
entweder, daß es evolutionsmäßig auf Intelligenz und
also auch auf Erkenntnis gar nicht ankommt, was aber durch die Evolutionstheorie
gar nicht bestätigt wird, oder, daß es keine aureichende Intelligenz
und also auch keine ausreichende Erkenntnisfähigkeit gibt, denn wenn
es sie gäbe, würden die Abendländer mehr Kinder haben als
sie tatsächlich haben. Also ist Kants Aussage, daß die Erkenntnisfähigkeit
des Menschen schon von Natur aus eingeschränkt ist, unbedingt
zuzustimmen; denn: Alle unsere Erkenntnis hebt von den Sinnen
an, geht von da zum Verstande und endigt bei der Vernunft,
über welche nichts Höheres in uns angetroffen wird, den Stoff
der Anschauungen zu bearbeiten und unter die höchste Einheit des
Denkens zu bringen. (**).
Menschliche Erkenntnis ist schon von Natur aus eingeschränkt. Dazu
kommt, daß z.B. die Moral diese Einschränkung fördert
und fordert: Die Moral hat ja auch eine schlechte Seite, fordert
dann aber als Moral, daß man sich gegen das Schlechte wendet
(**),
so Luhmann. Was ist in evolutionärer Hinsicht mächtiger: die
Erkenntnis oder die Moral? Diese Frage lasse ich unbeantwortet, sie ist
nämlich auch gedacht für die im folgenden Text vorgestellte
Evolutionäre Erkenntnistheorie.
Evolutionäre Erkenntnistheorie
Die Evolutionäre Erkenntnistheorie betrachtet das menschliche
Erkenntnisvermögen als eine Fähigkeit, die wir im Laufe der
Evolution erworben haben. Auch mit diesem Vermögen haben wir uns
an unsere Umwelt angepaßt. Den Ausschnitt der realen Welt, an
den wir kognitiv angepaßt sind, nennen wir Mesokosmos.
Er ist - in Analogie zur ökologischen Nische - die kognitive
Nische des Menschen. Er ist räumlich dreidimensional; bei Entfernungen
reicht er von Millimetern (»Haaresbreite«) zu Kilometern
(Tagesmarsch), zeitlich vom subjektiven Zeitquant (etwa 1/20 Sekunde)
zum eigenen Lebensalter, von Gramm zu Tonnen, von Stillstand zur Geschwindigkeit
eines geworfenen Steins, von gleichförmiger Bewegung (Beschleunigung
Null) zur Sprinter- oder Erdbeschleunigung, vom Gefrier- bis zum Siedepunkt
des Wassers, von Komplexität Null (unzusammenhängender Staub)
bis zu linearen Systemen und damit auch zu linearer Kausalität.
Dagegen gehören elektrische und magnetische Felder nicht
zum Mesokosmos: Sie sind zwar, wie das Erdmagnetfeld zeigt, makroskopisch;
wir haben jedoch kein Sinnesorgan für sie und können sie deshalb
nicht »unmittelbar« wahrnehmen. (Gerhard Vollmer,
Die Evolution entläßt ihre Kinder - geht das überhaupt?
, in: Kulturelle Vererbung, Hrsg: Klaus Gilgenmann, Peter
Mersch, Alfred K. Treml, 2010, S. 35 **).
Die Evolutionäre Erkenntnistheorie (vgl. Gerhard
Vollmer, Evolutionäre Erkenntnistheorie, 1994) geht in ihrer
realistischen Variante davon aus, daß es eine reale Welt gibt,
deren Objekte zunächst auf die Sinnesorgane projiziert werden.
Im Erkenntnisprozeß wird dann versucht, die Objekte aus ihren
Projektionen zu rekonstruieren. Diese Rekonstruktion bleibt jedoch stets
hypothetisch. Mit anderen Worten: Alles Tatsachenwissen ist hypothetisch.
Daß dennoch eine gute Passung der Erkenntnisstrukturen zur Realität
besteht, ist gemäß der Evolutionären Erkenntnistheorie
eine Folge von Evolution: »Unser Erkenntnisapparat
ist ein Ergebnis der biologischen Evolution. Die subjektiven Erkenntnisstrukturen
passen auf die Welt, weil sie sich im Laufe der Evolution in Anpassung
an diese Welt herausgebildet haben. Und sie stimmen mit den realen Strukturen
(teilweise) überein, weil nur eine solche Übereinstimmung
das Überleben ermöglichte. Sie sind individuell angeboren
und somit ontogenetisch a priori, aber stammesgeschichtlich erworben,
also phylogenetisch a posteriori. .... Die Evolutionäre
Erkenntnistheorie deutet die Passung unserer kognitiven Strukturen als
Ergebnis eines Selektionsprozesses, einer evolutiven Anpassung. Nicht
nur Sinnesorgane, Zentralnervensystem und Gehirn sind Evolutionsprodukte,
sondern ebenso ihre Funktionen: Sehen, Wahrnehmen, Urteilen, Erkennen,
Schließen.« (Gerhard Vollmer, Biophilosophie, 1995,
S. 120 f.). (Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie,
2012, S. 89 **).
Das mag so sein, obwohl hier rasch der Gedanke an einen Zirkelschluß
(Circulus Vitiosus)
aufkommt, weil ja behauptet wird: Die subjektiven Erkenntnisstrukturen
passen auf die Welt, weil sie sich im Laufe der Evolution in Anpassung
an diese Welt herausgebildet haben. (**).
Das ist ähnlich wie: Wir sind Gottes Geschöpfe, weil Gott
uns geschöpft hat. Eine Seinsform (die subjektiven Erkenntnisstrukturen
**)
wird mit einer Werdensform (die Herausbildung im Laufe der Evolution
in Anpassung an diese Welt **),
also das Sein mit dem Werden erklärt. Zwar ist hier mehr das Ergebnis
gemeint, aber das ist nicht neu. So lautete Friedrich W. Nietzsches
metaphysische These: Alles, was ist, auch das menschliche Erkennen, ist
Erscheinungsform des Willens zur Macht; es gibt kein absolutes Sein, sondern
Sein ist Werden, aber kein endloses Neuwerden, sondern ewige Wiederkehr
dessen, was schon unendlich oft dagewesen ist - die ewige Sanduhr
wird immer wieder umgedreht (**)
-; das identische Ich ist eine Fiktion ebenso wie das wahre Sein. Die
Evolutionäre Erkenntnistheorie sollte also - bitte - nicht
mit einem Zirkelschluß argumentieren und um den
heißen Brei herumreden, sondern so wie zuvor z.B. Nietzsche
trotz der Abneigung gegenüber der Metaphysik eine metaphysische These
aufstellen: Sein ist Werden. Auch Heraklit
hätte sich darüber gefreut!
Der Ansatz der Systemischen Evolutionstheorie
(**)
unterscheidet sich in der genannten Fragestellung nur unwesentlich von
der Evolutionären Erkenntnistheorie. Beispielsweise ist
für sie der menschliche Erkenntnisapparat ein Ergebnis der biologischen
und der soziokulturellen Evolution. Ferner entstanden in ihrer
Auffassung die Erkenntnisstrukturen nicht nur durch Anpassungen an die
reale Welt und im Rahmen eines Selektionsprozesses, sondern vor allem
in Übereinstimmung mit den Reproduktionsinteressen .... Anders
gesagt: Erkenntnis ist immer auch interessengeleitet. (Peter Mersch,
Systemische Evolutionstheorie, 2012, S. 90 **).
Wahrheit
hat ganz massiv etwas mit Interessen zu tun. Wissenschaftliche Ergebnisse
kommen nicht durch den
Wahrheitswillen der Wissenschaftler, sondern durch ihr Kompetenzerhaltungsinteresse
zustande (dies wiederum
ist eine Kernaussage der Systemischen Evolutionstheorie zum Erkenntnisgewinn).
Anders wäre es nicht erklärbar,
daß Mediziner fundamental falsche Aussagen verbreiten und als
allerneuesten Forscherstand verkaufen,
von denen jederzeit leicht nachprüfbar ist, daß sie falsch
sind, wie es falscher nicht geht.
(Don Quijote [Pseudonym], 24.08.2012, 11:37 [**|**]). |
Ob man die Systemische Evolutionstheorie sogar in jedem Fall
als eine der Evolutionären Erkenntnistheorie untergeordnete
Theorie verstehen kann, ist nicht sicher, aber der Einfachheit
halber unterstelle ich das einmal.
Halten wir also bezüglich der Evolutionären Erkenntnistheorie
und auch der ihr ähnlichen und erkenntnistheoretisch ihr untergeordneten
Systemischen Evolutionstheorie fest: Sein ist Werden - sowohl
natürlich als auch kulturell und in Übereinstimmung
mit den Reproduktionsinteressen -, und das gilt auch für die
Erkenntnis (wie schon im letzten Abschnitt gesagt [**]).
In diesem Sinne ist also die Erkenntnis stets ein interessengeleiteter
Erkenntnisprozeß.
Digitale Erkenntnistheorie - werden wir die bald
nötig haben?
Der aus Korea stammende Byung-Chul Han glaubt,
daß wir eine neue, ja eine digitale Anthropologie, eine digitale
Erkenntnis- und Wahrnehmungstheorie ( )
brauchen. Wir brauchen eine digitale Sozialphilosophie und Kulturphilosophie
( ).
Um genauer zu verstehen, wie er das begründet, ist es ratsam, den
dazugehörigen Text - ein Gespräch mit dem Titel: Der
Eros besiegt die Depression, in: Philosophie-Magazin, Juli/August
2012, S. 61-65 - zu lesen. Folgend ist er in nur etwas verkürzter
Form dargestellt (lassen Sie sich von der ostasiatischen Mentalität
nicht irritieren!):
P.-M.: Was ist denn überhaupt
das Problem an der neoliberalen Leistungsethik?
Das Problem ist, daß sie so listig ist und dadurch so verheerend
effizient. Ich will Ihnen erzählen, worin diese List besteht. Karl
Marx hat eine Gesellschaft kritisiert, die durch eine Fremdherrschaft
regiert wurde. Im Kapitalismus wird der Arbeiter ausgebeutet, und diese
Fremdausbeutung stößt ab einem bestimmten Produktionsniveau
an ihre Grenzen. Ganz anders die Selbstausbeutung, der wir uns heute
freiwillig (bedingt freiwillig [**];
HB) unterwerfen. Die Selbstausbeutung ist grenzenlos! Wir beuten
uns freiwillig aus, bis wir zusammenbrechen. Wenn ich scheitere, mache
ich mich selbst für dieses Scheitern verantwortlich. Wenn ich leide,
wenn ich pleitegehe, dann bin nur ich selbst schuld. Selbstausbeutung
ist eine Ausbeutung ohne Herrschaft, denn sie geschieht völlig
freiwillig. Und weil sie unter dem Zeichen der Freiheit steht, ist sie
so effektiv. Niemals bildet sich ein Kollektiv, ein »Wir«,
das sich gegen das System erheben könnte.
Sie diagnostizieren unsere Gesellschaft
mit Hilfe des ungewöhnlichen Begriffspaars von Positivität
und Negativität. Und stellen dabei die verschwindende Negativität
fest. Wozu soll Negativität gut sein? Und was verstehen Sie überhaupt
unter Negativität?
Die Negativität ist etwas, das eine immunologische Abwehrreaktion
hervorruft. So ist der Andere das Negative, das in das Eigene eindringt
und dies zu negieren, zu zerstören sucht. Ich habe behauptet, daß
wir heute in einem postimmunologischen Zeitalter leben. Die psychischen
Erkrankungen von heute wie Depression, ADHS oder Burnout sind keine
Infektionen, die durch eine virale oder bakterielle Negativität
verursacht werden, sondern Infarkte, für die das Übermaß
an Positivität verantwortlich ist. Die Gewalt geht nicht nur von
der Negativität, sondern auch von der Positivität aus, nicht
nur vom Anderen, sondern auch vom Gleichen. Die Gewalt der Positivität
oder des Gleichen ist eine postimmunologische Gewalt. Krank macht die
Fettleibigkeit des Systems. Es gibt bekanntlich keine Immunreaktion
auf das Fett.
Inwiefern hat die Depression mit der verschwindenden
Negativität zu tun?
Die Depression ist ein Ausdruck des krankhaft gesteigerten narzißtischen
Selbstbezugs. Der Depressive versinkt und ertrinkt in sich. Ihm ist
der Andere abhandengekommen. Haben Sie Lars von Triers Film »Melancholia«
gesehen? An der Protagonistin Justine zeigt sich, was ich meine:
Sie ist depressiv, weil sie total erschöpft, zermürbt ist
von sich selbst. Ihre ganze Libido richtet sie auf ihre eigene Subjektivität,
daher ist sie unfähig zur Liebe. Und dann, ja dann: Ein Planet
erscheint, der Planet Melancholia. In der Hölle des Gleichen
kann die Ankunft des ganz Anderen eine apokalyptische Form annehmen.
Der todbringende Planet offenbart sich Justine als der ganz Andere,
der sie aus dem narzißtischen Sumpf herausreißt. Sie blüht
angesichts des todbringenden Planeten förmlich auf. Sie entdeckt
auch die Anderen. So wendet sie sich fürsorglich Claire
und ihrem Sohn zu. Der Planet entfacht ein erotisches Begehren. Eros
als Beziehung zum ganz Anderen beseitigt Depression. Das Desaster bringt
ein Heil mit sich. Das Desaster geht im übrigen auf das lateinische
Wort »desdesatrum« zurück, das »Unstern«
bedeutet. »Melancholia« ist ein Unstern.
Sie meinen, nur ein Desaster kann uns noch
retten (in Anlehnung an einen Satz von Martin
Heidegger: Nur noch ein Gott kann uns retten [ ];
HB) ?
Wir leben in einer Gesellschaft, die ganz auf Produktion, ganz auf
Positivität gerichtet ist. Sie schafft die Negativität des
Anderen oder des Fremden ab, um die Kreisläufe der Produktion und
des Konsums zu beschleunigen. Zulässig sind nur konsumierbare Differenzen.
Den Anderen, dem die Andersheit genommen worden ist, kann man nicht
lieben, sondern nur konsumieren. Vielleicht wächst deshalb heute
wieder das Interesse für die Apokalypse. Man spürt eine Hölle
des Gleichen, der man entkommen möchte.
Können Sie uns keine griffigere Definition
des Anderen anbieten?
Der Andere, das ist auch der Gegenstand, ja der Anstand. Wir haben
die Fähigkeit, die Anständigkeit verloren, den Anderen in
seiner Andersheit zu sehen, weil wir alles mit unserer Intimität
überfluten. Der Andere ist etwas, das mich in Frage stellt, das
mich aus meiner narzißtischen Innerlichkeit herausreißt.
Aber formiert sich nicht gerade im Moment,
etwa in Gestalt der jungen Protestbewegungen wie Occupy, ein widerständiges
Wir, das im System, hier vertreten durch die Börse und den Markt,
ein anderes erkennt und dagegen angehen will?
Das geht nicht weit genug. Ein Börsencrash ist noch keine Apokalypse.
Er ist ein innersystemisches Problem, das schnell beseitigt werden soll.
Und was bringen schon die 300 oder 500 Leute, die sich schnell von Polizisten
wegtragen lassen? Das ist noch lange nicht das Wir, das wir brauchen.
Die Apokalypse ist ein atopisches Ereignis. Sie kommt von ganz woanders
her.
Wo fände sich dann ein Ausweg?
Eine Gesellschaft ohne den Anderen ist eine Gesellschaft ohne Eros.
Auch die Literatur, die Kunst und die Dichtung leben vom Begehren des
ganz Anderen. Die Krise der Kunst von heute ist vielleicht auch eine
Krise der Liebe. Bald, da bin ich mir sicher, werden wir die Gedichte
von Paul Celan nicht mehr verstehen, denn sie sind an den ganz Anderen
adressiert. Auch mit den neuen Kommunikationsmedien schaffen wir den
Anderen ab. In einem Gedicht von Celan heißt es: »Du bist
so nah, als weiltest du nicht hier.« Darum geht es! Die Abwesenheit,
das ist der Grundzug des Anderen, das ist Negativität. Weil er
nicht hier weilt, kann ich sprechen. Nur deshalb ist Poesie möglich.
Der Eros richtet sich auf den ganz Anderen.
Dann wäre die Liebe eine utopische,
eine uneinlösbare Option.
Das Begehren wird vom Unmöglichen genährt. Wenn es aber,
etwa in der Werbung, ständig heißt: »du kannst«
und »alles ist möglich«, dann ist das das Ende des
erotischen Begehrens. Es gibt keine Liebe mehr, weil wir uns zu frei
wähnen, weil wir zwischen zu vielen Optionen wählen. Der Andere
ist natürlich dein Feind. Aber der Andere ist auch der Geliebte.
Es ist wie mit der mittelalterlichen Minne, von der Jacques Lacan gesagt
hat, sie sei ein Schwarzes Loch ( ),
um das herum sich das Begehren verdichtet. Wir kennen dieses Loch nicht
mehr.
Haben wir nicht den Glauben an Transzendenz
durch den Glauben an Transparenz ersetzt?
Vor allem in der Politik geht es doch kaum noch um etwas anderes.
Ja, das Geheimnis ist eine Negativität. Der Entzug zeichnet es
aus. Die Transzendenz ist auch eine Negativität, während die
Immanenz eine Positivität darstellt. So äußert sich
das Übermaß an Positivität als ein Terror der Immanenz.
Die Transparenzgesellschaft ist eine Positivgesellschaft.
Worauf führen Sie den Kult der Transparenz
zurück?
Zunächst muß man das digitale Paradigma verstehen. Ich
halte die digitale Technologie für einen ähnlich dramatischen
historischen Einschnitt wie etwa die Erfindung der Schrift oder des
Buchdrucks ( ).
Das Digitale selbst drängt zur Transparenz. Wenn ich eine Taste
auf dem Computer drücke, habe ich sofort ein Ergebnis. Die Temporalität
der Transparenzgesellschaft ist die Unmittelbarkeit, die Echtzeit. Der
Stau, der Informationsstau wird nicht mehr geduldet. Alles muß
sich in der Gegenwart der unmittelbaren Sichtbarkeit zeigen.
Die Piratenpartei ist der Ansicht, daß
die Politik von dieser Unmittelbarkeit nur profitieren kann.
»Liquid feedback« heißt da wohl das Zauberwort.
Es scheint, als bringe die repräsentative Demokratie einen unerträglichen
Zeitstau mit sich. Aber diese Ansicht führt zu massiven Problemen:
Es gibt nämlich Dinge, die sich nicht der Unmittelbarkeit fügen.
Dinge, die erst reifen müssen. Und Politik sollte eben ein Experiment
sein, auch ein Experiment mit offenem Ausgang. Solange aber experimentiert
wird, kann das Ergebnis noch nicht bekannt sein. Solange eine Vision
realisiert werden soll, braucht es den Zeitstau geradezu. Die Politik,
die die Piratenpartei anstrebt, ist daher notwendigerweise eine Politik
ohne Vision. Und das gilt auch auf der Ebene der Unternehmen. Ständig
findet irgendeine Evaluation statt. Jeden Tag muß ein optimales
Ergebnis präsentiert werden. Es ist kein langfristiges Projekt
mehr möglich. Der digitale Habitus bedeutet auch, daß wir
ständig unsere Standpunkte wechseln. Daher wird es keine Politiker
mehr geben. Politiker ist jemand, der auf einem Standpunkt beharrt.
Und all das verstehen Sie als Resultat
einer neuen Technologie?
Was heißt denn »digital«? Digital kommt von »digitus«,
dem lateinischen Wort für »Finger«. Im Digitalen wird
das menschliche Tun auf die Fingerkuppen reduziert. Lange Zeit war ja
die menschliche Tätigkeit mit der Hand verbunden. Daher die Begriffe
Handlung, Handwerk. Aber wir fingern heute nur noch. Das ist die digitale
Leichtigkeit des Seins. Eine Handlung im emphatischen Sinne ist aber
immer eine Art Drama. Heideggers Fetischisierung der Hand protestiert
bereits gegen das Digitale.
Die Frage, ob man überhaupt noch
handeln und experimentieren kann, spiegelt sich auch darin wider,
daß es in dieser neuen digitalen Logik keine Führungspersonen
gibt, daß es eine Politik ist ohne Führer.
Das ist bereits in der Piratenpartei der Fall. Führung ist eine
andere Tätigkeit. Wenn man führen will, muß man die
Zukunft im Blick behalten. Ein Führer sieht in die Zukunft hinein.
Und wenn ich ein politisches Experiment mache, dann muß ich auch
ein Risiko eingehen können, weil das Ergebnis nicht sofort vorliegt,
weil ich mich in einen unberechenbaren Raum begebe. Ein Führer
im Sinne von Vorhut begibt sich ins Unberechenbare. Die Transparenz,
die hingegen mit dem Digitalen verbunden ist, strebt eine totale Berechenbarkeit
an. Alles muß berechenbar sein. Es gibt aber keine Handlung, die
berechenbar ist. Sie wäre dann ein Rechnen, ja eine Rechnung. Die
Handlung reicht immer in das Unberechenbare, in die Zukunft, hinein.
Das heißt, die Transparenzgesellschaft ist eine Gesellschaft ohne
Zukunft. Zukunft ist die temporale Dimension des ganz Anderen. Zukunft
ist heute nichts anderes als optimierte Gegenwart.
Hat nicht die Feier der Urunittelbarkeit
auch etwas mit Infantilisierung zu tun? Auch Dreijährige können
es nicht ertragen, wenn ihnen ihre Eltern nicht sofort geben, was
sie wollen.
Natürlich. Das Digitale infantilisiert uns, weil wir nicht mehr
warten können. Denken Sie etwa daran, wie die Zeitlichkeit der
Liebe verlorengeht. Der Satz »Ich liebe dich« ist ja ein
Versprechen in die Zukunft hinein. Menschliche Handlungen, die emphatisch
zukünftig sind, wie Verantwortung oder Versprechen, verkümmern
heute. Auch Wissen, Erkenntnis oder Erfahrung besitzen einen Zeithorizont
der Zukunft. Die Zeitlichkeit der Information oder des Erlebnisses ist
dagegen die Gegenwart. Es gibt eine neue Krankheit der Informationsgesellschaft.
Sie heißt »Information Fatigue Syndrom« (IFS). Eines
ihrer Symptome ist die Lähmung der analytischen Fähigkeit.
Mitten in der Informationsflut ist man offenbar nicht mehr in der Lage,
das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Ein weiteres Symptom
ist interessanterweise die Unfähigkeit, Verantwortung zu übernehmen.
Sie nennen die Transparenzgesellschaft
auch »Pornogesellschaft». Warum ?
Die Transparenzgesellschaft ist insofern eine pornographische Gesellschaft,
als die Sichtbarkeit totalisiert und verabsolutiert wird und das Geheimnis
darüber ganz verschwindet. Der Kapitalismus verschärft die
Pornographisierung der Gesellschaft, indem er alles als Ware ausstellt
und der Sichtbarkeit ausliefert. Angestrebt wird die Maximierung des
Ausstellungswerts. Der Kapitalismus kennt keinen anderen Gebrauch der
Sexualität. Die erotische Spannung entspringt nicht der permanenten
Ausstellung der Nacktheit, sondern der Inszenierung eines Auf- und Abblendens.
Es ist die Negativität der Unterbrechung, die der Nacktheit einen
erotischen Glanz verleiht.
Das Pornographische zerstört also
das Erotische.
Ja. Denken Sie an diesen wunderbaren Moment in Flauberts »Madame
Bovary«: Die Kutschfahrt mit Leon und Emma - eine
sinnlose Kutschfahrt durch die ganze Stadt, und der Leser erfährt
nichts, aber auch gar nichts vom Geschehen in der Kutsche selbst. Flaubert
zählt statt dessen Plätze und Straßen auf. Und am Ende
streckt Emma ihre Hand aus dem Fenster und läßt Papierschnipsel
wie Schmetterlinge auf ein Kleefeld segeln. Ihre Hand ist das einzig
Nackte in dieser Szene - das ist der denkbar erotischste Moment. Weil
man nichts sieht. In der Hypervisibilität, die uns umgibt, ist
so etwas nicht mehr vorstellbar.
Welche Rolle spielt die Philosophie angesichts
der Hölle des Gleichen?
Die Philosophie ist für mich der Versuch, eine ganz andere Lebensform
zu entwerfen, andere Lebensentwürfe zumindest in Gedanken zu erproben.
Aristoteles hat es uns vorgemacht. Er hat die Vita contemplativa
erfunden. Heute ist die Philosophie weit davon entfernt. Sie ist ein
Teil der Hölle des Gleichen geworden. Heidegger vergleicht
in einem Brief das Denken mit dem Eros. Er spricht vom Flügelschlag
des Eros, von dem sein Denken ins Unbegangene getragen wird. Die Philosophie
ist vielleicht die Liebkosung, die Formen und Sprachmuster dem sprachlos
Anderen in die Haut einzeichnet.
Mittlerweile haben Sie eine Professur,
aber Ihr Verhältnis zur akademischen Philosophie war nicht immer
spannungsfrei, oder?
Wie Sie wissen, bin ich Philosophieprofessor an einer Kunsthochschule.
Ich bin wahrscheinlich zu lebendig für das philosophische Seminar
einer Universität. Die akademische Philosophie ist leider total
erstarrt und leblos. Sie läßt sich nicht auf die Gegenwart,
auf gesellschaftliche Probleme der Gegenwart ein.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen
für das Denken?
Heute gibt es so viele Dinge und Ereignisse, die
einer philosophischen Erörterung bedürften. Depression, Transparenz
oder auch Piratenpartei sind für mich ein philosophisches Problem.
Vor allem die Digitalisierung und die digitale Vernetzung stellen heute
für die Philosophie eine besondere Aufgabe und Herausforderung
dar. Wir brauchen eine neue, ja eine digitale Anthropologie, eine digitale
Erkenntnis- und Wahrnehmungstheorie. Wir brauchen eine digitale Sozialphilosophie
und Kulturphilosophie. Heideggers »Sein und Zeit« hätte
man längst digital updaten müssen.
Wie meinen Sie das?
Heidegger hat das Subjekt durch das »Dasein« ersetzt.
Wir müssen nun das Subjekt durch das Projekt ersetzen. Wir sind
nicht mehr »geworfen«. Wir haben kein »Schicksal«.
Wir sind entwerfende Projekte. Die Digitalisierung bringt Heideggers
»Ding« endgültig zum Verschwinden. Sie erzeugt ein
neues Sein und eine neue Zeit. Wir müssen mehr Theorie wagen. Dafür
ist die akademische Philosophie zu ängstlich. Ich wünsche
ihr mehr Mut und Wagnis. »Geist« bedeutet ursprünglich
Unruhe oder Ergriffenheit. Die akademische Philosophie ist, so gesehen,
ohne Geist. (Ebd., S. 61-65).
Die Aussagen von Byung-Chul Han sind sehr interessant, wie ich finde.
Finden Sie das auch?
Schreiben Sie mir Ihre Meinung: **
**

© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2018).
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